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ZFF-Info

ZFF-Info 05/2021

SCHWERPUNKT I: Appell: „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“

Gemeinsam mit mehr als 100 Organisationen setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein.

Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert die Bundestagsfraktionen und Bundesländer in einem gemeinsamen Appell dazu auf, sich bis zur Sommerpause auf ein Gesetz zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu einigen, das der UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Der Aufruf „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“, der anlässlich der für morgen angesetzten 1. Lesung im Bundesrat veröffentlicht wird, kritisiert den vorgelegten Gesetzentwurf als unzureichend, da er keine Stärkung der Kinderrechte bedeute. Zentral sei eine Grundgesetzänderung die ausdrückliche Kinderrechte in einem eigenen Absatz aufnimmt. Die Organisationen legen Eckpunkte für eine solche Formulierung im gemeinsamen Appell vor.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Kinderrechte müssen endlich im Grundgesetz verankert werden! Wir unterstützen den Appell und fordern die Politik auf, bis zur Sommerpause ein Gesetz vorzulegen, das den Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Als ZFF setzen wir uns dafür ein, die Trias aus Förderung, Beteiligung und Schutz vollumfänglich im entsprechenden Gesetz zu verankern und einen Konflikt zwischen Eltern- und Kinderrechten unter allen Umständen zu vermeiden. Nur so können Kinderrechte effektiv gestärkt werden.“

Altenkamp führt weiter aus: „Eine gute Politik für Familien muss die Position von Kindern in unserer Gesellschaft stärken. Die Bundesregierung hat seit der Vereinbarung des Koalitionsvertrags viel Zeit verstreichen lassen, um einen Gesetzentwurf für die Aufnahme von Kinderrechten vorzulegen. Wir fordern nun eine zügige Einigung unter Einbezug der Zivilgesellschaft einschließlich Kindern und Jugendlichen, die diesen Eckpunkten Rechnung trägt. Besonders der Anspruch auf Beteiligung, der in der Corona-Pandemie vielfach missachtet wurde, ist hier von Bedeutung. Zudem braucht es erweiterte, demokratische und wirksame Teilhabemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche auf allen Ebenen. Hierzu gehört auch die Einführung eines eigenständigen Wahlrechts für Kinder und Jugendliche.“

Den vollständigen Appell finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 25.03.2021

Zum zivilgesellschaftlichen Appell „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“ erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Kinderrechte gehören in die Verfassung – aber richtig! Wir begrüßen den Appell des breiten Bündnisses aus zivilgesellschaftlichen Organisationen ausdrücklich, der auf die Bedeutsamkeit einer wirksamen Formulierung der Kinderrechte hinweist.

Das Urteil der Organisationen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eindeutig. Dieser ist kein Fortschritt für die Kinderrechte, sondern fällt eklatant hinter bereits bestehendes Recht – wie die UN-Kinderrechtekonvention, die EU-Menschenrechtscharta, aber auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – zurück. Das können wir so nicht akzeptieren.

Auch die rechtssystematischen Bedenken bei der Verortung der Kinderrechte sind ein wichtiger Aspekt, der in den Verhandlungen aufgegriffen werden sollte. Die Kinderrechte sollten einen eigenen Absatz erhalten, so wie wir es in unserem Gesetzentwurf vorgelegt haben.

Die Große Koalition muss sich endlich einen Ruck geben und darf die historische Chance nicht verstreichen lassen. Wir sind es unseren Kindern in diesen schwierigen Zeiten schuldig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

„Der Appell ‚Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!‘ von über 100 Organisationen ist eine schallende Ohrfeige für die Regierungskoalition“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Die LINKE, den zivilgesellschaftlichen Appell an die Bundestagsfraktionen und Bundesländer. Müller weiter:

„Das Herummurksen der Koalition muss aufhören. Am Ende des jahrzehntelangen Kampfes um die Aufnahme der Rechte von Kindern und Jugendlichen in unsere Verfassung darf keine Schwächung der Kinderrechte stehen, wie es der Vorschlag der Bundesregierung befürchten lässt. Stattdessen muss eine Grundgesetzänderung zu einer wirklichen Stärkung der Kinderrechte führen. Dafür steht DIE LINKE. Wir haben Vorschläge auf den Tisch gelegt und sind verhandlungsbereit. Ich fordere daher von der Regierungskoalition, DIE LINKE bei den Verhandlungen nicht weiter auszugrenzen. Union und SPD sind gut beraten, zur Sicherung der erforderlichen verfassungsgebenden parlamentarischen Mehrheit, endlich auch mit uns ins Gespräch zu kommen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

SCHWERPUNKT II: Kindergarantie

Die „Kindergarantie“ (Child Guarantee) hat das Ziel, jedes arme und armutsgefährdete Kind in der EU zu unterstützen. Jedes Kind in Europa soll Zugang zu den Ressourcen haben, die es für sein Wohlergehen und seine Entwicklung benötigt. Dazu gehört die Teilhabe von Kindern an kostenloser medizinischer Versorgung, unentgeltlicher Bildung, kostenlosen Betreuungseinrichtungen, angemessenen Wohnverhältnissen und geeigneter Ernährung inklusive eines kostenlosen Mittagessens. Diese Schwerpunkte sind in dem Kommissionspapier mit einzelnen weiteren Indikatoren unterfüttert. Dieser nun verabschiedete Vorschlag erfolgt im Rahmen der ebenfalls gestern beschlossenen Kinderrechtsstrategie

Die Mitgliedstaaten sind nun aufgefordert, die Ratsempfehlung möglichst kurzfristig anzunehmen. Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft hatten Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits eine Deklaration veröffentlicht, mit der die Staaten ihre Bereitschaft zur Unterstützung der EU-Kindergarantie erklären und ihre Verpflichtung für eine angemessene Umsetzung auf nationaler Ebene betonen. Die Deklaration wurde in einem offenen Brief der COFACE Europe unterstützt.

Mit der Kindergarantie sollen die europäischen Mitgliedstaaten eine Einschätzung der Situation der Kinder bzgl. der unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte vorlegen und wirksame Maßnahmen ergreifen. Die Umsetzung erfolgt somit überwiegend auf nationaler Ebene. Innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Ratsempfehlung sollen die Regierungen nationale Aktionspläne zur Umsetzung vorlegen.

Die Initiative bietet somit eine Chance, den Kampf gegen Kinder- und Familienarmut in Deutschland und Europa zu verstärken. Mit ihr geht die Hoffnung und Erwartung einher, dass die Bekämpfung von Kinderarmut neue Impulse erhält. Die AGF unterstützt die Initiative und plant, den Prozess auf nationaler Ebene weiterhin zu begleiten, indem wir uns mit einer Reihe von Fachgesprächen den einzelnen Themenbereichen nähern und diskutieren, was eine Umsetzung in und für Deutschland bedeutet.

In diesem Jahr wollen wir zunächst zwei Gespräche zu den Themen „Zugang zu geeigneter Ernährung“ (in Kooperation mit der plattform ernährung und bewegung) und „Zugang von Kindern zu kostenloser medizinischer Versorgung und Gesundheitsförderung“ (in Kooperation mit dem Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit) durchführen. Bereits im letzten Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit COFACE Families Europe im September zu dem Prozess ein Europäisches Fachgespräch durchgeführt .

Weitere Informationen zur Kindergarantie finden Sie in Kürze auf unserer Website: https://www.ag-familie.de/home/childguarantee

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 25.03.2021

Die EU-Kommission hat heute ihren Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut vorgestellt.

Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die Tatsache, dass in der EU rund 18 Millionen Kinder- und Jugendliche unter 18 Jahren von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist untragbar und erfordert umgehendes Handeln. Auch in Deutschland gibt es großen Handlungsbedarf. Kinderarmut gefährdet die soziale und kulturelle Teilhabe sowie die Zukunftschancen von Kindern. Wir begrüßen es daher außerordentlich, dass der Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut vorgelegt wurde. Es liegt nun in der Hand der Mitgliedstaaten, die Empfehlung zügig anzunehmen und auf nationaler Ebene umzusetzen.”

Der Vorschlag sieht vor, soziale Ausgrenzung zu verhindern und zu bekämpfen, und soll es allen Kindern in Europa ermöglichen, unabhängig des Einkommens ihrer Eltern folgende Grundsätzlichkeiten in Anspruch nehmen zu können: frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sowie Bildungsangebote, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und -vorsorge, gesunde Ernährung und angemessener Wohnraum.

„Glücklicherweise haben die meisten Kinder in der EU bereits Zugang zu diesen Diensten“, so Schubert, „Doch ein inklusiver und wirklich universeller Zugang ist unerlässlich zur Gewährleistung der Chancengleichheit aller Kinder. Gut, dass der Vorschlag sich dessen annimmt!“

Der Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut  ist Teil der Strategie für die Rechte der Kinder, welche ebenfalls heute vorgestellt wurde. Mit der Strategie sollen allen Kindern fundamentale Rechte gewährleistet werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 24.03.2021

18 Millionen Kinder in der EU sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht – auch in Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Die Europäische Kommission setzt jetzt ein deutliches Zeichen, indem sie die Mitgliedstaaten auffordert, der Kinderarmut endlich effektiv den Kampf anzusagen. Für SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer ist das längst überfällig: „Die Corona-Pandemie hat nochmals verstärkt gezeigt, dass insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien besonderen Schutz benötigen. Die Europäische Kindergarantie will Kindern in Not einen freien Zugang zu wichtigen Leistungen gewähren, so beispielsweise zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung. Aber auch Ausrüstung für Fernunterricht sowie mindestens eine gesunde Mahlzeit pro Schultag sowie der Zugang zu Gesundheitsvoruntersuchungen gehören dazu.“

Auch Deutschland ist dringend aufgefordert, nachzubessern: „Nicht überall wird eine kostenfreie frühkindliche Betreuung bei uns gewährt, bei der Digitalisierung hinkt Deutschland ebenso hinterher. Nach wie vor haben nicht alle Schüler*innen uneingeschränkten Zugang zum digitalen Unterricht. Darüber hinaus sieht der SoVD dringenden Handlungsbedarf bei der Bemessung der Regelsätze, die nicht kindgerecht und schlicht zu niedrig sind“, so Engelen-Kefer. Die SoVD-Vizepräsidentin ergänzt: „In Deutschland zeigen neueste Studien, dass die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie in akuter Gefahr ist. Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt und Kinder aus einkommensschwachen Familien können kaum teilhaben. Besonders alarmierend: Parallel nimmt die Chancenungleichheit in Zeiten von Homeschooling aufgrund fehlender digitaler Zugänge wieder erheblich zu.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e. V. vom 26.03.2021

SCHWERPUNKT III: Abstammungsrecht

Zur Entscheidung des Berliner Kammergerichts zur Verfassungswidrigkeit bei abstammungsrechtlichen Regelungen in Bezug auf Zwei-Mütter-Familien erklären Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, und Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Wir sind bereit, gemeinsam mit Abgeordneten anderer demokratischer Fraktionen einen neuen Gesetzentwurf zum Abstammungsrecht zu erarbeiten. Union und SPD rufen wir zur Mitarbeit auf, damit das Ende der Diskriminierung von Regenbogenfamilien endlich Realität wird. Bereits bei der „Ehe für Alle“ wurden ermutigende Erfahrungen zur fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit gemacht.

Dass heute bereits das zweite Gericht die abstammungsrechtlichen Regelungen in Bezug auf Zwei-Mütter-Familien für verfassungswidrig hält, zeigt wie groß der politische Handlungsdruck ist. Fast vier Jahre lang ist von der jetzigen Koalition nichts dazu gekommen. Einig waren sich Union und SPD nur bei der Ablehnung des grünen Gesetzentwurfes, der diese Diskriminierung bereits vor einem Jahr beendet hätte.

Es ist eine Zumutung für die Eltern, immer wieder lange Gerichtsprozesse hinnehmen müssen, um die Diskriminierung des Gesetzgebers zu korrigieren. Und solange das Gerichtsverfahren läuft, gibt es für die betroffenen Kinder keine rechtliche Sicherheit. Das dürfen wir nicht  hinnehmen. Es muss das Parlament sein, das Diskriminierung von Kindern in Regenbogenfamilien noch vor dem Sommer beendet.

Wenn die Koalition nicht die Kraft findet, sich dazu zu positionieren, muss sie die Abstimmung freigeben.

Hintergrundinformationen:

Die Ehe für alle hat nicht alle rechtlichen Nachteile für Regenbogenfamilien beseitigt. Wenn ein Kind in einer heterosexuellen Ehe geboren wird, sind beide Ehepartner automatisch die Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Dabei ist es gleich, ob der Ehemann tatsächlich der biologische Vater ist.

Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe kann die Ehefrau der Mutter nur durch eine aufwändige und langwierige Stiefkindadoption der zweite rechtliche Elternteil des Kindes werden. Diese Regelung widerspricht dem Kindeswohl und ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

So sehen das das Oberlandesgericht Celle sowie das Berliner Kammergericht und haben deshalb Anträge von Regenbogenfamilien ausgesetzt und an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet.

Der grüne Gesetzentwurf: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/026/1902665.pdf

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

Zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle, das es für verfassungswidrig hält, dass in Deutschland bei lesbischen Elternpaaren nicht automatisch beide Mütter in die Geburtsurkunde eingetragen werden können, erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Schon wieder müssen die Gerichte ausbaden, was die Politik der Großen Koalition vermasselt hat. Die Verhinderungspolitik der aktuellen Regierung im Bereich der Queerpolitik und einer modernen Familienpolitik ist unerträglich und untergräbt das Vertrauen in die Rolle des Parlaments. Wir brauchen dringend eine Reform des Abstammungsgesetzes. Einen Gesetzentwurf können wir der Koalition sofort zur Verfügung stellen.

Der Reformbedarf ist deshalb besonders dringend, da die Ungleichbehandlung Kinder betrifft. Wenn ein Kind in einer heterosexuellen Ehe geboren wird, sind beide Ehepartner automatisch die Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Dabei ist es unerheblich, ob der Ehemann tatsächlich der biologische Vater ist.

Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe kann die Ehefrau der Mutter nur durch eine aufwändige und langwierige Stiefkindadoption der zweite rechtliche Elternteil des Kindes werden. Diese Regelung widerspricht dem Kindeswohl und ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz nicht vereinbar.

Als Grüne haben wir dazu einen Vorschlag gemacht, den die Union, die SPD und die FDP im letzten Jahr abgelehnt haben.

In diesem Kontext erscheint der Versuch von Familienministerin Franziska Giffey (SPD), letztes Jahr beim Adoptionshilfegesetz die Diskriminierung für Regenbogenfamilien im Adoptionshilfegesetz noch zu verschärfen, nochmal mehr absurd. Zum Glück stoppte der Bundesrat das Gesetz auf Druck der Grünen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.03.2021

Bundesregierung muss Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg bringen

Das Oberlandesgericht Celle hält es für verfassungswidrig, dass bei Zwei-Mütter-Familien nicht automatisch beide Ehepartner als Mütter in die Geburtsurkunde eingetragen werden. Es wird nun das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung dieser verfassungsrechtlichen Frage vorlegen. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ist ein wichtiger und toller Erfolg für die Anerkennung von Zwei-Mütter-Familien. Statt nun auf das Urteil aus Karlsruhe zu warten, fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) die Bundesregierung dazu auf, die lang versprochene und notwendige Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen. Seit vielen Jahren warten Regenbogenfamilien auf eine rechtliche Gleichstellung und Verbesserung. Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die dort aufwachsen.

Zwei-Mütter-Familien erfahren aktuell eine erhebliche Diskriminierung durch den Zwang zur Durchführung eines förmlichen Adoptionsverfahrens als einziger rechtlicher Möglichkeit zur Erlangung der gemeinsamen Elternschaft. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen.

Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

Hintergrund

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 24.03.2021

SCHWERPUNKT IV: Corona-Krise

„Die Bundesregierung hätte auch in dieser Frage auf die soziale Opposition und das Bündnis aus 41 Sozialverbänden und Gewerkschaften hören sollen. Seit Anbeginn der Krise fordern wir einen Pandemie-Zuschlag von mindestens 100 € pro Corona-Monat. Die Hartz-IV-Sätze waren schon vor Corona zu niedrig bemessen. Monatelang ignorierte die Bundesregierung die Frage, wie man von den zu niedrigen Sozialleistungen auch noch die coronabedingten Mehrausgaben wie Masken, Desinfektionsmittel, Schnelltests, höhere Ausgaben für wegfallendes bisher gestütztes Essen in Kitas und Schulen usw. bezahlen soll“, kommentiert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe, dass der von der Bundesregierung verabschiedete Corona-Zuschuss von 150 € zu gering und verfassungswidrig ist. Kipping weiter:

„Dass die Betroffenen ihre Rechte erst einklagen müssen, ist beschämend für die Bundesregierung. Wenn die Union auch nur einen Funken sozialpolitisches Gewissen hat, sollte sie jetzt umgehend reagieren und endlich einen monatlichen Pandemiezuschlag für alle einführen, die auf Sozialleistungen und sozial Renten angewiesen sind.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 26.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/27826), Wege aus der Bildungskrise aufzuzeigen und Zukunftsperspektiven für Kinder zu sichern. Gemeinsam mit den Ländern soll die Bundesregierung einen bundesweit einheitlichen und verlässlichen Stufenplan mit einer rechtssicheren Perspektive insbesondere auch für den Schulbetrieb in der Pandemie vorlegen, verlangen die Abgeordneten. Ein solcher Plan müsse auf wissenschaftlicher Grundlage deutlich machen, bei welchen Kennzahlen welche Maßnahmen vor Ort ergriffen werden könnten. In die Umsetzung vor Ort sollten Lehrkräfte, Eltern und Schüler eingebunden werden. Schulen und Kitas sollen mit einem Sofortausstattungsprogramm für Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung unterstützt werden.

Zudem soll gemeinsam mit Ländern und Kommunen ein Bildungsschutzschirm für Kinder und Jugendliche aufgespannt werden, der das Aufholen von pandemiebedingten Lernrückständen fördert und eine sichere Lernumgebung ermöglicht. Die Forschungsförderrichtlinie „Gesellschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie – Forschung für Integration, Teilhabe und Erneuerung“ soll finanziell sowie hinsichtlich des Förderzeitraums deutlich ausgeweitet werden, um umfassende und langfristig angelegte Evaluationsstudien zu ermöglichen. Die Bildungsforschung soll mit der Entwicklung hochwertiger und bundesweit anwendbarer digitaler Diagnoseinstrumente beauftragt werden, um pandemiebedingte Lernlücken und Kompetenzstände kontinuierlich zu erfassen und individualisierte Lernangebote zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 394 vom 25.03.2021

Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, einen Krisengipfel zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie einzuberufen. An diesem Gipfel sollen Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verbänden sowie der Jugendämter, Kinderbetreuungseinrichtungen und betroffenen Familien teilnehmen, heißt es in dem entsprechenden Antrag (19/27810). Zudem müsse die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern dafür sorgen, dass in Bildungseinrichtungen zusätzliches psychologisches und pädagogisches Personal während und nach der Corona-Pandemie zur Verfügung steht, um die negativen Folgen der Krise zu erkennen und aufzuarbeiten.

Darüber hinaus fordern die Liberalen eine bessere finanzielle Ausstattung der außerschulischen Kinder- und Jugendsozialarbeit, die Überprüfung der Frühwarnsysteme für häusliche Probleme im Home-Schooling, den Ausbau von Therapie- und Betreuungsplätzen in der Psychotherapie und Psychiatrie für Kinder und Jugendliche sowie pandemiefeste Betreuungs- und Freizeitangebote in den Sommerferien.

Nach Ansicht der Liberalen sind Familien und Kinder auf besondere Weise von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen. Allerdings würden Kinder und Jugendliche als Opfer der Auswirkungen übersehen. So komme eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zu dem Ergebnis, dass fast jedes dritte Kind während der Pandemie psychische Auffälligkeiten aufweise. Und laut der Hamburger COPSY-Längsschnittstudie würden Ess-, Angst- und Konzentrationsstörungen sowie Suizidgedanken und Suizidversuche zunehmen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 390 vom 25.03.2021

Die FDP-Fraktion fordert eine stärkere digitale Lernförderung von Kindern in der Grundsicherung. In einem Antrag (19/27806) schreibt sie: „Durch pandemiebedingten Digitalunterricht zuhause werden Kinder und Jugendliche, die in sozioökonomisch schwierigen Bedingungen aufwachsen und bei denen das Elternhaus keine oder nur wenig Unterstützung beim Lernen leisten kann, benachteiligt. 68 Prozent der Eltern mit niedrigem Haushaltseinkommen sorgen sich um die Bildungszukunft ihrer Kinder.“

Deshalb fordern die Liberalen von der Bundesregierung, ein Programm aufzusetzen, das sozial benachteiligte Kinder im Umgang mit digitalen Geräten und Lernplattformen fördert. Hierdurch soll die Teilhabe am digitalen Unterricht und die Nutzung von digitalen Geräten zur Bildung, auch in Zukunft, besser ermöglicht werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 386 vom 24.03.2021

Zur Lage der Förderschulen für Kinder mit Behinderungen in der Corona-Pandemie stellt die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage (19/27728). Die Fraktion möchte wissen, welche Schultypen es zum Beispiel für blinde oder körperbehinderte Kinder in Deutschland im Bereich der Förderschulen nach Kenntnis der Bundesregierung gibt und welche Instrumente zur Ermittlung der individuellen Förderbedarfe in Bezug auf die Teilhabe an Bildung die Länder anwenden. Auch interessiert die Fraktion, wie viele Kinder aktuell in eine Förderschule in Deutschland gehen.

Förderschulen leisten aus Sicht der Fragesteller einen wichtigen Beitrag, bereits im Kindesalter die Stärken und Talente von jungen Menschen mit Behinderungen zu erkennen und zu unterstützen. Viele Eltern von Kindern mit Behinderungen würden sich bewusst für spezialisierte Schulen entscheiden, um ihrem Kind eine bestmögliche Beschulung zu ermöglichen. Für diese bestmögliche Unterstützung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen sei es daher aus Sicht der Fragesteller unabdingbar, auch in Zukunft den Eltern im Interesse ihrer Kinder die Wahlfreiheit zwischen den verschiedenen Schulformen zu erhalten. Bei der Debatte um Schulschließungen, Notbetreuung und Teilhabe an Bildung kommen nach Ansicht der FDP-Fraktion auch die Förderschulen zu kurz.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 382 vom 24.03.2021

Zu Bildungs- und Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie stellt die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage (19/27708). Die Abgeordneten möchten gerne wissen, ob der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vorliegen, welche Auswirkungen die Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen auf die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben beziehungsweise langfristig haben werden. Auch interessiert die Fraktion, ob die Bundesregierung eigene Studien in Auftrag gegeben hat, um die langfristigen Auswirkungen der Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen auf die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu evaluieren. Ferner fragen die Abgeordneten, wie sich die Zahl von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2019 entwickelt hat und welche Planungen es seitens der Bundesregierung gibt, um auf den von Experten vermuteten steigenden Bedarf zur Behandlung von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu reagieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 374 vom 23.03.2021

Kurzarbeit bedeutet für viele Betroffene erhebliche finanzielle Einbußen und löst bei etwa der Hälfte Sorgen um die wirtschaftliche Existenz aus. Zugleich hat ihr massiver Einsatz bislang rechnerisch mindestens eine Million Arbeitsplätze über die Corona-Krise gerettet. In einigen Familien zeigt die starke Arbeitszeitverkürzung zudem einen positiven sozialen Effekt: Väter, die ihre Arbeitsstunden reduzieren müssen, kümmern sich deutlich häufiger intensiv um ihren Nachwuchs. Die Quote der kurzarbeitenden Männer, die den größeren Teil der Kinderbetreuung übernehmen, vervierfacht sich gegenüber der Zeit vor Beginn der Kurzarbeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Die Analyse der WSI-Forscher Dr. Toralf Pusch und Dr. Hartmut Seifert beruht auf Daten aus der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür sind gut 6100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende mehrfach online befragt worden. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Wissenschaftler werteten die Befragungswelle vom November 2020 aus. In diesem Monat waren nach vorläufigen Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) knapp 2,4 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Wie viele davon Männer waren, ist noch nicht ermittelt. In den Monaten zuvor waren es deutlich mehr als die Hälfte. Ihre Arbeitszeit mussten Kurzarbeitende im November um durchschnittlich 51 Prozent reduzieren.

„Im Zuge der durch Kurzarbeit vermehrt verfügbaren Zeit haben sich die Anteile in der partnerschaftlichen Kinderbetreuung verschoben“, konstatieren Pusch und Seifert. Jedenfalls gilt das bei etwa jedem vierten kurzarbeitenden Vater, der befragt wurde. Knapp 30 Prozent gaben im November an, während der Kurzarbeitsphase den Hauptteil der Kinderbetreuung in ihrer Familie zu übernehmen. Vor Beginn der Pandemie taten das lediglich sieben Prozent. Weitere rund 35 Prozent kümmerten sich nach eigener Angabe im November ebenso ausführlich um den Nachwuchs wie ihre Partnerin, gegenüber knapp 32 Prozent, die vor der Pandemie ungefähr die Hälfte der Sorgearbeit übernahmen (siehe auch die Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Bei den befragten Müttern in Kurzarbeit änderte sich hingegen wenig – wohl, weil sie meist immer schon den überwiegenden Anteil bei der Kinderbetreuung übernommen hatten: Das gaben rund zwei Drittel sowohl für die Zeit vor als auch während der Kurzarbeit an. „Kurzarbeit macht deutlich, dass Arbeitszeitverkürzungen die ungleiche Lastenverteilung bei der Kinderbetreuung verringern können. Das alleine reicht aber nicht aus, sie zu beseitigen. Das Hauptengagement verbleibt weiterhin bei den Frauen“, schlussfolgern die Forscher.

Kurzarbeit – Mehr als eine Beschäftigungsbrücke. WSI Policy Brief Nr. 53, März 2021

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 26.03.2021

Kindertageseinrichtungen sollen im verschärften Lockdown weiter geöffnet bleiben und mehr Testungen durchgeführt werden. Die Testkapazitäten reichen aber vielerorts nicht aus. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen bei kleinen Kindern besorgniserregend an, Ausbrüche in Kitas werden gehäuft gemeldet. Der AWO Bundesverband fordert vor diesem Hintergrund, flächendeckend Kinder und Fachkräfte in den Einrichtungen effektiv zu schützen. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die geforderte Anzahl von zwei Tests die Woche für Mitarbeitende und Kinder ist bisher in vielen unserer Kindertagesstätten nicht umsetzbar. Uns fehlt einfach die erforderliche Menge an Tests. Zudem gibt es noch nicht flächendeckend kindgerechte, jeweils altersangepasste Testungen, und die Kolleg*innen vor Ort bräuchten Einweisungen für deren Handhabung, die diesen Namen auch verdient haben. Die Tests für Kinder müssen zudem natürlich freiwillig bleiben und Eltern einbezogen werden.

Unsere Einrichtungen geraten dadurch in ein Dilemma: entweder Kinder und Mitarbeitende vor Ort Risiken auszusetzen oder Kinder in wichtigen Phasen ihrer Entwicklung keine pädagogischen Angebote mehr machen zu können. Diese ungeklärte Situation in den Einrichtungen zeigt, dass Kindertagesstätten im politischen Umgang mit der Pandemie noch zu wenig priorisiert werden.“

So sei beim Bund-Länder-Gipfel vom Montagabend das Infektionsgeschehen in Kindertagesstätten zu wenig thematisiert worden. Die stattdessen bereits in der Vorwoche durch die Kultusministerkonferenz beschlossene weitgehende Entkopplung der Schutzmaßnahmen von Inzidenzwerten sei angesichts der heranrollenden „Dritten Welle“ nicht der richtige Schritt.

„Das Familienministerium hat wichtige Hinweise gegeben, wie jetzt vorgegangen werden sollte. Diese Hinweise gilt es zu berücksichtigen“, so Schubert, „Denn wenn wir jetzt nicht umsteuern, müssen wir, so, wie sich die Situation derzeit darstellt, damit rechnen, dass die Dritte Welle auch durch Kindertagesstätten rollt – und zwar vergleichsweise ungebremst.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 24.03.2021

Eine neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht eine deutliche Zunahme privater Überschuldung durch die Pandemie. Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt sieht in diesen Ergebnissen eine Bestätigung der Erfahrungen aus der eigenen Beratungspraxis und warnt vor einer sozialen Krise.

„Schon vor der Pandemie gab es ein hohes Beratungsaufkommen, jetzt aber rechnen wir in Kürze mit einem Beratungsbedarf in bisher nicht gesehenem Ausmaß. Denn finanzielle Problemlagen sind inzwischen nicht nur häufiger, sondern auch existenzieller: Wo die Beratenden sonst vielleicht noch Spielraum haben, mit den Betroffenen vorhandene Reserven zielführend umzulenken, gibt es jetzt schlicht keine Reserven mehr. Nach einem Jahr Pandemie und zwei Lockdowns sind die Rücklagen aufgebraucht“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, „Wenn wir nicht jetzt anfangen, Lösungen für diese Menschen zu finden, steuern wir sehenden Auges in eine soziale Katastrophe.“

Ver- und überschuldete Haushalte seien von den Folgen des nahezu stillstehenden öffentlichen Lebens besonders betroffen. Der Schutz vor Pfändungen und die Beantragung von Sozialleistungen oder anderen Hilfen seien zudem aktuell deutlich erschwert. Darüber hinaus würden vermehrt auch Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die bis zur Pandemie in vergleichsweise stabilen Verhältnissen lebten.

Der AWO Bundesverband fordert deswegen, die Hilfe- und Beratungsstruktur durch Einführung einer bundesweiten pauschalen Finanzierung der Beratungsstellen zu sichern und auszubauen. Bislang gebe es deutlich zu wenig Beratungskapazitäten, die des steigenden Bedarfs nicht Herr würden. Zudem müssten für all diejenigen, die heute noch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hätten, vergleichbare Schutzmechanismen eingeführt werden.

Nicht zuletzt brauche es unbürokratische Hilfen, um soziale Härten auszugleichen. „Neue Schuhe für die Kinder, eine defekte Waschmaschine oder andere Ausgaben, die anfallen – Viele Menschen sind nach diesem Jahr in einer Situation, wo schon kleinste Mehrbelastungen Existenznot bedeuten können. Wir dürfen sie nicht auf einen bürokratischen Hürdenlauf schicken, sondern müssen pragmatisch und schnell entlastend helfen“, so Schubert abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 18.03.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) kritisiert das Pandemie-Management der Länder und der Bundesregierung. Seit einem Jahr befinden sich Eltern und Kinder im Dauer-Lockdown. Ihre Sorgen und Nöte bleiben außen vor. Der DFV fordert einen Familiengipfel und Maßnahmen zur Öffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen.

Corona ist die schwerste Familienkrise der Bundesrepublik. Seit 12 Monaten befinden sich Eltern und Kinder in einem massiven Ausnahmezustand. Improvisierte Kinderbetreuung, Präsenzausfall in den Schulen und fehlende Sozialkontakte haben Familien an den Rand des Erträglichen gebracht. Selbst zu den Osterfeiertagen werden es der Bund und die Länder nicht schaffen, für eine ausreichende Anzahl von Schnelltest zu sorgen. Obwohl diese dringend benötigt werden.

„Das Vertrauen der Eltern in das Corona-Management der Politik ist nachhaltig erschüttert“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. „Wir schlittern von einem Lockdown zum nächsten. Wir hören viele Ideen, sehen aber zu wenige Taten, die das Infektionsgeschehen eindämmen. Familien erleben Streit zwischen Politikern und Kompetenzgerangel auf allen Ebenen. Auf eine einheitliche und nachhaltige Lösung warten Familien seit einem Jahr – und ein Ende ist nicht in Sicht.“

Die Schließung von Kitas und Schulen stellt mehr als die Hälfte der Familien mit Kindern unter 15 Jahren vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Eine Zeitlang ist der Wegfall von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar. Das kostet Zeit, Geld und viel Geduld. „Diesen Punkt haben wir längst überschritten“, so Zeh. „Viele Familien stehen vor einer existenziellen Notlage. Die Ersparnisse sind aufgebraucht und das Familienleben wird über Kredite finanziert.“

Aktuelle Studien berichten zunehmend von Vereinsamung und ernsten psychischen Problemen bei Kindern und Eltern. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Spezielle Freizeitangebote für Familien gibt es nicht. Eltern und Kinder sind am Ende ihrer körperlichen und psychischen Kräfte. Das ist ein deutliches Alarmsignal.

Der DFV fordert einen Familiengipfel auf Bundes- und Länderebene. „Die Politik redet über Familien, aber nicht mit ihnen. In diesen schwierigen Zeiten ist das keine gute Familienpolitik. Das muss sich endlich ändern“, sagt Verbandspräsident Zeh.

Die Corona-Krise hat eines ganz deutlich gezeigt: In der Digitalisierung von Schulen ist Deutschland ein Entwicklungsland. Einheitliche Schulportale und Datenstrukturen? Absolute Fehlanzeige! Trotzdem macht jeder seins. Von Fach zu Fach hangeln sich Lehrer mit unterschiedlichen pädagogischen Online-Konzepten durch die Pandemie. Auch wenn Eltern ihre Kinder beim Lernen unterstützen, können sie die Schule nicht ersetzen. Am Ende sind Kinder die Verlierer einer verschleppten Bildungsdigitalisierung. Hier bedarf es intensiverer Anstrengungen. Präsenzunterricht kann nicht ersetzt werden. Familien brauchen Stabilität und Planbarkeit. Dafür ist eine konsequente Gesamtstrategie für den Schulbesuch, aber auch für die Kinderbetreuung in der Krippe und Kita dringend notwendig.

Der DFV fordert dafür eine Impfpriorisierung für Erzieher und Lehrer, kostenfreie Schnelltests in jeder Kita und an jeder Schule, Luftfilteranlagen, höhere Personalschlüssel, damit Ausfälle kompensiert werden können und qualitativ hochwertige Online-Angebote für Schüler.

Diese Maßnahmen müssen flankiert werden durch einen allgemeinen Schadensersatzanspruch der Eltern (mindestens 800 Euro/Monat), wenn Kinder aufgrund von Schließungen der Krippen, Kitas und Schulen Zuhause betreut werden. Ebenso wichtig ist die schnelle Einführung eines Kinderfreibetrages in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung. Wer Kinder hat, ist wirtschaftlich weniger leistungsfähig als jemand, der bei gleichem Einkommen keine Unterhaltspflichten zu schultern hat.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 24.03.2021

Psychische Probleme, Vereinsamung, Zukunftsängste und fehlendes politisches Gehör: Die Pandemie stellt Minderjährige und junge Menschen vor erhebliche Herausforderungen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, die in Kooperation mit den Universitäten von Hildesheim und Frankfurt am Main durchgeführt worden ist.

„Die Corona-Pandemie geht an Jugendlichen keineswegs spurlos vorbei. Sehr viele fühlen sich vereinsamt und haben mit psychischen Belastungen zu kämpfen“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV). 61 Prozent der Jugendlichen geben laut Bertelsmann Studie an, sich teilweise oder dauerhaft einsam zu fühlen. 64 Prozent stimmen zum Teil oder voll zu, psychisch belastet zu sein. 69 Prozent sind, und sei es nur teilweise, von Zukunftsängsten geplagt.

„Jugendliche fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Das zeigen die Untersuchungsergebnisse deutlich“, kommentiert Heimann die Studie. 65 Prozent der befragten Jugendlichen gaben während des zweiten Lockdowns im November 2020 an, dass ihre Sorgen eher nicht oder gar nicht gehört werden. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zur Befragung im Frühling 2020, bei der bereits 45 Prozent diesen Eindruck äußerten. 58 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Situation der Jugendlichen den Politikern nicht wichtig sei. „Es wird zwar über Jugendliche, aber nicht mit ihnen gesprochen – und das in der schwersten Krise nach der Wiedervereinigung. Damit gewinnt die Politik kein Vertrauen unter jungen Menschen“, sagt Heimann.

Demokratische Beteiligung nötig

Um die Belange von minderjährigen Jugendlichen zu stärken, spricht sich der DFV für eine Reform des Wahlrechts aus. „Nur das Wahlrecht garantiert echte politische Mitsprache. Wer gehört werden will, muss Politiker wählen und abwählen können“, so Heimann. Unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin a.D. Renate Schmidt setzt sich der DFV für ein modernes und allgemeines Wahlrecht ab Geburt ein. „Die Bedürfnisse und Potenziale von minderjährigen Jugendlichen kommen in der öffentlichen Debatte kaum vor. Wir brauchen deshalb dringend einen politischen Wandel, der unsere Demokratie zukunftsfest macht. Das geht nur mit einer Wahlrechtsänderung einher.“

Weitere Informationen

Studie der Bertelsmann Stiftung: Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie (PDF)

DFV-Kampagne „Wahlrecht ab Geburt – Nur wer wählt, zählt“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 23.03.2021

Nach Medienberichten fordert der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen, der Familienministerin Giffey berät, einen „Marshallplan für Familien“. So sollen gezielt Eltern und Kinder, die durch die Pandemie besonders belastet wurden, gezielt gefördert werden –  etwa mit digitalen Lernmitteln, Kuren und Freizeitprogrammen.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Ein Corona- Hilfsprogramm ist ein wichtiges Signal an die Familien in Deutschland, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie in einem Ausnahmezustand befinden. Durch die Versorgung der Familie, Homeoffice und Homeschooling sind sie extremen Belastungen ausgesetzt, was häufig zu starker Erschöpfung geführt hat. Viele Eltern sind mit ihren Kräften am Ende und auch Kinder sehr belastet.

Die gemeinnützigen Familienerholungseinrichtungen und Kliniken des Müttergenesungswerkes bieten mit ihren vielfältigen Hilfeprogrammen für Mütter und Väter Unterstützung und helfen, wieder neue Kraft zu tanken. Aber auch Familienberatungsstellen und familienunterstützenden Dienste sind wichtige Angebote, die digital eine echte Hilfe in Belastungssituationen sein können.

Eine bessere schulische Förderung von sozialbenachteiligten Kindern und Jugendlichen und vor allen Dingen eine deutlich bessere Ausstattung mit digitalen Lernmitteln im Bildungs- und Teilhabepaket sind genauso – wie eine bessere finanzielle Absicherung der Familien und Kinder in der Grundsicherung – wichtige Maßnahmen, die die Diakonie Deutschland bereits seit langem fordert.

Wir brauchen ein umfassendes Corona-Hilfsprogramm für Familien. Die Bundesregierung tut gut daran, diesen Plan zügig in die Tat umzusetzen, zumal ein weiterer Lockdown bis über die Osterferien hinaus in den April hinein nicht vermeidbar erscheint.“

Weitere Informationen:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.03.2021

Das heute ergangene Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe, das den geplanten einmaligen Corona-Zuschuss für Grundsicherungsbeziehende für zu gering und verfassungswidrig hält, kommentiert der Paritätische Gesamtverband wie folgt:

Der Paritätische Gesamtverband bewertet es als beschämend, dass das Sozialgericht Karlsruhe nun bereits zum wiederholten Mal das armutspolitische Versagen dieser Bundesregierung in der Corona-Krise feststellen muss. Mit dem Hinweis, dass ein Zuschlag von 100 Euro pro Monat nötig wäre, um die Mehrbedarfe angesichts der Pandemie zu kompensieren, folgt das Gericht der Forderung von rund 50 Gewerkschaften und Sozialverbänden.

„Das Krisenmanagement der Bundesregierung ist ein armutspolitisches Trauerspiel. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass Deutschland wieder seinen sozialstaatlichen Verpflichtungen nachkommt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Es braucht eine zügige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro und für die Dauer der Pandemie finanzielle Soforthilfe in Höhe von 100 Euro pro Kopf und Monat für alle, die auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind.“

Mehr Informationen zum Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritatische.de/coronahilfe

Hintergründe und Reportagen zur Lage armer Menschen während der Corona-Pandemie finden Sie auch in einer aktuellen Schwerpunktausgabe unseres Verbandsmagazins: https://www.der-paritaetische.de/publikation/verbandsmagazin-der-paritaetische/der-paritaetische-221/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Unternehmen können sich ab heute bis Ende Mai bewerben

Zum ersten Mal wird der „German Equal Pay Award“ in diesem Jahr verliehen. Der Wettbewerb ist Teil des neuen Unternehmensprogramms „Entgeltgleichheit fördern“ vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ). Ausgezeichnet werden Unternehmen, die sich in besonderer Weise für Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in ihrem Betrieb engagieren. Dabei richtet sich der „German Equal Pay Award“ nicht nur an Unternehmen, die bereits geringe Entgeltunterschiede und deutliche Fortschritte in diesem Bereich vorweisen können. Es werden auch Unternehmen mit innovativen Ideen und Konzepten zur Umsetzung von Entgeltgleichheit ausgezeichnet.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Die Zeit der ungleichen Bezahlung zwischen Männern und Frauen muss endlich vorbei sein. Im Bundesfrauenministerium haben wir viele Maßnahmen zum Abbau der Lohnlücke auf den Weg gebracht, unter anderem das Entgelttransparenzgesetz. Faire Bezahlung und Entgeltgleichheit gehören zu einer modernen und nachhaltigen Personalpolitik und sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil zur Fachkräftesicherung. Viele Unternehmen haben das bereits erkannt und setzen entsprechende Strategien in ihren Unternehmen um. Mit dem ‘German Equal Pay Award‘ wollen wir sie auf diesem Weg bestärken, ihre Anstrengungen würdigen und Vorbilder auszeichnen. Ich lade alle Unternehmen ein, teilen Sie Ihre Strategien und Konzepte und bewerben Sie sich beim ‘German Equal Pay Award‘!“

Unternehmen aller Größenklassen und Branchen mit Sitz in Deutschland können sich ab heute bis zum 30. Mai 2021 bewerben. Eine fachkundige Jury wird die Bewerbungen auswerten. Im September 2021 werden die Siegerunternehmen des ersten „German Equal Pay Award“ offiziell mit einem Preis und einer Urkunde durch Bundesfrauenministerin Franziska Giffey ausgezeichnet. 

Das Online Bewerbungsformular für die Teilnahme am Wettbewerb sowie alle weiteren Informationen zum Thema Entgeltgleichheit stehen auf der Webseite www.entgeltgleichheit-fördern.de zur Verfügung.

Über das Unternehmensprogramm „Entgeltgleichheit fördern“:

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Unternehmensprogramm „Entgeltgleichheit fördern. Unternehmen beraten, begleiten, stärken“ 2020 ins Leben gerufen, um Unternehmen konkrete Unterstützung bei der Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes sowie des Entgeltgleichheitsgebotes zu geben. Zudem soll das Bewusstsein für die Chancen einer geschlechtergerechten Entlohnung gefördert werden. Zum Bundesprogramm gehören neben dem „German Equal Pay Award“ auch die Website (www.entgeltgleichheit-fördern.de) mit Informationen, Anregungen und Ideen aus der Praxis, eine Servicestelle für individuelle Beratungen sowie Unternehmensdialoge zum gemeinsamen Austausch von Ansätzen und Hürden zwischen Betrieben. Das Programm ist auf drei Jahre angelegt und wird vom BMFSFJ gemeinsam mit Ramboll Management Consulting und KPMG AG umgesetzt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.03.2021

Aktuelle Befragung zeigt, dass die Bevölkerung Gleichstellung befürwortet, aber noch viel Handlungsbedarf sieht.

95 Prozent der Männer und Frauen in Deutschland bewerten Gleichstellungspolitik für eine gerechte und demokratische Gesellschaft als wichtig. Die große Mehrheit (80 Prozent) verbindet mit der Gleichstellung von Frauen und Männern etwas Positives. Dies und mehr geht aus einer aktuellen repräsentativen Befragung von Kantar Public Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu Fragen der Gleichstellung hervor, deren Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden.

Bundesgleichstellungsministerin Franziska Giffey: „Die Studie zeigt uns, wie wichtig und hochaktuell Gleichstellung als Fortschrittsmotor für eine demokratische und freie Gesellschaft ist, in der Männer und Frauen ihre Lebenschancen ergreifen können. Es wird aber auch deutlich, dass mehr als 80 Prozent der Befragten finden, dass das Ziel noch nicht erreicht ist und meinen damit die Gleichstellung von Frauen im Beruf und von Männern im Privaten. Aus der Befragung geht hervor, wie sehr Gleichstellung zu einer gemeinsamen Gesellschaftsaufgabe geworden ist. Eine ermutigende Botschaft und ein fortbestehender Auftrag.“

Dr. Sophia Schmid, verantwortliche Studienleiterin Kantar Public Deutschland: „Befragungen wie diese zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter dem gesamtgesellschaftlichen Projekt der Gleichstellung steht und diese aktiv einfordert. Gleichstellung ist somit kein Frauen- oder Elitenthema, sondern kommt Männern, Frauen und Kindern ganz konkret in ihrem beruflichen und familiären Alltag zugute. Auch die Politik und Wirtschaft können durch bessere Gleichstellung nur profitieren – davon ist die Mehrheit der Deutschen überzeugt. Wir sind somit auf einem guten Weg, jedoch noch längst nicht am Ziel angelangt.“

Gleichstellung nutzt Frauen im Beruf und Männern in der Familie
Die Vorteile der Gleichstellung für Frauen werden vor allem in den Bereichen Lohngleichheit und Berufswahl frei von Rollenbildern gesehen. Aber auch Entlastung bei der Familienarbeit, mehr Zeit für Beruf und Karriere sowie bessere Chancen auf Frauen in Führungspositionen werden von mindestens zwei Dritteln als positive Aspekte wahrgenommen.

Die Vorteile der Gleichstellung für Männer werden vor allem darin gesehen, dass sie mehr Zeit für Familie und Kinder gewinnen könnten. Eine Mehrheit sieht zudem weniger Druck, die Rolle des Versorgers einnehmen zu müssen sowie – ähnlich wie bei Frauen – eine Berufswahl unabhängig von Rollenbildern.

Mehr Gleichstellung führt zu Verbesserungen in Politik und Wirtschaft
Mehr als drei Viertel der Befragten sind zudem überzeugt, dass eine bessere Gleichstellung zu Verbesserungen in Politik und Wirtschaft führen würde. Eine deutliche Mehrheit (63 Prozent) spricht sich für eine verbindliche Frauenquote aus, um die Dominanz von Männern in Führungspositionen zu vermindern. Aus Sicht der Befragten gibt es aber noch viel zu tun, um das gesellschaftliche Ideal der Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen: so stimmen nur 14 Prozent der Aussage zu, dass Gleichstellungspolitik schon alles erreicht habe.

Gleichstellung als gemeinsames Projekt von Frauen und Männern
In Bezug auf die Ausrichtung von Gleichstellungspolitik besteht weitgehender Konsens, dass die Bedürfnisse von Männern genauso wie die von Frauen berücksichtigt werden müssen. Damit einher geht die Hoffnung von 90 Prozent der Befragten, dass Jungen und Mädchen sich in Zukunft frei von Geschlechterstereotypen entfalten können. Die Corona-Krise halten nur wenige für eine Chance für die Gleichstellung von Frauen und Männern (36 Prozent).

Über die Befragung
Im Rahmen der KANTAR-Befragung „Mehr Gleichstellung im Beruf, mehr Partnerschaftlichkeit im Privaten“ wurden 1.000 Computergestützte Telefon-Interviews (CATI) durchgeführt. Dabei wurde die deutschsprachige Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland, repräsentativ für die gesamte Republik befragt. Es erfolgte eine faktorielle Gewichtung nach soziodemografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Bildung, Region). Befragungszeitraum war der 17. bis 30. November 2020.

Die vollständige Studie finden Sie hier: bmfsfj.de/kantar-studie-gleichstellung

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.03.2021

Der Bundestag verabschiedet heute das Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung. Die Zeit einer Normangleichung ist damit endgültig vorbei. Jeder Mensch erhält nun von Geburt an das Recht, selbst über seinen Körper und seine Identität zu entscheiden.

„Mit dem OP-Verbot tragen wir der Vielfalt unseres Landes und unserer Gesellschaft Rechnung und stärken das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit nachhaltig. In der Vergangenheit wurden Operationen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung häufig nur mit dem Ziel durchgeführt, sie an ein bestimmtes Geschlecht optisch anzugleichen. Fehlende Aufklärung und Stigmatisierung führten dazu, dass Kindern eine eigene Entscheidung über ihren Körper und ihre Identität vorenthalten blieb.

Diese Praxis wird in Zukunft untersagt. Künftig ist es Ärztinnen und Ärzten verboten, Operationen an nicht-einwilligungsfähigen Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung durchzuführen – es sei denn, es besteht akute Gefahr für Leib und Leben, oder eine Operation dient eindeutig allein dem Wohl des Kindes. Ob ein Eingriff notwendig ist oder nicht entscheidet eine interdisziplinäre Kommission, nach deren Gutachten das Familiengericht einem Eingriff stattgeben kann.

Die Kommission hat die Pflicht, die Rechte des Kindes zu wahren und immer zum Wohle des Kindes seine Empfehlungen zu formulieren. Deshalb hat sich die SPD erfolgreich dafür eingesetzt, dass alle Kommissionsmitglieder Erfahrung im Umgang mit intergeschlechtlichen Kindern haben müssen. Das trifft sowohl für Ärztinnen und Ärzte, als auch Kinderpsychologinnen und -psychologen sowie Ethikerinnen und Ethikern zu. Auch hat die SPD die Bundesregierung aufgefordert, ein Zentralregister für durchgeführte Operationen einzurichten. Betroffene sollen auch nach Jahrzehnten noch die Möglichkeit haben, auf einfachem Wege herauszufinden, ob und welche Eingriffe an ihnen vorgenommen wurden.

Das Gesetz ist ein großer Schritt nach vorn. Es befördert die Auseinandersetzung mit der Vielfalt menschlichen Lebens. Es wäre ein Gewinn für das ganze Land, wenn unser Koalitionspartner auch in anderen Themenfeldern so fortschrittlich mit uns zusammenarbeiten würde. Denn es bleibt noch viel zu tun, bis auch wirklich jeder selbstbestimmt und frei von Diskriminierung leben kann.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 25.03.2021

Seit heute kann der Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts online eingesehen werden. Er zeigt, dass unser Sozialstaat, unsere Sozialschutzpakete und die vielen weiteren Unterstützungsmaßnahmen auch in der Krise wirken.

„Auf den Sozialstaat ist Verlass. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Brücke über die Krise. Wir wollen den Sozialstaat weiter stärken. Er soll sowohl Sicherheit bieten, als auch sozialen Aufstieg bestmöglich unterstützen.

Der Mindestlohn wirkt. Er muss aber erhöht werden, damit man gut davon leben kann und bei Vollzeitarbeit vor Armut sicher ist. Das wären aktuell zwölf Euro. Deswegen machen wir uns mindestens zwölf Euro zu unserem Ziel für 2022. Der Mindestlohn ist dabei die absolute Lohnuntergrenze. Tarifgebundene Unternehmen zahlen hingegen deutlich höhere Löhne und übernehmen so gesellschaftliche Verantwortung. Daher wollen wir die Tarifbindung stärken, die in den vergangenen Jahren durch den enormen Wettbewerbsdruck auf den Märkten gelitten hat.

Noch immer ist die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern deutlich zu spüren. Dringend muss es in den sogenannten Frauenberufen, von denen viele besonders systemrelevant sind, eine Lohnerhöhung und bessere Rahmenbedingungen geben. So werten wir diese sozialen Berufe auf – denn von Applaus kann niemand seine Miete bezahlen.

Alle Kinder sollen die gleichen Chancen auf ein gutes Leben haben. Deshalb darf kein Kind in Armut aufwachsen. Mit der sozialdemokratischen Kindergrundsicherung wollen wir das Kindergeld neugestalten. Zum einen müssen Bildung und Teilhabe gerechter und zugänglicher werden. Zum anderen planen wir ein Kindergeld, das gestaffelt ausgezahlt wird, um Familien zu unterstützen, die es nicht leicht haben. Das neue Kindergeld ersetzt so den Kinderfreibetrag und bündelt bisherige Leistungen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 23.03.2021

Unterschiede zu Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte nehmen im Zeitverlauf ab

Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den ersten Bericht zum indikatorengestützten Integrationsmonitoring „Integration in Deutschland“ beschlossen. Das Integrationsmonitoring beschreibt die Entwicklung der Integration der Bevölkerung mit familiärer Einwanderungsgeschichte anhand von 55 Indikatoren im Zeitverlauf.  Zentrales Ergebnis ist, dass in der zweiten Generation deutlich weniger Differenzen im Vergleich zur Bevölkerung ohne Einwanderungs-geschichte festzustellen sind als in der ersten Generation. Dazu erklärt die Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nina Warken:

„Das Integrationsmonitoring unterstreicht einmal mehr, dass Integration ein langer Prozess ist und häufig erst in der zweiten Generation erfolgreich verläuft. Differenzen zur Bevölkerung ohne familiäre Einwanderungsgeschichte – etwa in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt – fallen in der zweiten Generation deutlich geringer aus. Dieser Befund macht Mut. Er mahnt aber zugleich, dass bei den Menschen, die im Zuge der Fluchtmigration in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, weiterhin Anstrengungen insbesondere in den Bereichen Bildung und Arbeit notwendig sind. Verstärkt müssen auch Frauen und Kinder in den Blick genommen werden. Dies ist umso notwendiger vor dem Hintergrund der zu erwartenden negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf erreichte Integrationserfolge. Studien wie das Integrationsmonitoring liefern die notwendigen Daten, um entsprechende Weichenstellungen zu tätigen und die Debatte zu entideologisieren. Hierfür benötigen wir zu gegebener Zeit auch ein Post-Corona-Monitoring, das die Folgen der Pandemie für Zugewanderte und ihre nachfolgenden Generationen sachlich beschreibt.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 24.03.2021

„Die Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern zeigen der Bundesregierung deutlich den Handlungsbedarf auf. Auf der einen Seite muss es darum gehen, der Entgrenzung von Arbeitszeit einen Riegel vorzuschieben, auf der anderen Seite muss den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Mindestmaß an Beschäftigungsumfang garantiert werden. In besonderem Maße betrifft dies Frauen, die neben der allgemeinen Benachteiligung am Arbeitsmarkt auch bei den Arbeitszeiten Probleme haben, ihre Wünsche zu realisieren. Oft sind Frauen mangels Alternativen gezwungen, in nicht existenzsichernder Teilzeit und Minijobs zu arbeiten. Die Bundesregierung muss endlich bessere Voraussetzungen für eine gerechte Verteilung der Arbeitszeit schaffen“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu einer Studie des Ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zur Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeit. Zimmermann weiter:

„Die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden in der Woche gesenkt werden. Zudem müssen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Teilzeit für die Beschäftigten verbessert werden. Um vor allem Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen, ist ein Rechtsanspruch auf ein Minimum an Arbeitsstunden einzuführen. Generell ist die Stellung der Beschäftigten bezüglich der Veränderung ihrer Arbeitszeit zu schwach, da Ansprüche nur im Klageverfahren durchgesetzt werden können und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich das nicht trauen. Die Bundesregierung muss stärkere und praxistauglichere Rechtsansprüche hinsichtlich der Arbeitszeitwünsche von Beschäftigten verankern. Insbesondere bedarf es besserer Angebote zur Kinderbetreuung, auch in den so genannten Randzeiten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 30.03.2021

„Es ist gut, dass die Inanspruchnahme des Elterngelds durch Väter steigt, doch weiterhin ist bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung des Elterngeldes sehr viel Luft nach oben. Immer noch nehmen Väter sehr viel kürzer Elterngeld in Anspruch als Mütter. Jeweils 12 Elterngeldmonate für beide Elternteile, die nicht übertragbar sind, würden für deutlich mehr Partnerschaftlichkeit bei Erziehungs- und Sorgearbeit sorgen. Für Alleinerziehende braucht es entsprechend einen Anspruch auf 24 Monate“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Elterngeld im Jahr 2020. Werner weiter:

„Zudem muss endlich der Mindestbetrag des Elterngeldes auf 400 Euro angehoben werden. Seit Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 ist dieser nicht mehr erhöht worden. Seither sind jedoch die Verbraucherpreise gestiegen. Durch die fehlende Erhöhung des Mindestbetrags werden Familien mit geringem Einkommen durch das Elterngeld diskriminiert, und das muss endlich ein Ende haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert ein breites Maßnahmenpaket zur Unterstützung für Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie. In einem Antrag (19/27825) spricht sie sich unter anderem für einen „Bildungsschutzschirm“ aus, der ein sicheres Lernen in den Schulen ermöglichen soll. Dazu gehöre die Ausstattung mit Schutzmitteln, Luftfiltern, der Zugang zu regelmäßigen kostenlosen Corona-Tests und der Ausbau der Digitalisierung.

Zudem soll nach dem Willen der Grünen das gesamte Spektrum der Kinder- und Jugendhilfe bundeseinheitlich als systemrelevant eingestuft und dementsprechend krisen- und zukunftssicher ausgestattet werden. Im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) sollen das „sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen“ als verbindliche Leistung festgeschrieben, die Altersgrenze bei Hilfen für den Übergang in ein eigenverantwortliches Leben erhöht und die sogenannte Kostenheranziehung von Jugendlichen in Pflegefamilien und Heimen abgeschafft werden.

Darüber hinaus fordern die Grünen einen Einstiegszuschuss für Berufseinsteiger in besonders schwierigen konjunktureller Lagen, mit dem analog zum Eingliederungszuschuss maximal 50 Prozent des Arbeitsentgelts für maximal sechs Monate oder maximal 50 Prozent der Ausbildungsvergütung für maximal zwölf Monate bezuschusst werden können. Außerdem werben die Abgeordneten für die Einführung einer Ausbildungsgarantie.

Die Grünen verweisen auf die einschneidenden Auswirkungen auf das Leben junger Menschen während der Corona-Pandemie. Eine verlorene „Generation Corona“ müsse verhindert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 396 vom 25.03.2021

Der Petitionsausschuss unterstützt Überlegungen, durch eine geteilte Anrechnung der Kindererziehungszeit beiden Elternteilen die Möglichkeit zu eröffnen, Rentenanwartschaften erwerben zu können. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedeten die Abgeordneten mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und AfD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine entsprechende Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu überweisen. Die FDP-Fraktion sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatten für das höhere Votum einer Überweisung „als Material“ plädiert.

Mit der Petition wird gefordert, dass die Anrechnung der Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausschließlich bei einem Elternteil erfolgt, sondern durch Aufteilung der Erziehungszeit beide Elternteile Rentenanwartschaften erwerben können. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass in vielen Familien nicht mehr ausschließlich ein Elternteil für die Erziehung des Kindes verantwortlich sei. Vielmehr erfolge untereinander eine hälftige Aufteilung. Nach derzeitiger Rechtslage sei für diesen Fall jedoch nur ein Elternteil berechtigt, die rentensteigernden Kindererziehungszeiten zu erhalten.

Aktuell seien die Kindererziehungszeiten dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet – überwiegend erzogen hat, heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses, in der auch auf eine Stellungnahme der Bundesregierung Bezug genommen wird. „Darauf, wer das Kind geboren oder dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist, kommt es hingegen nicht an.“

Der Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet wird, um damit Nachteile auszugleichen, die erziehende Elternteile hinnehmen, werde deshalb für die Rente so gestellt, „als ob er in einer Beschäftigung versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts aller Versicherten verdient hätte“. Kindererziehungszeiten würden insoweit rentenbegründend und rentensteigernd bei dem Elternteil anerkannt, „der zum Zweck der Kindererziehung typischer Weise seine Erwerbstätigkeit einschränkt“, teilt die Bundesregierung mit.

Grundsätzlich werde die Kindererziehungszeit nur der Mutter zugeordnet, „wenn die Eltern keine andere Zuordnung bestimmen“. Die Eltern hätten aber die Möglichkeit, die Kindererziehungszeit zeitlich nacheinander unter sich aufzuteilen und eine übereinstimmende Erklärung darüber abzugeben. „Dadurch kann im Ergebnis erreicht werden, dass jedem Elternteil die Hälfte der Kindererziehungszeit anzurechnen ist“, heißt es in der Vorlage.

Der Petitionsausschuss begrüßt diese Regelung ausdrücklich, „denn es wird somit in das Belieben der Eltern gestellt, eine aus ihrer Sicht den tatsächlichen Verhältnissen am besten gerecht werdende Aufteilung festzulegen“. Gleichwohl sei der Vorschlag der Petentin ausdrücklich anzuerkennen, der aus Sicht der Abgeordneten durchaus eine Regelungserweiterung beziehungsweise sinnvolle Ergänzung zu den bereits bestehenden Gestaltungsoptionen darstellen könne und insoweit möglicherweise den gewandelten Lebensweisen und Rollenverteilungen in einer Partnerschaft Rechnung trage. „Vor diesem Hintergrund befürwortet der Petitionsausschuss eine Prüfung der gesetzgeberischen Forderung der Petentin, bei der dann auch die finanziellen Auswirkungen und möglicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die gesetzliche Rentenversicherung zu betrachten wären“, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 376 vom 24.03.2021

Heute (19. März 2021) eröffnet der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), das von Papst Franziskus ausgerufene „Jahr der Familie“ mit einem Gottesdienst um 18.00 Uhr in Berlin. Aus diesem Anlass erklärt Erzbischof Koch:

„Vor einem Jahr haben die Corona-Pandemie und die vor diesem Hintergrund getroffenen politischen Entscheidungen das Leben der Familien grundlegend verändert. Während einige Familien sich aufgrund der individuellen Umstände mit der Lage arrangieren können, sind viele andere an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit oder bereits weit darüber hinaus. Allgemein ist die Belastung für Familien sehr hoch, das gilt gerade auch für Alleinerziehende, die besonders schwierigen Herausforderungen ausgesetzt sind:

  • Viele Eltern sind aufgrund von Schulschließungen oder eingeschränktem Schulbetrieb überlastet. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist schon in einem Alltag ohne Pandemie schwierig. In den Zeiten des Lockdowns und ohne Unterstützung durch Kitas, Schulen und Großeltern stoßen Eltern und Familien unvermeidlich an Belastungsgrenzen oder überschreiten diese. Es ergeben sich Mehrfachbelastungen von Eltern, die sich zwischen Erwerbsarbeit, oftmals im Homeoffice, Hausunterricht, Erziehungs-, Sorge- und Hausarbeit aufreiben.
  • Bei vielen Familien treten – oft durch eingeschränkte Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten oder Arbeitsplatzverlust – finanzielle Engpässe auf, die durch staatliche Maßnahmen nur teilweise gemildert werden.
  • Der Kontakt der erwachsenen Kinder mit ihren Eltern und Großeltern leidet darunter, dass man sich nicht oder kaum mehr sehen kann. Ältere Familienmitglieder leiden unter Einsamkeit. Besonders drastisch ist die Einsamkeit für schwer erkrankte ältere Menschen.
  • Viele Familien haben Angehörige verloren und trauern um diese. Die Corona-Maßnahmen erschweren das Abschiednehmen und die Zeit der Trauer.
  • Die langen Lockdown-Phasen und die Schließung der Kitas und Schulen haben – wie aktuelle Studien zeigen – negative Folgen für die seelische Gesundheit der Kinder, für ihre soziale Entwicklung und ihre Bildungsbiographie.
  • Insbesondere Kinder, die auch sonst benachteiligt sind, erleben in der Corona-Zeit besondere Nachteile. Sie haben eine schlechte oder keine technische Ausstattung, wenig Platz und kaum oder gar keine Unterstützung beim Homeschooling. Teilweise gibt es sprachliche Barrieren. Um diese Kinder und ihre Familien muss sich die Gesellschaft besonders kümmern.

In der aktuellen Krise wird deutlich, welche wichtigen Leistungen die Familien und Alleinerziehende für die Gesellschaft erbringen. Aufgaben wie die Betreuung, Erziehung und Bildung der Kinder sowie die Pflege älterer Menschen werden häufig zu wenig anerkannt. Zu oft gilt nur Erwerbsarbeit als Arbeit. In der Corona-Pandemie haben viele Familien ihre Sorgearbeit für andere Menschen weitergeführt und zusätzlich Aufgaben übernommen, die von den unterstützenden Strukturen wie Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen nicht mehr erfüllt werden konnten. Hierfür bedarf es einer Anerkennung für die Familien: Sie verdienen, dass die Politik die Familien ganz oben auf die Agenda setzt. Ohne stabile Familien funktioniert unsere Gesellschaft nicht – generell nicht und erst recht nicht in der derzeitigen Ausnahmesituation. Familienexperten müssen bei politischen Entscheidungen in der Corona-Krise eingebunden werden. Ein Familiengipfel – wie er während eines Onlinedialogs der Kanzlerin mit Eltern angeregt wurde – ist eine gute Idee. Im Rahmen eines derartigen Treffens könnten die Problem- und Bedürfnislagen von Familien und Alleinerziehenden während und nach der Corona-Krise beleuchtet und mit Fachleuten aller relevanten Disziplinen Lösungsansätze diskutiert und entwickelt werden.“

Hintergrund

Am Fest der Heiligen Familie, 27. Dezember 2020, hat Papst Franziskus ein Aktionsjahr zu Ehe und Familie angekündigt. Das „Jahr der Familie Amoris laetitia“ beginnt am 19. März 2021, dem fünften Jahrestag der Unterzeichnung des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens Amoris laetitia, und endet mit dem 10. Weltfamilientreffen am 26. Juni 2022 in Rom. Amoris laetitia ist die von Papst Franziskus geschriebene Zusammenfassung der Ergebnisse der Beratungen der XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom, die vom 4. bis 25. Oktober 2015 stattgefunden hat.

Der Gottesdienst am 19. März 2021 um 18.00 Uhr wird auf verschiedenen Kanälen gestreamt:

www.erzbistumberlin.de

www.facebook.com/erzbistumberlin

www.youtube.com/erzbistumberlin

www.facebook.com/dbk.de

www.youtube.com/c/deutschebischofskonferenz

Quelle: Pressemitteilung Deutschen Bischofskonferenz vom 19.03.2021

Voraussichtlich 0,8 % mehr Geburten von Dezember 2020 bis Februar 2021 – Anstieg liegt im Bereich üblicher Schwankungen

Der erste Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 22. März bis Anfang Mai 2020 mit umfassenden Kontaktbeschränkungen hat sich nach einer ersten Auswertung der Geburtenmeldungen nicht spürbar auf die Geburtenzahl in Deutschland ausgewirkt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, sind bisher rund 182 000 Meldungen zu den in den Monaten Dezember 2020 bis Februar 2021 geborenen und damit während des ersten Lockdowns gezeugten Kindern eingegangen. Zwar war die Zahl der Geburtenmeldungen damit 0,8 % höher als in den entsprechenden Vorkrisenmonaten Dezember 2019 bis Februar 2020. Allerdings bewegt sich diese Veränderung im Bereich der üblichen Schwankungen monatlicher Geburtenzahlen.

In Westdeutschland lag die Zahl der für die Monate Dezember 2020 bis Februar 2021 gemeldeten Geburten 1,7 % höher und in Ostdeutschland (einschließlich Berlin) 3,8 % niedriger als im Vorjahreszeitraum. Geburten am Schalttag 29. Februar 2020 wurden bei diesem Vergleich nicht herausgerechnet.

Geburtenentwicklung in Europa: Spanien, Frankreich und Österreich mit deutlichen Rückgängen

Für Spanien ergeben die aktuellen Schätzungen für die Geburtenzahl im Dezember 2020 den historisch niedrigsten Monatswert; im Januar 2021 sank die Geburtenzahl um 20 % im Vergleich zu Januar 2020. Nach vorläufigen Ergebnissen hat die Zahl der Geburten in Frankreich im Dezember 2020 und im Januar 2021 das jeweilige monatliche Minimum seit der Nachkriegszeit erreicht. Auch in Österreich ging die Geburtenzahl im Dezember 2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurück. In Norwegen, in Schweden und in den Niederlanden wurden im Dezember 2020 etwa gleich viele Kinder geboren wie im Dezember 2019. Für die Niederlande liegt die vorläufige Geburtenzahl auch für den Geburtsmonat Januar 2021 vor. Diese deutet auf eine Abnahme der Geburtenzahl hin. Die meisten Statistischen Ämter veröffentlichen allerdings die monatlichen Geburtenzahlen ab Dezember 2020 erst zu einem späteren Zeitpunkt, sodass es für ein umfassendes Bild zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Geburtenentwicklung noch zu früh ist.

Methodische Hinweise:
Diese Zahlen für Deutschland bilden die Geburtenmeldungen ab, die bisher in den Statistischen Landesämtern eingegangen sind. Sie erfüllen noch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und präzise räumliche und zeitliche Abgrenzung der Geburten. Dieser Bearbeitungsstand gehört deshalb nicht zum regulären Veröffentlichungsprogramm der amtlichen Statistik. Die zusammengefassten Angaben für drei Monate bieten jedoch eine erste Datengrundlage für eine Bewertung von Pandemie-Effekten. Die regulären vorläufigen Ergebnisse für die Monate Dezember 2020 bis Februar 2021 für Deutschland und Bundesländern werden bis Anfang Mai 2021 in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612-0002 und 12612-0101) veröffentlicht. Weitere Informationen zur Geburtenentwicklung sind in GENESIS-Online im Tabellensegment 12612 verfügbar.

Die Anzahl registrierter Geburten (sdg-indikatoren.de/16-9-1) ist neben anderen Indikatoren zu Neugeborenen Teil des Monitorings der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 26.03.2021

1,4 Millionen Frauen und 462 000 Männer bezogen 2020 Elterngeld

Rund 1,9 Millionen Frauen und Männer in Deutschland haben im Jahr 2020 Elterngeld erhalten. Das waren rund 4 000 oder 0,2 % weniger als im Jahr 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich die Zahl der Männer mit Elterngeldbezug im Vorjahrsvergleich um 6 500 erhöht (+1,4 %), dagegen ging die Zahl der leistungsbeziehenden Frauen um 10 500 (-0,7 %) zurück. Dadurch stieg der Väteranteil auf 24,8 % (2019: 24,4 %). Damit hat sich der kontinuierliche Anstieg des Väteranteils auch 2020 fortgesetzt. Im Jahr 2015 hatte er noch bei 20,9 % gelegen.   

Der Väteranteil gibt den Anteil der männlichen Bezieher an allen Elterngeldbezügen an. Er würde also genau 50 % betragen, wenn bei allen Kindern sowohl der Vater als auch die Mutter gleichermaßen Elterngeld beziehen würde. 

Erhebliche regionale Unterschiede bei den Väteranteilen 

Spitzenreiter im Bundesländervergleich mit einem Väteranteil von 30,0 % im Jahr 2020 war Sachsen, gefolgt von Bayern und Berlin mit je 27,2 %. Am niedrigsten lagen die Väteranteile 2020 im Saarland (19,1 %) sowie in Bremen (20,7 %). 

34,7 % der berechtigten Frauen und 14,2 % der Männer wählten Elterngeld Plus 

552 000 Bezieherinnen und Bezieher von Elterngeld planten im Jahr 2020 die Inanspruchnahme von Elterngeld Plus, und zwar 34,7 % der Mütter und 14,2 % der Väter. Seit seiner Einführung wird das Elterngeld Plus immer stärker nachgefragt. Zwar fällt das Elterngeld Plus in der Regel monatlich niedriger aus als das sogenannte Basiselterngeld, wird dafür aber länger gezahlt (bis zu 36 Bezugsmonate für beide Elternteile zusammen im Vergleich zu 14 Monaten beim Basiselterngeld). Der prozentuale Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Elterngeld, die bei ihrem Elterngeldbezug zumindest anteilig auch Elterngeld Plus einplanten, betrug im Jahr 2020 insgesamt 29,6 %. Das waren 1,8 Prozentpunkte mehr als noch 2019. 

Keine Änderung bei den von Vätern geplanten Bezugsdauern 

Die durchschnittliche Dauer des geplanten Elterngeldbezugs lag bei den Frauen im Jahr 2020 bei 14,5 Monaten (2019: 14,3 Monate). Die von Männern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 3,7 Monaten dagegen deutlich kürzer.  Damit blieben die geplanten Bezugsdauern der Väter in den vergangenen Jahren praktisch konstant (2017 und 2019: ebenfalls 3,7 Monate; 2018: 3,8 Monate). 

Diese und weitere Ergebnisse zum Elterngeld für das Jahr 2020 sowie für das 4. Quartal 2020 sind abrufbar im Bereich „Eltern- und Kindergeld„.  

Umfangreiches Datenmaterial zur Elterngeldstatistik ist zudem in der Datenbank GENESIS-Online (https://www-genesis.destatis.de/genesis/online, Suchwort „Elterngeld“) verfügbar. Hier stehen auch Daten zu beendeten Leistungsbezügen für im 3. Quartal 2018 geborene Kinder (Tabellen 22922-0002 ff.) inklusive der neuesten ermittelten Väterbeteiligungen auf Länderebene bereit (Tabelle 22922-0012).

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 25.03.2021

Rund 100 000 gemeldete Fälle – knapp drei Viertel der Frauen unter 35 Jahren

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im Jahr 2020 mit rund 100 000 gemeldeten Fällen leicht gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (-0,9 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren sieben von zehn Frauen (71 %), die 2020 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, zwischen 18 und 34 Jahren alt und rund 19 % waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren. Rund 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre. Rund 41 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht. 

96 % der im Jahr 2020 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (55 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 29 % wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant – rund 81 % in gynäkologischen Praxen und 16 % ambulant im Krankenhaus. 

Im 4. Quartal 2020 wurden rund 24 200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet, das waren 0,6 % weniger als im 4. Quartal 2019. 

Zehnjahresvergleich: Deutlich weniger Abbrüche in jungen Altersgruppen

Im Vergleich zum Jahr 2010 (110 400 Abbrüche) sank die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche um 10,4 % beziehungsweise 10 500 Fälle. Überdurchschnittlich stark ging die Zahl in den Altersgruppen 15 bis 17 Jahre (-66,4 % bzw. 1 600 Abbrüche), 18 bis 19 Jahre (-67,1 % beziehungsweise -3 000 Abbrüche) und 20 bis 24 Jahre (-42,0 % beziehungsweise -8 000 Abbrüche) zurück. Teilweise ist diese Entwicklung darauf zurück zu führen, dass zeitgleich die Zahl der 15 bis 17-jährigen Frauen um 8,8 %, der 18- bis 19-jährigen Frauen um 13,5 % und die der Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren um 9,0 % gesunken ist. 

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche je 10 000 Frauen ging bei den 15- bis 17-jährigen Frauen von 37 auf 22 zurück, 18- bis 19-Jährigen von 85 auf 55, bei den 20- bis 24-Jährigen von 111 auf 87. Dabei wurden Abbrüche von Frauen mit inländischem Wohnsitz berücksichtigt und der Berechnung für das Jahr 2020 Bevölkerungszahlen von 2019 zugrunde gelegt. 

Weitere Informationen:
Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen zur Schwangerschaftsabbruchstatistik (23311) in der Datenbank GENESISOnline, im Themenbereich Schwangerschaftsabbrüche sowie im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes unter http://www.gbe-bund.de abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 24.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen der heute beginnenden Internationalen Wochen gegen Rassismus vom 15. bis 28. März 2021 setzen Einrichtungen und Gliederungen der Arbeiterwohlfahrt deutschlandweit Zeichen gegen Rassismus. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Rassismus ist für diejenigen, denen er entgegenschlägt, eine alltägliche Bedrohung. Es ist an uns allen, deutlich zu machen, dass unsere Solidarität den Betroffenen gilt und wir Rassismus, Diskriminierung und Gewalt als Gesellschaft nicht dulden. Deshalb beteiligt sich die AWO bundesweit an den Internationalen Wochen gegen Rassismus. Aber jeder Tag muss ein Tag gegen Rassismus werden. Deshalb bietet die AWO ihren Engagierten und Mitarbeitenden fortlaufend entsprechende Fortbildungen an und engagiert sich mit demokratiestärkenden und antirassistischen Projekten.“

Zum heutigen Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus lädt der AWO Bundesverband gemeinsam mit weiteren Wohlfahrtsverbänden zum Diskussionsforum „Die Freie Wohlfahrtspflege im ländlichen Raum – Herausforderungen und Strategien. Im Fokus der Onlineveranstaltung steht die praktische Arbeit vor Ort. Ziel ist die Stärkung des Engagements der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung.

In den kommenden zwei Wochen veranstalten Einrichtungen und Gliederungen der AWO zahllose weitere Online-Veranstaltungen: vom Argumentationstraining über den digitalen Kochabend bis hin zu Fachvorträgen und Demokratiewerkstätten: https://www.awo.org/kampagnen/awo-gegen-rassismus/veranstaltungen   

Für die Arbeiterwohlfahrt ist die politisch-gesellschaftliche Bildung ein integraler Bestandteil der Sozialen Arbeit, weshalb sie Mitarbeitende und Ehrenamtliche im Umgang mit Rechtspopulismus sowie gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung sensibilisiert und schult. So hat der Bundesverband u.a. die Publikation „Vorurteile, Hass und Gewalt“ veröffentlicht und bietet Trainings an, bei deren Entwicklung durch die Ludwig-Maximilians-Universität München die AWO mitgewirkt hat.

Mit der Homepage www.demokratie.awo.org bietet der AWO Bundesverband eine Plattform, um Informationen über Projekte und Materialien zum Thema Demokratiestärkung und Antidiskriminierungsarbeit zu bündeln und damit die Kompetenzen von Haupt- und Ehrenamtlichen im Verband zu stärken.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.03.2021

Informationsbedarf von Kindern über das Leben hinter Gittern ist in Corona-Zeiten noch größer

Seit dieser Woche ist das überarbeitete, mehrsprachige Internetangebot der Caritas für Kinder von Inhaftierten online. In Zeiten von Corona, in denen Besuche ins Gefängnis oft untersagt und die Kontakte mit Inhaftierten extrem eingeschränkt sind, sind die Inhalte und Informationen über das Leben hinter Gittern für die betroffenen Kinder wertvoller denn je.

Der Deutsche Caritasverband und die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe betreiben die Webseite http://besuch-im-gefaengnis.de seit 2014. Ziel ist es, die Kinder über das Leben im Gefängnis zu informieren – Wie sieht es in einer Zelle aus? Wie gestaltet sich der Alltag in Haft? – und sie auf den Besuch eines Elternteils im Gefängnis vorzubereiten. Aktuell steht eindeutig der erste Aspekt im Vordergrund. Besuche von Angehörigen finden pandemiebedingt überwiegend, soweit in den einzelnen Justizvollzugsanstalten überhaupt möglich, über Video-Konferenzen statt. Virtuelle Besuche können aber niemals den Live-Besuch ersetzen.

„Sitzt ein Elternteil in Haft, sind Kinder oft verunsichert, sie machen sich Sorgen, sie schämen sich vielleicht auch – und die Pandemie verstärkt diese Gefühle noch. Ein Besuch bei Mama oder Papa im Gefängnis fühlt sich in Zeiten von Corona schlimm an, denn der direkte persönliche Kontakt wird oftmals durch eine Schutzscheibe verhindert. Viele Kinder und Jugendliche haben Fragen, die sie niemandem in ihrem vertrauten Umfeld stellen können. Ich bin der Caritas dankbar, dass sie diese Zielgruppe mit einem altersgerechten Angebot in den Blick nimmt,“ so Peter Holzer, Gefängnisseelsorger in Bruchsal und Dekan im Justizvollzug in Baden-Württemberg.

Angebot in sechs Sprachen

Der Webauftritt www.besuch-im-gefaengnis.de wurde in den vergangenen Monaten grundlegend erneuert und mit neuen Inhalten angereichert. Die Informationen sind nun in sechs Sprachen verfügbar – neben Deutsch sind das Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch und Russisch. Die Webseite besuch-im-gefaengnis.de ist das einzige Angebot dieser Art im deutschsprachigen Raum. Sie wird durchschnittlich von etwa 200 Menschen am Tag angeklickt. Die Seite bietet auch Informationen darüber an, was anderen Kindern in dieser Situation geholfen hat sowie Anregungen, wo Unterstützung gesucht werden kann.

In Deutschland betrifft die Inhaftierung eines Elternteils geschätzt 100 000 Kinder. Nicht selten wird der Umstand, dass Vater oder Mutter inhaftiert ist, außerhalb der Familie verschwiegen, so dass es sehr wenige Möglichkeiten für die Kinder gibt, sich darüber mit jemandem auszutauschen.

Über dieses Angebot für Kinder hinaus, bietet die Online-Beratung der Caritas Angehörigen von inhaftierten Menschen Rat und Unterstützung an (Beratung für Angehörige von Straffälligen (caritas.de)).

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 29.03.2021

Das Baukindergeld läuft Ende März 2021 aus. Ein breites Verbändebündnis aus den Bereichen Familien-, Kommunal-, Bau- und Wohnungspolitik sowie dem Verbraucherschutz fordert eine Verstetigung des Baukindergeldes über diese Legislaturperiode hinaus.

„Das Baukindergeld ist eine Erfolgsgeschichte. Eine zielgenaue Fortführung ist unerlässlich“, betonen acht Verbände in einer gemeinsamen Erklärung. Auch in Zukunft müssen Familien bei der Bildung von Wohneigentum – und damit auch nachhaltige Wohnstrukturen außerhalb der großen Städte – unterstützt werden.

Die Zahlen zeigen: Ungeachtet der Kritik hat sich das Baukindergeld bewährt. 310.000 Familien haben einen Antrag auf Förderung gestellt – trotz Corona-Pandemie. Das übertrifft auch die Erwartungen der Bundesregierung, die bei Einführung im September 2018 mit 200.000 Anträgen gerechnet hat.

„Wer ein Haus baut oder saniert, schafft Zukunft. Vor allem junge Familien mit kleinen Kindern werden durch das Baukindergeld bei der Eigenheimbildung gefördert“, so die Verbände. Mehr als die Hälfte der Antragsteller hat Kinder unter vier Jahren. Dreiviertel der Familien haben ein Bruttojahreseinkommen von unter 50.000 Euro. Aus Sicht der Verbände ist das Baukindergeld eine wirksame und an den Bedürfnissen von Familien orientierte Leistung. Gleichzeitig ist es eine wertvolle Unterstützung bei der Gesamtfinanzierung eines Immobilienkaufs.

„Was wir heute entscheiden, planen und bauen, wird das Leben von Familien über Jahrzehnte prägen“, erklären die Verbände. Die eigenen vier Wände sind für Familien oft die einzige Möglichkeit, familiengerecht zu leben und darüber hinaus eine Investition in die Altersvorsorge. Ob Kinder sich gut entwickeln, hängt wesentlich auch von der Wohnqualität und vom Wohnumfeld ab. Darauf verweist auch der jüngst veröffentlichte neunte Familienbericht.

Auch vor dem Hintergrund der andauernden Debatte um die Zukunft des Eigenheims fordern die Verbände, Familien in den Mittelpunkt der Bau- und Wohnungspolitik zu stellen. Da mit der Familiengröße der „Platzverbrauch“ pro Kopf sinkt, sind Häuser zudem vergleichsweise effizient genutzte Wohnfläche. Für viele Eltern ist der Immobilienkauf oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt geeigneten Wohnraum für sich und ihre Kinder zu erhalten.

Jeder Euro Baukindergeld kommt dem Wohnungsmarkt insgesamt zugute. Eine Familie, die eine Immobilie baut oder saniert, macht eine Mietwohnung frei. Das ist besonders in Zeiten von steigenden Mieten und Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten ein nicht zu unterschätzender Faktor. Darüber hinaus können sich auf diese Weise viele Familien leichter den Wunsch nach einem Eigenheim außerhalb der Ballungszentren erfüllen.

Werden dort bereits vorhandene Immobilien von jungen Familien erworben, kann dies helfen, Ortskerne in von Strukturveränderungen betroffenen Gebieten zu stabilisieren. So leistet das Baukindergeld auch einen Beitrag zur Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen.

Für die Verbände steht die Notwendigkeit der zielgenauen Fortführung des Baukindergeldes bei steigenden Bau- und Grundstückspreisen außer Frage: „Wer Familien nachhaltig fördern will, muss das Baukindergeld dauerhaft verstetigen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 30.03.2021

Der jetzt vorgelegte Neunte Familienbericht der Bundesregierung hat aus Sicht der Diakonie Deutschland Lücken: Es fehlen Lösungsvorschläge für getrennt erziehende Eltern und ihre Kinder in der Grundsicherung. Sie haben einen höheren Bedarf als Familien, in denen die Kinder mit beiden Eltern in einem Haushalt leben. SPD und Union hatten im Koalitionsvertrag die Einführung eines Umgangsmehrbedarfes vorgesehen – bis heute wurde die entsprechende Vereinbarung nicht umgesetzt.

Vor diesem Hintergrund legt die Diakonie ein Konzept für einen Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung vor. In einem Schreiben an die Fraktionen, Familienministerin Giffey und Sozialminister Heil fordert sie die Regierungskoalition auf, die anstehende parlamentarische Diskussion des Berichtes mit einem Beschluss zum Umgangsmehrbedarf zu verbinden.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Getrennt lebende Eltern und ihre Kinder haben in der Grundsicherung mit besonderen Problemen zu kämpfen. Der Kinderregelsatz wird einfach zwischen beiden Haushalten nach Tagen aufgeteilt. Das ist kompliziert und macht ständige Neuberechnungen nötig. Das Ergebnis: In beiden Haushalten steht dem Kind weniger zur Verfügung, als es zum Leben braucht. Dabei ist klar: Bett, Schrank und Tisch sind unteilbar. Kleidung und Spielzeug müssen in beiden Haushalten einfach da sein. Es ist eine Zumutung, von Kindern zu verlangen, mit großen Koffern zwischen den Elternhaushalten hin- und herzufahren. Die Grundsicherung muss Trennungsfamilien endlich angemessen ausstatten.“

Loheide erläutert den Diakonie-Vorschlag: „Nach den Berechnungen der Diakonie müsste mindestens ein Drittel des Regelsatzes immer in beiden Haushalten zur Verfügung stehen. Ergänzend sollen weitere Pauschalen je nach regelmäßiger Aufenthaltsdauer vereinbart werden. Im Ergebnis muss klar sein: Der Bedarf für Kinder, die in zwei Haushalten leben, ist immer höher als bei Kindern, die mit beiden Eltern in einem Haushalt leben.“

Das Konzept der Diakonie Deutschland im Überblick:

Typische Aufteilungen der Erziehungsverantwortung sind nach dem Diakonie-Konzept

– ein Aufenthalt an jedem zweiten Wochenende,

– eine Verteilung von bis zu ein Drittel / zwei Drittel der Zeit zwischen den Eltern,

– eine fast gleichmäßige Aufteilung der Erziehungsverantwortung

– oder eine volle Aufteilung der Zeiten.

Die Diakonie Deutschland schlägt vor, für diese vier typischen Konstellationen unterschiedliche Pauschalen vorzusehen. Diese setzen sich aus einem Viertel des Regelsatzes (unabweisbarer Bedarf) und einer Pauschale für einen weiteren flexiblen Bedarf zusammen, bei der nicht mehr als drei Viertel des Regelsatzes nach einem Schlüssel verteilt werden. Nach einer entsprechenden Vereinbarung der Eltern sollen diese einfach festgestellt und so lange gewährt werden, wie die Eltern an dieser Verteilung festhalten.

In der Gesamtsumme sollen immer mindestens 125 Prozent des normalen Kinderregelsatzes für diese Kinder zur Verfügung stehen. Größere Anschaffungen wie Fahrrad, Waschmaschine oder Computer sollen für beide Haushalte als zusätzlicher Bedarf finanziert werden.

Kommt das Kind im zweiten Haushalt tatsächlich nicht mehr als fünf Nächte im Monat zu Besuch, soll dem Haushalt, in dem es hauptsächlich lebt, immer der volle Regelsatz zur Verfügung stehen und die Leistungen für den Besuch im zweiten Haushalt sollen immer zusätzlich ausgezahlt werden.

Vorgeschlagen wird die folgende Aufteilung:

Haushalt 1 (überwiegende Erziehungsverantwortung): Regelsatzanteil mathematisch

Bis zu 5 Nächte: kein Abzug; volle Auszahlung des Regelsatzes                 

              100,00 %

6 bis 10 Nächte: 25 % des Regelsatzes plus ¾ des flexiblen Bedarfes       

              81,25 %

11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 2/3 des flexiblen Bedarfes

              75,00 %

Haushalt 2 (anteilige Erziehungsverantwortung):

Bis zu 5 Nächste: 25 % des Regelsatzes plus 1/6 des flexiblen Bedarfes  

              37,50 %

6 bis 10 Nächte: 25 % des Regelsatzes plus 1/4 des flexiblen Bedarfes    

               43,75 %

11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 1/3 des flexiblen Bedarfes

               50,00 %

Paritätisches Wechselmodell: jeweils 25 Prozent des Regelsatzes plus ½ des flexiblen Bedarfes:

Regelsatzanteil mathematisch jeweils:                             

               62,50 %

Insgesamt kommt es zu einem höheren Kostenansatz, als wenn ein Kind nur in einem Haushalt lebt. Die Gesamtkosten ergeben in Prozent des Kinderregelsatzes für die jeweiligen Fallkonstellationen:

Bis zu 5 Nächte in Haushalt 2:                                           

               137,50 %

Mehr als 5 Nächte in Haushalt 2:                                     

               125,00 %

Das detaillierte Diskussionspapier der Diakonie können Sie unter dem folgenden Link herunterladen:

https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Diakonie_Diskussionspapier_Umgangsmehrbedarf_210324.pdf

Neunter Familienbericht: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/berichte-der-bundesregierung/neunter-familienbericht

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.03.2021

Der heute veröffentlichte General Comment des UN-Kinderrechteausschusses [„General comment No. 25 (2021) on children’s rights in relation to the digital environment“] zeigt aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes den umfangreichen Reform- und Handlungsbedarf bei den Kinderrechten in der digitalen Welt auf. Das gilt aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl für einen zeitgemäßen Kinder- und Jugendmedienschutz als auch für Investitionen in technologische Infrastruktur und Medienbildung in Schulen. Bund und Länder sind jetzt in der Pflicht, die Empfehlungen des UN-Kinderrechteausschusses gerade im Hinblick auf die Umsetzung des Jugendschutzgesetzes aufzugreifen, und den Digitalpakt Schule zügiger als bisher umzusetzen.

„Der General Comment zeigt auf, dass Kinderrechte, wie der Schutz auf Privatsphäre sowie der Schutz vor Gewalt und Ausbeutung auch im digitalen Raum gelten. Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes werden die Interessen der Kinder und Eltern zukünftig mehr als bisher in den Mittelpunkt gestellt. Da Kinder heutzutage sehr früh mit Medien in Kontakt kommen, braucht es einheitliche, für Eltern und Kinder nachvollziehbare und wirksame Schutz-, Melde- und Beschwerdeverfahren. Auch die persönlichen Daten von Kindern und Jugendlichen werden besser als bisher geschützt“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Mahnung des UN-Kinderrechteausschusses zu mehr Investitionen in technologische Infrastruktur der Schulen und Fortbildungen von Lehrkräften muss Ansporn für Bund, Länder und Kommunen sein, den Digitalpakt Schule zügiger als bisher umzusetzen. Die Ausstattung mit technischen Geräten darf aber keine Einbahnstraße sein. Es ist unerlässlich, die technische Ausstattung mit individuellen Schulkonzepten zu verbinden, die sich an der Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen orientieren und Medien pädagogisch-didaktisch einsetzen. Nur so kann ein zeitgemäßes Unterrichts- und Schulkonzept entstehen, das auch nach der Corona-Pandemie dringend benötigt wird“, so Krüger weiter.

Der UN-Kinderrechteausschuss überprüft die Fortschritte der Vertragsstaaten bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Mit den General Comments veröffentlicht der Ausschuss regelmäßig Interpretationsleitlinien zu einzelnen Artikeln und Themen der Konvention. Die General Comments sind nicht Teil der UN-Kinderrechtskonvention und daher nicht rechtlich bindend. Gleichwohl helfen sie den Vertragsstaaten beim Verständnis sowie bei der Verwirklichung der Kinderrechte, da sie wichtige Hinweise und Auslegungen bieten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) vom 24.03.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen e.V. mahnen die verpflichtende Einführung von Landeskinder- und Jugendbeauftragten in allen Bundesländern an. Nach Ansicht der beiden Organisationen sollen damit unabhängige staatliche Institutionen auf Landesebene geschaffen werden, die sich für die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Bei der Einrichtung von solchen Institutionen sind zwei Aspekte grundlegend: Die Beauftragtenstellen müssen sich in ihrer Ausrichtung an den Gegebenheiten in den Ländern orientieren und bestehende Institutionen ergänzen. Als Orientierung für ihre strukturelle Einbindung und Ausgestaltung sind zudem unbedingt international anerkannte und erprobte Prinzipien heranzuziehen: Unabhängigkeit und weitgehende Kompetenzen der Beauftragtenstellen müssen gegeben sein, ebenso wie eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung.

„Die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen werden in unserer Gesellschaft nach wie vor unzureichend berücksichtigt. Junge Menschen spielen in Politik und Gesellschaft vielfach nur eine nachgeordnete Rolle. Das hat sich in der Corona-Pandemie leider eindrücklich bestätigt. Landeskinder- und Jugendbeauftragte helfen dies zu ändern: Sie unterstützen Kinder und Jugendliche darin ihre Stimme zu äußern und sie verleihen den Anliegen von Kindern und Jugendlichen Gewicht in Politik und Gesellschaft. Davon profitieren alle, denn eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft ist eine lebenswertere Gesellschaft. Bisher gibt es nur in Hessen und Sachsen-Anhalt solche Beauftragtenstellen. Das zeigt den Handlungsbedarf in den anderen Bundesländern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Wir brauchen zwingend unabhängige und kinderparteiliche Landesbeauftragte. Sie stärken der kinderrechtspolitischen Arbeit in den Kommunen den Rücken, vernetzen landesweit die Akteur*innen von Kinder- und Jugendbeteiligung und legen ihr Veto bei Kinderrechtsverletzungen auf Landesebene ein. Die Einführung und Absicherung von Landeskinder- und Jugendbeauftragen ist lange überfällig. In Hessen konnte die erste Beauftragte eine Kinderrechtscharta vorlegen, die der Auftakt für die breite Durchsetzung der Kinderrechte in Hessen ist. In die hessische Verfassung konnten die Kinderrechte umfassend aufgenommen werden. Wir haben mit der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten eine feste Verbündete gewonnen. Das wünsche ich allen Bundesländern“, sagt Dr. Susanne Feuerbach, Amtsleitung des Frankfurter Kinderbüros im Namen der Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen.

Aus Sicht der beiden Organisationen ist die strukturelle Einbindung der Stelle für das Gelingen der Arbeit von zentraler Bedeutung. So sollte die oder der Landeskinder- und Jugendbeauftragte an der Landesregierung angebunden sein und nicht dem Landtag. Sie oder er muss direkten Zugang zur Landesregierung haben und sich gezielt und differenziert der Wahrung und Erweiterung der Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen in allen gesellschaftlichen Bereichen widmen. Zur besonderen Wirksamkeit soll die oder der Beauftragte mit einem Vetorecht ausgestattet werden. Dieses kommt zur Wirkung, wenn sie oder er bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren eine Verletzung bzw. fehlende Berücksichtigung der in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Grundsätze, insbesondere der Vorrangstellung des Kindeswohls, feststellt.

Eine ausführliche Positionierung des Deutschen Kinderhilfswerkes und der Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen findet sich unter www.dkhw.de/landeskinderbeauftragte und https://www.kinderinteressen.de/index.php/aktuelles/informationen-aus-der-bag

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) und Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen vom 11.03.2021

Am 26. März 2021 soll das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom Deutschen Bundes­tag verabschiedet werden. Vor den abschließenden Beratungen des Familienausschusses fordert die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) die Abgeordneten auf, einen Rechtsanspruch auf Familienförderung nach § 16 in der neuen Fassung des SGB VIII zu verankern.

Familienbildungseinrichtungen sind Entlastungs- und Begegnungsort und bieten Eltern die Gelegenheit zur Erweiterung ihrer sozialen Netze. Im kürzlich vorgelegten Neunten Familien­bericht der Bundesregierung betonen die Sachverständigen die wachsende Bedeutung der Familienbildung. Sie empfehlen, die Familienbildung als wichtige wohnortnahe Unterstützung durch eine verpflichtende Finanzierung seitens der Länder abzusichern und sie in das Leistungsspektrum der kommunalen Kinder- und Jugendhilfe einzubinden. „Der Bundestag sollte eine entsprechende Erweiterung von § 16 SGB VIII unbedingt mit in das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz aufnehmen, ehe es in der kommenden Woche verabschiedet wird“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Zudem sollte die Gesetzesreform auch dafür genutzt werden, Familienbildung verpflichtend in die kommunale Jugendhilfeplanung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang unterstützt die eaf den Vorschlag des Neunten Familienberichts, in allen Jugendämtern eine Stelle zur Koordination von Angeboten der Familienbildung einzurichten und regelmäßige Bedarfs­erhebungen durchzuführen.

Die eaf fordert bereits seit Jahren eine zuverlässige und langfristige Finanzierung von An­geboten der Familienbildung. Diese Forderung war auch Teil ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes vom 22. Oktober 2020 sowie des Positionspapiers „In Verantwortung für Kinder“ aus dem Jahr 2017.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 19.03.2021

Lücken im Gesetzentwurf der Koalition verhindern ausreichenden Schutz

Der Bundestag stimmt heute Abend über das „Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ der Bundesregierung ab. Damit sollen intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche vor „normalisierenden“ medizinischen Behandlungen geschützt werden. Dazu erklärt Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Diese „normalisierenden“ Behandlungen und Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen sind keine Heileingriffe, sondern Menschenrechtsverletzungen. Der Gesetzentwurf von Union und SPD zum OP-Verbot bleibt leider ein halbherziger Schritt hin zur Wahrung der geschlechtlichen Selbstbestimmung und Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit für intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche. Nun liegt es an der nächsten Bundesregierung nachzubessern, um einen besseren und ausreichenden Schutz der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.

Wie viele andere Sachverständige hat der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vor allem fehlende Maßnahmen kritisiert, die eine Umgehung des Verbots verhindern oder eine effektive Strafverfolgung ermöglichen. Da das Verbot nur Kinder mit der medizinischen Diagnose „Variante der Geschlechtsentwicklung“ schützen soll, besteht eine große Umgehungsgefahr, indem Kinder aus dem Anwendungsbereich hinausdefiniert werden. Da Intergeschlechtlichkeit oftmals als „Krankheit“ betrachtet wird, stehen Eltern häufig unter dem fatalen Eindruck stehen, ihrem Kind mit einer „normalisierenden“ OP ein besseres Leben zu ermöglichen. Das wird im Gesetz weiterhin ignoriert.

Ärgerlich ist auch die fehlende Einrichtung eines zentralen Melderegisters und umfassender Melde- und Dokumentationspflichten. Diese Forderung wird von den Regierungsfraktionen zwar unterstützt, fand mit Verweis auf fehlende Zeit zur Klärung von Details jedoch keinen Eingang in das geplante Gesetz. Da das OP-Verbot eine der wenigen konkreten queerpolitischen Versprechen im Koalitionsvertrag war, wäre über drei Jahre Zeit gewesen, eine tragfähige Lösung zu finden.

Weiterhin fordern wir eine Beratungspflicht durch qualifizierte Peer-Berater*innen vor jedem Eingriff. Eltern und Kinder müssen umfassend und vorurteilsfrei über die mit der Behandlung verbundenen Folgen und Alternativen aufgeklärt werden.

Hintergrund

Intergeschlechtliche Menschen erleben das Gesundheitswesen oft als Ort der Gewalt. Eine inter*sensible und akzeptierende Gesundheitsversorgung ist nicht gegeben. Itergeschlechtlichkeit gilt vielmehr als „Krankheit“, „Störung“ oder „Abweichung“. Mithilfe dieser medizinischen Kategorisierung nehmen Ärzt*innen in Deutschland bis heute irreversible, verstümmelnde Eingriffe und hormonelle Behandlungen an inter* Kindern und Jugendlichen vor. Jahr für Jahr werden an die 2.000 „feminisierende“ oder „maskulinisierende“ Operationen allein an Kindern unter zehn Jahren durchgeführt. Obwohl bestehende medizinische Leitlinien von diesen Eingriffen abraten.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 25.03.2021

Eine Rechtsanalyse im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks, des Deutschen Komitees für UNICEF, des Paritätischen Gesamtverbands sowie von Plan International Deutschland, Save the Children Deutschland, terre des hommes Deutschland und World Vision Deutschland hat gezeigt, dass die Rechte von Kindern in den Vorschlägen der Europäischen Kommission für ein Migrations- und Asylpaket nicht umfassend verankert werden. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die Organisationen daher, dass das Kindeswohl in allen Verfahren vorrangig behandelt wird, wie es die UN Kinderrechtskonvention vorgibt.

„Wir begrüßen zwar, dass die Europäische Kommission teils in ihrem Entwurf des Migrations- und Asylpakets auf die Belange und Rechte von Kindern eingeht. Es fehlt allerdings eine systematische und damit auch praktisch durchsetzbare Sicherstellung der Rechte von Kindern“, heißt es in dem heute veröffentlichten Positionspapier. „Die Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen greifen keineswegs nahtlos ineinander. Dadurch entstehen Regelungslücken und eine Unübersichtlichkeit, die einen effektiven Schutz von Kindern und die flächendeckende Umsetzung ihrer Rechte verhindern.“

In dem Positionspapier äußern die beteiligten Organisationen die Sorge, dass das Reformpaket in der aktuellen Form die Situation geflüchteter und migrierter Kinder insgesamt verschlechtert. So gebe es zwar einige positive Ansätze, wie zum Beispiel die Einführung eines Monitoring-Mechanismus und die Anerkennung von Geschwistern als Teil der Kernfamilie, doch insbesondere die entstehenden Regelungslücken hätten negative Auswirkungen auf die Situation von Kindern. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass unbegleiteten Kinder keine vormundschaftliche Vertretung mit geeigneten fachlichen Qualifikationen zur Seite steht.

Die Organisationen fordern, dass der besondere Schutzbedarf von Kindern geprüft werden muss und eine kindgerechte Unterbringung von Anfang an sicherzustellen ist. Kinder dürfen nicht in Haft genommen oder unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden. Aus Sicht der Organisationen ist es unerlässlich, der Definition der UN-Kinderrechtskonvention Rechnung zu tragen, nach der allen Kindern ein besonderer Schutzbedarf und besondere Rechte zwingend gewährt werden müssen.

Hintergrund

Am 23. September 2020 stellte die EU-Kommission ein „Migrations- und Asylpaket“ vor, das aus einer Reihe von Gesetzesentwürfen zur europäischen Migrations- und Asylpolitik besteht. Kernziele der Kommission sind die Etablierung eines effizienten und schnellen Verfahrens an den EU-Außengrenzen, die Verhinderung von Sekundärmigration durch Sanktionen sowie die verbesserte Durchsetzung der Ausreisepflicht.

Das Positionspapier mit den Forderungen der Organisationen finden Sie hier:
https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/positionspapier-kinderrechte-im-eu-migrations-und-asylpaket-konsequent-verankern/

Die rechtliche Analyse zur Rechtsstellung von Kindern im neuen Migrations- und Asylpaket der EU findet sich hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/rechtliche-analyse-ueber-die-situation-von-kindern-im-europaeischen-migrations-und-asylpaket-veroeffen/https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Fluechtlingshilfe/doc/MAP_Rechtliche_Analyse_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 06. Mai 2021

Veranstalter: eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und dem AWO Bundesverband e.V. (AWO)

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von den derzeit ca. drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa 3/4 zu Hause gepflegt und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die meisten Menschen wollen diese Aufgabe übernehmen. Doch dem Bedürfnis, füreinander Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen und Zuwendung zu schenken, stehen keine Regelungssysteme gegenüber, welche die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter
verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. 

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir mit dem Ziel einer Gesellschaft, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift, Konzepte für eine gute Vereinbarkeit diskutieren und weiterdenken.

Die Einladung und den Programmablauf finden Sie hier.

Bitte nutzen Sie das Anmeldeformular hier oder alternativ können Sie uns Ihre Anmeldung auch postalisch oder per Fax zusenden.

Anmeldeschluss ist der 26. April 2021.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und den Austausch mit Ihnen! Gerne können Sie die Einladung auch an Interessierte weiterleiten und verbreiten

AUS DEM ZFF

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ wurde vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen und Beschlüsse überarbeitet und aktualisiert.

In der Corona-Krise zeigen Familien, dass sie unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhalten: ob in der Übernahme privater Fürsorgeverantwortung durch Kinderbetreuung oder bei der Pflege von Angehörigen, ob durch Homeschooling, Homeoffice oder die solidarische Nachbarschaftshilfe.

Das ZFF-Positionspapier “Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

AKTUELLES

Wie sieht das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie aus? Wie geht es ihnen und was macht ihnen Sorgen? Diesen Fragen gehen Jugendforscher:innen der Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main mit den beiden „Online-Befragungen zu Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen“ (JuCo I und II) auf den Grund. Im April/Mai und im November 2020 haben sie junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren befragt. Mit der vorliegenden Publikation legen sie eine vertiefende und vergleichende Auswertung der Ergebnisse vor.  

Dabei skizzieren die Autor:innen den Entstehungskontext der Befragungen sowie ihre methodischen Zugänge und Grundlagen. Zentrale Themen der Auswertungen von JuCo I und II sind die mangelnde Beteiligung von jungen Menschen, die in den Befragungen zum Ausdruck kommt, aber auch Veränderungen im Freizeitverhalten, Belastungen, die die Jugendlichen und jungen Erwachsenen schildern sowie Sorgen, z. B. um die finanzielle Situation und ihre Zukunft.  

Ein eigenes Kapitel widmet sich den 2.000 Freitextantworten, die die Jugendlichen den Jugendforscher:innen in den Online-Befragungen gegeben haben. Abschließend werden Überlegungen angestellt, die sich an die Zivilgesellschaft und die Politik richten, um eine bessere soziale Teilhabe junger Menschen – auch in Krisenzeiten – zu ermöglichen.

1. Auflage 2021, 48 Seiten (PDF)

DOI 10.11586/2021021

kostenlos

Download

Der Paritätische Gesamtverband hat in dieser Woche sein aktuelles Verbandsmagazin veröffentlicht, das im Zeichen des Appells „Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!“ steht:

https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/der-paritaetische-221/

Bitte leiten Sie Link/ PDF weiter und verweisen Sie dabei auch stets immer wieder auf den Aufruf, für den wir weiterhin Unterstützung sammeln: www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Angesichts des verlängerten Lockdowns bleibt die Lage für die Betroffenen bitter – lassen Sie uns den Druck aufrecht erhalten!

Zu dem Thema „Beratung und Therapie von Eltern und jungen Kindern“ ist ab sofort die neue Ausgabe der Zeitschrift „frühe Kindheit“ erhältlich. Das Heft enthält folgende Artikel: Die Eltern-Säuglings-Kleinkind-Psychotherapie (Christiane Ludwig-Körner, Berlin); Der Übergang in die Elternschaft – eine Schwellensituation mit Risiken und Chancen. Begleitung, Beratung und Therapie von Eltern und jungen Kindern (null bis drei Jahre) (Barbara von Kalckreuth, Freiburg); Die vielfältigen Herausforderungen, Eltern zu werden und Familien zu begleiten. Eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in der Begleitung, Beratung und Therapie von Eltern und ihren Kindern (Bärbel Derksen, Potsdam); Väter in der Eltern-Säuglings-Kleinkind-Beratung (Andreas Eickhorst, Hannover); Wann ist Hilfe hilfreich? Eine Untersuchung von Wirksamkeitsstudien über die Auswirkungen und ein Interview mit Kai von Klitzing, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Leipzig: „Es gibt einen dringenden Bedarf an frühen Präventions- und Interventionsansätzen, die nicht nur das Leiden der jungen Kinder vermindern helfen, sondern ihre Entwicklungschancen erhöhen“ sowie folgende Praxisartikel: Kindergarten plus: Evaluationsergebnisse zum Piloten Kindergarten plus START. Gute Methoden und Materialien für zwei- und dreijährige Kinder (Stella Valentien, Berlin); Frühe Hilfen in der Babyambulanz – Von Anfang an. Die Beratungsstelle für Eltern mit Kindern von null bis drei Jahren (Dagmar Brandi, Hamburg);  

Die Elternberatung Oberursel. Ein psychoanalytisch-familientherapeutisches Präventionsmodell für Mütter und Väter mit Säuglingen und Kleinkindern – im kommunalen Gesundheitswesen (Inken Seifert-Karb, Oberursel). Das Heft können Sie zum Preis von 9,- Euro (zzgl. Versandkosten) bestellen unter: www.fruehe-kindheit-online.de oder als E-Magazin erwerben.

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ZFF-Info 04/2021

SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Anlässlich des Equal Pay Day 2021 setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ein und fordert nachhaltige politische Schritte, um Entgeltgleichheit zu erreichen.

Zum 14. Mal ruft der Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. den Equal Pay Day aus, der auf die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. Die diesjährige Kampagne steht unter dem Motto „GameChanger – Mach dich stark für equal pay!“ und zeigt anhand von Vorbildern aus Politik, Wirtschaft, Sport, Medien und Kultur, wie die deutsche Lohnlücke von 18 Prozent geschlossen werden kann. Nach der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes liegt der Gender Pay Gap in Deutschland damit zwar weiterhin unter 20 Prozent, aber noch immer deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 15 Prozent.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die weiterhin bestehende Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern ist nicht nur ungerecht, sondern wirkt sich für Familien auch unmittelbar auf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit aus. Die Ursachen für die Lohnlücke sind vielfältig und oftmals strukturell verankert. So haben Frauen z.B. schlechtere Zugangschancen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen und arbeiten häufiger in Teilzeit und Minijobs. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit: Frauen reduzieren häufiger als Männer familienbedingt ihre Erwerbsarbeitszeit und übernehmen nach wie vor den Löwenanteil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit – auch und gerade in der Corona-Pandemie. Von einer geschlechtergerechten Arbeitsteilung sind viele Familien weit entfernt. Besonders Alleinerziehende, überwiegend Frauen, sind durch den Gender Pay Gap benachteiligt.“ 

Altenkamp führt weiter aus: „Insbesondere im Wahljahr erwarten wir von der Politik, dass die Weichen für politische Lösungen gestellt werden, die es Männern wie Frauen gleichermaßen ermöglichen, familiäre Sorgeverpflichtungen zu übernehmen. Dazu müssen Regulierungen abgebaut werden, die einer geschlechtergerechten Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit entgegenstehen, wie etwa das Ehegattensplitting. Partnerschaftliche Ansätze bei Elterngeld und Pflegezeit müssen ausgebaut werden, sodass Verkürzungen der Arbeitszeit oder befristete Ausstiege aus dem Beruf für beide Geschlechter möglich sind, ohne die eigene soziale Absicherung zu gefährden.“

Alle Informationen zur Equal Pay Day Kampagne 2021 finden Sie unter www.equalpayday.de.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.03.2021

Der Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 10. März fällt, markiert die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Für das gleiche Gehalt wie das der Männer müssten Frauen 69 Tage länger arbeiten. Die Lohnlücke liegt bei 19 Prozent. Für die SPD-Bundestagfraktion ist klar: Das sind 19 Prozent zu viel. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Auf dem Weg zur Entgeltgleichheit ist die SPD-Bundestagsfraktion bereits wichtige Schritte gegangen. Dazu gehört das Entgelttransparenzgesetz, die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Führungspositionen. Es müssen aber weitere Schritte folgen.

Wir wollen, dass soziale Berufe die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu verbessern. Dazu braucht es einen flächendeckenden Tarifvertrag. Damit wird die gesamte Pflegebranche aufgewertet, die höchste Anforderungen stellt und in der vor allem Frauen beschäftigt sind.

Wir kritisieren, dass ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen massiv verbessert hätte, am Widerstand privater Arbeitgeber und von Teilen der Wohlfahrtsverbände und Kirchen gescheitert ist. Wir appellieren an alle Beteiligten, sich weiterhin für einen solchen Tarifvertrag einzusetzen.  Wir halten eine stärkere Tarifbindung für unerlässlich, um die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verkleinern.

Auch beim Entgelttransparenzgesetz wollen wir nachlegen. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Frauen, die von Lohndiskriminierung betroffen sind, nicht allein gegen ihre Arbeitgeber vor Gericht ziehen müssen.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit muss Realität werden. Unser Ziel: Null Prozent Lohnunterschied. Hierfür setzen wir uns mit aller Kraft ein – so lange, bis der Equal Pay Day auf den Jahresanfang fällt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft. Gleichstellung müsse auch in Zeiten der Pandemie Leitgedanke sein.

Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen – Frauen sind jedoch besonders betroffen. Studien zufolge haben Frauen beruflich besonders viel zurückgesteckt, um zu Hause die Kinderbetreuung und das Homeschooling aufzufangen. Wissenschaftlerinnen wie Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), befürchten gar eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen, durch die Pandemie-Maßnahmen ausgelöst.

Die Krise wirkt wie ein Brennglas: Sie macht die gleichstellungspolitischen Herausforderungen und bestehende Gleichstellungsdefizite, die noch immer bestehen, noch deutlicher. Die Botschaft der SPD-Bundestagsfraktion zum Internationalen Frauentag lautet deswegen: „Gleichstellung – gerade jetzt“.

„Ich will, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der Frauen werden. Wir müssen in allen Bereichen unserer Gesellschaft den Gleichstellungs-Turbo zünden: Konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft, gleiche Chancen und Teilhabe in der Digitalisierung und endlich mehr Partnerschaftlichkeit bei der Sorgearbeit“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Die SPD-Fraktionsvizin erwartet auch einen Kulturwandel in Unternehmen, indem diese mehr Führungspositionen in Teilzeit, Anreize für partnerschaftliche Vereinbarkeit, mehr Flexibilität anbieten.

„Die SPD hat in dieser Koalition vorgelegt. Wir sorgen mit Reformen beim Elterngeld für mehr Partnerschaftlichkeit und Flexibilität, unterstützen in der Krise insbesondere die Familien, haben mit dem Gute-Kita-Gesetz Milliarden in die Betreuungsinfrastruktur investiert und sind mit unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht auf dem Weg die erste Vorstandsquote in der Geschichte dieses Landes einzuführen“, so Mast.

Zum internationalen Frauentag (8. März) und Equal-Pay-Day (10. März) stellt die SPD-Bundestagsfraktion folgende Forderungen:

-Mehr Frauen in Führungspositionen: Frauen stehen in der Krisenbewältigung in vorderster Reihe – dies ist viel zu selten der Fall, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht. Um das zu ändern, hat die SPD-Fraktion das Zweite Führungspositionen-Gesetz mit auf den Weg gebracht: Damit soll den Unternehmen eine feste Quote für Frauen in Vorständen vorgeschrieben werden.

-Mehr Ideen für Gleichstellungspolitik:  Die SPD-Fraktion hat sich dafür stark gemacht, dass die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Bundesstiftung Gleichstellung gegründet wird. Diese wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Geschlechtergleichstellung in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen und dazu beitragen, Gleichstellungsdefizite zu beheben. Sie wird Informationen bereitstellen.

Entschiedene Schritte hin zur Entgeltgleichheit/ Lohngerechtigkeit: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss endlich Realität werden. Dazu tragen die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und das Recht auf Entgelttransparenz bei.

In Deutschland gilt seit Anfang 2018 das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht gibt, das eigene Gehalt mit dem des Kollegen oder der Kollegin vergleichen zu lassen. Erfahrungen mit dem Gesetz zeigen, dass hier nachgebessert werden muss. Hierzu gehört die Einführung eines Verbandsklagerechts. Das Problem darf nicht länger individualisiert werden. Zudem muss das Auskunftsrecht über die Gehälter von Kolleg*innen in vergleichbaren Positionen auf kleinere und mittlere Unternehmen ausgeweitet werden.

-Eine gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Familienaufgaben

Die SPD-Fraktion setzt sich für die Einführung einer Familienarbeitszeit und eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auch im Grundschulalter ein. Durch die bereits im Bundestag verabschiedete Elterngeldreform werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen.

– Aufwertung sozialer Berufe: Soziale Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, müssen ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend angemessen gewürdigt werden. Die Systemrelevanz dieser Berufe wird in Pandemiezeiten besonders deutlich. Gute Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung müssen für soziale Berufe endlich selbstverständlich sein.

– Mehr Frauen in die Parlamente – In den Parlamenten muss Parität erreicht werden, vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Am heutigen 10. März ist Equal Pay Day. Dazu können Sie die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, gerne wie folgt zitieren:

„Die unbereinigte Lohnlücke beträgt in Deutschland immer noch 18 Prozent. Mit ein Grund für die immer noch bestehende Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist die Tatsache, dass Frauen häufiger als Männer in Sozial- und Pflegeberufen arbeiten. Beide Berufe gelten nach wie vor eher als Frauenberufe und sind in Deutschland oft systemrelevant. Faire Bezahlung ist hier nicht selbstverständlich. Wir müssen uns deshalb die Lohnstruktur und die Tarifbindung in diesem Bereich genau anschauen. Beides muss im Sinne der Frauen gestärkt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Zum morgigen Equal Pay Day können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön wie folgt zitieren:

„Die Lohnlücke liegt in Deutschland kaum verändert bei 18 Prozent. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem so genannten Gender Care Gap, wonach Frauen zuletzt 87 Minuten pro Tag mehr für unbezahlte Sorgearbeit aufwendeten als Männer. Obwohl bei der Chancengleichheit schon vieles erreicht wurde, sind es in der Corona-Krise erneut vor allem die Frauen, die Homeoffice und Homeschooling mit Haushalt und Pflege vereinbaren und dafür beruflich kürzer treten. Laut Studien des Jobportals LinkedIn bewerben sich derzeit deutlich weniger Frauen auf lukrative Stellen als Männer. Für uns heißt dies: Wir müssen in der Krise noch einmal den Turbo starten – für bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Vereinbarkeit und Gestaltungsmöglichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Zu den neusten Zahlen des statistischen Bundesamtes zum Gender Pay Gap in Deutschland erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für und Frauenpolitik:

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließt sich in Deutschland nur im Schneckentempo. Und das ist einfach nicht genug. Gleichzeitig verweisen erste Analysen darauf, dass der etwas kleinere Gender Pay Gap auch coronabedingt sein kann. Denn viele Männer waren im Jahr 2020 in Kurzarbeit und haben dadurch Einkommenseinbußen.

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn hinkt Deutschland immer noch den meisten Ländern hinterher. Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent ist heute noch einer der größten in Europa. Damit wird deutlich: Das Entgelttransparenzgesetz der Bundesregierung wirkt nicht. Ob Equal Pay eingehalten wird, muss auch verbindlich überprüft werden. Außerdem dürfen Frauen nicht allein gelassen werden, wenn sie wissen, dass sie bei gleicher Arbeit weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Die Sorge um den Arbeitsplatz lässt viele Frauen davor zurückschrecken, ihre Rechte vor Gericht individuell durchzusetzen. Deshalb brauchen wir hier ein Verbandsklagerecht in Verbindung mit dem Gruppenverfahren, so dass Ve rbände und Gewerkschaften bei struktureller Entgeltdiskriminierung die Betroffenen effektiv unterstützen können. Nur so lässt sich Lohndiskriminierung effektiv verhindern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

„Es ist bekannt, dass Frauen während der Krise ihre Erwerbsarbeit stärker reduziert und im Durchschnitt mehr zusätzliche Sorge- bzw. Care-Arbeit im privaten Umfeld übernommen haben. Dies hat oft mit finanziellen Abwägungen z.B. aufgrund des Ehegattensplittings zu tun sowie mit einer ungleichen ‚Normalverteilung‘ von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern, die sich in Krisenzeiten schnell vertieft. Die Bundesregierung lässt kaum erkennen, solche gleichstellungspolitischen Schieflagen anzugehen, ein angemessenes Gegensteuern fehlt. Dabei braucht es gerade jetzt Anstrengungen, Fehlanreize bei der Steuerveranlagung zulasten von Frauen erstens übergangsweise auszugleichen und zweitens an der Wurzel des Ehegattensplittings zu beenden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Equal Pay Day am 10. März, der auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) aufmerksam macht. Achelwilm weiter:

„Wesentliche Ursachen für den Gender Pay Gap liegen auch in der systematischen Unterbezahlung ‚feminisierter Berufe‘, von Tätigkeiten also, die überwiegend Frauen ausüben, z.B. im Gesundheitswesen oder Einzelhandel. Hier braucht es gründliche Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen, stärkere Tarifbindungen sowie die ernsthafte Wertschätzung gesellschaftlich notwendiger Arbeit statt nur einmalige Bonuszahlungen und phasenweise Applaus.

Das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz hat sich als Mittel gegen Lohndiskriminierung nicht bewährt, es ist weitgehend wirkungslos. Statt weiter auf seine langfristigen Effekte zu hoffen, braucht es konkrete Hebel für mehr Lohngerechtigkeit: ein Verbandsklagerecht, die Einführung zertifizierter Instrumente zur diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung, die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf kleinere Betriebe. Die Europäische Kommission hat die notwendige Verbesserung der rechtlichen Handhabe für Betroffene von Lohndiskriminierung im Blick. Gerade die Bundesregierung muss hier nachziehen.

Zur Beendigung von Lohndiskriminierung ist es nötig, dass sich die Bundesregierung von ihrer Symbolpolitik verabschiedet: Einen ‚German Equal Pay Award‘ auszuloben, der einzelne Unternehmen würdigt, wenn sie geschlechtergerechte Löhne zahlen, ist ein schwaches Signal. Stattdessen sollte Bundesministerin Giffey zusammen mit größeren Ressorts Maßnahmen verankern, die flächendeckend und verbindlich greifen: für die Aufwertung strukturell unterbezahlter Berufe, wirksame Gesetze gegen Niedriglöhne und -renten, gleichstellungsaktive Krisenprogramme, ein Ende des Ehegattensplittings und die geschlechtergerechte Aufteilung unbezahlter Sorge- und Pflegearbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

Frauen bekommen hierzulande noch immer durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Sie müssen in den März hinein arbeiten, um auf die gleiche Entgeltsumme zu kommen wie Männer im Vorjahr. Mit Blick auf die Lohnlücke belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der letzten Plätze.

Bei einer Gewerkschafts-Aktion vor dem Brandenburger Tor forderte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Bundesregierung auf, endlich die Tarifbindung zu stärken: „Zu Beginn der Pandemie wurde noch geklatscht für die vielen Frauen in den systemrelevanten Berufen, im Einzelhandel, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen. Doch den warmen Worten müssen endlich Taten folgen“, so Hoffmann. „Eine echte Aufwertung dieser Berufe ist überfällig – und sie gelingt am besten mit Tarifverträgen. In Betrieben, in denen es Betriebs- und Personalräte gibt und wir einen Tarifvertrag haben, ist der Entgeltunterschied durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Dort haben wir flexible Arbeitszeitmodelle, faire Eingruppierungen und mehr Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen.“

Einmal mehr zeige sich, „wie wichtig es ist, dass diese Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärkt, wie sie es im Koalitionsvertrag versprochen hat“. Hoffmann betonte: „Wir lassen nicht locker, bis Frauen gleich bezahlt werden und der Equal Pay Day Silvester stattfindet.“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf die coronabedingten Belastungen vor allem für Frauen. Es sei ein „gleichstellungspolitisches Desaster“, dass nun vor allem Frauen wieder verstärkt die Sorgearbeit zu Hause erledigen und sich in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen um Homeschooling, Kinderbetreuung, Pflegebedürftige und den Haushalt kümmerten. „Das geht zu Lasten ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Hannack. Jetzt komme es darauf an, „den Frauen den Rücken zu stärken, damit sie ihre berufliche Laufbahn fortsetzen und auf ihr ursprüngliches Stundenvolumen zurückkehren können.“ Langfristig müsse es darum gehen, die (unbezahlte) Sorgearbeit und die (bezahlte) Erwerbsarbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Damit dies besser gelingen kann, fordern wir einen Anspruch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeiten und öffentliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen.“

Wichtig sei überdies mehr Geld bereitzustellen für wohnortnahe, bedarfsgerechte und hochwertige Betreuungsangebote für Kinder. „Die sind Gold wert“, sagte die Gewerkschafterin, „das ist eine Investition in die Bildung von Kindern – und in die Zukunft von Frauen.“ Dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter an der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern zu scheitern droht, nannte Hannack einen „Skandal.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Sind in einem Land viele Frauen erwerbstätig, ist der Gender Pay Gap tendenziell höher – Lohnlücke in Deutschland aber auch bei Berücksichtigung dieses Zusammenhangs mit am größten in Europa – Vor allem nordeuropäische Länder zeigen, dass es auch anders geht

Der Gender Pay Gap ist in Deutschland auch dann einer der höchsten in Europa, wenn er nur mit dem in Ländern mit einer ähnlichen Frauenerwerbsquote verglichen wird. Das geht aus einer aktuellen Analyse von Julia Schmieder und Katharina Wrohlich aus der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anlässlich des bevorstehenden Equal Pay Days hervor. „Der Gender Pay Gap alleine ist nicht der Maßstab für die Frage, wie es um die Gleichstellung in einem Land bestellt ist“, erklärt Wrohlich. „Man muss auch berücksichtigen, wie viele Frauen in einem Land überhaupt erwerbstätig sind. Allerdings erscheint die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland auch dann nicht positiver – sie ist und bleibt im internationalen Vergleich sehr hoch.“

Im Jahr 2019 – dem aktuellsten, für das entsprechende Daten vorliegen – betrug der Gender Pay Gap in Deutschland 19 Prozent. Seit Jahren verringern sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern hierzulande kaum. Der Equal Pay Day, also der Tag, bis zu dem Frauen in diesem Jahr über das vorangegangene hinaus arbeiten müssen, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer Kollegen zu erreichen, fällt in diesem Jahr auf den 10. März.

Nordeuropäische Länder als Vorbilder

Die Analyse von Schmieder und Wrohlich zeigt, dass im europäischen Vergleich eine höhere Frauenerwerbsquote tendenziell mit einem größeren Gender Pay Gap einhergeht. Hintergrund ist, dass bei einer hohen Erwerbsquote auch viele gering verdienende Frauen in die Rechnung einfließen. Umgekehrt ist der Gender Pay Gap in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten vergleichsweise gering, weil oft nur die Frauen mit hohem Lohnpotenzial überhaupt erwerbstätig sind. Ein prominentes Beispiel ist Italien, das mit einem Gender Pay Gap von 5,5 Prozent nach Luxemburg und Rumänien den drittniedrigsten in Europa hat. Dort ist jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen (56,2 Prozent) erwerbstätig, in Deutschland sind es hingegen fast drei Viertel (74,3 Prozent). Und: Der Aussage „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ stimmen in Italien 34 Prozent der Bevölkerung zu, in Deutschland aber nur 13,5 Prozent.

Betrachtet man nur die 14 europäischen Länder, deren Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegt, schneidet Deutschland jedoch nicht besser ab. Auch in diesem Ranking ist der Gender Pay Gap hierzulande einer der größten, wiederum stehen nur Österreich und Estland noch schlechter da. Wie es besser geht, zeigen vor allem die nordeuropäischen Länder: In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden sind mitunter noch mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland, dennoch ist die Lohnlücke zu Männern oft deutlich geringer. In Schweden beispielsweise liegt sie bei einer Frauenerwerbsquote von 81 Prozent bei gut zwölf Prozent.

„Aus dem Muster, wonach eine höhere Frauenerwerbsquote wie in Deutschland mit einem höheren Gender Pay Gap einhergeht, lässt sich also ausbrechen“, fasst Schmieder die Erkenntnisse zusammen. „Das steht und fällt jedoch mit einer Familienpolitik mit starken gleichstellungspolitischen Elementen – und in dieser Hinsicht gibt es in Deutschland noch viel Potenzial.“ Mit der Einführung des Elterngeldes und dem Kita-Ausbau hat es den Studienautorinnen zufolge zwar Schritte in die richtige Richtung gegeben. Neben einer Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und der Einführung einer Familienarbeitszeit sollte aber vor allem das Ehegattensplitting reformiert werden, das in seiner jetzigen Form die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt konterkariert.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Internationaler Frauentag

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Errichtung einer „Bundesstiftung Gleichstellung“

Heute hat das Bundeskabinett beschlossen eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ zu errichten. Die Schaffung einer solchen Stiftung wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dieser sieht die Gründung einer Bundesstiftung vor, die sich „wissenschaftlich fundiert insbesondere Fragen der gerechten Partizipation von Frauen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft widmet.“ Auf Bitte der Regierungsfraktionen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Formulierungshilfe für ein Errichtungsgesetz vorgelegt.

Bundesministerin Franziska Giffey: „Seit Jahrzehnten kämpfen wir für gleiche Chancen von Männern und Frauen. Es geht darum, das Leben unabhängig vom Geschlecht frei gestalten zu können, Potentiale zu entfalten, es geht um faire Bezahlung und Zeit für die Familie, die eigenen Bedürfnisse und Chancengerechtigkeit. Das sind die Maßstäbe einer modernen Gesellschaft. Die Bundesstiftung Gleichstellung soll dazu beitragen, die notwendigen Veränderungen zu beschleunigen. Die Stiftung wird ein offenes Haus werden, in dem sich Menschen treffen, vernetzen und bestärken. Wir wollen so dafür sorgen, dass Gleichstellung von Vielen und vor allem gemeinsam vorangebracht wird.“

Die Bundesstiftung Gleichstellung verfolgt drei Ziele:

  1. Wir wollen zeigen, wo es noch mehr Gleichstellung braucht und dafür Lösungen finden.
  2. Wir wollen Engagierte für die Gleichstellung vernetzen und sie unterstützen.
  3. Wir wollen das Wissen zu Gleichstellungsfragen vergrößern und mit Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.

Die Bundesregierung hat in ihrer Formulierungshilfe vorgeschlagen, die Bundesstiftung als Stiftung des öffentlichen Rechts neben der Organisation des offenen Hauses für die Gleichstellung mit folgenden Aufgaben zu betrauen:

  • MEHR WISSEN: Wir wissen schon viel über Gleichstellung. Aber damit sich das Wissen verbreitet, muss man es leicht finden können. Daher soll die Stiftung leicht verständliche und gut aufbereitete Informationen zum Stand der Gleichstellung in Deutschland bereitstellen.
     
  • MEHR AKTION: Die Bundesstiftung soll die praktische Gleichstellungsarbeit von Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stärken. Sie soll zum Beispiel Gleichstellungsbeauftragte dabei unterstützen, Aktionspläne zur Gleichstellung vor Ort aufzustellen. Zudem soll sie die Bundesregierung bei der Umsetzung der ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie beraten und ihren Ausbau begleiten.
     
  • MEHR INNOVATIONEN: Bürgerinnen und Bürger haben viele innovative Ideen. Verbände entwickeln kluge Konzepte für eine gleichberechtigtere Gesellschaft. Die Stiftung soll ein Ort sein, an dem neue Ideen gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden.

Der Gesetzentwurf zur Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ wird auf Initiative der Regierungsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht werden. Nachdem im Bundeshaushalt bereits Mittel für die Bundestiftung eingestellt wurden, sollen noch in diesem Jahr wichtige Schritte zum Stiftungsaufbau wie die Berufung eines Direktoriums erfolgen. 2021 stehen für die Bundesstiftung bis zu 3 Millionen Euro zur Verfügung, ab 2022 sollen jährlich 5 Millionen Euro eingeplant werden.

Die Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ ist ein Vorhaben aus der ersten ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.gleichstellungsstrategie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.03.2021

Heute hat das Bundeskabinett die Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Errichtung einer Bundesstiftung für Gleichstellung beschlossen. Damit lösen wir ein von der SPD initiiertes Versprechen des Koalitionsvertrags ein. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Hochdruck für die Gründung der Stiftung eingesetzt.

„Die Corona-Krise offenbart Gleichstellungsdefizite besonders drastisch und macht deutlich, wie wichtig die Gründung einer Bundesstiftung für Gleichstellung ist. Die Stiftung hat zum Ziel, strukturelle Benachteiligungen von Frauen abzubauen und die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen nachhaltig voranzubringen. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Stiftung mit Sitz in Berlin zeitnah ihre Arbeit aufnehmen kann. Unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes kann mit dem Stiftungsaufbau begonnen werden.

Die Stiftung wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen. Sie wird Informationen bereitstellen, die Gleichstellungspraxis vor Ort stärken und innovative Ideen entwickeln. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist auch der starke Vernetzungscharakter der Stiftung von besonderer Bedeutung. Die Stiftung wird ein offenes Haus für Gleichstellung sein, in dem gleichstellungspolitische Initiativen arbeiten und sich vernetzen können. Darüber hinaus wird die Zivilgesellschaft auch im ständigen Stiftungsbeirat vertreten sein.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war immer klar, dass wir eine solche Stiftung brauchen. Die Stiftung ist ein Riesenschritt für die Gleichstellung in Deutschland. Uns geht es darum, die Gleichstellungspolitik in Deutschland strukturell zu stärken.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Bundestagsdebatte anlässlich des Internationalen Frauentags

Der 8. März ist Internationaler Frauentag. Der Bundestag nimmt diesen Tag zum Anlass für eine Debatte am heutigen Freitag. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Fraktion, Yvonne Magwas:

Nadine Schön: „Für Frauen war das letzte Jahr besonders hart: Sei es im Job, als Pflegerin, Kassiererin oder Erzieherin, als Mutter zwischen Homeschooling und Homeoffice oder als Seniorin, die als Angehörige einer Risikogruppe monatelang auf Begegnungen verzichten musste. Es waren mehrheitlich Frauen, die zu den besonders Betroffenen gehörten. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen und dafür sorgen, dass sie Frauen nicht nachhaltig zurückwirft. Obwohl im Bereich der Chancengleichheit in den letzten Jahren schon Vieles vorangebracht wurde, lehrt uns Corona, dass wir in der Krise noch einmal den Turbo starten müssen für eine bessere Vereinbarkeit, bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir brauchen mehr Frauen, die sich in die Politik mit ihrem Ideenreichtum einbringen, wir brauchen mehr Frauen in der IT und wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.“

Yvonne Magwas: „Wir sind jetzt an einem Punkt in der Pandemie, wo wir in die Zukunft schauen müssen, uns fragen müssen, welche Lehren ziehen wir aus Corona, welche Chancen nutzen wir. Wir sollten die Krise nutzen, um bei strukturellen Benachteiligungen von Frauen zu Lösungen zu kommen. Sei es beim Verdienst, bei der sozialen Absicherung oder auch bei der Anerkennung der Care-Arbeit.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 05.03.2021

Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021 erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Frauen kämpfen weltweit für ihre Rechte und müssen es mit Blick auf Corona und die Folgen in diesem Jahr besonders kraftvoll tun, weil sie von dieser Pandemie besonders hart getroffen werden. Denn Frauen sind nicht nur besonders in den systemrelevanten Gesundheits-, Pflege- und Careberufen die Krisenmanagerinnen, denen viel zu wenig Anerkennung zukommt. Sie sind es auch, die schneller den Job verlieren, weniger finanziellen Ausgleich bekommen. Sie werden ungefragt zu Hauptverantwortlichen für die Carearbeit im Homeoffice. Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel und besonders unter Frauenministerin Franziska Giffey haben es versäumt, Frauen in der Krise mit an den Tisch zu holen und ihre Kompetenzen bei den Lösungen abzurufen. Geschlechtergerechtigkeit wird von der Koalition unter Corona verschlafen und dies geht immens zulasten der Frauen.
Unser Ziel ist eine geschlechtergerechte Gesellschaft, echte Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, rechtlich, kulturell und ökonomisch. Feminismus ist für uns eine geteilte Aufgabe aller Geschlechter. Macht, Möglichkeiten und Verantwortung müssen paritätisch geteilt werden – in den Parlamenten, der Wirtschaft, der Kultur. Darum fordern wir hier wirksame Quoten in den Vorständen und Verbesserungen auf allen Ebenen von Führungspositionen.
Wir müssen endlich die patriarchalen Strukturen aufbrechen, die Frauen im Job behindern und in der Vereinbarkeitsfrage sowie bei der Care- und Sorgearbeit wieder und wieder nach hinten drängen. Gerade jetzt in der Pandemie zeigt sich, dass die Rollenmuster noch festgefahrener sind als vermutet. Unser Ziel ist, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle Geschlechter frei von einschränkenden Rollenbildern leben können.
Dazu gehört zwingend das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben von Frauen in allen Lebenslagen. Wir sehen dies als Teil einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung ohne Kriminalisierung. Wir wollen die Istanbul-Konvention konsequent umsetzen, umfangreiche Daten zu geschlechtsspezifischer und zu häuslicher Gewalt und einen Rechtsanspruch für Frauen auf umfassenden Schutz vor Gewalt sowie endlich die Finanzierung der Frauenhäuser zusätzlich über den Bund verankern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.03.2021

Zum Frauen*kampftag am 8. März erklären Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin, und Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: „Es braucht mehr Feminismus, gerade jetzt. Viele Forderungen, die seit dem ersten von Clara Zetkin initiierten Weltfrauentag in den letzten 110 Jahren als grundlegende Gerechtigkeitsfrage gestellt wurden, sind 2021 ungebrochen aktuell und in neuer Form dringend. In der Krise zeigt sich, dass Frauen aufgrund politischer Versäumnisse schärfer von Lohneinbußen, Mehraufwand zu Hause, mangelnder Anerkennung und Altersabsicherung, Unterrepräsentation auf sichtbaren Entscheidungs- und Expert*innen-Ebenen, von sexualisierter Gewalt, ökonomischen Abhängigkeiten und Fremdbestimmung betroffen sind. Es drohen Rückschritte und Verschärfungen sozialer Ungleichheiten, wenn jetzt nicht gegengesteuert und ein Kurswechsel für geschlechtergerechtes Handeln quer durch alle Politikfelder umgesetzt wird – nicht zuletzt beim Zuschnitt von Bundeshaushalten und Krisenprogrammen.

Dass Frauen einen Großteil gesellschaftlich notwendiger Arbeit unentgeltlich wegtragen, erfordert Instrumente der Umverteilung bezahlter und unbezahlter Tätigkeiten, die allen eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben garantiert. Strukturell unterbezahlte Bereiche wie die Pflege gehören kapitalistischen Profitlogiken entzogen, nach gesundheitlichen Bedürfnissen ausgerichtet und höher bewertet und ausgestattet. Die Löhne müssen steigen. Sogenannte „Systemrelevanz“ anzuerkennen, darf nicht beim Applaus und Einmal-Bonus enden. Die Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben gegen gleichstellungspolitische Schieflagen versagt: Gender Pay Gap und Gender Care Gap als Nachweise ungleicher Verteilungen von Zeit und Geld stagnieren auf hohem Niveau. Im europäischen Vergleich schneiden die Anstrengungen und Erfolge der Bundesregierung in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sehr bescheiden ab. Statt weitgehend wirkungslosen Instrumenten wie dem Entgelttransparenzgesetz braucht es ein Ende jeder Lohndiskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Herkunft, starke Mindestlöhne, Tarifbindungen. Das Ehegattensplitting, das zulasten von Frauen, Müttern, Alleinerziehenden maximale Gehaltsunterschiede zwischen Verheirateten und damit alte Rollenverteilungen belohnt, muss abgeschafft werden. Familien- und Elternkonstellationen gehören in ihrer realen Vielfalt anerkannt und gegen Risiken der Kinder- oder Altersarmut geschützt. Es braucht Parität in den Parlamenten und Führungsetagen, aber auch bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung von Elternzeiten. Dass hier zu wenig erreicht wurde, gehört wie der Fortbestand des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch zu den Enttäuschungen dieser Wahlperiode, die sich in Zukunft nicht wiederholen dürfen.

Der Internationale Frauentag 2021 fällt zusammen mit der einjährigen Existenz der Pandemie-bedingten Krise. Er ist Gelegenheit, das „Von unten“ in dieser Krise Bewältigte zu sehen und klarzustellen, dass eine ungleiche Verteilung von Lasten und Entlastung, von Risiken und Perspektiven, und dass eine systematische Abwertung von „Care“, also der Sorge um unsere Existenzgrundlagen, nicht länger hinnehmbar ist. Der Frauentag 2021 ist trotz aller Einschränkungen ein Ereignis, das zentrale Schieflagen aktueller Krisen und Wirtschaftsweisen klar zur Debatte und auf den Prüfstand stellt. Auf solidarische Zeiten und einen kämpferischen internationalen Frauentag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.03.2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt in ihrem aktuellen Podcast mit Blick auf den Weltfrauentag am 8. März an, immer wieder kritisch zu hinterfragen, was auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch fehle. „Es kann nicht sein, dass Frauen unsere Gesellschaften maßgeblich tragen und gleichzeitig nicht gleichberechtigt an wichtigen Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt sind“, sagt die Kanzlerin. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dies zu ändern.

Gerade in der Corona-Pandemie seien schon überwunden geglaubte Rollenmuster zu erkennen. „So sind es doch wieder vermehrt Frauen, die den Spagat zwischen Homeschooling, Kinderbetreuung und dem eigenen Beruf meistern. Und es sind vor allem auch Frauen, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in sozialen und Pflegeberufen derzeit besonders gefordert sind“, unterstreicht Merkel. So werde die Regierung auch immer wieder daran arbeiten, dass Familie und Beruf noch besser vereinbar sind. Dafür sei der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter von großer Bedeutung. Hierbei unterstütze der Bund die Länder seit Jahren intensiv, so Merkel.

Es gehe in den Bemühungen der Bundesregierung um nicht mehr, aber auch nicht weniger als um gleiche Chancen von Männern und Frauen, um echte Gleichstellung, sagt die Bundeskanzlerin. „Dazu gehört auch: Frauen müssen endlich so viel verdienen können wie Männer!“, macht die Kanzlerin im Podcast deutlich. „Deshalb brauchen wir Parität in allen Bereichen der Gesellschaft.“ Sie ist sich außerdem sicher, dass die jüngst auf dem Weg gebrachte Quotenregel für Vorstände die deutsche Wirtschaft stärken werde.

Hinweis: Der Video-Podcast ist heute, Samstag, ab 10:00 Uhr unter www.bundeskanzlerin.de abrufbar. Unter dieser Internetadresse ist dann auch der vollständige Text zu finden.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 06.03.2021

Die Bundesregierung hat heute ein wichtiges gleichstellungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Nun ist der Bundestag am Zug, die Bundesstiftung Gleichstellung per Gesetz einzurichten. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte dazu am Mittwoch in Berlin:  

„Wir setzen darauf, dass der Bundestag nun schnell handelt und die Einrichtung der neuen Bundesstiftung Gleichstellung noch vor der Sommerpause beschließt. Als ein Kompetenzzentrum für Gleichstellung ist eine Bundesstiftung von großer Bedeutung, wenn es um die Einlösung des Versprechens in Art. 3 (2) unseres Grundgesetzes geht: Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Darüber hinaus ist sie ein weiterer Baustein, um die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung umzusetzen und endlich in Angriff zu nehmen, woran es noch immer mangelt: Die Vorhaben und Gesetze aller Ressorts daraufhin zu überprüfen, ob sie die Gleichstellung von Frauen und Männer in Deutschland voranbringen.“   

Die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie hatte die Bundesregierung im Juli des letzten Jahres beschlossen. Demnach ist die Gleichberechtigung in Deutschland künftig in allen Gesetzen und Vorhaben des Bundes stärker zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Am kommenden Montag, den 08.03.2021, wird der Internationale Frauentag zum einhundertsten Mal begangen. Die Arbeiterwohlfahrt warnt zu diesem Anlass vor steigender Altersarmut von Frauen und fordert ein schnelles Gegensteuern der Politik.

„Dieser internationale Frauentag steht im Schatten der Corona-Pandemie und der gravierenden Auswirkungen, die sie auf Frauen hat. In der Krise muss auch dem Letzten klar geworden sein, wie massiv allein die ökonomische Benachteiligung von Frauen in diesem Land ist“, erklärt dazu der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert, „Die systematische Unterbezahlung von systemrelevanten Berufen wie der Pflege, die anhaltende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, die Ungleichverteilung von privater Fürsorgearbeit und die steuerrechtlich falschen Anreize wie bspw. das Ehegattensplitting führen zu einer dauerhaften finanziellen Schlechterstellung von Frauen. Das dürfen wir nicht einfach achselzuckend hinnehmen.“

Inzwischen ist durch Studien eindrucksvoll belegt, dass die durch Schul- und Kitaschließungen entstandene Mehrarbeit in Familien hauptsächlich zu Lasten von Frauen gegangen ist und langfristig eine weitere Verschlechterung ihrer finanziellen Situation auch lange nach Ende der Pandemie zu erwarten ist.

„Frauen arbeiten seltener in tarifgebundenen Betrieben und häufiger in Minijobs. Frauen arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit. Frauen haben häufiger schlechte Arbeitsbedingungen und erhalten seltener Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld. Diese Auflistung macht deutlich, dass wir endlich eine geschlechtergerechte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik brauchen. Wenn wir jetzt nicht entschlossen gegensteuern, werden wir in zehn Jahren einen deutlichen Anstieg der Altersarmut von Frauen haben“ führt der Vorstandsvorsitzende aus.

„Neben den bekannten Maßnahmen wie der Schließung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern und der Aufwertung systemrelevanter Berufe brauchen wir konkrete Vorschläge, wie die durch die Pandemie entstandene zusätzliche Sorgearbeit von Frauen in der Rente und den anderen sozialen Sicherungssystemen anerkannt wird. Wenn wir über Gleichstellung und Frauenrechte sprechen, müssen wir über Geld reden“, schließt Jens M. Schubert.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.03.2021

Seit mehr als 100 Jahren macht der Internationale Frauentag weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam. Die Corona-Krise hat auch die lang erarbeitete Gleichberechtigung in eine Krise gebracht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Arbeitsmarkt und Politik in der Corona-Pandemie haben die Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Frauen wie Männer sind deutlich in rückständige Rollenbilder gedrängt: Wie selbstverständlich tragen die meisten Frauen die Hauptlast im Alltag, jonglieren zugleich Job, Kinderbetreuung, Home-Schooling und Care-Arbeit. Dafür müssen sie oft ihre Arbeitszeit reduzieren. In der Pandemie sind ihre Jobs unsicherer geworden oder sie haben sogar ihre Arbeit verloren; für die eigene Berufs- und Karriereplanung fehlt Zeit und Kraft – und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden erkennbar weniger.

Und das in einer Situation, in der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, in Beruf und Karriere ohnehin deutlich benachteiligt sind. Frauen arbeiten weiterhin häufiger als Männer in Teilzeit und Minijobs oder sind in Branchen tätig, in denen schlechter bezahlt wird. Weitaus seltener als Männer erreichen sie Führungspositionen.

Deutschland ist in Europa eines der Länder mit dem höchsten Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen. Und auch im internationalen Vergleich ist Deutschland absolut rückständig: Durchschnittlich 19 Prozent Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen sind immer noch 19 Prozent zu viel!  Frauen sind schlechter abgesichert und erhalten oft eine unzureichende, zumindest geringere Rente und sind weitaus häufiger von Armut bedroht als Männer.

Wir dürfen Rückschritte der Gleichberechtigung nicht widerspruchslos geschehen lassen und brauchen einen richtigen großen Sprung nach vorne – und zwar jetzt, gerade in der Corona-Krise! Die Pandemie darf kein Vorwand sein, Benachteiligungen und die ungerechten Machtverhältnisse zu zementieren.

Frauenspezifische Berufe müssen dringend aufgewertet und besser entlohnt werden.

Vor allem muss gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt werden. Nötig sind flexible, familienfreundliche Arbeitsmodelle und der Ausbau der Kinderbetreuung.

Frauenförderung und Gleichstellung gehören ganz oben auf die politische Agenda und in die Personalplanung der Arbeitgeber und Unternehmen.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/gleichstellungsatlas

https://www.equalpayday.de/startseite/

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-Verdienstunterschiede/_inhalt.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.03.2021

Der Internationale Frauentag wird dieses Jahr zum 110. Mal begangen. „Ja, wir haben viel erreicht. Wir dürfen ein eigenes Konto haben, wir dürfen arbeiten, und wir dürfen einiges mehr. Und ja, wir haben z. B. den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, das Elterngeld Plus, den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen sowie die Novellierung des Führungspostengesetzes. Aber gemessen an dem, was uns zusteht – die Gleichwertigkeit aller Geschlechter mit Leben zu füllen und hierfür die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen – ob in Familie, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche, Kultur, Sport, Politik oder Gesellschaft – davon sind wir Meilen entfernt.“ so Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter (VBM). „Und Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo vor der Pandemie bereits die Herausforderungen und strukturellen Benachteiligungen und somit auch kulturellen Benachteiligungen lagen. Und Benachteiligung ist Diskriminierung und steht unserer Verfassung Art. 3 entgegen!“, entrüstet sich die VBM-Vorsitzende.

Spiralen-Faktencheck von fehlender Gleichberechtigung und Gleichstellung: Mehr unbezahlte Familienarbeit, weniger Gehalt und als Belohnung Altersarmut für uns Frauen

„Die ehe- und familienpolitischen Leistungen müssen nochmals massiv auf den Prüfstand. Auch im aktuellen Familienbericht ist das Ehegattensplitting, wie bereits in den vergangenen Gleichstellungsberichten der Bundesregierung und von einer Expert*innengruppe im Bundesfinanzministerium als Erwerbshemmnis von Frauen identifiziert. Außerdem steht das Ehegattensplitting Art. 3 unserer Verfassung entgegen. Es fördert die ungleiche Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern, spätestens mit Familiengründung. Wir brauchen eine Besteuerung, wie z. B. die Individualbesteuerung, die alle Familienformen gleichwertig fördert. Hierzu muss auch nochmals die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern mit geringfügigem Einkommen auf den Prüfstand und eine Analogie zum Elterngeldbezug erarbeitet werden, um Anreize zur Erwerbsbeteiligung von Frauen, insbesondere Müttern zu gestalten. Mit anderem Kündigungsschutz von werdenden Vätern und Karenzzeit ab Geburt und schließlich hälftiger Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes kann frühzeitig der Weg geebnet werden, sich mit Familiengründung sowohl Familien- als auch Erwerbsarbeit gleichwertig aufzuteilen.“ ist Cornelia Spachtholz überzeugt.

„Natürlich müssen auch die systemrelevanten Berufe und Berufe, in denen überrepräsentativ Frauen beschäftigt sind, finanziell endlich angemessen entlohnt werden. Zudem brauchen wir Wege aus der Präsenzkultur, wie z. B. Führen in Teilzeit – da wo möglich auf allen Ebenen und in allen Branchen.“, so Spachtholz

„Und es geht nicht nur um Kinderbetreuung und Homeschooling, sondern um Hausarbeit und auch um die Fürsorge von hilfsbedürftigen oder pflegebedürftigen Angehörigen. Auch hier übernehmen überwiegend die Töchter die Pflegeverantwortung.“ Spachtholz ist überzeugt, dass wir mit sämtlichen Maßnahmen Männern den Weg in Familie ebnen müssen. „Wir müssen die Männer endlich entlasten, von ihrer Verantwortung die Familien zu ernähren, von ihrer Verantwortung, ihren Führungsposten. Wir brauchen Maßnahmen, die Männer zum gleichen unternehmerischen Risiko wie Frauen machen – und zwar in der Lebensverlaufsperspektive, dann ist allen geholfen und wir setzen Art. 3 unserer Verfassung endlich um.“ ist die Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter überzeugt und fordert. „Den Frauen mehr Karriere, den Männern mehr Familie!“ Dann würde der Spiegel der Erwerbsleistung die Frauen nicht mehr wie jetzt für ihre Lebensleistung bestrafen mit Altersarmut.

Gewalt hat viele Gesichter – von wirtschaftlicher über psychische bis physische Gewalt.

Der pandemiebedingte Lockdown mit Kontaktbeschränkungen, Ausgehbeschränkungen, Gesundheitssorgen, Kurzarbeitergeld, wachsenden Existenzängsten und Jobverlust sowie Homeschooling ist eine massive Belastung für viele Menschen, Paare und Familien. „Die Zahlen belegen, dass mehr Kinder und Frauen zu Pandemiezeiten von Gewalt betroffen sind und die Dunkelziffer ist noch höher. Viele niederschwellige Zugänge für gewaltbetroffene Frauen und Kinder sind eingeschränkt, auch durch die Schließung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, Mobiles Arbeiten zu Hause und fehlende organisierte Freizeitgestaltung wie z. B. das Vereinsleben. „Manche Familien sind auf engstem Raum 24/7 mit alle den skizzierten Rahmenbedingungen und Belastungen sich selbst überlassen. Auch wenn der Opferschutz in vielen Bereichen greift, so sind noch viele Stellschrauben fehlend um die Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, vollumfänglich zu erfüllen. Auch das zeigt uns die Pandemie traurigerweise!“ so Spachtholz.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.03.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag den Gesetzentwurf zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen verabschiedet. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Familien sind in dieser Pandemie weiterhin einer enormen Belastung ausgesetzt. Deshalb ist es völlig angemessen, dass wir die finanzielle Unterstützung für Familien noch einmal gezielt ausweiten: Der Anspruch auf Lohnersatz für insgesamt zehn Wochen pro Elternteil bzw. zwanzig Wochen für alleinerziehende Mütter oder Väter zählt ab Ende März 2021 neu. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen für den Lohnersatz nach dem Infektionsschutzgesetz nun an die des Kinderkrankengeldes angepasst. Das ist richtig, denn die privat krankenversicherten Eltern profitieren nicht von Kinderkrankentagen. Privat versicherte Eltern können künftig die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch dann bekommen, wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer der genannten Einrichtungen abzusehen. Es ist dabei egal, ob die Eltern im Homeoffice arbeiten können oder nicht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Studie zur Verteilung von Sorgearbeit im ersten coronabedingten Lockdown ergibt differenziertes Bild – Anteil der Familien, in denen die Frau Kinderbetreuung fast vollständig alleine trägt, hat sich verdoppelt – Keine signifikanten Änderungen bei Paaren, die Sorgearbeit schon zuvor gleichmäßig aufgeteilt haben – Reform der Partnermonate beim Elterngeld könnte ungleiche Arbeitsteilung im Haushalt verringern

In erster Linie Mütter haben während des coronabedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Kita- und Schulschließungen kompensiert und ihre Kinder selbst betreut. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von pairfam-Daten hervor. So hat sich der Anteil der Familien in Deutschland, in denen die Frauen die Kinderbetreuung fast vollständig übernehmen, im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von etwa acht auf 16 Prozent verdoppelt. Die Hausarbeit erledigen in fast 27 Prozent der Familien – statt zuvor in rund 22 Prozent – fast vollständig die Frauen. Allerdings bleibt der Anteil der Paare, die sich die Sorgearbeit egalitär aufteilen, infolge der Pandemie weitgehend unverändert. Zudem gibt es sogar wenige Familien mehr als zuvor, in denen der Mann fast vollständig oder überwiegend Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt – allerdings handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa fünf Prozent der Familien.

„Mit Blick auf die Aufteilung der Sorgearbeit während der Corona-Pandemie ergibt sich ein differenziertes Bild“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat des DIW Berlin. „In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie aber noch größer geworden“, so C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie.

Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit sehr unterschiedlich

Gemeinsam mit Jonas Jessen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie, haben Spieß und Wrohlich Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet. Im Rahmen dieser Längsschnittstudie werden jährlich rund 12.000 Personen befragt. Im Frühjahr 2020 wurde eine Corona-Zusatzerhebung gestartet, an der sich mehr als 3.000 Menschen beteiligten. Die Studie stützt sich insgesamt auf 967 Paarhaushalte mit Kindern.

Die Analysen geben auch Auskunft darüber, wie sich die Aufteilung der Sorgearbeit in Abhängigkeit der Homeoffice-Nutzung verändert hat. Wenn Mütter im Homeoffice arbeiten, erledigen sie demnach auch mehr Sorgearbeit, während dies bei Männern umgekehrt nicht der Fall ist. Konnten beide Elternteile von zu Hause arbeiten, ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit.

„Bemerkenswert ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit in der Pandemie größer geworden sind“, sagt Jessen. So gaben von den befragten Frauen 24 Prozent an, dass sie in ihrer Familie die Kinderbetreuung (fast) vollständig alleine übernehmen – bei den Männern berichteten dies nur fünf Prozent.

Anpassung der familienpolitischen Leistungen könnten zu kurz greifen

Die Politik hat im Zuge der Pandemie familienpolitische Leistungen an einigen Stellen angepasst und die Zahl der sogenannten Kinderkrankentage auf 20 Tage erhöht, um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern. „Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist zwar grundsätzlich gut, womöglich aber zu knapp bemessen“, so Katharina Wrohlich. Weitere Maßnahmen, etwa eine abermalige Ausweitung der Kinderkrankentage, wären wünschenswert. „Unabhängig von der Corona-Pandemie könnten beim Elterngeld bei gleichbleibender Bezugsdauer die Partnermonate auf vier Monate ausgedehnt werden, um eine größere Gleichstellung bei der Verteilung von Sorgearbeit zu erreichen“, so Spieß.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

40 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland fühlen sich während des zweiten Lockdowns stark oder sogar äußerst belastet. Wenn Kinder im Haushalt leben, sagen das 49 Prozent. Damit haben fast genauso viele Beschäftigte, Selbständige und Arbeitslose ihre Gesamtsituation Ende Januar 2021 als stark oder äußerst belastend wahrgenommen wie im ersten Lockdown vom April 2020. Bei Erwerbspersonen mit Kindern im Haushalt lag das allgemeine Belastungsempfinden noch geringfügig höher als im April. Vor allem die Einschätzung der eigenen familiären Situation hat sich in den Wintermonaten mit geschlossenen Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen spürbar verschlechtert. Besonders angespannt ist die Lage bei Alleinerziehenden und generell in vielen Familien mit niedrigeren Einkommen: In diesen Gruppen empfinden rund 60 Prozent ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend. Das ergibt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Erwerbspersonenbefragung der Stiftung auswertet.*

„Auch die zweite Corona-Welle war und ist ein drastischer Stresstest, und das ganz besonders für Familien. 46 Prozent der befragten Eltern haben Ende Januar ihre familiäre Situation als stark oder äußerst belastend erlebt. Das waren sogar sechs Prozentpunkte mehr als im ersten Lockdown. Noch deutlich größer ist die Belastung für Mütter und insbesondere für Alleinerziehende“, sagt Studienautor Dr. Andreas Hövermann. „Das ist ein Indiz dafür, wie wichtig funktionierende Kindertagesstätten und Schulen sind.“ Eltern von Kita- und Grundschulkindern sowie von Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen dürften den Wiederbeginn von Präsenzbetreuung und -unterricht in letzter Zeit daher als wichtige Entlastung wahrgenommen haben, so der Forscher. „Allerdings funktioniert die Entlastung natürlich nur, wenn die Konzepte für Hygiene und Infektionsschutz, für Tests und Impfungen wirklich tragen“, betont Hövermann. „Abgesehen von den individuellen Gesundheitsrisiken, die durch die Ausbreitung aggressiverer Virus-Mutanten steigen: Niemand hat etwas davon, wenn sich Infektionen häufen und Einrichtungen nach kurzer Zeit wieder schließen müssen. So ein Stop- and Go dürfte berufstätige Eltern nur vor noch größere Probleme stellen.“ Träger sollten Hinweise auf Defizite in Hygienekonzepten daher unbedingt ernst nehmen. Falls Kita- oder Schulschließungen aufgrund des Infektionsgeschehens notwendig sind, müssten Eltern durch einen einfachen Zugang zu Kinderkrankentagen bestmöglich entlastet werden.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden Ende Januar mehr als 6200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dasselbe Sample war bereits im April, im Juni und im November 2020 interviewt worden, so dass sich Entwicklungen im Zeitverlauf analysieren lassen. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Gefragt wurde unter anderem danach, ob die Befragten ihre aktuelle Lage als belastend empfinden oder nicht. Neben den Antwortmöglichkeiten „äußerst belastend“ und „stark belastend“ gab es drei weitere: „etwas“, „kaum“ oder „gar nicht belastend“ (sowie „weiß nicht“). „Wer sich für eine der beiden höchsten Kategorien entscheidet, dürfte also wirklich großen Druck verspüren“, erklärt Sozialforscher Hövermann. Neben der Einschätzung der eigenen Gesamtsituation wurde differenziert nach der Arbeitssituation, der finanziellen und der familiären Situation gefragt.

Im Vergleich zum Sommer und zum Herbst sind bis Ende Januar die Quoten der stark/äußerst Belasteten in allen Bereichen gestiegen. In Puncto Arbeitssituation und finanzielle Situation war die Zunahme relativ moderat, der Anteil der Befragten, die ihre Lage als stark oder äußerst belastend einschätzen, blieb spürbar unter den bisherigen Höchstwerten im April. Allerdings war das Niveau bei der Arbeitssituation mit 32 Prozent stark/äußerst Belasteten auch Ende Januar hoch. „Und selbst die im Vergleich niedrigeren Werte bei der finanziellen Situation bedeuten immer noch für jede und jeden Fünften extreme Belastung“, sagt Hövermann. „Sowohl die Anpassung von Arbeitsprozessen als auch der Schutz vor wirtschaftlichem Abstieg scheinen in vielen Fällen zu funktionieren. Doch aus Sicht eines guten Teils der Befragten ist das Eis dünn, der Stress groß“, interpretiert der Forscher die Entwicklung.

Besonders stark gingen die Belastungswerte bei der Einschätzung der Gesamtsituation wieder nach oben – auf 40 Prozent, während es im November 34, im Juni 27 Prozent und im April 42 Prozent waren. Frauen wiesen Ende Januar mit 45 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Belastungsanteil auf, bei Männern waren es 36 Prozent.

Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung könnte die ebenfalls deutlich negativere Einschätzung der familiären Situation haben. Vor allem Eltern konstatieren eine Verschärfung: Der Anteil der stark/äußerst belasteten Befragten schoss in dieser Gruppe zwischen November und Januar von 27 auf 46 Prozent in die Höhe. Zugleich beurteilten 49 Prozent der Eltern ihre Gesamtsituation als stark/äußerst belastend, während das unter den Befragten ohne Kinder im Haushalt 38 Prozent sagten. Noch einmal zugespitzt empfinden viele Alleinerziehende ihre Lage: 62 Prozent stuften im Januar ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend ein – zehn Prozentpunkte mehr als während des ersten Lockdowns.

Schaut man noch genauer auf die Familien, berichten Mütter besonders oft von großen Belastungen. Ende Januar stuften 54 Prozent der befragten Frauen mit Kindern ihre Gesamtsituation und 51 Prozent ihre familiäre Situation als stark/äußerst belastend ein. Unter den Männern mit Kindern im Haushalt taten das 44 bzw. 43 Prozent.

Wenig überraschend, hängt die wahrgenommene Belastung auch stark mit der finanziellen Situation zusammen. Befragte mit niedrigeren Haushaltseinkommen berichteten deutlich häufiger von starken/äußersten Belastungen als Befragte mit höheren Einkommen. Das gilt für alle abgefragten Belastungsdimensionen. Gerade in Familien mit niedrigeren Haushaltseinkommen ergeben sich Belastungsniveaus, die Sozialforscher Hövermann als „alarmierend hoch“ bezeichnet. So empfanden unter den Befragten mit Kind/Kindern und einem Haushaltseinkommen unter 2600 Euro netto monatlich rund 60 Prozent ihre familiäre Situation und ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend.

Belastungswahrnehmung in der Corona-Pandemie. Erkenntnisse aus vier Wellen der HBS-Erwerbspersonenbefragung 2020/21. WSI Policy Brief Nr. 50, März 2021.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.03.2021

In einem heute veröffentlichten Positionspapier spricht sich der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband für umfassende Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung aus, die als Reaktion auf die Belastungen notwendig werden, denen Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte seit einem Jahr ausgesetzt sind. Der Verband formuliert konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen.

„Ein Jahr Pandemie hat deutlich gemacht, dass mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung keine Weiterentwicklung der strukturellen Bedingungen erfolgt ist. Wie durch ein Brennglas zeigt sich der Handlungsbedarf. Die nächsten Jahre werden entscheidend für uns alle sein“, mahnt Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.

Mit Blick auf die Bundestagswahl müsse der Blick nun konsequent auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen gelenkt werden, so der Würzburger Domkapitular. Die Fortführung und Weiterentwicklung des „Gute-Kita-Gesetzes“ zu einem Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Personalschlüsseln und einer dauerhaften Finanzierung durch den Bund sei nur eines der Themen, mit denen den Auswirkungen der Pandemie begegnet werden müsse. „Die Fachkräfteoffensive wurde vorzeitig zurückgefahren, obwohl keine Lösungen in Sicht sind, den Fachkräftebedarf in den Griff zu bekommen. Deshalb sind der Ausbau der praxisintegrierten und vergüteten Ausbildung und die Förderung differenzierter Teamprofile dringend erforderlich. Die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern wurde nicht auf den Weg gebracht, weil sich Bund und Länder bislang nicht auf eine Finanzierung einigen können. Sie würde zum Abbau der durch die Pandemie gestiegenen Bildungsbenachteiligung beitragen und muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Die digitale Ausstattung der Einrichtungen ist vielerorts nicht vorhanden. Ein Digitalpakt Kita ist längst überfällig“, unterstreicht Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des KTK-Bundesverbandes.

Ohne gesetzliche Vorgaben für die wissenschaftlich geforderten Rahmenbedingungen bei der Fachkraft-Kind-Relation und den Zeitressourcen für Leitung bleibe Kindertagesbetreuung ein Flickenteppich. „Es liegt eine große Verantwortung auf den Kitas und Ganztagsangeboten. Sie haben in den kommenden Jahren die Folgen der Pandemie auf die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern aufzufangen. Wer die Politik der nächsten Jahre gestalten will, muss jetzt sagen, wie er dieser Herausforderung begegnet“, betont Domkapitular Bieber. „Konkrete Vorschläge liegen mit unserem Positionspapier nun auf dem Tisch.“

Das Positionspapier „Die Kindertagesbetreuung ist unverzichtbar. Politische Konsequenzen aus der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.03.2021

Als massiven armuts- und konjunkturpolitischen Fehlschlag wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Wirkung der Coronahilfen aus dem vergangenen Jahr. Der Verband fordert gezielte Hilfen für arme Haushalte für die Dauer der Krise und eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Die Konjunkturpolitik der Bundesregierung zeigt eine bemerkenswerte soziale Schlagseite,” so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten nach Ansicht des Verbandes eindeutig, dass von den Konjunkturmaßnahmen vor allem wohlhabende Haushalte profitiert haben.

“Es ist absolut unverständlich, dass die Not armer Menschen so dermaßen missachtet und eine weitere Vertiefung der sozialen Spaltung in Kauf genommen wird”, so Ulrich Schneider weiter.

Die heute vorgelegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass rund die Hälfte der Haushalte den Kinderbonus im letzten Jahr zur Erhöhung der Familiensparquote nutzte und ihn folglich gar nicht brauchte, kritisiert der Verband. Auch die Mehrwertsteuersenkung habe vor allem besserverdienenden Haushalten genutzt, während einkommensschwache Haushalte so gut wie gar nicht profitierten.

“Die bereits im letzten Sommer von uns geäußerten Befürchtungen haben sich mit den Daten des Statistischen Bundesamtes leider bestätigt,” so Ulrich Schneider. Unter armutspolitischer Perspektive stellen die konjunkturpolitischen Beschlüsse von 2020 einen fulminanten Fehlschlag dar. “Wir fordern die Bundesregierung zu einer sofortigen Korrektur auf,” so Ulrich Schneider weiter.

Der Verband fordert die zügige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat während der Corona-Krise und eine dauerhafte Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte heute Daten, wonach durch die Mehrwertsteuersenkung im letzten Jahr lediglich zwischen 20 und 25 Prozent der Haushalte Anschaffungen vorzogen oder sich ungeplante Anschaffungen leisteten und dabei insbesondere einkommenstärkere Haushalte profitierten. Über die Hälfte der befragten Haushalte gaben zudem an, den Kinderbonus teilweise oder gänzlich zum Sparen genutzt zu haben.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 11.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Der Bundestag hat am Freitag, 5. März 2021, nach halbstündiger Debatte den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) in der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (19/27289) beschlossen. Die Koalitionsfraktionen stimmten für den Gesetzentwurf, der den Jugendschutz im Internet und in den sozialen Medien in den Blick nimmt. FDP und Linksfraktion stimmten dagegen, die AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 Geschäftsordnung des Bundestages (19/27290) zur Finanzierbarkeit vor.

Entschließungsanträge abgelehnt

In dritter Beratung lehnte der Bundestag drei Entschließungsanträge zu dem Gesetzentwurf ab. Der
Entschließungsantrag der FDP (19/27296) zielte unter anderem darauf ab, bestehende Systeme der Alterskennzeichung für Medien stärken und angemessen fortzuentwickeln. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Linken (19/27297) forderte staatsferne und unabhängige Aufsichtsstrukturen beim Jugendmedienschutz. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Grünen (19/27298) wollte den Verantwortungsbereich sowie die Verpflichtungen und Kompetenzen der beteiligten Institutionen so klar regeln, dass der Bedarf an Koordinierung, mit dem die neue Bundeszentrale für Jugendmedienschutz betraut werden soll, auf das Nötigste reduziert wird. Die Grünen und die Linksfraktion stimmten dafür, die Koalitionsfraktionen dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Verpflichtende Anbietervorsorge

Mit der Annahme des Regierungsentwurfs werden für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste verpflichtet, „angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen für eine unbeschwerte Teilhabe zu treffen (sogenannte Anbietervorsorge)“.

Anbieter werden zu Voreinstellungen verpflichtet, die Kinder und Jugendliche besonders vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexualisierter Ansprache („Cybergrooming“), Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen. Sie sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen oder in sozialen Netzwerken von Fremden nicht mehr
einfach gefunden und angesprochen werden können. Weitere Punkte beziehen sich auf die Einführung von Hilfs- und Beschwerdesysteme sowie bessere Möglichkeiten für Eltern, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten und zu steuern.

„Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ausbauen“

Mehr Orientierung will die Bundesregierung zudem mit der Einführung einheitlicher Alterskennzeichen für Spiele und Filme auch online schaffen. Zur besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutz soll zudem die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt werden.

Geplant ist auch, künftig die „in der Mediennutzungsrealität von Kindern und Jugendlichen hochrelevanten“ ausländischen Anbieter in den Blick zu nehmen.

Änderungen am Regierungsentwurf beschlossen

Der federführende Familienausschuss hat am 3. März 2021 einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf angenommen. Damit wird geregelt, dass die künftige Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz einen Beirat einrichtet, der sich „in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen“ einsetzt. Diesem zwölfköpfigen Gremium sollen auch zwei Vertreter von Kinder und Jugendverbänden angehören, die nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen.

Umgekehrt wird mit Annahme des Änderungsantrags Kindern der Zugang zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen erleichtert. So wird das auf bislang personensorgeberechtigte Personen begrenzte Begleitungsrecht auf „erziehungsbeauftragte Personen“ erweitert. Damit soll den flexibilisierten Lebensformen und der Zunahme von Patchworkfamilien Rechnung getragen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 05.03.2021

Das Vorhaben der Bundesregierung, für die Erhebung statistischer Daten zur Zeitverwendung eine eigene gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist bei einer Expertenanhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag auf breite Zustimmung gestoßen. Kritik gab es an der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (19/26935) – vor allem an der vorgesehenen Beibehaltung des Zehn-Jahres Turnus, in dem die Erhebungen bislang als „Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetz“ durchgeführt wurden. Eine deutliche Mehrheit sprach sich während der Anhörung für eine Erhebung alle fünf Jahre aus.

Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen betonte, Zeitverwendungserhebungen lieferten nicht nur relevante Erkenntnisse über zeitliche Gestaltungsspielräume, sondern seien auch eine äußerst zentrale Datenbasis für die Messung des Wohlstandes von Bevölkerungen. So könnten gezielte politische Maßnahmen abgeleitet werden. Lücken in dem Entwurf gibt es aus ihrer Sicht bei den Erhebungsmerkmalen. Es brauche eine Präzisierung der unbezahlten „Care-Arbeit“, die zumeist von Frauen ausgeübt werde. Auch die Auslagerung der Care-Arbeit an Frauen, „die sich in noch prekäreren Verhältnissen befinden“, müsse erfasst werden, forderte Abramowski mit Verweis auf mehr als 500.000 „informell und überwiegend schwarz beschäftigte Pflegemigranten“ in Deutschland, die in keiner amtlichen Statistik auftauchen würden.

Antje Asmus vom Deutschen Frauenrat nannte die Darstellung der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Zeit zwischen Frauen und Männern „für die Entwicklung gleichstellungspolitischer Maßnahmen unerlässlich“. Zeitverwendungserhebungen stellten mit ihren Daten zu unbezahlter Haus- und Sorgearbeit auch wichtige Ergänzungen zu der klassischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dar, die sich primär auf Wohlstand und Wertschätzung der Produktion von Waren und Dienstleistungen fokussiere. Der Bedarf an repräsentativen Zeitbudgeterhebungen zur Verteilung der Sorgearbeit sei während der Corona-Krise noch dringender geworden, befand Asmus. Es seien Frauen und vor allem Mütter, die während der Pandemie den größeren Anteil der zusätzlich anfallenden Sorgearbeit übernehmen und ihre Erwerbsarbeitszeiten dafür reduzieren, sagte die Frauenrats-Vertreterin.

Christina Boll vom Deutschen Jugendinstitut hält – ebenso wie ihre Vorrednerinnen – den Zehnjahreszeitraum zwischen den Erhebungen für zu lang. Zum einen erschwerten seltene Messzeitpunkte den Ländervergleich auf europäischer sowie auf internationaler Ebene. Zudem sei die Evaluation von Politikreformen mithilfe dieser Daten nahezu unmöglich. Als unzureichende bewertete Boll zugleich den Versuch, im Bereich der Nachtrennungsfamilien mit der Erfassung der Kontakthäufigkeit zu außerhalb des eigenen Haushalts wohnenden Kindern, elterliche Zeitinvestments einzufangen.

Fünf Jahre, „besser noch zwei Jahre“, sollten aus Sicht von Martin Bujard vom Verein Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie höchstens zwischen den Erhebungen liegen. Für einen zehnjährigen Rhythmus seien die Entwicklungen zu dynamisch, sagte er. Bujard sprach sich zudem für die Erhebung in Form einer Panelstruktur, „das heißt mit Wiederholungsbefragungen“, aus. So könnten die Veränderungen innerhalb von Familien – als Folge von Kindergeburt aber auch in Folge politischer Maßnahmen – besser nachvollzogen werden.

Sebastian Heimann vom Deutschen Familienverband begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Ergänzt werden müsse er jedoch dringend um die Berücksichtigung von kinderreichen Familien „als gesellschaftlich und demografisch besonders bedeutsame Gruppe“. Der Entwurf berücksichtige alleinerziehende Mütter und Väter durch überproportionale Auswahlsätze besonders. Dies müsse auch für die Gruppe der Mehr-Kind-Familien unbedingt sichergestellt werden. Kinderreiche Familien seien schließlich überproportional von Armut gefährdet und sähen sich verstärkten Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegenüber, sagte Heimann.

Mit dem Gesetzesentwurf würden vor allem die Erhebungsmerkmale festgelegt, sagte die Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Hertie School of Governance. Mit der Integration einer neuen Frage zum „Kontakt zu eigenen Kindern, die nicht im Haushalt leben“, sollen erstmalig auch haushaltsübergreifende Informationen zu Kindern erhoben werden, was zu begrüßen sei. Dennoch könne die Zeitverwendungsstudie in der vorgesehenen Form die Lebenswirklichkeiten von Trennungseltern und -kindern nicht hinreichend abbilden, bemängelte Kreyenfeld. Das etwa Trennungsväter durch die Regelung nicht identifiziert würden, sei „mehr als bedauerlich“.

Heike Wirth vom Mannheimer GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften hält eine Periodizität von zehn Jahren für richtig, weil aus ihrer Sicht bei einer Erhebung alle fünf Jahre Abstriche in der Datenqualität hingenommen werden müssten. Im Übrigen sei durch die Verordnungsermächtigung in dem Gesetz die Flexibilität gegeben, bei erkennbarem Bedarf die Periodizität anzupassen. Handlungsbedarf sieht Wirth in Bezug auf die Messung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Haushalts, die Erfassung von Kontakten von außerhalb der Haushalte lebenden Eltern und Kindern sowie beim Erwerbsstatus. Wichtig sei es zudem, bei der Quotierung der Haushalte explizit darauf zu achten, „dass die Gruppe der 20- bis 30-Jährigen mit einem ausreichend hohen Umfang in der Stichprobe vertreten ist“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 335 vom 15.03.2021

Die Zahl der Kinder, für die Kinderzuschlag gewährt wurde, hat sich im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Das zeigen Zahlen, auf die sich die Bundesregierung in einer Antwort (19/27100) auf eine Kleine Anfrage (19/26657) der Fraktion Die Linke bezieht. Demnach betraf dies im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, rund 376.000 Kinder. Diese Zahl stieg dann in den Folgemonaten konstant an, auf einen Höchststand von rund 941.000 Kinder im Juli 2020. Im Januar lag die Zahl der Berechtigten mit rund 708.000 Kindern zwar wieder deutlich darunter, aber gleichzeitig noch deutlich über dem März-Wert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 299 vom 09.03.2021

Die Bundesregierung will für die Erhebung von statistischen Daten zur Zeitverwendung eine eigne gesetzliche Grundlage schaffen. Die bisherigen Erhebungen seien als Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetzes durchgeführt worden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes (19/26935). Dies erlaube die Anordnung von Bundesstatistiken auch ohne Gesetz oder Rechtsvorschrift, um kurzfristig auftretende Bedarfe nach statistischen Informationen zu decken.

Nach Angaben der Bundesregierung hat sie seit den 1990er Jahren im Turnus von etwa zehn Jahren Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erheben lassen. Durch diese Erhebungen seien wesentliche Erkenntnisse für gesellschaftspolitische Maßnahmen gewonnen worden. Sie lieferten Informationen darüber, wie viel Zeit Menschen im Tagesverlauf für bestimmte Aktivitäten aufwenden. Die Auswertung dieser Daten gebe beispielsweise Auskunft über die Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in Familien, Kinderbetreuung und Pflege oder freiwilliges gesellschaftliches Engagement.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 295 vom 04.03.2021

Kein Kind kann sich alleine schützen

In den letzten Monaten wurde die Familie als Ort von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt öffentlich stärker thematisiert. Mit dem vorliegenden Impulspapier möchte der Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine breite Diskussion anregen und diese mit der Forderung nach einer dauerhaft geführten Auseinandersetzung mit dem Tatort Familie verbinden.

Babys, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, die in ihrer Familie sexualisierte Gewalt erleben, sind besonders schutzlos ausgeliefert. Die Gewalt erfahren sie ausgerechnet von den Menschen, auf deren Schutz sie angewiesen sind. Betroffene Kinder lernen früh, dass sie niemanden vertrauen können und erleben den schwersten Verrat durch diejenigen, von denen sie existentiell abhängig sind. Es gibt für sie keinen sicheren und heilen Ort.

Wir wissen, wie es war und ist, wenn niemand sieht, in welcher großen Not Kinder und Jugendliche in ihren eigenen Familien sind. Wir wissen, wie es ist, wenn niemand Etwas unternimmt. Aktive Vertuschung, Wegsehen oder Ignoranz werden in Familien von Müttern, Vätern, Geschwistern und anderen Familienangehörigen aufrechterhalten und konfrontieren Betroffene oft ein Leben lang mit Ohnmachtssituationen und Verletzungen.

Betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben schon immer das Schweigen gebrochen und Hilfe gesucht. Die Täter_innen blieben und bleiben zumeist jedoch integriert in den Familien. Während durch eine gesellschaftliche und öffentliche Diskussion der Druck auf Institutionen wächst, sind Betroffene bei Aufdeckung im familiären Kontext weiterhin oft alleingelassen. Dies ist zusätzlich schwer belastend, gerade wenn sie das Schweigen brechen. Der Tatort Familie, an dem Kinder und Jugendliche in hohem Ausmaß sexualisierte Gewalt erleben, muss endlich vertiefend in den Blick genommen werden. Eine halbherzige Debatte über Kinderrechte ins Grundgesetz kompensiert nicht die jahrelange Untätigkeit politisch Verantwortlicher auf allen Ebenen.

Wir – Betroffene, die im familiären Kontext sexualisierte Gewalt erlebt haben, können keine Institution in die Pflicht nehmen. Familien sind zu Recht ein besonders geschützter Ort, in den der Staat nur begrenzt hineingreifen darf. Jedoch muss die gesellschaftliche Aufmerksamkeit dem Ausmaß an Kindeswohlgefährdung durch sexualisierte Gewalt in Familien entsprechen. Das Recht auf Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht. Kein Kind kann sich alleine schützen.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die verbreitete Kultur des Vertuschens und Schweigens zu überwinden und ein Ethos der Einmischung zu entwickeln. Es liegt in unser aller Verantwortung, Kinder und Jugendliche auch in ihren Herkunftsfamilien vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Ihnen zu helfen. Wir sind uns bewusst, dass viele Aspekte in diesem Impulspapier weiterentwickelt werden müssen und wir wichtige Themen lediglich angerissen haben.

Wir werden uns der Diskussion stellen. Wir schweigen nicht. Wir sprechen auch noch, wenn die Gesellschaft schon wieder den Mantel des Schweigens ausbreiten will.

Alle Betroffene haben unabhängig vom Tatkontext das Recht auf Schutz und Aufarbeitung, Unterstützung und Hilfen.

Quelle: Pressemitteilung Geschäftsstelle des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 15.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

(Berlin). Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und der FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss endlich eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.03.2021

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. fordert kürzere Zeitabstände zwischen Erhebungen für neue Zeitverwendungsstatistik.

Der Präsident der eaf, PD Dr. Martin Bujard, nimmt heute als Sachverständiger an einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zum Zeitverwendungserhebungsgesetz teil. Das Gesetz sieht vor, Zeitverwendungsdaten künftig in Form einer Bundesstatistik zu erheben. Die eaf begrüßt nachdrücklich die damit mögliche kontinuierliche Erfassung der Lebenswelten von Familien, kritisiert aber die ins Auge gefassten Erhebungsintervalle von zehn Jahren als zu lang.

„Aktuelle Zeitverwendungsdaten sind für eine verantwortungsvolle Familienpolitik unverzicht­bar“, mahnt Bujard, der als Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungs­forschung tätig ist. „Die Erhebung sollte künftig alle fünf Jahre erfolgen, sonst treten bei politischen Entscheidungen aktuelle Meinungsumfragen an die Stelle valider wissenschaftlicher Daten, weil diese bereits veraltet sind. Gute Familienpolitik braucht aber Einblicke in die tatsächlichen Lebensverhältnisse von Familien und darf nicht auf Wunschdenken aufsetzen. Diese Erkenntnis ist durch die Überforderung von Familien während der akuten Pandemiephasen noch einmal deutlich geworden.“

Zeitpolitik ist eine der zentralen Zukunftsfragen für Familie und Familienpolitik: Die Gesamt­arbeitsbelastung – also Familien- und Erwerbsarbeit – von Paaren mit Kindern ist signifikant höher als ohne Kinder. Insbesondere Mütter mit kleinen Kindern stemmen in der „Rushhour des Lebens“ regelmäßig 65 Wochenstunden und sind dementsprechend stressbelastet. Um familien­politische Maßnahmen in der wissenschaftlich gebotenen Güte besser evaluieren zu können, ist es nach Ansicht der eaf zudem sinnvoll, für die Zeitverwendungserhebung eine Panel-Struktur zu etablieren.

Die Stellungnahme der eaf zum Zeitverwendungserhebungsgesetz lesen Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 15.03.2021

Der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung sei ein „Beleg des jahrelangen armutspolitischen Versagens“, kommentiert der Paritätische Wohlfahrtsverband den Entwurf des Berichts aus dem Bundesarbeitsministerium. Der Verband hat den mehrere hundert Seiten umfassenden Text einer ausführlichen Analyse unterzogen: Die Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland sei zutiefst besorgniserregend, so die Bilanz der Expert*innen.

Der Bericht komme einem Armutszeugnis gleich, so der Paritätische. “Der Bericht belegt, wie sowohl Armut, als auch Reichtum wachsen und sich verfestigen. Die sogenannte “Mitte” schrumpft, soziale Mobilität nimmt ab und soziale Ungleichheit steigt. Und der Bericht weist nach, wie dramatisch sich die Situation gerade der Arbeitslosen verschärft hat“, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Bericht dokumentiere u.a. die dramatischen Effekte der Agenda-Reformen. Mit den sogenannten Hartz-Reformen sei die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil der Fürsorge übertragen worden, die Armutsquote Erwerbsloser habe sich seitdem vervielfacht. “Erwerbslose stoßen auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten”, so Hesse.

Dass die Corona-Pandemie die Ungleichheit noch verschärft, belegt der Bericht selbst anhand aktueller Daten. “Diese Befunde können kaum überraschen, sind doch bspw. die Menschen, die zuvor schon in der Grundsicherung waren, bislang von zusätzlichen, auf ihre Bedarfe zugeschnittenen Hilfen ausgeschlossen gewesen”, so Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband, die den Berichtsentwurf ausgewertet hat. “Die geplante Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende von 150 Euro geht weit an den Mehrbelastungen armer Menschen in der Pandemie vorbei und kann schon gar kein Beitrag dazu sein, die sich verfestigende Ungleichheit in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen.”

Der Paritätische fordert eine politische Offensive zur Beseitigung von Armut. Deutschland habe es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klinge banal und werde bei vielen nicht gern gehört, “aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Hesse. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig. Der Verband untermauert zudem die Forderung nach einer monatlichen Zusatzzahlung für die Dauer der Pandemie von 100 Euro für alle Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.

Eine erste Kurzanalyse des Paritätischen sowie den Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts zum Download finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/entwurf-des-6-armuts-und-reichtumsberichts-der-bundesregierung/

Die Forderung nach einer zügigen Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie angemessener Soforthilfen für arme Menschen während der Corona-Krise wird unterstützt von rund 50 Verbänden und Gewerkschaften. Mehr Infos zum Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.03.2021

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.Oktober 2020 (XII ZB 512/19) mindert der Kinderzuschlag im Rahmen der Unterhaltsberechnung als Einkommen des Kindes in voller Höhe den Unterhaltsbedarf des Kindes. Dies wird die Unterhaltsberechnung in der Praxis maßgeblich beeinflussen – allerdings wird in Folge der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags nicht mehr erreicht, sondern ad absurdum geführt. Denn durch das Anrechnen des Kindeszuschlags auf den Kindesunterhalt kommt dieser nicht mehr dem Haushalt zugute, in dem das Kind lebt und in dem der Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, sondern dem Barunterhaltspflichtigen. Der Kinderzuschlag wird in der Konsequenz zu einer Sozialleistung für den gegebenenfalls sogar gutverdienenden Barunterhaltspflichtigen.

Der VAMV sieht die dringende Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung, damit der Kinderzuschlag in Einelternfamilien weiter seine armutsvermeidende Wirkung entfalten kann.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 16.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 22. bis 24. März 2021

Veranstalter: Diakonie Deutschland und das europäische Forschungsnetzwerk Population Europe

Vom 22.-24. März 2021 finden zum ersten Mal die Berliner Demografie-Tage statt. Bei der Online-Veranstaltung spricht die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Suica, über das Verhältnis von Demokratie und Demografie. Außerdem werden die Preisträger*innen der European Demographer Awards ausgezeichnet.

In den nächsten beiden Jahrzehnten erreichen die letzten geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer das Rentenalter. Gleichzeitig verändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Unsere Gesellschaft wird älter, aber auch vielfältiger. Daraus ergeben sich Herausforderungen an den Sozialstaat und die Zivilgesellschaft. Die europäischen Demokratien geraten vielerorts unter Druck.

Auch der Globale Süden ist davon betroffen, wo uns oftmals wichtige Daten fehlen, um die Bevölkerungsentwicklung besser zu verstehen. Diese Themenschwerpunkte diskutieren Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft aus aller Welt.

Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung am 22. März 2021 von 13.00 – 14.30 Uhr diskutieren über das Thema Generationengerechtigkeit: Anna Braam (Vorsitzende und Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen), Clara Mayer (Sprecherin Fridays for Future, Berlin), Franz Müntefering (Bundesminister a. D. und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V.) sowie Elisabeth Niejahr (Mitglied der Geschäftsführung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung).

Von 15.00 – 17.00 Uhr findet die Veranstaltung u. a. mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stefan Zierke, sowie der Preisverleihung der European Demographer Awards statt.

Sie finden online das jeweils aktuelle Programm des Berliner Demografie-Forums, des European Demography Forum (23. März 2021) und des Global Demography Forum (24. März 2021): https://www.berlinerdemografieforum.org/bdf-2021/programm-2021/

An allen drei Tagen steht eine Simultanübersetzung ins Deutsche zur Verfügung.

Sie können sich hier anmelden: https://survey3.gwdg.de/index.php?r=survey/index&sid=616591&lang=de

Termin: 13. April 2021

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Für viele deutsche Städte liegen Studien vor, die aufzeigen, dass Kinder unterschiedliche Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben, je nach Quartier, in dem sie leben. So spielen Kinder in ärmeren Stadtteilen seltener ein Instrument, sind seltener Mitglied eines Sportvereins, besuchen seltener ein Museum, ein Theater, eine Musikschule, eine Bibliothek oder eine Schwimmhalle. Befragungen zeigen auch, dass Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen weniger zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind.

Weitgehend ungeklärt ist im Forschungsstand, inwieweit die Unterschiede zwischen den Stadtquartieren Folge von Angebots- oder Folge von Nachfrageunterschieden sind. Fehlen in ärmeren Stadtteilen infrastrukturelle Einrichtungen wie z.B. Schulen mit einer gymnasialen Oberstufe, Bibliotheken, Schwimmhallen oder gesundheitliche Einrichtungen? Werden diese Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe in bestimmten Stadtteilen seltener nachgefragt? Oder gibt es Zugangshürden, die eine Inanspruchnahme verhindern?

In einer aktuellen Studie, die am 13. April 2021 veröffentlicht wird, hat das Wissenschaftszentrum Berlin im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerk und der Heinrich-Böll-Stiftung für sieben deutsche Großstädte untersucht, inwieweit die soziale Lage von Quartieren mit der Verteilung von infrastrukturellen Rahmenbedingungen zusammenhängt.

Die Studie wird im Rahmen des Fachgesprächs erstmals vorgestellt. Anhand der Ergebnisse wird diskutiert, inwieweit Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen aufgrund ihres Wohnumfeldes benachteiligt sind und weniger Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben. Dazu werden drei Panels mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Anlässlich des im Kabinett verabschiedeten Neunten Familienberichts der Bundesregierung unterstützt das ZFF eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert alle politischen Parteien auf, die Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen.

Der Neunte Familienbericht der Bundesregierung stellt die Eltern in den Mittelpunkt. Auf Basis der untersuchten gesellschaftlichen Anforderungen und Ansprüche an Elternschaft weist die Sachverständigenkommission auf vielfältige familienpolitische Handlungsfelder hin. Diese reichen von Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit oder zu Bildungsgerechtigkeit bis zu Empfehlungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien sowie zu Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche angesichts vielfältig werdender Elternschaft.

Britta Altenkamp, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die Erkenntnisse des Neunten Familienberichts bestärken schon lang geführte Debatten um eine gleichmäßigere elterliche Arbeitsteilung bei der Erwerbs- und Sorgearbeit: Es liegt in öffentlicher Verantwortung für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, die Männern wie Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu beiden Lebensbereichen verschaffen. Dafür sollten die partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld, wie vom Bericht empfohlen, weiter gestärkt werden und endlich „der Einstieg in den Ausstieg“ des Ehegattensplittings gewagt werden. Dieses setzt neben steuerfreien Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung enorme Anreize für eine asymmetrische innerfamiliäre Arbeitsteilung. Die Sachverständigenkommission hat hier gute Reformvorschläge vorgelegt, wie diese dicken Bretter nachhaltig angegangen werden können.

Wir teilen außerdem die Kritik am aktuellen System der monetären Familienförderung, dass das Ziel der Armutsbekämpfung von Kindern und Familien klar verfehlt. Die Vorschläge für eine gebündelte Leistung einer Kinderabsicherung unterstützen wir ausdrücklich! Aus Sicht des ZFF ist es an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Altenkamp ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern zunehmend unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein sinnvoller weiterer Schritt.“

Das Zukunftsforum Familie wird sich intensiv mit dem Bericht auseinandersetzen und zeitnah eine umfangreichere Einschätzung vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 05.03.2021

AKTUELLES

BAGSO-Ratgeber für pflegende Angehörige in aktualisierter Neuauflage erschienen

In Deutschland sind knapp vier Millionen Menschen pflegebedürftig und etwa drei Viertel von ihnen werden zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt. Viele pflegende Angehörige sehen sich enormen Anforderungen gegenüber. Was sind typische Herausforderungen in der häuslichen Pflege? Und wie kann ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen? Antworten gibt die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.

Der Ratgeber zeigt Möglichkeiten der Entlastung auf, gibt eine Übersicht über konkrete Unterstützungsangebote und ermutigt dazu, rechtzeitig Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Ein eigenes Kapitel ist hilfreichen Angeboten in Zeiten von Corona gewidmet.

Die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ liegt in 9., völlig aktualisierter Auflage als Druckversion und als Hörbuch vor. Die Publikation wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung erstellt. Die Neuausgabe wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Der Ratgeber kann kostenlos über die Website der BAGSO bestellt oder dort als barrierefreies pdf-Dokument heruntergeladen werden.

Zur Publikation

Das barrierefreie Hörbuch im DAISY-Format kann in der BAGSO-Geschäftsstelle per E-Mail bestellt werden:  bestellungen@bagso.de

  • Eltern haben während coronabedingter Kita- und Schulschließungen im Frühjahr und Sommer 2020 Großteil der Betreuung ihrer Kinder selbst übernommen
  • Anteil der Familien, in denen Frau die Kinderbetreuung (fast) vollständig übernimmt, hat sich von acht auf 16 Prozent in etwa verdoppelt
  • Insgesamt aber differenziertes Bild: So hat sich Anteil der Familien, in denen Sorgearbeit gleich aufgeteilt ist, in der Krise nicht signifikant verändert
  • Große Unterschiede in der Wahrnehmung: 24 Prozent der Mütter sagen, sie hätten im Lockdown Kinderbetreuung alleine gestemmt – unter den Vätern sagen dies nur fünf Prozent
  • Politik sollte finanzielle Anreize für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei Aufteilung von Sorgearbeit setzen

Im März 2020 wurden im Zuge der Corona-Pandemie zum ersten Mal Kitas und Schulen in ganz Deutschland geschlossen. Zwar konnten Kita-Kinder und SchülerInnen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 nach und nach wieder vor Ort betreut und beschult werden, eine Rückkehr zur Normalität gab es in den meisten Kitas und Schulen aber nicht – oder sie war nur von kurzer Dauer, bevor es zum zweiten Lockdown kam. Viele Eltern mit jungen Kindern müssen wegen dieser Einschränkungen – häufig neben ihrer Erwerbstätigkeit – die Betreuung und in Teilen auch die Bildung ihrer Kinder mehr oder weniger selbst gewährleisten. Eine Auswertung von DIW-ForscherInnen im Frühjahr 2020 hat gezeigt, dass in zwei Dritteln aller Familien mit Kindern bis zwölf Jahren der alleinerziehende Elternteil oder beide Elternteile erwerbstätig sind – das entspricht mehr als vier Millionen Haushalten.info Diese Familien sind in besonderer Weise von den Kita- und Schulschließungen betroffen. Vielfach können sie selbst auf die Betreuung durch die Großeltern als Notfalloption nicht zurückgreifen, um diese in der Pandemie keinem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen.info

Wie Eltern die wegfallende Bildung und Betreuung tatsächlich gewährleisten und wie sich die zusätzliche Sorgearbeit auf Mütter und Väter verteilt, ist ein in Politik, Medien und Wissenschaft viel diskutiertes Thema. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wurde einerseits die Befürchtung geäußert, dass Mütter die Hauptlast der zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen müssten und sie daher überdurchschnittlich stark von den Maßnahmen zum Infektionsschutz betroffen seien. In diesem Zusammenhang wurde häufig von einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen gesprochen.info Auf der anderen Seite wurde – auch von Seiten der Wissenschaft – auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dazu beitragen könnte, die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung und Hausarbeit zu steigern und damit mittelfristig einen Wandel der sozialen Normen herbeizuführen.info

Letztlich ist es eine empirische Frage, wie sich Eltern die zusätzlichen Aufgaben aufgeteilt haben. Dabei geht es neben Kinderbetreuung auch um Hausarbeit, die zum Beispiel Kochen, Putzen und andere Arbeiten umfasst, die nun in einem größeren Umfang anfallen, da die Kinder und viele Eltern mehr Zeit zu Hause verbringen.

Die vollständige Publikation finden Sie hier.

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen. Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen finden Sie hier.

Die Ergebnisse der AWO Online-Kampagne 2020 für gute Ganztagsangebote für Grundschulkinder ab 2025 sind dokumentiert.

Der AWO Bundesverband hat eine Online-Dokumentation zusammengestellt, in der alle Fachartikel, Pressemeldungen aber auch zusätzlich entstandene Interviews zum Thema der Online-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?!“ veröffentlicht sind. Die Leserin und der Leser erhalten einen guten Einblick in die Vielfalt und Qualität der Fragen, die für einen Rechtsanspruch auf eine gute Ganztagsbetreuung relevant sind. 

Am 23. Juli 2020 startete die sechswöchige, bundesweite AWO Online-Kampagne „Guter Ganztag. Ganz schnell? Ganz gut?!“ mit einer „Gemeinsamen Erklärung“ mit GEW, Diakonie und DRK. Mit dieser Aktion war die Absicht verbunden, bundesweit breite Fachkreise für das Thema „Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztags-betreuung“ zu sensibilisieren. 

Über sechs Wochen hinweg stellte die AWO gemeinsam mit vielen Kolleg*innen und Expert*innen aus Verbänden, Organisationen und Institutionen das Thema „Rechtsanspruch auf einen guten Ganztag“ in den Mittelpunkt der Kampagne. „Mit sieben (Video-)Statements, acht Pressemitteilungen, elf Blog-Artikeln und insgesamt 43 Beiträgen sowie beispielhaften Aktivitäten aus AWO Verbandsgliederungen können wir zum Schluss der Kampagne mit Stolz sagen: Die AWO bekennt sich zu einem guten Ganztag und kann dies auch benennen!“

Die Online-Dokumentation finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Die vollständige Gutachten finden Sie hier.

Das Netzwerk Evangelischer und Katholischer Eltern-Kind-Gruppen in Deutschland (NEKED) hat kürzlich die Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“ veröffentlicht. Anhand vieler praktischer Beispiele zeigt die Broschüre Wege auf, wie digitale Angebote für Eltern mit Kindern bis drei Jahren und digitale Elternabende konzipiert und umgesetzt werden können. Denn derzeit können Eltern und Kindern keine Angebote vor Ort gemacht werden, obwohl junge Familien doch gerade jetzt Beratung und Begleitung benötigen: Wen kann ich fragen? Mit wem kann ich mich austauschen? Wo erfahre ich Unterstützung? Die eaf als Teil des NEKED-Netzwerks möchte die Leiter/innen in der Eltern-Kind-Arbeit und die Familien ermutigen, neue Wege zu gehen und online-Formate zu nutzen.

„Vor einem Jahr schien es für viele noch unvorstellbar, eine Eltern-Kind-Gruppe online durchzuführen. Aber die Praxis in unseren vielen Familienbildungsstätten hat gezeigt: Es geht, und zwar sehr gut. Ich freue mich sehr, dass die Erfahrungen und das Fachwissen aus dem Netzwerk nun als Arbeitshilfe auch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann. Davon werden sicherlich viele Kursleiter/innen und mit ihnen viele Familien profitieren,“ so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Eltern-Kind-Gruppen als Herzstück der Familienbildung sind ein geeigneter Ort zur Stärkung der Elternkompetenzen und Eltern-Kind-Bindung. Sie bieten Begleitung, Bildung, Orientierung, Impulse zur religiösen Sozialisation und dienen der Entwicklungsförderung, sowie der Gesundheitsprävention. Die Eltern profitieren von dem Informations- und Erfahrungsaustausch, dem Gemeinschaftserlebnis und der Netzwerkbildung. Sie erfahren Entlastung und Selbstvergewisserung für den Familienalltag.

Download Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“

Viele Anregungen und praktische Beispiele stehen auch als Video auf dem YouTube-Kanal des Forums Familienbildung zur Verfügung.

In Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege werden erste Grundsteine für demokratische Bildung gelegt. „Kinderrechte, Demokratiebildung und Partizipation sollten daher fester Bestandteil des pädagogischen Alltags sein…“ – so der 16. Kinder- und Jugendbericht 2020 (BMFSFJ, S. 16).

Was bedeutet dies konkret? Wie sind diese Rechte entstanden und welche Bedeutung haben sie heute? Welche Verantwortung haben Träger und Einrichtungen gegenüber der Gesellschaft? Was hat das „Bild vom Kind“ mit Kinderrechten zu tun und welche Bedeutung hat die Beziehung zwischen Pädagog*innen und Kindern? Diesen und weiteren Fragen gehen die einzelnen Beiträge der zweisprachigen Broschüre aus unterschiedlichen Perspektiven nach – bis hin zu einem konkreten Beispiel zur Umsetzung in einer Berliner Kindertageseinrichtung.

Die Broschüre liegt zweisprachig vor und kann hier bestellt werden.

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ZFF-Info

ZFF-Info 01/2021

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Anlässlich der gestern im Kabinett beschlossene Ausweitung der Kinderkranktage begrüßt das ZFF die vorgesehene Regelung, weist jedoch darauf hin, dass diesbezüglich noch Unklarheiten bestehen, was viele Eltern zusätzlich belastet.

Für das Jahr 2021 soll das Kinderkrankgeld um 10 Tage pro Elternteil und 20 Tage für Alleinerziehende ausgeweitet werden. Die Höhe des Krankengeldes beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Der Anspruch soll unabhängig davon bestehen, ob Erwerbstätigkeit auch im Homeoffice geleistet werden kann oder die Schulen und Kitas geschlossen oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Die Regelung gilt für Kinder bis zum 12. Lebensjahr.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Das ZFF begrüßt den Beschluss der Bundesregierung, die Kinderkrankentage auszuweiten und somit einen individuellen Anspruch je Elternteil als Lohnfortzahlung zu gewähren, wenn Kinder während des Lockdowns zu Hause betreut werden müssen. Die Politik hat endlich verstanden, dass Homeoffice, Home-Schooling und die Betreuung von Kita-Kindern nicht miteinander vereinbar sind.

Ratlos lässt uns aber die Vorgehensweise der Bundesregierung zurück, wenn es um eine verlässliche und rechtzeitige Kommunikation der neuen Regelung geht. Es ist bald Mitte Januar und viele Eltern wissen noch nicht, wo und wie sie die Krankentage beantragen können. Auch fragen sich viele Eltern, was passiert, wenn die Krankentage aufgebraucht sind, Kinder aber im Herbst wirklich krank sind und die Pflege der Eltern benötigen.“

Britta Altenkamp fährt fort: „Darüber hinaus möchten wir zum wiederholten Male darauf hinweisen, dass uns bei den meisten Regelungen, die in der Corona-Pandemie in einem Hau-Ruck Verfahren verabschiedet wurden, die gleichstellungspolitische Wachsamkeit fehlt. Auch Kinderkrankentage werden bislang weit überwiegend von Müttern in Anspruch genommen. Die bisherigen Erfahrungen in dieser Krise zeigen, dass sich das auch jetzt nicht ändern wird. Eine Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich oder eine Familienarbeitszeit wären hier die richtigen Impulse, um die gleichberechtigte Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen.“

Das ZFF-Positionspapier Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 13.01.2021

Anlässlich der Verlängerung des Corona-Lockdowns fordert das ZFF einen klaren Fahrplan zur Unterstützung von Familien, der auch die längerfristige Absicherung über den Januar hinaus umfasst.

Vor dem Hintergrund des anhaltend hohen Infektionsgeschehen haben die Bundesregierung und die Bundesländer den seit Mitte Dezember bestehenden Lockdown bis Ende Januar verlängert und teilweise verschärft. Auch Kitas und Schulen sollen in diesem Zeitraum geschlossen sein oder je nach Landesregelung nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Es ist absolut richtig, die anhaltend hohen Infektionszahlen nachhaltig zu reduzieren. Angesichts der fortdauernden Schließung von Kitas und Schulen begrüßen wir die Entscheidung, zehn zusätzliche Kinderkranktage pro Elternteil bzw. 20 für Alleinerziehende zu gewähren. Diese sollen auch dann genutzt werden können, wenn Kinder pandemiebedingt zu Hause betreut werden. Wird diese Regelung klar kommuniziert und tatsächlich einfach zugänglich gemacht, kann sie Eltern in dieser Krise entlasten!“

Britta Altenkamp fährt fort: „Eine Notfallregelung, die zwar tageweise freistellt, jedoch mit Lohneibußen und über den eigentlich systemfremden Umweg der Krankenkassen, ist keine nachhaltige und verlässliche Unterstützung von Familien. Gleichzeitig fehlt gleichstellungspolitische Wachsamkeit, denn Kinderkrankentage werden bislang weit überwiegend von Müttern in Anspruch genommen und die bisherigen Erfahrungen in dieser Krise zeigen, dass sich das auch jetzt nicht ändern wird. Zentral gilt es daher, diese  Ungerechtigkeit zu bekämpfen, denn Mütter dürfen nicht weiter die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen. Eine Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich oder eine Familienarbeitszeit wären hier die richtigen Impulse, um die gleichberechtigte Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen.

Zudem müssen die Bedarfe von armen und von Armut bedrohten Familien endlich ernst genommen werden. Es braucht dringend Maßnahmen, die ihren Kindern ein Aufwachsen frei von Mangel und Entbehrung in der Krise und darüber hinaus ermöglicht. Dazu gehören ein Nachteilsausgleich im SGB II, XII und dem Asylbewerber-Leistungsgesetz, die sofortige Auszahlung des Betrages für Mittagessen, welches sonst im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes übernommen wird sowie die zusätzliche Unterstützung für die Anschaffung digitaler Endgeräte für Schüler*innen überall dort, wo der Digitalpakt Schule noch nicht greift.“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern!“ zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.01.2021

Anlässlich der weiterhin hohen Infektionszahlen positioniert sich das ZFF mit einem umfangreichen Forderungspapier zu den sozialen Folgen der Pandemie und schlägt politische Handlungsempfehlungen vor. Vor allem für Familien, Kinder und Jugendliche ist und bleibt die Pandemie ein enormer Kraftakt, der gegenüber wirtschaftlichen Interessen oft wenig Beachtung findet.

Trotz eines bundesweiten Teil-Lockdowns, verbunden mit Kontaktbeschränkungen, geschlossenen Restaurants und Kultureinrichtungen geht das Infektionsgeschehen nicht zurück und die Todesfälle aufgrund einer Corona-Infektion steigen rasant. Vor diesem Hintergrund rufen Wissenschaft und Politik dazu auf, einen harten Lockdown umzusetzen und neben den bereits getroffenen Maßnahmen auch die Schulen, Kitas und den Einzelhandel bis zum 10. Januar 2021 geschlossen zu halten.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Es ist richtig und wichtig, jetzt die Weichen für eine dringend notwendige Reduzierung der Infektionszahlen zu stellen. Gleichzeitig wird es für viele Familien schwierig sein, die verlängerten Schul- und Kitaferien so kurzfristig und ohne staatliche Hilfe abzufangen. Wenn tatsächlich ein harter Lockdown umgesetzt wird, muss dieser mit entsprechenden familienpolitischen Maßnahmen, wie zum Beispiel zusätzlichen Urlaubstagen für Eltern, flankiert werden. Denn viele Eltern haben ihren Urlaubsanspruch in diesem Jahr bereits aufgebraucht und wenn das nächste Jahr gleich mit Urlaub beginnt, so fehlen diese Tage bei der dringend benötigten Erholung nach dem Ende der Pandemie. Aber auch die Rechte und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach Bildung, Schutz und Freizeit müssen gehört werden. Es drohen ansonsten weitere Überforderungen und Benachteiligungen.“

Altenkamp fährt fort: „Aus Sicht des ZFF ist es zentral, auf die sozialen Begleiterscheinungen der Pandemie hinzuweisen. Das Corona-Virus muss bekämpft werden, aber gleichzeitig dürfen die strukturellen Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft nicht weiter wachsen: Mütter dürfen nicht weiter die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen, Kinder aus armen Familien dürfen nicht weiter abgehängt, die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung müssen endlich ernst genommen werden und auch Familien, die vor Krieg und Folter fliehen, haben ein Recht, sich in Sicherheit zu wissen. In unserem Positionspapier fassen wir unsere Überlegungen zur Krisenpolitik der letzten Monate zusammen und leiten daraus politische Forderungen für Kinder und Jugendliche, für Mütter und Väter, aber auch für pflegende Angehörige ab. Dabei sehen wir deutlich: Die Lücken im Hilfesystem und den Rettungsschirmen bleiben vielfach offen und müssen dringend geschlossen werden. Das gilt für Krisenzeiten, wie wir sie gerade erleben, aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft!“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.12.2020

Geld für die Betreuung auch bei der Empfehlung, die Kinder zu Hause zu betreuen

Das Kabinett hat am heutigen Dienstag eine Formulierungshilfe für die Ausweitung des Kinderkrankengelds beschlossen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Die Corona-Pandemie und die Verlängerung des Lockdowns stellen Eltern von Kita- und Schulkindern vor große Herausforderungen. Schulen und Kitas sind geschlossen oder setzen die Präsenzpflicht aus und Kitas bieten lediglich eine Notbetreuung an. Oder es gibt die dringende Empfehlung an die Eltern, ihre Kinder trotz geöffneter Kitas zuhause zu betreuen.

In dieser Situation lassen wir die Eltern nicht allein. In all diesen Fällen können Eltern für die Betreuung ihrer kleinen Kinder ab sofort Kinderkrankentage bei der GKV beantragen. Und zwar insgesamt 20 Tage pro Elternteil. Und das ganz unbürokratisch. Auch dann, wenn sie ihre Arbeit grundsätzlich auch im Homeoffice erledigen könnten. Damit schaffen wir eine echte Entlastung für die Eltern, die schon seit Monaten Enormes leisten.“

Marcus Weinberg: „Mit der Ausweitung der Kinderkrankentage setzen wir für Eltern, die ihre Kinder in diesen schwierigen Zeiten zu Hause betreuen, ein ganz wichtiges familienpolitisches Signal: Wir greifen den Eltern mit dem Kinderkrankengeld nicht nur finanziell unter die Arme, wir entlasten sie auch von der – fast nicht machbaren – Herausforderung, Homeoffice, Homeschooling und Betreuung von kleineren Kindern unter einen Hut bekommen zu müssen.

Die neue Kinderkrankengeldregelung sieht vor, dass jedes Elternteil pro Kind im Jahr 2021 insgesamt 20 Arbeitstage in Anspruch nehmen kann, wenn es sein Kind zu Hause betreut. Alleinerziehende können 40 Arbeitstage Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Eltern im Home-Office arbeiten könnten. Auch Überstunden und Urlaub müssen nicht vorrangig in Anspruch genommen werden. Kinderkrankengeld kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Kita zwar geöffnet ist, aber aus Gründen des Gesundheitsschutzes die dringende Empfehlung seitens der Ämter ausgesprochen wurde, die Kinder zuhause zu betreuen. Familien brauchen für die kommenden Wochen die Sicherheit, dass es eine klare und unbürokratische Unterstützung für ihre Familienarbeit gibt. Mögliche Unklarheiten haben wir jetzt beseitigt. Eine gute Lösung für und im Sinne unserer Familien.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 12.01.2021

Zum ersten Entwurf zur Ausweitung des Kinderkrankengeldes erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Der erste Entwurf zur Ausweitung des Kinderkrankengeldes enthält positive Neuerungen, bleibt aber insgesamt hinter den Erfordernissen zurück. Die Klarstellung, dass der Anspruch auch besteht, wenn Eltern im Homeoffice arbeiten, ist essentiell und somit zu begrüßen. Ebenso wichtig ist der Ausgleich aus dem Bundeshaushalt. An anderen Stellen bleibt der Vorschlag aber unzureichend.

Eltern müssen auch dann einen Anspruch erhalten, wenn keine Kita-Schließungen erfolgen, behördlich aber dazu geraten wird, die Kinder möglichst nicht hinzuschicken. Auch betrifft die Regelung Privatversicherte nicht, so dass diese nur auf die unzureichend ausgestaltete Elternentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bauen können. Nicht zuletzt ist der Zeitraum von 20 Tagen pro Elternteil recht knapp bemessen. Je nach Pandemieverlauf könnte schon recht bald eine Verlängerung der Regelung notwendig werden. Schon die jetzt zur Umsetzung stehende Regelung kommt reichlich spät: Noch im Dezember hatte die Koalition an der Elternentschädigung nach Infektionsschutzgesetz herumgebastelt und einen Sonderurlaub oder den Weg über das Kinderkrankengeld ausgeschlossen. Jetzt wird mi t heißer Nadel an letzterem gestrickt. Die Umsetzung sollte nun schnellstmöglich erfolgen, damit Eltern Rechts- und Planungssicherheit haben.

Unverständlich ist, dass die Koalition die Gruppe der Selbständigen außen vor lässt. Auch Selbständige in der gesetzlichen Krankenversicherung müssen vom ersten Tag an einen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben, wie wir es in unserem Antrag „Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren“ fordern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.01.2021

„Es ist richtig, dass die Präsenzpflicht weiterhin aufgehoben bleibt, auch wenn wir uns deutlich verbindlichere Beschlüsse gewünscht haben, wie mit Schulen in der Pandemie verfahren werden soll. Die Länder dürfen sich weiterhin von Woche zu Woche hangeln und ihre eigenen Wege gehen, obwohl Schulen, Eltern und fast alle Bildungsverbände nahezu einstimmig fordern, dass es eine Orientierung an einem inzidenzzahlenbasierten Stufenplan braucht, um Planungssicherheit zu gewinnen. Der Bund muss die jetzt gewonnene Zeit unbedingt dafür nutzen, diese Planungssicherheit wenigstens für den Rest des Schuljahres herzustellen“, kommentiert Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse des gestrigen Bund-Länder-Gesprächs zum Umgang mit der Pandemie an den Schulen. Bull-Bischoff weiter:

„Außerdem müssen Bund und Länder dafür sorgen, dass die digitale Ausstattung mit höchster Priorität vorangetrieben wird. Wir begrüßen, dass es einen höheren Druck auf Arbeitgeber gibt, Home-Office zu ermöglich. Dabei darf es allerdings nicht bleiben. Um Eltern zu unterstützen, die nun Home-Schooling und Home-Office vereinbaren müssen, fordern wir eine entsprechende Ausstattung des Home-Office durch die Arbeitgeber und eine vergütete Freistellung, so lang diese Ausstattung nicht erfolgt ist. Arbeitszeiten im Home-Office müssen für Eltern auf bis zu 50 Prozent bei voller Vergütung angepasst werden können. Weiterhin fordern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um für Eltern zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, bezahlten Urlaub zu nehmen.

Bereits im November forderte DIE LINKE außerdem in einem Antrag die bedarfsdeckende, niedrigschwellige und bürokratiearme Förderung bei der Anschaffung von FFP2-Masken, CO2-Messgeräten und geeigneten und sicheren mobilen Raumluftfiltersystemen, sowie von Plexiglas-Schutzwänden und Schutzkleidung für Förder- und inklusive Schulen. Weiterhin soll es schnelle, kostenfreie Testverfahren für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte geben. Die Mittel des DigitalPakt Schule müssen aufgestockt und verstetigt werden, um Schulen insbesondere mit quelloffenen, mindestens aber interoperablen datenschutzgeprüften Lehr- und Lernplattformen, OER-Material und Kommunikationssystemen auszustatten. Dazu braucht es einen geräteunabhängigen Bildungstarif mit unbegrenztem Volumen und ohne Beschränkung auf bestimmte Inhalte, um Netzneutralität und Datenschutz zu gewährleisten und Überwachungen zu verhindern. Der Zugang zum Netz muss kurzfristig insbesondere für Schüler aus armen Haushalten sichergestellt sein. Ergänzend fordert die Fraktion einen interdisziplinären Beirat für die Kultusministerkonferenz (KMK) und weitere Forschung zum Infektionsgeschehen an der Schule.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 20.01.2021

„Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch es ist wieder keine langfristige Lösung für Familien, und sie gilt wieder nicht für alle Eltern, sondern nur für gesetzlich Versicherte. Schon jetzt ist absehbar, dass die Tage nicht für das ganze Jahr reichen. Deswegen ist es an der Zeit, endlich zusätzlichen bezahlten Urlaubsanspruch zu schaffen und damit die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stärker in die Pflicht zu nehmen“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Werner weiter:

„Bis jetzt wurde die Krise zu großen Teilen auf dem Rücken von Familien und Kindern ausgetragen. Viel zu lange standen sie nicht ausreichend im Fokus der Bundesregierung, und viele Eltern gehen schon seit Monaten auf dem Zahnfleisch. Deswegen ist es auch eine Frage der Anerkennung und Würdigung, allen Familien langfristige Lösungen zu bieten, sie zu entlasten und Sorgen zu nehmen. Nach der Pandemie braucht es eine grundlegende Reform, um endlich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.01.2021

Eltern haben Anspruch auf Entschädigung, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Kitaferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in der Schule ausgesetzt wird. Einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages hat der Bundesrat am 18. Dezember 2020 zugestimmt. Die entsprechende Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes hatte der Bundestag kurzfristig an das Gesetz über eine Corona-Sonderzahlung für Besoldung-und Wehrsoldempfänger angefügt.

Voraussetzung: keine andere Betreuungsmöglichkeit

Die Regelung sieht eine Entschädigung vor, wenn Eltern ihre Kinder aufgrund verlängerter Schul- oder Betriebsferien, ausgesetztem Präsenzunterricht oder Hybridunterricht zuhause betreuen müssen. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind besteht. Anspruchsberechtigt sind Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die behindert und hilfebedürftig sind.

Entschädigung für insgesamt 20 Wochen

Die betroffenen Eltern haben Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls, maximal jedoch von 2.016 Euro monatlich. Der Anspruch gilt für insgesamt 20 Wochen: jeweils zehn Wochen für Mütter und zehn Wochen für Väter – beziehungsweise 20 Wochen für Alleinerziehende. Der Maximalzeitraum kann über mehrere Monate verteilt werden.

Wie es weitergeht

Die Bundesregierung leitet das Gesetz dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zu und verkündet den Text danach im Bundesgesetzblatt. Die Regelung soll dann mit Wirkung zum 16. Dezember 2020 in Kraft treten und damit bereits den begonnen Lockdown erfassen.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 18.12.2020

Für Schulen und Kitas in der Pandemie soll Planungssicherheit geschaffen werden. Das fordert die Fraktion die Linke in einem Antrag (19/25799). Dazu sollen unverzüglich in Zusammenarbeit mit den Ländern Räume und Betreuungspersonal für diejenigen Schülerinnen und Schüler sowie Kitakinder bereitgestellt werden, die zuhause nicht betreut werden können. Zudem soll ab einer Inzidenz von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern oder weniger der Stufenplan des Robert Koch-Instituts (RKI) für Schulen und Kitas verbindlich anerkannt und dauerhaft verpflichtend angewendet werden. Tests und Prüfungen sollen so lang ausgesetzt werden, bis Unterricht im Wechselmodell oder voller Präsenz unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen laut RKI wieder möglich ist. Dazu gehören nach Vorstellungen der Abgeordneten auch Abschlussprüfungen. Abschlussnoten sollen auf Basis bisher erbrachter Leistungen ermittelt werden. Ferner soll ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, um für Eltern zur Kinderbetreuung während der pandemiebedingten Schließung und des eingeschränkten Betriebs von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, der Aussetzung der Präsenzpflicht in der Schule beziehungsweise des eingeschränkten Zugangs, zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, bezahlten Urlaub zu nehmen. So sollen Arbeitgeber stärker in die Pflicht genommen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 64 vom 13.01.2021

Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag (19/25791), mit regional angepassten Pandemiemaßnahmen und mobilen Luftreinigungsgeräten das Schuljahr zu retten. Danach soll zusammen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) ein bundesweit einheitliches und transparentes Richtwerte-Spektrum über den einfachen Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen hinaus für die unterschiedlichen Unterrichtsszenarien vorgelegt werden. Dieses Richtwert-Spektrum soll den Schulen sowie lokalen Gesundheits- und Ordnungsämtern regional angepasstes Handeln erlauben und so Klarheit für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern schaffen. Ferner soll nach den Vorstellungen der Antragsteller passgenau in mobile Luftreinigungsgeräte für Klassenzimmer investiert werden und Schulen und Kitas sollen kostenlose Schnelltests und FFP2-Masken zur Verfügung gestellt werden. Bei dem Digitalpakt Schule solle zudem die gesamte Beantragungs-Bürokratie in Form eines Moratoriums ausgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 64 vom 13.01.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, Betriebe zur Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen zu verpflichten. In einem Antrag (19/25798) schreiben die Abgeordneten: „Entsprechend ist es kontraproduktiv, parallel zu den massiven Einschränkungen für einige, andere – höchstwahrscheinlich sehr infektionsrelevante – Bereiche nicht mit der gleichen Konsequenz zu beschränken. Das gilt insbesondere für Büroarbeit, wo es eine Vielzahl an Tätigkeiten gibt, die auch ohne unverhältnismäßige Nachteile im Homeoffice geleistet werden können.“

Sie fordern deshalb Änderungen im Arbeitsschutzgesetz, die Unternehmen während der pandemischen Notlage verpflichten, ihren Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen, soweit es die betrieblichen Anforderungen zulassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung soll mit Bußgeld geahndet werden. Ferner sieht der Antrag vor, Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen für Eltern betreuungsbedürftiger Kinder planbar zu regeln.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 60 vom 13.01.2021

Die durchschnittliche Erwerbs-Arbeitszeit von Frauen ist im Zuge der Corona-Krise stärker gesunken als die von Männern. Dadurch hat sich die Schere bei den geschlechtsspezifischen Erwerbs-Arbeitszeiten geöffnet: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten Frauen im Durchschnitt fünf Stunden pro Woche weniger als Männer in einem bezahlten Job. Im Herbst 2020 betrug die Differenz bei den tatsächlichen Arbeitszeiten sechs Stunden, damit war sie kaum kleiner als während des ersten Lockdowns im Frühjahr. Bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern lag die Differenz zwischen Männern und Frauen im Herbst bei elf Stunden pro Woche, vor der Krise waren es zehn und während des ersten Lockdowns im Frühjahr 12 Stunden (Details unten). Das ergeben neue Daten aus der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung vom November. Eine Ursache für den während der Krise gewachsenen Abstand dürfte sein, dass vor allem Frauen zusätzliche Sorgearbeit übernommen haben, etwa in Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen, und dafür im Beruf kürzertreten mussten. Dass sich die zusätzliche Lücke im Herbst nicht wieder geschlossen hat, könnte auch damit zusammenhängen dass im November erstaunlich wenige Erwerbstätige vorwiegend im Homeoffice gearbeitet haben: Zu Beginn des „Lockdowns Light“ Anfang des Monats taten das 14 Prozent, während der ersten großen Corona-Welle im April waren es 27 Prozent.

Durch den aktuell verschärften Lockdown Zwei dürfte der Rückstand der Frauen bei der bezahlten Arbeitszeit noch einmal wachsen, vermutet Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Denn durch die verlängerten Weihnachtsferien von Schulen und Kitas entsteht erneut erheblicher zusätzlicher Betreuungsbedarf. Hinzu kommt, dass mit dem Einzelhandel eine Branche mit vielen weiblichen Beschäftigten stark von Schließungen betroffen ist. Daher könnten jetzt mehr Frauen als Männer in Kurzarbeit wechseln. Diese sichert zwar zahlreiche Jobs, sie bringt Frauen aber oft noch empfindlichere finanzielle Einbußen als Männern, zeigen die neuen Daten ebenfalls: Von den männlichen Kurzarbeitenden erhielten im November 46 Prozent eine Aufstockung des gesetzlichen Kurzarbeitsgeldes (KUG). Unter den Frauen in Kurzarbeit waren es nur 36 Prozent (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Deutlich seltener als im Durchschnitt aller Befragter (41 Prozent) wird das KUG auch bei Beschäftigten ohne Tarifvertrag aufgestockt oder bei Menschen, die nicht in einer Gewerkschaft sind.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden im November mehr als 6100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dieselben Personen hatten bereits im April und im Juni Auskunft gegeben, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

65 Prozent mit Kindern empfinden familiäre Situation als belastend

„Während der Feiertage haben es viele Familien sicherlich leichter als Alleinstehende – Einsamkeit ist für sie in Zeiten des Lockdowns ein geringeres Problem. Aber generell bringt die Corona-Krise für Familien große Herausforderungen“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch, die auch Professorin für gesellschaftliche Transformation an der Universität Paderborn ist. „Das macht unsere Befragung deutlich: 65 Prozent der Befragten mit betreuungsbedürftigen Kindern im Haushalt empfinden ihre familiäre Situation als belastend. Bei den Alleinerziehenden sagen das sogar 71 Prozent. Unter den Befragten ohne Kinder sind es 48 Prozent.“ Zwar erleichtere die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerade in der Pandemie. „Aber beides im Alltag zu verbinden, ist oft anstrengend. Zudem zeigt die neue Befragungswelle, dass im November zunächst überraschend wenige Erwerbstätige überwiegend im Homeoffice waren – trotz vorangegangener Regierungs-Appelle an die Arbeitgeber“, sagt die Wissenschaftlerin.

Dabei übernehmen Frauen nach wie vor deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Im November gaben 66 Prozent der befragten erwerbstätigen Frauen mit Kind/Kindern, die in einer Partnerschaft lebten, an, den größeren Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Sieben Prozent sahen den Hauptpart bei ihrem Partner, 27 Prozent sprachen von einer Gleichverteilung der Sorgearbeit. Die befragten Männer sahen das mit Abweichungen ähnlich (siehe Grafik 2 in der pdf-Version). „Damit war die Ungleichverteilung bei der Kinderbetreuung wieder fast so groß wie vor Ausbruch der Pandemie“, sagt Kohlrausch.

Bei Erwerbstätigen mit Kindern liegt der wöchentliche Unterschied der Erwerbs-Arbeitszeiten jetzt bei elf Stunden

Nach wie vor schlägt die Krise auf die Erwerbs-Arbeitszeit von Männern und, noch etwas stärker, von Frauen durch: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten die befragten Männer im Durchschnitt rund 40 Stunden pro Woche im bezahlten Job, die Frauen rund 35 (siehe auch Grafik 3). Während des ersten Lockdowns im April erreichte die durchschnittliche tatsächliche Arbeitszeit bei beiden Geschlechtern mit 34 bzw. 28 Wochenstunden den Tiefpunkt, was sowohl auf weitverbreitete Kurzarbeit als auch auf hohen zusätzlichen Betreuungsbedarf bei geschlossenen Schulen und Kitas zurückzuführen ist. Seitdem ist die Arbeitszeit sowohl bei Männern als auch bei Frauen wieder deutlich gestiegen, doch auch im November (als nach der tatsächlichen Arbeitszeit von Oktober gefragt wurde) hinkten die weiblichen Erwerbstätigen bei der Normalisierung weiterhin etwas hinterher: Bei Frauen betrug die durchschnittliche Arbeitszeit rund 32 Stunden in der Woche, bei Männern 38 Stunden.

Deutlich größer sind die Abstände bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern: Vor der Krise arbeiteten hier die Männer im Schnitt 41 Stunden pro Woche, die Frauen wegen weitverbreiteter Teilzeit durchschnittlich 31 Stunden. Im April waren die tatsächlichen Erwerbs-Arbeitszeiten auf 36 bzw. 24 Stunden pro Woche gesunken und die geschlechtsspezifische Differenz parallel von zehn auf 12 Stunden angewachsen. Im Oktober waren die Männer 39 Stunden wöchentlich mit Erwerbsarbeit beschäftigt, die Frauen 28 Stunden, die Differenz betrug somit noch 11 Stunden. „Der zusätzliche durchschnittliche Rückstand der Frauen von einer Stunde in den vergleichsweise ruhigen Herbstmonaten ist erheblich“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. „Darin dürfte sich einerseits spiegeln, dass trotz generell geöffneter Schulen und Kitas wegen lokaler Corona-Ausbrüche individuell immer wieder Betreuungsbedarf entstanden sein wird. Andererseits könnte ein Teil der Frauen, die ihre Arbeitszeit im Lockdown deutlich reduzieren mussten, Schwierigkeiten haben, zu ihrer alten Arbeitszeit zurückkehren zu können. Es besteht die Gefahr, dass manche Arbeitgeber sagen: Einmal reduziert, immer reduziert.“      

Von Kurzarbeit waren Frauen und Männer im November in fast identischem Umfang betroffen: Unter den befragten männlichen Erwerbstätigen arbeiteten sieben Prozent kurz, bei den weiblichen acht Prozent. Spürbare Unterschiede gab es hingegen bei den finanziellen Folgen der Kurzarbeit. Denn zum einen verzeichnen erwerbstätige Frauen im Schnitt niedrigere Einkommen. Zum anderen erhielten die befragten Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes über das gesetzlich vorgesehene Niveau hinaus: Während davon im November 46 Prozent der kurzarbeitenden Männer profitierten, waren es unter den Kurzarbeiterinnen lediglich 36 Prozent.

Ein möglicher Grund dafür ist nach Kohlrauschs Analyse, dass Frauen seltener nach Tarifvertrag bezahlt werden, was bei der faktischen Höhe des Kurzarbeitsgeldes einen erheblichen Unterschied macht. Denn in zahlreichen Branchen wurden tarifliche Regelungen zu Aufstockungen abgeschlossen. Dementsprechend erhielten von den Befragten in tarifgebundenen Betrieben im November 52 Prozent eine Aufstockung, in Betrieben ohne Tarifvertrag waren es nur 27 Prozent. Auch eine zweite Korrelation falle ins Auge, so Kohlrausch: Von den Gewerkschaftsmitgliedern im Befragungspanel erhielten 65 Prozent ein aufgestocktes Kurzarbeitsgeld, unter den Nicht-Mitgliedern lediglich 34 Prozent. Und weibliche Erwerbstätige sind nach wie vor seltener organisiert als männliche.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.12.2020

Mit dem Beschluss der Bundeskanzlerin und den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden die aktuell gültigen Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung bis zum 14. Februar fortgesetzt und verschärft. Aus Sicht der Diakonie Deutschland ist dies angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen sinnvoll. Eine gemeinsame Linie aller Bundesländer, die sich an den jeweiligen Infektionszahlen vor Ort orientiert, ist jedoch nach wie vor nicht in Sicht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Viele Eltern bringen ihre Kinder nach wie vor in die Kita, weil sie keine Alternative haben.

Um die Infektionszahlen zu senken und auch Mitarbeitende und Familien keinen Risiken auszusetzen, sind weitere Einschränkungen beschlossen worden. Das ist notwendig, darf aber Familien und Fachkräfte nicht immer stärker belasten. Sie sind bereits am Limit. Kindertagesbetreuung, Kindeswohl und Kinderschutz sind – unter Einhaltung der Hygienebedingungen – weiterhin unbedingt im Blick zu behalten und Notbetreuung aufrecht zu erhalten.

Wenn die Kindertagesbetreuung weiter eingeschränkt wird und in Notbetreuung ist, müssen Familien in dieser schwierigen Situation besser unterstützt werden. Hier sind gerade Arbeitgeber gefordert, Entgegenkommen zu zeigen. Es müssen schon jetzt Strategien entwickelt werden, damit Bildungsbenachteiligungen bei Kindern und Jugendlichen ausgeglichen und kompensiert werden können. Wenn Familien eine Perspektive sehen, kommen sie besser durch den harten Lockdown-Winter.“

Die Diakonie hatte mehrfach einen kohärenten Corona-Fahrplan für Kitas gefordert, der den Familien und den Einrichtungen eine klare Perspektive eröffnet. Neben Notbetreuung muss es eine flexible und unbürokratische Unterstützung der Eltern geben. Auch müssen Kitas zwingend darin unterstützt werden, die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen auch tatsächlich umsetzen zu können – zum Beispiel durch konstant kleinere Gruppen und ausreichendes Hygienematerial und Lüftungssysteme.

Weitere Informationen: www.diakonie.de/kinderbetreuung

Nachgefragt: https://www.diakonie.de/journal/nachgefragt-kinderbetreuung-muss-pandemiefest-sein-familien-und-fachkraefte-brauchen-unterstuetzung

https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.01.2021

Zusätzliche Kinderkrankentage für die Kinderbetreuung zu Hause während des Lockdowns: Dafür hat die Bundesregierung gestern eine gesetzliche Regelung auf den Weg gebracht. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt die neu geschaffene Möglichkeit für alle Eltern, die Betreuungsengpässe überbrücken müssen.

„Nun kommt es aber darauf an, den Eltern so schnell wie möglich ein unkompliziertes Antragsverfahren zur Verfügung zu stellen und breit darüber zu informieren“, betont Bernd Heimberg, Vizepräsident der eaf. „Wo bekommen Eltern das entsprechende Antragsformular her, was muss dort eingetragen werden und wo müssen sie es hinsenden? Welche Bescheinigungen werden benötigt? All diese Informationen sollten über eingespielte Kommunikationswege aktiv an alle Eltern verteilt werden, zum Beispiel über die Schulen und Kitas oder Kinderarztpraxen und Bürgerämter. Nur so wird die neue Leistung dort ankommen, wo sie dringend benötigt wird: bei den Familien. Denn die sind oftmals bereits deutlich an ihrer Belastungsgrenze, weil die Eltern Kinderbetreuung und Job unter einen Hut bringen müssen, während Kitas und Schulen geschlossen sind. Deshalb ist es auch gut, dass der Anspruch auch rückwirkend ab dem 5. Januar geltend gemacht werden kann.“

Das Kinderkrankengeld kann auch von Eltern in Anspruch genommen werden, die derzeit im Homeoffice tätig sind. Diese Klarstellung ist aus Sicht der eaf besonders wichtig. Denn die Regelungen im Infektionsschutzgesetz hatten es Eltern im Homeoffice in den meisten Fällen unmöglich gemacht, Entschädigungszahlungen in Anspruch zu nehmen, obwohl Berufstätigkeit im Homeoffice eine gleichzeitige Betreuung kleinerer Kinder in der Regel ausschließt. Zudem hatte das komplizierte Antragsverfahren über die Arbeitgeber dazu geführt, dass nur sehr wenige Anträge überhaupt gestellt und noch weniger bewilligt worden sind.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 13.01.2021

Um den Anstieg der Infektionszahlen während der Corona-Pandemie zu senken, haben Bund und Länder eine erneute Schließung von Schulen und Kindertagesstätten bis mindestens 10. Januar 2021 beschlossen. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt, dass die Bedürfnisse von Familien mit Kindern in den Beratungen stärker berücksichtigt worden sind als noch im Frühjahr und dass die Öffnung der Einrichtungen im Falle der Lockerungen Priorität erhalten soll. Dennoch steht den Familien erneut eine harte Zeit bevor, in der viele Eltern Berufstätigkeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen.

Dies gilt gerade auch angesichts der aktuell unklaren Regelungen für die Inanspruchnahme von Notbetreuung in einigen Bundesländern. „Der eindringliche Appell, ihre Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen, delegiert eine schwierige Abwägung allein an die Eltern, welche sich dann sowohl gegenüber ihren Arbeitgeber/innen als auch gegenüber der Betreuungseinrichtung erklären und rechtfertigen müssen. Das erhöht den Druck auf Mütter und Väter, die im Lockdown bereits besonders hart gefordert sind.“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

In den vergangenen Monaten sei es nur unzureichend gelungen, die Regelungen für Eltern zu präzisieren und temporäre Arbeitszeitreduzierungen zu ermöglichen. Bereits am 30. April 2020 habe die eaf in ihrem Positionspapier „Coronavirus und Kindeswohl“ darauf aufmerksam gemacht, dass Homeoffice und die Betreuung von jüngeren Kindern nicht problemlos miteinander vereinbar sind. Weder effektives Arbeiten noch zugewandte Kinderbetreuung seien in dieser Kombination richtig möglich. Auch im Zuge der kürzlich erfolgten Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes habe der Gesetzgeber es versäumt, diese wichtige Klarstellung einzuarbeiten. Bujard stellt fest: „Und so sind Millionen Mütter und Väter erneut darauf angewiesen, dass Arbeitergeber/innen ihnen entgegenkommen oder sie auf Kosten von Schlaf und ihrer Gesundheit die Betreuung der Kinder und Erwerbsarbeit in vollem Umfang leisten. Eine Reduzierung der Arbeitszeit mit finanzieller Kompensation wäre für Eltern hilfreich. Allerdings stehen auch die Arbeitgeber/innen in der Verantwortung: Vorgesetzte müssen Mütter und Väter in der Lockdownphase unbürokratisch und großzügig bei der Vereinbarkeit unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 16.12.2020

„Im Rahmen der Corona-Maßnahmen muss die Bundesregierung die Wirtschaft stärker in die Verantwortung nehmen“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin angesichts des morgigen Treffens der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs zum Umgang mit der Corona-Lage. „Die Maßnahmen der Bundesregierung und der Länder zur Bekämpfung der Corona-Pandemie haben eine besorgniserregen-de sozial- und familienpolitische Unwucht. Das muss dringend korrigiert werden“, erklärte Hoffmann. Er zeigt sich alarmiert: „Die sich abzeichnenden Verschärfungen und Verlängerungen des Lockdowns bei geschlossenen Kitas und Schulen ohne gleichzeitige Entlastungsmaßnahmen beanspruchen Familien weit über die Grenzen der Belastbarkeit. Der aktuelle politische Corona-Kurs nimmt den Verschleiß von Familien billigend in Kauf. Das ist umso erstaunlicher, als Familien laut Grundgesetz unter dem besonderen Schutz des Staates stehen. Diesem Verfassungsanspruch werden die Corona-Maßnahmen seit nun bald einem Jahr kaum gerecht, weil sie mit der Lebenswirklichkeit von Familien nicht vereinbar sind. Das zeigt sich vor allem in den enormen Mehrfachbelastungen von Eltern zwischen Homeoffice, Hausunterricht, Erziehungs- und Sorgearbeit sowie den weitreichenden Einschränkungen für Kinder und Jugendliche bei Bildung und sozialen Beziehungen.“ Hoffmann fordert abermals die rasche Einberufung eines hochrangig besetzen nationalen Familiengipfels für grundlegende familienpolitische Weichenstellungen auf dem Weg durch die Krise: „Entscheidungsgremien zur Corona-Pandemie müssen endlich mit ebenso vielen Familienexperten wie Virologen besetzt werden. Hinzu kommt: Die Corona-Maßnahmen müssen einen fairen Lastenausgleich zwischen Familien und der Wirtschaft ermöglichen. Es ist abwegig, Schulen und Kitas über Wochen und Monate zu schließen, während die Wirtschaft weiter hochtourig läuft und der Appell des Bundespräsidenten, Homeoffice zu ermöglichen, vielerorts ungenutzt bleibt. Ein menschenfreundlicher Infektionsschutz sieht anders aus.“

Hoffmann bekräftigte, dass eine Politik der Einschränkungen und des Verzichts notwendig ist, um die Folgen der Corona-Pandemie mit möglichst wenig Leid und überschaubaren Folgen zu bewältigen: „Die Corona-Politik muss gesellschaftlich aus-gewogen sein und die unter besonderem Schutz und Belastungen stehenden Gruppen wie Familien wirkungsvoll unterstützen, gerade auch mit Blick auf ihre tagtäglichen Belastungen.

Die Corona-Politik stellt ihre weitreichenden Einschränkungen fast ausschließlich auf den privaten Lebensbereich der Menschen ab, ohne die Wirtschaft nennenswert in die Verantwortung zu nehmen. Das ist weder solidarisch, sozial ausgewogen noch nachvollziehbar“, sagte Hoffmann weiter. „Die Wirtschaft sitzt auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie mit im Boot. Es dürfen aber nicht nur die Eltern sein, die rudern. Die Wirtschaft stärker in die Verantwortung zu nehmen, zum Beispiel durch mehr Verbindlichkeit beim Homeoffice und Sonderurlaub für Eltern, würde nicht nur die Effektivität der Corona-Maßnahmen erhöhen, sondern auch Eltern bei ihren immensen Anforderungen wirkungsvoll entlasten, nicht zuletzt auch durch Schulen und Kitas, die wieder geöffnet werden könnten.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 18.01.2021

Der Familienbund der Katholiken fordert zu Beginn des zweiten harten Lockdown in diesem Jahr eine deutlich stärkere Unterstützung von Familien. „Die bisherigen familienfördernden Maßnahmen in der Pandemie sind unzureichend, gerade auch dann, wenn – was absehbar ist – die aktuellen Schul- und Kitaschließungen über die Weihnachtsferienzeit hinausgehen werden“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. Konkret fordert der Verband vor allem die Einführung einer Corona-Elternzeit und eines Corona-Elterngeldes. „Um die Parallelisierung von Homeoffice, Homeschooling und Homework auf dem Rücken der Familien muss eine Corona-Elternzeit und ein daran gekoppeltes Corona-Elterngeld eingeführt werden“, sagte Hoffmann weiter. „Mütter und Väter mit Kindern bis zu 14 Jahren müssen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht haben, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“ Die immensen Mehrfachbelastungen, die Familien im ersten Lockdown zu bewältigen hatten, dürften sich nicht wiederholen. „Homeoffice ist kein Betreuungsmodell und kein Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas.“ Hoffmann stellte klar: „Zur Entlastung von Familien müssen auch die Arbeitgeber durch angemessene Betreuungsregelungen für Eltern maßgeblich beitragen.“ Familienfreundliche Anpassungen mahnte Hoffmann auch beim Kurzarbeitergeld für Eltern an: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren.“

Die Forderungen sind Teil eines Zehn-Punkte-Plans für Familien in der Corona-Krise, die der Familienbund vorgelegt hat. Der Verband fordert außerdem die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern auf, endlich Leitlinien für mehr Geld und Personal an Schulen und Kitas zu formulieren. „Sie sind seit Monaten ebenso überfällig wie eine grundlegende und einheitliche Digitalisierung von Schulen, um den Schulbetrieb auch in Phasen von möglichen Schulschließungen aufrecht erhalten zu können. Dafür braucht es auch kreative und lebensnahe Konzepte“, heißt es in dem Papier des Familienbundes der Katholiken. Hoffmann betonte: „Bei allem, war jetzt in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt, muss Familie menschlich lebbar bleiben. Dazu gehört vor allem auch, dass das Homeoffice bei den jetzt neuerlichen Schul- und Kitaschließungen durch eine
finanziell unterstützte Corona-Elternzeit ersetzt wird – und zwar nicht nur jetzt, sondern auch mit einer mittelfristigen Strategie. Denn Einschränkungen im Schul- und Kitabetrieb, womöglich auch mit weiteren Schließungen, werden mindestens bis zum nächsten Sommer wie ein Damoklesschwert weiter über den Familien schweben. Darauf muss die Bundesregierung familienfreundliche Antworten haben, die über das Hier und Jetzt hinausgehen.“ 

Corona-Elternzeit und -Elterngeld statt Homeoffice

Nach den Plänen des Familienbundes der Katholiken sollten alle Familien, die in der Corona-Krise von der Elternzeit Gebrauch machen, automatisch den Anspruch auf das Corona-Elterngeld haben. „Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern und dadurch Gehaltseinbußen erleiden, müssen finanziell unterstützt werden“, so Hoffmann weiter. Das Corona-Elterngeld berechnet sich als Lohnersatzleistung prozentual aus dem bisherigen Einkommen der Eltern, sollte aber mindestens 300 Euro betragen. Anders als der von der Koalition beschlossene „Kinderbonus“ wird das Corona-Elterngeld nicht mit dem Kinderfreibetrag verrechnet. „Eine solche Leistung trägt dazu bei“, so Hoffmann, „die besonderen familialen Belastungen aller Familien während der pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen zu kompensieren – kontinuierlich, familiengerecht und angemessen. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren.“

„Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“

Grundlegende Korrekturen fordert der Familienbund auch beim Kurzarbeitergeld, um es an die „Lebenswirklichkeit von Familien anzupassen“: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“, sagte Hoffmann. „Eltern mit mehreren Kindern sind auch mit höheren Ausgaben aufgrund der Lebensmittelversorgung oder auch der Größe des benötigten Wohnraumes konfrontiert. Das Kurzarbeitergeld muss der ökonomischen Lebenswirklichkeit von Familien gerecht werden und muss deshalb dringend angepasst werden. Das Kurzarbeitergeld für Eltern muss mindestens eine Höhe von 80 Prozent des Gehalts haben, nach der Kinderzahl gestaffelt sein und ab dem dritten Kind das bisherige Einkommen komplett ersetzen.“

Bei allem Verständnis für eine entschlossene Bekämpfung der Pandemie, um Leiden zu vermeiden, betonte Hoffmann, dass die „Verlässlichkeit für Familien bei der Kinderbetreuung, der frühkindlichen und schulischen Bildung auch in Zeiten einer Pandemie unerlässlich“ sei, sagte er. „Wenn sich die Politik dazu entschließt, Schulen und Kitas wieder zu schließen, müssen sie die ersten Institutionen sein, mit denen Deutschland im nächsten Jahr wieder aus dem zweiten harten Lockdown aufgetaut wird.“ Er erinnerte daran, dass Schulen und Kitas trotz aller Corona-Fälle in Deutschland keine Hotspots des Infektionsgeschehens gewesen seien. Lernen ließe sich, so Hoffmann, auch von unserem großen westlichen Nachbarn: „Frankreich war es ein nationales Anliegen, in seinen härtesten Lockdowns Schulen und Kitas geöffnet zu halten – und auch so die Fallzahlen deutlich zu senken.“ 

Das Zehn-Punkte-Papier des Familienbundes der Katholiken zu Familien und Corona finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 17.12.2020

Der VAMV begrüßt, dass sich das Bundeskabinett gestern auf zusätzliche Kinderkrankentage für Eltern geeinigt hat, wenn Kinder wegen geschlossener oder nur eingeschränkt geöffneter Kitas und Schulen zu Hause betreut werden müssen. Die geplante Neuregelung sollte jedoch auch nicht gesetzlich Versicherte erfassen, wie insbesondere Selbstständige, und flexible Teilzeitmodelle ermöglichen.

Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. sagt dazu:

„Die Ankündigung der Bundesregierung lässt Alleinerziehende hoffen. Einelternfamilien mit kleinen Einkommen würden über das ausgeweitete Kinderkrankengeld deutlich mehr Lohnausgleich erhalten, unabhängig davon, ob ihre Tätigkeit Homeoffice zulässt. Damit erkennt die Bundesregierung endlich an, dass Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling gleichzeitig nicht möglich sind. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum diese Verbesserungen nur für gesetzlich versicherte Eltern gelten sollen. Gerade kleine Selbstständige drohen dann auf der Strecke zu bleiben. Ihnen bleiben nur die Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, die einen deutlich niedrigeren Einkommensausgleich vorsehen und bei denen der Vorrang von Homeoffice extra geprüft wird.“

Weiterhin fordert Jaspers konkrete Nachbesserungen bei den Voraussetzungen für den Anspruch:

„Staatliche Unterstützung im Lockdown muss sich an der Lebensrealität von Familien orientieren. Viele Alleinerziehende wünschen sich flexible Regelungen, die es ihnen ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und dafür einen anteiligen Einkommensausgleich zu bekommen. Auch sollte die Altersgrenze für die zu betreuenden Kinder von 12 auf 14 Jahre erhöht werden. Denn auch bei älteren Kindern stellt das Homeschooling zusätzliche Anforderungen an die Eltern und auch 12-Jährige können noch nicht allein zu Hause bleiben. Für den Fall, dass der Lockdown länger dauert als jetzt gedacht, werden Eltern weitere Kinderkrankentage brauchen. Hier ist es wichtig, bereits jetzt vorzusorgen, um Eltern Planbarkeit und Verlässlichkeit zu geben.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 13.01.2021

Anlässlich der Einigung von Bund und Ländern über eine Verlängerung des Lockdowns erklärt die Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), Daniela Jaspers:

„Alleinerziehende haben besonders schwer an der Corona-Krise zu tragen. Denn diese hat die Existenzsorgen vieler Alleinerziehender und die alltäglichen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter potenziert. Ohne Kinderbetreuung können sie nicht ihr Geld verdienen, ohne Einkommen nicht ihre Kinder versorgen. Wegen der Kontaktbeschränkungen bricht das soziale und familiäre Netzwerk weg, das sonst helfen kann, die Quadratur des Kreises zu schaffen. Familien und insbesondere Einelternfamilien dürfen in der Krise nicht allein gelassen werden, sondern brauchen Unterstützung.

Bleiben die Schulen und Kitas nun geschlossen ist es wichtig, dass die Notbetreuungen für die Kinder von Alleinerziehenden in allen Bundesländern geöffnet sind. Bisherige Appelle Kinder zu Hause zu betreuen, interpretationswürdige Regelungen oder auch das Homeoffice haben die Alleinerziehenden-Zwickmühle von Zeit und Geld nicht gelöst.

Gleichzeitig ist eine finanzielle Abfederung notwendig, denn eine Notbetreuung löst nicht alle Vereinbarkeitsprobleme und der Sparstrumpf ist allzu oft leer. Den Beschluss, das Kinderkrankengeld auszuweiten und zu öffnen für Eltern, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen, begrüßen wir. Wichtig wird sein, diesen Beschluss schnell in trockene Tücher zu bringen und eine unbürokratische und lebenspraktische Umsetzung zu finden. Auch für den Fall, dass der Lockdown über den Januar hinaus notwendig ist, müssen die politischen Akteure bereits vorsorgen.

Den Beschluss des Berliner Senats, bei den verschärften Kontaktbeschränkungen eine Ausnahme für die Kinder von Alleinerziehenden einzuführen, begrüßen wir: Alleinerziehende können kleine Kinder nicht einfach alleine zu Hause lassen. Die Berliner Regelung ermöglicht ihnen, etwa mit einer anderen Alleinerziehenden Kontakt zu pflegen und sich im Alltag zu unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 07.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25252), durch eine Sonderzahlung für die Ärmsten soziale Härten in der Pandemie zu vermeiden. Zur Begründung schreibt die Fraktion, Menschen mit wenig Geld wie Hartz-IV-Bezieher, Geringverdiener oder Alleinerziehende seien am stärksten von Einkommensrückgängen beziehungsweise coronabedingten Mehrausgaben betroffen, denn Leiharbeiter, Minijobber und anderweitig prekär Beschäftigte würden am häufigsten entlassen.

Die Bundesregierung soll deshalb unter anderem für das Arbeitslosengeld II und alle weiteren Leistungen, die das Existenzminimum absichern sollen, rückwirkend ab dem 1. März 2020 einen deutlichen Corona-Zuschlag von 100 einführen. Das Kurzarbeitergeld soll einheitlich auf 90 Prozent des Nettoentgelts erhöht werden. Die Kinder- und Jugendarbeit müsse so ausgestattet werden, dass sie auch in Krisenzeiten mit ihren Angeboten erreichbar bleibt. Kündigungen von Mietverträgen aufgrund von pandemiebedingten Mietschulden sollen untersagt werden, verlangt Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1398 vom 16.12.2020

Gestern haben Bund und Länder unter anderem die Maskenpflicht verschärft. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt den Schritt. Allerdings müsse die Maßnahme sozial gerecht gestaltet und niedrigschwelliger Zugang für besonders vulnerable Menschen garantiert werden. Armut dürfe für die Betroffenen nicht zu weiteren Abstrichen beim Gesundheitsschutz sowie beim Zugang zu wichtigen Versorgungsstrukturen führen.

„In der Grundsicherung stehen umgerechnet 17,02 Euro für den Bereich der Gesundheitspflege zur Verfügung. Das ist nicht mal ein Euro pro Tag, und davon müssen die Betroffenen auch andere für ihre Gesundheit notwendigen Ausgaben finanzieren. Wie viele Masken können sie sich da leisten, zumal nach der Verordnung die Preise sicher steigen werden?“, kritisiert Jens M. Schubert, Bundesvorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, „Deshalb muss es für sie schnell mindestens kostenlose Masken geben. Die Grundsicherung war schon vor den pandemiebedingten Mehrkosten viel zu gering. Jetzt zeigt sich: Sie ist im wahrsten Sinne lebensbedrohlich knapp bemessen. Das muss sich ändern, und zwar dauerhaft.“

Der Verband fordert Unterstützung aber auch für Menschen, die nicht auf Grundsicherung angewiesen, aber dennoch von Armut betroffen sind. Dazu zählten z.B. Beziehende anderer Sozialleistungen. Es sei erwiesen, dass von Armut betroffene Menschen während der Pandemie einem höheren Risiko ausgesetzt seien. „Wer benutzt denn die öffentlichen Verkehrsmittel? Es sind vielfach Menschen in gering bezahlten Berufen, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen. Viele können sich nicht im Homeoffice schützen oder mal eben Masken auf Vorrat kaufen“, so Schubert. Er fordert: „Damit diese Menschen die Möglichkeit zur Anschaffung von medizinischen Masken haben, sollte eine sinnvolle Übergangsfrist geschaffen werden – auch um Engpässe zu vermeiden. Es muss verhindert werden, dass durch die Maskenpflicht soziale und gesundheitliche Benachteiligungen entstehen. Der Zugang zu Schutz darf nicht vom eigenen Portemonnaie abhängen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Bedürftige Kinder und deren Familien brauchen einen direkten finanziellen Ausgleich, wenn das kostenlose Mittagessen in der Schule ausfällt. Dafür plädiert die Diakonie Deutschland angesichts des aktuellen Lockdowns und der geschlossenen Schulen sowie bei Quarantäne oder Unterricht im Wechselmodell. Der im Bildungs- und Teilhabepaket vorgesehene Betrag für das Schulessen muss leistungsberechtigten Kindern in der Grundsicherung (Hartz IV), beim Kinderzuschlag und im Wohngeld auch weiterhin zur Verfügung stehen, und das möglichst unbürokratisch.

„Kinder, die in Armut leben, müssen auch dann zu Mittag essen, wenn sie im Lockdown nicht in der Schule sind und zuhause lernen“, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass bei einem Corona-bedingten Ausfall des Präsenzunterrichts die Familien nicht das Essensgeld bekommen, sondern das Essen an die Kinder nach Hause geliefert wird. „Diese Regelung geht völlig an der Realität vorbei und klappt überhaupt nicht“, sagt Loheide. „Kein Schul-Caterer beliefert Kinder einzeln zu Hause. Das Schulessen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erreicht viele bedürftige Kinder nicht mehr, obwohl diese auch zuhause eine warme Mahlzeit dringend bräuchten.“

Statt dieses Problem vernünftig zu lösen, bleibe die Bundesregierung Antworten schuldig, kritisiert Loheide. In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP vom November werde lediglich festgestellt, der Bundesregierung lägen dazu keine Informationen vor, weil das Bildungs- und Teilhabepaket Ländersache sei.

Zudem ging bereits während des Lockdowns im Frühjahr die Zahl der Bewilligungen für Schulessen massiv zurück: Von März bis Mai 2020 nahm die Zahl der Anspruchsberechtigten auf ein schulisches Mittagessen mit mehr als 70.000 Kindern um etwa 17 Prozent ab. „Scheinbar wurden in mehreren Bundesländern die Anträge für kostenloses Mittagessen von Schülerinnen und Schülern angesichts der temporären Schulschließungen nicht mehr bearbeitet. Damit wurde den Kindern und Jugendlichen ihr Anspruch auf das kostenlose Schulmittagessen vorenthalten und kein Ersatz ermöglicht“, sagt Loheide. Der jetzige Lockdown dürfte erneut zu einem deutlichen Rückgang führen. „Es kann nicht sein, dass die Mittel für das Mittagessen auf Kosten bedürftiger Kinder eingespart werden. Die Mittagessenversorgung für Kinder muss auch unter Corona-Bedingungen finanziert und ermöglicht werden“, so Loheide.

Weitere Informationen:

Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/237/1923746.pdf

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 04.01.2021

Angesichts der geplanten Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns fordert der Paritätische Gesamtverband Sofortmaßnahmen des Bundes zur Unterstützung einkommensarmer Familien. Konkret fordert der Paritätische ein Sofortprogramm zur Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten durch eine sofortige Erhöhung von Grundsicherungsleistungen um 100 Euro monatlich, die Finanzierung von schulisch notwendigen Notebooks durch die Jobcenter und eine Neuauflage des bereits letzten Juni ausgelaufenen Moratoriums bei Mietschulden.

„Die Bundesregierung hat es in den vergangenen Monaten versäumt, dafür zu sorgen, dass einkommensarme Haushalte in der Krise nicht noch weiter abgehängt werden“, kritisierte der Hautgeschäftsführer des Paritätischen, Ulrich Schneider. „Bei all den Milliarden, die bisher zur Bewältigung der Corona-Krise ausgegeben wurden, findet sich kaum ein Cent für Menschen in Hartz IV oder Altersgrundsicherung. Wir dürfen die Ärmsten nicht länger mit gestiegenen Ausgaben für Schutzmaßnahmen und weggefallenen Hilfsangeboten aufgrund von Einrichtungsschließungen alleine lassen. Es ist vordringliche Aufgabe der Politik, in dieser Pandemie die Gesellschaft zusammenzuhalten“, appellierte Schneider.

Da die Ausstattung von Kindern aus einkommensarmen Familien mit Notebooks und anderen digitalen Lernmitteln noch immer nicht gesichert sei, müssten entsprechende Ausgaben für alle Bezugsberechtigten von Bildungs- und Teilhabeleistungen durch die Jobcenter übernommen werden. Um den unverändert hohen Bedarf an an Hygiene- und Schutzartikeln sicherzustellen und wegfallende Hilfen, etwa Schulmittagessen, unbürokratisch kompensieren zu helfen, seien die Regelleistungen in der Grundsicherung in der Pandemie um monatlich 100 Euro pro Person zu erhöhen. Darüber müsse das bereits im Juni letzten Jahres ausgelaufene Kündigungs- und Kreditmoratorium für Mieterinnen und Mieter erneuert werden. „Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass Menschen aufgrund der andauernden Einkommenseinbußen das Dach über dem Kopf verlieren oder aufgrund einer Verschuldung ihre Strom- oder Wasserversorgung verlieren“, betonte Ulrich Schneider. Arbeitsagenturen, Jobcenter und Grundsicherungsträger müssten darüber hinaus flächendeckend persönliche Beratungsangebote bereitstellen, da die bestehenden digitalen und telefonischen Angebote eine zu hohe Hürde für viele unterstützungsbedürftige Menschen, etwa Wohnungslose, darstellten.

Der Verband wies erneut darauf hin, dass die Leistungen der Grundsicherung schon bislang viel zu niedrig bemessen gewesen seien. Mit den pandemiebedingten Mehrausgaben, die durch die viel zu geringe Regelsatzerhöhung zu Jahresbeginn, nicht annähernd ausgeglichen worden seien, habe sich die Not einkommensarmer Familien noch vergrößert. Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren seien die Leistungen beispielsweise lediglich um einen Euro monatlich erhöht worden. „An grundlegenden Bildungs- und Teilhabeleistungen zu sparen, können wir uns nicht leisten“, betonte der Verband.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.01.2021

Studien zeigen, dass die Pandemie bei Kindern und Jugendlichen Sorgen und Ängste verstärkt. Psychische Auffälligkeiten haben demnach stark zugenommen, wie aus der Antwort (19/25228) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/24280) der FDP-Fraktion hervorgeht.

In der Repräsentativstudie „Corona und Psyche“ zur psychischen Gesundheit, Lebensqualität und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen haben den Angaben zufolge 66 Prozent der 11- bis 17-Jährigen eine geminderte Lebensqualität angegeben. Bei 31 Prozent der Kinder lagen psychische Auffälligkeiten vor.

Viele Kinder und Jugendliche machen sich Sorgen wegen der Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft, die Schule oder die wirtschaftliche Lage, auch sorgen sie sich vor Ansteckung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 9 vom 04.01.2021

Durch die Covid-19-Pandemie besteht laut Bundesregierung das Risiko von Rückschlägen für den Schutz von Kinder- und Jugendrechten. Die Vereinten Nationen etwa erwarteten einen Anstieg ausbeuterischer Kinderarbeit aufgrund der Pandemie, unter anderem auch durch Schulschließungen oder aufgrund wirtschaftlicher Notlagen der Eltern, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/25075) auf eine Kleine Anfrage (19/23960) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bis Ende des Jahres könnten zusätzlich rund 6,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren von akuter Mangelernährung betroffen sein, heißt es darin. Daher unterstütze das Corona-Sofortprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Kinder und ihre Familien, insbesondere in Flucht- und Krisenregionen.

Derzeit bereite das BMZ außerdem nach Beratungen im Ressortkreis, mit internationalen Partnern, Durchführungsorganisationen, dem Deutschen Institut für Menschenrechte und der Zivilgesellschaft eine spezifische Kinderschutz-Policy für den neu einzurichtenden Jugendbeirat des Ministeriums vor. Diese solle zum Zeitpunkt seiner Konstituierung vorliegen und werde Verhaltensregeln enthalten für alle Mitglieder des Beirats und derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BMZ, die die Arbeit des Beirats begleiten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1418 vom 29.12.2020

In dieser Woche beginnt ein neuer Lockdown. Die Entscheidungen sind aus Sicht des Bundesjugendkuratoriums notwendig und auch für Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft wichtig. Es ist dabei aber zentral, dass gerade jetzt der Blick auch darauf gerichtet wird, dass für Kinder und Jugendliche in prekären Lebenslagen in den kommenden Wochen Hilfen und Unterstützungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen.

Nicht alle Kinder und Jugendlichen werden in den kommenden Wochen zu Hause eine entsprechende Atmosphäre und genügend Raum finden, um die Wochen altersgerecht und sicher verbringen zu können. Zudem können sie sich jetzt nicht – wie im Frühjahr und Sommer – für längere Zeit „draußen“ aufhalten. Das Bundesjugendkuratorium (BJK) möchte mit diesem Zwischenruf darauf aufmerksam machen, junge Menschen in prekären Lebenslagen im Rahmen des politischen Krisenmanagements noch stärker zu beachten.

Gleichzeitig möchte das Bundesjugendkuratorium schon jetzt den Blick auf die Folgen für Kinder und Jugendliche und auf die Zeit richten, wenn Schulen und Kitas wieder öffnen. Aufgrund der schnellen Dynamik, des unterschiedlichen Zeitempfindens sowie der besonderen Verletzbarkeit im Kinder- und Jugendalter schreiben sich grundlegende Einschränkungen nachhaltig in den biografischen Verlauf von jungen Menschen ein. Die Ermöglichung von sozialen Beziehungen und die Beachtung der Gesundheitsförderung wird zu Beginn des Jahres 2021 in den Kitas, Schulen und in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe von besonderer Bedeutung sein.

Das Bundesjugendkuratorium ruft dazu auf, die Rechte von jungen Menschen gerade in Krisenzeiten nachhaltig zu sichern und zu verwirklichen. Hierfür braucht es neben altersgerechten Beteiligungsformaten von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie den Einbezug von Interessenvertreter*innen in Krisengremien auch Beziehungsangebote und soziale Räume.

Der gesamte Zwischenruf steht auf www.bundesjugendkuratorium.de/stellungnahme zum Download bereit.

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Sachverständigengremium. Es berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik. Dem BJK gehören bis zu 15 Sachverständige aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft an. Die Mitglieder wurden durch die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Dauer der laufenden Legislaturperiode berufen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratoriums vom 15.12.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der morgigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Kindern und ihrer Familien an. „Bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie muss die Einhaltung der Kinderrechte auf Schutz, Förderung, Beteiligung und Teilhabe gerade jetzt höchste Priorität haben. Wie es uns gelingt, zum einen soziale Ungleichheiten nicht weiter zu verstärken und zum anderen sogar Maßnahmen zu treffen, um niemanden in der Corona-Pandemie zurückzulassen, ist entscheidender Maßstab für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen bei staatlichen Entscheidungen, so auch bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, braucht es derzeit mehr denn je. Dies betrifft vor allem sozial benachteiligte Kinder und Familien, die oftmals über weniger Ressourcen verfügen, um die Herausforderungen der Krise ohne Unterstützung zu meistern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinder und Jugendliche brauchen soziale Interaktion besonders mit Gleichaltrigen, Bewegung, kulturelle Entfaltung und politische Bildung, ansonsten nimmt ihre Entwicklung deutlichen Schaden. Deshalb sollte die Diskussion sich nicht nur um Ausgangssperren oder eine FFP2-Maskenpflicht drehen, sondern es braucht nachhaltig umsetzbare Lösungen dafür, wie es beispielsweise mit dem Kinderrecht auf Bildung weitergehen soll. Hier passiert schlichtweg zu wenig. Zugleich sind volle Büros bei gleichzeitig geschlossenen Schulen und Kitas einfach nicht vermittelbar. Zudem verdient die finanzielle Situation von Familien mit Kindern verstärkte Aufmerksamkeit. Deshalb sollten Bund und Länder eine Neuauflage des Kinderbonus auf den Weg bringen, um insbesondere von Armut betroffene Kinder und ihre Familien zu entlasten“, so Krüger weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von Bund, Ländern und Kommunen, dass bei allen in Zusammenhang mit der Pandemie erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen sowie deren Auswirkungen das Kindeswohl beachtet und insbesondere Kinder in verletzlichen Lebenslagen besonders aufmerksam in den Blick genommen werden und dementsprechend zügig Maßnahmen zur Unterstützung eingeleitet werden. Das gilt beispielsweise für Kinder, die in Armut oder hochkonfliktreichen Situationen aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder mit Behinderungen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 18.01.2021

Der Präsident des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffmann, warnt im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor dem Entstehen einer „Lost Generation“ von Kindern und Jugendlichen aufgrund wiederholter oder langanhaltender Kita- und Schulschließungen sowie mangelnder persönlicher Beziehungen. Bei aller Anerkennung der nötigen Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie spricht sich Hoffmann nachdrücklich für eine rasche Rückkehr von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen aus, mahnt allerdings deutliche Verbesserungen in Hygiene- und Unterrichtskonzepten sowie an technischer und räumlicher Ausstattung von Schulen und Kitas an. „Eine Politik, die die Corona-Pandemie in den Griff bekommen will, ohne Kinder und Jugendliche angemessen zu beachten, gefährdet die Zukunftschancen einer ganzen Generation“, sagte Hoffmann heute in Berlin anlässlich der neuerlichen Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Fortsetzung des Lockdowns in Deutschland. Bildungsökonomen weisen nach Hoffmanns Worten bereits auf die fatalen Folgen von Bildungs- und Qualifikationseinbußen auf spätere Gehälter und Renten hin, bis hin zu einem größeren Anteil von Geringqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt. „Kitas und Schulen weiter zu schließen, bedeutet, Kindern und Jugendlichen eine ihrer wichtigsten Entwicklungsgrundlagen zu nehmen. Ein menschenwürdiges Aufwachsen ist für Kinder und Jugendliche gleichbedeutend mit der Chance zu lernen, mit dem Recht auf Bildung und dem Leben so-zialer Beziehungen. Wer Kitas und Schulen schließt, muss auch klare und akzeptable Alternativen für Kinder, Jugendliche und Eltern formulieren und umsetzen. Diese Antworten bleibt die Politik seit Beginn des ersten Lockdown vor nun fast einem Jahr schuldig. Bis heute fehlen sowohl der erkennbare politische Wille als auch die politische Phantasie, Kitas und Schulen in der Pandemie mit Expertenwissen digital, didaktisch und baulich so zu ertüchtigen, dass Kinder, Jugendliche und Eltern nicht zu den Verlierern der Krise werden – mit langfristigen gesellschaftlichen Folgen.“ Hoffmann erneuerte seine Forderung nach einem nationalen Familiengipfel, um im Jahr 2021 die Bekämpfung der Pandemie mit den Lebensbedingungen von Kindern, Jugendlichen und Eltern abzustimmen und für wirkungsvolle Hilfsangebote zu sorgen.

Nach wie vor schenke die Politik bei ihren Maßnahmen Kindern, Jugendlichen und Eltern zu wenig Beachtung, monierte Hoffmann weiter. „Die Politik bekämpft die Pandemie zum Nachteil von Menschen, die schon heute für die Zukunft unserer Gesellschaft sorgen. Es fehlt der politische Wille, die vielfältigen Konzepte entschlossen umzusetzen, die Kindern, Jugendlichen und Eltern helfen, unter widrigen Bedingungen eine menschenwürdige Entwicklung und Lebenspraxis zu ermöglichen: Dazu kann eine Corona-Elternzeit oder ein Corona-Elterngeld ebenso gehören wie bezahlter Urlaub für Eltern oder eine Betreuungsgarantie für Schüler und Kita-Kinder in der Zeit geschlossener Kitas und Schulen. Eine weitere Mehrfachbelastung von Eltern aus Homeoffice, Hausunterricht, Haushalt, Kochen und Erziehungsarbeit darf es nicht geben! Wer glaubt, sich mit den in Deutschland begonnenen Impfungen um tragfähige schulische und familiäre Lösungen winden zu können, verkennt: Weite Teile des Jahres 2021 werden unter dem Stern der Bewältigung der Corona-Krise stehen. Daran knüpft sich die Einsicht: Die zeitpolitischen Defizite der Familienpolitik wie auch die der Digitalisierung von Schulen und dem Ausbau von Schulgebäuden werden künftig ebenso drängend beantwortet werden müssen.“
Fragen würden auch die aktuellen technologischen Förderschwerpunkte hierzulande aufwerfen, so Hoffmann: „Während junge und innovative Start-up-Unternehmen mit Milliardenhilfen unterstützt werden, kämpfen Schulsekretariate in Zeiten der Corona-Pandemie mit einer funktionierenden telefonischen Erreichbarkeit. Das ist Ausdruck einer verzerrten und skurrilen Schwerpunktsetzung auf dem Gebiet der Technologieförderung. Zukunftsinvestitionen dürfen aber gerade an Schulen nicht vorbeigehen. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das Hochindustrieland Deutschland es bislang nicht geschafft hat, Schulen zumindest in den technischen, baulichen und digitalen Grundlagen zu ertüchtigen. Die Corona-Pandemie offenbart Schwächen der Infrastruktur in unserer Gesellschaft, die schon vorher bestanden und die die Politik vor allem bei den Schulen als unverzichtbaren Bildungsträger dringend beheben muss. Dazu gehört auch die didaktische Fortbildung von Lehrern für digitales Unterrichten und eine zeitgemäße Pädagogik wie das Lernen in kleinen Gruppen.“ 

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 05.01.2021

Die Corona-Pandemie hat die Familien in Deutschland vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Viele von ihnen sind mittlerweile vollkommen erschöpft. Hilfe finden Mütter, Väter und pflegende Angehörige bisher in den Kurberatungsstellen und Kliniken des Müttergenesungswerkes, u.a. des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit (EVA). Durch die Pandemie sind die Kurkliniken in den vergangenen Monaten in eine ernste existenzielle Krise geraten. Nur durch intensive Bemühungen der Verbände und einzelner politischer Unterstützerinnen und Unterstützer haben sie zeitlich eng befristete finanzielle Hilfen des Bundes erhalten. Mit einer Online-Petition hatten sich die Diakonie Deutschland und EVA im Oktober für eine Verlängerung des Rettungsschirmes eingesetzt. Die Unterschriften und Kommentare der Unterzeichnenden belegen eindrucksvoll, wie wichtig und systemrelevant die Kurkliniken sind.

Anlässlich der Zuleitung der Unterschriften an Bundesminister Jens Spahn sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Wer die Gesundheit von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen fördern will, darf die Kurkliniken nicht im Regen stehen lassen. Die schwierige Situation der Familien und die Bedeutung privater Care-Arbeit haben in der Corona-Pandemie große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Davon zeugen auch die in kurzer Zeit gesammelten Unterschriften. Wir müssen das wirtschaftliche Aus der wichtigen gesundheitsfördernden Angebote für Familien verhindern.“

Für EVA-Vorsitzende Antje Krause ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet diese Unterstützungssysteme so um Unterstützung kämpfen müssen. „Es stellt sich die Frage: Welchen Stellenwert hat die vorrangig von Frauen und Müttern geleistete private Care-Arbeit eigentlich in der Politik und unserem Sozial- und Gesundheitswesen?“

Im nächsten Jahr wird eine neue Bundesregierung gewählt. Die Wahlprogramme der Bundestagsparteien werden sich auch an der Frage der spürbaren Wertschätzung privater Care-Arbeit und der Unterstützung für Familien messen lassen müssen. „Dies ist eine gesellschaftliche Verantwortung. Private Care-Arbeit ist bisher vor allem weiblich und damit eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit und der Verteilung von Macht. Wenn die Förderung von Gleichberechtigung der Geschlechter keine leere Worthülse sein soll, muss die Politik diese Fragen zukünftig deutlich mehr in den Blick nehmen“, so Krause.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland und des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit e.V vom 17.12.2020

SCHWERPUNKT II: Frauenquote in Vorständen

Heute hat sich das Bundeskabinett mit Frauen in Führungspositionen befasst. Der Gesetzentwurf für die Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Führungspositionen ist endlich beschlossen.

„Die SPD-Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit ihren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht lange und beharrlich für mehr Frauen in Unternehmensvorständen gekämpft. Dies zahlt sich aus: Vorstände börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen, die ausschließlich von Männern besetzt sind, gehören bald der Vergangenheit an. Erstmals wird es verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Vorständen geben. Künftig gilt eine gesetzliche Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen – Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern müssen mit mindestens einer Frau besetzt sein. Zudem müssen künftig börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Unternehmen es begründen, wenn sie sich die Zielgröße Null für Frauen in Aufsichtsräten, Vorständen und den beiden Führungsebenen unterhalb der Vorstände setzen. Auch für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wird es neue verbindliche Regelungen geben. So wird eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung für Frauen und Männer in den geschäftsführenden Organen bei mehr als zwei Mitgliedern eingeführt. Dies wurde heute im Bundeskabinett beschlossen.

Die Einführung der Vorstandsquote ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Verbindliche Regeln waren längst überfällig – Erfahrungen haben gezeigt, dass wir mit Freiwilligkeit nicht weiterkommen. Davon konnten wir nun endlich auch unseren Koalitionspartner überzeugen. Mit dem Gesetz tragen wir dazu bei, die Aufstiegschancen von allen Frauen zu verbessern und die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Das Gesetz kommt nicht nur Frauen und Mädchen zugute, sondern unserer Gesellschaft insgesamt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 06.01.2021

Großer Schritt hin zu mehr Diversität

Heute hat das Bundeskabinett den „Gesetzentwurf zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ beschlossen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der frauenpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein Meilenstein. Wir haben über viele Jahre versucht, den Frauenanteil an Führungspositionen in Unternehmen auf freiwilliger Basis zu erhöhen. Es gab immer wieder Zusagen, dies zu realisieren. Aber die Realität sieht leider anders aus. Jetzt handeln wir.

Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war wichtig, dass wir nicht nur Regelungen für die Privatwirtschaft treffen, sondern dass wir als Bund mit gutem Beispiel vorangehen: im öffentlichen Dienst, bei Unternehmen mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung und den Krankenkassen. Gemischte Teams sind ein Erfolgsrezept – nicht nur in Krisenzeiten. Frauen in Vorständen der Unternehmen und in Leitungsorganen der Körperschaften im Bereich der Sozialversicherung werden künftig dafür sorgen, dass auch in den anderen Führungsetagen qualifizierte Frauen nachrücken. Das ist ein großer Schritt hin zu mehr Diversität.“

Marcus Weinberg: „Der Gesetzentwurf bringt Deutschland frauenpolitisch richtig nach vorne. Zwar reden jetzt viele über die geplante Quote für Unternehmensvorstände, doch im Gesetz steckt noch mehr drin, wovon an anderer Stelle auch mehr Frauen profitieren werden. Der Bund geht mit großen Schritten in seinem Verantwortungsbereich weiter voran: Auch die gesetzlichen Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit müssen künftig eine Frau und einen Mann im Vorstand haben. Dort arbeiten viele Frauen und wir wollen, dass auch in diesem Bereich mehr Frauen in Führungsfunktionen kommen. Auch Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes müssen künftig im Vorstand mindestens eine Frau und einen Mann haben, wenn der Vorstand aus mehr als zwei Mitgliedern besteht.

Frauen sind in Deutschland gut ausgebildet und in der Lage, jede Tätigkeit auf allen Ebenen auszuführen. In den Führungsetagen sind sie aber vergleichsweise selten vertreten. Weniger als zehn Prozent der Vorstände in Deutschland sind Frauen. Leider hat sich da in den letzten Jahren wenig bewegt. Die Vertretung von Frauen in Führungspositionen muss Normalität werden. Wir sorgen jetzt für mehr Vorbilder.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 06.01.2021

Zum Kabinettsbeschluss zum Führungspositionengesetz II erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Claudia Müller, Sprecherin für Mittelstandspolitik:

Ein Zeichen für Gleichberechtigung am Ende der Kanzlerschaft von Merkel ist dieser Gesetzentwurf nicht. Der Regierungsvorschlag ist schwach und lediglich ein Minimalkonsens. Das ist für alle Frauen sehr enttäuschend. Denn die Botschaft des novellierten Führungspositionengesetz ist: Frauen dürfen mitbestimmten, aber nur ein bisschen. Angesichts des eklatant niedrigen Frauenanteils in Führungspositionen deutscher Großunternehmen ist das ein Armutszeugnis. Denn das, was nun verabschiedet werden soll, ist keine Quote, sondern nur eine Mindestbeteiligung. Die Koalition will ab einer Vorstandsgröße von vier Mitgliedern eine Frau vorschreiben, unabhängig davon wie groß dieser Vorstand ist. Anders als bei einer richtigen Quote erhöht sic h die Zahl der Frauen also in größeren Vorständen nicht automatisch. Diese Regel gilt auch nur für rund 70 Unternehmen. Mit einer solchen Minimal-Regelung schaffen wir den Kulturwandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität ganz sicher nicht. Denn um die kritische Masse zu erreichen, braucht es einen Frauenanteil von mindestens einem Drittel. Wir fordern deswegen in unserem Antrag eine Mindestquote von 33 Prozent für Unternehmensvorstände börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen bei der Neubesetzung von Vorstandsposten sowie eine Erhöhung und Ausweitung der Frauenquote für Aufsichtsräte. Zukünftig soll bei Neubestellungen von börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen eine Mindestquote von 40 Prozent erreicht werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 06.01.2021

SCHWERPUNKT III: Hartz IV überwinden

Die Diakonie hat ein Modell für eine alternative Regelbedarfsermittlung vorgestellt. Für die SPD-Bundestagfraktion ist in punkto Grundsicherung klar, dass damit nicht nur das Existenzminimum sichergestellt sein muss, sondern auch soziale Teilhabe für alle, insbesondere Kinder.

„Die Höhe der Grundsicherung darf nicht nur zum Überleben reichen, sondern muss auch gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten. Neben einer Geldleistung gehören dazu immer auch Strukturen der Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe. Mit den Verbesserungen wie dem sozialen Arbeitsmarkt und begleitendem Coaching sind wir erste wichtige Schritte in diese Richtung gegangen.

Armut betrifft besonders die Kinder. Deswegen haben Kinder nichts in der Grundsicherung verloren. Wir wollen eine eigenständige Kindergrundsicherung, die Chancengleichheit garantiert und aus zwei Säulen besteht. Eine Säule der sozialen Infrastruktur mit beitragsfreien Ganztagsangeboten auch in den Schulen, einer Mobilitätsgarantie und inklusive Freizeitangeboten. Und eine zweite Säule mit einer Geldleistung, die sich an der Mitte und nicht den Ärmsten in unserer Gesellschaft orientiert. Niemand darf wegen seiner Kinder arm werden und jedem Kind müssen alle Türen offen stehen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.12.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, die bisherigen Hartz-IV-Leistungen zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung weiterzuentwickeln. In einem Antrag (19/25706) begründet sie ihre Initiative mit den sozialen Schieflagen, die die im vergangenen Jahr verabschiedeten Sozialschutzpakete der Bundesregierung aufweisen würden. „Die Erfahrungen der Corona-Pandemie machen deutlich, wie kommende Krisen und notwendige wirtschaftliche Transformationsprozesse die Grundsicherung herausfordern werden. Die temporären Regelungen der Sozialschutz-Pakete zeichnen bereits den Weg zu einer vereinfachten, umfassenderen und digitaleren Leistungsgewährung vor. Sie sollten aber keine krisenbedingte Eintagsfliege, sondern der positive Ansatzpunkt für die Verbesserung der bestehenden Leistungen für alle Menschen mit Anspruch auf Grundsicherungsleistungen sein“, schreiben die Grünen.

Zu den Forderungen gehören unter anderem, die Regelungen zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung so zu ändern, dass diese kostendeckend, rechtssicher und weniger streitanfällig sind. Das soziokulturelle Existenzminimum von Erwachsenen und Kindern soll neu ermittelt und die Regelsätze deutlich angehoben werden. Die Regelbedarfsermittlung soll auf eine reine Statistikmethode umgestellt werden. Ferner verlangen die Grünen Verbesserungen bei der Arbeitsberatung in den Jobcentern und die Einführung einer Kindergrundsicherung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 41 vom 08.01.2021

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat einen Entwurf zu einer Reform von Hartz IV vorgelegt. Die Diakonie Deutschland begrüßt den Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums, mit dem die bisherige Hartz-IV- Logik überwunden werden kann.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Der Entwurf enthält wesentliche Schritte in Richtung einer Existenzsicherung, die Vertrauen und Ermutigung an die Stelle von Kontrollen und Sanktionen setzt.

Die vereinfachte Einkommens- und Vermögensanrechnung erleichtert die Leistungsgewährung deutlich. Mit dem Weiterbildungsbonus wird ein starker Anreiz gesetzt, die Qualifikation – vorrangig mit Erwerb eines Abschlusses –  der Leistungsberechtigten zu verbessern. Es ist gut und existentiell wichtig für die Menschen, in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezuges den bestehenden Wohnraum zu erhalten. Dass Sanktionen auf ein Drittel des Regelsatzes begrenzt, die ungerechtfertigten schärferen Regelungen für unter 25-Jährige abgeschafft und die Kosten der Unterkunft vor Sanktionen geschützt werden, ist längst überfällig. Im Ergebnis würde so eine Grundsicherung entstehen, die die Menschen und ihre Situation ernst nimmt und verbessert. Als weitergehenden Schritt schlägt die Diakonie vor, Sanktionen abzuschaffen und das Existenzminimum grundsätzlich zu garantieren.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/hartz-iv-saetze-lebensnah-berechnen-diakonie-stellt-alternativ-modell-vor

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.01.2021

Zum Beschluss der grünen Bundestagsfraktion zu einer Garantiesicherung erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Respekt und Ermutigung müssen in der Existenzsicherung endlich Wirklichkeit werden. Dieser großen Reformaufgabe wird sich die nächste Bundesregierung in der kommenden Wahlperiode stellen müssen – unabhängig davon, von welchen Parteien sie getragen wird. Der Beschluss der Grünen-Bundestagsfraktion berücksichtigt wesentliche Anforderungen des Diakonie-Reformkonzepts: eine methodisch sauber ermittelte und ausreichende Existenzsicherung, bessere und unkomplizierte Zuverdienstmöglichkeiten und der Verzicht auf Sanktionen. So kann das heutige Hartz IV-System überwunden werden.

Die Diakonie schlägt außerdem vor, eine flächendeckende unabhängige Sozialberatung und eine konsequent anreizorientierte Arbeitsförderung umzusetzen. Dies gibt den Menschen im Hartz-IV-Bezug Würde zurück und entlastet perspektivisch auch die öffentlichen Haushalte.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/hartz-iv-saetze-lebensnah-berechnen-diakonie-stellt-alternativ-modell-vor

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.01.2021

Am 1. Januar 2021 tritt das neue Regelbedarfs- Ermittlungsgesetz in Kraft, das die Höhe des Existenzminimums festlegt. Die Diakonie Deutschland fordert, die Berechnungsmethode für die Regelsätze in der Grundsicherung („Hartz IV„) grundlegend zu reformieren und an die Lebenswirklichkeit von Leistungsberechtigen anzupassen. Dazu hat die Diakonie Deutschland am Freitag ein Rechenkonzept vorgelegt, das von der Verteilungsforscherin Dr. Irene Becker erarbeitet wurde. Es gewährleistet ein realistisches Existenzminimum, wahrt aber zugleich den Abstand der Regelsätze zu den mittleren Einkommen.  

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Menschen, die Grundsicherung beziehen, müssen davon menschenwürdig leben und soziale Teilhabe erfahren können. Das Modell der Diakonie schlägt eine Berechnung vor, die Fehler der Vergangenheit und willkürliche Streichungen von Ausgaben vermeidet. Mit diesem Konzept wird ein realistischer Regelsatz ermittelt, der das Lebensnotwendige und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, zugleich aber auch einen Abstand der Regelsätze zu den mittleren Einkommen wahrt.“

Der Kern des Diakonie-Rechenmodells: Referenzausgaben für physische Grundbedarfe wie Nahrung und Kleidung dürfen um maximal 25 Prozent, die weiteren Ausgaben um nicht mehr als 40 Prozent hinter dem zurückbleiben, was die gesellschaftliche Mitte ausgibt. Dazu wird eine statistische Vergleichsgruppe mit niedrigen Einkommen identifiziert, die diesen Vorgaben am nächsten kommt. Anhand dieser wird der Regelsatz ermittelt. Sie wird mit dem nach Einkommen mittleren Fünftel der Haushalte verglichen. „Das neue Verfahren belässt einen politischen Entscheidungsspielraum, stellt aber auch sicher, dass der Abstand zwischen dem Existenzminimum und dem mittleren Lebensstandard nicht zu groß ist. Es ist transparent und nimmt keine willkürlichen Kürzungen vor“, sagt Gutachterin Dr. Irene Becker.

Maria Loheide betont: „Dieser Vorschlag macht deutlich: In der Sozialpolitik müssen wir offen darüber diskutieren, wie weit das Existenzminimum sich von dem entfernen darf und soll, was in der gesellschaftlichen Mitte normal ist. An die Stelle willkürlicher Entscheidungen in Rechendetails gehört eine klare und transparente Festlegung dieses Abstands.“

Auf Grundlage des Diakonie-Modells könnte das Statistische Bundesamt die Auswertung der nächsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorbereiten. Die Diakonie schlägt vor, eine Sachverständigenkommission einzusetzen, die die Methodik der Regelsatzermittlung weiterentwickelt. „Wir müssen bereits jetzt Weichen für eine korrekte Berechnung im Jahr 2024 stellen. Es ist genug Zeit, Expertise aus Wissenschaft und Verbänden zu nutzen, damit methodische Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden“, so Loheide.

Bericht Regelbedarfsbemessung – eine Alternative zum gesetzlichen Verfahren: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Bericht_RegelbedarfeAlternativ.pdf

Methodischer Überblick: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_UEberblick_Regelsatzgutachten.pdf

Statement Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_Statement_Maria_Loheide.pdf

Statement Dr. Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_Statement_Dr_Irene_Becker.pdf

Folien zum Statement von Dr. Irene Becker: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Folien_zumStatement_Irene_Becker.pdf

FAQ Regelsatz: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_FAQ_Regelsatz.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.12.2020

Als „großen Wurf“ begrüßt der Paritätische Wohlfahrtsverband das heute von der Grünen Bundestagsfraktion vorgestellte Konzept einer Garantiesicherung für einkommensarme Menschen. Auch wenn man über Details diskutieren könne, sei das Grüne Modell eine glaubhafte politische Ansage für einer Überwindung von Hartz IV.

„Ein jeder Vorschlag für eine Reform der Grundsicherung muss sich daran messen lassen, ob er tatsächlich Armut beseitigt sowie die Misstrauenskultur und das negative Menschenbild in Hartz beendet“, macht Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider die Position des Verbandes deutlich. Eine sehr deutliche und am wirklichen Bedarf orientierte Erhöhung der Regelleistungen, die Abschaffung der Sanktionen und die Zurücknahme überzogener Kontrollen seien die wesentlichen Prüfkriterien für einen Vorschlag, der sich Reform nennen möchte. Das Grüne Konzept für eins Garantiesicherung werde diesen Kriterien gerecht. „Der Vorschlag der Grünen eröffnet im Gegensatz zu so manchem Auf-der-Stelle-Treten und politischem Klein-Klein echte Reformperspektive“, betont Schneider.

Ausdrücklich unterstütze der Paritätische Gesamtverband die Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV auf über 600 Euro, wie es die Grünen vorsehen. „Alles, was darunter bleibt, beseitigt keine Armut, sondern zementiert sie“, klagt Schneider. Dies betreffe ausdrücklich auch die letzte Erhöhung der Regelsätze um lediglich 14 auf 446 Euro, die einem armutspolitischen Offenbarungseid der Bundesregierung gleichkäme.

Auf „uneingeschränkte Zustimmung“ stößt ebenfalls die geplante Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV, die der Verband als grundgesetzwidrig und „völlig überholte Rohrstockpädagogik“ kritisiert. „Was die Sanktionen in Hartz IV anbelangt, braucht es einen ganz klaren Schnitt ohne Hintertüren und Kompromisse“, betont Schneider. „Anders lässt sich das misanthropische Menschenbild, das Hartz IV prägt, nicht überwinden“. Auch Hartz IV-Bezieher hätten ein Anrecht auf Bürgerfreundlichkeit, anstatt permanentem Mistrauen und Verdächtigungen ausgesetzt zu sein.

Insofern sei auch die Abschaffung der aufwendigen, aber meist völlig sinnlosen Vermögensprüfung nur zu unterstützen. Eine Selbstauskunft, wie sie die Grünen vorschlagen, reiche bei Menschen, die in aller Regel ohnehin kaum Erspartes hätten, völlig aus. Die Anhebung der Vermögensfreigrenze auf 60.000 Euro sei in jedem Falle beizubehalten.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.01.2021

SCHWERPUNKT IV: Kinderrechte ins Grundgesetz

Die Bundesregierung hat heute den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz beschlossen. Damit setzt sie eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um.

Nach dem Entwurf soll in Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz folgende Formulierung aufgenommen werden (neuer Text unterstrichen):

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:

„Der Schutz der Kinderrechte muss ein Leitbild für unsere Gesellschaft sein. Mit der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz machen wir deutlich, dass uns das Wohlergehen von Kindern ganz besonders am Herzen liegt. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse. Dies wird jetzt auch ausdrücklich im Grundgesetz anerkannt werden.

Die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz kann noch in diesem Jahr Wirklichkeit werden. Dazu brauchen wir eine breite parlamentarische Mehrheit, die wir nur mit einer konstruktiven Haltung und Kompromissbereitschaft bei allen Beteiligten erreichen können. Wir dürfen diese historische Chance auf eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht ungenutzt verstreichen lassen.“

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey erklärt:

„Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten. Es ist wichtig, dass wir dafür das gesellschaftliche Bewusstsein schärfen und die Rechte der Kinder überall sichtbarer machen – vor allem endlich auch im Grundgesetz, unserem Wertekompass. Deswegen ist es ein Erfolg, dass wir heute eine weitere Hürde auf unserem Weg, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, genommen haben. Jetzt sind Bundestag und Bundesrat am Zug, um dieses historische Vorhaben weiter voranzubringen. Ich setze darauf, dass wir im parlamentarischen Verfahren zu einem guten Ergebnis kommen. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir die Interessen der Kinder stets besonders im Blick behalten müssen, dies aber leider noch nicht überall selbstverständlich ist. Umso wichtiger ist es deshalb, gerade jetzt die Kinderrechte großzuschreiben – in unser Grundgesetz.“

Der Regierungsentwurf geht auf Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zurück und setzt die Einigung auf einen Regelungstext um, welche eine vom Koalitionsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe am 12. Januar erzielt hatte.

Zu den wesentlichen Punkten gehören:

Grundrechtssubjektivität von Kindern einschließlich eines Entwicklungsgrundrechts

Die Grundrechtssubjektivität besagt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. Diese an sich selbstverständliche Feststellung ist im Regelungstext so umgesetzt, dass ausdrücklich ein Recht des Kindes auf Achtung und Schutz seiner verfassungsmäßigen Rechte verankert ist. Insbesondere wird das Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit genannt.

Verankerung des Kindeswohlprinzips

Das Kindeswohl als handlungsleitender Aspekt soll ausdrücklich in der Verfassung verankert werden und bei staatlichem Handeln angemessen berücksichtigt werden. Das wird die Elternrechte nicht schmälern. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Staat in Elternrechte nur bei konkreter Gefährdung des Kindeswohls eingreifen darf. 

Gehörsrecht des Kindes

Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör bei Einzelentscheidungen von Gerichten oder Behörden in eigenen Angelegenheiten wird bekräftigt. Sie können ihre Meinung äußern und diese ist zu berücksichtigen.

Rechtsstellung Eltern

Das Verhältnis von Eltern und Staat bleibt unberührt. Die Rechte und Pflichten der Eltern bleiben bestehen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.01.2021

Die vom Koalitionsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe hat heute einen Regelungstext für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz beschlossen. Damit setzt sie eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um, die die ausdrückliche Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz vorsieht. Für den Regelungstext wurde sich für Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz auf folgende Formulierung geeinigt (neuer Text kursiv): „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt: „Ich bin sehr froh, dass wir uns jetzt auf einen Regelungstext geeinigt haben, um die Kinderrechte im Grundgesetz besser sichtbar zu machen. Mit der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz machen wir deutlich, dass uns das Wohlergehen von Kindern ganz besonders am Herzen liegt. Der Schutz der Kinderrechte wird damit zu einem Leitbild für unsere Gesellschaft. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse. Dies wird jetzt auch ausdrücklich im Grundgesetz anerkannt werden. Der Koalitionsvertrag enthält einen klaren Auftrag, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Den setzen wir nun um. Nach langem Ringen haben wir uns auf eine Formulierung geeinigt, die für beide Seiten akzeptabel ist. Dies war nicht einfach, aber der Schutz unserer Kinder war diese Anstrengung wert. Wir haben eine ausgewogene Regelung gefunden, die sich harmonisch ins Grundgesetz einfügt. Jetzt müssen zügig die nächsten Schritte folgen, damit wir die Grundgesetzänderung noch in dieser Legislaturperiode realisieren können. Um die nötigen Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu erzielen, brauchen wir eine konstruktive Haltung und Kompromissbereitschaft auch von Seiten der Opposition. Ich appelliere an alle Beteiligten, diese hart erkämpfte Chance auf eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Das sind wir unseren Kindern schuldig.“

Mit dem Regelungsentwurf werden die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe und die Beschlüsse einer vom Koalitionsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe umgesetzt. Zu den wesentlichen Punkten gehören:

Grundrechtssubjektivität von Kindern einschließlich eines Entwicklungsgrundrechts. Die Grundrechtssubjektivität besagt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. Diese an sich selbstverständliche Feststellung ist im Regelungstext so umgesetzt, dass ausdrücklich ein Recht des Kindes auf Achtung und Schutz seiner verfassungsmäßigen Rechte verankert ist. Insbesondere wird das Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit genannt.

Verankerung des Kindeswohlprinzips: Das Kindeswohl als handlungsleitender Aspekt soll ausdrücklich in der Verfassung verankert werden und bei staatlichem Handeln angemessen berücksichtigt werden. Das wird die Elternrechte nicht schmälern. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Staat in Elternrechte nur bei konkreter Gefährdung des Kindeswohls eingreifen darf.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12.01.2021

Zum Formulierungsvorschlag der Bundesregierung für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Ausgerechnet in einer Zeit, wo das Kindeswohl und Kinderrechte regelmäßig hinten herunterfallen, schließen Union und SPD einen faulen Kompromiss, der keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Die jetzige Formulierung, wonach Kinderrechte im Grundgesetz „angemessen“ zu berücksichtigen seien, fällt nicht nur hinter die UN-Kinderrechtskonvention und die bereits geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück, sondern ist noch einmal schwächer als der erste Entwurf von Justizministerin Christine Lambrecht vom November 2019.

So fehlen der besondere Schutz der staatlichen Ordnung für Kinder und des Kindeswillens völlig. Auch fehlt es an umfassenden Beteiligungsrechten der Kinder. Darüber hinaus ist die Formulierung nach einer „angemessenen“ Berücksichtigung des Kindeswohls zu schwach und hat keinerlei Steuerungswirkung.

Aus Kreisen der SPD ist zu vernehmen, dass die Verfassungsänderung nur ein erster Schritt sei. Bei einer solch grundlegenden Verfassungsänderung gibt es aber keinen ersten und zweiten Versuch, sondern es muss gleich von Anfang an stimmen.

Wir setzen uns seit Langem für eine starke Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz sein. Eine bloße Staatszielbestimmung ist unzureichend. Es braucht daher aktive Kinderrechte, die neben dem Recht von Kindern auf Schutz und Förderung auch die Beteiligung an den Entscheidungsprozessen enthält, die sie selbst betreffen. Wir sind bereit für konstruktive Verhandlungen im parlamentarischen Verfahren, allerdings hat sich die SPD nur wenig kompromissbereit im Verfahren zum Sexualstrafrecht gezeigt. Eins wollen wir daher klarstellen: Wir werden für faule Kompromisse nicht zur Verfügung stehen.

Wir haben bereits im Juni 2019 eine starke Formulierung gefunden und einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention im Artikel 6 des Grundgesetzes ausdrücklich verankert und Kinder neben Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.

Gerade jetzt in der Pandemie hätten Kinderrechte im Grundgesetz einen Unterschied gemacht. So hätte die Situation in den Kitas und Schulen gleich zu Beginn höchste Priorität erfahren. Auch der zunehmende Rückzug ins Private birgt für Kinder die Gefahr zunehmender häuslicher Gewalt, die unzureichend thematisiert wird. Damit wir für unsere Kinder in der Zukunft einen echten Mehrwert schaffen können, muss die Koalition ihren Vorschlag dringend nachbessern, damit Kinder endlich die starken Rechte im Grundgesetz bekommen, die ihnen zustehen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 12.01.2021

„Dass die Bundesregierung zum Ende der Wahlperiode nun einen Vorschlag auf den Tisch legt, um die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz umzusetzen, ist zu begrüßen, dass sie damit allerdings unter die Standards der UN-Kinderrechtskonvention fällt, ist nicht hinnehmbar“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, den Formulierungsvorschlag der Bundesregierung. Norbert Müller weiter:

„Grundsätzlich gibt es drei Varianten: Kinderrechte können mit einer Aufnahme im Grundgesetz gestärkt werden oder der Status Quo kann bestätigt werden oder man kann es so machen wie die Bundesregierung, nämlich zurückfallen. Das darf nicht das Ergebnis eines gesellschaftlichen Diskurses aus drei Jahrzehnten sein. Wir fordern die Bundesregierung auf, einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, der eine Stärkung der Kinderrechte insbesondere bezüglich Förderung, Beteiligung und Schutz beinhaltet. Wir haben zuletzt 2019 einen Formulierungsvorschlag auf den Tisch gelegt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 12.01.2021

Die Bundesregierung hat heute die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz beschlossen. Die Arbeiterwohlfahrt befürwortet diesen überfälligen Schritt.

Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich schon lange für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass es der Regierungsfraktion noch in dieser Legislaturperiode gelungen ist, sich auf einen Kompromissvorschlag für einen Verfassungszusatz zu Kinderrechten zu verständigen“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert. „Allerdings ist aus Sicht der AWO gleichzeitig zu kritisieren, dass keine weitreichenderen Formulierungen in Artikel 6 des Grundgesetzes gewählt wurden. Denn dies wäre mit Blick auf die UN-Kinderrechtskonvention möglich und aus Sicht der AWO wünschenswert gewesen,“ so Schubert weiter.

Mit ihrem Bundeskonferenz-Beschluss 2016 hatte sich die AWO dem Formulierungsvorschlag des „Aktionsbündnis Kinderrechte“ angeschlossen und für die Verankerung in Art. 6 GG gefordert:

a) Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit.

b) Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern in ihrem Erziehungsauftrag.

c) Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise zu berücksichtigen.

d) Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Eine Arbeitsgruppe von CDU, CSU und SPD hat sich auf einen Formulierungsvorschlag zur Einführung von Kinderrechten ins Grundgesetz geeinigt. Der Deutsche Familienverband (DFV) begrüßt ausdrücklich die Erklärung der Regierungsparteien zur elterlichen Erstverantwortung.

Der DFV teilt das Anliegen der Koalition, die Rechte und das Wohl von Kindern umfassend zu schützen und Familien zu stärken. „Für den Deutschen Familienverband haben die Regierungsparteien nach vielen Jahren der Diskussion einen guten Kompromiss gefunden“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. „Den Kinderrechten wurde der Weg in die Verfassung geebnet.“

Bei jeder Grundgesetzänderung muss sichergestellt sein, dass die fein austarierte Balance aus elterlicher Erstverantwortung und Wächteramt des Staates nicht gefährdet wird. Durch die nun gefundene Formulierung bleibt bei der Förderung von Kinderrechten gesichert, dass das verfassungsgemäße natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht zur Erziehung und Pflege ihrer Kinder gewahrt bleibt. Das hatte auch das Bundesverfassungsgericht in mehrfachen Entscheidungen immer wieder klargestellt.

Der DFV betont, dass das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG kein Recht am Kind ist. Es ist vielmehr eine Pflicht zum Wohle des Kindes zu handeln – und was das Beste für das eigene Kind ist, wissen die Eltern am besten. Nicht der Staat. Die Erstverantwortung der Eltern verdeutlicht, dass die Kinderrechte nicht gegen die Elternrechte aufgestellt sind. Die Eltern sind vielmehr verpflichtet, diese Rechte zu schützen und sie treuhänderisch wahrzunehmen.

„Innenminister Seehofer und Justizministerin Lambrecht haben erstmals in der Kinderrechtediskussion einen entscheidenden Grundsatz festgeschrieben: Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt. Dieser Satz ist wichtig für die gesellschaftliche Akzeptanz der Kinderrechte“, so Zeh.

Das bestehende staatliche Wächteramt bleibt weiterhin in einer besonderen Verantwortung. Die verfassungsrechtliche Balance zwischen Kindern, Eltern und öffentlicher Hand würde durch den aktuellen Formulierungsvorschlag nicht gestört, sondern zu Gunsten der Kinder sogar präzisiert. Jedes Kind könne sich unter dem Schutz und der Hilfe der Eltern zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten entwickeln.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 13.01.2021

Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, hat sich die Bundesregierung offenbar auf einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz verständigt. Die zuständige Arbeitsgruppe innerhalb der Bundesregierung soll den Entwurf heute Abend endgültig beschließen.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) begrüßt, dass die Bundesregierung sich nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag einigen konnte, der nun im Deutschen Bundestag diskutiert werden soll.

Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist der Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liegt, allerdings unzureichend. Dies betrifft beispielsweise die Formulierungen zum Kindeswohl sowie zum Recht des Kindes auf Beteiligung, die hinter der UN-Kinderrechtskonvention und auch hinter der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleiben. Das Kindeswohl muss ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein, wenn auch nicht immer Vorrang haben. Dieses Ansinnen muss auch in der Formulierung für die Grundgesetzesänderung zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus darf die Beteiligung von Kindern sich nicht auf das rechtliche Gehör beschränken, sondern muss als umfassendes Beteiligungsrecht formuliert werden.

Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen zu oft übersehen werden. Wir fordern alle Fraktionen im Bundestag deshalb auf, sich für eine Verbesserung der Formulierung stark zu machen und das parlamentarische Verfahren in diesem Sinne konstruktiv zu begleiten. In der Debatte um den endgültigen Verfassungstext müssen Kinder und Jugendliche selbst sowie Kinder- und Familienverbände beteiligt werden.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.01.2021

Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, hat sich die Bundesregierung offenbar auf einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz verständigt. Die zuständige Arbeitsgruppe innerhalb der Bundesregierung soll den Entwurf heute Abend endgültig beschließen.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) begrüßt, dass die Bundesregierung sich nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag einigen konnte, der nun im Deutschen Bundestag diskutiert werden soll.

Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist der Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liegt, allerdings unzureichend. Dies betrifft beispielsweise die Formulierungen zum Kindeswohl sowie zum Recht des Kindes auf Beteiligung, die hinter der UN-Kinderrechtskonvention und auch hinter der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleiben. Das Kindeswohl muss ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein, wenn auch nicht immer Vorrang haben. Dieses Ansinnen muss auch in der Formulierung für die Grundgesetzesänderung zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus darf die Beteiligung von Kindern sich nicht auf das rechtliche Gehör beschränken, sondern muss als umfassendes Beteiligungsrecht formuliert werden.

Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen zu oft übersehen werden. Wir fordern alle Fraktionen im Bundestag deshalb auf, sich für eine Verbesserung der Formulierung stark zu machen und das parlamentarische Verfahren in diesem Sinne konstruktiv zu begleiten. In der Debatte um den endgültigen Verfassungstext müssen Kinder und Jugendliche selbst sowie Kinder- und Familienverbände beteiligt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 12.01.2021

Angesichts des bekanntgewordenen Formulierungsvorschlags der großen Koalition, Kinderrechte in der Verfassung sichtbar zu machen, spricht sich der Familienbund der Katholiken gegen eine Verfassungsänderung aus. „Der wortreiche Passus, auf dem sich die große Koalition nun geeinigt hat, scheint zwar mit Blick auf die Einschränkung von Elternrechten weitgehend entschärft, bleibt aber für die Stellung von Kindern in unserem Rechtssystem folgenlos und bietet Anlass für Missverständnisse.“ Zu dieser Einschätzung kommt Familienbund-Präsident Ulrich Hoffnung heute in Berlin. „Das geltende Verfassungsrecht schützt Kinder immer noch am besten. Es wird auch weiter die konkrete Einzelgesetzgebung sein, wie die Kinder- und Jugendhilfe, die die Lebenslage von Kindern konkret verändern können, nicht die abstrakte Verfassungsgesetzgebung.“ Erleichtert zeigt sich der Verband, dass die primäre Erziehungszuständigkeit der Eltern unangetastet bleiben soll. Die jetzt vorgeschlagene Formulierung enthält den ausdrücklichen Satz: „Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“ „Das ist ein Fortschritt“, so Hoffmann, „der mögliche rechtliche Nebenwirkungen einer Verfassungsänderung, wie Eingriffe in die Eltern-Kind-Beziehung, verhindern soll. Jede Textänderung birgt jedoch auch die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung. Daher spricht sich der Familienbund dafür aus, angesichts einer allgemein als gut erachteten verfassungsrechtlichen Regelung, von einer Verfassungsänderung abzusehen.“

„Der von den Koalitionären jetzt vorgelegte Formulierungsvorschlag verweist darauf, dass die „verfassungsmäßigen“ Rechte der Kinder zu achten und zu schützen sind und der „verfassungsrechtliche“ Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör zu wahren ist“, sagte Hoffmann weiter. „Der Koalitionsentwurf bringt damit zum Ausdruck, dass kein neues Kindergrundrecht geschafften werden soll, sondern vielmehr die bestehenden verfassungsmäßigen Rechte noch einmal bekräftigt werden sollen.“

Hoffmann begrüßte auch, dass die Kinderrechte „angemessen“ und nicht generell allen anderen Rechten „vorrangig“ zu berücksichtigen sind. Das ermöglicht eine sachgerechte Abwägung im Einzelfall, die immer auch die eminent wichtige Stellung von Kindern in unserer Gesellschaft mitberücksichtigt.“

Die neue Formulierung begrenze die Probleme, sie sei aber weiterhin überflüssig, so Hoffmann. „Es bleibt widersinnig, eine Verfassungsänderung mit der Zielsetzung durchzuführen, dass sich möglichst wenig ändern soll, weil die derzeitige Rechtslage gut ist. Das Sichtbarmachen bereits bestehender Kindergrundrechte kann keine Rechtfertigung sein. Zum einen sind die Kindergrundrechte bereits sichtbar. Wenn das Grundgesetz, die Rechte aller beschreibt, ergibt sich zweifellos, dass auch Kinder gemeint sind. Zum anderen birgt jede Textänderung der Verfassung die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung.
Eine solche Gefahr sollte man bei einer von allen Seiten als gut beschriebenen Rechtslage nicht eingehen.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 12.01.2021

Der KRFD begrüßt die gefundene Lösung für die Aufnahme der Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes. Der Auftrag, dem sich die Bundesregierung gestellt hat, war höchst anspruchsvoll. Es galt, einerseits die Eingriffe des Staates in die familiäre Selbstbestimmung und das Elternrecht zu vermeiden sowie den Grundrechtsanspruch des besonderen Schutzes der Familie zu wahren. Andererseits sollten die bestehenden Grundrechte der Kinder deutlich sichtbar gemacht und das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes anerkannte Prinzip des Kindeswohls ausdrücklich und angemessen im Grundgesetz verankert werden. Den Herausforderungen dieses Auftrages ist die Bundesregierung mit den vier ergänzenden Sätzen, die in Art.6 Abs. 2 hinzugefügt worden, gerecht geworden.

Kinder sind in vollem Umfang Träger von Grundrechten, insofern bestand bislang keine Schutzlücke. Sie werden durch die Menschenwürde und weitere Grundrechte in ihren unveräußerlichen Rechten geschützt, sie sind unmittelbarer Träger der Rechte auch wenn sie diese je nach Alter und noch nicht selbstständig ausüben können. Der Staat schützt und akzeptiert die Familien in besonderem Maße und greift nur in Fällen ein, in denen das Kindeswohl nicht anders geschützt werden kann.

Ob Kinderrechte eigens in das Grundgesetz aufgenommen werden sollen und ob nicht die grundgesetzlich verbürgten Menschenrechte den Kindern bereits vollen Schutz gewähren, wird seit über 20 Jahren kontrovers diskutiert. Die Diskussion hat gelegentlich jene in konträre Stellung gebracht, die sich im Kern, nämlich der Sorge um das Kindeswohl, einig waren. Der KRFD hat die Diskussion intensiv verfolgt und sich dafür eingesetzt, das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat nicht einseitig zu Lasten der Familien und der familiären Selbstbestimmung zu verändern. Das klare Bekenntnis des Gesetzgebers zur Erstverantwortung der Eltern trägt dieser Sorge Rechnung.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 15.01.2021

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich Union und SPD auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der die Rechte von Kindern im Deutschen Grundgesetz besser sichtbar und durchsetzbar machen soll. Konkret soll dazu Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes so geändert werden, dass Kindern mehr politische Teilhabe möglich ist und ihr Wohl stets mitbedacht werden muss.

Plan International Deutschland begrüßt die Einigung der Bundesregierung, Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen. Allerdings fordert die Kinderrechtsorganisation Nachbesserungen bei der Formulierung der Gesetzesreform. „Kinder haben besondere Bedürfnisse und brauchen deshalb über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte – ein Prinzip, das mit der UN-Kinderrechtskonvention auf internationaler Ebene bereits seit über 30 Jahren gilt“, sagt Maike Röttger, Vorsitzende der Geschäftsführung. „Ein Gesetz, das Kinderrechte im Grundgesetz verankert, muss deshalb sicherstellen, dass die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte der Kinder auch tatsächlich umfassend verwirklicht werden. Das ist mit der geplanten Formulierung nur unzureichend der Fall.“

So müsse das Kindeswohl als „vorrangiger Gesichtspunkt“ berücksichtigt werden. Bislang sieht der Entwurf der Bundesregierung lediglich eine „angemessene“ Berücksichtigung vor. Maike Röttger: „Kinder haben nicht nur das Recht darauf, dass ihre Meinung bei Rechtsverfahren angehört wird, sondern auch inhaltlich gewürdigt und bei der Urteilsfindung entsprechend ihres Alters und ihrer Reife berücksichtigt wird. Hier braucht es dringend Nachbesserungen, die wir im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens zu erreichen hoffen.“

Gemeinsam mit mehr als 50 weiteren Verbänden und Organisationen setzt Plan International Deutschland sich als Teil der Initiative „Kinderrechte ins Grundgesetz“ seit vielen Jahren für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. Denn die UN-Kinderrechtskonvention hat in Deutschland bislang nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes und steht normenhierarchisch unterhalb der Verfassung. Wenn es zu Konflikten zwischen der UN-Kinderrechtskonvention und dem Grundgesetz kommt, hat das Grundgesetz demnach Vorrang. Daher ist es besonders wichtig, einen bereichsübergreifenden Kindeswohlvorrang sowie die Beteiligungsrechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen.

„Kinder sind gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft, eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität. Kinderrechte im Grundgesetz sollten deshalb vor allem den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- bzw. Entfaltungsrechte der kindlichen Persönlichkeit absichern“, so Maike Röttger.

Union und SPD wollen das Grundgesetz noch vor der Bundestagswahl im September ändern. Dafür ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat nötig.

Quelle: Pressemitteilung Plan International Deutschland e.V. vom 12.01.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Gleichstellungsindex 2020 – nur minimale Fortschritte bei der Gleichstellung in den obersten Bundesbehörden

Es besteht weiterhin großer Handlungsbedarf bei der Gleichstellung von Frauen und Männern in den obersten Bundesbehörden. Zu diesem Ergebnis kommt der Gleichstellungsindex 2020, den das Statistische Bundesamt heute im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlicht hat. Der Gleichstellungsindex untersucht die Geschlechteranteile an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden.

Nachdem im Jahr 2019 noch eine Steigerung des Anteils von Frauen in den Leitungsfunktionen in Höhe von zwei Prozentpunkten erzielt werden konnte, hat sich die Steigerung im Berichtsjahr 2020 auf knapp einen Prozentpunkt halbiert. 21 von 24 Behörden beschäftigen immer noch deutlich mehr Männer als Frauen in Führungspositionen. Auf Ebene der Referatsleitungen waren 2020 wie bereits im Vorjahr 38 Prozent der Führungskräfte weiblich. Auf Unterabteilungsleitungs- und Abteilungsebene waren es fast ein Drittel. Auf Ebene der beamteten Staatssekretärinnen konnte erfreulicherweise ein Anstieg um sechs Prozentpunkte auf 25 Prozent erzielt werden.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Nicht nur die Wirtschaft, auch der Bund ist aufgefordert, mehr für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen zu tun. Die Bundesbehörden müssen sogar eine Vorbildrolle einnehmen. Im Entwurf des Zweiten Führungspositionengesetzes verankern wir deshalb das Ziel, bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Bundes zu erreichen, als 50:50. Der aktuelle Gleichstellungsindex und seine Entwicklung zeigen, was zu tun ist, nämlich die Dynamik beim Aufholprozess deutlich zu erhöhen.“

Der Gleichstellungsindex 2020 zeigt auch, dass das vorhandene Führungskräftepotenzial unter den Teilzeitbeschäftigten noch nicht ausreichend genutzt wird. Führen in Teilzeit ist noch immer die Ausnahme.

Der Gleichstellungsindex wird im Auftrag des BMFSFJ erstellt und ist Teil des Gesetzespaketes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum vom 01.07.2019 bis zum 30.06.2020 bzw. auf den Stichtag 30.06.2020.

Der Gleichstellungsindex kann hier abgerufen werden: www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentlicher-Dienst/Publikationen/Downloads-Oeffentlicher-Dienst/gleichstellungsindex-5799901207004.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.01.2021

Nach dem Bundestag stimmt auch der Bundesrat dem Adoptionshilfe-Gesetz zu.

Der Bundesrat hat heute in seiner letzten Sitzung des Jahres dem Adoptionshilfe-Gesetz zugestimmt. Bereits gestern hatte der Bundestag die Reform gebilligt. Vorausgegangen war eine Einigung zu den noch strittigen Fragen am 10. Dezember 2020 im Vermittlungsausschuss.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Heute ist ein wichtiger Tag für alle, die über den Weg der Adoption eine Familie gründen wollen. Nach der Zustimmung der Länder kann jetzt unser modernes Adoptionshilfe-Gesetz kommen. Die letzte Hürde fiel im Vermittlungsausschuss – durch die Einigung, dass die künftig verpflichtende Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstelle im Vorfeld einer Stiefkindadoption nicht für lesbische Paare gilt, deren gemeinsames Wunschkind in ihre Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft hineingeboren wird. Damit stellen wir sicher, dass lesbischen Paaren der Weg zur Familiengründung nicht zusätzlich erschwert wird. Künftig erhalten alle Adoptivfamilien, die Herkunftsfamilien und vor allem die Kinder mehr Hilfe und Unterstützung. Wir verbessern die Beratung, Aufklärung und Vermittlung und wir machen verbindlichere Vorgaben bei Auslandsadoptionen, um Kinder vor Menschenhandel zu schützen. All das kann nun zügig in Kraft treten. Viele Familien und Fachkräfte in der Adoptionsvermittlung warten seit Langem darauf.“

Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und danach im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Die Regelungen sollen am 1. April 2021 in Kraft treten.

Das Adoptionshilfe-Gesetz besteht aus vier Bausteinen:

1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten vor, während und nach einer Adoption

Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption sichert die gute Beratung und Unterstützung aller an einer Adoption Beteiligten. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen. Vor einer Stiefkindadoption wird eine verpflichtende Beratung eingeführt. Sie soll dafür sorgen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Nicht zur Beratung verpflichtet sind lesbische Paare, deren Kind in ihre bestehende Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft hineingeboren wird und die Partnerin der Geburtsmutter es im Rahmen der Stiefkindadoption adoptiert.

2. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption

Das Adoptionshilfe-Gesetz soll zu einem offeneren Umgang mit dem Thema Adoption beitragen: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern sollen in ihrer Rolle gestärkt werden, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen. Die Adoptivfamilie entscheidet, ob und welche Informationen sie zur Verfügung stellen möchte.

3. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen mit einem Aufgabenkatalog und einem Kooperationsgebot

Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern – etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst – damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.

4. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und Einführung eines Anerkennungsverfahrens, um Kinder zu schützen

Auslandsadoptionen sollen künftig in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sollen zukünftig bei allen Auslandsadoptionen eingehalten werden. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle werden untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse eingeführt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.12.2020

Die Mieterinitiative der SPD-Bundestagsfraktion nimmt Fahrt auf. Dass Beschlusspapier der Klausur stellt klar: Mietwohnungen und Gewerberäume müssen für die breite Masse bezahlbar sein. Mit diesem Ziel im Blick arbeiten wir für eine weitere Stärkung des sozialen Mietrechts, wollen den Mietspiegel rechtsicher machen sowie kleine Gewerbetreibende und soziale Einrichtungen besser schützen.

„Wir stehen zur Einhaltung der Klimaschutzziele und sehen den dringenden Bedarf, die energetische Sanierung im Gebäudesektor voranzutreiben. Die seit 1. Januar 2021 geltende CO2-Bepreisung ist dafür ein weiterer wichtiger Schritt. Dieser darf allerdings nicht zu Lasten der Mieterinnen und Mieter gehen. Wer in schlecht sanierten Wohnungen lebt, darf nicht noch zusätzlich belastet werden. Die SPD-Bundestagsfraktion steht an der Seite der Mieterinnen und Mieter und will die Kosten der CO2-Bepreisung zu 100 Prozent auf die Eigentümerinnen und Eigentümer umlegen.

Das Bundesjustizministerium hat einen Entwurf für die Reform des Mietspiegels vorgelegt. Diesen wollen wir schnellstmöglich umsetzen. Hierbei wollen wir – um Schlupflöcher zu schließen – auch die Möglichkeit streichen, Mieten unter Angabe dreier Vergleichswohnungen erhöhen zu können, wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorhanden ist.

Vor allem die Kleinstgewerbetreibenden sowie soziale Projekte und Einrichtungen in Innenstädten bedürfen des besonderen mietrechtlichen Schutzes. Um deren zunehmende Vertreibung zu stoppen, wollen wir die soziale Funktion des Mietrechts, wo es sinnvoll ist, auf Gewerbetreibende übertragen. Für diese sollen dann ebenfalls Regelungen des sozialen Mietrechts gelten, wie ein effektiver Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen. Denkbar ist auch die Einführung eines Gewerbemietspiegels analog zur Mietpreisbremse. Ein solcher Schutz ist unverzichtbar, um die vielfältige Mischung aus kleinen Gewerbebetrieben, sozialen und kulturellen Projekten sowie Wohnraum in den Städten zu erhalten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 08.01.2021

Unsere Gesellschaft wird individualisierter, mobiler und digitaler. Wer wenige soziale Kontakt hat, leidet auch häufiger unter Einsamkeit. Davon sind junge Menschen, die auf Grund ihrer digitalen und mobilen Lebensweise weniger Bindungen aufbauen können, genauso betroffen wie Seniorinnen und Senioren. Dazu können Sie Marcus Weinberg, den Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gerne wie folgt zitieren:

„Als Familien-, Senioren- und Jugendpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen wir uns dafür aus, eine nationale Strategie gegen Einsamkeit aufzusetzen. Wir müssen Gründe, Wirkungen und Folgen der Einsamkeit vertiefter erforschen und uns genau anschauen, welche Maßnahmen erfolgreich der Prävention dienen und welche Einsamkeit gezielt bekämpfen. Diese Maßnahmen reichen vom Besuchsdienst bei Betroffenen über generationenübergreifendes Bauen bis zu sozialen Angeboten im nahen Wohnumfeld. Die Bekämpfung der Einsamkeit ist ein Querschnittsthema und ein Auftrag an alle Ebenen.

Einsamkeit macht krank – seelisch und körperlich. Die Ursachen von Einsamkeit sind nicht nur im Persönlichen zu suchen und die Folgen betreffen die Gemeinschaft als Ganze. Die Alterung der Gesellschaft, Digitalisierung, zunehmende Mobilität in der Arbeitswelt und Urbanisierung können Einsamkeit verstärken. Einsamkeit ist mittlerweile ein Phänomen aller Generationen. Auch die 20 bis 40-Jährigen sind betroffen. Sorgen bereitet uns besonders, dass unter den Jugendlichen die Einsamkeit besonders schnell zunimmt. Die digitale Welt ersetzt den sozialen Kontakt und die soziale Interaktion. Das verändert die Menschen und führt nicht selten auch zu politischen Radikalisierungen. Einsamkeitsprävention ist also auch eine Frage des demokratischen und gesellschaftlichen Zusammenhalts.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 15.12.2020

Anlässlich der heute von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen für den Monat Dezember 2020 erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt werden uns auch im neuen Jahr noch länger beschäftigen. Die Bundesregierung muss aufhören, nur auf Sicht zu fahren. Wir müssen endlich die Zukunft wieder in den Blick nehmen.

Kurzfristig ist es wichtig, Neueinstellungen stärker zu fördern. Es darf nicht sein, dass sich Arbeitslosigkeit weiter verfestigt und insbesondere jungen Menschen muss der Start ins Erwerbsleben erleichtert werden.

Gleichzeitig müssen zukünftige Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt endlich angepackt werden. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit schon während der Corona-Krise mit einer Weiterbildungsoffensive zu verknüpfen. Es müssen Anreize geschaffen werden, sich in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit weiterzubilden. Wir schlagen daher einen Weiterbildungsbonus von 200 Euro auf das Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld vor.

Zudem müssen Selbständige und Menschen mit Minijobs besser abgesichert und gefördert werden. Wir Grüne wollen die Arbeitslosenversicherung für alle Erwerbstätigen öffnen und zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln, damit wir auch für künftige Krisen gut gewappnet sind.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.01.2021

Zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an diesem Montag zum Thema „Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ erklären Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik, und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik

Die Zahl der Wohnungslosen steigt seit Jahren an, betroffen sind auch immer mehr junge Menschen, die häufig in „versteckter“ Wohnungslosigkeit leben, also „Sofa-Hopping“ betreiben. Schätzungen zufolge sind mehrere Zehntausende betroffen. Allerdings gibt es eine hohe Dunkelziffer, eben weil viele junge Menschen bei Freunden, Bekannten oder Verwandten unterkommen. Dadurch entstehen oft Abhängigkeits- und sogar Ausbeutungsverhältnisse.

Um die Situation dieser jungen Menschen zu verbessern, haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, endlich wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen und beispielsweise ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu entwickeln sowie ein bundesweites Netz an Wohnangeboten und Notschlafstellen zu schaffen. Darüber hinaus wollen wir die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Jugendhilfe bis zum Ende des 25. Lebensjahres ausweiten und als Rechtsanspruch festschreiben.

Die öffentliche Anhörung an diesem Montag kam aufgrund unserer Initiative zustande, weil wir den Fokus auf dieses bislang bundespolitisch sehr vernachlässigte Thema lenken wollen. Junge Menschen ohne Wohnung brauchen endlich mehr Aufmerksamkeit, mehr Unterstützung, mehr Hilfen.

Auch die zur Anhörung geladenen Sachverständigen befürworten unsere Forderungen. Es ist gut, dass die Anhörung jetzt, wo ein langer Winter beginnt, stattfindet. Junge Wohnungslose, die auf der Straße leben, brauchen auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise dringend sichere Notschlafstellen und ausreichende Beratung.

Wohnungslosigkeit ist eine extreme Form sozialer Ausgrenzung, die die Entwicklung und die Lebensperspektive junger Menschen nachhaltig schmälert. Es ist eine politische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ihr konsequent entgegenzuwirken. In Zeiten der Pandemie mehr denn je.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.12.2020

Breite Zustimmung haben die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen von Sachverständigen für ihre Initiativen gegen Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen erfahren. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag unter der Leitung von Sabine Zimmermann (Die Linke) begrüßten die Experten ausdrücklich, dass mit den Anträgen von Linksfraktion (19/24642) und Grünen (19/20785) das Problem auf die Agenda des Parlamentes komme. Zwar gab es durchaus Kritik im Detail, doch waren sich die Sachverständigen einig, dass dringender politischer Handlungsbedarf bestehe. Steigende Mieten und knapper Wohnraum hätten die Zahl wohnungsloser junger Menschen steigen lassen. „Sie sind längst kein Randphänomen mehr“, unterstrich einer der Experten. Auch die Corona-Pandemie habe die Situation der Betroffenen zusätzlich verschärft.

So wies etwa Sascha Facius, wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, darauf hin, dass Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zufolge 2018 etwa 19.000 Kinder und minderjährige Jugendliche wohnungslos waren. Auch eine Studie zum 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung komme zu dem Ergebnis, dass 2018 „jede fünfte von Wohnungslosigkeit bedrohte Person nicht volljährig war“. Angesichts dieser Zahlen sei es „gut und richtig“, dass nun über einen gemeinsamen, kooperativen Ansatz debattiert werde, der die „besondere Problematik“ junger von Wohnungslosigkeit betroffener oder bedrohter Menschen „ganzheitlich und rechtskreisübergreifend“ betrachte.

Birgit Fix, Referentin für Armuts- und Arbeitsmarktfragen beim Deutschen Caritasverband, erklärte, die Pandemie zeige die schwierige Situation wohnungsloser junger Menschen „wie in einem Brennglas“. Dennoch hätten Politik und Medien das Thema noch nicht „wirklich auf dem Radar“. Der Bund könne jedoch mit „klugen Rahmenbedingungen“ wie der Schaffung von günstigem Wohnraum zur Prävention und Bekämpfung von Wohnungslosigkeit wirksam beitragen, sagte Fix. In diesem Zusammenhang plädierte die Sachverständige für die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Auch das Jugendwohnen solle ausgebaut und zur Pflichtleistung werden.

Auch Andrea Pingel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit sprach sich für einen Ausbau von unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten für junge Menschen aus. Selbst jene, die ein eigenes Einkommen hätten, seien auf dem Wohnungsmarkt gegenwärtig „ohne Chance“. Ein weiteres Problem: Bestehende Hilfssysteme reichten nicht, um junge Menschen in prekären Lebenslagen zu unterstützen – Sanktionierungen führten oftmals auch dazu, dass sie „verloren“ gingen. Dieser „Exklusion“ müsse mit der anstehenden Reform der Kinder- und Jugendhilfe entgegengewirkt werden, forderte Pingel. Rechtsansprüche von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Teilhabe, Ausbildung und Wohnen gelte es zu stärken. „Weder der 18. oder der 21. Geburtstag und schon gar nicht die aktuelle Kassenlage oder mangelnde Zuständigkeit dürfen Gründe sein, die Hilfen einzustellen, wenn Selbstständigkeit noch nicht gesichert ist“, mahnte die Expertin.

Dieser Forderung schloss sich Ronald Prieß, Botschafter der Straßenkinder Hamburg, an: Die Ausweitung der Altersgrenzen für individuelle Unterstützung, für die sich auch Die Linke in ihrem Antrag einsetze, müsse Teil der geplanten Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sein, forderte er mit Blick auf die sogenannten Careleaver – junge Erwachsene, die einen Teil ihres Lebens in der stationären Kinder- und Jugendhilfe verbracht haben und sich am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden. Dies sei eine Frage der Gerechtigkeit: „Careleaver müssen schneller erwachsen werden als andere Jugendliche, haben aber schlechtere Chancen“, so Prieß. Zudem drängte er darauf, wohnungslosen jungen Menschen, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind, schnell und unkonventionell zu helfen, etwa durch eine Unterbringung in Hotels: „Da schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Hotels sind leer, die Kids müssen von der Straße.“

Angela Smesseart, stellvertretende Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), appellierte, als Akuthilfe auch die Angebote etwa von Jugendherbergen und Jugendbildungsträgern anzunehmen. Die sichere Unterbringung von wohnungslosen Jugendlichen sei dringend erforderlich, da deren üblichen Überlebensstrategien in der Pandemie nicht mehr griffen: „Schnorren oder Übernachtungen bei wechselnden Freunden“ seien im Lockdown nicht mehr möglich, Hilfsangebote und Jugendämter nur noch eingeschränkt erreichbar, erläuterte Smesseart. Und spezialisierte Notunterkünfte seien ebenfalls selten. Die Vertreterin der AGJ forderte zur Prävention von Wohnungslosigkeit eine „hinreichende Ausstattung der bestehenden Angebote“, darunter die offene und mobile Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit und das Jugendwohnen. Diese „volle Spanne der Hilfen“ sei unverzichtbar.

Wolfgang Schröer, Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hildesheim, forderte, der Bund müsse die Kommunen stärker unterstützen. Die kommunale Sozialpolitik habe das Problem der Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen zwar erkannt, doch „Jugendhilfe und Jobcenter“ könnte es nicht allein lösen. Eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit sei deshalb gefragt. Dazu gebe es Modelle in vielen Regionen, so Schröer. „Diese Modelle brauchen die landes- und bundespolitische Stärkung, dass sie erwünscht sind.“ Ein weiteres Manko sei, dass in der Diskussion um den Wohnungsnotstand das Problem der Armut im jungen Erwachsenenalter noch nicht systematisch genug betrachtet werde, monierte der Wissenschaftler.

Ruth Seyboldt, Vorsitzende des Vereins Careleaver, wies darauf hin, dass nicht nur der Mangel an finanzierbarem Wohnraum ein Grund dafür sei, dass in Deutschland Kinder und Jugendliche ohne festen Wohnsitz lebten. „Heranwachsende entscheiden sich auch bewusst gegen die Jugendhilfe. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Bedürfnisse in diesem System nicht ernst genommen werden“, erklärte Seybold und sprach sich deshalb unter anderem für unabhängige Ombudsstellen aus. Junge Menschen brauchten individuelle, passgenaue Lösungen. Im „Dschungel potenzieller Sozialleistungen“ fänden sie sich allein nicht zurecht. Ihnen sollten zur Unterstützung „Lotsen“ zur Seite gestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1388 vom 15.12.2020

„Pflegende Angehörige leisten täglich Außergewöhnliches. Sie kompensieren damit die Fehlentscheidungen in der Pflegepolitik und werden von der Bundesregierung alleine gelassen“, kommentiert Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. „Mehr als die Hälfte der Menschen mit Pflegebedarf werden zu Hause, alleine von Angehörigen versorgt. Das heißt auch, dass mehr als die Hälfte der Menschen mit Pflegebedarf, alleine wegen des hohen Verantwortungsbewusstseins ihrer Angehörigen, gut versorgt werden. Die Bundesregierung nutzt dieses Verantwortungsbewusstsein aus und tut zu wenig dafür, die Pflege durch Angehörige bedarfsdeckend zu finanzieren.“ Zimmermann weiter:

„Im Koalitionsvertrag wurde pflegenden Angehörigen ein unbürokratisches Entlastungsbudget versprochen, in dem verschiedene Leistungen zusammengefasst werden. Alles was dazu bis jetzt vorliegt, sind vage und völlig unzureichende Absichtserklärungen. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen lässt man hier am langen Arm verhungern. Nicht mal die Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung während der Corona-Pandemie kann die Bundesregierung sicherstellen. Ohne diese konkreten Hilfen bleiben die Beteuerungen der Bundesregierung Lippenbekenntnisse. Das ist peinlich und beschämend.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 18.12.2020

Öffentliche Anhörung zum

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Embryonenschutzgesetzes – Kinderwünsche erfüllen, Eizellspenden legalisieren BT-Drucksache 19/17633

Detaillierte Informationen zur Sitzung finden Sie auf der Internetseite des Ausschusses:
www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/815320-815320

Hinweis: Die Anhörung findet aufgrund der aktuellen Situation ohne Publikum statt.
Die Sitzung wird zeitversetzt am 28.1. um 13.30 Uhr im Internet unter www.bundestag.de übertragen. Am Folgetag ist sie unter www.bundestag.de/mediathek abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 21.01.2021

Welche Bedingungen die Bundesregierung an die Verkehrserziehung in Kindergarten und Schule stellt, möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen. In einer Kleinen Anfrage (19/25742) erkundigen sich die Abgeordneten auch nach der Anzahl der Jugendverkehrsschulen und den dort besetzten Stellen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 79 vom 18.01.2021

Die Sicherheit für Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu Schule und Kindergarten stellt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (19/25754). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Unfälle mit Kindern es in den vergangenen fünf Jahren auf dem Schulweg in den verschiedenen Bundesländern gab. Gefragt wird auch, was getan wird, um Gefahrenstellen auf den Schulwegen zu entschärfen, und ob die Bundesregierung plant, Kommunen beim Problem der „Elterntaxis“, die nach Einschätzung der Grünen den Schulweg vieler Kinder besonders gefährlich machen, durch Änderungen in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) oder der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 79 vom 18.01.2021

Einen Überblick über die Situation gleichgeschlechtlicher Ehepaare gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/25590) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/25052). Die Antwort enthält unter anderem Tabellen, aus denen der Anteil der gleichgeschlechtlichen Eheschließungen an allen Eheschließungen und der Anteil gleichgeschlechtlicher Ehen an bestehenden Ehen ersichtlich ist.

Zu der Frage nach Problemen bei der Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts schreibt die Bundesregierung, diese seien durch das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18. Dezember 2018 geregelt worden. Eventuelle Umsetzungsprobleme auf Landes- und Kommunalebene fielen aufgrund der Kompetenzzuordnung des Grundgesetzes nicht in die Zuständigkeit des Bundes.

Zu einer Behebung der im Abstammungsrecht bestehenden rechtlichen Unterschiede im Hinblick auf die Eltern-Kind-Zuordnung der zweiten Elternstelle heißt es, die Meinungsbildung zur Reform des Abstammungsrechts sei innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Weitere rechtliche Unterschiede für gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Ehepaare gebe es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland nicht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 73 vom 15.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25786) ein Konzept für eine beitragsfreie Verpflegung an Schulen und in Kitas. Dabei seien die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) einzuhalten, heißt es. Außerdem gelte es, den dafür nötigen Aus- und Umbau von Küchen in Schulen und Kitas, die Ausstattung von Räumlichkeiten zum Essen und die Anlage von Schulgärten voranzutreiben. Auch müssten, so die Fraktion, „kompetitive Verpflegungsangebote“, etwa private Cafeterias, Kioske und Verkaufsautomaten, reguliert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 63 vom 13.01.2021

Die von der Bundesregierung geplante Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) stößt bei Sachverständigen teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag deutlich. Ziel der Novelle ist es, den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und in den sozialen Medien zu verbessern. Dazu sollen die Anbieter von Internetdiensten verpflichtet werden, Vorkehrungen zu treffen, damit Kinder und Jugendliche vor sogenannten Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexueller Belästigung, Tracking oder Kostenfallen geschützt werden. Vorgesehen sind zudem einfache Melde- und Beschwerdemöglichkeiten für Kinder- und Jugendliche. Zur Durchsetzung der Auflagen sieht die Gesetzesvorlage hohe Bußgelder bei Verstößen auch gegen Anbieter im Ausland vor. Darüber hinaus sollen die Alterskennzeichnungen für Computerspiele und Filme vereinheitlicht und so geändert werden, dass sie Eltern, Fachkräften und den Kinder und Jugendlichen selbst eine nachvollziehbare Orientierung bieten.

Zuspruch für die geplante Neuregelung kam von Torsten Krause vom Deutschen Kinderhilfswerk. Die Erweiterung der Schutzziele in den Paragrafen 10 a und 10 b sei zu unterstützen, sagte er. Die Aufnahme von Interaktionsrisiken in das Gesetz böte eine geeignete Grundlage dafür, Gefährdungen zu unterbinden und Verstöße zu sanktionieren. Bezüglich der Jugendschutzvoreinstellungen plädierte Krause für eine Verschärfung des Entwurfes „hin zu einer Verpflichtung der Anbieter“.

Auch Julia von Weiler vom Verein „Innocence in Danger“ begrüßte den Entwurf. Es sei richtig, Anbieter stärker in die Pflicht zu nehmen. Immer wieder darauf zu verweisen, die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen müsse gestärkt werden, „dann wird schon alles gut“, reiche nicht aus, betonte sie. Richtig sei es auch, dass die Games, anders als im Netzwerkdurchsetzungsgesetz, in die Regelung aufgenommen werden sollen. In Übereinstimmung mit Kinderhilfswerk-Vertreter Krause kritisierte von Weiler, dass eine Befreiung von der Kennzeichnungs- und Vorsorgepflicht bei Film- und Spieleplattformen die weniger als eine Million Nutzer haben, geplant sei. „Diese Logik kapiere ich nicht“, sagte sie. Krause hatte zuvor gesagt: Niemand käme auf die Idee, eine kleine Kneipe aufgrund ihrer Größe von der Auflage zu befreien, keinen Alkohol an Kinder oder Jugendliche auszuschenken.

Ein positives Fazit zog Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen. „Mit der Novellierung sind wir auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Jugendschutz, der sich in ein übergreifendes rechtliches Umfeld einordnet“, befand sie. Es würden gesetzlich klare und verlässliche Strukturen für ein kohärentes und effektives Miteinander im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft von Bund und Ländern für den Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen.

Carsten Schöne vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen bemängelte, dass das Ziel des Gesetzes im Paragrafen 10 „versteckt“ sei. Es gehöre aber gleich in den Paragrafen eins. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht auch, die Ziele des Jugendschutzgesetzes mit Aufträgen an die Länder und die Gebietskörperschaften zu kombinieren, um eine Förderung der Medienbildung sicherzustellen. „Das greift nicht in die Selbstverwaltung der Kommunen ein“, urteilte er.

Annette Kümmel vom Verband Privater Medien (Vaunet) und Felix Falk vom Verband der deutschen Games-Branche halten das Gesetz in seiner jetzigen Form hingegen für untauglich. Der Entwurf verfehle das Ziel des Koalitionsvertrages von Union und SPD, ein kohärentes Jugendschutzsystem zu schaffen, kritisierte Kümmel. „Der ohnehin schon sehr komplexe deutsche Jugendmedienschutz wird noch komplizierter, ohne dass das Schutzniveaus signifikant verbessert wird“, sagte sie. Der Entwurf bedeute zudem für die privaten Medienanbieter eine unnötige Doppelregulierung, „aber auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung“.

Aus Sicht von Felix Falk ist es auch „kein Wunder“, dass der Entwurf sein Ziel verfehle, da sich Bund und Länder nicht auf gemeinschaftliche Regelungen „aus einer Hand“ hätten einigen können. Folge dessen sie ein schlechter Kompromiss, der auf Kosten von Eltern, Kindern und Anbietern gehe. „Auf dem schon bestehenden Flickenteppich im Kinder- und Jugendmedienschutz kommen jetzt noch ein paar Flicken hinzu“, sagte er. Falk forderte eine Stärkung des Systems der Selbstkontrolle. Korrekturen brauche es auch im Zusammenhang mit den Interaktionsrisiken.

Professor Marc Liesching von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig räumte ein, dass die Regulierung des Jugendmedienschutzes in Deutschland aufgrund der Aufteilung der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern eine besondere Herausforderung darstellt. Daher könnten bei gesetzgeberischen Alleingängen seitens des Bundes – wie der Länder – keine umfassenden regulatorischen Lösungen für die digitale, konvergente Medienrealität erwartet werden. Mit dem vorliegenden Entwurf würden nur marginale Veränderungen im bestehenden Jugendschutzsystem vorgenommen, sagte Liesching. Diese würden seiner Einschätzung nach „keine oder allenfalls geringe praktische Auswirkungen im Bereich des Jugendmedienschutzes zeitigen“.

Nach Ansicht von Professor Wolfgang Schulz vom Leibnitz-Institut für Medienforschung Hamburg adressiert der Entwurf „die richtige Risikoverschiebung“. Mit dem Vorsorgeansatz sei die Bundesregierung auf einem Weg, „den wir wissenschaftlich auch für plausibel halten“. Die fehlende Abstimmung zwischen Bundes- und Landesregelungen lasse es aber offen erscheinen, „wie viel davon tatsächlich auf die Straße kommt“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 48 vom 11.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25349) höhere Rentenleistungen für pflegende Angehörige. 84 Prozent der Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden, würden allein durch Angehörige oder Nahestehende mit Bezug von Pflegegeld versorgt. Seit 2017 steige die Zahl rentenversicherter Pflegepersonen sprunghaft, argumentieren die Abgeordneten. Sie kritisieren, dass Verbesserungen der vergangenen Jahre erst ab Pflegegrad 2 gelten und die unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung der Pflegegrade und Versorgungsformen nicht aufgehoben sei.

Die Linke fordert unter anderem, dass alle Pflegepersonen unabhängig vom Erwerbsstatus und auch im Pflegegrad 1 zusätzliche Rentenansprüche aus der Pflegetätigkeit erwerben können. Die Beitragszahlungen der Pflegekassen an die gesetzliche Rentenversicherung für die Alterssicherung von Pflegepersonen sollen deutlich erhöht werden. Alle Pflegepersonen sollen auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschläge von der regulären Altersrente, abhängig vom jeweiligen Pflegegrad, zusätzliche Rentenansprüche aus häuslicher Pflege bis zum Ende der Pflegesituation erwerben. Minderungen von erworbenen Betriebsrentenansprüchen sollen ausgeschlossen werden. Erwerbstätige Pflegepersonen, die ihre Arbeitszeit pflegebedingt reduzieren oder zeitweise unterbrechen, sollen hierdurch keine Renteneinbußen erfahren. Beim erstmaligen Eintreten einer Pflegesituation soll eine sechswöchige bezahlte Freistellung für erwerbstätige pflegende Angehörige analog dem Krankheitsfall gewährt werden, verlangt Die Linke weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 22 vom 05.01.2021

Die Bundesregierung hat ihren Bericht zur Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung vorgelegt. Aus Sicht der Regierung scheine ein Anstieg der Leistungsbeträge um fünf Prozent angemessen, heißt es in dem Bericht, wie aus einer Unterrichtung (19/25283) hervorgeht. Die Bundesregierung werde zeitnah über die Umsetzung entscheiden.

Die Bundesregierung hat den Angaben zufolge alle drei Jahre einen Bericht über die Notwendigkeit und Höhe einer Anpassung der Leistungen der Pflegeversicherung vorzulegen. Als Orientierungswert diene die kumulierte Preisentwicklung in den vergangenen drei Kalenderjahren, heißt es. Dabei sei sicherzustellen, dass der Anstieg der Leistungsbeträge nicht höher ausfalle als die Bruttolohnentwicklung im selben Zeitraum.

Der kumulierte Verbraucherpreisindex für die Jahre 2017 bis 2019 habe bei 4,8 Prozent gelegen. Die Bruttolohnsumme der abhängig Beschäftigten sei im selben Zeitraum um 8,9 Prozent gestiegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 10 vom 04.01.2021

Die von der Bundesregierung geplante Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ist in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag auf ein zweigeteiltes Echo gestoßen. Einerseits begrüßten die geladenen Sachverständigen mehrheitlich die geplanten Änderungen. Anderseits monierten sie, dass diese nicht weit genug gingen.

Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (19/24438) sieht vor, dass der Bezug des Elterngeldes um einen weiteren Monat verlängert wird, wenn das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher zur Welt kommt. Zudem soll die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können. Thema der Anhörung war zudem ein Antrag der FDP-Fraktion (19/17284), die sich ebenfalls für flexiblere Arbeitszeitkorridore bei den Partnerschaftsmonaten ausspricht.

Sigrid Andersen von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie begrüßte grundsätzlich die angestrebte Reformen beim Elterngeld und der Elternzeit. Der Gesetzentwurf der Regierung enthalte gute Ansätze. Allerdings sei die Flexibilisierung des Stundenkorridors bei der wöchentlichen Arbeitszeit beim Partnerschaftsbonus nicht weitgehend genug. Andersen sprach sich dafür aus, diesen bereits ab einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden zu ermöglichen. Die Festsetzung auf 24 Wochenstunden werde nicht dazu führen, dass der Partnerschaftsbonus zukünftig häufiger in Anspruch genommen werde, führte sie aus. Für unzureichend hält sie auch die Regelungen für Frühgeburten. Ein zusätzlicher Monat Elterngeld reiche nicht aus. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der zusätzliche Monat nur gewährt werde, wenn das Kind mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommt.

In diesem Sinne argumentierte auch Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken. Auch er forderte, beim Partnerschaftsbonus den Arbeitszeitkorridor bei bereits 20 Arbeitsstunden pro Woche beginnen zu lassen. Der Sachverständige monierte, dass der Partnerschaftsbonus prinzipiell ein Familienmodell mit zwei Verdienern gegenüber dem Alleinverdienermodell begünstige. Dies stehe im Widerspruch zu verfassungsrechtlich gebotenen Neutralität des Staates. Partnerschaftliche Erziehungsarbeit sei auch in Familien mit nur einem berufstätigen Elternteil möglich. Der Staat solle hier keine Vorgaben machen, forderte Dantlgraber. Zudem sprach er sich dafür aus, für jeden Monat, den ein Kind vor dem errechneten Geburtstermin geboren wird, einen zusätzlichen Elterngeldmonat zu gewähren. Prinzipiell müsse auch der Mindestbetrag des Elterngeldes von 300 auf 450 Euro angehoben werden.

Für eine großzügigere Regelungen bei Frühgeburten, eine Anhebung des Mindestbetrags des Elterngeldes und mehr Flexibilität beim Arbeitszeitkorridor sprach sich auch Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie aus. Vor allem für Alleinerziehende sei der Arbeitskorridor zu eng. Die wöchentliche Mindestarbeitszeit müsse nach unten korrigiert werden.

Das Urteil von Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) über das Gesetzesvorhaben fiel ebenfalls zweigeteilt aus. Einerseits begrüßten es die Arbeitsgeber ausdrücklich, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes möglichst schnell wieder in den Arbeitsprozess einsteigen. Deshalb sei die Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit während der Elternzeit von 30 auf 32 Stunden zu begrüßen. Plack verwies allerdings darauf, dass viele kleinere Betriebe Probleme bei der Umsetzung von Teilzeitmodellen hätten. Es sei sehr schwer, für eine begrenzte Zeit und Wochenstundenzahl qualifizierte Vertretungen auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

Silke Raab vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Gesetzentwurf. Der erweiterte Arbeitszeitkorridor von 24 bis 32 Wochenstunden sei praxistauglich. Die Vielfalt der damit möglichen Arbeitszeitarrangements erleichterte es nicht nur Müttern, sondern auch Vätern, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen. Raab plädierte darüber hinaus dafür, dass die Regelungen zum Elterngeld angesichts der Corona-Pandemie entfristet werden. So sei derzeit geregelt, dass Verdienstausfälle etwa durch Kurzarbeit nicht zu Nachteilen bei der Inanspruchnahme beziehungsweise der Berechnung des Elterngeldes führen dürfen. Diese Regelung laufe aber Ende des Jahres aus. Dies müsse geändert werden, forderte Raab.

Jörg Freese von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte, dass die Bearbeitung von Elterngeld- und Elternzeitanträgen zukünftig mehr Zeit erfordern werde. Gleiches gelte für die Beratungszeit. Der von der Bundesregierung noch immer veranschlagte Aufwand von zehn Minuten sei nicht mehr realistisch. Ein Beratungsaufwand von 20 bis 30 Minuten sei realistischer.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1382 vom 14.12.2020

Die rechtliche Situation gleichgeschlechtlicher Ehepaare in Deutschland, der Europäischen Union und weltweit ist Thema einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/25052). Wie es darin heißt, plant das Bundesjustizministerium, auf die breite Kritik an der abstammungsrechtlichen Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Ehepaare eingehend, derzeit eine Reform des Abstammungsrechts zugunsten verheirateter Frauen. Demnach solle es künftig auch zwei Müttern ermöglicht werden, von Geburt eines Kindes an dessen rechtliche Eltern zu sein. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Abstammungs-, Kindschafts- und Kindesunterhaltsrechts befinde sich Presseberichten zufolge derzeit in der Ressortabstimmung. Weiterhin nicht berücksichtigt würden im vom Bundesjustizministerium vorgelegten Gesetzentwurf jedoch andere Konstellationen von Regenbogenfamilien wie beispielsweise Mehr-Eltern-Familien oder die Rolle des leiblichen Vaters bei bereits vor der Zeugung des Kindes einvernehmlich getroffenen Elternschaftsvereinbarungen. Darüber hinaus sei eine Rechtsgleichheit gleichgeschlechtlicher Ehepaare auch innerhalb der Europäischen Union noch nicht flächendeckend gegeben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1378 vom 14.12.2020

Mehr Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen, Dynamik aber vor allem in Vorständen verhalten – Frauenanteile in Aufsichtsräten deutlich höher – Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen ist wichtiges gleichstellungspolitisches Signal, reicht allein aber nicht aus

Die Frauenanteile in den Spitzengremien großer Unternehmen in Deutschland sind im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Vielerorts gewann die Entwicklung aber insbesondere in den Vorständen kaum an Dynamik. Das geht aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor. 101 Vorständinnen gab es demnach im Herbst vergangenen Jahres in den 200 umsatzstärksten Unternehmen – sieben mehr als ein Jahr zuvor. Bei insgesamt 878 Vorstandsposten entsprach dies einem Anteil von rund zwölf Prozent und damit einem Plus von gut einem Prozentpunkt. Nachdem es 2019 noch etwas dynamischer aufwärts ging, büßte die Entwicklung wieder ein wenig Tempo ein. Auch in den Vorständen der größten Banken und Versicherungen ist der Frauenanteil zuletzt etwas langsamer gestiegen als im Jahr zuvor. In der Gruppe der DAX-30-Unternehmen stagnierte er sogar. In den Aufsichtsräten der größten Unternehmen in Deutschland ist der Frauenanteil hingegen durchgehend weiter gestiegen.

„Im Gegensatz zu einigen Aufsichtsräten sitzen bei den meisten Vorstandsrunden nach wie vor ganz überwiegend Männer am Tisch“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat am DIW Berlin. Erneut hat sie in der größten Auswertung dieser Art gemeinsam mit Anja Kirsch von der Freien Universität Berlin mehr als 500 Unternehmen unter die Lupe genommen und ausgewertet, inwieweit Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten vertreten sind.

Etwa 30 Unternehmen brauchen mindestens eine Frau für ihren Vorstand

Schwung verleihen könnte der vergleichsweise zähen Entwicklung in Vorständen die zu Jahresbeginn vom Bundeskabinett beschlossene Mindestbeteiligung von Frauen: In ihrer jetzigen Ausgestaltung würde sie für 74 Unternehmen gelten, sofern das Gesetz vom Bundestag verabschiedet wird. Etwa 30 davon erfüllen die Vorgabe von mindestens einer Frau in einem Vorstand ab vier Mitgliedern noch nicht. Tun sie dies künftig, stiege der Anteil der Vorständinnen in den unter die Regelung fallenden Unternehmen von etwa 13 auf 21 Prozent. „Die verbindliche Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen in ein wichtiges gleichstellungspolitisches Signal“, so Wrohlich. „Es wird Zeit, dass sich nach den Aufsichtsräten auch in den Vorständen endlich etwas tut. Das ist auch im Interesse der Unternehmen, denn mehr Geschlechterdiversität wirkt sich meistens äußerst positiv aus.“

Das unterstreichen auch die Aussagen von 60 AufsichtsrätInnen, die im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Freien Universität Berlin interviewt wurden. Anja Kirsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Personalpolitik, befragte dabei jeweils 30 Frauen und Männer mit Aufsichtsratsmandaten in 75 börsennotierten Unternehmen zu den Auswirkungen von mehr Frauen in den Kontrollgremien. Das Ergebnis: Interaktion, Diskussion und Entscheidungsfindung profitieren deutlich. Die Interviewten empfanden eine freundlichere Atmosphäre, mehr Höflichkeit und gegenseitige Wertschätzung. Zudem wurden Diskussionen als umfassender und facettenreicher beschrieben. Die Vorstellung, dass Frauen in Aufsichtsräten besonders risikoscheue, altruistische und ethische Beiträge machen, bestätigte sich hingegen nicht.

„Frauen hinterfragen offenbar eher Vorschläge und Entscheidungen des Vorstands und fordern öfter zusätzliche Informationen“, sagt Kirsch. „Geschlechterdiversität in Aufsichtsräten kann also dazu beitragen, Vorstände effektiver zu kontrollieren.“ Angesichts immer wieder auftretender Fälle von Betrug durch das Top-Management – wie im Fall Wirecard – erscheine eine verbesserte Diskussion und Entscheidungsfindung in Aufsichtsräten enorm wichtig, so die Studienautorinnen. „Die Hoffnung ist, dass in diesem Sinne auch die gesetzliche Vorgabe für eine Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen zusätzliche Impulse bewirkt“, so Kirsch.

Entwicklung in Aufsichtsräten zeigt, dass gesetzliche Vorgaben wirken

Dass verbindliche Vorgaben wirken und den Frauenanteil nachhaltig erhöhen können, zeigt die 2015 beschlossene Geschlechterquote für Aufsichtsräte: Die der Quote unterliegenden Unternehmen haben die vorgeschriebene 30-Prozent-Marke bereits 2017 geknackt und den Anteil ihrer Aufsichtsrätinnen dennoch weiter erhöht – im Herbst 2020 lag er bereits bei rund 36 Prozent.

Ob die Mindestbeteiligung für Vorstände eine ähnliche Entwicklung anstoßen kann, bleibt abzuwarten. Im Gegensatz zu Aufsichtsrätinnen sei der Pool an möglichen Vorständinnen deutlich geringer, so Wrohlich, da Vorstände in der Regel langjährige Managementerfahrungen haben und aus der Hierarchieebene direkt unterhalb des Vorstands rekrutiert werden – und genau dort sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. „Das sollten die Unternehmen dringend ändern, sonst werden sie Probleme bekommen, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen“, so Wrohlich. Neben neuen Formen der Arbeitsorganisation müssten dafür nicht zuletzt Geschlechterstereotype in der Arbeitswelt und die vielerorts noch immer männlich geprägte Führungskultur aufgebrochen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 20.01.2021

Im 3. Quartal 2020 wurden in Deutschland rund 24 000 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 3,7 % weniger als im 3. Quartal 2019. Diese Veränderungsrate liegt im Bereich der üblichen Schwankungen, sodass dieses Ergebnis nicht durch einen Sondereffekt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beeinflusst sein muss. 

70 % der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 19 % waren zwischen 35 und 39 Jahren. 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre. Rund 41 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht. 

96 % der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation oder ein Sexualdelikt war in den übrigen 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Mehr als die Hälfte der Schwangerschaftsabbrüche (56 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration), fast ein Drittel (32 %) wurde medikamentös durchgeführt, vor allem mit dem Mittel Mifegyne® (29 %). 97 % der Eingriffe erfolgten ambulant, davon gut 80 % in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und knapp 17 % ambulant in Krankenhäusern.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 21.01.2021

Bevölkerungszahl bleibt voraussichtlich konstant bei 83,2 Millionen Menschen

Ende 2020 haben in Deutschland nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 83,2 Millionen Menschen gelebt. Aufgrund einer geringeren Nettozuwanderung und einer gestiegenen Sterbefallzahl bei voraussichtlich etwas weniger Geburten als im Vorjahr hat die Bevölkerungszahl damit erstmals seit 2011 nicht zugenommen. In den drei Jahrzehnten seit der deutschen Vereinigung war die Bevölkerung Deutschlands überwiegend gewachsen, mit Ausnahme der Jahre 1998 sowie 2003 bis 2010. Das Bevölkerungswachstum hatte sich jedoch ausschließlich aus dem positiven Wanderungssaldo ergeben – also dadurch, dass mehr Menschen zugewandert als abgewandert sind. Ohne diese Wanderungsgewinne würde die Bevölkerung bereits seit 1972 schrumpfen, da seither jedes Jahr mehr Menschen starben als geboren wurden. 

Erste Schätzungen: Weniger Geburten und mehr Sterbefälle als 2019 

Die Zahl der Geburten dürfte 2020 gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen haben und die Zahl der Sterbefälle spürbar gestiegen sein. Für 2020 ist der Schätzung nach mit 755 000 bis 775 000 Geborenen und mindestens 980 000 Gestorbenen zu rechnen. Der Schätzung der Sterbefälle liegen sowohl die vorläufigen Ergebnisse bis einschließlich September 2020 als auch eine Sonderauswertung der Sterbefallzahlen auf Basis der Rohdaten bis einschließlich der 50. Kalenderwoche zugrunde. Auf dieser Grundlage wurde der derzeit zu beobachtende, offenbar auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängende Anstieg der Sterbefälle fortgeschätzt.

Aus der Schätzung der Geburten- und Sterbefälle ergibt sich ein Geburtendefizit (Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen) von mindestens 205 000. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte die Zahl der Geborenen 778 090, die Zahl der Gestorbenen 939 520 und das Geburtendefizit 161 430 betragen.

Voraussichtlich deutlich weniger Wanderungen als 2019 

Der Saldo aus Zu- und Fortzügen wird für 2020 zwischen +180 000 und +240 000 Personen geschätzt (2019: 327 060). Der Wanderungssaldo würde damit nach dem Höchstwert im Jahr 2015 (1 139 402) im fünften Jahr in Folge gegenüber dem Vorjahr abnehmen. Im Jahr 2020 dürften sich insbesondere Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie und wirtschaftliche Folgen eindämmend auf die Wanderung ausgewirkt haben. Allein bis September 2020 ging die Zahl der Zuzüge um 25 % und der Fortzüge um 22 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Erfahrungsgemäß ist das Wanderungsgeschehen am Jahresende geringer, sodass für das Gesamtjahr 2020 mit einem etwa um 25 % bis 45 % niedrigeren Wanderungssaldo als 2019 zu rechnen ist.

Methodische Hinweise:
Grundlage für die Schätzung des Bevölkerungsstandes zum Jahresende 2020 bilden die bereits verfügbaren monatlichen Angaben zu Geburten (bis einschließlich September 2020), Sterbefällen (vorläufige Sterbefallzahlen bis einschließlich September 2020 und Sonderauswertung der Rohdaten bis zur 50. Kalenderwoche 2020) sowie Zu- und Abwanderungen (bis einschließlich September 2020 ). Die noch fehlenden Werte wurden mithilfe einer Zeitreihenanalyse der monatlichen Veränderungen der Geburten, der Sterbefälle sowie der Zuzüge nach und der Fortzüge aus Deutschland berechnet. Die Ergebnisse bilden daher einen vorläufigen Stand der Bevölkerungsentwicklung für 2020 ab. Die endgültigen Ergebnisse werden im Sommer 2021 veröffentlicht.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 12.01.2021

  • In 5 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren war mindestens ein Elternteil erwerbstätig
  • 581 000 Alleinerziehende mit Kindern unter elf Jahren waren erwerbstätig; 41 % von ihnen in Vollzeit

Wiesbaden – Mit der Verlängerung des Lockdowns in Deutschland bleibt auch der Regelbetrieb in Schulen und Kitas in den meisten Bundesländern ausgesetzt. Berufstätige Eltern müssen Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bekommen – vor allem für Eltern jüngerer Kinder und Alleinerziehende eine enorme Herausforderung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, gab es 2019 rund 5 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren in Deutschland, in denen mindestens ein Elternteil berufstätig war. In knapp 3,2 Millionen Familien mit jüngeren Kindern waren beide Elternteile erwerbstätig – das entspricht gut zwei Dritteln aller Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren (68 %). 

90% der erwerbstätigen Alleinerziehenden mit jüngeren Kindern waren Frauen

Für Alleinerziehende ist der Spagat zwischen Arbeit und Kinderbetreuung besonders schwierig. 1,1 Millionen Kinder im Kita- und Grundschulalter lebten zuletzt bei einem Elternteil. Im Jahr 2019 waren 581 000 Alleinerziehende mit Kindern unter elf Jahren erwerbstätig. Davon arbeiteten 41 % in Vollzeit (241 000), die übrigen in Teilzeit. Der überwiegende Teil der erwerbstätigen Alleinerziehenden mit jüngeren Kindern waren Frauen (90 %). 

Die Kultusministerkonferenz beschloss am 4. Januar eine Wiederaufnahme des Regelbetriebs in Schulen in mehreren Stufen. Danach sollen, sobald es das Infektionsgeschehen zulässt, zunächst Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 in den Präsenzunterricht zurückkehren. Das könnte vor allem für berufstätige Eltern mit Kindern unter 13 Jahren die Betreuungssituation entspannen. 2019 gab es 5,7 Millionen Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 12 Jahren, in denen mindestens ein Elternteil erwerbstätig war. In 3,6 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter 13 Jahren waren beide Elternteile erwerbstätig. Bei den erwerbstätigen Alleinerziehenden hatten 730 000 Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren, 310 000 von ihnen arbeiteten in Vollzeit (Anteil von 42 %). 

4,5 Millionen Kinder wurden 2019/2020 in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 unterrichtet 

Im Schuljahr 2019/20 besuchten rund 2,8 Millionen Kinder in Deutschland die Grundschule, 4,5 Millionen Kinder wurden in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 unterrichtet. In Kindertageseinrichtungen wurden zum Stichtag 1. März 2020 bundesweit gut 3,7 Millionen Kinder unter elf Jahren betreut.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 07.01.2021

Häufigste Kombination: Vernachlässigungen und psychische Misshandlungen

Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2019 mit rund 55 500 Kindeswohlgefährdungen das zweite Mal in Folge 10 % mehr Fälle festgestellt als im jeweiligen Vorjahr. Eine neue Auswertung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigt nun, dass in jedem fünften Fall von Kindeswohlgefährdung (20 %) mehrere Gefährdungsarten gleichzeitig vorlagen. Im Jahr 2019 betraf das rund 11 200 Kinder und Jugendliche. Zu den vier Gefährdungsarten zählten dabei – neben psychischen und körperlichen Misshandlungen – noch Vernachlässigungen und sexuelle Gewalt.

In 17 % aller Fälle von Kindeswohlgefährdung hatten die Behörden zwei verschiedene Gefährdungsarten festgestellt, in 3 % waren es drei und in 0,2 % der Fälle lagen sogar alle vier Gefährdungsarten vor. Am häufigsten hatten die mehrfach betroffenen Jungen oder Mädchen sowohl Vernachlässigungen als auch psychische Misshandlungen erlebt (6 % aller Fälle von Kindeswohlgefährdung). Die zweithäufigste Kombination bildeten 2019 psychische und körperliche Misshandlungen (ebenfalls 6 %). An dritter Stelle stand die Kombination aus Vernachlässigung und körperlicher Misshandlung (4 %).Gut vier Fünftel (81 %) der Mehrfachbetroffenen waren Kinder unter 14 Jahren, knapp ein Fünftel Jugendliche von 14 bis 18 Jahren. Dabei waren die mehrfach betroffenen Mädchen und Jungen tendenziell etwas älter als der Durchschnitt aller Betroffenen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der mehrfach betroffenen Kinder und Jugendlichen überdurchschnittlich gestiegen – und zwar um 15 % (Durchschnitt: +10 %).

Mit der Zahl der Gefährdungsarten steigt der Anteil der Inobhutnahmen und der Anrufungen der Familiengerichte 

Mit der Zahl der Gefährdungsarten steigt auch der Anteil der Minderjährigen, die nach der Feststellung der Kindeswohlgefährdung zu ihrem Schutz in Obhut genommen wurden: Während dies in den Fällen mit einer Gefährdungsart auf 14 % der Kinder und Jugendlichen zutraf, waren es bei zwei Arten 22 %, bei drei Arten 27 % und bei allen vier Arten 40 %. 

Noch ausgeprägter war dieser Zusammenhang bei den Anrufungen des Familiengerichts: Familiengerichte werden vom Jugendamt immer dann eingeschaltet, wenn der Kinderschutz durch mildere Mittel nicht (wieder) hergestellt werden kann. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass das Familiengericht bei einer Gefährdungsart in 18 % der Fälle angerufen wurde. Bei zwei Gefährdungsarten traf dies auf 28 %, bei drei Arten auf 38 % und bei allen vier Gefährdungsarten auf 54 % der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu. Damit lag dieser Anteil dreimal so hoch wie bei den Fällen mit einer Gefährdungsart.

Weitere Informationen:
Detaillierte Ergebnisse der Sonderauswertung zu den mehrfach betroffenen Kindern und Jugendlichen können der verlinkten Tabelle entnommen werden. Ausführliche Angaben der Statistik stehen in der Publikation „Gefährdungseinschätzungen“, in der Datenbank GENESIS-Online unter „Gefährdungseinschätzungen“ (Genesis Tabellen 22518) und in der Pressemitteilung Nr. 328 vom 27. August 2020 bereit. Weiterführende Ergebnisse zum Kinderschutz und andere Ergebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistiken befinden sich auf der Themenseite. Der Kinderschutz ist Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der Vereinten Nationen und wird im Monitoring der Agenda 2030 unter anderem im Indikator 16.2 aufgegriffen.

Hinweis:
Eine (akute oder latente) Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und der Gefährdung entgegenzuwirken. Dazu zählen in der Regel auch ein Hausbesuch und die Erörterung der Problemsituation mit dem Kind und – sofern dies dem Kinderschutz nicht widerspricht – den Sorgeberechtigten. Im Zweifel kann der Kinderschutz auch gegen den Willen der Sorgeberechtigten durch ein Familiengericht durchgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 06.01.2021

Zahl der Erwerbstätigen gegenüber Vorjahr um 1,1 % oder 477 000 Personen gesunken

Im Jahresdurchschnitt 2020 waren rund 44,8 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2020 um 477 000 Personen oder 1,1 % niedriger als 2019 und war auch um 76 000 Personen oder 0,2 % geringer als 2018. 2019 hatte die Zuwachsrate noch +0,9 % betragen. Damit endete in der Corona-Krise der über 14 Jahre, auch während der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit in Deutschland. Allerdings wäre der seit 2007 dauernde Beschäftigungszuwachs vermutlich auch ohne die Corona-Krise bald zum Ende gekommen, da das Erwerbspersonenpotenzial aufgrund des demografischen Wandels schwindet. Diese Entwicklung wird derzeit immer schwächer durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung sowie die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte kompensiert.

Dienstleistungsbereiche mit größten Beschäftigungsverlusten

In der Summe gab es im Jahr 2020 in den Dienstleistungsbereichen mit -281 000 Personen oder -0,8 % gegenüber 2019 den stärksten Rückgang der Erwerbstätigenzahl. Insgesamt waren noch rund 33,5 Millionen Personen in den Dienstleistungsbereichen tätig. Die größten Beschäftigungsverluste darunter hatten der Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe mit -207 000 Erwerbstätigen (-2,0 %) und die Unternehmensdienstleister mit -156 000 Erwerbstätigen (-2,5 %), zu denen auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Beschäftigungsgewinne gab es hingegen im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit +153 000 Erwerbstätigen (+1,4 %). 

Im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) sank die Erwerbstätigenzahl 2020 um 191 000 (-2,3 %) auf rund 8,2 Millionen. Vom Baugewerbe kamen mit einem Anstieg um 17 000 Erwerbstätige (+0,7 % auf rund 2,6 Millionen) noch positive Impulse. In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei waren 22 000 Personen weniger erwerbstätig als 2019 (-3,7 % auf 577 000). 

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dank Kurzarbeit stabil, Zahl der Selbständigen deutlich gesunken 

Die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sank im Jahresdurchschnitt 2020 um 324 000 Personen (-0,8 %) auf rund 40,8 Millionen. Besonders stark war der Teilbereich der marginal Beschäftigten betroffen (geringfügig Beschäftigte, kurzfristig Beschäftigte und Arbeitsgelegenheiten). Dagegen konnte bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, insbesondere durch den Einsatz von Kurzarbeit, die Beschäftigung stabil gehalten werden. Bei den Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger setzte sich der seit nunmehr 9 Jahren andauernde Abwärtstrend im Corona-Krisenjahr 2020 verstärkt fort: Ihre Zahl sank gegenüber 2019 um 153 000 auf 4,0 Millionen (-3,7 %). 

Bei den Ergebnissen ist zu beachten, dass Kurzarbeitende nach den Konzepten der Erwerbstätigenrechnung und der Arbeitskräfteerhebung als Erwerbstätige und nicht als Erwerbslose zählen. 

Zahl der Erwerbslosen um mehr als ein Drittel gestiegen 

Die Zahl der Erwerbslosen (nach international vergleichbarer Definition) in Deutschland stieg nach vorläufigen Schätzungen auf Basis der Arbeitskräfteerhebung im Jahresdurchschnitt 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 474 000 Personen (+34,5 %) auf 1,85 Millionen. Die Zahl der aktiv am Arbeitsmarkt verfügbaren Erwerbspersonen, definiert als Summe von Erwerbstätigen und Erwerbslosen, erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 42 000 Personen (+0,1 %) auf 46,5 Millionen. Die Erwerbslosenquote, gemessen als Anteil der Erwerbslosen an der Zahl der Erwerbspersonen, erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr von 3,0 % auf 4,0 %.

Weitere Informationen:
Tief gegliederte Daten und lange Zeitreihen zu den Erwerbstätigen und Erwerbslosen können über die Tabellen Erwerbstätige Erwerbstätige (81000-0015) und Erwerbspersonen inklusive Erwerbslose (81000-0011) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Die aktuellen Daten sowie methodische Kurzbeschreibungen zur Berechnung der Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit stehen im Internet zur Verfügung.

Zentrale Ergebnisse der Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 enthält die Pressemitteilung Nr. 436 vom 2. November 2020. Die Vorausberechnung umfasst sechs Varianten zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials bis ins Jahr 2060.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 04.01.2021

Die rund 3,4 Millionen Erwerbstätigen im Einzelhandel stehen zurzeit besonders im Fokus. Ob in Ladengeschäften, denen während des Corona-bedingten Lockdowns ein Teil des Weihnachtsgeschäfts entgeht oder in Supermärkten, die die Bevölkerung auch in dieser Zeit mit Lebensmitteln versorgen – fast zwei Drittel (64 %) aller Erwerbstätigen dort waren 2019 Frauen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt.

Fast die Hälfte der Erwerbstätigen arbeitete in Teilzeit

45 % der Erwerbstätigen im Einzelhandel arbeiteten in Teilzeit. Die überwiegende Mehrheit davon waren Frauen (84 %). Zum Vergleich: 29 % der Erwerbstätigen aller Branchen leisteten 2019 Teilzeitarbeit. Auch hier stellten Frauen mit einem Anteil 78 % die Mehrheit. 

Zwei Drittel der Erwerbstätigen im Einzelhandel arbeiten samstags 

Zum Alltag im Einzelhandel gehört die Arbeit am Samstag. 64 % der Erwerbstätigen arbeiteten im Jahr 2019 an diesem Tag. Das waren anteilig fast doppelt so viele wie bei den Erwerbstätigen aller Branchen (34 %). Sonn- und feiertags dagegen ergibt sich ein umgekehrtes Bild. Dank der herrschenden Ladenöffnungsgesetze kann die Mehrheit der Erwerbstätigen im Einzelhandel hier regelmäßig einen freien Tag genießen. Nur 11 % mussten 2019 an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Von den Erwerbstätigen aller Branchen leisteten dagegen 21 % Sonn- und Feiertagsarbeit. 

Methodische Hinweise. 

Erwerbstätige im Kfz-Handel werden in der dieser Meldung zugrundeliegenden Wirtschaftsgruppe „Einzelhandel“ nicht miterfasst. Enthalten sind hier dagegen nicht nur die Erwerbstätigen im Versand- und Internethandel, sondern auch viele weitere Untergruppen wie etwa Apotheken, die während des Corona-bedingten Lockdowns zur Gesundheitsversorgung offenbleiben (müssen). 

Datengrundlage ist der Mikrozensus, für den jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 22.12.2020

Insgesamt wurden mehr als die Hälfte (51,3 %) aller Pflegebedürftigen in Deutschland allein durch Angehörige versorgt

Sich auf wenige Kontakte beschränken, Hygienemaßnahmen einhalten und generell eine erhöhte Sorge füreinander an den Tag legen – die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie fordern die Menschen im Alltag. Besonders hart trifft es Risikogruppen, darunter auch Pflegebedürftige und deren Angehörige – nicht nur in Pflegeheimen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden Ende 2019 hierzulande 2,1 Millionen Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5 und damit mehr als die Hälfte aller 4,1 Millionen Pflegebedürftigen (51,3 %) allein durch Angehörige zu Hause versorgt. 72 700 von ihnen hatten den höchsten Pflegegrad (5) und wiesen damit schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung auf.

In Baden-Württemberg (55,3 %), Hessen (55,1 %) und Nordrhein-Westfalen (54,0 %) lag der Anteil der Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis 5, die ausschließlich durch Angehörige versorgt wurden, am höchsten. Am niedrigsten lag der Anteil in Sachsen-Anhalt (42,9 %), Schleswig-Holstein (43,2 %) und Hamburg (44,7 %).

Ambulante Pflegedienste werden mit zunehmendem Pflegegrad immer wichtiger 

Je schwerer die Beeinträchtigungen der Pflegebedürftigen, desto häufiger übernehmen ambulante Pflegedienste – zumindest teilweise – deren Versorgung. Zum Jahresende 2019 versorgten 14 700 ambulante Dienste 983 000 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 bis 5 in Deutschland. Die ambulanten Pflegedienste beschäftigen hierzulande zuletzt 421 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit steigendem Pflegegrad nimmt auch der Anteil zu, den Pflegedienste an der Versorgung zu Hause erbringen: Von 27,6 % bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis hin zu 37,9 % bei Menschen mit Pflegegrad 5 (Pflegegrad 3: 31,0 %, Pflegegrad 4: 34,9 %). 

Insgesamt wurden vier von fünf Pflegebedürftigen (3,31 Millionen) zu Hause versorgt 2. In Brandenburg lag der Anteil der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen mit 83,9 % am höchsten. Ähnlich hoch war er in Nordrhein-Westfalen (82,5 %) und Bremen (82,1 %). Schleswig-Holstein (73,1 %), Bayern (76,6 %) und Sachsen-Anhalt (77,6 %) wiesen bundesweit den niedrigsten Anteil auf. Die Zahl der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen (Pflegegrad 1 bis 5) stieg im Vergleich zur letzten Erhebung 2017 im bundesweiten Durchschnitt um 27 %. Hier zeigen sich auch Effekte des zum 1. Januar 2017 neu eingeführten weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs.

Pflege zu Hause wird mit zunehmendem Alter der Betroffenen immer schwieriger 

Pflegende Angehörige und pflegebedürftige Personen sind Individuen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen – verschieden in der Art der Erkrankung, der Pflegesituation und den damit verbundenen Herausforderungen auch im Alter. Die Zahlen der Pflegestatistik zeigen: Der Anteil der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen sinkt mit deren zunehmendem Alter. Während Pflegebedürftige von 65 bis unter 70 Jahren im vergangenen Jahr zu 84,5 % zu Hause versorgt wurden, lag der Anteil der zu Hause betreuten über 90-Jährigen bei 64,6 %. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass im hohen Alter die Pflegebedürftigkeit steigt. Ende 2019 waren 16,4 % der 65 bis unter 70-Jährigen Pflegebedürftigen in den beiden höchsten Pflegegraden, bei den über 90-Jährigen liegt der Anteil der Pflegegrade 4 und 5 bei 26,0 %.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse und Erläuterungen der zweijährlichen Statistik – insbesondere auch zu Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten einschließlich des Personals – stehen in der Publikation „Pflegestatistik 2019 – Deutschlandergebnisse “ und „Pflegestatistik 2019 – Ländervergleich Pflegebedürftige “ sowie in den Tabellen zur Pflegestatistik (224) in der Datenbank GENESIS-Online (zum Beispiel Pflegebedürftige nach Art der Versorgung und Altersgruppen in 22421 -B2007) zur Verfügung.

Pflege zu Hause betrifft auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit: In Deutschland ist die bezahlte und unbezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen ungleich verteilt, der Gender Care Gap liegt bei 52 %. Dies bedeutet, dass Frauen durchschnittlich 52 % mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit verwenden als Männer, erläutert Prof. Dr. Jutta Almendinger in unserem Podcast .

Methodische Hinweise:

Als Pflegebedürftige werden Menschen beschrieben, die pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) sind, das heißt aufgrund einer körperlichen oder psychischen Erkrankung oder Behinderung in einem solchen Ausmaß in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt sind, dass es der Unterstützung anderer bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben bedarf. Die Bedürftigkeit der Menschen klassifiziert das Gesetz von gering (Pflegegrad 1) bis hin zu schwersten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder Fähigkeiten (Pflegegrad 5).

Pflegebedürftige allein durch Angehörige versorgt: Hier werden die Pflegebedürftigen zugeordnet, die Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen nach § 37 Abs.1 SGB XI erhalten. Die Leistung erhalten nur Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5. Inwieweit hier auch unterstützend anderweitig finanzierte Haushaltshilfen tätig sind, wird in der Statistik nicht abgebildet. Die Statistik enthält zudem keine Angaben über die Zahl der pflegenden Angehörigen.

Fußnote 2: Hierzu zählen die allein durch Angehörige Versorgten, die zusammen mit/ durch ambulante Dienste Versorgten, Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 mit ausschließlich landesrechtlichen bzw. ohne Leistungen der Heime und Dienste sowie Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 mit teilstationären Leistungen.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 18.12.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die gemeinnützige Stiftung Alltagsheld:innen hat mit einem soliden Startkapital von 1.200.000 Euro zum Beginn des Jahres 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist die erste Stiftung, die sich bundesweit ausschließlich für die Rechte von Alleinerziehenden einsetzt. Als Auftakt fördert sie Projekte, die Ein-Eltern-Familien in der Corona-Krise unterstützen.

In Deutschland ist jede fünfte Familie eine Ein-Eltern-Familie – es handelt sich dabei also nicht um ein Ausnahmephänomen, sondern um eine bedeutende Bevölkerungsgruppe. Von den etwa 2,6 Millionen Alleinerziehenden sind 90 Prozent Frauen. Ein erschreckend hoher Anteil lebt an der Armutsgrenze – es gibt in Deutschland kein größeres Armutsrisiko für Frauen, als ihre Kinder allein aufzuziehen. Die Corona-Pandemie stellt für Alleinerziehende eine weitere große Belastungsprobe dar: Sie müssen Berufstätigkeit und Kinderbetreuung, Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut bekommen und sind dabei auf sich allein gestellt.

Die neu gegründete Stiftung Alltagsheld:innen setzt sich für Alleinerziehende ein: Sie macht durch politische Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit auf die Situation von Ein-Eltern-Familien aufmerksam und fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema. Die Stiftung leistet keine Einzelfallhilfe, sondern finanziert Projekte, die geeignet sind, grundsätzlich und langfristig zur Verbesserung der konkreten Lebenssituation von Alleinerziehenden beizutragen. So zum Beispiel die Entwicklung innovativer gemeinschaftlicher Wohn- und Arbeitsplatzformen oder hochwertiger und bedarfsgerechter Kinderbetreuungsmodelle, die Ein-Eltern-Familien im Alltag entlasten können. Auch für Projekte im Ausland werden Mittel zur Verfügung gestellt. Erste Projektpartnerin der Stiftung ist eine Vereinigung alleinerziehender Frauen in Marokko, die sich „100% Mamans“ nennt.

In Deutschland startet die Stiftung mit Projekten zur gezielten Unterstützung von Alleinerziehenden in der Corona-Pandemie. Entsprechende Vorschläge und Anträge können ab sofort eingereicht werden. Außerdem ist es nun möglich, sich durch steuerlich absetzbare Spenden am weiteren Aufbau der gemeinnützigen Stiftung zu beteiligen und damit längst ausstehende Veränderungen zu einer geschlechtergerechteren Gesellschaft voranzutreiben.

Mit der Gründung der Stiftung Alltagsheld:innen verwirklichte die geschäftsführende Vorständin Heidi Thiemann ihren Traum von einer bundesweit tätigen Institution, die Alleinerziehende und deren Kinder in den Mittelpunkt rückt. Ausgangspunkt für ihre Vision waren persönliche und berufliche Erfahrungen. Die Kölner Ethnologin hat selbst zwei mittlerweile volljährige Söhne allein großgezogen.

„Alleinerziehenden fehlt es nicht nur an adäquater Unterstützung und Entlastungsoptionen. Sie werden darüber hinaus systematisch benachteiligt – finanziell, rechtlich und sozial. Das kann so nicht bleiben“, stellt Heidi Thiemann fest. „Ich bin deshalb sehr dankbar über die großzügige finanzielle Zuwendung unserer Gründungsstifter:innen und freue mich auf die Umsetzung innovativer Projekte und Maßnahmen, um die Situation von Ein-Eltern-Familien in Deutschland, aber auch in anderen Teilen der Welt, nachhaltig verbessern zu können. Wir sind überzeugt, dass viele Menschen den Wert unserer Ziele erkennen und unsere Arbeit durch Spenden langfristig unterstützen werden. Alle Spenden an unsere gemeinnützige Stiftung sind selbstverständlich steuerlich absetzbar.“

Die Stiftung Alltagsheld:innen sieht sich in der Tradition vieler anderer Initiativen und Verbände, die sich seit Jahrzehnten für die Interessen Alleinerziehender einsetzen.

Bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten setzt die Stiftung auf eine gute Zusammenarbeit mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Die Stiftung mit Sitz in Hilden erlangte im November 2020 ihre Rechtsfähigkeit als eine der neuen Hybridstiftungen, die Verbrauchs- und Ewigkeitsstiftungsanteile enthalten. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke.

Quelle: Pressemitteilung Alltagsheld:innen Stiftung für die Rechte von Alleinerziehenden vom 19.01.2021

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die von der Gießener Ärztin Kristina Hänel eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen verworfen. Das Urteil nach §219a wegen „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch“ ist damit rechtskräftig.

„Das erneue Urteil gegen Kristina Hänel hat wieder einmal bestätigt, was wir als AWO schon lange sagen: Der Paragraph §219a StGB muss ersatzlos gestrichen werden!“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Die Selbstbestimmung der Frau über ihr eigenes Leben enthält nach Ansicht der AWO auch das Recht, sich selbstverantwortlich für oder gegen ein Leben mit Kindern entscheiden zu können. Schubert: „Frauen müssen vollständige, umfassende und aus einer Hand verfügbare medizinische Informationen erhalten, um eine für sie sinnvolle Entscheidung zu treffen zu können.“

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweiten Schwangerschaftsberatungsstellen für umfassende und niedrigschwellige Sexualaufklärung, kostenfreie Verhütungsmittel für einkommensarme Menschen, ein Recht auf Information über und den niedrigschwelligen Zugang zu einem legalen und medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbruch ein.

Kristina Hänel war 2017 zu einer Geldstrafte von 6.000€ verurteilt worden, da sie auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbrüche umfassend informiert hatte. Die anschließende Debatte führte 2019 zu einer Reform des §219a StGB, die im Ergebnis Ärztinnen und Ärzten erlaubte, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Abbrüche durchführen, aber keine weitergehenden Informationen zu Kosten oder Methoden zuließ. In seiner Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt ausgeführt, dass der reformierte Paragraph im praktischen Ergebnis nicht mehr nur die Werbung, sondern auch die bloße sachliche Information über einen medizinischen Eingriff unter Strafe stellt. Auf der 2019 neu hinzugekommenen bundesweiten Liste mit Ärztinnen und Ärzten, die Abbrüche durchführen, sind 2021 immer noch wenige aufgeführt. Sie stellt keine verbesserte Information für betroffene Frauen da.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Im Namen des AWO Bundesverbandes begrüßt AWO-Präsident Wilhelm Schmidt zum Jahresbeginn 2021 Prof. Dr. Jens M. Schubert als neuen Vorstandsvorsitzenden. Schubert (51) ist Nachfolger des zum Jahresende 2020 in den Ruhestand verabschiedeten Wolfgang Stadler und war bereits seit Anfang August 2020 als Geschäftsführer für den AWO Bundesverband tätig. 

Zuvor war er Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft ver.di. Der Jurist lehrt als apl. Professor an der Leuphana Universität Lüneburg und war mehrere Jahre Ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht. Er ist Experte für Arbeits- und Sozialrecht.

Schubert stammt aus Hessen und lebt heute mit seiner Familie in Potsdam. Er hat in Frankfurt und Lausanne studiert und in Hannover und Oldenburg promoviert bzw. habilitiert.

Der neue AWO-Vorstandsvorsitzende sieht seine Arbeitsschwerpunkte in der Verbesserung und Sicherung der Sozialstaatsstrukturen und Sozialleistungen. Die tarifliche Absicherung und bessere Bezahlung von Mitarbeitenden in den Sozialberufen liegen ihm ebenso am Herzen wie die Bekämpfung von Kinderarmut, gerechte Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen und die Verbindung von Nachhaltigkeits- mit sozialen Fragen. In diesen gesellschaftlichen Kernthemen will er die AWO als einen der großen deutschen Wohlfahrtsverbände weiterhin stark positionieren. Die AWO insgesamt als verlässliche Institution für viele hunderttausend Menschen in einer guten Verfassung zu halten, ist für ihn selbstverständliche Aufgabe.

Wilhelm Schmidt erklärt dazu: „Die zurückliegenden Monate haben bereits bewiesen, dass Jens Schubert die richtige Wahl ist. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm. Mit Schubert hat jemand den Staffelstab des Bundesvorstandes übernommen, der die AWO in eine erfolgreiche Zukunft führen und klare Impulse in der Sozialpolitik setzen wird.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.01.2021

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag, nur wenige Tage vor Weihnachten, einen auf Dauer erhöhten Steuerfreibetrag für Alleinerziehende beschlossen. Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbandes (DFV), begrüßt diese – vom DFV seit vielen Jahren angeregte – Entscheidung als längst überfälligen Schritt.

Als vor sechs Jahren die Anhebung des Freibetrages für Alleinerziehende nach langer Diskussion von 1.308 Euro auf 1.908 Euro beschlossen worden ist, machte der DFV darauf aufmerksam, dass der Freibetrag weiterhin erheblich unter dem Grundfreibetrag eines erwachsenen Ehepartners (8.472 Euro) liegt. Bis 2004 wurde allen Personen, die alleinstehend waren und mindestens ein Kind zu erziehen hatten, ein Haushaltsfreibetrag gewährt, mit dem die erheblichen Belastungen, die bei der Kindererziehung entstehen, zumindest teilweise ausgeglichen werden sollten.

In der Höhe entsprach der Haushaltsfreibetrag dem Existenzminimum (Grundfreibetrag) eines Erwachsenen. Dann klagte ein Ehepaar vor dem Bundesverfassungsgericht. Denn trotz Ehegattensplitting zahlten sie plötzlich mehr Steuern als vor der Eheschließung, da der Haushaltsfreibetrag wegfiel. Der Haushaltsfreibetrag wurde abgeschafft und durch den Alleinerziehendenentlastungsbetrag ersetzt, der nur „echten“ Alleinerziehenden zusteht und in der Höhe allein dem politischen Gestaltungwillen unterliegt.

Wegen besonderer Belastungen 2020 und 2021 wurde der Betrag mehr als verdoppelt und auf 4.008 Euro angehoben. Am 16. Dezember 2020 schließlich wurde die Einschränkung auf diese beiden Jahre gestrichen. Doch selbst im Bundesfinanzministerium scheint diese Änderung noch nicht angekommen zu sein. Im online-Steuerrechner 2021 steht noch immer der Hinweis, dass der Entlastungsbetrag für 2020 und 2021 erhöht worden und diese Erhöhung manuell einzutragen sei.

„Das Ministerium ist derzeit noch damit beschäftigt, die frohe Botschaft zu verbreiten, dass untere und mittlere Einkommen – im Gegensatz zu hohen Einkommen – 2021 stark entlastet werden“, mutmaßt Stresing. Bei der „größten Entlastung seit sehr, sehr langer Zeit“ (O-Ton Scholz) werde allerdings der Blick ausschließlich auf die Einkommensteuer begrenzt. „Die neu eingeführte CO2-Steuer und die wieder angehobene Mehrwertsteuer werden unterschlagen“, sagt Stresing. „Beide Steuern belasten Familien in besonderem Maße, da sie ihr gesamtes Einkommen in den täglichen Konsum stecken müssen.“

Ein besonderes Ärgernis für den DFV ist, dass mit einem solchen „Entlastungsmarketing“ weiterhin die deutliche Belastung durch die längst reformbedürftige gesetzliche Sozialversicherung verschleiert wird. „Der Gesetzgeber verhindert seit Jahren, die Beiträge zur Sozialversicherung nach Leistungsfähigkeit zu erheben. Stattdessen lässt er, durch einen auch 2021 erhöhten Luxusfreibeitrag, Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze unbelastet. Es wird Zeit, dass sich das Bundesverfassungsgericht damit befasst.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.01.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) unterstützt den anstehenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und in den sozialen Medien.

„Mobbing, sexuelle Belästigung oder Kostenfallen im Internet müssen hart und konsequent sanktioniert werden“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, zur heutigen Beratung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes im Bundestag.

„Es wird endlich Zeit, den Jugendmedienschutz in die Moderne zu führen. Die letzten Regulierungsmaßnahmen in diesem Bereich sind 2002 vereinbart worden. Die Medienrealität hat sich seitdem stark verändert.“

Der DFV begrüßt es, dass die Bundesregierung mit verpflichtenden Voreinstellungen Kinder und Jugendliche vor Hassrede, Tracking, Mobbing und sexualisierter Ansprache schützen will. Ebenso ist es wichtig, Abzocke – bei so genannten „Loot Boxes“ – in Computerspielen endlich einen Riegel vorzuschieben. Positiv am Gesetzesentwurf ist, dass Eltern die Möglichkeit gegeben wird, über Hilfs- und Beschwerdesysteme die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten.

„Jugendschutz ist Verfassungsauftrag. Wenn Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, wenn sie mit verstörenden Inhalten konfrontiert werden, dann muss entschieden gehandelt werden. Und zwar nicht erst danach, sondern grundsätzlich präventiv“, so Heimann. Der Medien- und Jugendschutz ist eine staatliche Pflichtaufgabe. Es dient dazu, die Entwicklung und die Erziehung von Kindern zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen.

Weiterhin fehlende Netzanschlussfilter

Ein Kritikpunkt am Gesetzesvorhaben ist weiterhin das Fehlen eines Netzanschlussfilters. Bereits im Februar 2020 haben der Deutsche Familienverband und neun weitere Verbände in einer Stellungnahme an das Bundesfamilienministerium die Einführung von vorinstallierten Jugendschutzfiltern gefordert. Diese sollen zentral gewartet und von den Anschlussinhabern ausgeschaltet und entsprechend ihren Wünschen auch angepasst werden können.

„Anbieterseitige Filter haben für Familien große Vorteile. Statt verschiedene Geräte mit verschiedenen Jugendschutzfiltern zu bestücken und sich um Updates zu kümmern, haben sie einen Filter für den ganzen Netzanschluss. Egal ob über Kabel oder WLAN, die Kinder sind immer geschützt“, sagt Heimann.

Weitere Informationen

Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes; Stand 10.02.2020

DFV-Pressemitteilung vom 16.10.2020: Reform Jugend-Medienschutz: Netzanschlussfilter sind unverzichtbar

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 16.12.2020

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro je Stunde. Der DGB setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass der Mindestlohn zukünftig armutsfest wird. Die im vergangenen Jahr erzielten Erhöhungsschritte bis zum Juli 2022 auf dann 10,45 Euro zeigen in die richtige Richtung. Es bleibt jedoch dabei, dass es eine einmalige Anhebung durch den Gesetzgeber auf 12 Euro braucht.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Freitag in Berlin:

„Wir wollen einen Mindestlohn, der zum Leben reicht – und zwar zügig und nicht erst am Sankt Nimmerleinstag. Da der Einstieg in den gesetzlichen Mindestlohn vor sechs Jahren mit 8,50 Euro zu niedrig war, sollte die Politik jetzt das Niveau anheben, damit wir schnell auf 12 Euro kommen, um den Mindestlohn zukünftig armutsfest zu machen. Überdies wird so die Binnennachfrage angekurbelt.

Gute Arbeit wird aber nicht mit einem Mindestlohn bezahlt – der immer nur die unterste Haltelinie sein kann –, sondern nach Tarif. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung endlich liefert und die im Koalitionsvertrag versprochene Stärkung der Tarifbindung umsetzt.“ 

Für einen armutsfesten Mindestlohn gelten 60 Prozent des mittleren Einkommens bei Vollbeschäftigung als Maßstab. In Deutschland sind das mindestens 12 Euro je Stunde. Eine DGB-Auswertung neuester verfügbarer Daten zeigt, wie viele Beschäftigte dies betrifft. Demnach verdienen bundesweit mehr als 26 Prozent der Arbeitnehmer*innen unter 12 Euro in der Stunde. Besonders Frauen sind betroffen. Fast ein Drittel (32 Prozent) von ihnen arbeitet unter der 12 Euro-Marke (Eigene Berechnungen auf Basis der Verdienststrukturerhebung (VSE2018) des Statistischen Bundesamtes 2020).

Hintergrund:
Der gesetzliche Mindestlohn wird alle zwei Jahre neu festgelegt. Im Juni 2020 hatte die zu gleichen Teilen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Mindestlohnkommission empfohlen, ihn in vier Schritten zu erhöhen. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag gefolgt. Demnach müssen ab Januar 2021 in Deutschland mindestens 9,50 Euro pro Arbeitsstunde gezahlt werden. Ab Juli sind es 9,60 Euro. Zum 1. Januar 2022 steigt der Mindestlohn erneut auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro.

Wie wirkt der Mindestlohn? Der DGB hat dazu im Dezember 2020 einen Bericht vorgelegt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 01.01.2021

Mit der Stellungnahme „Besserer Kinderschutz ist Kinderschutz, der bei den jungen Menschen ansetzt und bei Familien ankommt!“ fordern acht Fachorganisationen gemeinsam die Beibehaltung bewährter Kinderschutzstandards und einen hilfeorientierten Kinderschutz. Der im November vorgelegte Regierungsentwurf für das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), der von den Verbänden im Grundsatz begrüßt wird, gewährleiste dies im Kinderschutz noch nicht ausreichend.

Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren betonen zusammen mit weiteren Fachverbänden: „Die systematische Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Eltern ist besonders für den (präventiven) Schutz von Kindern und Jugendlichen Voraussetzung.“ Ausgangspunkt für Hilfen müsse daher die Situation des jungen Menschen beziehungsweise der Familie sein, nicht institutionelle Gefüge und standardisierte Verfahren. Insbesondere müsse die „Hilfeorientierung für alle Akteur*innen“ beibehalten werden, sie dürfe nicht durch eine forcierte „Kultur der Meldung“ an das Jugendamt „verschüttet“ werden.

Für eine bessere Zusammenarbeit von Medizin und Kinder- und Jugendhilfe biete der Gesetzentwurf begrüßenswerte Ansätze, weitere Veränderungen in den Sozialgesetzbüchern VIII und V seien notwendig. Hochproblemtisch sei allerdings, die Finanzierung von Kooperationsleistungen von dem Feststellen von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung abhängig zu machen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene verbindliche Vorlage des Hilfeplans im familiengerichtlichen Verfahren lehnen die Unterzeichnenden – darunter auch der Deutsche Sozialgerichtstag und das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht – ab.

Die Stellungnahme – mitgezeichnet haben auch die Erziehungshilfeverbände Bundesverband für Erziehungshilfe (AFET), Internationale Gesellschaft für Erzieherische Hilfen (IGfH), Evangelischer Erziehungshilfeverband (EREV) und Bundesverband katholischer Erziehungshilfeeinrichtungen (BVkE)– warnt vor einer Entwicklung im Kinderschutz, „die eine multiprofessionelle Kooperation von Fachkräften und Berufsgeheimnisträger*innen verkürzt auf strukturierte Handlungsvorgaben und engführende Verfahren der Kontrolle und Weitergabe von Informationen an das Jugendamt.“

Link zur Stellungnahme „Besserer Kinderschutz ist Kinderschutz, der bei den jungen Menschen ansetzt und bei Familien ankommt!“

https://www.dgsf.org/themen/stellungnahmen-1/besserer-kinderschutz-ist-kinderschutz-der-bei-den-jungen-menschen-ansetzt-und-bei-familien-ankommt

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF) und Bundesarbeitsgemeinschaft Die Kinderschutz-Zentren e. V. vom 13.01.2021

Morgen debattiert der Bundestag über den Rentenversicherungsbericht 2020 und den Alterssicherungsbericht 2020. Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Berichte der Bundesregierung zur Altersvorsorge machen deutlich: Es muss dringend gehandelt werden, um Altersarmut zu verhindern. Rentenansprüche sinken, vor allem bei Versicherten mit geringen Einkommen und durchbrochenen Erwerbsbiografien. Dies trifft besonders Frauen, die häufiger zu niedrigen Löhnen arbeiten und durch Pflege– und Erziehungszeiten Beitragspausen haben.

Auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden stärker in weiblich geprägten Erwerbsbereichen mit unsicheren, befristeten und Teilzeitbeschäftigungen spürbar sein. Dort drohen häufiger Entlassungen, die zu weiteren Beitragslücken führen. Der Alterssicherungsbericht zeigt zudem, dass Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, nicht privat fürs Alter vorsorgen können. Private Altersvorsorge ist daher kein Instrument, um wachsender Altersarmut wirksam zu begegnen. Deshalb muss die gesetzliche Rente dringend gestärkt und die Grundrente weiterentwickelt werden, so dass mehr Versicherte Anspruch auf eine Aufstockung ihrer Rente haben und von der unteren Haltelinie profitieren.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/einfuehrung-der-grundrente

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 13.01.2021

Die Diakonie Deutschland fordert gemeinsam mit Menschen mit Armutserfahrung ein Bundesprogramm „Digitale Beteiligung“.

Innerhalb von vier Jahren sollen digitale Zugänge für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen werden.

„Pandemie und Lockdown haben deutlich gemacht, wie groß der digitale Handlungsbedarf in Deutschland ist“, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik. „Vor allem Menschen, die in Armut leben, sind ohne Computer und WLAN ausgeschlossen: Sie haben oft keinen Zugang zu Behörden, können Sozialleistungen nur unter großen Schwierigkeiten beantragen und haben wenig Möglichkeiten, kulturell oder politisch teilzuhaben. Darum müssen öffentliches WLAN und eine digitale Mindestausstattung aus Computer oder Laptop mit Drucker flächendeckend allen Menschen zur Verfügung stehen.“

„Die Erfahrungen von Sozialleistungsberechtigten und insbesondere Wohnungslosen in dieser Pandemie sind bedrückend“, ergänzt Jürgen Schneider, der aus eigener Armutserfahrung im Armutsnetzwerk politisch aktiv ist. „Schon vorher war es schwierig, sich zu beteiligen, jetzt ist es fast unmöglich. Menschen mit Armutserfahrung werden für andere Menschen zunehmend unsichtbar. Während die einen neue digitale Welten erkunden, sind die anderen ausgegrenzt wie lange nicht mehr. Digitale Teilhabemöglichkeit ist ein soziales Grundrecht, das gewährleistet werden muss.“

Gemeinsam betonen Loheide und Schneider: „Digitale Beteiligungsmöglichkeiten sind Teil des Existenzminimums. Sie müssen jetzt in Deutschland für alle Menschen verwirklicht werden.“ Die Diakonie schätzt die Gesamtkosten für den Bund auf sechs Milliarden Euro bei einem auf vier Jahre angelegten Programm.

Weitere Informationen:

Positionspapier Digitalisierung und Armuthttps://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Stellungnahmen_PDF/21-1-5_Digitalisierung_und_Armut_Thesen_Diakonie_CD.pdf

Statement Maria Loheide: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-01-05_Statement_Maria_Loheide.pdf

Statement Jürgen Schneider: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-1-05_Digitalisierung_Statement_Schneider.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.01.2021

„Lasst uns (was) bewegen!“ ist das Motto des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Weltspieltag am 28. Mai 2021. Denn Bewegungsförderung spielt eine zentrale Rolle bei einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und dem gesunden Aufwachsen von Kindern. Zudem ist Bewegungsförderung zentrales Mittel der Bildungsarbeit im Sportverein. Die Deutsche Sportjugend unterstützt deshalb in diesem Jahr den Weltspieltag mit dem Fokus auf Bewegung. Als langjähriger Partner des Deutschen Kinderhilfswerkes ist es das Anliegen der Deutsche Sportjugend, insbesondere angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, gemeinsam mit dem „Bündnis Recht auf Spiel“, die Aufmerksamkeit für das Thema Bewegungsförderung zu erhöhen.

Der gemeinsame Aufruf soll Politik und Gesellschaft den Handlungsbedarf verdeutlichen und aufzeigen, dass die Rahmenbedingungen für die Bewegung von Kindern verbessert werden müssen. Dazu sollten es beispielsweise in den Kommunen mehr altersgerechte, eigenständig erreichbare und frei zugängliche Spiel- und Grünflächen geben, mehr Bewegungsmöglichkeiten in den Schul- und Kita-Alltag integriert werden und zudem der Vereinssport stärkere Unterstützung erhalten als bisher. Kommunen, Vereine und Bildungseinrichtungen, aber auch Familien und Elterninitiativen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2021 teilzunehmen und den Aktionstag zu nutzen, verbesserte Rahmenbedingungen für die Bewegungsförderung von Kindern einzufordern.

„Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, dem sie vielfach schon vor der Corona-Pandemie nur unzureichend nachkommen konnten. Wir müssen aufpassen, dass sich in der Pandemie das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen nicht grundsätzlich nachteilig verändert. Denn wenn Kinder selten herumtollen und sich nur wenig bewegen, kann das bis ins Erwachsenenalter negativen Einfluss haben. Dies geht in der Corona-Pandemie vielfach einher mit einer ungesünderen Ernährung und führt letztlich zu körperlichen Beeinträchtigungen wie Haltungsschäden oder Gewichtszunahme. Aber auch die Psyche leidet unter dem Bewegungsmangel. Insbesondere Kinder aus armen Verhältnissen sind davon betroffen. Deshalb gilt es insgesamt, dem Bewegungsdrang von Kindern möglichst immer und überall freien Lauf zu lassen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Lasst uns (was) bewegen! Den Wunsch nach Bewegung kann man kaum treffender ausdrücken. Gerade für Kinder ist Bewegung ein zentraler Baustein einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und des gesunden Aufwachsens. Jetzt liegt es an uns als Gesellschaft zu entscheiden, wie wichtig uns diese ganzheitliche Entwicklung ist. Lasst uns daher gemeinsam stärker denn je das Kinderrecht auf Bewegung und Spiel einfordern. Wir als Deutsche Sportjugend unterstützen als Jugendorganisation des gemeinnützig organisierten Sports den Weltspieltag 2021 und wollen gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk und dessen Bündnis Recht auf Spiel unseren Beitrag zu einer bewegungsfreundlichen Lebenswelt für Kinder leisten!“, so der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend, Michael Leyendecker.

Der Weltspieltag 2021 wird deutschlandweit zum 14. Mal ausgerichtet. Zum Weltspieltag sind Schulen und Kindergärten, öffentliche Einrichtungen, Vereine und Nachbarschaftsinitiativen aufgerufen, in ihrer Stadt oder Gemeinde eine beispielgebende oder öffentlichkeitswirksame Aktion durchzuführen – egal ob Spiel-, Beteiligungs- oder Protestaktion. Denn der Aktionstag dient ebenso der Lobbyarbeit für das Recht auf Spiel. Die Partner sind vor Ort für die Durchführung ihrer Veranstaltung selbst verantwortlich. Das Deutsche Kinderhilfswerk stellt umfangreiche Aktionsmaterialien zum Weltspieltag zur Verfügung. Weitere Informationen unter www.weltspieltag.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 18.01.2020

Ein breites Bündnis von 29 Verbänden und Organisationen fordert in einer gemeinsamen Resolution, dass in Städten und auf dem Land barrierefreie Zugänge zu naturnahen Grünflächen, Naturerfahrungsräumen oder Wäldern für alle Menschen in geringer Entfernung zu ihrer Wohnung verfügbar sind. Nach Ansicht der Verbände aus Naturschutz, Stadtentwicklung und sozialen Bereichen der Gesellschaft soll zu diesem Zweck die Entwicklung von neuem Wohnraum in Städten eng mit der Schaffung und Erhaltung von Naturräumen und naturnahen sicheren Wegen verbunden werden. Erreicht werden kann dies jedoch nur mit klareren Vorgaben beispielsweise in der Bauleitplanung und einer neuen Schwerpunktsetzung in der Fachkräfteausbildung. Empfohlen wird auch die Flächenentsiegelung an Schulen und die Stärkung von Naturerfahrungsräumen. Die Erklärung „NaturVielfalt – Kitt für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt“ haben u.a. das Deutsche Kinderhilfswerk, die Arbeiterwohlfahrt, der BUND, die Diakonie Deutschland, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und das Umweltbundesamt unterzeichnet.

Die gemeinsame Erklärung stellt heraus, dass positive gemeinschaftliche Naturerlebnisse das soziale Miteinander stärken und entscheidende Beiträge für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen leisten. Aufenthalt, Spiel und Sport in der Natur tragen zudem wesentlich zu Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung bei. Deshalb fordern die Organisationen mehr Naturflächen und naturnahe Grünräume in den Städten und auf dem Land. Ihre Erhaltung und Entwicklung ist kein Luxus, sondern eine dringende Notwendigkeit.

„Die räumliche Lebenswelt von Kindern hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem in den Städten äußerst nachteilig verändert. Das selbstständige Erkunden der häuslichen Umgebung oder ein gefahrloses Spielen auf Straßen, Gehwegen und Plätzen wird zunehmend schwieriger. Der Mangel an Brach- und Freiflächen, die zunehmende Verdichtung sowie die fortschreitende Dominanz des Straßenverkehrs führen dazu, dass öffentliche Räume für Kinder unattraktiver werden oder schlicht nicht mehr vorhanden sind. Das bedeutet eine Verarmung von Erlebnisqualitäten, von Erfahrungsreichtum, also dem, was Kindheit ausmacht. Fehlende Naturerfahrungen bergen außerdem die Gefahr von negativen gesundheitlichen Auswirkungen, und führen zudem auch zur Naturentfremdung“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die gemeinsame Erklärung mit einer Liste aller Verbände und Organisationen kann unter www.dkhw.de/NaturVielfalt heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.01.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn nachdrücklich sozial- und bildungspolitische Reformen für die Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland an. „Die Corona-Pandemie hat eine Vielzahl kinderpolitischer Anliegen und Versäumnisse wie unter einem Brennglas deutlich gemacht, beispielsweise bei der Digitalisierung schulischen Lernens, bei der personellen und qualitativen Entwicklung frühkindlicher Bildung, bei der strukturellen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen oder bei der nachhaltigen Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Neben zahlreichen reaktiven Maßnahmen sind grundlegende Reformen aber nicht zu erkennen. Gleichzeitig setzte sich im letzten Jahr der Trend fort, die allermeisten Entscheidungen ausschließlich aus Erwachsenenperspektive zu denken. Deshalb müssen wir in der Gesamtschau der deutschen Gesellschaft eine anhaltende Ausblendung und Verdrängung von Kinderinteressen attestieren. Ein einfaches ,Weiter so‘ darf es im Interesse der Kinder und Jugendlichen nicht geben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen werden uns noch viele Monate beschäftigen. Gleichzeitig sind sehr viele Kinder die Verliererinnen und Verlierer der Pandemie, das betrifft insbesondere arme Kinder. Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht ausgleichen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem niedrigen Bildungsabschluss und geringem Lohnniveau können wesentlich seltener ins Homeoffice wechseln und so versuchen, ihre Kinder beim Distanzlernen zu unterstützen. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig die Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, bleiben viele Kinder sprichwörtlich auf der Strecke. Die Corona-Pandemie wird für sie langfristige, weit über die Krise hinaus andauernde negative Folgen haben“, so Krüger weiter.

„Das gilt auch für die Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, die beispielsweise im Krankenhaus, im Supermarkt, im Altenheim, bei der Müllabfuhr, bei der Polizei oder im Wasserwerk arbeiten. Besonders stark betroffen sind auch Kinder mit chronischen Erkrankungen, die schon seit vielen Monaten vom Schulbesuch ausgeschlossen sind, Kinder mit Behinderungen und geflüchtete Kinder. Aber auch Kinder, denen es von außen betrachtet vermeintlich gut geht, sind vielfach durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie stark belastet“, so Krüger.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes gehören deshalb insbesondere die Kinderrechte auf Bildung, soziale Sicherheit und Beteiligung in den Fokus der Überlegungen. Das gilt sowohl für Entscheidungen in der Corona-Pandemie als auch im Hinblick auf langfristige Weichenstellungen. „Wir werden uns die Wahlprogramme der Parteien im Superwahljahr 2021 auch diesbezüglich genau anschauen und sowohl die nächste Bundesregierung als auch die Landesregierungen am Maßstab der Kinderfreundlichkeit messen. Politik und Gesellschaft sollten sich mehr als bisher für die Belange und Bedürfnisse von Kindern einsetzen und so die Basis für eine gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands schaffen, die dem demografischen Wandel Rechnung trägt und die Rechte von Kindern konsequent in den Blick nimmt. Gerade deshalb drängt das Deutsche Kinderhilfswerk mit Vehemenz auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, damit beispielsweise Behörden und Gerichte den Interessen von Kindern in Zukunft hinreichend Gewicht verleihen“, so Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 01.01.2020

Trotz kleiner Verbesserungen halbherzig, zuweilen kleinlich und mehr arbeitsmarktals familienorientiert – der Familienbund der Katholiken kritisiert die Elterngeldreform der Bundesregierung und vermisst den  nötigen großen Wurf. Das macht der Verband heute in einer öffentlichen Anhörung vor dem Familienausschuss des Deutschen Bundestages deutlich. Dennoch verbessere der Gesetzentwurf nach Ansicht des Verbandes an einigen Stellen die bisherigen Elterngeldregelungen ein wenig. So begrüßt der Familienbund grundsätzlich die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus und die Anerkennung von Elterngeldmonaten bei Eltern frühgeborener Kinder. Dass viele Familien von der Mini-Reform profitieren werden, glaubt der Familienbund allerdings nicht. Dafür seien die Anpassungen zu geringfügig, die Materie zu komplex und die Antragsverfahren zu kompliziert. Daran änderten auch inzwischen digitale Antragsverfahren für Eltern nichts. Mit einer wesentlich höheren Inanspruchnahmequote beim Partnerschaftsbonus, dem Herzstück der Reform, rechnet allerdings selbst die Bundesregierung nicht: Mehrkosten weist der Gesetzentwurf nicht aus. Der Familienbund fordert, das Mindestelterngeld um 50 Prozent auf 450 Euro pro Monat zu erhöhen, beim Elterngeld Plus auf 225 Euro. „Die Anhebung des Mindestelterngeldes ist auch deswegen überfällig, weil der Betrag in Höhe von 300 Euro bereits seit 1986 konstant ist. Bereits die Vorgängerregelung des Elterngeldes – das Erziehungsgeld – sah eine Zahlung in dieser Höhe vor, von damals 600 DM“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin.

„Die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus nach dem Gesetzentwurf ist zwar erfreulich, orientiert sich aber zu wenig an der Lebenswirklichkeit der Familien. Die nach wie vor starre Neuregelung dürfte sich mit dem Leben von Familien nur schwer in Einklang bringen lassen, um davon profitieren zu können“, so Hoffmann weiter.

„Ein wesentliches Problem des Partnerschaftsbonus besteht darin, dass viele Eltern nicht in der Lage sind, die engen bisherigen Voraussetzungen zu erfüllen, wegen fehlenden Entgegenkommens der Arbeitgeber, aus ökonomischen oder familienorganisatorischen Gründen. Zwar dürfte durch die Flexibilisierungen der Partnerschaftsbonus für mache Familien attraktiver werden. Ich erwarte aber auch, dass es nicht deutlich mehr Familien sein werden, da es weiterhin vielen Familien nicht gelingen wird, ihre Arbeitsverhältnisse so aufeinander abzustimmen, dass sie die nach wie vor zu engen Voraussetzungen erfüllen können. Weil der geplanten Elterngeldreform der Ehrgeiz fehlt, bleibt sie für die meisten Eltern wohl folgenlos.“

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass der zeitliche Korridor, in dem beide Eltern arbeiten müssen, nach oben und nach unten geringfügig erweitert wird. Eltern müssen nicht mehr zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig sein. Stattdessen reicht es künftig aus, dass der Erwerbsumfang bei beiden Eltern zwischen 24 und 32 Wochenstunden liegt. Zudem müssen die Eltern ihre Arbeitszeit nicht mehr zwingend in vier aufeinander folgenden Monaten koordinieren. Stattdessen können Sie den Bonus auch nur für zwei oder drei aufeinander folgende Monate beantragen.

„Dass der Korridor im Gesetzentwurf nach oben stärker erweitert wird als nach unten, ist die falsche Richtung und das falsche Signal.“

Den Partnerschaftsbonus in seiner im Gesetzentwurf vorgesehenen Gestalt hält der Familienbund für korrekturbedürftig: „Um wirklich mehr Familien zu erreichen, sollte der Korridor so erweitert werden, dass er zumindest auch eine halbe Stelle mit 20 Wochenstunden erfasst“, fordert Hoffmann. „Dass der Korridor im Gesetzentwurf nach oben stärker erweitert wird als nach unten, ist die falsche Richtung und das falsche Signal – gerade auch dann, wenn man es als Ziel des Elterngeldes ansieht, Eltern in der Rushhour des Lebens zu entlasten, ihnen mehr gemeinsame Zeit in der Familie zu ermöglichen und vor allem auch Väter dazu zu motivieren, ihre Erwerbsarbeit zugunsten der Familie stärker zu reduzieren. Dass der Partnerschaftsbonus Anreize für eine Erwerbsarbeitsreduzierung der Männer setzt, hält der Familienbund für den positivsten Aspekt des Partnerschaftsbonus. Denn eine Familienpolitik, die sich nur darum kümmert, die Erwerbstätigkeit der Frauen zu steigern, ohne eine entsprechende Arbeitsreduzierung der Männer in den Blick zu nehmen, dient nicht den Familien, sondern in erster Linie den Interessen des Arbeitsmarktes.“

Hoffmann fordert außerdem, das Mindestelterngeld um 50 Prozent auf 450 Euro pro Monat zu erhöhen, beim Elterngeld Plus auf 225 Euro. Er begründet seine Forderung mit dem Anstieg der Kosten für das sächliche Existenzminimum der Kinder. Das Mindestelterngeld wurde seit der Einführung des Elterngeldes 2007 nicht erhöht. Damals hat es noch das sächliche Existenzminimum von Kindern abgedeckt. Für das Jahr 2021 hat der im September 2020 beschlossene 13. Existenzminimumsbericht der Bundesregierung ein sächliches Existenzminimum in Höhe von 5.412 Euro pro Jahr errechnet. Dem entspricht ein monatliches sächliches Kinderexistenzminimum in Höhe von 451 Euro. „Die Anhebung des Mindestelterngeldes ist auch deswegen überfällig, weil der Betrag in Höhe von 300 Euro bereits seit 1986 konstant ist. Bereits die Vorgängerregelung des Elterngeldes – das Erziehungsgeld – sah eine Zahlung in dieser Höhe vor, von damals 600 DM.“

„Der Partnerschaftsbonus ist nicht familienformneutral angelegt.“

Hoffmann machte auch grundsätzlich Einwände geltend: „Der Partnerschaftsbonus ist nicht familienformneutral angelegt: Wenn man alle Familien und Familienformen gleichermaßen in den Blick nehmen möchte, ist es widersprüchlich, durch eine Sonderregelung wie den Partnerschaftsbonus eine bestimmte Gruppe von Familien besonders zu unterstützen, hier doppelt und vollzeitnah erwerbstätige Paare.“

So passe der Grundgedanke des Partnerschaftsbonus nicht bei Alleinerziehenden. „Dass Alleinerziehende die Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen können, ist aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Familienformen zwingend und richtig“, sagte Hoffmann. „Allerdings erscheint es beim Vergleich unterschiedlicher Alleinerziehendenkonstellationen wenig einsichtig, warum Alleinerziehende, die in einem bestimmten zeitlichen Korridor arbeiten, besser gefördert werden sollten, als Alleinerziehende mit einem Wochenstundenumfang, der diesen Korridor über- oder unterschreitet. Der dem Partnerschaftsbonus zugrundeliegende Gedanke einer Partnerschaft, in der ein Partner die Erwerbsarbeit reduziert, während der andere diese ausweitet, ist bei Alleinerziehenden naturgemäß nicht anwendbar.“

„Für jeden vollen Monat, um den die Geburt vor dem errechneten Geburtstermin liegt, sollte ein zusätzlicher Elterngeldmonat gewährt werden.“

Der Gesetzentwurf sieht außerdem eine Neuregelung für Eltern vor, deren Kind sechs Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wurde. Sie sollen einen weiteren Basiselterngeldmonat beziehungsweise zwei weitere Elterngeld-Plus-Monate in Anspruch nehmen können. „Das ist eine kleine Verbesserung gegenüber der jetzigen Regelung“, sagte Hoffmann. „Kinder, die sich zum Zeitpunkt ihrer Geburt in einem früheren Entwicklungsstadium befinden, müssen auch länger von den Eltern betreut werden können. Dass der Entwurf dieses Problem in den Blick nimmt, ist zu begrüßen. Der Reformvorschlag ist jedoch halbherzig und kleinlich. Fraglich ist, warum ein zu früh geborenes Kind mindestens sechs Wochen früher geboren sein muss, um einen Monat länger Elterngeld zu beziehen. Der Entwurf argumentiert, dass erst bei einer Geburt mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Termin eine Verzögerung der Kindesentwicklung unterstellt werden könne, die den zusätzlichen Bezugsmonat rechtfertige. Wissenschaftlich belegt wird diese Annahme allerdings nicht. Sie erscheint auch nicht ohne Weiteres plausibel.“

Der Familienbund hält es für einleuchtender, einfacher und für die Familien verständlicher, hier mit einheitlichen Fristen zu arbeiten und die Regelung großzügiger zu gestalten. „Für jeden vollen Monat, um den die Geburt vor dem errechneten Geburtstermin liegt, sollte ein zusätzlicher Elterngeldmonat gewährt werden“, sagte Hoffmann. „Bei sehr früh geborenen Kindern sind die weiteren Elterngeldmonate durch den zusätzlichen Aufwand und die zusätzlichen Sorgen der Eltern mehr als gerechtfertigt.“

Die Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken finden Sie hier auf der Website des Deutschen Bundestages und hier auf der Website des Familienbundes der Katholiken.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 14.12.2020

Chrysovalantou Vangeltziki übernimmt im Januar 2021 die Staffel von Hiltrud Stöcker-Zafari, die nach ihrer langjährigen Tätigkeit als Bundesgeschäftsführerin in den Ruhestand geht.

„Ich hoffe, dass ich meine Stärken hier einbringe. Als Volljuristin ist es mir ein Anliegen, dass migrantische Familien, dass binationale und globale Familien rechtlich gleichgestellt sind. Diskriminierungen basieren auch auf gesetzlichen Grundlagen, ohne dass auffällt, dass Ungleichheiten entstehen. Der Verband ist der einzige Familienverband, der repräsentativ für migrantische Familien steht“. Als Kind nach Deutschland migriert, verbinde sie Themen wie Familiennachzug, Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Diskriminierung auch mit ihrer eigenen Biografie.

Sie verbinde den Verband zudem mit den wilden, starken feministischen Frauen, weißen deutschen Frauen, die den Verband gründeten und das Thema Vielfalt auf die Agenda setzten. Und der Verband entwickele sich weiter, wie die Gesellschaft. „Vor meiner Zeit war die Bundesgeschäftsführerin immer eine deutsche, weiße Frau, die einen migrantischen Mann geheiratet hatte. Und jetzt sitzt hier eine Chrysovalantou Vangeltziki und jeder fragt erstmal: Oh, wie spricht man jetzt den Namen aus? Das zeigt doch die Entwicklung innerhalb des Verbandes und der gesellschaftlichen Strukturen. Also einerseits Frau zu sein, einerseits migrantisch zu sein und andererseits auch die Themen zu vertreten, die aktuell debattiert werden, wie Rassismus, wie Migration“.

Wünschen würde sie sich mehr Empathie in Politik und Gesellschaft, um nachzuvollziehen was es bedeute Migrant:in zu sein. Migrant:in entweder der ersten, zweiten, dritten Generation und hier zu leben. In einer Gesellschaft ohne wir und ihr. „Eine Gesellschaft ohne Ungleichheit, wo Leistungsstärke nicht abgesprochen wird, weil der Name, die Hautfarbe oder die Religion nicht stimmt. Dass alle gleichberechtigte Mitglieder dieser Gesellschaft sind und genauso viele Rechte haben wie Menschen, die hier geboren sind. Damit sie sagen können: Deutschland ist meine Heimat und ich möchte auch gerne so behandelt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 15.01.2021

Das Jahr geht dem Ende entgegen, der International Migrant’s Day am 18. Dezember jährt sich zum 20. Mal, die International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of their Families gar zum 30. Mal. Bis heute hat Deutschland diese internationale Konvention nicht unterzeichnet. Bis heute ist im Einwanderungsland Deutschland nicht wirklich angekommen, dass Migration ein Querschnittsthema für alle Politikfelder und zudem immer ein Familienprojekt ist.

Die vielen Ein- und Beschränkungen im zurückliegenden Jahr durch die Covid 19-Pandemie haben Familien und insbesondere migrantische Familien betroffen. Das zeigen alle Studien, zuletzt der Internationale Migrationsbericht der OECD.
Und das bekommen die Familien zu spüren: in der Bildungs-, Wirtschafts-, Außen-, Gesundheitspolitik und in vielen anderen Politikfeldern. Sie werden nicht mitgedacht. Auch nicht die vielen Paare und Familien mit Partner:innen aus Drittstaaten, die aufgrund bürokratischer Hürden, verschärft durch die Covid19-Pandemie, in diesem Jahr nicht zusammenkommen werden.

Alle Jahre wieder: Migration wird noch immer fast ausschließlich unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten und im Hinblick auf Gefahrenabwehr gedacht. Das betrifft die eindimensionalen Vorstellungen über Integration in der Politik bis hin zu den komplizierten Hürden im Familiennachzug. „Migrantische, binationale, globale Familien sind stärker ein Teil dieser Gesellschaft geworden. Aber die Frage, warum es so schwer ist, als Paar mit unterschiedlichen Pässen zusammenzukommen, die Frage hat mir bisher noch keiner wirklich beantworten können,“ so die scheidende Geschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften Hiltrud Stöcker-Zafari.

Alle Jahre wieder: Es ist an der Zeit, Migration anders zu denken.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 18.12.2020

Bundesrat verabschiedet Adoptionshilfe-Gesetz in neuer Fassung

Im Juli hat der Bundesrat das Adoptionshilfe-Gesetz gestoppt wegen der darin von der Bundesregierung geplanten Verschärfung der Diskriminierung von lesbischen Zwei-Mütter-Familien. Nach einer Einigung im Vermittlungsausschuss wurde es nun in der heutigen Bundesratssitzung in einer neuen Fassung verabschiedet. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt, dass mit dem heute vom Bundesrat verabschiedeten Adoptionshilfe-Gesetz die befürchtete Verschärfung der Diskriminierung lesbischer Elternpaare nun endgültig vom Tisch ist. Wir haben intensiv dafür gekämpft, dass dieses Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung nicht verabschiedet wird. Wir danken allen, die unser Engagement unterstützt haben und die dem Verschärfungsvorhaben zu Lasten von Kindern und Müttern in Regenbogenfamilien im Bundestag und Bundesrat entgegengetreten sind. Dadurch musste die Bundesregierung einlenken.

Nach der Abwehr der Verschlechterung muss nun aber auch die noch bestehende Diskriminierung beseitigt werden. Der Bundesregierung läuft die Zeit davon. Die notwendige und lange versprochene Reform des Abstammungsrechts muss jetzt endlich kommen. Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die dort aufwachsen.

Hintergrund

Das neue Adoptionshilfe-Gesetz führt für das Verfahren der Stiefkindadoption eine neue verpflichtende Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstellen vor. Diese Beratungspflicht entfällt, wenn der annehmende Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem leiblichen Elternteil des Kindes verheiratet ist oder in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Zudem wird für diese Paare die notwendige zusätzliche Beteiligung der Adoptionsvermittlungsstellen nicht vorgesehen, da das ohnehin am Verfahren beteiligte Jugendamt die im Gesetz vorgeschriebene fachliche Äußerung abgibt.

Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Engagement für Reform im Abstammungsrecht seit der letzten Bundestagswahl 2017

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“

Beschluss des Bundesrats vom 18.12.2020

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) vom 18.12.2020

Mit der Einführung des CO2-Preises zum 1. Januar 2021 werden im Gebäudesektor die Kosten zu 100 Prozent an die Mieterinnen und Mieter durchgereicht. Dadurch verpufft der Effekt der CO2-Bepreisung im Mietwohnbereich völlig. Vermieter werden nicht zum Austausch ihrer Heizanlagen angehalten, da sie die Kosten vollständig umlegen können. Mieterinnen und Mieter stehen trotz Corona-Krise und wirtschaftlicher Folgen vor steigenden Heizkosten, die allein dieses Jahr in einer durchschnittlichen Wohnung bis zu 125 Euro betragen können.

Die Bundesregierung hatte bereits im 2019 verabschiedeten Klimaschutzprogramm angekündigt, Änderungen im Mietrecht zu prüfen, um die Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung zu begrenzen. Dazu liegen seit September 2020 von den SPD-geführten Bundesministerien für Umwelt, Justiz und Finanzen Vorschläge vor, die vom Koalitionspartner ignoriert wurden. Laut Medienberichten soll jetzt von den beteiligten Ministerien ein Fahrplan erstellt werden, um Lösungen zur Verteilung der CO2-Kosten zu erarbeiten. Dass dabei die Effizienzklassen des Gebäudes stärker berücksichtigt werden sollen, ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit und rechtlichen Belastbarkeit der unterschiedlichen Energieausweis-Typen, ist aber eine praktische und vor allem schnelle Umsetzung dieser Lösung nicht zu erwarten.

Der Deutsche Mieterbund, der Paritätische Gesamtverband, die Deutsche Umwelthilfe und der Sozialverband Deutschland fordern daher eindringlich eine sozial gerechte und klimapolitisch wirksame Verteilung der Kosten. Die Umlage des CO2-Preises auf Mieterinnen und Mieter, die am 01.01.2021 begonnen hat, muss schnellstmöglich unterbunden werden.

Dafür sind folgende Gründe ausschlaggebend:

  • Die verschiedenen Energieausweis-Typen (Verbrauchs- und Bedarfsausweis, alte und neue Energieausweise) führen zu nicht vergleichbaren Effizienzklassen. Es ist noch eine Vielzahl älterer Ausweise im Umlauf, auf denen die Effizienzklasse für Wohngebäude fehlt. Zudem sind die Angaben dieser Ausweise mit heutigen energetischen Standards nicht vergleichbar. Die Zuordnung der Vergleichswerte ist nur auf Ausweisen realistisch, die nach dem 1. Mai 2014 ausgestellt wurden.
  • Der CO2-Preis dient der Förderung von erneuerbaren Energien im Wärmesektor. Fossile Brennstoffe kommen sowohl in sanierten Gebäuden der Effizienzklasse B als auch im Neubau zum Einsatz. Eine vollständige Befreiung des Vermieters bzw. Eigentümers von den Kosten der CO2-Bepreisung ist daher nicht sachgerecht.
  • Der CO2-Preis trifft einkommensarme Mieterinnen und Mieter überproportional stark, da diese häufiger in energetisch schlechten Gebäuden leben. Dort sind die Energiekosten im Schnitt doppelt so hoch wie in einem sanierten Haus. Mieterinnen und Mieter in diesen Gebäuden haben vielerorts keinen Spielraum durch Verhaltensänderungen den CO2-Preis auszugleichen. Die Mehrkosten durch den CO2-Preis betragen in einer unsanierten Wohnung allein dieses Jahr bis zu 125 Euro und steigen bis 2025 auf bis zu 280 Euro pro Jahr.
  • Vermieter und Eigentümer dürfen auch bei sanierten Gebäuden nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden, das Gebäude optimal zu betreiben und die Mieter beim Energiesparen zu unterstützen. Wenn der CO2-Preis allein von den Mieterinnen und Mietern getragen werden muss, wird bei den Vermieterinnen und Vermietern noch nicht einmal ein Anreiz geschaffen, geringinvestive Maßnahmen zur Betriebsoptimierung umzusetzen. Zudem müssen Mieterinnen und Mieter durch eine transparente und nachvollziehbare Heizkostenabrechnung dabei unterstützt werden, ihr Nutzerverhalten entsprechend anzupassen, soweit dies möglich ist. Die Novellierung der Heizkostenverordnung darf nicht weiter verzögert werden.
  • Gerade in den Städten und Ballungszentren sind die Belastungsgrenzen der Mieterinnen und Mieter erreicht, beziehungsweise in den unteren Einkommensgruppen bereits deutlich überschritten. Mieterinnen und Mieter profitieren nicht automatisch von einer gestiegenen Pendlerpauschale oder vom Wohngeld. Insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist jegliche Kostensteigerung für einkommensarme Mieterhaushalte zu vermeiden und alle Mieterinnen und Mieter müssen vollständig von der CO2-Bepreisung entlastet werden.
  • Die Höhe des zu zahlenden CO2-Preises wird entscheidend durch den Energieträger und den Energieverbrauch des Gebäudes bestimmt, der wiederum maßgeblich vom energetischen Zustand des Gebäudes abhängt. Mieterinnen und Mieter haben keinerlei Einfluss auf die Wahl des Heizungssystems und den energetischen Zustand des Gebäudes.

Eine Änderung der Umlagefähigkeit des CO2-Preises ist unmittelbar und einfach durch geringfügige Anpassungen in der Heizkosten- und der Betriebskostenverordnung umsetzbar.

Schnelles Handeln ist dringend geboten!

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 15.01.2021

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. setzt gemeinsam mit vier Künstlerinnen aus dem Landkreis Dahme-Spreewald ein Fotoprojekt um.

Die Mittel dafür sind beim Landkreis Dahme-Spreewald beantragt.

Thema des Projektes sind Dinge unserer Alltagskultur. Damit bietet sich Alleinerziehenden eine Möglichkeit zur künstlerischer Auseinandersetzung und zur Vernetzung mit anderen Alleinerziehenden. Auch für die Künstlerinnen wird ein neues Wirkungsfeld erschlossen.

Die Teilnehmer*innen werden in einem Zeitraum von drei Monaten von professionellen Fotografinnen überwiegend online betreut, vorgesehen sind (falls möglich) drei Nachmittage, an denen sich alle Teilnehme*innen treffen.

Mit Berücksichtigung der geringen Zeit Alleinerziehender kann im gesamten Projektzeitraum von Mitte Januar bis Mitte April zu Hause gearbeitet werden.

Fotografiert wird mit einer Kamera oder dem Fotohandy, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Die Ergebnisse werden voraussichtlich vom 9.4.2021 bis zum 19.4.2021  in einer Ausstellung im Kulturbahnhof in 15757 Halbe (Esperanto Stacio) gezeigt.

Interessierte schicken bitte ihre Anfrage an: halbewelt@yahoo.com

Weitere Informationen erteilt SHIA e. V. unter Tel. 03375/294752.

Für den Eigenanteil an den beantragten Projektgeldern wird finanzielle Unterstützung gesucht.

Jede Person, die das Projekt finanziell unterstützt, erhält:

  • eine Einladung zur Ausstellungseröffnung
  • eine Werbung auf allen öffentlichen Ankündigungen, Plakaten und Flyern, u. a. sichtbar an der Bahnstrecke Berlin-Cottbus
  • eine Erwähnung in den Pressemitteilungen und den Veranstaltungen während des Ausstellungszeitraumes.
  • eine Spendenbestätigung.

Geldspenden sind erbeten unter dem Stichwort „HALBE WELT“ auf das Konto des SHIA-Landesverbandes Brandenburg e. V., IBAN DE95 1002 0500 0003 3303 00.

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V – Landesverband Brandenburg vom 06.01.2021

Der im August 2020 bekanntgewordene Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Reform des Kindschafts- und Unterhaltsrechts ist leider kein Meilenstein auf dem Weg zur Stärkung der Lebenswirklichkeiten von Einelternfamilien. „Die größten Stolpersteine der geplanten Reform sind erstens die Einführung eines automatischen gemeinsamen Sorgerechts bei Anerkennung der Vaterschaft, zweitens die Einführung einer faktischen Beratungspflicht in Sorgerechtsstreitigkeiten und drittens die Neuregelungen des Unterhalts im paritätischen Wechselmodell, die zu einer weiteren Schlechterstellung des einkommensschwächeren Elternteils führen“, bemängelt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV).

Ein Kernstück der Reform ist die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Anerkennung der Vaterschaft. Diesen Automatismus lehnt der VAMV entschieden ab. „Gemeinsame Sorge ja, aber durch bewusste Entscheidung!“, betont Jaspers. Durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung treffen bereits über 91 Prozent der Eltern im Geburtsjahr des Kindes die Entscheidung, dass sie miteinander für gemeinsame Kinder sorgen wollen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sprechen bei den restlichen 9 Prozent gute Gründe dagegen, wie eine hochstrittige Trennung, der Umstand, dass sich die Eltern kaum kennen oder auch Gewalt und Sucht. Der geplante Automatismus sieht nur eine Ausnahme vor, nämlich wenn ein Gericht die Vaterschaft feststellt. „Hier besteht die Gefahr, dass betroffene Mütter aus Angst vor einem belastenden Gerichtsverfahren diesen Weg nicht gehen und in der Folge die betroffenen Kinder ohne Kenntnis ihres Vaters und ohne Unterhalts- und Erbschaftsansprüche bleiben werden“, gibt Jaspers zu Bedenken.

Ferner warnt der VAMV vor der Einführung einer faktischen Beratungspflicht bei Sorgerechtskonflikten ohne ausreichendes und gutes Beratungsangebot: Denn dies würde Eltern mit ihren Konflikten allein lassen, anstatt diese zu deeskalieren. Eindringlich kritisiert der VAMV die Unterhaltsregelung im paritätischen Wechselmodell: Die vorgesehene Anrechnung des Kindergeldes würde zulasten des einkommensschwächeren Elternteils und zulasten einer fairen Bemessung des Unterhalts gehen, statt das Kindergeld hälftig zwischen den Eltern aufzuteilen. Ziel muss bleiben, im Wechselmodell ein Kind in beiden Haushalten gut versorgen zu können.

Eine ausführliche Stellungnahme finden Sie unter www.vamv.de.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 20.01.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 28. Januar 2021

Veranstalter: AWO Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.

Fachtagung zur Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTIQ*

Das Modellprojekt „Queer im Alter – Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTIQ*“ wurde im Zeitraum von Januar 2019 bis Februar 2021 vom Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. koordiniert und gemeinsam mit sechs Modellstandorten der AWO umgesetzt – gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und queeren Menschen (kurz LSBTIQ*) als Zielgruppe waren bisher in den Konzepten und Angeboten der Altenhilfe systematisch kaum bis gar nicht bedacht. Im Rahmen des Projekts entstand daher ein Praxishandbuch zur Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für LSBTIQ*, dessen Vorstellung im Mittelpunkt der Abschlusstagung steht.

Es beinhaltet einen Leitfaden mit Instrumenten für die Praxis sowie ein Fortbildungspaket mit Coaching-Konzept für Mitarbeitende von Altenhilfeeinrichtungen, mit deren Hilfe sich verschiedene Einrichtungen und Serviceformen der Altenhilfe für queere Senior*innen öffnen können. Das Praxishandbuch wendet sich sowohl an Einrichtungen der institutionellen Altenhilfe als auch an Anbieter*innen der beruflichen Erwachsenenbildung.

Die Entwicklung des Handbuchs erfolgte von Beginn an in enger Abstimmung mit  Leitungskräften und Mitarbeitenden aus den Altenhilfe-Modellstandorten der AWO und Vertreter*innen von bundesweiten Interessenverbänden der queeren Communities. Diese werden während der Abschlusstagung gemeinsam mit den Autor*innen des Handbuchs und weiteren Gästen die Projektergebnisse präsentieren und sich gemeinsam mit Ihnen zu den Erfordernissen einer queer-freundlichen Altenhilfe austauschen.

Hier geht’s zur kostenlosen Anmeldung mit Tagungs- und Projektflyer zum Download.

Anmeldung zur Abschlusstagung

Online-Podiumsdiskussionen

Veranstalter: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Während der ersten Corona-Pandemie wurden sie gefeiert und beklatscht: Die Beschäftigten in Krankenhäusern und der Altenpflege. Doch die Kluft zwischen ihrem Status als »systemrelevante Held*innen« und ihren realen Arbeitsbedingungen wird nicht kleiner, sondern größer. Diese Online-Veranstaltungsreihe wirft einen Blick auf die aktuelle Lage in Kliniken und Pflegeheimen und die Kämpfe der Beschäftigten um die dringend nötige Verbesserung von Arbeitsbedingungen und der Gesundheitsversorgung.

In sechs aufeinanderfolgenden Veranstaltungen werden Erfahrungen mit Missständen, der Bekämpfung gewerkschaftlicher Organisierung und erfolgreichem Widerstand ausgetauscht: Sie reichen von den USA, England, Frankreich, Bulgarien bis nach Deutschland.

Donnerstag, 21. Januar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Ein bisschen Zuckerbrot, viel Peitsche: Wo stehen wir im Kampf um Aufwertung der Pflegearbeit?

Samstag, 30. Januar 2021, 11 – 12.30 Uhr

Pflege in der Familie: Der größte Pflegedienst der Nation? Der billigste Pflegedienst der Nation!

Dienstag, 9. Februar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Kämpfe um Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen in anderen Ländern: Gesundheitsarbeiter*innen in der Pandemie

Dienstag, 23. Februar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Krankenhaus-Streik während der Pandemie? Erfahrungen aus Kalifornien

Donnerstag, 11. März 2021, 18 – 19.30 Uhr

Dumpinglöhne in der Altenpflege: Wird mit der Allgemeinverbindlichkeit alles gut?

Donnerstag, 25.März 2021, 18 – 19.30 Uhr

Unsere Gesundheit, ihr Profit? Union-Busting in Krankenhäusern und Pflegeheimen und gewerkschaftliche Gegenstrategien


Weitere Informationen zu unserer Veranstaltungreihe Systemrelevant? Systemwechsel! und Anmeldung finden Sie auf unserer Homepage.

Für die Teilnahme per Videokonferenz ist die Installation der Software alfaview erforderlich: https://alfaview.com/de/download/. Sie benötigen keine persönliche Registrierung. Vor der jeweiligen Veranstaltung senden wir Ihnen den Zugangslink per E-Mail.


 

AUS DEM ZFF

Der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Prof. Dr. Jens M. Schubert, ist seit dem Jahreswechsel der neue Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung für 2021 und 2022. Er übernimmt das Amt von seinem Vorgänger Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

„Ich freue mich über die Wahl zum Sprecher des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und möchte allen Bündnismitgliedern für das mir und der AWO entgegengebrachte Vertrauen danken“, erklärt dazu Jens M. Schubert. „Mein besonderer Dank gilt dem bisherigen Sprecher Ulrich Schneider und seinem Team für das Engagement, das sie für das Bündnis und für die Kindergrundsicherung in den letzten beiden Jahren unternommen haben. Die Kindergrundsicherung ist vor allem dank des langjährigen politischen Drucks zivilgesellschaftlicher Organisationen von einer Idee zu einem realen Reformvorschlag geworden. Sie erfährt politisch immer größeren Zuspruch. Ich werde mich in den kommenden beiden Jahren dafür stark machen, dass die Kindergrundsicherung weiter Fahrt aufnimmt und endlich politisch umgesetzt wird. Es muss endlich gelingen, alle Kinder und Jugendliche in Deutschland mit einer Kindergrundsicherung sozial gerecht abzusichern und ihre Bildungs- und Teilhabechancen wirksam zu verbessern.“

Jens M. Schubert (51) ist seit Januar 2021 Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Zuvor war er Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft ver.di. Der Jurist lehrt als apl. Professor an der Leuphana Universität Lüneburg und war mehrere Jahre Ehrenamtlicher Richter u.a. am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht. Er ist Experte für Arbeits- und Sozialrecht.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden dafür stark, die Kindergrundsicherung fest im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Es fordert eine sozial gerechte Kinder- und Familienförderung in Form einer Kindergrundsicherung, die viele Leistungen bündelt, mit steigendem Einkommen abgeschmolzen und einfach und unbürokratisch ausgezahlt wird.

Mehr Informationen zur Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Die Mitteilung als PDF finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 08.01.2021

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Elterngeld-Reform begrüßt das ZFF einzelne Neuregelungen, mahnt aber grundsätzlichere Schritte im Sinne einer partnerschaftlicheren Gestaltung des Elterngelds an.

Die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) hat zum Ziel, Eltern flexiblere Angebote zur Nutzung von Elterngeld bzw.- Elternzeit  zu machen, die den Wünschen und Bedarfen nach einer partnerschaftlicheren Vereinbarkeit entgegenkommen. Dazu gehören die Anhebung der Höchstarbeitsgrenze während der Elternzeit bzw. des Elterngeldbezugs und die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus. Daneben sollen Eltern von Frühchen durch einen zusätzlichen Elterngeld-Monat unterstützt werden.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Wir begrüßen die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und sehen in den geplanten Neuregelungen wichtige Verbesserungen für Familien. Dazu zählen die Ausweitung der Höchstarbeitszeitgrenze oder die flexibleren Nutzungsmöglichkeiten des Partnerschaftsbonus. Mit der Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung zudem einen längst überfälligen Schritt um, auch wenn wir uns hier eine deutlich großzügigere Regelung gewünscht hätten.“

Nöhring ergänzt: „Die meisten Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Aus Sicht des ZFF braucht es aber für die nachhaltige Unterstützung von jungen Eltern deutlich mutigere Reform-Schritte. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern darin unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden. Nur so schaffen wir es allen Eltern tatsächlich Angebote für eine partnerschaftliche Familienorganisation zu machen!“

Alexander Nöhring wird heute als Sachverständiger bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird am 14. Dezember ab 17:30 Uhr zeitversetzt im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 14. Dezember 2020 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes“ sowie zu den Anträgen der Fraktion DIE LINKE. „Mindestbetrag des Elterngelds erhöhen“ und der FDP-Fraktion „Elternzeit verlässlich und realitätsnah neu gestalten – Finanzielle Risiken für Eltern beseitigen“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 14.12.2020

AKTUELLES

Die Studie von Anja Bade gibt einen Überblick über die Vielfalt der Angebote familiärer Gesundheitsförderung in Berlin. Familien haben unterschiedliche Bedarfe und es gibt für ihre verschiedenen Lebensphasen und besonderen sozialen Lebenslagen sehr viele Hilfsangebote. In diesem reichhaltigen „Angebotsdschungel“ ist ein Überblick schwer. Daher hat der Berliner Beirat für Familienfragen zur Vorbereitung des Berliner Familienberichts 2020 in Zusammenarbeit mit der Alice Salomon Hochschule Berlin / Berlin School of Public Health Ende 2018 eine studentische Studie beauftragt, die untersucht, wie Bedarfe familiärer Gesundheitsförderung im Land Berlin bedient werden und wie die Angebotslandschaft einzuschätzen ist. Die Ergebnisse der Studie mit einem Recherchestand vom 19.09.2019 wurden mit einer Einführung von Laurette Rasch und Prof. Dr. Raimund Geene, der die Studie begleitet hat, sowie der Darstellung der Handlungsempfehlungen des Berliner Beirats für Familienfragen aus dem Berliner Familienbericht 2020 „Familien in der wachsenden, vielfältigen Stadt“ zum Thema der familiären Gesundheitsförderung nun in einer Broschüre veröffentlicht.

Sie können die Studie hier downloaden. Wir senden Ihnen auch gerne eine Printversion zu, schreiben Sie dazu eine Mail an post@familienbeirat-berlin.de.

Am 26.01.2021 von 10.00 – 14.00 Uhr als Online-Veranstaltung mit einem Impulsvortrag von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin zu:

„Verschwörungsmythen aus dem Spektrum von „Querdenken“

Wie lässt sich ein Arbeitsbündnis zu den Eltern herstellen, ohne ihre problematische Einstellung zu verharmlosen oder zu normalisieren?

Was bedeutet das für das unmittelbare Gespräch mit Eltern?

Wie beeinflussen elterliche Haltungen Entwicklungsbedürfnisse der Kinder?

Wie gehe ich als Fachkraft damit um, wenn Kinder Kinder diskriminieren bzw. aus „Erwachsenenmund“ Vorurteile übernehmen?

Was ist meine Haltung als Fachkraft und sind die ethischen und rechtlichen Grundlagen dafür?

Bitte melden Sie sich über diese Email an eva_prausner@elternstaerken.de. Mit der Bestätigung Ihrer Anmeldung erhalten Sie den ZOOM-Zugangslink für den 26.01.2021.

Die Fortbildung findet in Kooperation mit dem Zentrum für Demokratie in Treptow-Köpenick statt.

Familien sind noch immer die verbreitetste Form, in der Sorge füreinander geleistet wird. Sorgearbeit ist in unserer Gesellschaft von existenzieller Bedeutung und umfasst Sorgetätigkeiten und Kompetenzen in der Betreuung, Erziehung und Bildung sowie in der Gesundheit und Pflege. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ macht mit ihrem Positionspapier deutlich, an wie vielen Stellen Familien Sorgearbeit übernehmen und welche Ressourcen darüber hinaus in Familien liegen. Die AGJ beschreibt zudem die Herausforderungen, denen Familien alltäglich gegenüberstehen, die sich z. B. in den Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Zeitnöten begründen.

Link zum Positionspapier: https://www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2020/Care_braucht_mehr.pdf

Die Klimakrise ist eines der derzeit dominierenden Themen und treibt viele Menschen auf die Straße. Sie fordern Politik und Gesellschaft auf, sich für den Erhalt der Erde und ihrer Ökosysteme einzusetzen und dafür notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Die Auswirkungen der Klimakrise betreffen alle Menschen, ganz besonders Menschen im globalen Süden sowie Kinder und Jugendliche überall auf der Welt. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ macht mit diesem Papier auf die Relevanz von ökologischen Kinderrechten aufmerksam und fordert deren konsequente Umsetzung. Sie geht auf die UN-Kinderrechtskonvention ein und stellt fest, dass für die Realisierung fast aller Kinderrechte intakte Umweltbedingungen die Grundlage sind.

Link zum Positionspapier: https://www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2020/How_dare_you.pdf

Kinderarmut ist in Europa weit verbreitet. In der aktuellen Ausgabe stellen wir Ihnen als europäisches Instrument zur Verringerung von Kinderarmut die Kindergarantie vor. Diese wurde 2015 vom Europäischen Parlament gefordert und soll im kommenden Jahr ihre Wirkung entfalten. Sie können den Newsletter hier herunterladen.

Inhalt:

  • Europäische Perspektive: neue Impulse zur Bekämpfung von Kinderarmut durch eine europaweite Kindergarantie, Katrin Lange, Beobachtungsstelle
  • Zivilgesellschaftliche Perspektive: Europa muss JETZT handeln, Elisabeth Gosme, COFACE Families Europe
  • Nationale Perspektiven im Interview: Bekämpfung von Kinderarmut in Frankreich und Italien – ist die Kindergarantie ein neuer Meilenstein?, mit Experten des des European Social Policy Network aus Frankreich und Italien

Das Team der Beobachtungsstelle analysiert gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa und befasst sich mit möglichen Auswirkungen auf Deutschland. Wir veröffentlichen wissenschaftliche, meist europäisch-vergleichende Expertisen zu sozialpolitisch relevanten Themen. Zudem erstellen wir regelmäßig Monitorings zu europäischer Politik und führen europäische Fachveranstaltungen durch. Ziel unserer Arbeit ist es, europaweit Akteure zu vernetzen, ihren Austausch zu fördern und gegenseitiges Lernen anzuregen. Aktuelle Veröffentlichungen der Beobachtungsstelle finden Sie auf unserer Webseite.

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ZFF-Info

ZFF-Info 13/2020

SCHWERPUNKT I: Paritätischer Armutsbericht

Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 15,9 Prozent (rechnerisch 13,2 Millionen Menschen) einen neuen traurigen Rekord und den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt in der Studie, dass alles darauf hindeute, dass die Auswirkungen der Corona-Krise Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen werden. Der Verband wirft der Bundesregierung eine „armutspolitische Verweigerungshaltung“ vor und fordert unter der Überschrift „Gegen Armut hilft Geld” eine sofortige Anhebung der finanziellen Unterstützungsleistungen für arme Menschen sowie armutsfeste Reformen der Sozialversicherungen.

„Die vorliegenden Daten zur regionalen Verteilung, zur Entwicklung und zur Struktur der Armut zeigen Deutschland als ein in wachsender Ungleichheit tief zerrissenes Land. Immer mehr Menschen leben ausgegrenzt und in Armut, weil es ihnen an Einkommen fehlt, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und an unserer Gesellschaft gleichberechtigt und in Würde teilzuhaben. Volkswirtschaftliche Erfolge kommen seit Jahren nicht bei den Armen an und in den aktuellen Krisen-Rettungspaketen werden die Armen weitestgehend ignoriert. Was wir seitens der Bundesregierung erleben, ist nicht mehr nur armutspolitische Ignoranz, sondern bereits bewusste Verweigerung”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Die Befunde des diesjährigen Armutsberichts sind alarmierend: Bei allen ohnehin seit Jahren besonders armutsbetroffenen Gruppen (wie bspw. Alleinerziehenden, Arbeitslosen und kinderreichen Familien) hat die Armut von 2018 auf 2019 noch einmal zugenommen. Betrachtet man die Zusammensetzung der Gruppe erwachsener Armer ist der ganz überwiegende Teil erwerbstätig (33,0 Prozent) oder in Rente (29,6 Prozent). Regional betrachtet wuchs die Armut 2019 im Vergleich zum Vorjahr praktisch flächendeckend. Positive Entwicklungen, die zuletzt in den ostdeutschen Bundesländern zu beobachten waren, sind gestoppt.

Armutsgeografisch zerfällt Deutschland dabei in zwei Teile: Im gut gestellten Süden haben Bayern und Baden-Württemberg eine gemeinsame Armutsquote von 12,1 Prozent. Der Rest der Republik, vom Osten über den Norden bis in den Westen, kommt zusammen auf eine Quote von 17,4 Prozent. Außerhalb von Bayern und Baden-Württemberg lebt durchschnittlich mehr als jede*r Sechste unterhalb der Armutsgrenze. Das problematischste Bundesland bleibt mit Blick auf Armutsdichte und Dynamik Nordrhein-Westfalen: Seit 2006 ist die Armutsquote in dem bevölkerungsreichen Bundesland zweieinhalbmal so schnell gewachsen wie die gesamtdeutsche Quote. Armutstreiber in NRW ist das Ruhrgebiet mit einer Armutsquote von 21,4 Prozent. Das größte Ballungsgebiet Deutschlands muss damit zweifellos als Problemregion Nummer 1 gelten.

Der Verband warnt vor einer drastischen Verschärfung der Armut in 2020 angesichts der aktuellen Corona-Pandemie. Besonders betroffen seien geringfügig Beschäftigte sowie junge Menschen, die corona-bedingt schon jetzt von wachsender Arbeitslosigkeit betroffen sind. „Corona hat jahrelang verharmloste und verdrängte Probleme, von der Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte bis hin zur Bildungssegregation armer Kinder, ans Licht gezerrt. Eine zunehmende Zahl von Erwerbslosen stößt auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten“, so Ulrich Schneider.

Der Paritätische fordert die Umverteilung vorhandener Finanzmittel zur Beseitigung von Armut. „Deutschland hätte es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klingt banal und wird bei vielen nicht gern gehört: Aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Schneider. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig.

Den Bericht und eine detaillierte Suchfunktion zu Armutsquoten nach Postleitzahlen finden Sie unter: www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/armutsbericht/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.11.2020

Anlässlich des heute erschienenen Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, und Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Es ist ein sozialpolitisches Trauerspiel, dass sich die Armutsquote seit Jahren auf hohem Niveau verfestigt und im Jahr 2019 sogar auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung gestiegen ist. Schon jetzt wird sichtbar, dass die Corona-Pandemie vor allem Einkommensschwache trifft und die Armutsentwicklung weiter befeuern wird, wenn die Bundesregierung nicht schnell gegengesteuert.

Der Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands macht deutlich: Zur Umkehr dieses Trends muss die steigende Einkommensarmut bekämpft werden. Erwerbstätige, Alleinerziehende und Menschen in der Grundsicherung sind besonders gefährdet. Wir fordern daher schon lange die Einführung einer Kindergrundsicherung und einer Garantierente. Eine verlässliche Existenzsicherung ist dringend geboten. Wir wollen Hartz IV überwinden und durch eine sanktionsfreie Garantiesicherung ersetzen, die Teilhabe sicherstellt. Es braucht aber auch Sofortmaßnahmen wie die rasche Einführung eines Corona-Zuschusses in der Grundsicherung und eine bessere Absicherung von Solo-Selbständigen und Kulturschaffenden. So können soziale Härten der Pandemie zeitnah abgefedert werden.

Die Bundesregierung muss ihre Verweigerungshaltung endlich aufgeben. Armutsbekämpfung muss zur politischen Priorität werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.11.2020

„Nicht nur die soziale Schieflage der aktuellen Corona-Politik sondern auch die verfehlte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre spiegeln sich im Armutsbericht", kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Ferschl weiter:

„Wenn wir über Armut reden, dürfen wir über Reichtum nicht schweigen. Was den einen durch Sozialabbau und Deregulierung genommen wurde, das eignen sich andere an. Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungs- und Lebensbedingungen für Millionen – Milliardengewinne und Vermögenszuwächse für wenige. Während hunderte Milliarden Euro Unterstützung für die Wirtschaft aufgebracht werden, erhalten Harz IV-Empfänger lediglich 14 Euro mehr im Monat. Damit muss Schluss sein.

DIE LINKE setzt sich für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit ein. Arbeit muss vor Armut schützen und sie muss sicher sein. Regulierung des Arbeitsmarktes statt Deregulierung sowie eine Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen wären notwendige Maßnahmen, um hunderttausende Beschäftigte vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Für Notlagen braucht es ausfinanzierte soziale Sicherungssysteme. Und neben einer einmaligen Vermögensabgabe brauchen wir generell eine Vermögenssteuer."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 20.11.2020

Mit Blick auf den Armutsbericht des paritätischen Wohlfahrtsverbands sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Die höchste Armutsquote seit der Wiedervereinigung ist nicht nur schlimm für die Betroffenen, sondern auch ein alarmierendes Signal an uns alle. Besonders bedrückend: die größte Gruppe der insgesamt 13,2 Millionen Armen sind Erwerbstätige. Im Klartext: Jeder dritte dieser Menschen ist arm trotz Arbeit und die ganz überwiegende Mehrheit davon hat eine mittlere oder gute Qualifikation. Armut trotz Erwerbsarbeit ist und bleibt ein besonderer Skandal in Deutschland im 21. Jahrhundert.

Die ungleiche Verteilung von Einkommen wird durch die Corona-Krise noch verschärft. Denn krisenbedingte Einkommensverluste sind keineswegs über alle Bevölkerungsgruppen gleich verteilt. Existenzbedrohende Einbußen erleiden Geringverdienende, Minijobberinnen und -jobber, sowie Beschäftigte in Gastronomie und in der Leiharbeit – also diejenigen, die auch vor der Krise schon nicht auf der Sonnenseite lebten.

Parteien müssen jetzt endlich klar Stellung beziehen, was sie gegen Armut und soziale Ungleichheit unternehmen wollen. Die Bundestagswahl im nächsten Jahr muss zum Wettbewerb dafür werden, wie Menschen in unteren Einkommensgruppen in Richtung Mitte aufholen können. Vorschläge der Gewerkschaften dazu liegen auf dem Tisch: Der Mindestlohn muss dringend außerhalb des üblichen Anpassungsverfahrens auf 12 Euro erhöht werden. Außerdem brauchen Kinder eine Grundsicherung, damit genau die Familien, deren Not am größten ist, auch am meisten Unterstützung erhalten. Eine solche Kindergrundsicherung stellt außerdem sicher, dass kein Mensch dauerhaft in Armut leben muss, nur weil er sich trotz niedrigem Einkommen für Kinder entscheidet.

Geringverdienende brauchen Aufstiegsperspektiven und der Niedriglohnsumpf muss dauerhaft ausgetrocknet werden.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich Menschen, die trotz Arbeit arm sind und ihre Lage aus eigener Kraft nicht verbessern können, frustriert und ohne Hoffnung abwenden. Das verstellt nicht nur demokratische Teilhabe sondern gefährdet gesellschaftlichen Frieden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 20.11.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Corona verstärkt Ungleichheit in unserer Gesellschaft. Das resümiert die Hans-Böckler-Stiftung bei der heutigen Vorstellung ihres Verteilungsberichts. Besonders prekär Beschäftigte müssen harte Einkommenseinbußen verkraften. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb noch größere Anstrengungen im Kampf für sozialen Zusammenhalt.

„Der Bericht der Hans-Böckler-Stiftung ist alarmierend. Zum einen erlebt gerade fast die Hälfte der Beschäftigten mit einem Nettoeinkommen unter 900 Euro erhebliche Einkommensverluste. Zum anderen zementiert die Krise Vermögensungleichheit – Reiche werden auch während Corona reicher.

Deshalb bringt die SPD-Bundestagsfraktion eine sozial gerechte Krisenpolitik voran. Wir haben den Familienbonus auf den Weg gebracht und den Zugang zur Grundsicherung vereinfacht, das Kurzarbeitergeld deutlich erhöht und verlängert. Und unterstützen Unternehmen in besonders betroffenen Branchen wie Kultur und Restaurants.

Die SPD-Bundestagsfraktion findet aber auch: Das ist längst nicht genug. Es müssen endlich faire Arbeitsbedingungen und ein Verbot für Leiharbeit und Werkverträgen in der Fleischindustrie umgesetzt werden. Außerdem braucht es unbedingt mehr Tarifverträge in der Pflege und anderen Branchen – und wo geboten allgemeinverbindliche Tarifverträge. Nur so kann die Krise ohne tiefe gesellschaftliche Verwerfungen gemeistert werden.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 19.11.2020

Der Abstand zwischen hohen und niedrigen Einkommen in Deutschland wird durch die Corona-Pandemie weiter wachsen. Denn Erwerbspersonen mit schon vorher niedrigen Einkommen sind im bisherigen Verlauf der Corona-Krise fast doppelt so häufig von Einbußen betroffen wie Menschen mit hohen Einkommen – und sie haben zudem relativ am stärksten an Einkommen verloren. Damit verschärft sich ein Trend, der auch die wirtschaftlich starken 2010er-Jahre gekennzeichnet hat: Die 20 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkünften blieben von einer insgesamt recht positiven Einkommensentwicklung weitgehend abgekoppelt. So lagen im finanziell „untersten“ Zehntel der deutschen Haushalte die mittleren Nettoeinkommen real im Jahr 2017, dem aktuellsten, für das derzeit Daten vorliegen, noch um knapp drei Prozentpunkte unter dem Niveau von 2010. Im 2. Dezil gab es nur einen geringfügigen Zuwachs um inflationsbereinigt knapp drei Prozentpunkte. Dagegen legten die mittleren realen Nettoeinkommen der Haushalte im „obersten“ Zehntel der Einkommensverteilung im gleichen Zeitraum um knapp acht Prozentpunkte zu. Auch die mittlere Einkommensgruppe (5. Dezil) konnte während des langen wirtschaftlichen Aufschwungs spürbare Zuwächse verzeichnen – um insgesamt gut sieben Prozentpunkte zwischen 2010 und 2017. Diese, unter anderem durch steigende Tariflöhne ermöglichte, vergleichsweise solide Entwicklung bei den mittleren Einkommen führte dazu, dass die mit dem Gini-Koeffizienten gemessene gesamtgesellschaftliche Einkommensungleichheit in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre leicht zurückgegangen ist – obwohl sich die oberen und unteren Ränder auseinanderentwickelten.

In der Corona-Krise dürfte nach den bislang vorliegenden Daten aber auch zumindest ein Teil der mittleren Einkommen zurückfallen und dadurch die Ungleichheit auf allen Ebenen wieder wachsen – wenn nicht Schutzmechanismen schnell weiter gestärkt werden. Dazu zählen unter anderem ein höheres Kurzarbeitergeld und eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I über 2020 hinaus bis zum Ende der Krise. Das ergibt der neue Verteilungsbericht, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.*

„Deutschland ist bislang besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder. Trotzdem gilt auch bei uns: Menschen, die zuvor schon wenig hatten, sind besonders oft und besonders hart von wirtschaftlichen Verlusten betroffen. Denn sie arbeiten oft an den Rändern des Arbeitsmarktes. Dort werden sie nur unzureichend durch Schutzmechanismen in den Sozialversicherungen oder durch Tarifverträge erfasst, die viele Beschäftigte im mittleren Einkommensbereich bisher recht effektiv vor drastischen Einkommenseinbußen bewahrt haben“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, wesentliche Ergebnisse der Studie zusammen. „Ob wir es schaffen, die Pandemie ohne tiefe gesellschaftliche Risse zu überstehen, wird daher wesentlich von zwei Faktoren abhängen“, so Kohlrausch: „Erstens müssen soziale Sicherung und Kollektivverträge gestärkt werden. Die Krise zeigt, dass sie Aktivposten unserer sozialen Marktwirtschaft sind. Zweitens müssen Haushalte mit geringeren Einkommen besser als bisher gegen noch größere Einbußen geschützt werden.“ Gelinge das nicht, könnte das auch die Identifikation erheblicher Teile der Bevölkerung mit der Demokratie in Deutschland schädigen, warnt die Soziologin. „Wir sehen in unserer Forschung deutlich: Menschen, die durch Einkommensverluste belastet sind, beurteilen die politische und soziale Situation im Land deutlich kritischer. Und sie zeigen sich im Durchschnitt sogar empfänglicher für Verschwörungsmythen zur Pandemie“, erklärt Ko-Autor Dr. Andreas Hövermann.

Daten aus zwei großen Panel-Befragungen

In der neuen Studie analysieren Kohlrausch, Hövermann und die Verteilungsexpertin Dr. Aline Zucco die Einkommensentwicklung anhand der aktuellsten vorliegenden Daten. Für das Jahr 2020 arbeitet das Forschungsteam mit der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür wurden mehr als 6300 Erwerbstätige und Arbeitssuchende im April und ein zweites Mal im Juni befragt. Die Online-Umfrage bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Die Entwicklung der Einkommensverteilung in den 2010er Jahren untersuchen die ForscherInnen anhand des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Diese repräsentative jährliche Wiederholungsbefragung in rund 16.000 Haushalten liefert detaillierte Einkommensdaten für weite Teile der Bevölkerung. Allerdings sind sehr hohe Einkommen tendenziell untererfasst und die Datenreihe reicht aktuell lediglich bis 2017. Das SOEP weist das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen von Haushalten aus, so dass Haushalte unterschiedlicher Größe vergleichbar sind. Der Vergleichbarkeit halber wurde für den Verteilungsbericht auch bei der Erwerbspersonenbefragung das Netto-Haushaltseinkommen ausgewertet.

In ihrer Analyse arbeiten die Forscherinnen und der Forscher mit den in der Wissenschaft gebräuchlichsten statistischen Verteilungsmaßen. Der Gini-Koeffizient etwa kann Werte zwischen Null (alle Haushalte in Deutschland haben das gleiche Einkommen) und eins (das gesamte Einkommen im Land fließt an nur einen Haushalt) annehmen. Er ist besonders sensibel dafür, wie sich mittlere Einkommen im Vergleich zu hohen und niedrigen entwickeln. Zudem haben Kohlrausch, Zucco und Hövermann ausgewertet, wie sich die Einkommen unterschiedlicher Haushalte entwickeln, wenn man sie, je nach Einkommenshöhe, in zehn gleich große Gruppen (Dezile) aufteilt.

Entwicklung in den 2010er Jahren: Haushalte mit niedrigen Einkommen fallen zurück, mittlere Gruppe kann mithalten

Im Vergleich der Industrieländer liegt die Ungleichheit der Einkommen in Deutschland auf einem mittleren Niveau, doch sind sie aktuell deutlich ungleicher verteilt als noch in den 1990er Jahren. Das liegt vor allem an einem kräftigen Anstieg der Ungleichheit rund um die Jahrtausendwende als sich lediglich höhere Einkommen stark entwickelten, während mittlere und insbesondere niedrigere zurückblieben. Der Gini-Koeffizient stieg zwischen 1999 und 2005 von knapp 0,25 auf 0,289 – eine für diesen kurzen Zeitraum auch im internationalen Vergleich starke Zunahme. Darauf folgte eine kurze Phase, in der die Ungleichheit der Einkommen auf dem erhöhten Niveau stagnierte und dann etwas zurückging. In den 2010er Jahren kletterte der Gini-Wert zunächst auf einen neuen Höchstwert: 2013 erreichte er 0,294, das ist die größte seit Einführung des SOEP gemessene Einkommensungleichheit in Deutschland. Im derzeit aktuellsten Jahr 2017 betrug der Gini erneut 0,289. „Das ist immer noch deutlich höher als zu Beginn des Jahrzehnts“, betont Verteilungsforscherin Zucco (siehe Abbildung 1 der Studie, auch in der pdf-Version dieser PM; Links unten).

Dass die Ungleichheit gegenüber dem Höchststand 2013 bis 2017 leicht gesunken ist, lässt sich nach der WSI-Analyse wesentlich auf die solide Entwicklung der mittleren Einkommen zurückführen. Das macht der Dezilvergleich deutlich: Die realen Einkommen in der Mitte der Verteilung (5. Dezil) blieben im Gesamtzeitraum 2010 bis 2017 prozentual kaum hinter dem „obersten“ (10.) Dezil zurück, weil sie sich in der zweiten Hälfte recht kräftig entwickelten. Dagegen nahmen die Einkommen in der „zweituntersten“ Gruppe (Dezil 2) kaum zu, die Einkommen im ersten Dezil blieben sogar unter dem Niveau von 2010 (siehe Abbildung 3 der Studie und in der pdf-Version dieser PM; genaue Werte im 1. Absatz).

Parallel lag 2017 der Anteil der Haushalte in Deutschland, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte zur Verfügung haben und deshalb nach gängiger wissenschaftlicher Definition als einkommensarm gelten, mit 16 Prozent um zwei Prozentpunkte höher als 2010. Überproportional von Armut betroffen waren 2017 unter anderem Alleinerziehende, Arbeitslose, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche. Dagegen hatten etwa Personen mit Hochschulabschluss, Selbständige, Beamte und Angestellte ein deutlich unterdurchschnittliches Armutsrisiko.

Haushalte mit niedrigen Einkommen leiden in der Corona-Krise besonders stark, auch einige mittlere fallen zurück

Im bisherigen Verlauf der Corona-Krise hat sich der Rückstand der niedrigen Einkommen nach den Daten der Erwerbspersonenbefragung noch verschärft. Und diesmal fallen auch Haushalte im „unteren“ Bereich der mittleren Einkommensgruppen gegenüber jenen mit hohen Einkommen zurück. Der Trend zeigt sich in gleich zwei Dimensionen: Je niedriger ihr Einkommen schon vor der Krise war, desto häufiger haben Befragte im Zuge der Pandemie an Einkommen eingebüßt. Zudem steigt mit abnehmender Einkommenshöhe der Anteil, um den sich das Einkommen reduziert hat: Wer weniger hatte, hat also relativ auch noch besonders viel verloren.

Konkret haben im Durchschnitt aller Befragten bis Juni knapp 32 Prozent Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. In den beiden Gruppen mit niedrigen Haushaltseinkommen unter 1500 Euro netto monatlich lag der Anteil aber deutlich über 40 Prozent (rund 49 bzw. 41 Prozent; siehe Abbildung 5). In der „untersten“ der mittleren Einkommensgruppen, die zuvor 1500 bis 2000 Euro netto hatte, waren knapp 37 Prozent betroffen. In den Gruppen zwischen 2000 und 4500 Euro monatlichem Haushaltsnetto lag der Anteil mit Verlusten bei gut 31 Prozent. Von den Befragten mit hohen Haushaltsnettoeinkommen über 4500 Euro berichteten dagegen lediglich rund 26 Prozent über Einbußen. Schaut man auf das Beschäftigungs- und Sozialprofil der Befragten mit Verlusten, waren neben Selbständigen vor allem prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen und Minijobber und Minijobberinnen besonders oft betroffen. Stärker verbreitet waren Einkommensverluste auch bei Menschen mit Migrationshintergrund und mit Kindern.

Auch bei der Höhe der Ausfälle zeigt sich der Zusammenhang mit dem Einkommen. Das wird besonders deutlich, wenn man lediglich die Befragten vergleicht, die von Einkommensverlusten berichtet haben. Von diesen Befragten hatten in Haushalten mit mehr als 2600 Euro Monatsnetto rund 30 Prozent Einbußen von mehr als einem Viertel ihres Einkommens. Dagegen büßten in der Gruppe mit maximal 2000 Euro Haushaltsnetto im Fall von Verlusten immerhin knapp 50 Prozent mindestens ein Viertel ein. Noch größere Verluste kamen vor allem bei Niedrigeinkommen unter 900 Euro vor: Dort erlitten knapp 20 Prozent sogar Einbußen von mehr als der Hälfte ihres Einkommens (Abbildung 6).

Als wichtige Gründe für spürbare Einkommenseinbußen identifiziert das WSI neben dem Verlust von Umsätzen bei Selbständigen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes, der bislang vor allem prekär Beschäftigte betraf, Kurzarbeit. Diese sichert in der Krise zwar zahlreiche Jobs, kann für betroffene Beschäftigte aber empfindliche Einbußen bedeuten. Wie Vorläuferstudien des WSI zeigen, sind Beschäftigte mit Niedrigeinkommen davon besonders häufig betroffen. „Gleichzeitig zeigt der detaillierte Blick auf die Daten, dass auch in dieser extrem schweren Krise sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Normalarbeitsverhältnis in Kombination mit Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung Einkommensverluste verhindern oder zumindest begrenzen kann“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. Das unterstrichen weitere Daten aus der Erwerbspersonenbefragung: So erhielten im Fall von Kurzarbeit im Durchschnitt 58 Prozent der Beschäftigten, die nach einem Tarifvertrag bezahlt wurden, eine Aufstockung. In Unternehmen ohne Tarifbindung waren es hingegen lediglich 34 Prozent. Ähnlich groß fiel der Vorsprung in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat aus. „Menschen mit Niedrigeinkommen arbeiten seltener in tarifgebundenen, mitbestimmten Betrieben, sie haben also eine geringere Chance auf Aufstockungen. Und nur mit dem gesetzlichen Kurzarbeitergeld landen Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener schnell unterhalb des Existenzminimums“, erklärt Zucco.

Maßnahmen gegen wachsende Ungleichheit: Höheres Kurzarbeitergeld, länger ALG I, Reform Erbschaftssteuer

Dass die soziale Ungleichheit deutlich steigt, ist aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch deshalb wahrscheinlich, weil sich die Vermögen, die auch in Deutschland noch weitaus ungleicher verteilt sind als die Einkommen, bislang als sehr resistent gegen die Krise erwiesen haben. Das zeigte kürzlich etwa der Global Wealth Report der Allianz. Um einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich gegenzusteuern, empfehlen Kohlrausch, Zucco und Hövermann einen Mix aus kurz- und längerfristigen Maßnahmen. Dazu zählen kurzfristig:

– Anhebung des Kurzarbeitergeldes, insbesondere für Beschäftigte mit Niedrigeinkommen.

– Für den gesamten Zeitraum der Krise eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I.

– Dauerhafte Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes auf ein „armutsfestes“ Niveau.

– Mehr Qualifizierungsmöglichkeiten während der Kurzarbeit. Das Qualifizierungschancengesetz setzt dafür zwar schon einige Anreize, diese sollten aber noch gestärkt werden.

Längerfristig:

– Anhebung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf 60 Prozent des mittleren Lohns von Vollzeitbeschäftigten.

– Stärkung der Tarifbindung, unter anderem durch eine gesetzliche Tariftreueklausel als Voraussetzung für öffentliche Aufträge.

– Bessere Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse von Migranten und Migrantinnen und mehr Qualifizierung.

– Rückkehr zu einer progressiven Besteuerung von Kapitalerträgen und stärkere Besteuerung sehr hoher Erbschaften, um eine weitere Konzentration von Vermögen zu begrenzen.

Verteilungsbericht 2020 – Die Einkommensungleichheit wird durch die Corona-Krise noch weiter verstärkt. WSI Report Nr. 62, November 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 19.11.2020

Verschärft die Covid-19-Pandemie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern oder nivelliert sie diese sogar? Eine aktuelle IAB-Befragung zeigt: Frauen schultern auch während der Pandemie den größeren Teil der Kinderbetreuung und der Hausarbeit. Allerdings ist der Anteil der Männer, die sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligen, in dieser Zeit deutlich gestiegen.

Die Covid-19-Pandemie hat die zentrale Bedeutung von „Sorgearbeit“ bei der Bewältigung von Krisen ins Blickfeld gerückt. Darunter fallen beispielsweise die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen und Haushaltstätigkeiten aller Art. Die weitgehende Schließung von Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen im Frühjahr dieses Jahres verlagerte mehr Sorgearbeit in den Haushalt. Erwerbstätige Eltern, die keinen Anspruch auf Notbetreuung hatten, mussten die Betreuung selbst organisieren.

Sorge- und Erwerbsarbeit gleichzeitig zu bewältigen, bedeutete für viele Familien eine große Herausforderung. So ist die Belastung bei drei Viertel der erwerbstätigen Eltern gestiegen, wie ein aktueller Beitrag von Nicola Fuchs-Schündeln und Gesine Stephan im IAB-Forum zeigt.

Die Bedeutung der Sorgearbeit und ihre Verteilung zwischen den Geschlechtern ist der zentrale Gegenstand der sogenannten Care-Forschung. Dort besteht Einigkeit über die folgenden Sachverhalte: Unbezahlte Sorgearbeit wird überwiegend von Frauen übernommen. Dafür arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit und zahlen dadurch weniger in die Altersvorsorge ein. Zudem gehören viele Berufe der bezahlten Sorgearbeit, in denen mehrheitlich Frauen tätig sind, zu den schlechter bezahlten, beispielsweise Sozial- und Pflegeberufe oder Berufe im Reinigungsgewerbe.

Die Folgen der Corona-Krise für die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern werden in der Wissenschaft kontrovers diskutiert

Während der Covid-19-Pandemie mussten im Frühjahr dieses Jahres viele Paare mit Kindern neu bewerten und entscheiden, wie sie Kinderbetreuung und Haushalt untereinander aufteilen. Im wissenschaftlichen Diskurs entwickelte sich in der Folge eine heftige Kontroverse. So befürchtet etwa die Soziologin Jutta Allmendinger „eine Retraditionalisierung der Geschlechterordnung, die uns drei Jahrzehnte zurückwirft“, erklärte sie Anfang Mai in der Talkshow „Anne Will“.

Frauen übernehmen nach dieser Lesart in der Krise mehr als ohnehin schon unbezahlte Sorgearbeiten – mit allen damit verbundenen Abhängigkeitsverhältnissen und negativen Folgen für Jobsicherheit, Karriere und Altersvorsorge. Zu Beginn der Pandemie wurde noch verstärkt die Frage aufgeworfen, ob die Krise denn auch als Gleichmacher wirken könnte, wie es Stanford-Historiker Scheidel in Anbetracht historischer Forschungen zu Krisen und Gleichheit rekonstruiert hatte.

Die ersten Forschungsarbeiten hierzu zeigen widersprüchliche Ergebnisse. So kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer Online-Befragung zu dem Schluss, dass zumindest teilweise von einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse auszugehen ist. Im Kontrast dazu stehen die Befunde einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Das IAB ist anhand der Online-Befragung „Leben und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“ in der Lage, die These von der Retraditionalisierung einer fundierten empirischen Überprüfung zu unterziehen. Denn diese Befragung erlaubt es, Veränderungen der Erwerbsarbeit und der Sorgearbeit während der Covid-19-Pandemie abzubilden und dabei genauer zwischen unterschiedlichen Dimensionen von Sorgearbeit zu differenzieren. Die Fragen zur Kinderbetreuung und zur Aufteilung von Arbeiten im Haushalt beziehen sich auf den Erhebungszeitraum im Juni 2020. Im Laufe dieses Monats wurden Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen in vielen Bundesländern wieder schrittweise geöffnet. Es war aber noch keine Vollzeitbetreuung wie zu Zeiten vor der Pandemie gewährleistet.

Die Entwicklung von Arbeitszeit und Kinderbetreuung sprechen gegen die Retraditionalisierungsthese

Frauen arbeiteten nach eigener Auskunft vor der Pandemie durchschnittlich 32,6 Stunden pro Woche, Männer gaben 39,7 Stunden an. Während der Pandemie sank die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit bei beiden Geschlechtern: Frauen gaben für den Juni 2020 durchschnittlich 30,9 Wochenarbeitsstunden an, Männer 36,3. Männer reduzierten ihre Wochenarbeitszeit damit absolut und prozentual sogar stärker als Frauen (8,5 % versus 5,2 %). Bezogen auf die berufliche Arbeitszeit kann folglich nicht von einer Retraditionalisierung die Rede sein, auch wenn die Arbeitszeiten der Männer nach wie vor länger sind.

Bei der Kinderbetreuung sprechen die Ergebnisse ebenso gegen eine Retraditionalisierung. Männer und Frauen, die in Paarhaushalten mit Kindern unter 15 Jahren leben, wurden gefragt, wie sie sich die Kinderbetreuung mit dem Partner oder der Partnerin vor und während der Covid-19-Pandemie aufgeteilt haben. Dabei wurde deutlich: Die Hauptlast der Sorgearbeit wird nach wie vor von Frauen getragen. Nach eigenen Angaben übernahmen zwei Drittel der Frauen vor der Pandemie überwiegend oder fast vollständig die Kinderbetreuung. Nur in etwa 5 Prozent der Fälle war es ihr Partner. 29 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, dass die Aufteilung aus ihrer Sicht zu etwa gleichen Teilen erfolgte. Männer konstatierten in 61 Prozent der Fälle, dass ihre Partnerin vor der Pandemie überwiegend die Kinderbetreuung übernahm, in 5 Prozent der Fälle überwiegend sie selbst und in etwa einem Drittel der Fälle beide zu gleichen Teilen.

Dieses Bild änderte sich während der Pandemie nicht grundlegend. Allerdings gaben insbesondere Männer etwas häufiger an, die Kinderbetreuung nun zu gleichen Teilen (37 %) oder überwiegend zu übernehmen (10 %). Umgekehrt sank der Anteil der Männer, die konstatierten, dass ihre Partnerin den überwiegenden Anteil der Kinderbetreuung übernommen hatte, auf knapp 53 Prozent.

Der Anteil der Frauen, der angab, die Kinderbetreuung überwiegend oder vollständig selbst zu übernehmen, sank leicht von 66 auf 63 Prozent. In 8 Prozent der Fälle übernahm die Betreuung ihren Angaben zufolge nun überwiegend der Partner. Diese Ergebnisse decken sich – bei unterschiedlicher Art der Messung – mit der Studie des DIW. Danach tragen Mütter zwar ebenfalls die Hauptlast der Betreuung. Die Kinderbetreuung durch Väter hat jedoch während der Pandemie zugenommen.

Um etwaige Veränderungen bei der Aufgabenverteilung genauer analysieren zu können, wurden zwei Personengruppen näher betrachtet, die sich deutlich überschneiden:

  • Paare, die angaben, die Kinderbetreuung vor der Pandemie egalitär aufgeteilt zu haben,
  • Paare, die angaben, die Kinderbetreuung während der Pandemie egalitär aufgeteilt zu haben.

Für beide Gruppen wurde analysiert, inwiefern sich die Arbeitsteilung vor der Pandemie von der jetzigen Situation unterscheidet.

Für die erste Gruppe zeigt sich: Männer, die ihre Kinder vor der Pandemie in etwa gleichem Umfang betreut hatten wie ihre Partnerin, taten dies überwiegend auch während der Pandemie. Dies gaben jedenfalls knapp 69 Prozent der befragten Männer an. Jeweils gut 15 Prozent der befragten Männer gaben an, dass ihre Partnerin oder sie selbst während der Pandemie die Betreuung stärker als zuvor übernommen haben. Bei Frauen, nach deren Angaben die Arbeitsteilung vor der Pandemie gleich war, übernahmen 32 Prozent während der Pandemie wieder überwiegend die Kinderbetreuung, bei 16 Prozent überwiegend der Partner.

Für die zweite Gruppe zeigt sich: Bei Männern, die während der Pandemie eine egalitäre Arbeitsteilung praktizierten, übernahm ein Drittel ihren eigenen Angaben zufolge mehr Aufgaben als vor der Pandemie. Bei Frauen, die während der Pandemie eine egalitäre Arbeitsteilung angaben, mussten rund 40 Prozent weniger Aufgaben übernehmen als zuvor.

Eine partielle Retraditionalisierung ist bei Frauen zu erkennen, die vor der Pandemie die Kinderbetreuung egalitär mit ihrem Partner aufgeteilt hatten: 32 Prozent von ihnen übernahmen in der Pandemie den Großteil der Kinderbetreuung. Bei Frauen, die während der Pandemie eine egalitäre Aufteilung wahrnahmen, ist hingegen ein Rückgang der Ungleichheit zu verzeichnen. Sie profitierten von verstärkter Unterstützung der Männer, denn 40 Prozent von ihnen trugen vor der Pandemie die Hauptlast der Kinderbetreuung.

Männer, die während der Pandemie eine egalitäre Aufgabenteilung wahrnahmen, beteiligten sich ihren eigenen Einschätzungen zufolge ebenfalls etwas stärker als zuvor, denn 34 Prozent von ihnen hatten die Kinderbetreuung vor der Pandemie überwiegend ihrer Partnerin überlassen.

Multivariate Analysen zeigen zudem, dass vor allem Befragte, deren Partnerin oder Partner in Vollzeit erwerbstätig war, die Kinderbetreuung sowohl vor als auch während der Pandemie zu gleichen Teilen übernahmen. War die Partnerin oder der Partner nicht erwerbstätig, war die Betreuung im Schnitt deutlich ungleicher verteilt.

Die Arbeitsteilung in anderen Bereichen des Privatlebens ist relativ stabil

Die Befragungsdaten erlauben es zudem, die Arbeitsteilung in anderen Bereichen der privaten Lebensführung zu analysieren. Hier werden ebenfalls nur Personen betrachtet, die mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin zusammenleben und mindestens ein Kind unter 16 Jahren haben. Dabei zeigen sich in der Krise nur kleine Veränderungen bei der Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern.

Hausarbeit ist nach wie vor relativ häufig eine weibliche Domäne: Frauen gaben sehr selten an, dass überwiegend ihr Partner die Hausarbeit erledigt. Ihr Anteil lag vor und während der Corona-Krise im Bereich von 2 bis 3 Prozent. Bei den befragten Männern gaben 51 Prozent an, dass ihre Partnerin vor der Pandemie überwiegend die Aufgaben im Haushalt übernommen hatte. Während der Pandemie waren es noch 44 Prozent.

Bei anderen Aufgaben der privaten Lebensführung spielen Männer eine größere, zum Teil dominierende Rolle. Gut ein Fünftel der Frauen gab an, dass vor der Pandemie meist ihr Partner die Einkäufe erledigte. Während der Pandemie war es knapp ein Viertel. Rund 30 Prozent der Männer konstatierten vor und während der Pandemie, dass diese Aufgabe überwiegend ihre Partnerin übernahm.

Eine eindeutig männliche Domäne waren und sind hingegen Reparaturen: Frauen gaben in etwa 70 Prozent der Fälle an, dass dies überwiegend Aufgabe ihres Partners ist. Weniger als 3 Prozent der befragten Männer sagten dies über ihre Partnerin. Um finanzielle Angelegenheiten kümmert sich aus Sicht der weiblichen Befragten in rund 15 Prozent der Fälle überwiegend der Partner. Aus Sicht der männlichen Befragten ist es in rund 12 Prozent der Fälle überwiegend die Partnerin.

Fazit

In der Wissenschaft ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Corona-Krise bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern eher verschärft oder eher einebnet. Aktuelle Daten aus der Online-Befragung „Leben und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“ des IAB erlauben eine empirisch fundierte und differenzierte Antwort auf diese Frage.

Tatsächlich zeigt sich auch in der Krise, dass die berufliche Arbeitszeit erwerbstätiger Frauen die von erwerbstätigen Männern nach wie vor deutlich unterschreitet. Bei beiden Geschlechtern reduzierte sich während der Pandemie im Juni 2020 die Wochenarbeitszeit. Auch wenn die Männer ihre Arbeitszeit etwas stärker verringert haben als die Frauen, besteht hier weiterhin eine spürbare Lücke zwischen den Geschlechtern.

Darüber hinaus übernahmen Mütter vor und während der Pandemie den größeren Teil der Kinderbetreuung – auch in der Wahrnehmung der Männer. Jedoch beteiligen sich Männer in der Pandemie stärker an dieser Aufgabe als vorher. Das spricht gegen die These, dass die Covid-19-Pandemie zu einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse in diesem Bereich führt.

Zudem zeigen sich nur relativ geringe Veränderungen in anderen Bereichen der privaten Lebensführung wie Hausarbeit, Einkäufe oder Reparaturarbeiten. Bei der Regelung der eigenen finanziellen Angelegenheiten ändert sich an der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung gegenüber der Vorkrisenzeit ebenfalls kaum etwas. Die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern bleibt alles in allem stabil.

Geschlossene Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen bedeuten generell eine hohe Belastung für alle Eltern, die nicht auf die Hilfe Dritter zurückgreifen können. Sie müssen in einer solchen Situation entscheiden, wie sie Erwerbs- und Sorgearbeit untereinander aufteilen. Sie greifen dabei vorwiegend auf bereits etablierte Verteilungsmuster zurück, bei denen Frauen die größere Last unbezahlter Sorgearbeit tragen.

Gleichwohl zeigen sich in der Pandemie gewisse Veränderungen, die unter dem Strich eher gegen als für die Retraditionalisierungsthese sprechen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine verstärkte Beteiligung der Männer an der Kinderbetreuung. Ob diese zaghaften Veränderungen hin zu mehr Beteiligung von Männern, die vielfach der jüngsten Notsituation und den Homeoffice-Bedingungen geschuldet sein dürften, die Krise überdauern werden, ist eine offene Frage.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 12.11.2020

Zu Debatte über Schulschließungen erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Ein flächendeckender Schul-Lockdown wäre verheerend für die Bildungschancen von Millionen von Schülern und eine erneute Belastung vieler Eltern. Es ist daher nach wie vor richtig, auf Präsenzunterricht zu setzen und über Schulschließungen und Hygienemaßnahmen vor Ort zu entscheiden. Die beste Möglichkeit, diesen auch im Herbst und Winter zu gewährleisten, sind Luftfilter. Es ist ein fatales Versäumnis, dass die Bundesregierung die Länder nicht bereits im Sommer bei der Beschaffung von Luftfiltergeräten unterstützt hat. Die Forderung von Bundesbildungsministerin Karliczek nach einer allgemeine Maskenpflicht an allen Schulen ist hingegen wenig zielführend. Wenn Schüler aufgrund des lokalen Infektionsgeschehens nicht in die Schule können, darf das kein Nachteil sein. Der Unterricht muss an jeder Schule zu jeder Zeit auch digital möglich sein. Bildungsministerin Karliczek sollte daher endlich den Digital-Turbo zünden und dafür sorgen, dass alle Schulen die Mittel aus dem Digitalpakt erhalten und Schüler und Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 11.11.2020

Die Fraktion Die Linke will, dass die "Mangelwirtschaft in der Bildung" beendet wird und Schulen in der Pandemie mehr Unterstützung bekommen. Das fordert die Fraktion in einem Antrag (19/24450). Danach soll die Bundesregierung die bedarfsdeckende, niedrigschwellige und bürokratiearme Förderung bei der Anschaffung von FFP2-Masken unterstützen. Ebenso soll die Bundesregierung die Anschaffung von CO2-Messgeräten sowie geeigneter und sicherer mobiler Raumluftfiltersysteme unterstützen, die unabhängig von den baulichen Voraussetzungen im Schulgebäude einsetzbar sind und einen Luftaustausch ermöglichen. Ferner sollen niedrigschwellige und schnelle, kostenfreie Testverfahren bei Infektionsfällen in einer Gruppe auch für symptomfreie Lehrende und Lernende sowie Grippeschutz-Impfungen für Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher sichergestellt werden. Schulen sollen laut der Fraktion ein prioritärer Anwendungsort für Antigen-Schnelltests sein, wenn sich diese Tests auch bei Anwendung durch medizinische Laien als sicher erweisen. Ansonsten sollen sie durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1247 vom 19.11.2020

Studie auf Basis von Sonderbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-CoV) – Einsatz von Videokonferenzen variiert im Sekundarschulbereich stark – Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial sollten abgebaut werden, um Bildungsungleichheiten nicht zu verstärken

Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Schulschließungen im Frühjahr 2020 haben LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. Eine zentrale Frage war, wie SchülerInnen unterrichtet werden und an Lernmaterial, also beispielsweise Aufgabenblätter und Instruktionen zur Bearbeitung, kommen. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt nun: Fast alle SchülerInnen (89 Prozent) wurden digital, etwa per E-Mail oder Cloudlösungen, mit Schulaufgaben versorgt. Abgesehen davon gab es während des Lockdowns und auch in der Zeit direkt danach aber große Unterschiede – abhängig vor allem davon, ob die SchülerInnen ein Gymnasium oder eine andere Sekundarschule besuchen und ob sie auf eine private oder öffentliche Schule gehen.

„Es gibt einige Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial, die nicht unbedingt pädagogisch begründet sind – sie haben das Potenzial, ohnehin schon bestehende Bildungsungleichheiten noch zu verstärken“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Gemeinsam mit Mathias Huebener und Sabine Zinn hat sie Daten einer repräsentativen Sonderbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-CoV) ausgewertet, die während des ersten Lockdowns im Frühjahr und danach durchgeführt wurde. Die Studie basiert auf Angaben von Eltern aus mehr als 1800 Haushalten mit Schulkindern.

PrivatschülerInnen konnten nach Lockdown eher wieder regulär zur Schule gehen

Demnach erhielten GymnasiastInnen – sowohl während des coronabedingten Lockdowns als auch in der Zeit direkt danach – häufiger Lernmaterial über Videokonferenzen als andere SchülerInnen im Sekundarschulbereich, also auf Real-, Haupt- und Gesamtschulen. Die entsprechenden Anteile lagen bei 36 im Vergleich zu 25 Prozent während des Lockdowns und in der Zeit danach sogar bei 57 zu 23 Prozent. Real-, Haupt- und GesamtschülerInnen wiederum bekamen ihr Lernmaterial nach dem Lockdown über ähnliche Wege wie GrundschülerInnen, obwohl sich die Kompetenzen bei der Verarbeitung des Lernstoffs zwischen diesen Schülergruppen deutlich unterscheiden und der Altersunterschied einen differenzierten Einsatz von digitalen Lernformaten zuließe.

PrivatschülerInnen erhielten während des Lockdowns eher Lernmaterial über Videokonferenzen als SchülerInnen an öffentlichen Schulen (34 im Vergleich zu 25 Prozent). Vor allem konnten sie in den Wochen und Monaten nach dem Lockdown deutlich häufiger wieder regulär zur Schule gehen. So gut wie keine Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial gab es beim Vergleich von SchülerInnen, die vor dem Lockdown dem Ganztags- beziehungsweise Halbtagsbereich zuzuordnen waren. Letztere dürften wohl besser mit der Situation klargekommen sein – sie sind eher daran gewöhnt, Lernstoff nachmittags zu Hause zu vertiefen.

Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen auch über aktuelle Situation hinaus sinnvoll

Dass SchülerInnen unterschiedlich guten Zugang zu Lernmaterial haben, ist in den wenigsten Fällen auf deren Alter und Kompetenzen zurückzuführen. Unterschiede zwischen den Schultypen sollten deshalb soweit möglich abgebaut werden. „Insbesondere jetzt, wo die Corona-Infektionszahlen vergleichsweise hoch sind und Einschränkungen des Schulbetriebs etwa durch Quarantänemaßnahmen zunehmen, müssen allen SchülerInnen gute Lernchancen geboten werden“, sagt Mathias Huebener. „Andernfalls drohen einzelne von ihnen noch weiter abgehängt zu werden.“

Dafür braucht es aus Sicht der StudienautorInnen eine geeignete digitale Infrastruktur, mit der alle SchülerInnen erreicht werden können. „Wenn wir alle Schulen auf ein ähnliches digitales Niveau heben wollen, dann muss jetzt zielgerichtet besonders in jene Schulen investiert werden, wo dieses Niveau noch nicht in Sicht ist“, so C. Katharina Spieß. Nötig sei ein übergreifendes Gesamtkonzept, dass zielgruppenspezifische und damit auch altersgerechte Angebote ermöglicht und digitales Lernen mit Präsenzunterricht in der Schule verknüpft. Solche digitalen Kompetenzen sollten auch über die aktuelle Situation hinaus für die Zeit nach der Corona-Pandemie aufgebaut und etabliert werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 18.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, Schulen und Kitas künftig weitgehendere Handlungsspielräume für ortsspezifisch notwendige Corona-Maßnahmen zu eröffnen. Dafür sollen Bund, Länder und Kommunen einen "Setzkasten" möglicher Maßnahmen zur Verfügung stellen, damit die Bildungseinrichtungen situationsangemessen flexibel auf die Corona-Pandemie reagieren können. Leitziel muss es dabei sein, flächendeckende komplette Schließungen von Schulen und Kitas zu verhindern und das Recht auf Bildung im Sinne ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung von Kindern zu gewährleisten. Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich im Vorfeld der morgigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder aus kinderrechtlicher Sicht außerdem strikt gegen die in der letzten Woche vorgeschlagene "Ein-Freund-Regel" aus. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation ist dieser Vorschlag kinderfeindlich und sollte nicht realisiert werden.

"Alle Maßnahmen in Schulen und Kitas müssen sich vorrangig an den kindlichen Interessen orientieren, so wie es in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben ist. Dazu brauchen die Bildungseinrichtungen ein umfangreiches Paket aus finanzieller Unterstützung und konkreten Fortbildungs- und Ausstattungsangeboten. Aus diesen Angeboten sollten Schulen und Kitas dann wie aus einem Setzkasten in Absprache mit den Gesundheitsämtern die für die Situation vor Ort effektivste Maßnahme zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung einerseits und zur Bekämpfung der Corona-Pandemie andererseits ergreifen können. Diese möglichen Maßnahmen sollten sich an Leitlinien orientieren, die Bund, Länder und Kommunen gemeinsam erarbeiten müssen, und die auch Qualitätsstandards für Schulen und Kitas beinhalten, die nicht unterschritten werden dürfen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie müssen beispielsweise alternative Räumlichkeiten angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen und Kitas zu ermöglichen. Hotels, Museen, Jugendherbergen, Volkshochschulen, Theater, Freizeiteinrichtungen, Bürgerhäuser, Sporthallen: Hier gibt es unzählige Möglichkeiten, die ebenso wie Luftfilteranlagen und mobile Raumluft-Filter nicht an Verwaltungsvorschriften und angeblichem Geldmangel scheitern dürfen. Notwendiges zusätzliches Personal könnten beispielsweise auch Lehramtsstudierende, Museums- und Theaterpädagogen oder Dozentinnen der Volkshochschulen sein. Auch sollte den Schulen ermöglicht werden von der festen Stundentafel abzuweichen, um projektorientierten Unterricht in gleichbleibenden Lerngruppen realisieren zu können. Und wir müssen endlich ernsthaft gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, und auch bereits in den Kitas mit jüngeren Kindern darüber sprechen, wie wir sie bestmöglich bei der Bewältigung ihrer Probleme durch die Corona-Pandemie unterstützen und beteiligen können", so Hofmann weiter.

"Die die in der letzten Woche vorgeschlagene ,Ein-Freund-Regel‘ gehört in die ,Corona-Maßnahmen-Mottenkiste‘. Wir muten unseren Jüngsten ohnehin schon sehr viel zu. Man erreicht mit solchen abstrusen Vorschlägen nur, dass bei Kindern und Jugendlichen Verständnis verspielt wird. Da wir aber noch längere Zeit mit Corona umgehen müssen, brauchen wir ein Mitziehen der gesamten Bevölkerung, das gilt auch für junge Menschen. Die Bereitschaft dazu dürfen wir nicht mit solchen kinderfeindlichen Regelungen verspielen", so Hofmann.

Zusätzlich zu den konkreten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch ein Experten/innenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden unabdingbar, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten. Zudem muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schulen und Kitas regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 24.11.2020

"Diese Studie untersucht die kurzfristigen Folgen für die Betreuungsarrangements von Eltern, die während der COVID-19-Pandemie in Deutschland von der Schul- und Kita-Schließung betroffen waren und die daraus resultierenden Veränderungen im ihrem Wohlbefinden. Mit multinomialen logistischen Regressionen, angewendet auf neue Paneldaten des Nationalen Bildungspanels (NEPS-Corona_CAWI_C2) findet die Studie, dass Mütter eine Schlüsselrolle in den Ad-hoc-Betreuungsarrangements während der COVID-19-Pandemie spielen, was die traditionelle Aufteilung der Familienarbeit bei deutschen Paaren bestätigt. Darüber hinaus veranschaulichen die Ergebnisse die Bedeutung der Arbeitsbedingungen, insbesondere die Möglichkeit des Homeoffice, für den Verhandlungsprozess der Eltern. Entgegen unseren Annahmen wurde das Wohlergehen der Eltern in den ersten Krisenmonaten jedoch nicht durch das gewählte Betreuungsarrangement beeinflusst." (Autorenreferat, IAB-Doku)

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Weitere Informationen

Quelle: PressemitteilungInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA)vom 23.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder die sofortige Einführung eines „Corona-Bildungsregisters“ an. Ein solches Register muss fortlaufend aktualisierte Daten zur Lage der Schulen und Kitas in der Corona-Pandemie erfassen und so eine verlässliche Entscheidungsgrundlage dafür liefern, wie das Recht auf Bildung in Schulen und Kitas bestmöglich umgesetzt werden kann. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes darf es nicht sein, dass es nur unvollständige Zahlen und damit einhergehende Schätzungen gibt, wie viele Schülerinnen und Schüler, Kitakinder, Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher in Corona-Quarantäne sind. Wichtig ist zudem, dass das Register staatliche und private Bildungseinrichtungen umfasst, um einen Gesamtüberblick über die Situation zu ermöglichen. Zudem ist durch eine länderübergreifende Koordination bei der Erhebung entsprechender Daten eine Vergleichbarkeit von Datensätzen zu gewährleisten. Die Erkenntnisse aus dem bestehenden KiTa-Register des Deutschen Jugendinstituts und des Robert Koch-Instituts sollten mit in das „Corona-Bildungsregister“ einfließen.

„Wir brauchen endlich einen aussagekräftigen Gesamtüberblick, wie es bei den nach wie vor hohen Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung in unseren Schulen und Kitas ganz konkret aussieht. Länderspezifisches Stückwerk bringt uns hier nicht weiter. Es muss alles darangesetzt werden, flächendeckende komplette Schließungen der Bildungseinrichtungen zu verhindern. Notwendig ist dafür auch ein Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Bei der Frage der Offenhaltung von Schulen und Kitas müssen neben dem Gesundheitsschutz auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Das Recht auf Bildung muss während der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben. Hier ist der Bund gefordert, die Länder sowie Schul- und Kitaträger auch finanziell zu unterstützen. Die Schulträger sollten gemeinsam mit den Schulkonferenzen situationsangemessene Entscheidungen treffen können, wie sie diese finanzielle Unterstützung des Bundes einsetzen, um das Lernen in Zeiten der Pandemie weiterhin zu ermöglichen. Auch die Kitas in Deutschland brauchen Unterstützung, um ihrem Bildungsauftrag weiter nachkommen zu können.

„Wir haben im Frühjahr gesehen, dass gerade Kinder mit besonderen Förderbedarfen oder Kinder aus armen Verhältnissen zu den großen Verlierern der Schul- und Kitaschließungen geworden sind. Auch deshalb muss eine erneute flächendeckende Schließung mit aller Kraft verhindert werden“, so Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 16.11.2020

Mit Blick auf die heutigen Beratungen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin sende ich Ihnen folgendes Zitat von Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, zu Ihrer Verwendung:

"Ich begrüße, dass das Kanzleramt die heute Morgen bekanntgewordene Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentinnenkonferenz angepasst hat. Wenn weitere Verschärfungen der Kontaktbeschränkungen notwendig werden, dürfen diese nicht nur auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden.

Wir können nicht Erstklässlern zumuten, den gesamten Schultag über einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und gleichzeitig ungeregelten Präsenzbetrieb in den Bürohäusern der Innenstädte zulassen. Es ist an der Zeit, auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen. Sie müssen dort, wo es möglich ist, Homeoffice möglich machen.

Kinder, Jugendliche und ihre Familien verzichten in diesem Jahr auf Vieles: Ihre Schulabschlussfeiern, Geburtstage, Sankt-Martins-Umzüge und sicher wird auch das Weihnachtfest in diesem Jahr nicht wie gewohnt stattfinden können. Für die Arbeitswelt läuft aber bisher alles weiter wie gewohnt: Hunderttausende Menschen fahren nach wie vor jeden Morgen völlig unnötig in überfüllten Bussen und Bahnen ins Büro für einen Job, den sie genauso gut und vor allem sicher von Zuhause erledigen könnten.

Um Schulen sicherer zu machen, hält der Kinderschutzbund Fernunterricht für die höheren Jahrgänge der weiterführenden Schulen, geteilte Unterrichtsklassen und Mund-Nasen-Schutz im Unterricht in den weiterführenden Schulen sowie feste Unterrichts-Kohorten in den Grundschulen als erste Schritte für verhältnismäßig und zumutbar.

Ich lege außerdem Wert auf die Feststellung, dass das Offenhalten von Schulen und Kitas für den Kinderschutzbund keine Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern eine Frage der Rechte der Kinder auf Lernen, Spiel und Sozialkontakte ist. Vereinbarkeit ließe sich auch mit einem Corona-Elterngeld bei geschlossenen Kitas und Schulen gewährleisten. Dies wäre aus unserer Sicht die schlechtere Lösung."

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 16.11.2020

Am heutigen Mittwoch verabschiedet der Deutsche Bundestag das 3. Corona-Schutzpaket. Es umfasst auch die Verlängerung des Entschädigungsanspruchs für Eltern, deren Kinder coronabedingt von behördlichen Schul- oder Kitaschließungen betroffen sind.

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt es als Schritt in die richtige Richtung, dass die Regelungen über den Jahreswechsel hinaus bis einschließlich März 2021 weiterhin gelten werden, und mahnt eine Verlängerung bis Ende 2021 an. Denn das aktuelle Infektionsgeschehen führt in den letzten Wochen wieder vermehrt dazu, dass Schulen und Betreuungseinrichtungen teilweise oder sogar ganz schließen müssen oder Kinder als Kontaktperson zu Hause bleiben müssen. Wenn die Eltern dann ihrer Berufstätigkeit nicht im normalen Maß nachgehen können, haben sie bis zu 10 Wochen lang einen Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Sie müssen dafür nachweisen, dass sie für ihr Kind „keine zumutbare Betreuung“ haben. Doch was genau gilt als zumutbar?

Martin Bujard, Präsident der eaf, stellt fest: „Von Eltern im Homeoffice wird oft erwartet, dass sie ihre Kinder nebenher betreuen und beschulen. Das ist aus unserer Sicht weltfremd und geht an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern vorbei. Gerade kleinere Kinder benötigen viel ungeteilte und liebevolle Aufmerksamkeit, ihre Bedürfnisse lassen sich nur bedingt aufschieben. Und wenn gar mehrere Kinder unter 12 Jahren tagsüber von den Eltern betreut oder bei der Erarbeitung schulischer Inhalte unterstützt werden sollen, ist an effektives Arbeiten gar nicht mehr zu denken. Die Eltern versuchen, ihren Kindern und ihrem Arbeitgeber gleichermaßen gerecht zu werden und können daran nur scheitern. Auch trägt es dazu bei, dass Homeoffice von Eltern bei Arbeitgebern über die Corona-Zeit hinaus diskreditiert wird. Hier wäre es aus unserer Sicht unbedingt angezeigt, die Zumutbarkeit klarer zu definieren: Berufstätigkeit im Homeoffice schließt eine gleichzeitige Betreuung kleinerer Kinder in der Regel aus und ist damit in vielen Fällen keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit.“

Oft sind es die Schulen oder Kitas selbst, die beim Auftreten von Infektionen umgehend reagieren und Einrichtungen schließen und einzelne Gruppen und Personen nach Hause schicken, noch ehe die überlasteten Gesundheitsämter eine Schließung anordnen. „Unklar ist, ob die Betroffenen dann ebenfalls Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben. An dieser Stelle sollte unbedingt für Klarheit gesorgt werden“, so Bujard weiter: „Auch in diesen Fällen müssen Eltern einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung haben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 18.11.2020

Nun gibt es weitere Erleichterungen bei der Einreise für unverheiratete binationale Paare aus Drittstaaten: Der Nachweis eines gemeinsamen Aufenthalts in Deutschland fällt weg. So ließ es das Bundesministerium des Innern am 17.11. verlautbaren.

Das sei gut so. Allerdings bleibe weiterhin eine große Anzahl von Paaren und Familien davon ausgeschlossen. „Das BMI will medial damit punkten, einer Gruppe von Paaren mit Partner:innen aus visafreien Drittstaaten, entgegen zu kommen. Das sind Nebelkerzen, um sich nicht mit den vielen anderen Paaren und Familien befassen zu müssen“, so Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften.

Das zeigten auch die Reaktionen und Forderungen, die über Twitter auf die Mitteilung des BMI reagierten: Die Maßnahme wird begrüßt, aber die Forderungen lauten: endlich auch die Paare und Familien in den Blick nehmen, die visapflichtig sind.

„Die Pandemie wird uns so schnell nicht verlassen. Das bedeutet doch, es wird noch Monate dauern, weit bis in das nächste Jahr hinein. Familien und Paare können so auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet werden.“

Die Nebelkerze verschleiere den Unwillen seitens der verantwortlichen Ministerien, hier unbürokratisch für Abhilfe zu sorgen. „Seit Beginn der Pandemie haben wir uns wieder und wieder an das Bundesministerium des Innern sowie an das Auswärtige Amt gewandt. Letzteres scheint nach wie vor nicht in der Lage, die Arbeit in den Botschaften so zu gestalten, dass Menschen nicht über ein Jahr auf einen Termin zur Beantragung eines Visums warten müssen. Die Ministerien wollen nach wie vor nicht auf die unzähligen bürokratischen Hürden verzichten, die Paare und Familien bewältigen müssen“.

Das fange bei Nachweisen an und höre bei der Forderung nach einem zertifizierten Sprachtest für die Familienzusammenführung auf, die gar nicht zu erbringen sind. Erst vor wenigen Tagen habe die Anfrage der Linken im Bundestag ergeben: Zahlreiche Goetheinstitute sind nach wie vor geschlossen, in vielen Ländern war es sowieso auch vorher schon nicht möglich einen Sprachtest abzulegen. „Das ist doch völlig absurd und widerspricht in eklatanter Weise dem Menschenrecht auf Familie. Zumindest in diesen harten Zeiten sollte der Sprachtest ausgesetzt und die Möglichkeit eidestattlicher Erklärungen anstelle von Nachweisen ermöglicht werden. “

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 20.11.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag der Kinderrechte

Am heutigen Freitag ist der Internationale Tag der Kinderrechte. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 20. November 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Dazu erklärt der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg:

„Das Wohl unserer Kinder hat für uns immer oberste Priorität. Jedes Kind hat Rechte und besondere Bedürfnisse, die wir ernst nehmen und berücksichtigen müssen. Deshalb setzen wir alles daran, den Kinderschutz weiter zu stärken.

Besonders bedrückend ist die steigende Zahl der Kindeswohlgefährdungen. Aus diesem Grund arbeiten wir unter Hochdruck an einer Reform des Achten Buchs Sozialgesetzbuchs. Wir wollen systemische und strukturelle Fehlsteuerungen in der Kinder- und Jugendhilfe beseitigen und der hohen Zahl von Kindeswohlgefährdungen entschlossen entgegenwirken. Wir müssen die betroffenen Familien unbedingt früh, zielgenau und bedarfsorientiert stärken. Diese Familien müssen sensibilisiert und motiviert werden, niedrigschwellige Hilfen anzunehmen, um Eskalationen wie Gewalt, Verwahrlosung oder Misshandlung und die Herausnahme der Kinder aus ihrer Familie zu verhindern.

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, welches wir aktuell parlamentarisch beraten, werden wir dafür sorgen, dass unsere Kinder vor Missbrauch künftig deutlich besser geschützt werden. Dieses Gesetz ist ein Meilenstein im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 20.11.2020

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Die Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November 1989 war ein zentraler Meilenstein für das internationale Menschenrechtssystem und gleichsam eine bahnbrechende zivilisatorische Errungenschaft. Doch mehr als 30 Jahre später warten Kinder auf der ganzen Welt noch immer auf eine umfängliche Umsetzung ihrer Rechte. Die Bundesregierung muss ihre Bemühungen für die Kinderrechte auf internationaler Ebene intensivieren und auch in Deutschland endlich die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen.

Gerade die Corona-Pandemie zeigt, dass auch in Deutschland die Rechte von Kindern nicht umfassend beachtet werden. Kinder leiden ungleich härter in der Krise – ganz besonders arme und benachteiligte. Schon vor der Pandemie waren Bildungschancen ungleich verteilt, durch die Pandemie droht sich dies weiter zu verschärfen. Wir müssen alles daran setzen, dass aus der Corona-Krise keine Bildungskrise wird.

Das eigene Zuhause bietet nicht für jedes Kind ein geborgenes und sicheres Umfeld und besonders für bereits belastete Familien stellt die aktuelle Situation eine Herausforderung dar. Deswegen müssen politische Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie Kinderrechte ganz besonders im Blick haben. Neben Schutzrechten, dem Recht auf soziale Kontakte, soziale Teilhabe, Spiel sowie frühkindliche und schulische Bildung müssen dabei auch mögliche langfristige Folgen berücksichtigt werden. Kinder sind unsere Zukunft, ihr Wohlergehen darf in der Krise nicht auf der Strecke bleiben.

Eines ist für uns klar: Um Kinderrechte zu garantieren, müssen Kinderrechte ins Grundgesetz und zwar mit einer starken Formulierung, die insbesondere konkrete Beteiligungsrechte für Kinder berücksichtigt. Es muss nun endlich Schluss sein mit Lippenbekenntnissen der großen Koalition. Wir brauchen ein Gesetz, das das Kindeswohl in den Vordergrund stellt und Teilhabe garantiert. Unser Gesetzentwurf liegt bereits seit Juni 2019 vor. Gerade in der Corona-Pandemie sind wir es unseren Kindern schuldig, sie nicht aus dem Blick zu verlieren.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

„Kinderarmut ist in Deutschland ein verfestigtes Problem“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Kinderarmut und Kindeswohlgefährdung und den Tag der Kinderrechte am 20. November. Müller weiter:

„Auch wenn die Zahlen zur Armutsgefährdung leicht rückläufig sind, lebt nach wie vor jedes siebte Kind in Armut. Hier hat die jetzige Bundesregierung versagt. Statt eine echte Kindergrundsicherung einzuführen, die Kinder aus der Armut rausholt, hat die Bundesregierung sich darauf festgelegt, an den bisher schon wirkungslosen Instrumenten wie dem Bildungs- und Teilhabepaket weiter herumzudoktern.

Es ist zu erwarten, dass im Zuge der Corona-Pandemie durch die wirtschaftlichen Verwerfungen wieder deutlich mehr Kinder in Armut fallen. Gerade jetzt ist es dringend geboten, ein kraftvolles Paket zur Bekämpfung der Kinderarmut aufzulegen. Ich fordere daher von der Bundesregierung, kurzfristig die Hartz-IV-Regelbedarfssätze und das Kindergeld deutlich anzuheben und in einem weiteren Schritt eine echte Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen.

Der Umgang mit armen Kindern in Deutschland weist auf ein weiteres zentrales Problem hin: Kinderrechte werden nach wie vor nicht ausreichend ernst genommen. Auch die Corona-Pandemie hat das verdeutlicht. Die Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern müssen daher endlich in das Grundgesetz aufgenommen werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 20. November 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Mit dem Beschluss wurden erstmals auf Basis einer internationalen Übereinkunft die Rechte des Kindes festgeschrieben. In 54 Artikeln werden allen Kindern auf der Welt völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft. Die Vertragsstaaten verpflichten sich in Gesetzgebung und Verwaltung sowie im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit diese Standards umzusetzen und die Kinderrechte zu verwirklichen.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages, die als innerparlamentarische Interessenvertretung für die Belange der Kinder und Jugendlichen bereits im Jahr 1988 eingerichtet wurde, setzt sich aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein. Sie leistet mit ihrer Arbeit einen Beitrag dazu, den mit dem Übereinkommen verbundenen Auftrag stärker ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen.

Für die Kinderkommission des Deutschen Bundestags erklärt hierzu deren Vorsitzender, Norbert Müller MdB:

„Kinderrechte müssen Vorrang haben, wenn Verwaltung und Politik Entscheidungen fällen, die Kinder betreffen. Dieses Prinzip muss nicht nur bei der alltäglichen Aufgabenbewältigung zur Geltung kommen. Es muss auch und gerade in Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie groß geschrieben werden. Darauf hat die Kinderkommission bereits im Frühjahr hingewiesen.

In der momentanen Lage, in der wir als Politik und Gesellschaft darüber sprechen und entscheiden, welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen sind, dürfen wir die Rechte und Bedürfnisse der Kinder nicht aus dem Blick verlieren. Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung müssen sich nicht nur an ihren Auswirkungen für den Gesundheitsschutz, die ökonomische Entwicklung und die Verwirklichung von Freiheitsrechten messen lassen, sondern auch im Lichte der Konsequenzen betrachtet werden, die sie für Kinder und Jugendliche haben.

Wenn wir dieses Prinzip auch in der aktuellen Situation, die allen viel abverlangt, weiterhin berücksichtigen, verschaffen wir auch hier der UN-Kinderrechtskonvention Geltung und zeigen, dass Kinderrechte auch unter schwierigen Bedingungen angemessen verwirklicht werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

Anlässlich des Tags der Kinderrechte fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte Bund, Länder und Kommunen auf, das Recht von Kindern auf Beteiligung endlich ernsthaft umzusetzen. „Kinder haben das Recht, an allen sie betreffenden Angelegenheiten beteiligt zu werden. Dazu muss man sie anhören und ihre Meinung bei Entscheidungen berücksichtigen. Diese Vorgabe der UN-Konvention deuten Verantwortungsträger in Bund, Ländern und Kommunen oft fälschlicherweise als Ermessensspielraum, über den Erwachsene entscheiden dürften“, erklärt Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts. „Die Regierungen von Bund und Ländern müssen diese falsche Annahme endlich richtigstellen.“

Die UN-Kinderrechtskonvention sieht vor, Kinder nicht nur zu schützen und zu fördern, sondern auch zu beteiligen. Selbst in Krisenzeiten und Notsituationen darf nicht über den Kopf der Kinder hinweg über sie entschieden werden. Das stellt auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes klar, dessen Position die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts in einer heute veröffentlichen vierteiligen Audio-Reihe erläutert.

Die UN-Kinderrechtskonvention wurde am 20. November 1989 mit dem Ziel verabschiedet, Kinder vor Verletzungen ihrer Rechte zu schützen, sie in ihrer Entwicklung zu fördern und ihnen bei der Einforderung ihrer Rechte mehr Gehör zu verschaffen. In Deutschland gelten die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Rechte von Kindern seit April 1992 – anfangs jedoch noch mit Vorbehalten. 2010 hat die Bundesregierung diese Einschränkungen zurückgenommen Die UN-Konvention ist damit verbindlich geltendes und unmittelbar anwendbares Recht in Deutschland.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist mit dem Monitoring der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention betraut worden und hat hierfür die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention eingerichtet. Die Monitoring-Stelle berät die Politik in Bund, Ländern und Kommunen sowie die Justiz, Anwaltschaft und Zivilgesellschaft bei der Auslegung und kindgerechten Umsetzung der UN-Konvention. Die Monitoring-Stelle arbeitet eng mit der Zivilgesellschaft, mit staatlichen Stellen, Forschungsinstituten sowie Kindern und Jugendlichen zusammen.

Vierteilige Audio-Reihe „Das Kindeswohl neu denken!“ unter www.institut-fuer-menschenrechte.de/themen/kinderrechte/kindeswohl

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Instituts für Menschenrechtevom 20.11.2020

  • 2019 war das Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung für unter 18-Jährige in Deutschland 2,3 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr
  • Nur 15% der 55 500 Fälle von Kindeswohlgefährdung wurden 2019 aus der betroffenen Familie heraus öffentlich gemacht
  • Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland lebte 2019 mit mindestens einem Kind in einer Familie

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November steht das sichere Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen auch während der Corona-Pandemie besonders im Fokus. Bereits vor Ausbruch der Corona-Krise war in Deutschland nahezu jedes siebte Kind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war dieser Anteil mit 15,0% (2,1 Millionen) der unter 18-Jährigen im Jahr 2019 aber niedriger als in den Jahren zuvor. Im Jahr 2018 waren noch 17,3% der Kinder und Jugendlichen einem Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung ausgesetzt, 2010 waren es 21,7%.

Armutsrisiko für Kinder in Deutschland lag 2019 deutlich unter EU-Durchschnitt

Am 20. November 1989 verabschiedeten die Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention, die Minderjährigen in 54 Artikeln grundlegende Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte zusichert. In den Artikeln 26 und 27 ist beispielsweise das Recht auf Leistungen der sozialen Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen verankert. Im Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung für unter 18-Jährige in Deutschland mit 15% relativ gering. Im vergangenen Jahr war der Anteil nur in Slowenien (11,7%), Tschechien (13,0%), Dänemark (13,2%) und Finnland (14,3%) niedriger. Im Durchschnitt der EU-27 war nahezu jedes vierte Kind einem Armutsrisiko ausgesetzt (22,5%). Am höchsten war deren Anteil in den südeuropäischen Staaten Rumänien (35,8%), Bulgarien (33,9%), Italien (30,6% im Jahr 2018), Griechenland (30,5%) und Spanien (30,3%).

Pro Tag mehr als 150 Fälle von Kindeswohlgefährdung

Die UN-Kinderrechtskonvention sichert Minderjährigen auch das Recht auf Schutz vor Gewalt, Misshandlung, Verwahrlosung und Missbrauch zu (Artikel 19 und 34). In Deutschland werden die Jugendämter in ihrer Schutzfunktion jedes Jahr tausendfach aktiv, weil dieses Recht angegriffen wird – mit zuletzt steigender Tendenz. Allein im vergangenen Jahr wurde bei 55 500 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung festgestellt, pro Tag entsprach das im Schnitt 152 betroffenen Jungen und Mädchen. Gründe dafür waren Vernachlässigung, wie in 58% der Fälle, psychische (32%) oder physische Misshandlungen (27%) sowie sexuelle Gewalt (5%). Insgesamt gab es 10% mehr Fälle als im Jahr zuvor. Bereits von 2017 auf 2018 hatte sich die Zahl der betroffenen Kinder deutlich erhöht – um ebenfalls 10%.

Die Hinweise auf solche Fälle von Kindeswohlgefährdung erhalten die Jugendämter häufig von Personen und Institutionen außerhalb des privaten Umfelds der Kinder – aus Bereichen, die wegen der Corona-Pandemie teilweise nur eingeschränkt arbeiten können. So kam der Hinweis im vergangenen Jahr bei gut einem Fünftel der Fälle aus sozialen Einrichtungen wie Beratungsstellen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (12 000 Fälle). Auf jedes sechste betroffene Kind wurde aus Schulen und Kitas heraus aufmerksam gemacht (9600 Fälle), auf jedes 14. durch Angehörige des Gesundheitspersonals – etwa Ärztinnen oder Ärzte und Hebammen. Nur in 15% aller Fälle von Kindeswohlgefährdung kam der Hinweis von den Betroffenen selbst oder aus der eigenen Familie (8 600 Fälle).

29% der Kinder wachsen in Bezug auf ihren Bildungsweg in einer Risikolage auf

In Artikel 28 der UN-Konvention ist das Kinderrecht auf Bildung verankert. Demgemäß verpflichten sich die Vertragsstaaten, den Zugang zu sämtlichen Bildungseinrichtungen allen Kindern gleichermaßen zu ermöglichen und für Chancengleichheit zu sorgen. In Deutschland sahen die öffentlichen Haushalte im Jahr 2019 Bildungsausgaben in Höhe von 5900 Euro je Einwohnerin beziehungsweise Einwohner unter 30 Jahren und 4,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor und damit wesentlich mehr als zehn Jahre zuvor: Im Jahr 2009 betrugen die Bildungsausgaben noch knapp 3 900 Euro pro Kopf und 4,1% des BIP. Diese werden unter anderem für den Ausbau und die Aufrechterhaltung eines breiten Netzes an Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche aufgewendet: Im Schuljahr 2018/19 wurden die rund 99 000 Bildungseinrichtungen hierzulande – Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen, berufliche Schulen und Hochschulen – von 17,3Millionen Menschen besucht. Beide Werte nahmen im Zehnjahresvergleich zu: Die Zahl der Bildungseinrichtungen stieg gegenüber 2008/09 um 3,7%, die der Bildungsteilnehmenden im selben Zeitraum um 2,4%. Das ist insbesondere auf den Zuwachs im Bereich Kindertagesbetreuung und in der Hochschulbildung zurückzuführen.

Der Bildungsprozess von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hängt allerdings von deren familiären Hintergrund ab. Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung nennt drei strukturelle Merkmale – den Bildungsstand der Eltern, den sozioökonomischen Status der Familie sowie den Status der elterlichen Erwerbsbeteiligung – aus denen sich drei Arten von Risikolagen für den Bildungserfolg eines Kindes ableiten lassen: formal gering qualifizierter Eltern sowie die soziale und finanzielle Risikolage. Demnach war in Deutschland 2018 nahezu jeder oder jede Dritte unter 18 Jahren von einer dieser Risikolagen betroffen (29%). Auf 4% der Kinder und Jugendlichen trafen alle drei Risikolagen zu.

In Corona-Zeiten mit ausfallendem Präsenzunterricht und zeitweiligen Schulschließungen hängt der Zugang zu Bildung zudem auch von der digitalen Ausstattung von Familien ab. Diese fällt – je nach Haushaltseinkommen – durchaus unterschiedlich aus. Beispielsweise standen Familien mit hohem Nettoeinkommen (5000 bis 18000 Euro) im Jahr 2019 durchschnittlich fast vier PCs zur Verfügung – egal ob stationär oder mobil als Laptop oder Tablet. In der untersten Einkommensgruppe (unter 2000 Euro) waren es durchschnittlich nur gut zwei solcher Geräte. Im Schnitt verfügten Familien 2019 über insgesamt rund drei Computer.

16% der minderjährigen Kinder aus Familien leben bei Alleinerziehenden

Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland lebt mit mindestens einem oder einer Minderjährigen in einer Familie: Insgesamt traf dies auf 29,7 Millionen Menschen zu. Immerhin noch 389 000 Menschen lebten mit mindestens fünf Kindern und Jugendlichen in einer Familie. Von den 13,5 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18, die 2019 in Haushalten in Deutschland lebten, war der überwiegende Teil (84%) in einer Familie mit zwei Elternteilen zu Hause. 16% lebten bei alleinerziehenden Vätern oder Müttern.

Methodischer Hinweis:

Armut oder soziale Ausgrenzung ist nach der EU-Definition für EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions) dann gegeben, wenn eines oder mehrere der drei Kriterien „Armutsgefährdung“, „erhebliche materielle Entbehrung“, „Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung“ vorliegen. EU-SILC ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland seit 2005 jährlich unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA als freiwillige Erhebung bei rund 14000 Privathaushalten durchgeführt.

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und der Gefährdung entgegenzuwirken.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA 2019 sowie methodische Erläuterungen und Publikationen finden Sie im Themenbereich Lebensbedingungen und Armutsgefährdung.

Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) veröffentlicht die Ergebnisse aller an EU-SILC teilnehmenden Länder in seiner Datenbank.

Weiterführende Ergebnisse zum Kinderschutz befinden sich auf der Themenseite der Kinder- und Jugendhilfestatistiken, in der Publikation „Gefährdungseinschätzungen“ und der Datenbank GENESIS-Online unter „Gefährdungseinschätzungen“ (22518). Der Kinderschutz ist Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der Vereinten Nationen und wird im Monitoring der Agenda 2030 unter anderem in Indikator 16.2 aufgegriffen.

Um die Folgen der Corona-Pandemie für die Bildungsgerechtigkeit geht es auch in unserem Podcast mit dem Bildungsforscher Kai Maaz, Sprecher der Autorengruppe Bildungsberichterstattung. Weitere Analysen liefert der Bericht „Bildung in Deutschland 2020“.

Ausführliche Informationen zu den Bildungsausgaben finden sich im „Bildungsfinanzbericht“.

Weitere Ergebnisse zum Zusammenleben von Familien in Deutschland finden sich in der Fachserie 1 Reihe 3 „Haushalte und Familien – Ergebnisse des Mikrozensus 2019“.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.11.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes vermitteln den Anschein, dass die Kinderarmut in Deutschland im Jahr 2019 gesunken ist. Dies ist aber nur bzgl. einer bestimmten Messvariante korrekt. Das Statistisches Bundesamt bedient sich bei diesen vorliegenden Zahlen der Daten aus der EU-Silc Erhebung. Mit dieser Erhebung wird versucht, Vergleiche zwischen den europäischen Ländern bzgl. der Armutsbetroffenheit von Kindern und Jugendlichen anhand von bestimmten Kriterien herzustellen. Sie ist damit aber nicht mit anderen statistischen Erhebungen vergleichbar wie etwa der Armutsgefährdungsquote im Rahmen des Mikrozensus. Hier können wir über die letzten Jahre eher eine Verstetigung bzw. sogar eine Zunahme der Kinderarmut beobachten: im Jahr 2019 lag die Armutsrisikoquote für unter 18-jährige bei 20,5%. Das beutet, dass jedes 5. Kind von Armut und Ausgrenzung bedroht war.

Darüber hinaus zeigt sich, z.B. durch die erhöhte Inanspruchnahme des Kinderzuschlags, Einkommenseinbußen und einer vermehrten Arbeitslosigkeit bedingt durch die Corona-Krise der letzten acht Monate, dass sich Armut im Jahr 2020 voraussichtlich noch weiter erhöhen wird.

Um die Kinderarmut nachhaltig zu reduzieren, fordert das ZFF gemeinsam mit einem breiten Bündnis daher seit über 10 Jahren die Einführung einer Kindergrundsicherung.

Weitere Informationen unter: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Gegen sexuellen Kindesmissbrauch: Am Internationalen Tag der Kinderrechte fordert der Deutsche Familienverband bessere Informationsangebote und mehr Sensibilisierung.

Kinder haben ein Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Aber immer noch werden Minderjährige Opfer sexueller Gewalttaten. „Es ist nach wie vor notwendig, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen aufzugreifen und darüber zu informieren. Die Zahlen von minderjährigen Opfern stagnieren weiterhin auf hohem Niveau“, sagt René Lampe, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV).

Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden 2019 15.936 Kinder Opfer von sexueller Gewalt. In ihren Berichten weist die Kriminalpolizei wiederholt darauf hin, dass es sich bei dieser Zahl nur um polizeilich erfasste Fälle handelt. Viele Taten blieben unentdeckt. Angelehnt an Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist für Deutschland auszugehen, dass es in jeder Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder gibt. „Die Schätzungen sind alarmierend. Wir dürfen nicht aufhören, diesem Thema Beachtung zu schenken“, so Lampe.

Sehr viele Taten geschehen in Familien oder im kindlichen Umfeld. Das macht den Umgang mit sexuellem Missbrauch erwiesenermaßen sehr schwierig. „Eltern oder andere Erwachsene sind verunsichert. Wie sollen sie bei einem Verdacht reagieren? An wen können sie sich mit Fragen wenden? Wir brauchen bessere und einfacher zugängliche Informationsangebote. Auch Beratungsstellen müssen stärker gefördert werden“, sagt Lampe.

Der DFV engagiert sich seit vielen Jahren gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und für Gewaltprävention. Sein Fachwissen ist bei Bundesregierung und Bundesfamilienministerium regelmäßig gefragt. In Projekten vor Ort befasst sich der DFV mit Gewalt in Familien und versucht zu vermitteln. „Es ist wichtig, dass wir keine Angst vor schmerzlichen Themen haben. Wir müssen uns als Gesellschaft damit befassen. Es geht darum, sensibel zu sein und Verantwortung zu übernehmen“, so Lampe. „Wir dürfen niemals wegsehen!“

Weitere Informationen

Beratungsstelle ProMann des DFV-Landesverbands in Sachsen-Anhalt

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 20.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte Bund, Länder und Kommunen an, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte auch in der Corona-Pandemie zu gewährleisten. Bei allen in Zusammenhang mit der Pandemie erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen sowie deren Auswirkungen müssen das Kindeswohl beachtet und insbesondere Kinder in verletzlichen Lebenslagen besonders aufmerksam in den Blick genommen werden. Das gilt beispielsweise für Kinder, die in Armut oder hochkonfliktreichen Situationen aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder mit Behinderungen.

"Mittlerweile wurde erkannt, welchen Stellenwert die Aufrechterhaltung des Schulunterrichts und die Öffnung von Kitas in der Pandemie haben. Dabei dürfen wir jedoch nicht stehen bleiben und die Entwicklungsrechte von Kindern nicht auf Betreuung und Wissensvermittlung reduzieren. Kinder und Jugendliche brauchen soziale Interaktion, Bewegung, kulturelle Entfaltung und politische Bildung, ansonsten nimmt ihre Entwicklung deutlichen Schaden", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Eine vor kurzem vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlichte repräsentative Umfrage hatte ergeben, dass 72 Prozent der Befragten der Ansicht sind, dass die Interessen von Kindern in der Corona-Pandemie nur unzureichend berücksichtigt wurden und werden. In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern sind 76 Prozent der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen gesunken sind, in Bezug auf die Bildungschancen von Kindern aus armen Haushalten meinen das sogar 81 Prozent. Gleichzeitig plädiert eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden.

"Wir blicken bei den Kinderrechten in Deutschland auf einen föderalen Flickenteppich. So sind beispielsweise die Kinderarmutsquoten sehr unterschiedlich, oder die Beteiligungsrechte von Kindern nur teilweise gesetzlich abgesichert. Deshalb sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz. Das ist zum einen rechtlich geboten, und wird zum anderen auch unsere Demokratie langfristig stärken", so Krüger weiter.

"Die Einhaltung der Kinderrechte auf Schutz, Förderung, Beteiligung und Teilhabe von Kindern muss gerade jetzt höchste Priorität haben. Wie es uns gelingt, zum einen Ungleichheiten nicht weiter zu verstärken, und zum anderen sogar Maßnahmen zu treffen, um niemanden in der Corona-Pandemie zurückzulassen, ist entscheidender Maßstab für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen bei staatlichen Entscheidungen, so auch bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, braucht es derzeit mehr denn je. Darauf zielt auch die überfällige Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ab", so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2020

Zum Tag der Internationalen Kinderrechte am 20. November veröffentlicht das Netzwerk Kinderrechte den Bericht zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland in Einfacher Sprache. Die Einfache Sprache ist wichtig, um von möglichst vielen Personen verstanden zu werden.

Kinder berichten, dass sie sich durch komplizierte Ausdrücke von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen fühlen, sich nicht beteiligen können oder auch den Mut verlieren: „Leider kenne ich es aus dem Alltag nur selten, dass versucht wird Dinge einfach auszudrücken. Und wenn ich es nicht verstehe, verliere ich schnell die Lust, mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen” beklagt Ann-Sophie, zehn Jahre, die am Zweiten Kinderrechtereport des Netzwerks Kinderrechte beteiligt war.

„Um seine Rechte wahrzunehmen, muss man sie kennen und verstehen“, sagt Prof. Jörg Maywald, Sprecher des Netzwerks Kinderrechte. Damit alle Kinder zu ihrem Recht kommen, müssen alle Menschen egal welchen Alters wissen, welche Kinderrechte es gibt.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfiehlt deshalb, Informationen so zu verbreiten, dass alle sie verstehen. „Gerade in schwierigen Zeiten müssen Kinder und Jugendliche mitbestimmen können. Dafür brauchen sie Zugang zu Informationen – einfach und verständlich“, sagt Luise Pfütze, Sprecherin des Netzwerks Kinderrechte.

Die National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V. ist ein Zusammenschluss auf Bundesebene von 105 Organisationen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. Sie setzt sich seit vielen Jahren nachdrücklich für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz und für die Etablierung von strukturellen Partizipationsformen für Kinder und Jugendliche ein.

Quelle: Pressemitteilung National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vom 19.11.2020

Steigende Armut, geschlossene Schulen, familiäre Gewalt: Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November warnen die SOS-Kinderdörfer davor, dass die Corona-Pandemie und ihre Folgen das Leben von Millionen Kindern weltweit in allen Lebensbereichen bedroht. Besonders in den armen Ländern stünden die Entwicklungschancen einer ganzen Generation auf dem Spiel. Christian Neusser, Kinderrechtsexperte der SOS-Kinderdörfer, sagt: „Die Ausmaße sind tiefgreifend. Denn es geht ja nicht nur um die Verletzung einzelner Kinderrechte, sondern um eine ganze Kette: Armut zum Beispiel zieht Krankheit, Kinderarbeit oder den Verlust der Bildung nach sich."

Es sei zu befürchten, dass in Folge der Pandemie die extreme Kinderarmut massiv ansteigen werde. Bis zu 150 Millionen Kinder könnten nach UN-Angaben in extreme Armut geraten – zusätzlich zu den vielen hundert Millionen Kindern, die bereits vorher betroffen waren. Weltweit konnten zeitweise 1,5 Milliarden Kinder nicht die Schule besuchen. Vor allem in ärmeren Ländern sei damit zu rechnen, dass viele Schüler nie wieder in die Schule zurückkehren werden, weil ihre Familien zu arm sind. „Zahlreiche Kinder gehen jetzt zur Arbeit anstatt in den Unterricht", sagt Christian Neusser. Fortschritte der letzten Jahrzehnte drohten zunichte gemacht zu werden. Auch die familiäre Gewalt und Vernachlässigung steige in Folge von erhöhtem Stress und neuer Armut. Betroffene Kinder hätten aufgrund der Schließung von Betreuungseinrichtungen keine Chance, sich Unterstützung zu holen und seien von sozialen Hilfsangeboten ausgeschlossen.

„In der Krise wird deutlich: Versorgung, Schutz und Bildung von Kindern müssen Hand in Hand gehen. All dies ist wichtig für die Entwicklung der jungen Menschen. Internationale Organisationen und nationale Regierungen müssen sich dafür einsetzen, dass diese Rechte tatsächlich umgesetzt werden!", sagt Christian Neusser. Auch Deutschland sei hier in der Verantwortung: „Die Kinderrechte müssen klares Leitbild der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden!"

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdorf e.V. vom 19.11.2020

SCHWERPUNKT IV: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

BM Giffey: Der Schutz von Frauen vor Gewalt braucht eine europäische Antwort

116 016 – unter dieser Telefonnummer sollen in Zukunft Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in vielen Ländern Europas Hilfe bekommen. Dafür hat sich am 20. November 2020 eine Mehrheit der Gleichstellungsministerinnen und -minister aller EU-Staaten sowie der EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Liechtenstein, Island) und Großbritannien auf einem Informellen Treffen ausgesprochen. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey, die die Videokonferenz geleitet hatte, sprach anschließend von einem starken Signal für betroffene Frauen und Mädchen in ganz Europa:

„Gewalt gegen Frauen geht uns alle an und ist nirgendwo Privatsache. Sie betrifft sämtliche Altersgruppen und soziale Schichten – und sie ist in allen europäischen Ländern ein großes Thema. Deshalb brauchen wir darauf auch eine europäische Antwort. Eine einheitliche, gemeinsame Nummer für Hilfetelefone wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg dorthin. Niedrigschwellige und wirksame Maßnahmen zum Gewaltschutz sind vor dem Hintergrund der Corona-Krise wichtiger denn je. Deutschland ist mit seinem Hilfetelefon Vorbild, und ich hoffe, dass durch unseren heutigen Beschluss noch mehr EU-Staaten ihr telefonisches Hilfeangebot ausbauen“, so Ministerin Giffey.

Deutschland hat seit 2013 ein bundesweites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Nummer 08000 116 016 eingerichtet. Es ist ein kostenfreies, rund um die Uhr erreichbares, 18-sprachiges und anonymes Beratungsangebot. Viele EU-Staaten verfügen über ähnliche Angebote. Ziel des Beschlusses ist es, eine europaweit einheitliche Telefonnummer, die 116 016, einzurichten, unter der das jeweilige nationale Hilfetelefon erreichbar ist. Es haben sich heute 22 EU-Staaten sowie die Schweiz und die Europäische Kommission dafür ausgesprochen, dieses Vorhaben zu unterstützen.

Zweiter Schwerpunkt des Informellen Treffens war der Austausch von Best-Practice-Maßnahmen im Bereich Gewaltschutz. Ministerinnen und Minister einzelner Mitgliedstaaten stellten während der Videokonferenz herausragende Beispiele persönlich vor. Die Angebote reichen von der Ausweitung der Frauenhäuser, über breit angelegte Informationskampagnen, Verbesserungen in der Polizeiarbeit bis hin zu Maßnahmen, die konkret zur Linderung entsprechender Folgen der Corona-Krise ergriffen wurden.

Fazit dieses Austauschs: „Gemeinsam sind wir stärker als Gewalt!“. Das ist auch der Name einer bundesweiten Initiative, die Bundesfrauenministerin Giffey im November 2019 gestartet hat. Bisher haben sich 13 Partnerinnen und Partner zusammengeschlossen, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt zu machen.

Der Informelle Gipfel der EU-Gleichstellungsministerinnen und -minister ist aus Sicht des BMFSFJ einer der Höhepunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnten sich die Teilnehmenden nicht persönlich treffen, so dass eine Videokonferenz stattfinden musste. Ursprünglich sollte der Gipfel in Potsdam im Brandenburger Landtag stattfinden.

Weitere Informationen zu den Themen des BMFSFJ im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft finden Sie unter: www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/internationales/eu-ratspraesidentschaft

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.11.2020

Mehr als einmal pro Stunde wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex-)Partner körperlich angegriffen und jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Partnerschafts- und Trennungsgewalt nehmen zu. Auf der Grundlage der Istanbul-Konvention muss die Verfolgung und Aufarbeitung geschlechtsbezogener Gewalt, insbesondere bei Femiziden, verbessert werden.

„Während der Öffentliche Raum für Männer der gefährlichste Raum ist, ist es für Frauen das eigene Zuhause. Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen fordert die SPD-Bundestagsfraktion eine konsequentere Umsetzung der Istanbul-Konvention im Hinblick auf Gewaltprävention, Opferschutz und effektiver Strafverfolgung. Geschärft werden muss unser aller Bewusstsein für die gesamtgesellschaftlichen Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt.

Femizide sollten konsequenter und angemessener bestraft werden. In Deutschland treten Femizide meist als „Trennungstötung“ auf. Es ist aber das Recht eines jeden Menschen, frei darüber zu entscheiden, mit wem sie beziehungsweise er eine Partnerschaft eingeht oder aufrechterhält. Frauen werden von ihren (Ex-)Partnern getötet, weil diese selbstbestimmte Entscheidungen über ihr Leben, ihren Körper, ihre Sexualität nicht dulden.

Im Vordergrund der Bekämpfung von Partnerschafts- und Trennungsgewalt muss deren Prävention stehen. Gewalt ist keine Privatangelegenheit – wir brauchen mehr Unterstützung und Sicherheit für potenzielle Opfer, den Willen zum rechtzeitigen Handeln. Auszubauen ist eine intensive Tat-Ursachenforschung, die flächendeckende Weiterentwicklung präventiver Risikoanalysen und eine interdisziplinäre Kooperation mit Beratungsstellen, Frauenhäuser, etc. Darüber hinaus brauchen wir eine konsequente Rechtsprechung bei Trennungstötungen: Diese dürfen nicht milder bestraft werden als andere Tötungsdelikte. Nicht zuletzt brauchen wir den weiteren Ausbau von Frauenhäusern und Beratungsstellen. Notwendig ist auch eine stärkere öffentliche Sensibilisierung – Initiativen wie des BMFSFJ ‘Stärker als Gewalt‘ sind ein guter Anfang.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 25.11.2020

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Irene Mihalic, Sprecherin für Innenpolitik:

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt es auch in diesem Jahr: Gewalt gegen Frauen bleibt auf einem erschreckend hohen Niveau. Vor allem die vielen Tötungen von Frauen durch Partner oder Ex-Partner können wir als Gesellschaft nicht akzeptieren. Diesen Tötungen geht meist eine lange Gewaltgeschichte voraus. Das heißt, diese Tötungen könnten durch Präventionsmaßnahmen und ein engmaschigeres Hilfenetz möglicherweise verhindert werden. Damit Präventionsmaßnahmen verbessert werden können, fordern wir eine genauere Erfassung der sogenannten ‚Partnerschaftsgewalt‘ in der PKS.
Noch wichtiger ist der Ausbau von Frauenhäusern, Frauennotrufen und Frauenberatungsstellen, die Orte, an die Frauen sich in Not direkt wenden können. Als einzige Fraktion haben wir bisher einen Vorschlag zur besseren Finanzierung von Frauenhäusern eingebracht – das ist bereits ein Jahr her. Wir wollen, dass jede Frau überall in Deutschland und unabhängig von sozialem Status oder Aufenthaltstitel Schutz und Hilfe bekommt, wenn sie von Gewalt betroffen ist.
Zudem wollen wir, dass das Phänomen Hass gegen Frauen besser erfasst und bekämpft wird. Wir fordern die Anerkennung von Frauenhass als politisch motivierte Kriminalität und wollen die Beratungsmöglichkeiten von betroffenen Mädchen und Frauen stärken.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.11.2020

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November setzen Akteur*innen in aller Welt jährlich ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Der AWO Bundesverband bekräftigt zu diesem Anlass seine Forderung für einenRechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen und deren mitbetroffene Kinder. Das Hilfe- und Unterstützungssystem zum Schutz vor häuslicher Gewalt muss verpflichtend und auskömmlich finanziert werden.

„Sichere Zuflucht vor Gewalt muss für jede gewaltbetroffene Frau in Deutschland und Europa jederzeit möglich sein. Finanzierungslogiken von Ländern und Kommunen dürfen kein Hinderungsgrund sein, Frauen Schutz und Beratung in Frauenhäuser zu gewähren, die sie in der Krisensituation benötigen“, so Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbands. „Wir brauchen eine bundeseinheitliche Lösung ebenso wie eine ausreichende Anzahl von Plätzen in Schutzeinrichtungen für Frauen. Bund, Länder und Kommunen müssen sich hierzu noch in dieser Legislaturperiode einigen. Bundeseinheitliche Regelungen für den Gewaltschutz für Frauen können nicht länger verschoben werden“.

Bund, Länder und Kommunen haben den Auftrag, über den bedarfsgerechten Ausbau und die adäquate finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und entsprechenden ambulanten Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen zu beraten. Der dafür eingerichtete Runde Tisch wird erst im Frühjahr 2021 über einen gemeinsamen Lösungsansatz bzw. gemeinsame Eckpunkte einer gesetzlichen Regelung beraten und beschließen. Die Zeit drängt, um noch in dieser Legislaturperiode eine verlässliche Basis für Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen zu verabschieden.

Wie die jüngst vorgestellte Kriminalstatistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt für das Jahr 2019 zeigt, ist die Gewalt in Partnerschaften auf einem hohen Niveau geblieben. In mehr als 80 % der Gewalttaten sind Frauen die Opfer von Bedrohung, Körperverletzung, Stalking und Sexualdelikten durch Ehemänner, Partner und Ex-Partner. 301 Frauen wurden 2019 in Partnerschaften Opfer von Mord- und Totschlagsversuchen. 117 von ihnen überlebten diese nicht.

„In diesem Jahr hat die Corona-Krise die Situation für viele Frauen verschärft, wie Berichte aus Gewaltambulanzen über schwere Gewalt gegen Frauen zeigen. Jede Frau muss zu jeder Zeit die Möglichkeit haben, die Gewaltsituation verlassen zukönnen und Schutz und Hilfe zu erhalten“, so Wolfgang Stadler.

In der Regel seien Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder diejenigen, die sich aktiv um Sicherheit und neue Lebensperspektiven bemühen müssen, kritisiert der Verband. Noch zu oft blieben die Gewalttäter unbehelligt. „Der Schutz vor Gewalt ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen müssen flächendeckend vorhanden, niedrigschwellig zugänglich und erreichbar sein. Die Aufklärung über die Dynamik und Folgen von häuslicher Gewalt bei Richter*innen, Jugendämtern und einer breiten Öffentlichkeit muss noch stärker unterstützt werden“, so Stadler, „Neben den Angeboten für Frauen und Mädchen braucht es auch Beratungsangebote für Jungen und Männer, um sich mit Gewaltmustern und Hilfemöglichkeiten auseinanderzusetzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.11.2020

Noch immer werden nicht alle Frauen und Mädchen in Deutschland effektiv vor Gewalt geschützt, kritisiert das zivilgesellschaftliche Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November. Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist für 2019 einen Anstieg der häuslichen Gewalt aus. Jeden dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland seine (Ex-) Partner*in, jeden Tag versucht es einer. Diese Femizide sind verhinderbar, betonen die Expert*innen. Sie bemängeln weiterhin, dass vor allem das Recht von marginalisierten Frauen und Mädchen auf Schutz und Unterstützung nicht ausreichend umgesetzt wird.

Im Bündnis Istanbul-Konvention haben sich über 20 der wichtigsten Frauenrechts- und Gewaltschutzorganisationen sowie Expert*innen mit einem Schwerpunkt zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen zusammengeschlossen. Gemeinsam fordern sie die Bundesregierung auf, Gewaltschutz über die Ressorts hinweg zur politischen Priorität zu machen. Für die konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention muss eine mit klarem Mandat und politischen Kompetenzen ausgestattete Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Die Bundesregierung sollte außerdem eine einheitliche und effektive Gesamtstrategie im Sinne der Istanbul-Konvention entwerfen und diese mit entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln ausstatten, fordert das Bündnis. Diese muss neben Schutzmaßnahmen auch präventive Maßnahmen enthalten, die auch die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt in den Blick nehmen und somit nachhaltig wirksam sein können.

Mit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention in Deutschland vor rund drei Jahren hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und Mädchen nachhaltig zu verhindern und zu bekämpfen, die Betroffenen durch umfassende Präventionsmaßnahmen zu schützen und zu unterstützen. Das Abkommen hat weitreichende Konsequenzen auf der Bundes-, Länder- und der kommunalen Ebene und für viele verschiedene Bereiche von der Kultur- bis zur Gesundheitspolitik. Trotz wichtiger Initiativen des Bundesfrauenministeriums und stärkerer Fokussierung auf das Thema, mangelt es noch immer an ganzheitlichen politischen Maßnahmen und einer Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Verantwortlichkeit der Bundesministerien ist unklar, die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen, auch zu sexualisierter Gewalt, bleibt unzureichend. Hinzu kommt, dass die Schutz- und Unterstützungsangebote, auch für Mädchen, mangelhaft sind, und die politischen Maßnahmen nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, bemängelt das Bündnis. Vor diesem Hintergrund setzt das BIK große Hoffnung in die Monitoringstelle, deren Konzept gerade entwickelt wird. Das Bündnis fordert hierbei hohe Beteiligungsmöglichkeiten, damit in Zukunft bedarfsgerechte Maßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder in Deutschland erfolgen.

Die Istanbul-Konvention betont den besonderen Schutz marginalisierter Personen und stellt sich gegen Diskriminierung. Wir sind noch weit davon entfernt, dass alle Frauen und Mädchen gleichermaßen Zugang zu Unterstützung und Schutz erhalten. Dies gilt beispielsweise für wohnungslose Frauen und LBTI* Personen. Nach wie vor findet sich auch kein Gewaltschutzkonzept für Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Das BIK kritisiert insbesondere den Vorbehalt der Bundesregierung gegen Artikel 59 (2) und (3), weil dieser gewaltbetroffene migrierte und geflüchtete Frauen daran hindert, einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Das Bündnis fordert, diese eklatante Ablehnung des Gewaltschutzes für Migrantinnen zu beheben.

Aktuell erarbeitet das BIK einen Schattenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland und reagiert so auf die bestehenden Missstände mit direkten Handlungsempfehlungen. Der Bericht wird im Frühjahr 2021 veröffentlicht.

Mitgliedsorganisationen: BAG Autonome Mädchenhäuser, BAG Forsa e.V., BAG kommunaler Frauenbüros, BAG Täterarbeit e.V., BAG Wohnungslosenhilfe e.V., bff – Frauen gegen Gewalt e.V., BIG e.V., BVFeSt e.V., DaMigra e.V., Deutscher Frauenrat e.V., djb e.V., Frauenhauskoordinierung e.V., gesine intervention, JUMEN, KOK e.V., S.I.G.N.A.L. e. V., MIA e.V., medica mondiale e.V., Weibernetz e. V., Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser

Beratende Expert*innen: Prof. Dr. Ariane Brenssell, Ostfalia Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel; Karin Heisecke, politische Beraterin und Expertin zu Gewalt gegen Frauen; Dr. Monika Schröttle, Forschungs- und Beobachtungsstelle Geschlecht, Gewalt, Menschenrechte (FOBES) am Institut für empirische Soziologie, Nürnberg

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 24.11.2020

Inklusive und umfassende Umsetzung der Istanbul-Konvention notwendig

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2020 erklärt Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Gewalt gegen Lesben, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen ist auch geschlechtsspezifische Gewalt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert, dass bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention ausdrücklich auch die Belange lesbischer, bisexueller, trans- und intergeschlechtlicher Frauen selbstverständlicher und sichtbarer Bestandteil der Maßnahmen sind.

Deutschland hat das "Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" (Istanbul-Konvention) ratifiziert. Diese fordert ausdrücklich positive Aktionen, um dafür Sorge zu tragen, dass Präventionsmaßnahmen speziell den Bedürfnissen schutzbedürftiger Personen entsprechen und meint dabei explizit auch lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen.

So wird Hasskriminalität gegen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen bislang in der Statistik zu Politisch motivierter Kriminalität noch nicht einmal gesondert erfasst. Die polizeilichen Erfassungssysteme müssen reformiert werden, damit Hasskriminalität detailliert aufgeschlüsselt und in ihren realen Ausmaßen gesellschaftlich sichtbar wird. Der LSVD fordert die Bundesregierung zudem auf, unverzüglich eine unabhängige Expert*innen-Kommission einzusetzen, die eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeitet und der Bundesregierung sowie dem Bundestag einen Lagebericht mit Handlungsempfehlungen vorlegt.

Geschlechtsspezifische Gewalt richtet sich oft gegen Frauen, die gegen Geschlechterstereotype aufbegehren. Mit ihrem Auftreten, Erscheinen oder Beziehungen und Familien verstoßen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen oftmals gegen vorherrschende Normen, Konventionen und Zwänge, wie Frauen auszusehen, zu sein oder zu begehren und lieben zu haben.

Alle Frauen haben ein Recht darauf, gewalt-, angst- und diskriminierungsfrei über sich, ihr Leben, ihren Körper und ihre Beziehungen und Familien bestimmen zu können.

Hintergrund

LSVD-Stellungnahme zum CEDAW-Staatenbericht der Bundesregierung (Punkt 2: Prävention und Bekämpfung von homophober und trans*/interfeindlicher Gewalt)

Adressierung lesben- und transfeindlicher Gewalt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention

Diskriminierung und Gewalt gegen lesbische und bisexuelle Frauen in Deutschland

Erfahrungen von transgeschlechtlichen Menschen in Deutschland

Frei und sicher leben: Homophobe und transfeindliche Hasskriminalität entschieden bekämpfen. Forderungen des LSVD

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) vom 24.11.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Internationale Konferenz zu LSBTI-Themen und zur Gleichstellungsstrategie der EU

Unter dem Regenbogen sind alle gleich: Ein Satz der selbst im modernen Europa noch immer nicht überall gelebt wird. Über die Lebensrealitäten der LSBTI- Menschen weiß unsere Gesellschaft noch viel zu wenig. Um das zu ändern, veranstaltet das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gemeinsam mit der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa am 18. und 19. November 2020 eine internationale LSBTI-Konferenz mit mehr als 400 aus ganz Europa zugeschalteten Teilnehmenden im Hotel Oderberger in Berlin.

Erstmals wird dabei auch die Bedeutung der am 12. November 2020 von der Europäischen Kommission vorgestellten Strategie für die LSBTI-Gleichstellungspolitik vor einer breiten Öffentlichkeit debattiert. Beim Panel diskutiert Bundesfamilienministerin Franziska Giffey auf dieser digital stattfindenden Konferenz mit der EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, und Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey:

„Die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität ist leider vielerorts noch traurige Realität. Das moderne Europa steht für eine Gleichstellungspolitik, die alle Menschen und Gruppen mitnimmt, egal welches Geschlecht, welche Sexualität, welche Religion und welche Herkunft sie haben. Europäerinnen und Europäer dürfen keine Angst haben vor ihrem Coming-Out haben oder davor, ihr Leben selbstbestimmt zu leben. Eine menschenverachtende und homophobe Rhetorik darf in der Europäischen Union nicht akzeptiert werden. Deshalb unterstützt Deutschland die neue europäische LSBTI-Gleichstellungsstrategie und wirbt in allen Mitgliedstaaten für breite Akzeptanz. Ein wichtiges Ziel ist dabei, LSBTI-Personen gesetzlich gegen ‚Hate Crimes‘ zu schützen. Außerdem soll für Regenbogenfamilien die Freizügigkeit innerhalb der EU leichter werden, indem die Mitgliedstaaten die Heirats- und Geburtsurkunden gegenseitig anerkennen. Es ist an der Zeit, dass die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Institutionen besser bei LSBTI-Themen kooperieren – die neue EU-Strategie weist den Weg.“

Das BMFSFJ engagiert sich für eine Gleichstellungspolitik, die aktiv gegen Diskriminierung vorgeht. 2014 wurde ein eigenes Fachreferat eingerichtet, das sich mit den Verbänden und Interessenvertretungen der LSBTI-Community vernetzt und auch mit den Bundesländern zusammenarbeitet.

Das Ministerium interessiert, was schwule Männer und lesbische Frauen, Trans- und Interpersonen in ihrem Alltag bewegt und gegen welche Ungerechtigkeiten sie kämpfen. Ein Ziel ist es, ‚Hate Crimes‘ gegen die LSBTI Community – sowie gegen jede andere Minderheit in unserem Land – zu verhindern.

Um Information und Prävention zu verbessern, hat das BMFSFJ im Mai 2019 das Regenbogenportal gelauncht, eine umfassende Wissens- und Unterstützungs-Webseite für LSBTI-Personen, ihre Angehörigen und vor allem auch für Fachkräfte aus den Bereichen Beratung und Bildung. Das Regenbogenportal bietet gut aufbereitete Informationen, Materialien, Beratungs- und Fortbildungsangebote für den privaten und beruflichen Alltag. www.regenbogenportal.de

Im Bundesprogramm „Demokratie Leben“ fördert das Bundesfamilienministerium auch in der aktuell laufenden Förderphase bis Ende 2024 bundesweit Modellprojekte sowie ein zentrales Kompetenznetzwerk gegen Homosexuellen- und Transfeindlichkeit.

Im Sommer 2020 hat das BMFSFJ das Dialogforum Geschlechtliche Vielfalt gestartet. Hier arbeitet das Ministerium mit Vertreterinnen und Vertretern aus der freien Wohlfahrtspflege und aus Interessenverbänden trans- und intergeschlechtlicher Menschen zusammen. Ziel ist es, die Beratungs- und Unterstützungslandschaft in Deutschland zum Thema „Geschlechtliche Vielfalt“ auszubauen und zu stärken.

Zur LSBTI-Konferenz:

Die digitale Fachkonferenz wird im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und anlässlich des Auftakts des deutschen Vorsitzes im Ministerrat des Europarats gemeinsam vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa organisiert.

Die Konferenz beschäftigt sich mit Mehrfachdiskriminierungen von LSBTI-Personen mit einem Fokus auf lesbischen Frauen. Dabei werden die verschiedenen Dimensionen von Diskriminierungen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus, Homo- und Transphobie ganzheitlich betrachtet. Eine schwarze lesbische Frau erlebt auch in Deutschland sehr wahrscheinlich andere Benachteiligungen, als eine weiße lesbische oder auch eine weiße heterosexuelle Frau. Dieses Wissen ist der Schlüssel dazu, in den Ländern der Europäischen Union politische Maßnahmen zu ergreifen, die alle erreichen: die heterosexuellen, die lesbischen, die schwarzen Frauen und Frauen mit Behinderung.

Es geht aber auch um Regenbogenfamilien und wie ihre Familien innerhalb der Europäischen Union rechtlich anerkannt werden. Nach der neuen europäischen LSBTI-Strategie sollen Regenbogenfamilien in Situationen, die in den Geltungsbereich des EU-Rechts fallen, genauso behandelt werden wie jede andere Familie. Außerdem soll sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt viel stärker als Thema in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für Behindertenpflege und pädagogisches Personal einbezogen werden.

Mehr Informationen unter: https://bmfsfj-veranstaltungen.bafza.de/en/intersectionality-and-lgbti-policies-in-europe/home.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.11.2020

Bundesfrauenministerin Giffey und Bundesjustizministerin Lambrecht haben heute gemeinsam dem Kabinett die Stellungnahme der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) vorgelegt.

Der Stellungnahme liegt ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirksamkeit des FüPoG durch die Kienbaum Consultants International GmbH zugrunde. Die Evaluation bestätigt, was Bundesjustizministerin Lambrecht und Bundesfrauenministerin Giffey mit ihrem Gesetzentwurf erreichen wollen: verbindliche Vorgaben führen zu Verbesserungen. Die feste Quote hat laut Evaluation zu einem starken Anstieg der Zahlen von Frauen in Aufsichtsräten geführt und hat auch weitere positive Effekte bei den einbezogenen Unternehmen. So wurde die gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten mit aktuell 35,2 Prozent übertroffen. Unternehmen, die der festen Quote unterliegen, sind zudem für das Thema Gleichstellung zunehmend sensibel, was sich in Besetzungsverfahren und in häufig besser organisierten Strukturen zur Förderung des Aufstiegs von Frauen niederschlägt. Daher empfiehlt das Evaluationsgutachten eine Ausweitung des Geltungsbereichs der festen Quote, um diese positiven Effekte weiterzutragen.

Die Evaluation hat aber auch ernüchternde Ergebnisse bei den Zielgrößen in Vorständen aufgezeigt. Der Frauenanteil in den Vorständen der vom Gesetz betroffenen Unternehmen liegt nur bei 7,6 Prozent. Und die selbst gesetzten Zielgrößen deuten nicht darauf hin, dass die Unternehmen an dieser Situation etwas ändern wollen: Rund 70 Prozent der vom Gesetz betroffenen Unternehmen setzen sich für die Zukunft die Zielgröße „Null“ für den Vorstand. Die geringere Verbindlichkeit wirke sich zudem negativ sowohl auf die Bekanntheit des Gesetzes als auch auf die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten und die Höhe der Frauenanteile selbst aus. Die Evaluation empfiehlt daher, verbindlichere Regeln für den Vorstand aufzustellen, um die Wirkung des Gesetzes zu erhöhen.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Diese Evaluation stärkt unsere Forderung nach einer verbindlichen Mindestbeteiligung von einer Frau in großen Vorständen ab vier Mitgliedern. Wir können uns nicht zurücklehnen und nochmal etliche Jahre darauf hoffen, dass die Unternehmen sich höhere Zielgrößen setzen. Freiwillig tut sich nichts. Es ist an der Zeit, gesetzliche Regeln für mehr Vielfalt und Gleichstellung in den Chefetagen zu schaffen. Das ist kein Almosen oder gar eine Belastung, sondern ein wichtiger Schritt für mehr wirtschaftlichen Erfolg und internationale Wettbewerbsfähigkeit.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Die Evaluation hat gezeigt, dass wir ohne verbindliche Vorgaben nicht weiterkommen und sogar Rückschritte zu beobachten sind. Der Frauenanteil in Vorständen ist zuletzt wieder gesunken. Aus diesem Grund muss die Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen jetzt endlich Gesetz werden. Lassen Sie uns qualifizierten und motivierten Frauen endlich die Chancen geben, die sie verdienen. Die großen Unternehmen in Deutschland müssen endlich auch von Frauen geführt werden."

Für den Bereich des öffentlichen Dienstes kommt die Evaluation u.a. zu dem Ergebnis, dass mit der Novellierung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes eine deutliche Erhöhung des Anteils von Frauen an den vom Bund bestimmten Mitgliedern in Gremien einhergegangen ist. Auch die Frauenanteile an Führungspositionen im öffentlichen Dienst des Bundes steigen kontinuierlich, jedoch zeigen einige Regelungen des Bundesgleichstellungsgesetzes noch nicht die gewünschte Wirkung. So werden beispielsweise bestehende Vereinbarkeitsangebote noch zu selten von Führungskräften in Anspruch genommen und die Gleichstellungspläne häufig noch nicht zweckentsprechend genutzt. Bei der Besetzung in den Gremien des Bundes hat das Gutachten gezeigt, dass die bereits eingeführten strukturierten Besetzungsprozesse Erfolg gezeigt haben und weitergeführt und gestärkt werden sollten.

Die Bundesregierung hat mit der Stellungnahme alle Handlungsempfehlungen zur Kenntnis genommen und wird diese bei weiteren Maßnahmen prüfen.

Besonders erfreulich sind die Ergebnisse zum Erfüllungsaufwand des Gesetzes. Die Wirtschaft hat eine jährliche Belastung von lediglich rund 43 Tausend Euro durch die gesetzlichen Vorgaben. Dies unterschreitet deutlich die vorherige Schätzung von 248 Tausend Euro.

Die Stellungnahme der Bundesregierung kann hier abgerufen werden: www.bmfsfj.de/evaluation-füpog-stellungnahme

Die Evaluation finden Sie hier: www.bmfsfj.de/evaluation-füpog

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.11.2020

Schrittweise werden die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte verbessert. Das ist das Ergebnis eines ersten Umsetzungsberichts zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP), der von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn heute vorgestellt wurde. Danach konnten bereits wichtige Maßnahmen für eine bessere Entlohnung, für mehr Auszubildende und mehr Kolleginnen und Kollegen an der Seite der Pflegekräfte umgesetzt werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Wie wir gute Pflege sichern, ist die soziale Frage der 20er Jahre. Die beantworten wir mit der Konzertieren Aktion. Wir sorgen für bessere Bezahlung, mehr Stellen und eine gute Ausbildung. So machen wir Pflege besser für alle: für Berufseinsteiger und für die erfahrenen Pflegekräfte. Und am meisten für die Pflegebedürftigen und Patienten, die mehr Zuwendung erfahren.“

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:

„Die Pflege in Deutschland leistet Enormes. Sie zu stärken und den Fachkräften bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, das ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam angehen, weil wir sie auch nur gemeinsam bewältigen können. Exzellente Pflege findet nur dort statt, wo motivierte und gut ausgebildete Pflegekräfte arbeiten. Deshalb wollen wir Fachkräfte gewinnen und halten. Wir arbeiten daran, dass junge Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren, gute Ausbildungsbedingungen und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten haben. Pflegerinnen und Pfleger leisten einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft, das muss auch entsprechend bezahlt werden. Die jüngste Tarifeinigung im öffentlichen Dienst war hier ein richtiges Zeichen. Aber Geld ist nicht alles – wir arbeiten daran, dass Pflegeberufe als Ganzes aufgewertet werden.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Pflegekräfte arbeiten hart und oft unter schwierigen Bedingungen. Die Arbeit mit und am Menschen ist körperlich und psychisch fordernd und sie bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung und Stress. Das galt schon vor Corona, aber die Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, was Pflegekräfte leisten. Wir müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Der Schlüssel dazu ist mehr Personal und eine angemessene Entlohnung. Das sind wir als Gesellschaft den Pflegekräften schuldig. Mit der Konzertierten Aktion Pflege haben wir genau das angepackt. Zu den ersten Erfolgen gehört, dass die Pflegelöhne bis April 2022 bundesweit einheitlich steigen. Tarifverträge bedeuten angemessene Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Sie verbessern die Situation der Pflegekräfte konkret. Deshalb ist die Aussicht auf einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die ganze Pflegebranche ein wichtiges Signal. Sobald mir ein Antrag auf Erstreckung vorliegt, werden wir diesen zügig prüfen. Und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, werde ich diesen Tarifvertrag für die gesamte Branche verbindlich erklären. Auf diesem Weg machen wir weiter.“

Im Juni 2019 haben sich Bund, Länder und alle relevanten Akteure in der Pflege verbindlich auf Ziele und konkrete Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung, mehr Ausbildungsplätze und mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte verständigt. Der heute vorgelegte Bericht zeigt, wie weit die Maßnahmen bereits umgesetzt wurden.

Die Ergebnisse im Detail

Mehr Personal

Eine Entlastung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfordert mehr Personal. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Das Personalbemessungsverfahren für vollstationäre Pflegeeinrichtungen soll in Kürze gesetzlich verankert werden. Die Mitglieder der Konzertierten Aktion Pflege haben hierfür in einem begleitenden Roadmap-Prozess die wesentlichen Schritte beraten. Als erster Schritt werden ab dem 1. Januar 2021 mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte geschaffen. Die Stellen werden vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert; der Eigenanteil der Pflegebedürftigen wird dadurch nicht steigen. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen werden bei der Gewinnung internationaler Pflegekräfte unterstützt. Dazu wurde 2019 die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) eingerichtet. Sie übernimmt für die Herkunftsländer Philippinen, Mexiko und später Brasilien die Anträge auf Einreise, Berufsanerkennung und Beschäftigungserlaubnis für Pflegekräfte aus Drittstaaten, damit diese schneller nach Deutschland einreisen und arbeiten können. Das Auslandsgeschäft der Bundesagentur für Arbeit (BA) bleibt davon unberührt. Es wurde eine Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZBSA) für Fachkräfte im Ausland geschaffen, die Anerkennungssuchende zu den Möglichkeiten der Anerkennung ihrer ausländischen Berufsabschlüsse berät, sie über die damit zusammenhängenden aufenthaltsrechtlichen Fragen informiert und durch das Anerkennungsverfahren begleitet (Lotsenfunktion). Die ZSBA ist bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der BA in Bonn angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Modellvorhaben zunächst für vier Jahre gefördert. Integraler Bestandteil der Fachkräftegewinnung sind Regeln für eine ethisch hochwertige Anwerbung und den Schutz der Pflegekräfte sowie umfassende Maßnahmen für die betriebliche und soziale Integration. Das im Jahr 2019 gegründete Deutsche Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) entwickelt dafür ein Gütesiegel und einen Werkzeugkoffer für die betriebliche und soziale Integration. Das DKF unterstützt die Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen auch bei deren Umsetzung. Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Unterstützung der Fach- und Sprachausbildung für ausländische Pflegekräfte in den Herkunftsländern. Die Goethe-Institute bemühen sich unter Einhaltung der jeweils vor Ort gültigen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften, weiterhin Angebote der Sprachförderung aufrechtzuerhalten.

Mehr Geld

Pflegekräfte, insbesondere in der Altenpflege, sollen regelhaft besser entlohnt werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:

Mit dem am 29. November 2019 in Kraft getretenen Gesetz für bessere Löhne in der Pflege wurde die rechtliche Grundlage für das Tätigwerden der Pflegekommission novelliert. Damit kann die Pflegekommission nun –als ständige Kommission –auf verbesserter Grundlage Empfehlungen für die Festlegung von Mindestlöhnen und Mindesturlaub in der Pflege abgeben. Mit der Vierten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche wird der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis zum 1. April 2022 in vier Schritten spürbar auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben. Ab 1. Juli 2021 gibt es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro. Vom neuen Pflegemindestlohn profitieren insbesondere Pflegekräfte in Ostdeutschland. Im Vergleich zum Jahr 2012 sind die Entgelte von Vollzeitbeschäftigten in der Altenpflege um über 20 Prozent angestiegen. Auch die tarifliche Entlohnung soll weiter gestärkt werden:Künftig sollen Pflegeeinrichtungen nur noch für die Versorgung zugelassen werden, wenn diese ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit vorbereitet. Die Gewerkschaft ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) haben den Entwurf eines bundesweiten Tarifvertrags für die Altenpflege erarbeitet. Derzeit läuft das gesetzlich vorgesehene Anhörungsverfahren, in welchem kirchliche Kommissionen zu dem Entwurf Stellung nehmen können. Die Finanzierung höherer Pflegelöhne kostet Geld. Damit die Pflegebedürftigen und ihre Familien nicht überfordert werden, prüft das BMG derzeit verschiedene Optionen zur Begrenzung der Eigenanteile.

Mehr Aus- und Weiterbildung

Die neuen Pflegeausbildungen starteten zum 1. Januar 2020. Ihre Einführung wird begleitet durch die „Ausbildungsoffensive Pflege“ (2019 – 2023). Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Abschließende Zahlen zu den neuen Pflegeausbildungen liegen erstmals 2021 vor. Einzelne Bundesländer haben jedoch bereits einen deutlichen Anstieg gemeldet. Insgesamt deutet sich trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie eine positive Entwicklung der Ausbildungszahlen und damit ein guter Start der neuen beruflichen Pflegeausbildung an. Auch die neu eingeführte hochschulische Pflegeausbildung ist bereits mit rund 30 Studiengängen gestartet. Damit werden neue Ausbildungspotentiale erschlossen und neue Entwicklungsperspektiven für die Pflege geschaffen. Mit der Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch“ wird über die Chancen der neuen Pflegeausbildung informiert. Hohe Zugriffszahlen auf die weiterführenden Informationsangebote unter www.pflegeausbildung.net sprechen für ein großes Interesse bei jungen Menschen wie auch möglichen Umschülerinnen und Umschülern an der Ausbildung. Im Rahmen der neuen generalistischen Pflegeausbildung ist eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen Ausbildungsstätten erforderlich. Um die Länder bei der Umsetzung der Pflegeausbildung zu unterstützten, haben BMFSFJ und BMG dazu ein Förderprogramm im Umfang von bis zu 19 Millionen Euro aufgelegt. In zahlreichen Ländern haben die durch den DigitalPakt Schule und das daran anschließende „Sofortausstattungsprogramm“ zur Verfügung gestellten Fördermittel zu einer besseren Ausstattung der Pflegeschulen mit digitaler Technik geführt. In der Weiterbildung gab es 2019 einen signifikanten Anstieg bei der Ausbildung zur Altenpflegefachkraft.

Der vollständige Bericht zur Ausbildungsoffensive Pflege ist unter https://www.pflegeausbildung.net/ausbildungsoffensive-und-kampagne/erster-bericht.html verfügbar.

Mehr Eigenverantwortung

Die Befugnisse der Pflegefachkräfte sollen gestärkt und ausgeweitet werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheits- und Pflegebereich wurde ein Strategieprozess eingeleitet. Der Prozess wird durch ein Expertengremium begleitet. Gemeinsam wird die Rolle der Pflege in der interprofessionellen Zusammenarbeit untersucht. Aktuell wird eine Erweiterung der Versorgungsbefugnisse für Pflegefachkräfte, etwa im Rahmen des Wundmanagements, der häuslichen Krankenpflege und der Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln vorgeschlagen. Im Strategieprozess wurde auch geklärt, wie Modellvorhaben zur selbständigen und eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde durch Pflegefachpersonen einfacher und attraktiver werden und bei erfolgreicher Durchführung zügiger in der Regelversorgung ankommen können. Ergebnisse der Beratungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umgesetzt werden.

Mehr Digitales

Die Arbeit von Pflegekräften soll durch Digitalisierung erleichtert werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:Durch gesetzliche Regelungen zur Kostenübernahme von Investitionen in Digitales wurden deutliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Pflege erzielt. Pflegeeinrichtungen nutzen die Fördermöglichkeiten für die elektronische Dokumentation und Tourenplanung, aber auch Schulungen der Pflegekräfte. Die Anbindung der Langzeitpflege an die Telematikinfrastruktur (TI) wurde vorangetrieben. Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen lassen; die Kosten hierfür werden vergütet. Die elektronische Pflegeakte wird Bestandteil der elektronischen Patientenakte, dabei sollen beruflich Pflegende weitgehende Zugriffsrechte im Rahmen der TI erhalten, sofern der Patient oder die Patientin dem zustimmt. Der künftige Zugang der Pflegeeinrichtungen zur TI wird jedoch entscheidend davon abhängen, wann die Länder die elektronischen Heilberufs- und Berufsausweise sowie die Praxisausweise zur Verfügung stellen. Bis dahin können die Pflegeeinrichtungen über Institutionenkarten, die von der Gematik ausgegeben werden, vorübergehend auf auswählte Dienste der TI zugreifen. Die Regelungen des Digitale-Versorgung-Gesetzes zu elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege zeigen Wirkung: durch die Öffnung des Rechtsrahmens etablieren sich mehr Unternehmen am Markt, die entsprechende Dienste anbieten. Verschiedene Krankenkassen haben bereits erste Erfahrungen mit elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege gesammelt. Mit Hilfe des Krankenhauszukunftsfonds und des Krankenhausstrukturfonds werden Investitionen in die digitale Infrastruktur von Krankenhäusern gefördert.

Im Jahr 2021 soll über den weiteren Fortschritt der Konzertierten Aktion Pflege berichtet werden.

Hintergrund

Um den Arbeitsalltag von Pflegekräften spürbar zu verbessern, haben das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium im Juli 2018 die Konzertierte Aktion Pflege ins Leben gerufen. Zusammen mit den Ländern, Pflegeberufs- und Pflegeberufsausbildungsverbänden, Verbänden der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, den Kirchen, Pflege- und Krankenkassen, Betroffenenverbänden, der Berufsgenossenschaft, der Bundesagentur für Arbeit sowie den Sozialpartnern wurden fünf Arbeitsgruppen eingerichtet, um konkrete Schritte festzulegen:

• Arbeitsgruppe 1: Ausbildung und Qualifizierung

• Arbeitsgruppe 2: Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung

• Arbeitsgruppe 3: Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung

• Arbeitsgruppe 4: Pflegekräfte aus dem Ausland

• Arbeitsgruppe 5: Entlohnungsbedingungen in der Pflege.

Weitere Informationen sowie den Vereinbarungstext im Wortlaut finden Sie unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2020

Die junge Generation hat es in der Corona-Zeit besonders schwer. Vieles von dem, was Jungsein und Erwachsenwerden ausmacht, ist im Moment verboten oder nur eingeschränkt möglich: ob Lernen, Austausch mit Gleichaltrigen, die Welt erkunden oder auch mal eine Party feiern. Darauf hat Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey heute bei der Vorstellung des 16. Kinder- und Jugendberichts (Schwerpunkt „Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter“) hingewiesen.

„Corona prägt schon jetzt die Lebensläufe vieler junger Menschen und nimmt der Jugend ein Stück Zuversicht und Leichtigkeit. Obwohl sie auf vieles verzichten müssen, halten sich die meisten an die Einschränkungen, sind vernünftig und rücksichtsvoll“, betonte Ministerin Giffey. „Das sollten wir anerkennen und würdigen. Und wir müssen die Jugend stärker an Entscheidungen beteiligen. Mehr Mitsprache empfiehlt auch der aktuelle Kinder- und Jugendbericht. Die politische Bildung der Jugend ist gerade auch in bewegten Zeiten ein Stützpfeiler unserer Demokratie. Jede Generation muss Demokratie neu erlernen. Die politische Bildung ist ein gewichtiger Faktor, um Menschen gegen Hassparolen und Verschwörungs-ideologien zu immunisieren."

Bundesministerin Giffey hat den 16. Kinder- und Jugendbericht, den von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erarbeitet wurde, heute vorgelegt. Das Bundeskabinett beschloss eine Stellungnahme zu dem 600 Seiten starken Papier. Beides geht jetzt dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zu.

Eine der zentralen Empfehlungen der Sachverständigen ist, dass alle jungen Menschen mehr zeitgemäße und altersgerechte politische Bildung erhalten. Der Vorsitzende der Berichtskommission, Prof. Dr. Christian Palentien unterstrich bei der Vorstellung der Ergebnisse: „Politische Bildung findet in der gesamten Kindheit und Jugend statt. Sie braucht mehr Gewicht und gehört überall hin, wo junge Menschen mit Politik und Demokratie in Berührung kommen. Ob Familie, Kita, Schule und Ausbildung, Jugendbildungsstätten oder Jugendverbände, Medien oder auch die Bundeswehr – viele Akteure tragen Verantwortung für politische Bildung.“

Die Kommission hatte den Auftrag herauszuarbeiten, wo und wie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene politische Bildung erfahren. Zudem sollte sie Entwicklungsbedarfe aufzeigen und Empfehlungen für Praxis, Wissenschaft und Politik formulieren.

Der Bericht liefert erstmals eine umfassende und systematische Betrachtung der politischen Bildung junger Menschen und bietet eine solide Grundlage, um die Angebote weiterzuentwickeln. Gleichzeitig befasst sich der Bericht mit aktuellen Herausforderungen für die Demokratie – zum Beispiel mit Globalisierung, Digitalisierung, demografischem Wandel und einem erstarkenden Nationalismus. Die Kommission fordert ein klares Bekenntnis der Politik: Eine an Demokratie und Menschenrechten orientierte politische Bildung sei unverzichtbar.

Die Perspektiven junger Menschen sind in den Bericht direkt eingeflossen: Die Kommission führte Jugendworkshops durch und interviewte Grundschulklassen sowie Kitagruppen. Zudem wurden bundesweite Jugendbeteiligungsprozesse daraufhin analysiert, was junge Menschen zur politischen Bildung sagen.

Mit den Kinder- und Jugendberichten entspricht die Bundesregierung ihrer Verpflichtung gemäß § 84 SGB VIII, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die „Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe“ vorzulegen und dazu Stellung zu nehmen. Mit der Ausarbeitung des Berichtes beauftragt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Namen der Bundesregierung jeweils eine unabhängige Kommission.

Ausführliche Informationen zum 16. Kinder- und Jugendbericht finden Sie unter: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht

Hier weitere Links: Zum gesamten Bericht: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/gesamtZu einer Kurzbroschüre des BMFSFJ: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/kurzbroschuereZu einer Jugendbroschüre der Jugendpresse Deutschland: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/jugendbroschuere

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.11.2020

Ministerin Giffey und BKA-Chef Münch stellen Kriminalstatistische Auswertung vor

Die Zahl von Mord und Totschlag, Sexualdelikten, Körperverletzungen oder Stalking ist in (Ex-) Paarbeziehungen im Jahr 2019 auf hohem Niveau geblieben. Die neuen Zahlen der Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes zeigen insgesamt sogar einen leichten Anstieg. 2019 wurden 141.792 Opfer von Partnerschaftsgewalt in den definierten Kategorien polizeilich erfasst, knapp ein Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zu 81% waren Frauen betroffen und zu 19% Männer. Die Hälfte der Opfer lebte zum Tatzeitpunkt mit dem Täter oder der Täterin in einem Haushalt (50,5%).

Die detaillierte BKA-Auswertung wurde zum fünften Mal in Folge erstellt und gibt Einblick, in welchem Umfang und mit welchen Ausprägungen Gewalt in Paarbeziehungen bei der Polizei bekannt wird, welche Delikte passieren und in welcher Beziehung Täter und Opfer stehen. Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey und der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch haben die Ergebnisse für 2019 heute vorgestellt.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern es geht um Straftaten. Für viele Frauen, aber auch für Männer ist es traurige Realität, dass die eigene Wohnung, in der man sich sicher fühlen möchte, zu einem gefährlichen Ort wird. Die Zahlen sind schockierend, denn sie zeigen: An fast jedem dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Und alle 45 Minuten wird – statistisch gesehen – eine Frau Opfer von vollendeter und versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt. In der Zeit der Corona-Pandemie ist nach den Berichten der Frauenhäuser, Beratungsstellen und Hilfetelefone davon auszugehen, dass häusliche Gewalt eher zunimmt – zumal wir damit rechnen müssen, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt als die Zahl der Polizei-bekannten Fälle.“

BKA-Präsident Holger Münch: „Gewalt in Partnerschaften äußert sich als Stalking, Bedrohung, sexueller Übergriff, Körperverletzung, Vergewaltigung bis hin zu Mord und Totschlag. Sowohl psychisch als auch physisch ausgeübte Gewalt hinterlässt tiefe Wunden bei den Opfern. Partnerschaftsgewalt findet meist hinter geschlossenen Haustüren – im Verborgenen – statt; die Opfer werden nicht bemerkt oder trauen sich nicht, aus Angst vor den Konsequenzen, Anzeige zu erstatten. Allein im Hellfeld verzeichnen wir 2019 über 141.000 Männer und Frauen, die Opfer von Partnerschaftsgewalt geworden sind. Es ist jedoch von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen. Partnerschaftsgewalt darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Neben der täglichen Arbeit der Strafverfolgungsbehörden kommt vor allem den vielen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen eine große Bedeutung zu, die den Opfern mit ihren Hilfsangeboten zur Seite stehen. Letztlich ist auch jeder Einzelne von uns dazu aufgefordert, die Augen vor der Partnerschaftsgewalt nicht zu verschließen und sie zu ahnden, wenn immer wir sie bemerken.“

Zu den BKA-Zahlen im Einzelnen:

Im Jahr 2019 wurden durch ihre Partner oder Ex-Partner insgesamt 141.792 Personen Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking, Freiheitsberaubung, davon knapp 81% Frauen.

Knapp 115.000 Frauen waren von Partnerschaftsgewalt betroffen. Gemessen an der Gesamtzahl weiblicher Opfer in den Bereichen Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking ist das ein Anteil von 34,5%, dagegen sind es bei den Männern 5,5%.

In 2019 wurden in Deutschland Frauen und Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt (jeweils vollendete und versuchte Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: über 69.000 Frauen, 17.800 Männer;von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.906 Frauen, 3.571 Männer;von Freiheitsberaubung: 1.514 Frauen, 183 Männer;von gefährlicher Körperverletzung: knapp 12.000 Frauen, 5.169 Männer;von Mord und Totschlag: 301 Frauen, 93 Männer.

Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu über 98% weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es 89%. Der Anteil männlicher Opfer ist bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung mit 20,5% sowie bei Mord und Totschlag mit 23,6% vergleichsweise am Höchsten.

Von den insgesamt 118.176 erfassten Tatverdächtigen waren 78.088 (66,1%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.706 Personen; 5,7% aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.146; 2,7%), syrischen (3.090; 2,6%) und rumänischen (2.042; 1,7%) Staatsangehörigen.

Von den insgesamt 141.792 erfassten Opfern waren 99.904 (70,5%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.563 Personen; 3,9%) erfasst, gefolgt von polnischen (4.428; 3,1%) Staatsangehörigen.

Die Zahlen entsprechen ungefähr denen von 2018.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Opfer, die Gewalt zuhause erleben, trauen sich oft nicht, darüber zu sprechen – aus Scham oder Angst. Wir wissen, zwei Drittel der weiblichen Opfer gehen auch nach schwerster Gewalterfahrung nicht zur Polizei und suchen auch keine anderweitige Hilfe. Das Thema ist viel zu oft noch ein Tabu, mit dem endlich Schluss sein muss.

Wichtig ist deshalb, dass Opfer von Gewalt Hilfe und Unterstützung bekommen. Mit dem bundesweiten Hilfetelefon, der Initiative ‚Stärker als Gewalt‘, mit dem von mir 2018 ins Leben gerufenen Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen und nicht zuletzt mit unserem Investitionsprogramm zum Ausbau der Frauenhäuser und Beratungsstellen haben wir als Bund vier starke Säulen geschaffen. Denn Gewalt an Frauen ist nicht hinnehmbar.“

Maßnahmen, Projekte und Initiativen im Kampf gegen Gewalt an Frauen (und Männern):

Der Schutz von Frauen vor Gewalt mit hohen Schutzstandards – gerade auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise – ist nicht nur hierzulande, sondern in ganz Europa wichtig. Deutschland will den Zugang zu Schutz und Beratung für alle verbessern. Im Rahmen unserer deutschen EU-Ratspräsidentschaft ermöglichen wir deshalb einen Austausch guter Praxisbeispiele im Gewaltschutz unter den Mitgliedstaaten.

Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ stellt das Bundesfrauenministerium seit Jahresbeginn und für die nächsten Jahre insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäuser bereit.

Im Rahmen der Initiative „Stärker als Gewalt“ hat das Bundesfrauenministerium den November im Rahmen der Initiative zum Aktionsmonat gegen häusliche Gewalt ausgerufen. Mit zahlreichen Materialien und Aktionen, online und offline, wird auf das Thema hingewiesen und zum aktiven Einschreiten ermutigt. Darüber hinaus wird eine Nachbarschaftsaktion gestartet, bei der die Botschaft in die Kommunen und die unmittelbare Nachbarschaft der Menschen getragen wird.

Mit dem bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 wird betroffenen Frauen seit 2013 bundesweit und rund um die Uhr kostenlos eine anonyme und niedrigschwellige Erstberatung in 18 Sprachen ermöglicht.

Die gesamte Auswertung des BKA zu Partnerschaftsgewalt finden Sie hier:

www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Weitere Informationen erhalten Sie unter:

www.hilfetelefon.de

https://staerker-als-gewalt.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.11.2020

Noch immer sind Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert. Nur in Unternehmen, die der festen Quote unterliegen, sind echte Verbesserungen in Richtung Geschlechtergerechtigkeit zu erkennen. Das bestätigt auch ein Evaluationsgutachten zur Wirksamkeit des Führungspositionen-Gesetzes, mit dem sich das Bundeskabinett heute befasst hat. Vorschläge für mehr Frauen in Führungspositionen liegen längst vor und müssen nur noch umgesetzt werden.

„Das Bundeskabinett hat heute die von unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht vorgelegte Stellungnahme der Bundesregierung zum Evaluationsgutachten über die Wirksamkeit des Führungspositionen-Gesetzes beschlossen. Das Evaluationsgutachten bestätigt das Offensichtliche und macht erneut die Dringlichkeit verbindlicher Vorgaben deutlich. Nur in Unternehmen, für die eine feste Quote gilt, ist ein Kulturwandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erkennen. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass feste Quoten nicht nur für Aussichträte, sondern auch für Vorstände notwendig sind.

Seit Monaten liegen entsprechende Vorschläge der Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht für mehr Frauen in Führungspositionen auf dem Tisch. So soll die Quote auf alle Unternehmen, die mehr als 2.000 Beschäftige haben, ausgeweitet werden. Außerdem soll eine Mindestbeteiligungsquote für große Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen eingeführt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion steht geschlossen hinter diesen Vorschlägen.

Wir begrüßen, dass nun auch unter anderem CSU-Chef Markus Söder Handlungsbedarf erkannt und sich für eine Quotenerweiterung ausspricht. Wir fordern den Koalitionspartner auf, Worten Taten folgen zu lassen und endlich den Weg für mehr Geschlechtergerechtigkeit freizumachen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.11.2020

Das Bundeskabinett hat heute eine Stellungnahme zum 16. Kinder und Jugendbericht beschlossen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die damit verbundene Aufmerksamkeit für das Thema „Politische Bildung im Kindes- und Jugendalter“.

„Politische Bildung gibt es in der Familie, Kindertagesbetreuung, Schule, beruflicher Bildung, Hochschulen, Jugendbildungsstätten und Jugendverbänden, parteinaher Jugendbildung, Protesten und sozialen Bewegungen, Freiwilligendiensten, Bundeswehr, in Medien und digitalen Welten. Die SPD-Fraktion im Bundestag lädt alle Verantwortlichen dazu ein, dabei mitzuwirken, junge Menschen für die Demokratie und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu gewinnen, zu begeistern und zu befähigen. Demokratie lernen junge Menschen dabei nicht nur durch Vorträge, sondern durchs Mitmachen. Wir haben die Aufgabe, ihnen Wege dafür zu ebnen.

Die Demokratie in Deutschland wird durch tiefgreifende gesellschaftliche Entwicklungen herausgefordert. Zentral ist daher, dass Kinder und Jugendliche früh einen kritischen und kompetenten Umgang mit digitalen Medien erlernen. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb für jugendgerechte Informations- und Bildungsangebote sowie eine Förderung der Medienkompetenz ein.

Wir setzen auf demokratieförderndes und präventives Handeln – und zwar als Daueraufgabe. So wollen wir beispielsweise die vielen guten Ansätze des Programms ‚Demokratie leben’in einem Demokratiefördergesetz verstetigen. Jede föderale Ebene und deren Institutionen ist dabei in der Pflicht, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft das demokratische Leben zu gestalten.

Wirksame politische Bildung setzt voraus, dass Kinder und Jugendliche aktiv beteiligt werden. Sie sollen vor Ort mitgestalten und reale Konflikte und Probleme mitentscheiden können. So bekommen wir Rückenwind für mehr und bessere politische Bildung von Anfang an.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 11.11.2020

Wünsche der Eltern werden berücksichtigt

Am morgigen Freitag debattiert der Deutsche Bundestag in 1. Lesung die Reform das Elterngeldes. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Das Elterngeld erfreut sich auch 13 Jahre nach seiner Einführung sehr großer Beliebtheit. Das liegt auch daran, dass wir es immer wieder den Wünschen der Eltern anpassen. Das tun wir erneut mit diesem Gesetzentwurf. Eltern erhalten neue Möglichkeiten, den Elterngeldbezug an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen.

Es gehört zum Markenkern der Union, Eltern größtmögliche Flexibilität und Wahlfreiheit bei der Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen. Daher können sie zwischen Basiselterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus wählen. Heute wählen Eltern mehrheitlich einen Lebensentwurf, bei dem sich Mutter und Vater die Familien- und die Erwerbspflichten partnerschaftlich teilen. Mit der Reform eröffnen wir ihnen neue Freiräume für die Gestaltung ihrer Arbeitszeit: Während der Partnerschaftsmonate wird der Zeitkorridor der erlaubten Arbeitsstunden auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert. Dadurch sind volle drei Arbeitstage oder volle vier Arbeitstage möglich. Und die feste Bezugsdauer von vier Monaten für die Partnerschaftsbonus-Monate wird aufgehoben. Zukünftig können Eltern wählen, ob sie zwei, drei oder vier Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen wollen. Für Eltern von Frühchen wollen wir die Bezugsdauer des Elterngelds verlängern, um sie in dieser schwierigen Zeit besonders zu unterstützen.

Und noch eine Erleichterung für Eltern haben wir auf den Weg gebracht: die Digitalisierung von Familienleistungen. Namensbestimmung, Antrag auf Elterngeld und Kindergeld können bald in einem digitalen Kombi-Antrag beantragt werden. Das Pilotprojekt startet noch in diesem Jahr.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.11.2020

Der Deutsche Bundestag wird an diesem Donnerstag das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ (Ganztagsfinanzierungsgesetz) beschließen. Dazu können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Eltern wünschen, dass ihre Kinder auch in der Grundschule am Nachmittag betreut werden – gut, verlässlich und angepasst an die Bedürfnisse der Familien. Bund, Länder und Kommunen wollen dafür gemeinsam sorgen. Denn verlässliche Betreuung auch in der Grundschule ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Bund leistet erstmalig einen Beitrag für die Finanzierung von Ganztagsbetreuungsplätzen in der Grundschule. Er beteiligt sich mit einem bemerkenswerten Beitrag in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Jetzt sind die Länder am Zug, zügig mit dem Bund die Modalitäten auszuhandeln, damit der Rechtsanspruch schnell realisiert werden kann. Als CSU/CSU-Bundestagsfraktion ist uns wichtig, dass wir dabei die Vielfalt der Betreuungsmöglichkeiten erhalten. Unterstützt werden daher gebundene Ganztagsschulen ebenso wie freiwillige Angebote."

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 19.11.2020

Anlässlich der an diesem Mittwoch erschienen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünschen erklärt Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Sprecherin für Zeitpolitik:

Rund 3,5 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in einem Zeitumfang, der ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Manche wollen gern mehr, andere weniger arbeiten, aber es mangelt ihnen an der Möglichkeit, Wunsch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. In der Corona-Pandemie ist besonders deutlich geworden, wie schwierig es sein kann, Erwerbsarbeit mit Kinderbetreuung, Homeschooling oder der Pflege von Angehörigen zu vereinbaren. Es braucht endlich eine moderne Zeitpolitik, damit Beschäftigte ihr Leben selbstbestimmt gestalten können.

Wenn die Arbeitszeit zur Lebensphase passt, erhöht das nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern auch die Lebensqualität. Wir wollen dafür sorgen, dass Beschäftigte ihren Arbeitsumfang bedarfsgerecht nach oben oder unten anpassen können – zum Beispiel, indem sie in einem Bereich von 30 bis 40 Wochenstunden selbst entscheiden können, wie ihre persönliche Vollzeit aussieht. Und wir setzen uns für ein wirksames Rückkehrrecht von Teilzeitbeschäftigten auf ihren vorherigen Stundenumfang ein, denn vor allem Frauen stecken noch viel zu oft in der Teilzeitfalle fest.

Eltern und pflegende Angehörige sind besonders auf eine wirksame Zeitpolitik angewiesen, um berufliche und familiäre Bedarfe in Einklang zu bringen. Mit der KinderZeit Plus und der PflegeZeit Plus unterstützen wir Arbeitszeitreduzierung finanziell, schaffen mehr Zeit für Familien und sorgen für bessere Rahmenbedingungen, um es Männern und Frauen zu ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit miteinander zu vereinbaren.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.11.2020

Zur angekündigten Frauenquote in Vorständen erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Es wird höchste Zeit, dass eine verbindliche Frauenquote in Vorständen eingeführt wird. Leider kann das, was SPD und Union jetzt vollmundig als Quote für Vorstände ankündigen, höchstens als Mindestbeteiligung bezeichnen. Mehr ist es nicht. Die Koalition will ab einer Vorstandsgröße von vier Mitgliedern „eine Frau“ festschreiben. Dabei ist egal, wie groß dieser Vorstand ist. Anders als bei einer richtigen Quote erhöht sich die Zahl der Frauen in größeren Vorständen nicht automatisch. Das ist zu wenig. Die Regel soll zudem nur für rund 70 Unternehmen gelten.

Wir hätten uns von der Koalition gewünscht, mutiger voran zu gehen. Denn die Tatsache, dass bei uns in der Krise der Frauenanteil in Vorständen gesunken ist, während er in anderen Ländern steigt, macht den Handlungsbedarf sehr deutlich. Der Vorschlag der Koalition ist ein kleiner Schritt. Ein Meilenstein wäre aber nötig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.11.2020

„Der Bericht zeigt erneut, dass ein vernachlässigter und unterfinanzierter Bildungsbereich Armut verstetigt und neue schafft und damit soziale Ungleichheiten weiter verschärft. Weiterhin bestätigt der Bericht, dass Bildungserfolg in Deutschland immer noch stärker von der sozialen Herkunft abhängig ist als in anderen Staaten und Deutschland sich selbst auch digital weiter abhängt. Auch die Inklusionsbemühungen bleiben hinter den Erwartungen zurück“, sagt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den achten nationalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2020“. Bull-Bischoff weiter:

„Bildungsungleichheit durch Herkunft und Armut darf nicht jedes Jahr im Bildungsbericht als gegeben und alternativlos hingenommen werden. Zur Förderung eines gerechten und solidarischen Bildungssystems fordern wir daher ganztätige Gemeinschaftsschulen und die Aufnahme der Schulsozialarbeit als Regelleistung im SGB VIII. Digitale Geräte und Bildungstarife gehören außerdem ins Bildungs- und Teilhabepaket und müssen nach einem Sozialindex verteilt werden, nicht nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl von Bundesländern. Die aktuelle Pandemie zeigt, wie viel Geld da ist, um Unternehmen zu retten – die Bundesregierung muss endlich anfangen, auch das Bildungssystem zu retten.

Der konsequente Verzicht auf angemessene Finanzierung zeigt sich vor allem im Fachkräftebedarf: So werden ganztägige Angebote an Grundschulen zu fast einem Drittel von Ehrenamtlichen getragen. In einigen Ländern machen Seiteneinsteiger inzwischen mehr als ein Viertel aller Neueinstellungen aus, vor allem an nichtgymnasialen Schularten. Dort findet auch häufiger fachfremd erteilter Unterricht statt. Das mehrgliedrige Schulsystem zeigt damit ein konkretes Risiko für Bildungsbenachteiligung.

Auch ist trotz ‚DigitalPakt Schule‘ kein Fortschritt bei der Digitalisierung in der Bildung erkennbar: 2018 haben mehr als drei Viertel aller Achtklässler weniger als einmal pro Woche digitale Medien für schulbezogene Zwecke einsetzen dürfen. Dabei geht es nicht nur um nicht verfügbare Geräte und Plattformen, sondern auch um den Zugang zum Netz, bei dem arme Haushalte benachteiligt sind: 20 Prozent der einkommensschwächsten Haushalte haben laut Bildungsbericht gar kein Internet, in ländlichen Gemeinden verfügen nur knapp 50 Prozent über einen Anschluss mit einer Geschwindigkeit über 100 Mbit/s.

Gestiegen ist hingegen der Anteil an Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verlassen. Dies ist auch ein Schritt in Richtung Armut, denn der Bildungsbericht zeigt, dass Schulabschlüsse unterhalb des Sekundarbereichs II häufiger zu prekärer Beschäftigung führen als eine abgeschlossene duale Ausbildung. Ein höherer Bildungsabschluss beeinflusst auch das lebensbegleitende Lernen – spätere berufliche Weiterbildung wirkt sich positiv auf Löhne und die Beschäftigungswahrscheinlichkeit aus. Die Grundlagen dafür werden allerdings in der Schule gelegt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 18.11.2020

Seit dem Jahr 2014 findet jedes Jahr im November der bundesweite Vorlesetag statt. Der Aktionstag will ein öffentliches Zeichen für die Bedeutung des Vorlesens setzen. Es finden anlässlich des Aktionstages jährlich zahlreiche Veranstaltungen in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Museen und Buchhandlungen und an anderen Orten statt, bei denen für andere vorgelesen wird. In diesem Jahr steht der Vorlesetag unter dem Motto „Europa und die Welt“.

Für die Kinderkommission des Deutschen Bundestags erklärt hierzu deren Vorsitzender, Norbert Müller MdB: „Der Vorlesetag macht uns darauf aufmerksam, wie wichtig das Vorlesen gerade für die Entwicklung von Kindern ist. Vorlesen fördert die sprachliche Begabung und kindliche Kreativität, eröffnet Perspektiven und gibt Ideen.

Auch in einer Zeit, in der die digitale Kommunikation im Alltag für die meisten eine überragende Bedeutung hat, sollten wir das Vorlesen nicht vergessen. Denn ein gänzlich analoger Vorgang wie das Vorlesen einer Geschichte hat gerade für Kinder nach wie vor seine ganz eigene Qualität und gehört genauso zu einem guten Aufwachsen wie eine gesunde Ernährung.

Für Kinder sollte jeder Tag ein Vorlesetag sein.“

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 19.11.2020

Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über die sogenannten Sprach-Kitas. In einer Kleinen Anfrage (19/24278) will sie unter anderem wissen, wie viele dieser Sprach-Kitas bundesweit existieren und wo sich diese befinden. Zudem möchte sie erfahren, wie viele der Kinder, die seit 2016 durch das "Sprach-Kitas"-Bundesprogramm gefördert wurden, einen Migrationshintergrund haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1296 vom 24.11.2020

Die Bundesregierung will die Elternzeit bei Frühgeburten um einen Monat verlängern und die Möglichkeiten für Teilzeit flexibler gestalten. Der entsprechende Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (19/24438) sieht vor, dass der Bezug des Elterngeldes um einen weiteren Monat verlängert wird, wenn das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher zur Welt kommt. Dieser zusätzliche Basiselterngeld-Monat soll auch in zwei Elterngeld-Plus-Monate umgewandelt werden können. Zudem soll die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll künftig mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können.

Finanziert werden sollen die Änderungen durch eine Absenkung der Einkommensgrenze für den Bezug des Elterngeldes. So sollen Eltern, die gemeinsam über ein Jahreseinkommen von mehr als 300.000 Euro verfügen, kein Elterngeld mehr beziehen können. Bislang lag die Einkommensgrenze bei 500.000 Euro Jahreseinkommen. Nach Angaben der Regierung betrifft die Regelung etwa 7.000 der derzeitigen Bezieher des Elterngeldes. Dies entspricht einem Anteil von rund 0,4. Die Einkommensgrenze für Alleinerziehende soll unverändert bei 250.000 Euro liegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1296 vom 24.11.2020

Auskunft über den Stand der geplanten Reform des Kindesunterhaltsrechts gibt die Bundesregierung in der Antwort (19/24274) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/23854). Dabei ging es unter anderem um die Tätigkeit der Arbeitsgruppe "Kindesunterhalt nach Trennung und Scheidung". Der Bundesregierung zufolge hat die interne Arbeitsgruppe von Anfang 2016 bis Anfang 2017 im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) getagt. Die Arbeitsgruppe habe aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Institutionen bestanden. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe habe unter anderem darin bestanden, unterhaltsrechtliche Aspekte des verstärkten Auftretens des erweiterten Umgangs mit gemeinsamen Kindern nach Trennung oder Scheidung sowie des Wechselmodells zu untersuchen. Die Sitzungen hätten sich auch allgemein der Frage gewidmet, inwieweit das Unterhaltsrecht an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse angepasst werden kann. Auch im Rahmen der Erörterungen dieser Arbeitsgruppe sei deutlich geworden, dass Reformbedarf im Bereich des Kindesunterhaltsrechts besteht.

Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung hierzu dauern der Bundesregierung zufolge an. Informationen zu den konkreten Inhalten der internen Gespräche, zu denen auch die Beratungen in der Arbeitsgruppe zählen, könnten daher nicht veröffentlicht werden. Auch sei kein Abschlussbericht verfasst worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1286 vom 23.11.2020

Der Bund soll den Ländern insgesamt 3,5 Milliarden Euro zum Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen zur Verfügung stellen. Der Familienausschuss stimmte am Mittwoch ohne Gegenstimmen für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung eines Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter"(19/17294) in der durch den Ausschuss geänderten Fassung. Für die Gesetzesinitiative votierten die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die AfD-, die FDP- und die Linksfraktion enthielten sich der Stimme. Durch einen vom Familienausschuss angenommenen Änderungsantrag wurden die ursprünglich eingeplanten Mittel von zwei Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro erhöht. Die Einrichtung des Sondervermögens soll der Umsetzung des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter dienen.

Der geänderte Gesetzesentwurf sieht konkret vor, dass den Ländern in den Jahren 2020 und 2021 über das Sondervermögen Basismittel von jeweils einer Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Weitere Bonusmittel in Höhe von 750 Millionen Euro sind für den beschleunigten Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote vorgesehen und zusätzliche 750 Millionen Euro fließen aus dem Konjunkturpaket zur Bewältigung zur Corona-Krise.

Union und Sozialdemokraten betonten im Ausschuss, dass die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung einen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt darstelle, an dem sich Bund, Länder und Kommunen beteiligen müssten. Bislang seien mit 15 Ländern entsprechende Vereinbarungen getroffen worden. Lediglich Baden-Württemberg sperre sich bislang.

Die Oppositionsfraktionen begrüßten den geplanten Rechtsanspruch und die Erhöhung der Bundesmittel für das Sondervermögen ausdrücklich. Allerdings liege der Gesetzentwurf zum Rechtsanspruch bislang noch gar nicht vor und es sei fraglich, ob er noch in der laufenden Legislaturperiode vorgelegt werde, monierten FDP, Linke und Grüne. Solange der Rechtsanspruch nicht formuliert sei, könnten die exakten Kosten für den Ausbau der Ganztagsbetreuung nicht beziffert werden. Viele Kommunen hätten deshalb die Befürchtung, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Die AfD monierte zudem, dass der Bund einseitig Geld für die staatliche Betreuung von Kindern ausgebe. Er habe aber ebenso die Pflicht, jene Eltern zu unterstützen, die ihre Kinder lieber selbst betreuen wollten. Mütter und Väter seien die wahren Betreuungsexperten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1259 vom 18.11.2020

Das Auswärtige Amt, das Bundesfamilienministerium und das Verteidigungsministerium sind die einzigen drei Bundesministerien, die eigene Kindertagesstätten unterhalten. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/24135) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/23361) mit. So unterhalte das Auswärtige Amt eine Kita in Berlin mit 70 Plätzen, das Familienministerium eine Kita in Bonn mit 85 Plätzen und das Verteidigungsministerium eine Kita ebenfalls in Bonn mit 92 Plätzen. Im Bundeskanzleramt und im Wirtschaftsministerium bestünden derzeit konkrete Planungen für eigene Kitas, das Gesundheitsministerium plane die Eröffnung einer eigenen Kita im Jahr 2023 und das Umweltministerium die Einrichtung einer Kindertagespflegestätte. Darüber hinaus böten zwölf Bundesministerin Kita-Plätze in Kooperationskindertagesstätten an. Die bundeseigenen Kitas unterlägen den jeweils in den Bundesländern geltenden Vorgaben zur Qualität und zur Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte.

Nach Angaben der Regierung bietet die Bundeswehr an ihren Standorten ergänzend zum kommunalen Angebot an Kita-Plätzen zusätzliche Plätze über den Erwerb von Belegrechten in privaten Kitas und durch den Bau von eigenen Kinderbetreuungseinrichtungen. Derzeit stünden ergänzend zum kommunalen Angebot derzeit rund 1.000 Plätze für die Kinder von Bundeswehrangehörigen zur Verfügung. In Bundesober-, Bundesmittel- und Bundesunterbehörden sowie Bundesanstalten existieren nach Regierungangaben derzeit keine eigenen Kindertagesstätten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1255 vom 18.11.2020

Der Bundesregierung liegen keine amtlichen Zahlen zur Obdachlosigkeit in Deutschland vor. Demzufolge kann sie auch viele der von der FDP-Fraktion gestellten Fragen etwa zur Dauer von Obdachlosigkeit, deren Ursachen oder der Art der Erkrankungen von obdachlosen Menschen nicht beantworten. Das wird aus einer Antwort (19/24216) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/23655) der Liberalen deutlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1251 vom 17.11.2020

Die Fraktion Die Linke fordert mehr Schutz und Unterstützung für homosexuelle, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen während der Corona-Pandemie. Deren Anliegen und Bedürfnisse rückten angesichts sich überlagernder Krisenprioritäten als vermeintliches Minderheitenthema in den Hintergrund, schreibt die Fraktion in einem entsprechenden Antrag (19/24002). Nach dem Willen der Linken soll die Bundesregierung deshalb unter anderem einen Runden Tisch mit queeren Verbänden und Organisationen und Vertretern aus Politik, Gesundheit, Verwaltung und der Veranstaltungs-Wirtschaft einzuberufen, der bereichsübergreifend über die spezifischen Problemlagen queerer Menschen und Infrastrukturen in der Corona-Pandemie berät. Zudem spricht sich die Fraktion für passgenaue Zuschüsse und Nothilfefonds für Clubs, Bars und Festivals und die Gewährung eines Unternehmerlohns von monatlich 1.200 Euro im Rahmen der Überbrückungshilfen aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1241 vom 16.11.2020

Rörig: „Wir brauchen für Kinder und Jugendliche eine vernünftige und zeitgemäße Unterstützung beim Umgang mit digitalen Medien, eine Aufklärung, die jenseits von Katastrophenszenarios Gefahren dennoch deutlich macht."

Bereits zum sechsten Mal findet am 18. November 2020 auf Initiative des Europarats der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt " statt. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf den Risiken, denen Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind, wenn sie selbst Bilder oder Videos herstellen und über soziale Medien im Internet verbreiten – „Preventing risky behaviour by children: child self-generated sexual images and/or videos".

Digitale Medien bieten Kindern und Jugendlichen viele Möglichkeiten, mit anderen zu kommunizieren, zu spielen oder aber sich schnell Wissen anzueignen. Für Jugendliche sind sie oft auch wichtiger Bestandteil einer sexuellen Sozialisation und der Entwicklung einer eigenen sexuellen Identität. Insbesondere soziale Netzwerke und Chats bergen aber auch Risiken für sexuelle Gewalt.

Dabei geht es neben Cybergrooming, dem Anbahnen von Kontakten von Erwachsenen zu Minderjährigen mit sexueller Absicht, vor allem um das sogenannte missbräuchliche Sexting, also das unerlaubte Weiterleiten von freizügigen Bildern. Vielen Kindern und Jugendlichen ist dabei nicht bewusst, dass Bilder, die digital verbreitet werden, nur schwer wieder zu löschen sind. Darüber hinaus kann das Verschicken und Erhalten von sexuellen Bildern oder Videos strafrechtlich relevant werden. Wer derartiges Material von Minderjährigen besitzt, zeigt, zugänglich macht oder öffentlich anbietet, macht sich möglicherweise strafbar.   

Kinder und Jugendliche müssen diese Risiken kennen.Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, bekräftigt die Bedeutung einer präventiven Erziehung: „Wir brauchen für Kinder und Jugendliche eine vernünftige und zeitgemäße Unterstützungbeim Umgang mit digitalen Medien, eine Aufklärung, die jenseits von Katastrophenszenarios aber Gefahren dennoch deutlich macht."   

Aktuelle Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche in großer Zahl unverlangt sexuelle Fotos oder Videos zugeschickt bekommen – und diese Form der sexuellen Gewalt mittlerweile als Normalität empfinden. Die britische Kinderschutzorganisation NSPCC berichtet, dass eins von 20 Schulkindern beim Livestreamen aufgefordert wird, sich zu entkleiden.     

Der Unabhängige Beauftragte stellt erneut klar, dass er nicht nur Eltern sowie Kinder und Jugendliche selbst, sondern insbesondere die Betreiber in der Verantwortung dafür sieht, dass ihre Dienste, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegen, sichersind: „Nochimmer lassen es IT-Unternehmen zu, dass ihre Angebote wie WhatsApp, TikTok oder Fortnite von Millionen Kindern genutzt werden, ohne genügend Schutzmaßnahmen zu treffen – zum Beispiel indem die App-Voreinstellungen die höchstmögliche Sicherheit bieten, niedrigschwellige und altersangemessene Beschwerdemöglichkeiten eingerichtet werden oder Chat-Moderator*innen Online-Übergriffe vermeiden beziehungsweise melden. Ich erwarte, dass die IT-Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen und nicht nur auf die Konsumenten verweisen. Dass sexuelle Gewalt in digitalen Medien ein enormes Ausmaß und eine unerträgliche Normalität angenommen hat und dass bei Kindern und Jugendlichen bereits ein Gewöhnungsprozess einsetzt, können und dürfen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht hinnehmen. Der von Bundesjugendministerin Franziska Giffey vorgelegte und vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines neuen Jugendschutzgesetzes geht hier wichtige Schritte."

Auch der Betroffenenrat beim UBSKM betont die Notwendigkeit, Kindern Risiken und Gefahren von digitalen Welten zu vermitteln: „Auch Kinder und Jugendliche nutzen intensiv die vielfältigen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke. Es ist unsere Verantwortung, ihnen von Anfang an Kompetenz im Umgang mit dem Netz zu vermitteln. Der Betroffenenrat fordert daher Schulungs- und Präventionsprojekte in allen Altersstufen vor allem an Schulen und in Freizeiteinrichtungen. Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt auch im Netz zu schützen, ist eine dauerhafte gesamtgesellschaftliche Verantwortung."   

Der Wunsch Jugendlicher, sich sexuell auszuprobieren, dabei bisherige Grenzen zu überschreiten und zu erleben, wie es ist, wenn andere ihnen begegnen, sollte bei der Vermittlung von Medienkompetenz durch Eltern und Fachkräfte mitgedacht werden. Wichtig ist aber auch, passgenaue Konzepte der Intervention, Beratung und Hilfe für Kinder und Jugendliche zu entwickeln beziehungsweise bestehende Angebote zu erweitern, um Kindermit dem, was sie in digitalen Räumen erleben, nicht alleine zu lassen.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 18.11.2020

DIW-Studie zu Auswirkungen rentenpolitischer Entscheidungen auf Pflege – Es sind vor allem Frauen im Übergang in den Ruhestand, die Angehörige pflegen – Erhöhung des Renteneintrittsalters und Abschaffung der sogenannten Altersrente für Frauen lässt Pflegetätigkeit insgesamt zurückgehen – Höheres Pflegegeld und Lohnersatzleistungen sowie bessere Bedingungen für flexible Arbeitszeitgestaltung könnten Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen.

In Deutschland werden Pflegebedürftige zumeist von Angehörigen oder anderen nahestehenden Menschen zuhause gepflegt, die Hauptlast der Pflege tragen die Frauen. Mit steigendem Renteneintrittsalter drohen Engpässe bei der privaten Pflege, da vor allem Menschen im Übergang in den Ruhestand Angehörige pflegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die die Folgen rentenpolitischer Maßnahmen auf das Pflegeangebot beleuchtet.

Die DIW-Ökonomen Björn Fischer und Kai-Uwe Müller aus der Abteilung Staat haben mithilfe von aktuellen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, ob und in welchem Umfang die Frühverrentung einen Einfluss auf die Bereitstellung der sogenannten informellen Pflege hat. Dazu nahmen sie die Altersgrenzen im Rentensystem und die Erhöhung des Renteneintrittsalters durch die Abschaffung der „Altersrente für Frauen“ im Jahr 1999 in den Blick. Diese Reform ließ das effektive Renteneintrittsalter für Frauen ab dem Geburtsjahrgang 1952 von 60 auf 63 Jahre steigen.

Lücke zwischen Angebot und Nachfrage informeller Pflege droht auseinanderzuklaffen

Derzeit pflegen in Deutschland rund 4,3 Millionen Menschen kranke und ältere Angehörige und Bekannte. „Informelle Pflege ist und bleibt eine entscheidende Säule im Pflegemix in Deutschland“, erklärt Studienautor Fischer. „Rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden unter starker Mithilfe von Angehörigen versorgt.“ Auch das Gesetz räumt der informellen Pflege Vorrang gegenüber einer Versorgung durch professionelle Pflegekräfte oder einer stationären Unterbringung ein.

Die Pflegenden sind zu zwei Drittel Frauen und vorrangig unter den 50- bis 70-Jährigen zu finden. Da Pflege in der Regel zeitaufwändig und nicht mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist, reduzieren insbesondere Frauen oft ihre Arbeitszeit oder nutzen Frühverrentungsmöglichkeiten. Damit nehmen sie Einschnitte bei Einkommen und späteren Rentenbezügen in Kauf. Männer engagieren sich der DIW-Studie zufolge deutlich weniger in der Pflege – mit Ausnahme der über 70-jährigen.

Projektionen der Branche deuten darauf hin, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 auf 3,5 Millionen von 2,6 Millionen im Jahr 2013 ansteigt. Damit dürfte auch die Nachfrage nach informeller Pflege deutlich wachsen. Die DIW-Untersuchung zeigt aber, dass die mit der Rentenreform einhergehende Anhebung des Rentenalters bei Frauen die Pflegetätigkeit reduziert. So ist in der Gruppe der 60- bis 62-jährigen Frauen ein Rückgang um 30 Prozent zu beobachten. Damit dürfte die Schere zwischen Pflegeangebot und -nachfrage weiter auseinandergehen.

Vereinbarkeit von Beruf und Pflege muss verbessert werden

Ursache des Problems ist den DIW-Forschern zufolge die unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Damit bei weiter steigendem Renteneintrittsalter und wachsender Nachfrage nach informeller Pflege die Lücke in Zukunft nicht noch größer wird, müssen bestehende Instrumente zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege deutlich verbessert werden. Ein Verzicht auf eine Erhöhung des Renteneintrittsalters wäre hingegen nicht der richtige Weg.

„Mittel- und längerfristige Pflege- und Familienzeiten mit Lohnersatzleistungen würden einen wichtigen Beitrag leisten“, empfiehlt Studienautor Müller. „Zudem könnte das Pflegegeld ausgeweitet werden, was pflegende Angehörige zusätzlich entschädigen würde.“ Derzeit liegt es deutlich unter den Sachleistungen, die ambulanten Pflegediensten gezahlt werden. Auch eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung wie etwa erleichtertes Home-Office könnten sich als sinnvoll erweisen. „Eine bessere Vereinbarkeit könnte auch mehr Männer zur Pflege Angehöriger animieren“, fügt Ökonom Müller hinzu. „Das wäre nicht nur für die geschlechtergerechte Verteilung von Sorgearbeit nötig, sondern auch, um die Nachfrage überhaupt decken zu können.“

· Studie im DIW Wochenbericht 46/2020

· Infografik 1 in hoher Auflösung (JPG, 1.6 MB)

· Interview mit Björn FischerAudio (MP3, 4.62 MB)

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 11.11.2020

  • Bundesweite Studie JuCo geht in die zweite Runde!
  • Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen mit den Corona-Maßnahmen
  • Aufruf zur Beteiligung und zur Verbreitung unter jungen Menschen ab 15 Jahre
  • Alle werden gefragt: Fragebogen jetzt auch in einfacher Sprache

Über 8.000 Menschen hatten sich während des Corona-bedingten Lockdowns im Frühjahr 2020 an der bundesweiten Studie JuCo der Universitäten Frankfurt und Hildesheim beteiligt, um von ihren Erfahrungen und Perspektiven während der Corona-Krise zu berichten. Nun startet der Forschungsverbund eine zweite Erhebung. Im Fokus stehen die Veränderungen des Lebens junger Menschen durch sich ebenfalls verändernde Corona-Maßnahmen.

Die Online-Befragung richtet sich an junge Menschen ab 15 Jahren. Es geht darum, mehr über den Lebensalltag, die Herausforderungen und Perspektiven der jungen Menschen zu erfahren. „Jugendliche wollen gehört werden und sind mehr als Homeschooler:innen. Das hatte die erste Befragung deutlich gezeigt.“, so Anna Lips aus dem Forschungsteam. Johanna Wilmes aus dem Forschungsverbund ergänzt: „Die erste Befragung hat gezeigt, dass die Beteiligungsformate von jungen Menschen nicht krisenfest zu sein scheinen. Von einer großen Teilnahme an der Studie erhoffen wir uns deshalb Erkenntnisse darüber, wie sich junge Menschen ihre Mitsprache in der Corona-Krise vorstellen und was ihre Bedarfe sind.“ Die Studie bietet Jugendlichen eine Möglichkeit, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen.

Deutschlandweit sind junge Menschen ab 15 Jahren eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. Dazu Tanja Rusack: „Wir wollen möglichst viele junge Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen erreichen. Der Fragebogen ist dieses Mal deshalb auch in einfacher Sprache formuliert“.

Der Fragebogen ist unter https://www.soscisurvey.de/JuCo_II/ erreichbar und die Teilnahme dauert ca. 20 Minuten. Unter den Teilnehmer:innen werden 20 Gutscheine im Wert von je 20 Euro verlost.

Quelle: Pressemitteilung Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ vom 13.11.2020

Knapp 2,1Millionen Erwerbstätige im Alter von 15bis 74 Jahren wünschten sich im Jahr 2019 eine längere Arbeitszeit (Unterbeschäftigte), während fast 1,5 Millionen kürzer arbeiten wollten (Überbeschäftigte). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hatten unterbeschäftigte Personen im Durchschnitt eine gewöhnlich geleistete Wochenarbeitszeit von 29,3Stunden in der Woche und würden im Durchschnitt gerne 10,3Stunden mehr arbeiten. Überbeschäftigte arbeiteten dagegen durchschnittlich 41,5 Stunden pro Woche und wünschten sich eine Verkürzung um 10,7Stunden.

Anstieg der Wochenarbeitszeit von Teilzeittätigen senkt die Unterbeschäftigung

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller Teilzeit­be­schäf­tigten im Jahr 2019 um 0,2 Stunden (beziehungsweise 12 Minuten) erhöht. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, die sich mehr Arbeit wünschten, ist um 102000 Personen gesunken. Insgesamt stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigten im Vorjahresvergleich um 300000.

Deutliche geschlechtsspezifische und regionale Unterschiede

Vollzeitbeschäftigte hatten insgesamt eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41,3Stunden, während Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich 20,2Stunden pro Woche arbeiteten. Zwischen den Geschlechtern sowie regional gab es jedoch deutliche Unter­schiede: So war die durchschnittliche gewöhnliche Wochenarbeitszeit bei den vollzeit­be­schäftigten Männern in Westdeutschland mit 42,0Stunden höher als in Ostdeutschland mit 41,4Stunden. Auch bei den vollzeitbeschäftigten Frauen lag die Wochenarbeitszeit mit 40,2Stunden im Westen höher als im Osten mit 40,0Stunden.

Teilzeitbeschäftigte Frauen wiesen dagegen in Westdeutschland mit 20,2 Stunden eine niedrigere gewöhnliche Wochenarbeitszeit auf als die teilzeitbeschäftigten Frauen in Ostdeutschland, deren Wochenarbeitszeit bei 24,6Stunden lag. Westdeutsche Männer in Teilzeitbeschäftigung hatten ebenfalls eine niedrigere Wochenarbeitszeit von 17,2Stunden im Vergleich zu 20,4Stunden bei den ostdeutschen Männern in Teilzeit.

Vollzeittätige mit Wunsch nach einer Verringerung der Arbeitszeit wollten entsprechend ihre Wochenstunden im Westen stärker reduzieren als im Osten (Männer West/Ost:-11,3Stunden/-10,3Stunden; Frauen West/Ost: -11,1Stunden/-9,8Stunden).

Bei den Teilzeittätigen, die sich mehr Arbeitszeit wünschten, sind die Tendenzen in den West-Ost-Unterschieden zusätzlich vom Geschlecht abhängig: Das Ausmaß der gewünschten Erhöhung der Arbeitsstunden war hier im Westen bei den Männern höher als im Osten, bei den Frauen niedriger (Männer West/Ost: jeweils +17,1Stunden/+16,2Stunden; Frauen West/Ost: +11,5Stunden/+12,1Stunden). Im Westen äußerten teilzeitbeschäftigte Frauen insgesamt seltener und in geringerem Ausmaß den Wunsch nach einer Erhöhung der Arbeitszeit, auch wenn ihre gewöhnliche Wochenarbeitszeit niedriger als die der teilzeitbeschäftigten Frauen im Osten war.

Methodische Hinweise:

Diese Ergebnisse gehen aus dem Mikrozensus beziehungsweise der Arbeitskräfteerhebung hervor. Bei der Frage nach den Arbeitszeitwünschen sollten die Befragten berücksichtigen, dass Mehrarbeit mit einem entsprechend höheren Verdienst und Minderarbeit mit einem entsprechend geringeren Verdienst einherginge.

Definitionen von Arbeitszeit, Unterbeschäftigung und Überbeschäftigung:

Gewöhnlich geleistete Wochenarbeitsstunden beziehen sich auf eine typische, eher längere Referenzperiode. Im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 erfolgt die Erfassung über folgende Frage:

  • „Wie viele Stunden arbeiten Sie normalerweise pro Woche, einschließlich regelmäßiger Mehrstunden und Bereitschaftszeiten?“

Unterbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch nach zusätzlichen Arbeitsstunden haben und für diese auch zur Verfügung stehen. Dieser Wunsch wird im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 über die folgenden zwei Fragen ermittelt:

  • „Würden Sie gerne mit entsprechend höherem Verdienst Ihre normale Wochenarbeitszeit erhöhen?“
    Info: Zur wöchentlichen Arbeitszeit zählen sowohl Haupt- als auch Nebentätigkeiten.
  • „Könnten Sie innerhalb der nächsten 2 Wochen beginnen, mehr Stunden als bisher zu arbeiten?“

Überbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch haben, ihre Arbeitsstunden zu reduzieren, und dafür ein verringertes Einkommen hinnehmen. Im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 lautet die zugehörige Frage:

  • „Würden Sie gerne mit entsprechend niedrigerem Verdienst Ihre normale Wochenarbeitszeit verringern?“

Die Erfassung von Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünschen mithilfe von Personen- oder Haushaltsbefragungen kann – trotz ähnlicher Frageformulierungen – zu ganz unterschiedlichen Resultaten führen. Dies zeigt beispielsweise der Vergleich von Mikrozensus und Sozio-oekonomischem Panel (SOEP). Ergebnisse einer Studie hierzu enthält der Artikel „Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünsche: Unterschiede zwischen Mikrozensus und SOEP“, der in „WISTA – Wirtschaft und Statistik“, Heft 4/2017 veröffentlicht ist.

Ausführliche Untersuchungen in ausgewählten vergangenen Berichtsjahren zu Unter- und Überbeschäftigten sind im WISTA Themen-Archiv: Arbeitsmarkt zu finden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 25.11.2020

Ob Mehrlingskinder einander gleichen wie ein Ei dem anderen oder sich lediglich wie Geschwister ähneln, wird statistisch nicht erfasst. Deren Anzahl jedoch schon: Unter den 781 000 Neugeborenen, die im Jahr 2019 hierzulande auf die Welt kamen, waren rund 29 000 Mehrlingskinder. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war damit jedes 27. Neugeborene ein Mehrlingskind. Damit lag der Anteil von Mehrlingskindern an allen Neugeborenen bei 3,7%.

Den Großteil (98%) der Mehrlingsgeburten machen Zwillinge aus: 14 088 Zwillingspaare kamen im Jahr 2019 zur Welt, 265-mal gab es Drillinge und 5-mal Vierlinge oder sonstige Mehrlingsgeburten. Während es im Jahr 1977 den geringsten Anteil an Mehrlingskindern gegeben hatte – 1,8% oder jedes 56. Neugeborene – steigt deren Anteil seit den 1980er Jahren an.

Anteil der Mehrlingskinder seit den 1980er Jahren mehr als verdoppelt

Die gestiegene Zahl der Mehrlingsgeburten kann zum einen auf die moderne Reproduktionsmedizin zurückgeführt werden, die vielen Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch zu Nachwuchs verhilft. Im Rahmen einer künstlichen Befruchtung können werdenden Müttern hierbei mehrere Embryonen eingepflanzt werden. Erstmals wurde in Deutschland im Jahr 1982 ein mittels künstlicher Befruchtung gezeugtes Kind geboren. In jenem Jahr lag der Anteil der Mehrlingskinder an allen Neugeborenen noch bei 1,9%.

Zum anderen steigt nach dem Stand der Wissenschaft die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsgeburt generell mit dem Alter der Frau. Im Jahr 2019 waren 26% der Mütter von Mehrlingen zwischen 35 und 39 Jahre alt. Damit ist ihr Anteil in dieser Altersgruppe höher als im Durchschnitt der Mütter aller Lebendgeborenen (21%).

Während zuletzt 7% der Mehrlingsmütter 40 und älter waren, lag ihr Anteil bei den Müttern aller Lebendgeborenen bei 4,5%.

Methodischer Hinweis:
Informationen und Daten zur künstlichen Befruchtung liegen in der Statistik der Geburten nicht vor. Bei der Anzahl der Neugeborenen sowie der Mehrlinge sind lebend- und totgeborene Kinder berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 17.11.2020

Im Jahr 2019 haben die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland 1,017 Millionen erzieherische Hilfen für junge Menschen unter 27 Jahren gewährt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren dies 13500 Fälle mehr (+1,3%) als im Jahr 2018. Damit haben die erzieherischen Hilfen nicht nur das zweite Jahr in Folge die Millionengrenze überschritten, sondern auch einen neuen Höchststand erreicht: Zwischen 2009 und 2019 sind die Fallzahlen der in Anspruch genommenen erzieherischen Hilfen kontinuierlich gestiegen, und zwar um 182000 Fälle (+22%).

Erzieherische Hilfen sind professionelle Beratungs-, Betreuungs- oder Hilfeangebote, auf die Eltern minderjähriger Kinder einen Anspruch nach dem Kinder- und Jugendhilferecht haben. Voraussetzung ist, dass eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet werden kann, die Hilfe für die kindliche Entwicklung aber geeignet und notwendig ist. Die Inanspruchnahme ist grundsätzlich freiwillig, sie kann aber bei drohenden Kindeswohlgefährdungen auch vom Familiengericht angeordnet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch junge Volljährige bis zum 27.Lebensjahr Anspruch auf vergleichbare Hilfen.

Knapp jede zweite erzieherische Hilfe ist eine Erziehungsberatung

Das Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) unterscheidet bei den erzieherischen Hilfen zehn verschiedene Hilfearten: Davon wurden 2019 am häufigsten Erziehungsberatungen in Anspruch genommen (47%). An zweiter und dritter Stelle standen Heimerziehungen (13%) und sozialpädagogische Familienhilfen (13%). Dahinter folgten Vollzeitpflege in Pflegefamilien (9%) und Hilfen durch Erziehungsbeistände oder Betreuungshelfer (7%). Gut ein Drittel (35%) aller erzieherischen Hilfen wurden von den Jugendämtern und knapp zwei Drittel (65%) von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und anderen Träger der freien Jugendhilfe durchgeführt. In 72% der Fälle richtete sich die Hilfe an Minderjährige, in 16% an gesamte Familien und in weiteren 12% an junge Erwachsene.

Hohe Inanspruchnahme durch Alleinerziehende und bei Transferleistungsbezug

435000 (43%) aller erzieherischen Hilfen wurden 2019 von Alleinerziehenden in Anspruch genommen. Damit nahmen Alleinerziehende deutlich häufiger erzieherische Hilfen in Anspruch als zusammenlebende Elternpaare (346000 beziehungsweise 34%) oder Elternteile in einer neuen Partnerschaft (164000 beziehungsweise 16%).

Erzieherische Hilfen wurden auch häufig bei Bezug von staatlichen Transferleistungen in Anspruch genommen: Bei 39% aller gewährten Hilfen lebte die Herkunftsfamilie oder der junge Mensch ganz oder teilweise von Transferleistungen– also von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bei Bezug eines Kinderzuschlages. Während der Anteil mit Transferleistungsbezug bei Elternpaaren (25%) weit unter dem Durchschnitt (39%) lag, war er bei Alleinerziehenden mit 51% nicht nur weit überdurchschnittlich, sondern auch mehr als doppelt so hoch wie bei den Elternpaaren.

Detaillierte Ergebnisse der Statistik stehen in der Publikation „Erzieherische Hilfen“, in der Datenbank GENESIS-Online unter "Erzieherische Hilfen/Beratungen (22517)" zur Verfügung. Weiterführende Ergebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistiken befinden sich auf der Themenseite.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 16.11.2020

Zu Beginn des laufenden Schuljahres 2020/2021 wurden in Deutschland 752700Kinder eingeschult. Das waren 19300 oder 2,6% mehr als im Vorjahr. Damit setzt sich der seit dem Schuljahr 2016/2017 zu beobachtende Anstieg der Zahl der Einschulungen fort. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, ist die Zahl der Einschulungen in allen Bundesländen gestiegen. Die größten prozentualen Zuwächse verzeichneten die Bundesländer Bremen und Niedersachsen mit jeweils 8,2 % sowie Schleswig-Holstein mit 7,1%.

Der starke Anstieg der Einschulungen ist auf demografische Entwicklungen zurückzuführen: Zum Jahresende 2019 gab es bundesweit insgesamt 2,6% mehr Kinder im einschulungsrelevanten Alter (5- bis 7-Jährige) als im Vorjahr. Eine Ursache für den Gesamtanstieg der Einschulungszahlen dürfte die verstärkte Zuwanderung in den vergangenen Jahren sein. So stieg die Zahl der Kinder im einschulungsrelevanten Alter mit ausländischer Staatsangehörigkeit um 10,0 %, während die Zahl der 5- bis 7-jährigen Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit 1,6 % höher lag als Ende 2018.

Während der überwiegende Teil der Schulanfängerinnen und Schulanfänger die Schulausbildung an Grundschulen (93,4%) begann, wurden 3,2% an Förderschulen, 2,5% an Integrierten Gesamtschulen und 0,9% an Freien Waldorfschulen eingeschult. Dies entspricht nahezu der Verteilung des Vorjahres.

Bundesweit stiegen im Vergleich zum Vorjahr die Einschulungen an Förderschulen (+3,2%), Grundschulen (+2,7%) und Integrierten Gesamtschulen (+1,5%), während die Anzahl der Einschulungen an Freien Waldorfschulen (-1,4%) zurückging.

Methodische Hinweise:

Bei den Ergebnissen zu den Einschulungen handelt es sich um erste vorläufige Daten. Zu den vorzeitigen und fristgemäßen Einschulungen kommen die Kinder hinzu, deren Einschulungen im Vorjahr zurückgestellt oder auf Elternwunsch hinausgeschoben wurden. Einfluss auf die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern haben zudem unterschiedliche Einschulungsstichtage.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 11.11.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Bundesregierung hat eine Frauenquote für Vorstände beschlossen, der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt spricht von einem wichtigen Meilenstein. Um Gleichstellung zu erreichen, müssten aber weit mehr Stellschrauben gedreht werden, so der Verband. Die derzeitige Pandemie mache dies überdeutlich. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Mit Blick auf die derzeitige Postenbesetzung in Vorständen und Aufsichtsräten ist die Quote ein großer Schritt und wichtiger Etappensieg auf dem Weg in Richtung Gleichstellung. Die Quote für hochdotierte Posten wird hoffentlich dazu beitragen, wichtige Führungs- und Entscheidungspositionen paritätischer zu besetzen.“

Neben der gesetzlichen Vorgabe brauche es nun aber veränderte Rahmenbedingungen, wenn die Quote Erfolg haben solle, so Stadler: „Eine Quote ist schön und gut, wird aber ins Leere laufen, wenn die Unternehmenskulturen unangetastet bleiben. Es gilt, strukturelle Barrieren zu identifizieren und zu beseitigen: Wie ist eigentlich die Arbeit organisiert und welche impliziten Werte gibt es? Wird z.B. schief geguckt, wenn Führungskräfte ein Meeting wegen der Kinder früher verlassen? Ist die Personalabteilung in vielfaltssensibler Personalauswahl geschult?“

Zudem gelte es, sich nicht auf dem Teilerfolg auszuruhen. „Wenn wir das formulierte Ziel Gleichstellung ernst nehmen, müssen wir gesamtgesellschaftlich die Strukturen angehen, die sie behindern: zum Beispiel die schlechte Bezahlung in den vor allem von Frauen ausgeübten sozialen Berufsfeldern und die ungerechte Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit in der Familie“, erklärt Stadler, „Auch beim Thema Gleichstellung müssen wir die Frage nach Verteilungsgerechtigkeit stellen, wenn unsere Bemühungen Erfolg haben sollen: Die Situation einer Pflegehelferin mit Familienverantwortung wird ja nicht besser, wenn bei einem börsennotierten Unternehmen mehr Frauen im Vorstand sind. Geschlechtergerechtigkeit muss in allen gesellschaftlichen Schichten ankommen.“

Die Arbeiterwohlfahrt fördert Vielfalt in Führungspositionen in ihren Unternehmen und Einrichtungen. Sie hat 2018 den ersten verbandsinternen Gleichstellungsbericht veröffentlicht. Ab dem Sommer 2021 wird das Präsidium des Verbandes eine Doppelspitze haben. Der Verband strebt nachdrücklich an, mindestens 50% der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.11.2020

Die Bundesminister*innen Franziska Giffey, Hubertus Heil und Jens Spahn stellen heute den ersten Zwischenbericht zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP) vor. Nach Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes, zeigt die aktuelle Corona-Pandemie eindringlich den Handlungsbedarf in der Pflege: „Was wir in der Pflege vor allem brauchen ist Personal, Personal, Personal! Die Verabredungen der KAP sollten zügig umgesetzt werden. Und das vor allem hinsichtlich des entwickelten Personalbemessungsverfahrens: Der mit dem neuen Verfahren ermittelte Personalbedarf sollte nicht aus Sorge vor möglichen Kosten jetzt künstlich heruntergerechnet werden. Gute Pflege kostet zwar Geld; das Wohlergehen älterer Menschen sollte unserer Gesellschaft diese Kosten es jedoch Wert sein.“

Weiter führt Brigitte Döcker aus: „Wir müssen die Finanzierung nachhaltig auf solide Füße stellen, ohne das Risiko der Pflegebedürftigkeit den Betroffenen überwiegend allein aufzubürden. Eine solidarische Gesellschaft braucht eine solidarische Absicherung des Pflegerisikos. Die jüngst von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Eckpunkte für eine Pflegereform sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber greifen zu kurz: Sie setzen auf den Ausbau privater Eigenvorsorge und des Pflegevorsorgefonds bis 2050. Diese haben die bestehenden Probleme in der Vergangenheit nicht gelöst und werden dies auch in der Zukunft nicht lösen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 13.11.2020

BAGSO fordert Konsequenzen aus Rechtsgutachten

Die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen in Pflegeheimen im Rahmen der Corona-Pandemie verstoßen in weiten Teilen gegen das Grundgesetz. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens, das der Mainzer Verfassungsrechtler Prof. Dr. Friedhelm Hufen im Auftrag der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen erstellt hat. Die BAGSO fordert Politik, Behörden sowie die Verantwortlichen in der stationären Pflege nachdrücklich auf, die Grundrechte der Betroffenen zu wahren. Sie tut dies mit besonderer Dringlichkeit, weil vielerorts Pflegeeinrichtungen Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen angesichts gestiegener Infektionszahlen wieder verschärfen.

Der Gutachter hat begründete Zweifel daran, dass das Infektionsschutzgesetz in seiner geltenden Fassung eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die gravierenden Eingriffe in die Grundrechte von Menschen in Pflegeeinrichtungen darstellt. Auch die Rechtsverordnungen der Länder, die sogenannten „Corona-Verordnungen“, müssten konkretere Vorgaben machen. Sofern die Verordnungen tägliche Besuchsmöglichkeiten vorsehen, ist dies für die Heimleitungen verbindlich. Die zuständigen Behörden haben eine Schutzpflicht, die sich nicht nur auf das Vermeiden einer Ansteckung mit COVID-19, sondern auch auf die Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte der Bewohnerinnen und Bewohner und ihrer Angehörigen bezieht.

Dem Gutachten zufolge müssen die negativen Auswirkungen der Maßnahmen auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung viel stärker in den Blick genommen werden. Das Leiden von Demenzkranken unter einer für sie nicht begreifbaren Isolation sei dabei besonders zu berücksichtigen. Eine niemals zu rechtfertigende Verletzung der Menschenwürde liege in jedem Fall vor, wo Menschen aufgrund von Besuchsverboten einsam sterben müssen.

Die BAGSO appelliert an die Politik in Bund und Ländern, die Ermessens- und Beurteilungsspielräume für Behörden, Heimträger und Heimleitungen deutlich stärker zu beschränken, als dies bislang der Fall ist. Dabei müssen die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sichergestellt werden. Das bedeutet, dass ein Zugang zu sterbenden Menschen immer möglich sein muss. Andere Heimbewohner müssen regelmäßig und in angemessener Form Besuch erhalten können – in jedem Fall über eine kurze Begegnung hinter Plexiglas hinaus. Insbesondere auf demenziell erkrankte Menschen wirkt ein solches Ambiente verstörend.

Die BAGSO ruft Gesundheitsministerien, Heimaufsichten, Gesundheits- und Ordnungsämter auf, die betroffenen Menschen auch vor unverhältnismäßigen oder sonst unzulässigen Eingriffen in ihre Grundrechte zu schützen. Von Heimträgern und Heimleitungen verlangt die BAGSO, dass sie nur solche Einschränkungen anordnen, für die es eine eindeutige Rechtsgrundlage gibt. Außerdem müssen sie die Spielräume, die die jeweils aktuelle Verordnung lässt, im Sinne der Betroffenen ausschöpfen. Bei der konkreten Ausgestaltung müssen sie die Bewohnervertretungen einbeziehen.

Die BAGSO ruft Politik und Verwaltung dazu auf, die Verantwortlichen in den Heimen bei ihren Anstrengungen zu unterstützen. Hygienepläne müssen darauf ausgerichtet sein, Besuche in Sicherheit zu ermöglichen, nicht sie zu verhindern. Die zwischenzeitlich verfügbaren Antigen-Schnelltests müssen wie versprochen prioritär in Pflegeheimen eingesetzt werden. Um sicherzustellen, dass ausreichend qualifiziertes Personal die Tests durchführen kann, können beispielsweise Studierende mit medizinischen Grundkenntnissen und entsprechender fachlicher Einweisung eingesetzt werden.

Im Rechtsgutachten wurde die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen aus Anlass der COVID-19-Pandemie untersucht. Prof. Dr. Friedhelm Hufen ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Mainz sowie Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz a.D. Das Gutachten kann auf www.bagso.de heruntergeladen oder kostenlos bestellt werden.

Zum Rechtsgutachten

Wichtige Ergebnisse des Rechtsgutachtens

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.Vn vom 11.11.2020

Anlässlich der Verlängerung des Lock-Downs fordern der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Deutsche Mieterbund (DMB) eine sofortige Erneuerung des Kündigungs- und Kreditmoratoriums für mindestens sechs Monate.

Die Krise ist nicht vorbei. Die Menschen kämpfen bereits seit neun Monaten mit den Folgen der Corona-Pandemie, weitere Wochen oder Monate werden folgen. Die andauernden Corona-Maßnahmen bedeuten Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit für Millionen. Ende August hatten rund 15,5 Millionen Haushalte wegen der Krise weniger Einkommen zur Verfügung. Rund drei Viertel der betroffenen Haushalte mussten auf bis zu 30 Prozent ihres regulären Einkommens verzichten. Die Reallöhne sanken im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent, bei den unteren Leistungsgruppen sogar um bis zu 8,9 Prozent.

Werner Hesse, Geschäftsführer Paritätischer Gesamtverband: „Der Verlust ihrer Arbeit oder geringere Einkünfte dürfen nicht dazu führen, dass Menschen Mietschulden anhäufen und schlimmstenfalls ihre Wohnung verlieren. Die Energie- und Wasserversorgung sind ebenfalls elementare Leistungen der Grundversorgung, die nicht zur weiteren Belastung führen dürfen und jedem zu garantieren sind."

Stefan Körzell, DGB-Bundesvorstandsmitglied: „Millionen Menschen sind wegen Corona in Kurzarbeit, Solo-Selbstständige haben enorme Einkommenseinbußen, viele haben Probleme, ihre Miete zu zahlen. Die Politik muss dafür sorgen, dass niemand wegen der Krise sein Dach über dem Kopf verliert. Es ist unverantwortlich, dass die Union bei dem Thema blockiert. Das Zuhause muss sicher sein. Auf dieses Signal warten die Menschen.“

Klaus Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband: „Verbraucher dürfen in der Weihnachtszeit nicht in materielle Existenznöte geraten. Wessen Einkommen infolge der Corona-Krise und des anhaltenden Lock-Downs ganz oder teilweise wegbricht, sollte durch ein erneutes Kreditmoratorium Luft zum Atmen bekommen. Auch die Finanzwirtschaft muss hier ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Gleichzeitig muss die Politik diesmal unmissverständlich regeln, dass Banken während der Stundung keine Zinsen verlangen dürfen und Verbraucher durch individuelle Vereinbarungen über den bisherigen Kredit nicht schlechter gestellt werden können.“

Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund: „Die aktuelle Situation und der andauernde Lock-Down lassen nur den Schluss zu, dass das Ende Juni 2020 ausgelaufene Kündigungsmoratorium für Mieterinnen und Mieter wieder für mindestens sechs Monate in Kraft gesetzt werden muss. Gerade in Krisenzeiten ist die eigene Wohnung der wichtigste Ort, der auch ein sicherer Ort sein muss. Im Gewerbemietrecht muss dringend die Möglichkeit zur Vertragsanpassung geschaffen werden, wenn der Mieter corona-bedingt seine Ladenmiete nicht mehr oder nur teilweise bezahlen kann. Gewerbetreibende dürfen mit den Auswirkungen der staatlich verordneten Geschäftsschließungen nicht alleine gelassen werden.“

Hintergrund:
Anlässlich des ersten Corona-Lockdowns beschloss der Bundestag einKündigungs- undKreditmoratorium.

Durch letzteres mussten Banken Raten von Verbraucherdarlehensverträgen für drei Monate stunden, wenn Verbraucher pandemiebedingt in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren. Das half besonders Verbrauchern, die ihr Haus oder ihre Wohnung abbezahlen und infolge der Krise temporäre Einkommenseinbußen zu verkraften hatten. Die Maßnahme lief bereits im Juni aus, die Möglichkeit einer Verlängerung nutzte die Bundesregierung nicht.

Trotz sinkender Einnahmen besteht die Pflicht der Mieterinnen und Mieter zur vollständigen Mietzahlung. Bis Ende Juni schützte das Kündigungsmoratorium Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnung und Geschäftsräume, wenn sie corona-bedingt nicht in der Lage waren, ihre Mieten zu zahlen. Entgegen der dringenden Empfehlung aus Teilen der Politik und von Verbraucher- und Sozialverbänden, es zu verlängern, lief das Moratorium aufgrund der Blockadehaltung der CDU/CSU im Sommer aus. Seit Juli gilt wieder das normale Kündigungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Das heißt im Klartext: Jeder und jedem, die oder der seine Miete nicht zahlen kann, droht schon nach einer Monatsmiete und einem Cent Mietrückstand die fristlose Kündigung und damit in aller Regel der Wohnungsverlust. Und zwar unabhängig davon, ob die Mieterin oder der Mieter die eigene Zahlungsunfähigkeit selbst verschuldet hat oder ob staatlich verordnete Geschäftsschließungen und Einkommenseinbußen die Gründe für die ausstehenden Mietzahlungen sind. Mieterinnen und Mietern bleibt in diesem Fall letztlich nur, auf die Solidarität ihrer Vermieterin oder ihres Vermieters zu hoffen.

Ein erneuter Kündigungsschutz böte all denen Sicherheit, die nicht mit dem Verständnis ihrer Vermieterinnen und Vermieter rechnen können. Diese Sicherheit ist in der momentanen Krisenzeit essentiell und mit einem erneuten Kündigungsmoratorium schnell und sogar ohne Kosten für die öffentliche Hand zu realisieren.

Damit Mieterinnen und Mieter keine Schuldenberge anhäufen, müssen anfallende Mietschulden zinsfrei bleiben.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 26.11.2020

In Deutschland werden fast die Hälfte aller pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen zuhause gepflegt – überwiegend von Frauen. Mit steigendem Renteneintrittsalter drohen Engpässe bei der privaten Pflege, da vor allem Menschen im Übergang in den Ruhestand Angehörige pflegen.

Ein Höheres Pflegegeld und Lohnersatzleistungen sowie bessere Bedingungen für flexible Arbeitszeitgestaltung könnten den Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen. Das ist das Ergebnis einer heute veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Diese repräsentative Studie ist eine gute Grundlage, um die Lücken in der Absicherung pflegender Angehöriger zu schließen und die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Pflege zu verbessern. Dreiviertel der pflegenden Angehörigen sind demnach unter 65 Jahre alt. Sie müssen Pflege und Erwerbstätigkeit vereinbaren, wenn sie nicht sogar für die Pflege eines Angehörigen ganz aus dem Beruf ausscheiden. Betroffen sind in der Mehrzahl Frauen. Sie verzichten dabei nicht nur auf Einkommen, sondern auch auf einen Teil ihrer künftigen Rente. Wer in seinem Job bleibt, Arbeitszeit reduziert, um zuhause ein Familienmitglied zu pflegen, braucht eine Perspektive für die eigene Altersversorgung. Die Diakonie Deutschland hält es für notwendig, dass pflegende Angehörige für die Pflege von Angehörigen höhere Rentenansprüche erwerben und zwar auch dann, wenn sie ihre Arbeitszeit nur wenig reduzieren.

Zudem muss die Pflege Angehöriger durch den Ausbau professioneller Pflege weiter gestärkt werden. Darüber hinaus sieht das umfassende Reformkonzept der Diakonie Deutschland vor, dass Angehörige, die zeitweise ihren Beruf für die Pflege Angehöriger ganz aufgeben, Lohnersatzleistungen erhalten und rentenversichert sind. Wer pflegt, darf nicht in Altersarmut geraten. Wer im Job bleibt, sollte Gewissheit haben, dass Angehörige die nötige und gute Pflege bekommen. Die Lücke, die mit der teilweise oder ganzen Aufgabe des eigenen Berufes entsteht, muss geschlossen werden."

Zum Thema veröffentlicht die Diakonie Deutschland in Kürze eine Positionierung für eine verbesserte Alterssicherung pflegender Angehöriger. Bei Interesse wenden Sie sich an pressestelle@diakonie.de

Weitere Informationen:

DIW-Studie "Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege kann Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen:

https://www.diw.de/de/diw_01.c.803087.de/publikationen/wochenberichte/2020_46_1/bessere_vereinbarkeit_von_beruf_und_pflege_kann_zielkonflikt_zwischen_renten-_und_pflegepolitik_loesen.html

https://www.diakonie.de/pflegeversicherung

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.11.2020

Das Aktionsbündnis Kinderrechte kritisiert, dass noch immer kein gemeinsamer Formulierungsvorschlag der Bundesregierung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz vorliegt. Vor genau einem Jahr hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht einen Vorschlag vorgelegt, dessen Diskussion hinter verschlossenen Türen ins Stocken geraten ist. Die Tatenlosigkeit der Regierungsverantwortlichen führt dazu, dass ein parlamentarisches Verfahren schon aus zeitlichen Gründen kaum noch in dieser Legislaturperiode zu einem Abschluss gebracht werden kann.

„Den Kindern in Deutschland hilft es nicht weiter, wenn das Thema in immer neuen Arbeitskreisen diskutiert und vertagt wird. Gerade in Zeiten der COVID-19-Pandemie brauchen Kinder jetzt ein klares Signal, dass ihre Interessen und Bedürfnisse ernst genommen werden und über Parteigrenzen hinweg die Verwirklichung ihrer Rechte vorangebracht wird. Deshalb appellieren wir an die Bundesregierung, das im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, zügig voranzutreiben“, so die Organisationen heute in Berlin.

Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) betont noch einmal nachdrücklich, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz sein muss. Gleichzeitig weist das Aktionsbündnis darauf hin, dass die von Bundesjustizministerin Lambrecht am 26. November 2019 vorgeschlagene Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Insbesondere bei der Formulierung zur Beteiligung von Kindern, fällt der Vorschlag sogar hinter die geltende Rechtslage zurück. Aber gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation der Corona-Krise wird deutlich, dass neben den Schutzrechten der Kinder auch ihre Beteiligungsrechte und das Recht auf Förderung ihrer Entwicklung im Grundgesetz verankert werden müssen. Nur so kann sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der „besten Kinderinteressen“ nachhaltig beeinflusst und damit die Lebenssituation der Kinder konkret verbessert werden. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist.

Deshalb gilt es, wie im Koalitionsvertrag festlegt, echte Kindergrundrechte zu schaffen. Nur so kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist zudem unabdingbar, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V., Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 26.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die beabsichtigte Verabschiedung eines "General Comment" zu Kinderrechten in der digitalen Welt durch den Kinderrechteausschuss der Vereinten Nationen. Denn Kinderrechte müssen auch im digitalen Raum durchgesetzt werden. Mit dem "General Comment" wird die UN-Kinderrechtskonvention für den digitalen Raum aktualisiert, um Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern auch im Internet zu gewährleisten.

In einer gemeinsamen Stellungnahme von 32 Einrichtungen, Organisationen und Institutionen, die im Konsultationsverfahren zum UN-Entwurf für einen "General Comment" unter Federführung des Deutschen Kinderhilfswerkes erarbeitet wurde, wird die Wichtigkeit einer solchen völkerrechtlichen Verpflichtung betont. "Der ,General Comment‘ wird den Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention Orientierung und Handlungssicherheit dabei geben, ihrer Verpflichtung zur Umsetzung der Kinderrechte auch im digitalen Raum nachzukommen", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Kinder bewegen sich bereits in jungen Jahren ganz selbstverständlich im Internet. Virtueller und realer Raum verschränken sich immer weiter. Digitale Identitäten beeinflussen verstärkt die reale Wahrnehmung junger Menschen und soziale Interaktionen werden vermehrt in das Internet übertragen oder sogar durch dieses verstärkt. Umso wichtiger ist es, dass Kinderrechte auch im Internet respektiert, geschützt und umgesetzt werden. Nur so können die Chancen der Technologie die Überhand gegenüber den Risiken behalten", so Krüger weiter.

In Zeiten der Corona-Pandemie wird immer deutlicher, dass das Internet nicht nur zum Spielen, Kontakthalten und zur Unterhaltung, sondern auch für die Bildung junger Menschen eine größer werdende Bedeutung erlangt. Zurecht setzt sich der UN-Kinderrechteausschuss daher dafür ein, dass Staaten in die technologische Infrastruktur der Schulen investieren und ausreichend Computer sowie eine schnelle Verbindung zum Internet vorhalten. Auch sollen diese mit dem "General Comment" aufgefordert werden Lehrkräfte für die Bildung mit digitalen Technologien auszubilden sowie die Erstellung und Verbreitung von vielfältigen digitalen Bildungsmaterialien zu befördern.

"Durch das Engagement des UN-Kinderrechteausschusses werden die Herausforderungen deutlich, die sich bei der Umsetzung von Kinderrechten auch im Zeitalter der Digitalisierung ergeben. Klar muss dabei sein, dass sich verändernde Medienwelten und damit verbundene Jugendschutzsysteme letztlich nicht alleinige Aufgabe einzelner Nationalstaaten sind, sondern internationale Zusammenarbeit erfordern", sagt Kai Hanke, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. Mit Blick auf die Novellierung des Jugendschutzgesetzes durch die Bundesregierung begrüßt er, dass "mit der geplanten Aktualisierung des Kinder- und Jugendmedienschutzes in höchstem Maße kinderrechtsrelevante Herausforderungen angegangen werden. Die Novellierung des Jugendschutzgesetzes bietet die Chance, die im ,General Comment‘ angeregten, internationalen Maßstäbe für eine kinderrechtlich ausgewogene Gestaltung des Jugendmedienschutzes bereits jetzt in nationaler Gesetzgebung zu berücksichtigen. Damit kann der Grundstein gelegt werden für einen nachhaltigen, kinderrechtlich ausgewogenen Kinder- und Jugendmedienschutz im digitalen Zeitalter."

Der vom UN-Kinderrechteausschuss im Entwurf vorgelegte "General Comment" ist eine richtungsweisende Interpretationshilfe, um die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen aus der Kinderrechtskonvention und ihren Fakultativprotokollen im Hinblick auf die Chancen, Risiken und Herausforderungen für die Rechte des Kindes im digitalen Umfeld zu gewährleisten. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes beobachtet die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sowie ihrer Zusatzprotokolle durch die Nationalstaaten. Um einzelne Artikel und Bestimmungen der Konvention näher zu erläutern hat der UN-Ausschuss die Möglichkeit "General Comments" zu veröffentlichen. Diese sind nicht Teil der völkerrechtlichen Verträge und daher nicht rechtlich bindend. Gleichwohl helfen sie den Staaten beim Verständnis sowie bei der Verwirklichung der Kinderrechte, da sie wichtige Hinweise und Auslegungen bieten.

Weitere Infos und die Stellungnahme zum "General Comment finden sich unter www.dkhw.de/kinderrechte-digitale-welt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 17.11.2020

Morgen, am Freitag, 27. November 2020, berät der Bundestag über Änderungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Mit flexibleren Angeboten zur Nutzung des Elterngeldes will man den Wünschen und Bedarfen der Eltern entgegenkommen. Dazu soll der Stundenkorridor für mögliche Teilzeittätigkeit beim Partnerschaftsbonus auf 24 bis 32 Wochen­stunden ausgeweitet werden (bislang 25 bis 30 Stunden). „Vom Ansatz her richtig, aber ohne eine Absenkung der Untergrenze auf 20 Wochenstunden ist nicht zu erwarten, dass die Inanspruchnahme nennenswert steigt“, kommentiert Martin Bujard, Präsident der eaf. Als Familienforscher weiß er, dass rund die Hälfte der Mütter von Zweijährigen eine Arbeitszeit von 16 bis 25 Wochenstunden für sich als ideal ansehen. „Will man die Auszeiten von Müttern geringhalten, muss man ihnen die Möglichkeit geben, ihre Berufstätigkeit nach ihren Wünschen zu gestalten. Sonst wird man diese Gruppe nicht erreichen“, so Bujard.

Entscheidend wird jedoch sein, die Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung grundsätzlich zu erhöhen. Familien in der besonders stressbelasteten „Rushhour des Lebens“ benötigen aus Sicht der eaf ein umfassendes zeitpolitisches Angebot für den Zeitraum zwischen elterngeld­finanzierter Elternzeit und der Einschulung des jüngsten Kindes. „Hier wäre die Einführung einer dynamischen Familienarbeitszeit denkbar, mit der Angebote qualifizierter vollzeitnaher Teilzeit­arbeit für Väter und Mütter geschaffen werden“, führt Bujard aus. „Dynamisch, damit die Arbeitszeit mit zunehmendem Alter der Kinder wieder sukzessive ansteigen kann. Hierzu bedarf es einer umfassenden Gesetzesreform über das BEEG hinaus.“

Leider wird auch der Mindestsatz des Elterngeldes nicht erhöht. Rund ein Drittel aller Mütter erhält nur 300 Euro monatlich Elterngeld. Der Mindestsatz wurde seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 nicht erhöht, nicht einmal an den Verbraucherpreisindex angepasst.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 26.11.2020

Der Familienbund der Katholiken begrüßt die in der vergangenen Woche (19.11.2020) vom Deutschen Bundestag beschlossenen zusätzlichen Milliarden-Investitionen für die Betreuung von Grundschulkindern. Der Verband fordert, die Finanzmittel an verbindlichen Qualitätskriterien orientiert einzusetzen. „Qualifiziertes Personal ist hier-bei ebenso wichtig wie ein altersgerechter Betreuungsschlüssel, wenn die Investitionen einen spürbaren bildungspolitischen und pädagogischen Mehrwert haben sollen“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin und warnte: „Eine mit politischer Anspruchslosigkeit ins Werk gesetzte Betreuung hilft weder den Grundschulkindern noch deren Eltern. Und der Gesellschaft ebenso wenig.“ Angesichts des eklatanten Mangels an Erziehern hält Hoffmann den von der Bundesregierung ab 2025 geplanten Rechtsanspruch für Grundschulkinder für kaum realisierbar.

Hoffmann hält auch unabhängig vom Ziel eines Rechtsanspruchs die Betreuungssituation an Grundschulen für dringend ausbaubedürftig. „Zahlreiche unbesetzte Stellen, berufliche Überlastungen von Erziehern und hohe Krankenstände des Betreuungspersonals machen Betreuung außerhalb des Unterrichts für Kinder heute vielerorts zum traurigen Glücksspiel. Nötig ist aber überall eine verlässliche Qualitätsbetreuung. Eltern, die ihre Kinder nach Unterrichtsschluss im Hort betreuen lassen wollen, müssen diese Option auch haben. Gebrauch werden Eltern aber nur dann davon machen, wenn sie ihre Kinder in guten Händen wissen“, sagte Hoffmann.

„Statt die Lebensform Familie nach den ökonomischen Verwertungsinteressen der Wirtschaft weiter zuzuschneiden, müssen es die Familien sein, die souverän über ihr Leben und ihre Zeit entscheiden.“

„Das politisch ausgelobte Ziel eines Rechtsanspruchs auf Betreuung für Grundschulkinder darf aber nicht die einzige politische Antwort auf die drängende Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein“, stellte Hoffmann klar. „Der Ausbau staatlicher Betreuungsinstitutionen als Lösungslieferant ist eindimensional und unterkomplex, weil es den Bedürfnissen von Familien nach mehr Zeit für- und miteinander keinerlei Rechnung trägt. Nötig sind flexible und lebensphasenbezogene Arbeitszeitreduzierungen für erwerbstätige Eltern. Statt die Lebensform Familie nach den ökonomischen Verwertungsinteressen der Wirtschaft weiter zuzuschneiden, müssen es die Familien sein, die souverän über ihr Leben und ihre Zeit entscheiden. Dafür muss die Politik endlich zukunftsweisende Konzepte für eine familien- und lebensgerechte Zeitpolitik aufgreifen, die wissenschaftlich seit langem entwickelt und diskutiert werden, zum Beispiel ‚Atmende Lebensläufe‘, die Optionszeiten über die gesamte Erwerbsbiografie von Menschen für Erziehungs- und Pflegeaufgaben vorsehen. Die Wirtschaft ist nachdrücklich aufgerufen, einen nennenswerten Beitrag zu einer familiengerechten Zeitpolitik zu leisten. Unternehmen sitzen schließlich mit im Boot. Es sind aber heute die Eltern, die rudern!“

„Ein Rechtsanspruch auf Betreuung von Grundschulkindern, der nicht in einen zeitpolitischen Rahmen eingebettet ist, unterläuft die Autonomie von Familie, indem er deren Wahlfreiheit durch die politische Schaffung gesellschaftlicher Konventionen einschränkt.“

Hoffmann wandte sich dagegen, die Betreuung in Grundschulen zu einer gesellschaftlichen Norm werden zu lassen, die für Eltern wie Kinder alternativlos sei. „Der Freiheitsgedanke von Familie zeigt sich in der elterlichen Souveränität, die eigene Lebensform von Familie selbst wählen und leben zu können. Ein Rechtsanspruch auf Betreuung von Grundschulkindern, der nicht in einen zeitpolitischen Rahmen eingebettet ist, unterläuft die Autonomie von Familie, indem er deren Wahlfreiheit durch die politische Schaffung gesellschaftlicher Konventionen einschränkt. Das kann nicht im Sinne von Familien sein.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 23.11.2020

Jedes Jahr erleben über 130.000 minderjährige Kinder in Deutschland die Scheidung oder Trennung ihrer Eltern. Oft leben die Kinder danach weit entfernt von ihrem Papa oder ihrer Mama. Viele getrennt lebende Väter und Mütter reisen am Wochenende quer durch Deutschland, um ihr Kind zu besuchen. Leider reicht dabei das Geld nicht immer für eine Übernachtung vor Ort.

Diesen Eltern hilft das Münchner gemeinnützige Unternehmen Flechtwerk 2+1 mit seiner InitiativeMein Papa kommt / Meine Mama kommt. Sie vermittelt dem anreisenden Elternteil bundesweit Übernachtungen bei ehrenamtlichen Gastgeber*innen. Denn auch diejenigen, die sich nicht regelmäßig ein Hotel oder eine Pension leisten können, sollen ein warmes Bett haben, wenn sie ihre Söhne und Töchter besuchen.

Nun hat die InitiativeMein Papa kommt / Meine Mama kommtdenPublikumspreis des Social-Design-Award 2020mit dem diesjährigen Motto„Gemeinsam sind wir stark“gewonnen. Zum siebten Mal vergeben SPIEGEL WISSEN und Bauhaus den Social Design Award. Rund 150 Projekte und Initiativen haben sich beworben – vom Start-up bis zum Ein-Mann-Kunstprojekt. Allen gemein ist, dass sie gegen soziale Ungleichheit kämpfen und sich für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen.

Annette Habert, Initiatorin und geschäftsführende Gesellschafterin der Flechtwerk 2+1 gGmbH: „Gemeinsam sind wir stark – das erfahren Eltern und Kinder seit Jahren durch das ehrenamtliche Engagement unserer Gastgeber*innen. Sie sind Vertrauensgeber und echte Helden einer Solidargemeinschaft!“

Quelle: Pressemitteilung Mein Papa kommt® / Meine Mama kommt – für Kinder mit zwei Elternhäusern – Eine Initiative der Flechtwerk 2+1 gGmbH vom 10.11.2020

Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien in der bestehenden Form nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Wie eine aktuelle Expertise der Paritätischen Forschungsstelle belegt, haben sich die mit dem so genannten „Starke-Familien-Gesetz“ 2019 in Kraft getretenen Reformen des Bildungs- und Teilhabepaketes nach den vorliegenden Statistiken nicht positiv auf die Inanspruchnahme der Teilhabeleistungen durch benachteiligte Schüler*innen ausgewirkt, vielmehr sei sogar ein leichter Rückgang der Quoten zu verzeichnen. Der Paritätische bekräftigt seine Forderung nach der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

„Das Bildungs- und Teilhabepaket ist und bleibt Murks und geht weiter komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei. Was es jetzt braucht, ist den politischen Mut, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden, und den politischen Willen, Kinderarmut wirklich zu stoppen“, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket wird seit 2011 benachteiligten Kindern und Jugendlichen ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 10 Euro (seit dem 1. August 2019: 15 Euro) für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, für Musikunterricht und die Teilhabe an Freizeiten in Aussicht gestellt. Obwohl die Leistungen praktisch nur einem Teil der Jugendlichen zu Gute kommen, wurden Regelsatz-Bestandteile im Gegenzug für alle Kinder und Jugendlichen pauschal gestrichen. Auch knapp zehn Jahre nach Einführung profitieren laut der vorliegenden Studie des Paritätischen nur bis zu 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“, 85 Prozent der Leistungsberechtigten wurden in der Praxis dagegen nicht erreicht. „Es ist geradezu zynisch, dass Kürzungen im Regelsatz damit begründet werden, dass theoretisch der Anspruch auf eine Leistung besteht, die in der Praxis aber kaum ein Kind erreicht“, kritisiert Schneider.

Die Studie, die zum dritten Mal in Folge erscheint, belegt dabei auch in diesem Jahr drastische regionale Unterschiede in der Umsetzung des bundesgesetzlich normierten und kommunal administrierten Rechtsanspruchs. Erstmals berücksichtigt wurden qualitative Erkenntnisse auf Basis einer Abfrage bei den Jobcentern mit besonders hohen bzw. niedrigen Quoten im Bundesländervergleich. Als Grund für hohe Bewilligungsquoten werden primär niedrigschwellige Antragsverfahren genannt, aber auch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit sowie Beratung zur Information und Aufklärung der Betroffenen. Schlechte Quoten werden teilweise auf Probleme bei der Datenerfassung zurückgeführt, aber gelegentlich auch auf bestehende kostenfreie Angebote, die sich als geringerer Bedarf an Teilhabeleistungen in den Daten widerspiegeln.

Ein Grundproblem bleibt vielerorts der Mangel an geeigneten Angeboten, weshalb der Paritätische sich für die Einführung eines einklagbaren Rechtsanspruchs einsetzt: „Die bisherigen Teilhabeleistungen sind davon abhängig, dass es vor Ort überhaupt passende Angebote gibt. Nur ein Rechtsanspruch sorgt dafür, dass auch wirklich entsprechende Angebote vorgehalten werden und jedes Kind, unabhängig von seinem Wohnort, bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert wird.“

Die Expertise „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket 2020: Teilhabequoten im Fokus“ steht zum Download bereit unter: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-empirische-befunde-zum-bildungs-und-teilhabepaket-teilhabequoten-im-fokus-1/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.11.2020

Seit 2004 ruft die Stiftung Lesen und DIE ZEIT gemeinsam mit der Deutschen Bahn zum bundesweiten Vorlesetag auf.

Er findet in diesem Jahr am 20. November statt.

Das „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ ist auch in diesem Jahr bei diesem Vorlesetag der etwas anderen Art dabei.

Aufgrund der gegenwärtigen Situation verschenkt das Bündnis mit seinen Bündnismitgliedern Kinderbücher zum Vorlesen an Familien.

In folgenden Einrichtungen werden die Bücher verschenkt:

  • Stadtbuchhandlung Radwer, Bahnhofstr. 11, von 9 bis 18 Uhr
  • SHIA-Landesgeschäftsstelle, Bahnhofstr. 4, von 8 bis 18 Uhr
  • Bürger*innentreff, Fontaneplatz 2, von 10 bis 18 Uhr und
  • Büro des Netzwerkes Gesunde Kinder, Märkische Zeile 16.

Familien erhalten vor Ort – mit Abstand natürlich – ein Buch für ein Kind im Kita- oder Grundschulalter, natürlich leider nur, solange der Vorrat reicht.

Das „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ dankt der Stadtbuchhandlung Radwer, der Stadbibliothek, dem Netzwerk Gesunde Kinder, den Mitarbeiterinnen des Bürger*innentreffs sowie der Stiftung Lesen und dem Ehepaar Kühn für die Unterstützung.

Weitere Informationen auch unter www.vorlesetag.de.

Quelle: Pressemitteilung SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. vom 18.11.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02./03. Dezember 2020

Veranstalter: Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Jetzt anmelden zur internationalen Online-Konferenz der Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Unter dem Titel „Aufklären, sensibilisieren, vernetzen. LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte!“ veranstaltet die Hirschfeld-Eddy-Stiftungam Mittwoch, den 02. Dezember (14:00-16:30 Uhr) und am Donnerstag, den 03. Dezember (16:00-19:00 Uhr) eine internationale Online-Konferenzmit LSBTI*-Aktivist*innen aus Südafrika, Uganda, Russland und Honduras, NGO-Vertreter*innen, Parlamentarier*innen und Vertreter*innen der Bundesregierung.

Das Themenspektrum der Konferenz reicht von Entkriminalisierung, Shrinking Spaces und religiös motivierter LSBTI*-Feindlichkeit über LSBTI*-Projekte und Berichterstattung und Stärkung der Menschenrechte auf UN-Ebene bis hin zum LSBTI-Inklusionskonzept für die deutsche Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit.

Jetzt hier anmelden

Aus dem Konferenzprogramm

„LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte“ – Rolle, Möglichkeiten und Herausforderungen für die deutsche Menschenrechtspolitik. Keynote von Dr. Silke Voß-Kyeck, UN-Expertin und Berichterstatterin für das Forum Menschenrechte

Die Rolle von Geber*innen in Deutschland für internationale Menschenrechtsarbeit. Keynote von Ise Bosch, Geschäftsführerin Dreilinden gGmbH

Strategie-Podium: „Aufklären, sensibilisieren, vernetzen. LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte!“ mitMichael Roth (Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt,),Gyde Jensen (MdB und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe), Iris Dill (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) undElke Schäfter(Elisabeth-Selbert-Initiative)

Fachforen:

  • Gewalt und Kriminalisierung von LSBTI* am Beispiel von Honduras, Russland, Uganda
  • Religiös motivierte LSBTI*-Feindlichkeit
  • Shrinking Spaces – Internationale der Homophobie und Trans*feindlichkeit
  • LSBTI*-Inklusionskonzept für die auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit
  • Multilateralismus unter Beschuss
  • Best practice & Medien

Die Konferenz findet per Zoom statt, eine Teilnahme ist auch in Teilen gut möglich. Der Link wird an angemeldete Teilnehmende einige Tage vorher verschickt. Bitte bis 25. November anmelden. Konferenzsprache ist Deutsch. Einige Vorträge sind in englischer Sprache und werden simultan ins Deutsche übersetzt.

Hier geht zur Anmeldung: https://www.eventbrite.de/e/lsbti-rechte-sind-menschenrechte-lgbti-rights-are-human-rights-registration-128393587677

Termin: 08. Dezember 2020

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Antifeminismus ist in Deutschland weit verbreitet. Über ein Drittel der Bevölkerung (47,3% der Männer und 28,7% der Frauen) stimmt zumindest einer antifeministischen Aussage zu. Ein geschlossen antifeministisches Weltbild haben knapp mehr als 20% der Bevölkerung, insbesondere Männer. Dieses und weitere interessante Ergebnisse zeigt die neue Autoritarismus-Studie 2020 der Universität Leipzig.

So sind antifeministische Einstellungen ein grundlegendes Element rechtsradikalen und rechtsextremistischen Denkens. Sie haben sich als ein Identifikations- und Identitätsmerkmal stabilisiert. Wer rechtsextrem ist, neigt zum Antifeminismus, und wer antifeministisch ist, neigt zum Rechtsextremismus.

Antifeministische Einstellungen und Ressentiments ziehen sich durch alle Bereiche des Alltagslebens: Sie sind zu finden in Internet-Memes, Foren, Chats, Kunst und Musik, aber auch im Schul- und Berufsleben, in Partnerschaften, Familien und Freundschaftsbeziehungen. Öffentliche wie private Diskurse bringen immer wieder antifeministische Haltungen zutage. Hinter diesen Einstellungen vermuten die Autor*innen der Leipziger Studie tieferliegende Ressentiments, welche eng mit anderen Ideologien und Rassismen verbunden sind und die unter bestimmten Bedingungen an die Oberfläche kommen.

In der Rechtsextremismus- und Autoritarismusforschung wurden Geschlechterverhältnisse und Antifeminismus bislang wenig beachtet. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2020 hellt mit ihren Ergebnissen dieses Forschungsfeld auf. Die Mitautorin der Leipziger Studie, Charlotte Höcker, stellt im Fachgespräch ihre Forschungsergebnisse vor. Juliane Lang, seit Jahren wissenschaftlich und journalistisch mit dem Thema befasst, kommentiert. Anschließend sind alle Teilnehmenden zur Diskussion eingeladen.

Mit:

  • Charlotte Höcker (Universität Leipzig)
  • Juliane Lang (Universität Gießen)

Die Veranstaltung wird in Deutsche Gebärdensprache simultan übersetzt. Für weitere Fragen wenden Sie sich gern an Christiane Bornstedt unter Bornstedt@boell.de.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 28. Januar 2021

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend plant im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen (RSF) zur Bekämpfung des Gender Pay Gaps auf dem Rat der Europäischen Union für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) Anfang Dezember 2020.

In den RSF werden zwei Lösungswege für eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit thematisiert:

(1) Die Schaffung bedarfsgerechter und finanziell erschwinglicher Angebote der Infrastruktur für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushaltsarbeiten.

(2) Die Gestaltung der institutionellen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, um eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu fördern.

Die Lösungswege sollen im Rahmen der digitalen Fachveranstaltung „Wechselwirkungen von Gender Pay Gap und Gender Care Gap: Welche Erkenntnisse gibt es und wie können wir die Geschlechtergleichstellung im Erwerbsleben fördern?“ für Deutschland konkretisiert und diskutiert werden. Dazu haben wir ein spannendes Programm aus Vorträgen und Podiumsdiskussionen vorgesehen, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen „Anspruch auf Mobile Arbeit“ und „Professionalisierung von Haushaltsnahen Dienstleistungen“ in Umsetzung der zwei genannten Lösungswegen befassen werden. Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wird begrüßen.

Wir freuen uns darauf, mit Ihnen und weiteren Expertinnen und Experten aus den Verbänden, der Wissenschaft und der Wirtschaft am 28. Januar 2021 Lösungsansätze für Deutschland zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen aus den RSF zu diskutieren. Leiten Sie diese Save-The-Date E-Mail gern an weitere interessierte Personen aus der Fachöffentlichkeit weiter.

Eine Einladung mit detailliertem Programm, dem Link zur Anmeldung und weiteren technischen und organisatorischen Abläufen folgt in Kürze.

AUS DEM ZFF

Der familienpolitische Fachverband Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) freut sich ab dem 01.02.2021 um Unterstützung durch eine*n

Referent*in für die Verbandskommunikation

Neben einem abgeschlossenen Studium einer Sozial- oder Geisteswissenschaft bzw. der Journalistik verfügen Sie über Erfahrungen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden und der politischen Kommunikation. In den Themenbereichen der Familien-, Sozial- und Gleichstellungspolitik kennen Sie sich aus.

Die vollständige Stellenausschreibung finden Sie hier.

AKTUELLES

Es kann unromantisch werden nicht über Geld zu reden!

Frisch verliebt und kurz vor der Hochzeit? Da denken Paare an alles, außer an so unromantische Themen wie finanzielle Absicherung, Arbeitsteilung und Altersversorgung.

Nur ein Viertel aller jungen Paare, die heiraten und/oder eine Familie gründen wollen, ist ausreichend informiert über die finanziellen und rechtlichen Folgen, die eine Eheschließung oder Elternschaft für sie hat.

Und wenn Kinder kommen, bleibt in einer heterosexuellen Beziehung immer noch die Frau zuhause und der Mann geht arbeiten, obwohl diese traditionelle Rollenverteilung gar nicht gewünscht war.

Auch wenn kein verliebtes Paar an Scheidung denken mag, es ist wichtig, die gegenseitige finanzielle Absicherung beider Partner*innen im Krisenfall zu besprechen und zu regeln. Was vorher geklärt ist, macht später keinen Ärger.

Mit der Herausgabe der Broschüre "Verliebt, Verlobt, Versorgt" haben das Gleichstellungsbüro und das Familienmanagement der Stadt Hannover die bedeutsame Erkenntnis des 6. Forums Familie 2019 „Über Geld reden wir doch!“ aufgegriffen: Über Geld wird in Paarbeziehungen zu wenig oder zu spät gesprochen. Während die Kurzfassung einen Überblick vermittelt, widmet sich die Langfassung den Inhalten intensiver.

Sie ist erhältlich unter: familienmanagement@hannover-stadt.de oder frauen-und-gleichstellung@hannover-stadt.de

Und steht hier zum Download zur Verfügung.

Die Debatte um den Wert und die Inwertsetzung von hauptsächlich durch Frauen geleistete "Care-Arbeit" ist nicht neu. Früher ein Thema vor allem der Frauenbewegungen, wird es heute in einem gesellschaftlich breiteren Kontext und unter veränderten (gleichstellungs)politischen Vorzeichen diskutiert. Neben unbezahlter Arbeit im eigenen Haushalt werden auch die Arbeitsbedingungen ausgelagerter und (unter)bezahlter Tätigkeiten im Pflegesektor, in der Kinderbetreuung oder im Reinigungsgewerbe in den Blick genommen.

Wie lässt sich diese für Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbare Arbeit aufwerten? Erwogen werden beispielsweise Arbeitszeit- und Sozialversicherungsmodelle, die die Aufwendung für diese Arbeit durchgehend berücksichtigen. Gleichzeitig sollen auch die professionellen Kräfte in diesen Feldern durch mehr Geld und mehr Zeit pro Person bessergestellt werden.

Hier geht es zur Bestellung: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/317863/care-arbeit

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ZFF-Info

ZFF-Info 12/2020

SCHWERPUNKT I: Regelsätze

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Neuermittlung der Regelbedarfe mahnt das ZFF an, dass sich der Gesetzgeber bei der Existenzsicherung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich ein auskömmliches soziokulturelles Existenzminimum zum Maßstab nehmen sollte.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB II und XII.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Die ermittelten Regelsätze erfassen gerade einmal den allernötigsten Bedarf. Armen Kindern und Jugendlichen ist ein Aufwachsen in Wohlergehen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben so nicht möglich. In der aktuellen Krisensituation zeigt sich erneut, wie stark die Bildungs- und Teilhabechancen vom Geldbeutel der Eltern abhängen: Nicht alle Kinder und Jugendlichen können am digitalen Unterrichtsgeschehen adäquat teilnehmen, da zu Hause das Geld nicht ausreicht, um einen Computer oder einen Drucker zu kaufen. Oft fehlt ein Tisch oder auch ein eigenes Zimmer in einer beengten Wohnung, um in Ruhe Schularbeiten zu machen. Darüber hinaus ist weder ein Eis, noch ein Campingurlaub im Sommer dem Gesetzgeber für ein Kinderleben relevant. Bildungsungleichheiten und Leistungsunterschiede und das Gefühl, nicht dazuzugehören verstärken sich so immer mehr.

Was Kinder und Jugendliche für ihre Existenzsicherung brauchen, ist nicht losgelöst vom Haushaltskontext und der Bemessung des elterlichen Existenzminimums. Der elterliche Bedarf wird aber aus den ärmsten 15 Prozent der Alleinlebenden ermittelt und enthält weder Begleitkosten für einen Ausflug ins Schwimmbad oder den Zoo, noch ist der Betreuungs- und Erziehungsaufwand angemessen berücksichtigt.“

Alexander Nöhring fährt fort: „Das ZFF fordert eine bedarfsgerechte, transparente und methodisch stimmige Ermittlung der Regelsätze und damit des soziokulturellen Existenzminimums. Ausgangspunkt der Ermittlung muss das sein, was Kinder und Jugendliche für ein Aufwachsen in Wohlergehen brauchen und nicht das Minimalniveau. Ebenfalls muss der Bedarf, der in einer Familie im Vergleich zu einem Alleinlebenden zusätzlich anfällt, berücksichtigt werden. Auf Grundlage dieser Neuberechnung und um langfristig, effizient und zielgerichtet gegen Kinderarmut vorzugehen, wollen wir Kinder und Jugendlichen mit einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung raus aus der Grundsicherung holen.“

Alexander Nöhring und Nikola Schopp werden heute als Sachverständige bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird live am 2. November um 13 Uhr im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 2. November 2020 zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ und weiterer Anträge finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.11.2020

Die Bundesregierung verteidigt das derzeit angewandte Verfahren zur Ermittlung der Regelsätze in der Grundsicherung. In einer Antwort (19/23636) auf eine Kleine Anfrage (19/23258) der Fraktion Die Linke schreibt sie, beim Statistikmodell werde der regelbedarfsrelevante Verbrauch auf Basis empirischer Daten für die Verbrauchsausgaben im unteren Einkommensbereich der Bevölkerung in einem transparenten Verfahren ermittelt. Damit werde gewährleistet, dass hilfebedürftigen und damit leistungsberechtigten Personen ein vergleichbares Konsumniveau ermöglicht wird wie anderen Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem Einkommen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1197 vom 04.11.2020

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag den Weg frei gemacht für die Erhöhung der Regelbedarfe in der Grundsicherung ab Januar 2021. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der FDP-Fraktion stimmte der Ausschuss für den entsprechenden Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung von Regelbedarfen in geänderter Fassung.

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Regelsatz für eine alleinstehende Person auf 446 Euro pro Monat anzuheben. Wer mit einer anderen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhält künftig 401 Euro. Kinder bis fünf Jahre sollen ab Januar 283 Euro erhalten, Kinder von sechs bis 13 Jahre erhalten 309 Euro und für Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre steigt der Regelsatz auf 373 Euro. Angehoben werden die monatlichen Leistungen aber nicht nur in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, sondern unter anderem auch in der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Abgelehnt wurden verschiedene Anträge der Opposition zum Thema: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1189 vom 04.11.2020

Die EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) hält eine Mehrheit von Sachverständigen als Basis für die Berechnung von Regelsätzen als für grundsätzlich geeignet. Das wurde während einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich. Vereinzelt wurde jedoch Kritik an der Anwendung der Daten deutlich, auch wurden Änderungen bei bestimmten Pauschalierungen und den Bedarfen für Kinder und Jugendliche angemahnt.

Der Ausschuss hatte die Sachverständigen zum einen um Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes geladen. Zum anderen standen mehrere Anträge der Oppositionsfraktionen zur Diskussion: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/15040) der FDP-Fraktion für ein Liberales Bürgergeld; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

"Die EVS ist alternativlos, weil sie die einzige Quelle für valide Daten ist", stellte Anna Robra für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fest. Auch habe das Bundesverfassungsgericht die EVS wie auch das Statistikmodell als verfassungskonform eingestuft. Das Statistikmodell sei zielführender als das Warenkorbmodell, betonte Markus Mempel für den Deutschen Landkreis- und den Deutschen Städtetag. Verbesserungen seien aber unter anderem bei den Warmwasserbedarfen und bei den Schulbedarfen dringend nötig, so Mempel. Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie e.V. bezeichnete die EVS zwar ebenfalls als grundsätzlich geeignet, sein Verein kritisiere jedoch die sachgerechte Anwendung des Statistikmodells. So müsse unter anderem über die Nicht-Ausklammerung verdeckter Armut als auch über die Streichung von Konsumausgaben, die bisher als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft werden, dringend gesprochen werden. Andreas Kuhn vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge betonte, man könne die EVS als Datenbasis benutzen, allerdings seien die Fallzahlen, die zur Heranziehung der Bedarfsermittlung benutzt würden, teilweise viel zu niedrig. Zum anderen gebe es bei den Energie- und Mobilitätskosten bundesweit erhebliche Preisunterschiede, weshalb eine einheitliche Pauschalierung hier nicht angebracht sei, sagte Kuhn. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund begrüßte Martin Künkler zwar die Einbeziehung von Handykosten, fragte aber, warum das Argument, dies bilde die gesellschaftliche Realität ab, nicht auch auf andere Ausgaben angewendet werde. So sei zum Beispiel ein Pkw im ländlichen Raum existenziell, um zum Beispiel die Kinder an Freizeitangeboten teilhaben zu lassen.

Deutliche Kritik äußerten Petra Zwickert von der Diakonie Deutschland und die Einzelsachverständige Inge Hannemann sowohl an der Höhe als auch an der Berechnung der Regelsätze. So seien Kosten für ein Kinderfahrrad derzeit nicht in den Ausgabepositionen enthalten, diese müssten sich die Familien vom normalen Regelsatz absparen, was für die meisten unmöglich sei, kritisierte Hannemann. Auch sei es wichtig, die tatsächlichen Stromkosten anstatt einer Pauschale zu zahlen. Es gebe durchaus verschiedene Möglichkeiten, die verdeckt Armen aus der Berechnung der Referenzgruppen herauszunehmen, sagte Zwickert. So müssten die Vergleichsgruppen nach unten stärker abgegrenzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1181 vom 02.11.2020

Die Bundesregierung lehnt die Forderung des Bundesrates ab, bei der Ermittlung der Regelbedarfe Haushalte mit "Aufstockern" und verdeckt Armen von den zu berücksichtigenden Haushalten auszuschließen. Das geht aus einer Unterrichtung (19/23549) der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung für ein Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfsstufen hervor. Die Bundesregierung lehnt ferner auch die Kritik des Bundesrates an der Heranziehung der EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) als Datengrundlage für eine verfassungsgemäße Ermittlung der Regelsätze für Familien und Kinder ab.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1162 vom 28.10.2020

Heute wird im Bundestag der Gesetzesentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschlossen, die ab 1. Januar 2021 angehoben werden sollen. Der AWO Bundesverband kritisiert, dass die Neuberechnung der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen nicht gerecht wird. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt habe der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum zugunsten der betroffenen Menschen nicht voll ausgeschöpft.

Dazu erklärt AWO Bundesgeschäftsführer Jens M. Schubert: „Unterm Strich kann die vorgesehene Regelbedarfsberechnung weder überzeugen noch zufriedenstellen. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, der Lebenswirklichkeit der Menschen bei der Regelsatzbemessung ausreichend Rechnung zu tragen. Damit wird es für die sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden abermals keine durchgreifenden Verbesserungen geben.“

Die Berechnung orientiere sich methodisch an dem Verfahren von vor vier Jahren, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse seien nur halbherzig berücksichtigt worden. Die Corona-bedingten Mehrkosten, die den Menschen seit März dieses Jahres entstünden, blieben trotz des neuerlichen Lockdowns unberücksichtigt. Zudem würde der Regelsatz durch zahlreiche Streichungen systematisch heruntergerechnet. So werdeder finanzielle Handlungsspielraum der Betroffenen übermäßig eingeschränkt.

„Die Teilhabebedarfe werden größtenteils mit dem lapidaren Hinweis auf einen angeblich größeren Gestaltungsspielraum gestrichen und kommen damit im Ergebnis auch dieses Mal zu kurz“, resümiert Schubert, „Alle diese Defizite überschatten die positiven Neuerungen, wie zum Beispiel den von der AWO lange geforderten Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schulbücher oder die erstmalige Berücksichtigung von Mobilfunkkosten. Es braucht rückwirkende Leistungen für die Corona-Mehrkosten und eine angemessene Berechnung des tatsächlichen Regelbedarfs. Hier hätte der Gesetzgeber deutlich mehr soziales Augenmaß zeigen müssen.“

Hintergrund:
Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.11.2020

Der Bundestag will heute den Gesetzentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschließen. Zum 1. Januar 2021 sollen die Hartz-IV-Sätze erhöht werden.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Die Bundesregierung hat die Chance verpasst, die Regelsätze in Hartz IV für das nächste Jahr sach- und realitätsgerecht festzulegen. Sie sind schlichtweg an der Lebenswirklichkeit vorbei berechnet. Es werden willkürlich Ausgaben, zum Beispiel für ein Kinderfahrrad, Weihnachtsbaum oder auch für Mobilität auf dem Land, aus dem in der statistischen Vergleichsgruppe ermittelten Regelbedarf gestrichen. Zudem umfasst die Vergleichsgruppe der Haushalte mit den unteren 15 Prozent der Einkommen auch Personen, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen Für Erwachsene fehlt ein Betrag von 160 Euro im Monat. Diese Streichungen sind in der Corona-Krise umso problematischer, wenn günstige Waren knapp sind und gleichzeitig wieder viele Tafeln schließen. Deswegen fordert die Diakonie einen Corona-Zuschlag von 150 Euro für Hartz-IV-Empfänger. Auch fehlt für Armutsbetroffene in der Grundsicherung eine digitale Grundausstattung. Die Benachteiligung Einkommensarmer darf in der Corona-Pandemie nicht durch fehlende Computer verschärft werden, gerade Schulkinder müssen digital lernen können."

Etwa alle fünf Jahre werden die Hart-IV-Regelsätze neu berechnet. Dazu wird eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durchgeführt, die wiederum als Grundlage für die Anpassung dient. Die mit dem vorliegenden Entwurf erfolgten Berechnungen sind aus Sicht der Diakonie Deutschland nicht transparent, in vielen Fällen nicht sachgerecht, oft unrealistisch und insgesamt methodisch falsch. Die umfassenden Mängel der im Gesetzentwurf vorgenommenen Regelbedarfsermittlung nimmt die Diakonie zum Anlass, in diesem Jahr eine grundlegende alternative Bedarfsermittlung vorzunehmen.

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-zum-regelbedarfs-ermittlungsgesetz

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.11.2020

Anlässlich der heutigen Beratung zur Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung im Deutschen Bundestag appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Abgeordneten, dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zu folgen und stattdessen endlich eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze zu beschließen. Die geplante Anhebung der Regelbedarfe zum 1.1.2021 um 14 Euro für (alleinstehende) Erwachsene und noch deutlich geringere Beträge für Kinder und Jugendliche sei realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Der Verband wirft der Bundesregierung „statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen“ vor, Fehler und Schwächen der umstrittenen Methodik zur Regelbedarfsermittlung würden einfach fort- und festgeschrieben. Das Parlament sei nun gefordert, diesen armutspolitischem Totalausfall der Bundesregierung zu korrigieren.

Die derzeit gewährten Leistungen in Hartz IV schützen nicht vor Armut, wie der Paritätische in mehreren Expertisen nachgewiesen hat. Den Betroffenen fehle es insbesondere an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe sei entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewährleistet. “Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall, um über den Monat zu kommen. Hartz IV schützt nicht vor Armut, es manifestiert sie”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. “Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.

Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt. Die nun vorgesehene Anhebung um 14 Euro für einen erwachsenen Alleinlebenden auf dann 446 Euro sei dagegen bei weitem nicht ausreichend, um das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, wie auch andere Sozialverbände und unter anderem die Fraktionen von DIE LINKE und Bündnis 90/ Die Grünen wiederholt kritisiert haben.

Der Paritätische kritisiert, dass die Bundesregierung bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die finanzielle und soziale Lage von Hartz IV-Beziehenden zu verbessern. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Neben einer grundsätzlich endlich bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze seien daher auch sofortige finanzielle Hilfsmaßnahmen erforderlich, fordert der Verband. “Man kann es drehen wie man will, gegen Armut hilft Geld. Doch die Bundesregierung hat für die Ärmsten in diesem Land ganz offensichtlich wenig übrig. Da, wo die Bundesregierung bisher versagt, ist jetzt das Parlament gefragt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.11.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Familienpolitik während der Corona Pandemie fordert das ZFF krisenfeste Instrumente zur umfassenden Unterstützung zur Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Familienleben in Deutschland diskutiert der Bundestag heute Anträge der Oppositionsparteien zur Familienpolitik in Zeiten der Krise und darüber hinaus. Zur Debatte stehen Instrumente für eine bessere Vereinbarkeit, wie die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld oder verlässliche Lohnentschädigungen für Eltern, deren Kinder von coronabedingten Schließungen der Betreuungseinrichtungen betroffen sind.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „In Zeiten der Corona-Pandemie zeigen sich die enormen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit noch deutlicher. Viele Eltern sind jetzt schon vollkommen ausgebrannt. Angesichts dramatisch steigender Neuinfektionen stehen Eltern bundesweit vor der Aufgabe, die Quarantäne zu meistern, etwa wenn das Kind selbst erkrankt ist oder Kita und Schule wegen Corona-Fällen geschlossen sind. Nach wie vor übernehmen dabei Frauen den Löwenanteil der anfallenden Sorgearbeit und sind von den wirtschaftlichen Krisenauswirkungen in deutlich größerem Umfang betroffen.“

Altenkamp weiter: „Es ist an der Zeit, die Familienpolitik stärker in das Zentrum der Krisenpolitik zu rücken und die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit besser zu unterstützen. Neben den bereits beschlossenen Maßnahmen, wie der Erhöhung des Kurzarbeitergeldes oder dem Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz, wäre die von Grünen und Linken geforderte Ausweitung des Kinderkrankengeldes sehr zu begrüßen. Allerdings muss diese geschlechtergerecht ausgestaltet werden, etwa durch Anreize zur partnerschaftlichen Aufteilung der Betreuung erkrankter Kinder. Um Eltern über die Krise hinaus zu unterstützen, ist es aber dringend geboten, endlich längerfristige Maßnahmen für eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit auszubauen.“

Das Positionspapier "Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?" finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.10.2020

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert angesichts der heutigen Plenardebatte familienpolitische Reformen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Familien abzumildern.

Im Frühjahr 2020 hatte der Lockdown viele Familien hart getroffen. Zukunftsängste, erhebliche Geldsorgen sowie seelische und körperliche Erschöpfung haben den familiären Alltag über Monate geprägt.

„In der Corona-Krise haben sich Familien von der Politik enttäuscht und allein gelassen gefühlt“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes und fordert Reformen. „Familien sind das Rückgrat unseres Staates. Wer ihre Wünsche und Forderungen in der größten Krise nach Kriegsende vernachlässigt, stärkt nur die extremen Ränder unserer politischen Landschaft.“

Der DFV fordert zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien u.a. folgende Maßnahmen im Rahmen eines Solidarpaktes für Familien:

  • Regelmäßige und öffentliche Einschätzungen der aktuellen Pandemie-Auswirkungen auf Familien durch das Bundesfamilienministerium
  • Einbindung des Bundesfamilienministeriums in das „kleine Corona-Kabinett“ der Bundesregierung. Familienverbände sollten durch das Ministerium für die Lagebeurteilung einbezogen werden
  • Digitalisierung der Beantragung von Familienleistungen
  • Lohnentschädigungen für Eltern bei Ausfall des Regelbetriebs von Schulen, Kitas und Kindergärten
  • Deutliche Ausweitung der maximalen Anzahl der Krankentage pro Kind für Eltern von bisher 10 auf mindestens 30 Tage. Übersendung eines ärztlichen Attest an den Arbeitgeber erst ab dem vierten anstatt ersten Tag sowie Anhebung der Krankengeld-Altersgrenze von Kindern vom zwölften auf das vierzehnte Lebensjahr (§ 45 SGB V)
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeitmodelle und geförderte Familienarbeitszeitkonten
  • Einführung eines Kinderfreibetrages in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zur Entlastung von Eltern während der Zeit der Kindererziehung
  • Reform des Kindergeldes und Anpassung auf 330 Euro je Kind und Monat
  • Investitionen in den Gesundheitsschutz in Schulen, Kitas und Kindergärten zur Verminderung/Ausschluss einer Virus-Verbreitung
  • Implementierung digitaler Bildung bei der Ausbildung zukünftiger Lehrer, Unterstützung der Schulen mit finanziellen und technischen Mitteln, strukturierte Fortbildungsangebote für Schüler, ihre Eltern und Lehrer, pädagogische Lernsoftware, moderne und datenschutzsichere Lernplattformen sowie digitale Zugangsgerechtigkeit, die alle Familien bei der digitalen Bildung gleichermaßen in den Blick nimmt
  • Entlastung von Familien durch Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 % für Kinderprodukte
  • Mutter-/Vater-Kind-Kuren sind, bevor Eltern und Kinder durch Belastung und Überforderung krank werden, die beste präventive Familien- und Gesundheitspolitik. Es muss sichergestellt werden, dass kurbedürftige Eltern die ihnen zustehenden Leistungen in der Verwaltungspraxis umfassend, zügig und in geeigneter Form erhalten
  • Notwendigkeit einer Familienverträglichkeitsprüfung von Gesetzen: Auf allen politischen Ebenen fallen regelmäßig Entscheidungen an, die den Alltag der Familien betreffen. Auf allen politischen Ebenen muss deshalb eine Familienverträglichkeitsprüfung eingeführt werden, die Vorhaben und Vorschriften darauf prüft, ob sie der Familie nutzen, ihr schaden oder sie nicht tangieren

„Ohne Familien ist kein Staat zu machen. Ohne starke Familien ist keine Krise zu überwinden“, sagt Verbandspräsident Zeh. „Familien brauchen gerade jetzt Unterstützung in der Bewältigung der Corona-Krise.“

Weitere Informationen

„Solidarpakt für Familien“: Grundsatzprogramm und Forderungen des Deutschen Familienverbandes (PDF)

Erklärfilm zur Reform des Kindergeldes

Erklärfilm zur Einführung eines Kinderfreibetrages in der Sozialversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 28.10.2020

Der Familienbund der Katholiken fordert angesichts drastisch steigender Infektionszahlen und der dazu beschlossenen Maßnahmen von Bund und Ländern die rasche Einberufung eines Nationalen Familiengipfels. „In Anbetracht eines anstehenden Teil-Lockdowns ist es dringend notwendig, die Lage von Familien und der mit ihnen eng verbundenen Institutionen wie Schulen und Kitas in einer Gesamtstrategie in dempolitischen Handeln zur Pandemiebekämpfung zu berücksichtigen“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. Die Forderung ist eine von insgesamt zehn, die der Verband heute erstmals vorstellte. In dem Zehn-Punkte-Plan für Familien in der Corona-Krise fordert der Verband die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern auf, Leitlinien für mehr Geld und Personal an Schulen und Kitas zu formulieren. „Sie sind seit Monaten ebenso überfällig wie eine grundlegende und einheitliche Digitalisierung von Schulen, um den Schulbetrieb auch in Phasen von möglichen Schulschließungen aufrecht erhalten zu können. Dafür braucht es auch kreative und lebensnahe Konzepte“, heißt es in dem Papier des Familienbundes der Katholiken. Hoffmann betonte: „Bei allem, was jetzt in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt, muss Familie menschlich lebbar bleiben. Dazu gehört vor allem auch, dass das Homeoffice im Fall von Schul- und Kitaschließungen durch eine finanziell unterstützte Corona-Elternzeit ersetzt wird.“

Hoffmann begrüßte, dass die Politik aus den Erfahrungen des Lockdowns im Frühjahr gelernt habe, und Schulen wie auch Kitas so lange wie möglich offenhalten wolle. „Verlässlichkeit für Familien bei der Kinderbetreuung, der frühkindlichen und schulischen Bildung ist auch in Zeiten einer Pandemie unerlässlich“, sagte er. „Eine flächendeckende Schließung der Kitas und Schulen darf sich deshalb nicht wiederholen. Bildung und Betreuung müssen krisenfest aufgestellt werden und Vorrang haben. Familien brauchen deutschlandweit ein verlässliches Schul- und Kitaangebot.“

Corona-Elternzeit und -Elterngeld statt Homeoffice

Sollten Schul-und Kitaschließungen dennoch unumgänglich werden, fordert der Familienbund der Katholiken ein grundsätzlich anderes Vorgehen als im Frühjahr: „Statt der Parallelisierung von Homeoffice, Homeschooling und Homework auf dem Rücken der Familien muss eine Corona-Elternzeit und ein daran gekoppeltes Corona-Elterngeld eingeführt werden“, sagte Hoffman. „Mütter und Väter mit Kindern bis zu 14 Jahren müssen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht haben, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“ Die immensen Mehrfachbelastungen,die Familien im ersten Lockdown zu bewältigen hatten, dürften sich nicht wiederholen. „Homeoffice ist kein Betreuungsmodell und kein Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas.“

Nach den Plänen des Familienbundes der Katholiken sollten alle Familien, die in der Corona-Krise von der Elternzeit Gebrauch machen, automatisch den Anspruch auf das Corona-Elterngeld haben. „Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern und dadurch Gehaltseinbußen erleiden, müssen finanziell unterstützt werden“, so Hoffmann weiter. Das Corona-Elterngeld berechnet sich als Lohnersatzleistung prozentual aus dem bisherigen Einkommen der Eltern, sollte aber mindestens 300 Euro betragen. Anders als der von der Koalition beschlossene „Kinderbonus“ wird das Corona-Elterngeld nicht mit dem Kinderfreibetrag verrechnet. „Eine solche Leistung trägt dazu bei“, so Hoffmann, „die besonderen familialen Belastungen aller Familien während der pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen zu kompensieren – kontinuierlich, familiengerecht und angemessen. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren.“

Grundlegende Korrekturen fordert der Familienbund auch beim Kurzarbeitergeld, um es an die „Lebenswirklichkeit von Familien anzupassen“: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“, sagte Hoffmann. „Eltern mit mehreren Kindern sind auch mit höheren Ausgaben aufgrund der Lebensmittelversorgung oder auch der Größe des benötigten Wohnraumes konfrontiert. Das Kurzarbeitergeld muss der ökonomischen Lebenswirklichkeit von Familien gerecht werden und muss deshalb dringend angepasst werden. Das Kurzarbeitergeld für Eltern muss mindestens eine Höhe von 80 Prozent des Gehalts haben, nach der Kinderzahl gestaffelt sein und ab dem dritten Kind das bisherige Einkommen komplett ersetzen.“

Die bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien

Für unzureichend hält der Familienbund der Katholiken auch die jüngsten Änderungen zur Bewilligung von Kinderkrankentage für Eltern. Derzeit sind für Elternpaare jeweils fünf zusätzliche Tage vorgesehen, für Alleinerziehende zehn. „Das ist sinnvoll. Die Pandemie wird aber auch im Jahr 2021 noch nicht überwunden sein. Weil absehbar ist, dass in dieser an-gespannten Zeit viel mehr Kinder aufgrund von Erkrankungen die Schule oder die Kita nicht besuchen können, ist eine Aufstockung der Kinderkrankentage für das nächste Jahr auf 20 Kinderkrankentage für Mütter und Väter nötig. Erkrankte Kinder nicht in Kita und Schule zu schicken, trägt wesentlich zum Infektionsschutz bei. Die heute bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien ab dem dritten Kind. Das ist nicht zu rechtfertigen. Diese Regelung muss deshalb gestrichen werden.“

Den Zehn-Punkte-Plan des Familienbundes der Katholiken finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –Bundesverband vom 29.10.2020

Heute äußern sich Bundesministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesminister Jens Spahn in einer Pressekonferenz zur Situation von Kitas in der Corona-Pandemie. Die Arbeiterwohlfahrt fordert zu diesem Anlass bundeseinheitliche Regelungen und Schutzmaßnahmen sowie Entlastung und Unterstützung für die Kindertagesbetreuung, um Schließungen zu verhindern.

Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzende der AWO, erklärt dazu: „Die flächendeckenden Schließungen während des ersten Lockdowns haben viele Familien an ihre Grenzen gebracht. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass sich diese Situation angesichts der verschärfenden Pandemieentwicklung wiederholt. Die Kitas müssen geöffnet bleiben.“

Zu Beginn der Pandemie waren deutschlandweit Kitas geschlossen worden, während es kaum Unterstützungsangebote für die betroffenen Familien und keine Alternativen gegeben hatte, um die verpassten Angebote frühkindlicher Bildung auszugleichen. Gleichzeitig mussten Sicherheits- und Hygienekonzepte für Kitas erst entwickelt werden, um den Betrieb wieder sicher aufnehmen zu können.

Stadler: „Seit dem ersten Lockdown haben wir viel dazu gelernt. Es gab wichtige Diskussionen und zum Beispiel mit dem Corona-Kita-Rat kommen wertvolle Impulse für die Aufrechterhaltung der Kindertagesbetreuung während der Pandemie. Jetzt ist die Zeit gekommen, dem Taten folgen zu lassen. Weder die Eltern und Kinder noch die Mitarbeitenden dürfen sich selbst überlassen werden.“

Dafür seien es bundeseinheitliche verbindliche Regelungen und umsetzbare Schutzmaßnahmen nötig. Dazu zählten laut Arbeiterwohlfahrt eine sinnvolle Teststrategie, klare Vorgaben zum Umgang mit Krankheitssymptomen und Unterstützung durch die Gesundheitsbehörden.

„Die letzten Monate haben unseren Mitarbeiter*innen sehr viel abverlangt. Wir erleben sie in ihrer Arbeit als hochengagiert und haben ihnen viel zu verdanken“, so Stadler, „Aber ihre Situation ist angespannt, Corona lässt uns den Fachkräftemangel deutlich spüren und bereits jetzt lassen sich teilweise massive Personalausfälle in den Einrichtungen verzeichnen. Wir brauchen schlicht mehr Personal, wenn wir eine pandemiekonforme Kinderbetreuung gewährleisten wollen. Für den kommenden Winter braucht es daher schnelle Lösungen, klare Regeln und Unterstützung in der Umsetzung von weiteren Maßnahmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk verurteilt die geplanten deutschlandweiten Aktionen der Initiative „Querdenken 711“ vor Schulen gegen das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auf das Schärfste. „Nach unseren Informationen sollen Kinder nächsten Montag auf dem Schulweg angesprochen, und ihnen eine unwirksame Maske mit einem Logo der Initiative und eine CO2-Messung unter dieser Maske angeboten werden, um auf die angebliche Gefährlichkeit und Unwirksamkeit der Masken hinzuweisen. Das ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine perfide Instrumentalisierung von Kindern zur Durchsetzung politischer Interessen. Dem muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln ein Riegel vorgeschoben werden“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft alle Eltern in Deutschland dazu auf, ihre Kinder auf die geplante Aktion hinzuweisen und ihnen den Rücken zu stärken, damit sie sich nicht verunsichern lassen. Auch wenn das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht immer angenehm ist, lässt uns der Infektionsschutz leider derzeit keine andere Wahl. Wir fordern die Verantwortlichen der Initiative ‚Querdenken 711‘ unmissverständlich auf: Finger weg von unseren Kindern!“, so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss alles dafür getan werden, damit das Recht auf Bildung in Schulen und Kitas während der Corona-Pandemie gewährleistet bleibt. Dazu gehört auch das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum, um die steigende Zahl von Infektionen zu reduzieren und somit vor allem Risikogruppen zu schützen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 05.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, den Interessen und Bedarfen der rund 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland Vorrang einzuräumen. Neben dem Gesundheitsschutz und den Interessen von Landesregierungen und Kultusbehörden müssen dabei auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Das Recht auf Bildung muss während der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben, hier ist der Bund gefordert, die Länder und Schulträger bei der Offenhaltung der Schulen auch finanziell zu unterstützen. Die Schulträger sollten gemeinsam mit den Schulkonferenzen situationsangemessene Entscheidungen treffen können, wie sie diese finanzielle Unterstützung des Bundes einsetzen, um das Lernen in Zeiten der Pandemie weiterhin zu ermöglichen. Auch die Kitas in Deutschland brauchen Unterstützung, um ihrem Bildungsauftrag weiter nachkommen zu können.

"Mit den Geldern könnten beispielsweise alternative Räumlichkeiten für den Schulunterricht angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen zu ermöglichen. Und auch die Anschaffung von Luftfilteranlagen kann ein wichtiger Baustein für die Offenhaltung der Schulen sein. Das darf nicht an den Kosten scheitern", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben finanziellen Zusagen zur Unterstützung der Bildungseinrichtungen muss die Handlungsfähigkeit von Schulen und Kitas auch über bürokratiearme und praxisnahe Formen der Lehr- und Lerndigitalisierung und vor allem durch personelle Aufstockungen unterstützt werden. Zusätzlich muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schule und Kita regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein. Daneben müssen alternative Modelle wie "Grüne Klassenzimmer", pädagogische Konzepte wie "Waldschulen" und "Waldkitas" oder Kooperationen mit außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Jugendfarmen in die Überlegungen einbezogen werden.

"Wir brauchen endlich umfassende Konzepte, um bei den derzeit stark steigenden Infektionszahlen in der Fläche komplette Schließungen der Bildungseinrichtungen zu verhindern. Notwendig ist dafür ein Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten", so Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.10.2020

Zum Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder ruft der Kinderschutzbund dazu auf, Kitas und Schulen offen zu halten.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist der Kinderschutzbund besorgt über die Lage von Kindern und Jugendlichen. Bundeskanzlerin Merkel hat verlauten lassen, dass in den morgigen Beratungen härtere Maßnahmen zu Gunsten der Offenhaltung von Schulen und Kitas vereinbart werden müssten. Hierzu erklärt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers:

„Die Bundeskanzlerin setzt die richtigen Prioritäten. Die Schließung von Kitas und Schulen muss – anders als im ersten Lockdown – die ultima ratio sein. Ich rufe die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten daher auf, die morgigen Beratungen in diesem Sinne zu führen und konsequent gegen die Verbreitung des Coronavirus vorzugehen. “

Der Kinderschutzbund hat Verständnis für die Herausforderungen der Güterabwägung.

„Mir ist sehr bewusst, wie existentiell Einschränkungen etwa im Bereich der Gastronomie sind. Wirtschaftliche Ausfälle können aber mit staatlichen Hilfen abgefedert werden. Eine erneute Schließung von Kitas und Schulen hingegen wird Eltern, insbesondere Mütter, erheblich belasten. Die Rechte der Kinder auf Bildung und Förderung sind dann nicht mehr garantiert. In familiären Krisensituationen kann außerdem nur ein funktionierendes soziales Netz aus Kinderärztinnen und- ärzten, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern den Schutz von Kindern gewährleisten. “, fügt Hilgers hinzu.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 27.10.2020

Die eaf begrüßt, dass Kinderkrankentage und der Unterstützungsbedarf von Familien mit Kindern heute im Plenum des Deutschen Bundestages Thema sind. Mit einem Gesetzentwurf und zwei Anträgen sucht die Opposition nach Lösungen für Familien, die mit den derzeitigen Ansprüchen auf Kinderkrankengeld und Entschädigungen voraussichtlich nicht gut durch die Pandemie kommen werden. In den kommenden Herbst- und Wintermonaten ist mit einer weiterhin deutlich erhöhten Belastung der Eltern zu rechnen, die kranke Kinder betreuen oder Schul- und Kitaschließungen auffangen müssen.

Die Ausweitung der Kinderkrankentage ist derzeit bis Ende 2020 befristet. „Die zusätzlichen Belastungen für Familien werden nicht pünktlich zum Jahresende vorbei sein, Familien benötigen deshalb eine sichere Perspektive. Noch in diesem Jahr sollte daher beschlossen werden, dass auch in 2021 dreißig Kinderkrankentage genommen werden können“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf. „Zusätzlich sollte die Attestpflicht ausgesetzt werden, um Eltern und Kinderarztpraxen gleichermaßen zu entlasten.“

Vor dem Hintergrund der wieder ansteigenden Infektionszahlen muss die Lage der Familien
stärker als zu Beginn der Pandemie in den Mittelpunkt gerückt werden. Die eaf kritisiert, dass
bei den Lockerungen des Lockdowns im Frühjahr Fitnessstudios, Friseure, Baumärkte und Anderes
Vorrang vor der Wiedereröffnung von Schulen, Kitas und Spielplätzen hatten. Kinder und
Jugendliche gehörten zu den letzten Gruppen, für die schrittweise Lockerungen beschlossen
wurden. Ihre Bedürfnisse wurden dadurch vernachlässigt, die psychosozialen Folgen fehlender
Kontakte unterschätzt und die Verschärfung von Bildungsungleichheit in Kauf genommen.
Rettungsschirme für die soziale Infrastruktur kamen zuletzt oder gar nicht. „Eine solche niedrige
Priorisierung von Familien darf sich nicht nochmal wiederholen“, so Bujard. Die eaf macht sich
deshalb dafür stark, im aktuellen Pandemiegeschehen die Aufrechterhaltung der Infrastrukturen
für Kinder und Jugendliche mit politischem Nachdruck zu unterstützen und für funktionierende
Hygienekonzepte zu sorgen.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 28.10.2020

Minijobsektor in Deutschland ist seit Arbeitsmarktreform 2003 stark gewachsen – Immer mehr Menschen üben Minijob als Zweitjob aus – Geringe Absicherung sorgt in Krisen wie der Corona-Pandemie für schnelle Jobverluste – Reform der Minijobs ist überfällig

Die Corona-Krise hat für viele geringfügig Beschäftigte, die sogenannten MinijobberInnen, gravierende Folgen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Um 850000 oder zwölf Prozent lag die Zahl der MinijoberInnen im Juni 2020 demnach niedriger als ein Jahr zuvor. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist im selben Zeitraum um lediglich 0,2 Prozent gesunken. Der entscheidende Unterschied: Beschäftige in Minijobs haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Zudem erhalten viele nur einen befristeten oder gar keinen Arbeitsvertrag. Und schließlich sind von den Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vor allem Branchen mit einem hohen Anteil an Minijobs betroffen, beispielsweise das Gastgewerbe oder die Veranstaltungsorganisation. Von denjenigen, die im Jahr 2019 ausschließlich einen Minijob hatten, ist im Frühjahr 2020 fast die Hälfte keiner bezahlten Tätigkeit mehr nachgegangen.

„MinijobberInnen verlieren in einer Wirtschaftskrise vergleichsweise schnell ihre Beschäftigung, deshalb trifft sie die derzeitige Situation besonders hart – sie gehören auf jeden Fall zu den VerliererInnen der coronabedingten Rezession“, sagt Markus Grabka, Mitglied im Direktorium des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin. „Doch auch unabhängig davon ist eine Reform der Minijobs überfällig. Der Bereich der geringfügigen Beschäftigung ist in den vergangenen Jahren sehr groß geworden, und gleichzeitig hat sich oftmals die Hoffnung, Minijobs könnten eine Brücke in normale sozialversicherungspflichtige Jobs sein, nicht erfüllt“, so Grabka.

Minijobs werden häufig von Frauen ausgeübt

Insgesamt ist die Zahl der MinijobberInnen seit den Arbeitsmarktreformen Anfang des Jahrtausends enorm gestiegen: In den Jahren 2003 bis 2019 um 43 Prozent auf 7,6 Millionen, wie Grabka und seine Co-Autoren Konstantin Göbler und Carsten Braband anhand von Daten des SOEP, der Minijobzentrale und der Bundesagentur für Arbeit zeigen. Knapp 19 Prozent aller ArbeitnehmerInnen in Deutschland waren damit zum Stichtag im Juni des vergangenen Jahres geringfügig beschäftigt. Zählt man sämtliche in einem Kalenderjahr ausgeübten Minijobs, die nicht selten nur auf wenige Wochen oder Monate angelegt sind, liegt die Zahl sogar noch höher – im Jahr 2018 beispielsweise bei etwa 13 Millionen.

Besonders auffällig ist, dass immer mehr Menschen einen Minijob als Nebentätigkeit ausüben. Im Jahr 2019 traf dies auf rund drei Millionen zu, ein Anteil von 39 Prozent an allen Minijobs. Im Jahr 2003 waren es nur 17 Prozent. Offenbar sind immer mehr ArbeitnehmerInnen auf einen Hinzuverdienst in Form eines Minijobs angewiesen. Dafür spricht auch der vergleichsweise geringe Bruttolohn von rund 1700 Euro, den solche MinijobberInnen in ihrer Haupttätigkeit erhalten. Die Zahl der Personen, die einem Minijob als Haupttätigkeit nachgehen, ist hingegen zwischen 2003 und 2019 fast unverändert geblieben. Darunter befinden sich vor allem Frauen – ihr Anteil beträgt zwei Drittel. MinijobberInnen leben insgesamt häufiger in den westdeutschen Ländern und sind überdurchschnittlich oft jünger als 25 Jahre oder älter als 65 Jahre.

Absenkung der Minijobschwelle ist ein möglicher Reformschritt

Nach Ansicht der Studienautoren stellt sich angesichts des enorm gewachsenen Minijobsektors die Frage, ob diese Jobs durch die Befreiung von Steuern und Sozialabgaben überhaupt privilegiert sein sollten. Das Sprungbrett in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist ein Minijob oftmals nicht, das Problem der drohenden Altersarmut bleibt bei vielen MinijobberInnen ungelöst. Hinzu kommt, dass die Minijob-Regelungen in Kombination mit dem Ehegattensplitting und der beitragsfreien Mitversicherung für EhepartnerInnen sehr starke Anreize für verheiratete Frauen setzen, keine Beschäftigung oberhalb der Minijobgrenze aufzunehmen.

„Nötig sind Anreize, mehr Minijobs in sozialversicherungspflichtige und somit besser abgesicherte Jobs umzuwandeln“, sagt Grabka. Denkbar sei beispielsweise, die Minijobschwelle von derzeit 450 auf 300 Euro pro Monat abzusenken. Damit würde den Unternehmen immer noch ein gewisses Maß an Flexibilität zum Abarbeiten von Auftragsspitzen oder für klassische Nebentätigkeiten wie die Zeitungszustellung geboten. Außerdem sollte den Studienautoren zufolge die Sozialabgabenpflicht für Minijobs, die als Nebentätigkeit ausgeübt werden, wieder eingeführt werden – von diesem Privileg profitieren nämlich auch höhere Einkommensgruppen, die darauf gar nicht angewiesen sind.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 04.11.2020

Die Corona-Pandemie vergrößert die soziale Ungleichheit in Deutschland. Denn von Einkommensverlusten sind überdurchschnittlich oft Menschen betroffen, die schon zuvor eine schwächere Position auf dem Arbeitsmarkt hatten. So haben Personen mit Migrationshintergrund bislang häufiger an Einkommen eingebüßt als Personen ohne familiäre Zuwanderungsgeschichte. Erwerbstätige mit ohnehin niedrigen Einkommen sind stärker betroffen als solche, die bereits vor der Pandemie mehr Geld zur Verfügung hatten. Auch wer in einem atypischen oder prekären Job arbeitet, etwa als Leiharbeiter oder Minijobberin, hat im Zuge der Krise häufiger Einkommen verloren als stabil Beschäftigte. Ebenso sind Eltern öfter mit Einkommensverlusten konfrontiert als Kinderlose. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer Panel-Befragung von mehr als 6000 Erwerbspersonen, also Erwerbstätigen sowie Arbeitslosen.*

Es zeige sich, „wie die Krise bereits bestehende soziale Ungleichheiten verschärft, da sie vor allem jene trifft, die auch vor der Krise über eher geringe Ressourcen verfügten“, schreiben Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, und ihr Ko-Autor Dr. Andreas Hövermann. Gleichzeitig machten die Befragungsdaten deutlich, dass bewährte Schutzmechanismen auch in der Ausnahmesituation der Covid-Krise funktionieren, betonen sie. So mussten Beschäftigte, die in Betrieben mit Tarifvertrag und Betriebsrat arbeiten, im Vergleich seltener auf Einkommen verzichten. Es komme auf den Zugang zu solchen Absicherungen an. Wenn der bei vielen Menschen eingeschränkt sei, könne das negative Folgen für die Demokratie haben, warnen die Wissenschaftler. Ein Indiz dafür: Befragte, die durch Einkommensverluste belastet sind, beurteilen die politische und soziale Situation in Deutschland insgesamt deutlich kritischer. Und sie zeigen sich im Durchschnitt empfänglicher für Verschwörungsmythen zur Pandemie.

Für ihre Untersuchung haben Kohlrausch und Hövermann die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Dafür wurden in zwei Wellen im April und Ende Juni jeweils mehr als 6.000 Menschen wiederholt interviewt. Die Online-Umfrage bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Das erlaubt es, die Betroffenheit von Einkommensverlusten und die Wahrnehmung von (mangelnder) sozialer Gerechtigkeit bei der Pandemie-Abwehr detailliert auszuleuchten:

Knapp ein Drittel berichtet von Einkommensverlusten

Rund 32 Prozent der mehr als 6000 zweimal Befragten gaben an, im April und/oder im Juni durch die Pandemie Einkommenseinbußen erlitten zu haben. Im Zeitverlauf stieg der Wert von 18,5 Prozent im April auf 26 Prozent im Juni. Parallel zur Lockerung der Kontaktbeschränkungen in diesem Zeitraum sank aber gleichzeitig der Anteil der Personen, die befürchteten, in naher Zukunft Einkommen zu verlieren. Unter dem Strich sagten im April knapp 49 Prozent, sie hätten entweder bereits Einkommen eingebüßt, oder sie rechneten damit. Im Juni waren es gut 44 Prozent, was die leichte Entspannung der Situation widerspiegelt. Männer berichteten im April etwas häufiger als Frauen von Einkommenseinbußen, dieser Unterschied verliert sich aber im Zeitverlauf weitgehend.

Mit Migrationshintergrund häufiger Einbußen, Tarif und Mitbestimmung schützen

In einem zweiten Analyseschritt haben die Forscherin und der Forscher über Regressionsrechnungen für verschiedene Personengruppen untersucht, ob sie über- oder unterdurchschnittlich oft von Einkommensverlusten betroffen sind. Dabei rechneten sie Hintergrundfaktoren wie beispielsweise unterschiedliche Bildungsniveaus oder die Beschäftigung in verschiedenen Branchen heraus, so dass auch vermeintlich kleine Differenzen beim jeweiligen Merkmal eine erhebliche Bedeutung haben können.

Das gilt beispielsweise für den Migrationshintergrund: Befragte mit einer familiären Zuwanderungsgeschichte haben um knapp sechs Prozent häufiger Einkommen eingebüßt als Befragte ohne diesen Hintergrund. Ein besonders auffälliger Befund, betont WSI-Direktorin Kohlrausch: „Menschen mit Migrationshintergrund leiden spürbar häufiger finanziell unter der Pandemie, unabhängig etwa von ihrem Schulabschluss oder Qualifikationsniveau. Möglicherweise ist das ein Indiz für Diskriminierungsprozesse.“ Ebenfalls signifikant und problematisch ist nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann, dass Eltern um sieben Prozent häufiger auf Einkommen verzichten mussten als Kinderlose.

Auch wer schon vor der Corona-Krise ein niedriges Einkommen hatte, musste dazu noch überdurchschnittlich oft Verluste verschmerzen. Wie ausgeprägt diese Belastung ist, zeigt sich, wenn man die Befragten je nach ihrem individuellen Nettoeinkommen in mehrere Gruppen einteilt. Mit absteigendem Einkommen nimmt die Quote der von Einkommensverlusten Betroffenen zu, und zwar, mit einigen Sprüngen, um durchschnittlich zwei Prozentpunkte je Gruppe. In einem leicht vereinfachten Analysemodell mit insgesamt neun Einkommensgruppen können Kohlrausch und Hövermann den Effekt noch detaillierter zeigen: So haben in der „unteren“ Einkommensgruppe mit maximal 900 Euro netto monatlich fast 48 der Befragten Einkommenseinbußen erlitten, während es in der „obersten“ Gruppe mit mehr als 4500 Euro netto knapp 27 Prozent waren (siehe Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Über die Regressionsrechnungen lassen sich auch die Hintergründe von Einkommensverlusten analysieren: Wenig überraschend, waren Selbständige stark überdurchschnittlich betroffen, vor allem während der Geschäftsschließungen im April. Auch Arbeiterinnen und Arbeiter berichteten etwas häufiger von Einkommenseinbußen. Bei ihnen wie bei anderen abhängig Beschäftigten war Kurzarbeit ein häufiger Grund für reduzierte Einkommen – deutlich vor einem Jobverlust in der Pandemie. „Kurzarbeit ist ein sehr wertvolles Instrument, um in der Krise Beschäftigung zu sichern. Aber die Daten zeigen auch, dass die Beschäftigten dafür einen Preis zahlen“, sagt Forscher Hövermann dazu. Die Datenanalyse macht zudem deutlich, dass Erwerbstätige am deregulierten Rand des Arbeitsmarktes besonders von der Krise getroffen sind, während andererseits tarifliche Schutzmechanismen und Mitbestimmung greifen. So berichteten Befragte in Leiharbeit oder Minijobs jeweils um rund elf Prozent häufiger von Einkommensverlusten als Befragte, die nicht in Leiharbeit beschäftigt sind. Hingegen fiel das Risiko bei unbefristeter Beschäftigung oder in Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat signifikant niedriger aus.

Menschen mit Einkommensverlust sorgen sich öfter um Demokratie – und glauben eher an Instrumentalisierung von Corona

Fragen zu Belastungen, Sorgen und individuellen Deutungen in der Corona-Krise sind ebenfalls Teil der Erwerbspersonenbefragung. Führt man die Antworten mit den Daten zu Einkommensverlusten zusammen, zeigt sich nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann ein deutlicher Trend: Befragte, die Einkommensverluste erlitten haben, machen sich nicht nur weitaus häufiger Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Situation (rund 31 Prozent vs. acht Prozent bei Befragten ohne Einbußen), sie sehen auch größere Gefahren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Deutschland. So sorgten sich im Juni 38 Prozent der Befragten mit und 31 Prozent ohne Einbußen um die Entwicklung der sozialen Ungleichheit im Land. 40 Prozent mit vs. 32 Prozent ohne Einkommensverluste äußerten Bedenken „dass die Einschränkungen der Grundrechte“ nach der Krise nicht vollständig zurückgenommen würden.

„Offensichtlich wird, dass sich diejenigen, die individuell negative ökonomische Krisenfolgen erlitten haben, auch in ihrem Blick auf die Gesellschaft als Ganzes von denjenigen ohne Einbußen unterscheiden – und zwar, indem sie sich deutlich sorgenvoller bis demokratiekritischer äußern“, konstatieren Kohlrausch und Hövermann. Das gehe bei manchen soweit, dass die Empfänglichkeit für Verschwörungsmythen spürbar erhöht ist. So stimmten im Juni von den Befragten mit Verlusten knapp 45 Prozent der Aussage zu: „Ich kann mir vorstellen, dass die Pandemie von Eliten benutzt wird, um die Interessen von Reichen und Mächtigen durchzusetzen.“ Unter denen, die keine Einbußen erlitten hatten, waren es 36 Prozent. Solche Werte sollten unbedingt ernst genommen werden, mahnen Kohlrausch und Hövermann: „Vor dem Hintergrund des Befundes, dass Gehaltseinbußen sowie die Wahrnehmung einer ungleichen Verteilung der Krisenlasten auch gesamtgesellschaftlich destabilisierend wirken können, ist es zentral, bei weiteren Maßnahmen zur Krisenbewältigung nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die Entwicklung der sozialen Gerechtigkeit im Blick zu haben.“

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.10.2020

Alle Zahlen zeigen: Partnerschaftsgewalt findet verstärkt in der Coronakrise statt. Die Beratungsanfragen beim bundesweiten Hilfetelefon liegen 20 Prozent über den Zahlen des Vorjahres. Die Berliner Gewaltschutzambulanz der Charité behandelte bereits im Juni 2020 30 Prozent mehr und schwerere Fälle als im Jahr zuvor. Für Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder ist es umso wichtiger zu wissen, dass Beratung, Schutz und Hilfe jederzeit garantiert werden.

Die AWO hat ein Forderungspapier für die Sicherstellung der Hilfeangebote gegen Gewalt an Frauen erarbeitet. Sie fordert darin den überregionalen und schnellen Zugang zu Schutz, Hilfe und Beratung, sofortige Corona-Testmöglichkeit für Frauenhäuser und eine finanzielle Absicherung der Mehrbedarfe an Räumlichkeiten und Fachpersonal.

Wolfgang Stadler, AWO-Bundesvorsitzender, erklärt hierzu: „Gewaltbetroffene Frauen sollen die Gewissheit haben, dass sie die Gewaltsituation jederzeit verlassen können und Schutz, Hilfe und Beratung erhalten. Gewaltschutz muss durch die Gesellschaft grundsätzlich gesichert sein. Frauengewaltschutz ist systemrelevant. Dafür brauchen wir eine entsprechende Ausstattung und Unterstützung während der Pandemie.“

Steigende Infektionszahlen erschweren es vielen Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sich über Hilfen zu informieren. Fehlende soziale Außenkontakte, die Angst vor Ansteckung und die Nähe zum gewalttätigen Partner hemmen die Entscheidung, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder Zuflucht in einer Schutzeinrichtung zu suchen.

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes bietet in vielen Frauenhäusern und weiteren Schutzwohnungen sowie in zahlreichen Fachberatungsstellen Unterkunft, Notfallhilfe, telefonische und digitale Beratung und Begleitung an. Allein in den Frauenhäusern der AWO finden jedes Jahr mehr als 1.500 Frauen und 1.600 Kinder Zuflucht vor häuslicher Gewalt.

Das Forderungspapier können Sie unter folgendem Link herunterladen: https://www.awo.org/frauen-muessen-vor-gewalt-geschuetzt-werden-auch-waehrend-der-corona-pandemie

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.10.2020

Vertreter der Bundesregierung und zivilgesellschaftlicher Organisationen kommen heute zum zwölften Integrationsgipfel zusammen. Im Zentrum der Beratungen steht die Corona- Pandemie. Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

"Die vergangenen Monate haben gezeigt: Corona trifft die am härtesten, die ohnehin mit den größten Problemen zu kämpfen haben. Dazu zählen die Geflüchteten in den Lagern an den EU-Außengrenzen, aber auch in Deutschland, die teils noch immer in beschämenden Zuständen leben müssen. Wo Menschen auf engstem Raum leben müssen, hat das Virus leichtes Spiel. Auch deshalb müssen wir von der menschenverachtenden Politik wegkommen, eine Flucht nach Europa so beschwerlich wie möglich zu machen."

Lilie zufolge trägt die Bundesregierung mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung, für pandemiefeste Lebensbedingungen in den Lagern zu sorgen. Das Gleiche gelte auch für die oft viel zu vollen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland. Es ist notwendig, die Belegung in den Unterkünften so zu organisieren, dass im Infektionsfall nicht wie im Frühjahr mehrere hundert Flüchtlinge zusammen unter Quarantäne gestellt werden müssen.

Zudem sind unbedingt Kettenquarantänen zu vermeiden, wobei Flüchtlinge die Unterkünfte über Wochen nicht verlassen können.

"Wir dürfen außerdem nicht zulassen, dass Corona die bisherigen Integrationserfolge zurückwirft", betont Lilie. So würden etwa die Beschäftigungsmöglichkeiten wegen der Pandemie immer weiter eingeschränkt: "Hier braucht es dringend gemeinsame Anstrengungen von Politik und Arbeitgebern, um die Wege in den Arbeitsmarkt offen zu halten." Außerdem müssten die Menschen in den Lagern besser über die Gefahren einer Ansteckung aufgeklärt werden, ergänzt

Lilie: "Nur wer verlässliche Informationen über die Pandemie und Schutzmöglichkeiten bekommt, kann sich und andere schützen. Dazu brauchen wir eine direktere Ansprache der Menschen in ihrer jeweiligen Landessprache."

"Flüchtlingslager dürfen keine Hotspots für Corona werden", unterstreicht Lilie.

"Das Virus macht keinen Unterschied zwischen Geflüchteten und den bereits hier lebenden Menschen – wir sollten dies auch nicht tun und sie genauso gut vor der Pandemie schützen."

Hintergrund:

Deutschland ist Einwanderungsland. 21 Millionen Einwohnende sind im Laufe ihres Lebens in die Bundesrepublik eingewandert, oder ihre Eltern sind es.

Koordiniert durch die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration erarbeitet die Bundesregierung einen neuen Nationalen Aktionsplan Integration.

Er soll bestehende Integrationsangebote bündeln, ergänzen, weiterentwickeln und steuern. Bis zum Ende der Legislaturperiode will die Bundesregierung dabei den Integrationsprozess in sogenannten Phasen Eins bis Fünf abbilden – von "Vor- Zuwanderung" im Herkunftsland über Erstintegration und Arbeitsmarkteingliederung bis zum "Zusammenwachsen" und "gesellschaftlichen Zusammenhalt".

Die Diakonie Deutschland beteiligt sich mit einem Kernvorhaben zur Internationalen Migrationssozialarbeit am NAP Integration.

Diakonietext Einwanderung und Einwanderungspolitik https://www.nationaler-aktionsplan-integration.de/napi-de

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.10.2020

Angesichts eines erneut drohenden Lockdowns mahnt der Paritätische Wohlfahrtsverband, hilfebedürftige Menschen in besonderen Krisensituationen nicht aus den Augen zu verlieren. Auch während eines Lockdowns müsse gewährleistet sein, dass Menschen in Not umfassende Hilfe, Beratung und Schutz erhalten. Der Verband fordert die Politik auf, alles dafür zu tun, dass entsprechende Angebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können und wo nötig Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden. Auch Soforthilfen für Betroffene dürften kein Tabu mehr sein.

Der Paritätische warnt, dass in den vergangenen Monaten zwar vielfach digitale Notlösungen in der sozialen Arbeit geschaffen wurde, diese aber nicht alle Menschen erreichen und in vielen Fällen den persönlichen, “analogen” Kontakt auch nicht ersetzen können. “Viele Angebote, beispielsweise in der Gesundheitsselbsthilfe, der Schwangerschaftskonfliktberatung oder der Suchtberatung, sind inzwischen digital erreichbar und nach den letzten Monaten auch erprobt. Was für den Friseur gelten mag, ist bei der sozialen Arbeit umso offensichtlicher: Persönliche Gespräche und Präsenzkontakte sind nie vollständig durch digitale Angebote zu ersetzen. Nicht jede*r Betroffene hat den nötigen digitalen Zugang, nicht jede persönliche Krise lässt sich virtuell lösen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Gerade in Krisenzeiten seien einsame, kranke und psychisch belastete Menschen auf ergänzende Hilfesysteme und persönliche Kontakte angewiesen.

In vielen Fällen gehe es zudem um praktische Unterstützung und Leistungen, die nicht virtuell zu ersetzen sind, mahnt der Verband und verweist exemplarisch auf Notunterkünfte für Obdachlose, Essensausgaben der Tafeln, Rehakurse für chronisch Kranke oder auch psychiatrische Tageskliniken oder Tagespflegeeinrichtungen, die alle im Rahmen des ersten Lockdowns im Frühjahr von Schließungen bzw. massiven Einschränkungen betroffen waren. Die Folgen für die Betroffenen waren dramatisch. “Es muss sichergestellt sein, dass jeder Mensch, der Hilfe braucht, diese auch während der Corona-Pandemie erhält. Keinesfalls dürfen wir in Kauf nehmen, dass Menschen in existenzieller Not, Pflegebedürftige oder Menschen mit chronischen Erkrankungen während eines erneuten Lockdowns auf der Strecke bleiben”, so Schneider.

Der Verband appelliert an die Politik, alles dafür zu tun, dass entsprechende Hilfsangebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können, sei es durch Zugang zu Schnelltests und Schutzausstattung, Förderung des Ausbaus krisentauglicher, auch digitaler Angebote, finanzieller Absicherung über das Jahresende hinaus und wo nötig der Schaffung von Ausweichmöglichkeiten im Falle von temporär angeordneten Schließungen (Beispiel: Obdachlosenunterkünfte). Darüber hinaus dürften auch Soforthilfen für Betroffene kein Tabu mehr sein. “Arme Menschen müssen durch finanzielle Hilfe in die Lage versetzt werden, existenzielle Grundbedürfnisse auch während dieser Krise zu decken”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 28.10.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag zur Beseitigung von Armut

Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung von Armut fordert das ZFF verbesserte Leistungen für Familien und Kinder in prekären Lebenslagen.

Hierzu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF: „Gerade vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen, neuer Kontaktbeschränkungen und der Gefahr zunehmender wirtschaftlicher und sozialer Krisenfolgen ist es unerlässlich, endlich schnelle Hilfen für arme Familien bereit zu stellen. Denn die Schwächeren in der Gesellschaft tragen derzeit eine Last, die sie kaum noch schultern können.

Viele arme Eltern sind ohnehin erschöpft, denn sie versuchen mit aller Kraft, dass ihre Kinder möglichst wenig unter ihrer Geldnot leiden. In Zeiten der Corona-Pandemie wird dies fast unmöglich. Es fehlt an Geld für neue technische Endgeräte und es fehlt an Raum für die Kinder und Jugendlichen, um in Ruhe Schularbeiten zu machen oder ungestört zu lesen. Viele Eltern fühlen sich darüber hinaus überfordert, die Aufgaben von Schule und Hort zu Hause mit ihren Kindern alleine zu bewältigen und ihre Kinder entsprechend zu fördern.“

Altenkamp fährt fort: „Angesichts der aktuellen Krisensituation muss daher sichergestellt werden, dass die Regelsätze krisenbedingt aufgestockt und alle Kinder und Jugendlichen über technische Endgeräte verfügen, die für ein reibungsloses Lernen zu Hause geeignet sind. Auch braucht es verstärkt Infrastrukturangebote, wie etwa die Familienbildung, die Familien bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben in dieser Ausnahmesituation unterstützen können.

Darüber hinaus appelliert das ZFF an die Politik, endlich konkret über eine Reform der Familienförderung nachzudenken. Seit 2009 setzt sich das ZFF gemeinsam mit einem breiten Bündnis für eine Kindergrundsicherung ein, die viele Familienleistungen bündelt, das derzeitige System vom Kopf auf die Füße stellt und alle Kinder besser fördert!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.10.2020

„In Deutschland hat Armut ein gravierendes Ausmaß angenommen: jedes fünfte Kind ist von Armut betroffen. Der Anteil der über 64-Jährigen, die armutsgefährdet sind, stieg in den vergangenen 15 Jahren von 11 auf 15,7 Prozent. Zugleich wächst der Besitz der Superreichen: auf der Welt gibt es nun 2.153 Milliardäre, während rund 690 Millionen Menschen hungern und ganze zwei Milliarden an Mangelernährung leiden. Bei der Armutsbekämpfung wurden keine Fortschritte gemacht, im Gegenteil – in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der hungernden Menschen weltweit um 60 Millionen erhöht. Auch die aktuelle Corona-Krise trifft die Ärmsten am härtesten. Statt Rüstungswettlauf und Geschenke an Großkonzerne brauchen wir eine seriöse und effiziente Strategie zur Armutsbekämpfung“, erklärt Zaklin Nastic, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober. Nastic weiter:

„Für Deutschland fordert DIE LINKE eine Erhöhung des Mindestlohns, eine sanktionsfreie Mindestsicherung und eine Mindestrente von 1050 Euro. Um dies zu finanzieren, muss abgerüstet werden, und die Superreichen müssen endlich ihren Anteil daran tragen. Aber auch weltweit brauchen wir eine Entwicklungspolitik, die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte wie das Menschenrecht auf Wohnen, auf Teilhabe und auf ein würdiges Leben in den Vordergrund stellt. Die erschreckende Armutsentwicklung weltweit hat die internationale Gemeinschaft zu verantworten. Länder wie Deutschland und die USA geben Unmengen an Geld für Aufrüstung aus, während die Armutsbekämpfung auf der Strecke bleibt. In Deutschland werden für die Rettung der Lufthansa neun Milliarden Euro Steuergeld ausgegeben – ohne eine Garantie für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu bekommen. Zugleich lässt man die Armen die Kosten der Corona-Krise tragen und die Mittelschicht verarmen. Das ist absurd, unverantwortlich und muss ein Ende haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 16.10.2020

Die Arbeiterwohlfahrt warnt vor einer sich verschärfenden sozialen Spaltung in Folge der Corona-Pandemie. Zum morgigen Internationalen Tag für die Beseitigung von Armut fordert sie entschlossenes Handeln der Politik. Anderenfalls drohe eine erheblich steigende Ungleichheit, so Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des Verbandes.

Bereits vor der Pandemie war jeder sechste Mensch in Deutschland von Armut bedroht oder betroffen, darunter vor allem junge Menschen, Alleinerziehende, Menschen ohne Bildungsabschluss und Erwerbslose. Zudem arbeitet etwa ein Viertel der Beschäftigten im Niedriglohnsektor und mehr als eine Million Menschen verdient sogar so wenig, dass das Gehalt mit Hartz-IV aufgestockt werden muss. Die Arbeiterwohlfahrt geht davon aus, dass das Armutsrisiko in den kommenden Monaten steigen und auf weitere Bevölkerungsgruppen übergreifen wird.

„Im Moment agieren Politik und Gesellschaft im Krisenmodus mit einem Fokus auf den akuten Problemen. Das ist auch richtig, um die alarmierende Entwicklung unter Kontrolle zu bringen. Wir beobachten aber mit Besorgnis, dass sich unter dem Radar soziale Schieflagen verschärfen, deren Folgen uns spätestens im kommenden Jahr vor große Herausforderungen stellen werden“, erklärt Schubert dazu, „Schon jetzt brechen vielerorts die Strukturen weg, um die Schutzlosesten in unserer Gesellschaft aufzufangen: Beratungsstellen, Sozialstationen oder Obdachlosenunterkünfte können nicht mehr oder nur eingeschränkt Angebote machen. Und angesichts drohender Entlassungen und ausstehender Insolvenzen wird sich die Armutslage in den nächsten Monaten dramatisch zuspitzen. Wir glauben, dass wir bald sehr viel mehr Menschen in unseren Beratungsstellen sehen werden, die bisher niemand auf dem Schirm hat.“

Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher, die soziale Infrastruktur auf diese Entwicklung auszurichten und sich bereits jetzt mit den nötigen arbeits- und sozialpolitischen Maßnahmen zu befassen. Schubert: „Rettungsschirme bringen den Sozialstaat vielleicht durch die Krise. Wir müssen aber die sozialen Sicherungssysteme und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen viel grundlegender weiterentwickeln, wenn wir wirkungsvolle Instrumente gegen die zunehmende Armut haben wollen. Anderenfalls wird die Schere zwischen Arm und Reich noch massiver als bisher auseinanderklaffen. Das ist ein Nährboden für die Populisten am rechten Rand. Wir sind deshalb verpflichtet, uns der drohenden Entwicklung anzunehmen. Nicht nur, um individuelles Leid zu verhindern, sondern auch, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht zu gefährden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17.10. fordert nak-Sprecher Gerwin Stöcken, die Lebenslagen armer Menschen stärker sichtbar zu machen und ihre Perspektiven politisch besser zu berücksichtigen. Weitgehend unbemerkt habe die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt.

Gerwin Stöcken: „Armut und soziale Ausgrenzung ist für viele Menschen in Deutschland bittere Realität. Armut bedeutet, sich ständig Sorgen um das Nötigste zu machen und irgendwie über die Runden zu kommen. Echte soziale Teilhabe ist mit Armut nicht möglich. Während die Menschen um Würde und ein Stück Normalität kämpfen, begegnet ihnen Unverständnis, Abgrenzung und Vorurteile. Allzu oft bleibt die Not der Menschen daher unsichtbar und ihre Forderungen ungehört. Die Sozialpolitik muss daher hinschauen, zuhören und handeln. Es ist auch eine Haltungsfrage, wie Politik und Gesellschaft mit ihren ärmsten Gesellschaftsmitgliedern umgeht.“

In Deutschland gilt als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Aktuell ist fast jeder sechste Menschbzw. rund 13 Millionen Menschen betroffen. Während die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen weiter steigt, hat sich die Armutslücke, also der Betrag, der armen Haushalte bis zur Armutsrisikoschwelle fehlt, in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Auch der aktuelle Gesetzentwurf zur Regelbedarfsermittlung zementiert Armut und vergrößert die Armutslücke weiter. Hinzukommt verdeckte Armut, bei der die betroffenen Menschen von wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung nicht erreicht werden. Die Coronakrise hat diese Situation verschärft.

„Weitgehend unbemerkt hat die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt. Auch wenn die Bundesregierung richtige und wichtige Maßnahmen zur Abfederung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie beschlossen hat, wurden die Bedarfe und Lebenssituationen armer Menschen häufig zu wenig berücksichtigt. Das muss sich ändern! Daher ist es so wichtig, auch die politische Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung zu stärken und ihre Erfahrungen und Perspektiven bei politischen Vorhaben, während der Coronakrise aber auch darüber hinaus, systematisch einzubeziehen.“

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 16.10.2020

Im Interview gibt SOS-Schulsozialarbeiterin Anne Luther einen Einblick, wie Armut den Alltag von Kindern und Jugendlichen in Berlin-Moabit prägt.

Armut hat viele Gesichter und trifft Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft besonders hart – darauf möchte SOS-Kinderdorf e.V. zum Welttag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober aufmerksam machen. Die aktuellen Zahlen geben Grund zur Beunruhigung: Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung prägt Armut den Alltag von mehr als einem Fünftel aller Kinder in Deutschland, das sind 21,3 Prozent bzw. 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage zusätzlich: Geldnöte entstehen durch den plötzlichen Verlust von Arbeitsplätzen und Konflikte in Familien eskalieren auf engem Wohnraum schneller. An der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit erlebt Anne Luther, Schulsozialarbeiterin beim SOS-Kinderdorfverein, täglich unmittelbar die Auswirkungen von stark ausgeprägter sozialer Ungleichheit. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihren Alltag vor Ort.

Frau Luther, welche Ausprägungen von Armut begegnen Ihnen bei Ihrer Arbeit?

Was Armut bedeutet, ist ja nicht einheitlich definiert. Wenn damit relative Einkommensarmut gemeint ist, so haben wir es als Team des sozialpädagogischen Bereichs vom SOS-Kinderdorf an der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit viel mit Familien zu tun, die arm sind – deren Einkommen also weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt. Kinder und Jugendliche sind nach wie vor die am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe. In der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung gilt als arm, wer in einer Familie aufwächst, die Leistungen nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – erhält. Demnach ist ein Viertel aller Berliner Kinder arm. In Berlin-Mitte, wo ich arbeite, sind es sogar 40 Prozent. Ich bevorzuge einen umfassenderen Armutsbegriff, der Lebensbereiche wie Wohnen, Ernährung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe einbezieht. Allen voran auch den Bereich Bildung; der Zusammenhang zwischen Bildung und Armut ist hinreichend belegt. Aus dieser Sicht ist Armut eher eine extreme Ausprägung sozialer Ungleichheit und kann sich in vielfältiger Weise zeigen: Eine Schülerin lebt mit acht Menschen auf knapp 60 Quadratmetern, ein Schüler bekommt nur in der Mensa der Schule ein warmes Mittagessen und eine weitere Schülerin schwänzt regelmäßig den Sportunterricht, weil sie sich für ihre alten Turnschuhe schämt. Hier wird deutlich: Armut beschränkt die Gestaltung des Alltags in vielen Bereichen. Armut kann beschämen, ausgrenzen und belasten. Deswegen frage ich nach den Sommerferien nicht: Wo warst du im Urlaub? Sondern: Was war gut an den Ferien? Was hat dir gefallen?

Hat Corona die Lage verschärft und wenn ja, wie genau ist das spürbar?

Viele der Jugendlichen, mit denen ich arbeite, leben in prekären sozio-ökonomischen Verhältnissen. Ihre Eltern arbeiten häufiger im Niedriglohnsektor und sind auf zusätzliche Unterstützungsangebote angewiesen. Von Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld profitierten die meisten in der Pandemie nicht, und viele Einrichtungen wie Tafeln oder Kleiderkammern blieben geschlossen. Berlin bietet in „normalen Zeiten“ unzählige Möglichkeiten, Freizeitangebote für sehr wenig Geld oder vollkommen kostenlos zu nutzen: Bogenschießen im Jugendklub statt Tennis im Verein oder Beatboxing-Workshop in der Schule statt Geigenunterricht beim Privatlehrer. Der Zugang ist allerdings schon ohne Corona-Krise nicht ganz leicht: Anträge stellen, Nachweise erbringen, das sind durchaus Hindernisse. In der Pandemie fallen viele dieser Angebote nun gänzlich weg und somit ein Großteil der außerhäuslichen Unterstützung. Während der Schulschließungen waren viele der Jugendlichen erneut stärker benachteiligt: Zu Hause fehlt die notwendige technische Ausstattung und Unterstützung durch Lernförderung gibt es nicht. Viele Eltern sind überfordert, wenn sie plötzlich für fünf Kinder unterschiedlichen Alters die Lehrkraft sein sollen – in einer Sprache, die oft nicht ihre Muttersprache ist. Und in teils beengten Wohnverhältnissen finden diese Kinder und Jugendlichen keinen ruhigen Ort, um konzentriert zu lernen. Auch die Konflikte nehmen häufig zu, wenn Familien über viele Wochen hinweg auf engstem Raum zusammen sind. So kam es während des Lockdowns vermehrt zu Vernachlässigung und Gewalt.

Wie genau können Sie die betroffenen Kinder und deren Familien in der Schulsozialarbeit unterstützen?

Schulsozialarbeit löst nicht alle Probleme – das kann sie nicht. Sie ist jedoch auch weit mehr als die Betreuung von Jugendlichen außerhalb des Unterrichts. Häufig begegnet uns das vorurteilsbehaftete Bild der teekochenden und spielenden Schulsozialarbeiterin. Das Programm von „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“, in dem ich arbeite, ist aber viel mehr als das. Es ist zuallererst ein wirklich niedrigschwelliges Angebot der Jugendhilfe: Ich bin kontinuierlich vor Ort und kann mit den Jugendlichen in Kontakt kommen und Beziehungen aufbauen, kann auf einfachen Wegen Unterstützung anbieten oder veranlassen. Ich habe in meiner Arbeit den Anspruch, jede und jeden mit seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen und bestmöglich zu unterstützen. Bei der Vielfalt der Beratungsanliegen ist ein gutes Netzwerk unerlässlich. Ein Träger wie SOS-Kinderdorf versammelt da schon viel Expertise unter einem Dach: Innerhalb der Schule arbeite ich im Team mit vier Erzieher*innen, darüber hinaus zum Beispiel mit den Kolleg*innen der Familien- und Erziehungsberatung oder aus unserem Jugendberatungshaus. Als die Schulen schlossen, war es nicht einfach, weiter mit den Jugendlichen und ihren Familien in Kontakt zu bleiben. Ich konnte nicht mehr im Treppenhaus fragen: Wie geht es dir? Einige meiner Jugendlichen waren zunächst vollständig von der Bildfläche verschwunden: Handynummer nicht erreichbar, E-Mailadresse nicht vorhanden – Schuldistanz total, trotz

vielfältiger digitaler Angebote. Also bin ich ganz analog auf mein Fahrrad gestiegen und habe an Haustüren geklingelt. Bei gemeinsamen Spaziergängen konnte ich mir ein Bild davon machen, wie es den Jugendlichen geht und ob es einen Hilfebedarf gibt. Ich habe Postkarten geschrieben und eine Beratungsbank im Kiez ins Leben gerufen und auf diese Weise den Kontakt aufrechterhalten.

Welche Lösungen würden Sie sich von politischen Entscheider*innen zur Bekämpfung von Kinderarmut wünschen?

Verantwortung hört nicht da auf, wo formal-rechtlich Chancengleichheit hergestellt ist. Vielmehr sollte sie da erst wirklich beginnen: bei der kontinuierlichen Überprüfung in der Praxis, ob Maßnahmen greifen und nachhaltig verändern, ob die Zielgruppen auch wirklich erreicht werden. Benachteiligte Kinder und Jugendliche haben nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Förderung und Teilhabe an der Gesellschaft. Zukunftsperspektiven sind für junge Menschen, die in prekären Bedingungen aufwachsen, von besonderer Bedeutung. Wir sollten uns alle die Frage stellen, ob unsere Gesellschaft es sich leisten kann, so viele junge Menschen zu verlieren – nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich. Damit das nicht passiert, brauchen wir auch in der Jugendhilfe viel mehr Ressourcen, mehr finanzielle Mittel und Personal. Nur so können wir die Angebote zur Unterstützung so vielfältig und individuell gestalten, wie die Zielgruppe es erfordert – und verdient. Das Gleiche ist nicht für jeden gleich gut. Meine Kolleg*innen und ich stellen häufig fest, dass unserer Zielgruppe vor allem die Lobby fehlt: Menschen, die sich für sie und mit ihnen stark machen, auf Missstände hinweisen. Die nicht müde werden, Armut und soziale Ungerechtigkeit zum Thema zu machen – laut und mit Nachdruck. Was nicht deutlich ausgesprochen wird, ist kein Thema – dann passiert auch nichts. Diese Lobbyarbeit können wir nicht allein leisten, hier sind wir auf Unterstützer*innen aus der Politik angewiesen.

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdorf e.V. vom 14.10.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ministerin Giffey stellt über „Hilfesystem 2.0“ rund 3 Millionen Euro zur Verfügung

In der Sondersituation der Corona-Pandemie ist es besonders wichtig, dass gewaltbetroffene Frauen mit ihren Kindern schnell, unbürokratisch und zuverlässig Schutz und Beratung bekommen. Frauen, die zu Hause Gewalt erfahren, brauchen Rettungsanker wie das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen oder einen sicheren Zufluchtsort. Die rund 350 Frauenhäuser und über 600 Frauenberatungsstellen stehen durch die Corona-Auswirkungen wie viele andere soziale Dienste vor besonderen Herausforderungen und Belastungen. Ein besonderer Fokus der Maßnahmen des Bundesfrauenministeriums liegt deshalb darauf, die Erreichbarkeit der bestehenden Hilfsangebote auch unter den Bedingungen der COVID-19-Situation zu erhalten und zu verbessern.

Damit die Unterstützungseinrichtungen in der Coronazeit verstärkt Telefon-, Online- und Videoberatung anbieten können, hat Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey sich bereits zu Beginn der Pandemie mit Vertreterinnen des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen ausgetauscht und Unterstützung zugesagt. Entstanden ist daraus das Projekt „Nachhaltiges technisches Empowerment von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern in der Corona-Pandemie – Hilfesystem 2.0“, das von der Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) umgesetzt wird. Das Bundesfrauenministerium fördert dabei eine bessere technische Ausstattung in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen sowie Qualifizierungs- und Dolmetschleistungen. Dafür stehen mehr als drei Millionen Euro bereit. Die Förderung erfolgt im Bundesprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Die letzten Wochen und Monate haben deutlich gemacht, dass Frauenhäuser und Fachberatungsstellen neue und moderne Mittel brauchen, um gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie Schutz und Hilfe zukommen zu lassen. Gemeinsam mit der Frauenhauskoordinierung e.V. knüpfen wir mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ an diese Anforderungen an. Wir bringen damit den Gewaltschutz ins digitale Zeitalter und machen ihn krisenfest. Die mehr als drei Millionen Euro, die im Rahmen des Bundesförderprogramms ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ zum Beispiel für eine bessere technische Ausstattung zur Verfügung stehen, sind ein echter Innovationsschub für die Beratungsstellen und Frauenhäuser, die nun verstärkt auf digitalen Kontakt setzen können. Damit leisten wir als Bund einen wesentlichen Beitrag dazu, dass das Hilfesystem auch in Krisenzeiten funktioniert. Ich möchte die Mitarbeitenden in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen ausdrücklich ermuntern, die entsprechenden Anträge einzureichen.“

Heike Herold, Geschäftsführerin der Frauenhauskoordinierung: „Trotz Corona-Lockdown haben die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen seit Beginn der Pandemie verlässlich ihre Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder aufrechterhalten. Sie haben Lösungen für umfangreiche Auflagen zum Infektionsschutz und teils vermehrte Hilfegesuche gefunden. Dafür gebührt ihnen hohe Anerkennung und eine Verbesserung ihrer oft desolaten Arbeitsbedingungen. Wir begrüßen sehr, dass diese systemrelevanten Einrichtungen mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ nun aus Bundesmittelen Unterstützung in dieser schwierigen Pandemie-Situation erhalten. Und zwar an einer Stelle, wo es angesichts der aktuellen Lage besonders wichtig ist: bei Ausstattung und Know-how für digitale Unterstützungsangebote.“

Anträge können ab sofort gestellt werden

Seit dem 15. Oktober können Frauenhäuser und Fachberatungsstellen über das Web-Portal ‚ProDaBa2020‘ nach einer Registrierung Förderanträge einreichen. Zuwendungsfähig sind Anschaffungen zur Verbesserung der technischen Ausstattung in Frauenhäusern, Frauenschutzwohnungen und Fachberatungsstellen, die aufgrund der Corona-Pandemie notwendig sind, Ausgaben für Maßnahmen zur Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die digitalen Herausforderungen durch die Pandemie sowie Honorare für die Nutzung professioneller Dolmetschdienste für die Unterstützung und Beratung von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen während der Corona-Pandemie. Förderanträge für die Finanzierung von technischer Ausstattung können bis zum 16. November 2020 übermittelt werden. Wird die Finanzierung von Qualifizierungs- und/oder Dolmetschleistungen beantragt, können Anträge bis zum 26. Februar 2021 eingereicht werden.

Das Projekt wird umgesetzt in enger Abstimmung mit dem Bundesverband Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen e.V. und der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser. Weitere Informationen enthalten die Dokumente mit den Zuwendungskriterien und den Fragen und Antworten zum Projekt. Rückfragen zum Projekt beantworten die Mitarbeiterinnen der Frauenhauskoordinierung.

Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Das Projekt „Hilfesystem 2.0“ wird aus dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finanziert, mit dem der Bund im Rahmen seiner Förderkompetenzen Länder und Kommunen bei der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Hilfesystems unterstützt. Insgesamt 120 Millionen Euro stehen für den Ausbau und die Modernisierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen in den nächsten vier Jahren zur Verfügung. Das Bundesinnovationsprogramm ist 2019 mit der Förderung von fünf Projekten auf Bundesebene gestartet. Das Bundesfrauenministerium plant, bis 2022 jährlich zusätzlich fünf Millionen Euro für die Förderung innovativer Projekte zur Verfügung zu stellen.

Informationen zum Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finden sich auf der Website: www.gemeinsam-gegen-gewalt-an-frauen.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Der Kinderzuschlag für Familien mit kleinen Einkommen wird zum 1. Januar 2021 deutlich erhöht: Er steigt von 185 Euro um 20 Euro auf bis zu 205 Euro pro Monat pro Kind. Nach dem gestern vom Bundestag beschlossenen „Zweiten Familienentlastungsgesetz“ wird das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro erhöht. Das Kindergeld wird danach 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 Euro für das dritte Kind und 250 Euro ab dem vierten Kind betragen. Damit steht auch die Höhe des Kinderzuschlags von bis zu 205 Euro fest.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Der Kinderzuschlag, der zusätzlich zum Kindergeld gezahlt wird, ist eines unserer wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Kinderarmut. Wenn Eltern mit kleinen Einkommen für die Existenzsicherung ihrer Kinder mehr brauchen, dann ist es gut und richtig, dass auch der Kinderzuschlag steigt. Deshalb haben wir im Starke-Familien-Gesetz vorgesehen, dass der Kinderzuschlag entsprechend der Entwicklung des Existenzminimums dynamisiert wird. Ab Januar 2021 haben Eltern, deren Einkommen für die ganze Familie kaum reicht, jeden Monat 20 Euro mehr pro Kind zur Verfügung. Sie erhalten den Kinderzuschlag von bis zu 205 Euro zusätzlich zum Kindergeld und zum Wohngeld. Sie können auch von den Kita-Gebühren befreit werden. Als Bundesfamilienministerin ist es eines meiner wichtigsten Ziele, jedem Kind die Chance auf ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Dass der Kinderzuschlag ankommt, zeigen auch die Zahlen: Seit Januar 2020 hat sich die Zahl der Kinder für die der KiZ gezahlt wird verdreifacht auf rund 900.000 Kinder. Der Anstieg bestätigt, dass die Reform des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die Vereinfachung des Antrags und die Anpassungen im Rahmen des ,Notfall-KiZ‘ in der Corona-Zeit wirken.“

Existenzminimum und Dynamisierung des Kinderzuschlags

Der Kinderzuschlag sichert in Familien mit kleinen Einkommen gemeinsam mit dem Kindergeld und den Leistungen für Bildung und Teilhabe die Existenzgrundlage von Kindern. Im aktuellen 13. Existenzminimumbericht wird das monatliche sächliche Existenzminimum für das Jahr 2021 für Kinder mit durchschnittlich 451 Euro angegeben. Von diesem bezifferten Existenzminimum eines Kindes hängt seit der Dynamisierung des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die zum 1. Januar 2021 das erste Mal greift, auch die Höhe des Kinderzuschlags ab. Der Höchstbetrag des Kinderzuschlags berechnet sich aus dem sächlichen Existenzminimum abzüglich des Kindergelds für das erste Kind und abzüglich des Betrags für Bildung und Teilhabe; maßgeblich sind die entsprechenden Beträge im Existenzminimumbericht.

Viele Entlastungen für Familien mit kleinen Einkommen

Der Kinderzuschlag unterstützt Eltern, die genug verdienen, um ihren eigenen Bedarf zu decken, aber deren Einkommen nicht oder nur knapp für die gesamte Familie reicht. Derzeit beträgt die Familienleistung pro Monat und Kind bis zu 185 Euro – sie wird zusätzlich zum Kindergeld gezahlt. Außerdem werden die Eltern von den Kita-Gebühren befreit und haben diverse andere finanzielle Vorzüge aus dem Bildungs- und Teilhabepaket: Das Schulbedarfspaket mit 150 Euro pro Kind pro Schuljahr, das ab 2021 auf 154,50 Euro pro Jahr erhöht wird, kostenlose Schülerfahrkarten, kostenloses Mittagessen in Kita und Schule und kostenlose Nachhilfe sowie einen monatlichen Zuschuss von 15 Euro für die Teilnahme an Sport-, Musik- oder Kunstangeboten.

Der Kinderzuschlag wurde mit dem Starke-Familien-Gesetz grundlegend ausgebaut. Auch die Anpassungen zum „Notfall-KiZ“ im Zuge der Corona-Krise helfen, dass der Kinderzuschlag bei vielen Kindern direkt ankommt. Außerdem hat sich infolge der Krise und der damit vielfach verbundenen Einkommenseinbußen der Kreis der Anspruchsberechtigten nochmals vergrößert, so dass mehr Familien Kinderzuschlag erreicht werden. Im Januar 2020 waren es noch 299.168 Kinder, die den Zuschlag erhalten haben – aktuell sind es 888.398 Kinder. Und schließlich helfen die verstärkte Bekanntmachung und die erfolgreiche Digitalisierung der Leistung, dass mehr Kinder den Kinderzuschlag bekommen. Um angesichts der anhaltenden Corona-Krise Familien mit kleinem Einkommen weiter zu unterstützen, wurde im Rahmen des Notfall-KiZ die erleichterte Vermögensprüfung im Kinderzuschlag bis 31. Dezember 2020 verlängert. Vermögen wird damit nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist.

Der Kinderzuschlag ist ein auf Dauer angelegtes Instrument – nicht zu verwechseln mit dem Kinderbonus – der Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro im Rahmen des Konjunkturpakets.

Kinderzuschlag-Anspruch prüfen und Antrag stellen

Mit dem KiZ-Lotsen der Familienkasse können Eltern und Alleinerziehende prüfen, ob der Kinderzuschlag für sie in Betracht kommt.

Fällt ihre Prüfung positiv aus, können sie den Antrag online bei der Familienkasse ausfüllen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Bayern ist als zehntes Bundesland der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums beigetreten. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey unterzeichnete in Berlin die entsprechende Kooperationsvereinbarung. Ab dem 01. November 2020 können somit auch in Bayern lebende Paare einen Förderantrag stellen.

„Jeder kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung sein muss, wenn sich ein Paar sehnlichst ein Kind wünscht und wenn dies einfach nicht klappen will“, betont Bundesfamilienministerin Giffey anlässlich des Starts der Förderkooperation. „Deshalb ist es wichtig, dass wir ungewollt kinderlosen Paaren mehr Unterstützung anbieten und ihnen zugleich Mut machen: Kinderlosigkeit ist kein Makel, Kinderlosigkeit ist kein Tabu. Ich freue mich sehr, dass sich jetzt auch Bayern entschlossen hat, unserer Initiative beizutreten, um gemeinsam mit dem Bund Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bei den Behandlungskosten zu entlasten. Schon körperlich und emotional ist eine solche Behandlung eine große Herausforderung. Daher sollten diese Paare nicht noch zusätzlich die hohen Kosten für die Kinderwunschbehandlungen alleine schultern. Wir können nicht garantieren, dass der Kinderwunsch so in Erfüllung gehen wird, aber wir können zumindest die finanzielle Belastung abmildern.“

Der Bund und der Freistaat Bayern gewähren heterosexuellen Paaren, die sich zur Erfüllung ihres Kinderwunsches einer Behandlung der In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterziehen müssen, ab sofort im ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Behandlungskostenzuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils nach Abrechnung mit den Krankenkassen beziehungsweise den Beihilfestellen.

Bayerns Familienministerin Carolina Trautner unterstreicht: „Jedes Kind ist etwas Großartiges und ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Viele Menschen erleben in ihren jungen Familien die neue Elternrolle als Bereicherung. Gleichzeitig kann ein unerfüllter Kinderwunsch für viele Paare eine starke Belastung werden. Es ist mir ein Herzensanliegen Paaren zu helfen, indem wir sie bei einer Kinderwunschbehandlung finanziell unterstützen. Mit unserem neuen Förderprogramm machen wir jetzt einen großen Schritt, um den Zugang zur Kinderwunschbehandlung zu erleichtern. Bei den ersten drei Behandlungen macht der Zuschuss pro Behandlung bis zu 900 Euro aus, wird eine vierte Behandlung notwendig verdoppeln wir den Zuschuss sogar auf bis zu 1800 Euro. Mit dieser starken finanziellen Unterstützung ermöglichen wir nun diesen Paaren sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen.“

Gefördert werden verheiratete und nicht verheiratete Paare mit einem gemeinsamen Hauptwohnsitz in Bayern bei der ersten bis zur vierten Behandlung der In-Vitro-Fertilisation (IVF) sowie der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI). Der Zuschuss beträgt bei der ersten bis zur dritten Behandlung bis zu 800 Euro (IVF) bzw. 900 Euro (ICSI) und bei der vierten Behandlung bis zu 1.600 Euro (IVF) bzw. 1.800 Euro (ICSI). Bund und Freistaat Bayern übernehmen jeweils die Hälfte. Die Kinderwunschbehandlung kann in Bayern oder einem angrenzenden deutschen Bundesland durchgeführt werden.

In Deutschland haben mehr als ein Drittel der Menschen zwischen 25 und 59 Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch; nahezu jedes zehnte Paar ist auf reproduktionsmedizinische Unterstützung angewiesen, um Nachwuchs zu bekommen.

Neben Bayern beteiligen sich bereits die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Bundesinitiative. Das Land Rheinland-Pfalz beabsichtigt einen Beitritt zur Bundesinitiative in 2021.

Die Bundesförderrichtlinie setzt eine Förderbeteiligung des Wohnsitz-Bundeslands des Kinderwunschpaares voraus, damit Bundes- und Landesmittel zur Auszahlung gelangen.

„Eine gute Familienpolitik muss auch jene Paare unterstützen, die gerne eine Familie gründen möchten, aber auf natürlichem Wege keine eigenen Kinder bekommen können. In dieser Legislaturperiode konnten wir bislang vier neue Förderkooperationen abschließen. Mit Rheinland-Pfalz wird im nächsten Jahr ein weiteres Land hinzukommen. Ich werbe nachdrücklich dafür, dass sich auch die verbliebenen Länder unserer Initiative anschließen, damit betroffene Paare in ganz Deutschland von den Bundes- und Landeszuschüssen profitieren können“, so Giffey.

Wie es den von ungewollter Kinderlosigkeit in Deutschland betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen, zeigt die vom Bundesfamilienministerium im September 2020 veröffentlichte Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020 – Leiden – Hemmungen – Lösungen“, die unter folgendem Link heruntergeladen werden kann: www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/ungewollte-kinderlosigkeit-2020/161020.

Der Antrag, Informationen zu den Fördervoraussetzungen sowie die Förderrichtlinien des Freistaates Bayern sind unter www.zbfs.bayern.de/foerderung/familie/kiwub/index.php abrufbar.

Informationen zur Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ finden Sie unter www.informationsportal-kinderwunsch.de.

Alle Ergebnisse der aktuellen Untersuchung „Ungewollte Kinderlosigkeit in Deutschland 2020“ finden Sie unter www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/neue-studie–kinderlose-frauen-und-maenner-haben-einen-hohen-informationsbedarf/160462.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Alle Steuerpflichtigen profitieren davon ab 2021

Der Finanzausschuss hat heute den Entwurf für das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen abschließend beraten. Die 2./3. Lesungen im Bundestag finden morgen statt. Dazu erklären der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Andreas Jung, und die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann:

Andreas Jung: „Erneut verhindern wir schleichende Steuererhöhungen durch kalte Progression. Die Anhebung der Freibeträge und die Verschiebung des Steuertarifs zu Gunsten der Steuerpflichtigen entlastet vom Azubi bis zum Unternehmer alle Steuerzahler. Es wird auch in den kommenden Jahren keine zusätzliche Belastung aufgrund der Inflationsentwicklung geben. Zudem werden das Kindergeld und der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung deutlich erhöht. Gemeinsam mit der bereits beschlossenen Abschaffung des Solis für die allermeisten Menschen betragen die steuerlichen Entlastungen ab dem kommenden Jahr knapp 25 Milliarden Euro jährlich. Die Bürgerinnen und Bürger haben so mehr Geld in der Tasche – und das nutzt auch wieder der Konjunktur!“

Antje Tillmann: „Neben Investitionen in die Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen werden in dieser Legislaturperiode besonders Familien finanziell stark entlastet. Mit der nun beschlossenen weiteren Erhöhung des Kindergeldes um 15 Euro und der Anpassung der Kinderfreibeträge setzen wir ein zentrales Anliegen des Koalitionsvertrages um. Dazu haben wir aufgrund der Corona-Situation mit dem Familienbonus, der Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und der Verlängerung des Baukindergeldes Familien in der Krise geholfen. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wurde bereits zuvor eine Milliarde Euro in den Kinderzuschlag investiert.

Neben der steuerlichen Entlastung für Familien war es der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch ein zentrales Anliegen, endlich die Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung zu erhöhen und somit an die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre anzupassen. Auch hier haben wir ein wichtiges Projekt des Koalitionsvertrags umgesetzt.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 28.10.2020

Zur Studie "Die stille Pandemie – Umweltgifte schädigen Kinder" durch terre des hommes erklärt Dr. Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltpolitik und Umweltgesundheit:

Kinder haben das Recht, in einer sauberen Umwelt aufzuwachsen. Kein Kind darf durch schlechte Luft oder Giftstoffe in Alltagsprodukten wie Spielzeug oder Kochgeschirr vergiftet werden.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Bei ihnen wirken sich gleiche Mengen, die sie aufnehmen, auf Grund des geringen Körpergewichts besonders stark aus. Ihre gesamte Entwicklung wird jetzt und für die Zukunft beeinflusst. Für eine zunehmende Zahl von Stoffen können ohnehin keine sicheren Grenzwerte ermittelt werden. Die Konsequenz: Alle Giftstoffe müssen konsequent aus allen Alltagsgegenständen verbannt werden. Das Ziel bleibt eine giftfreie Umwelt. Dies muss die Bundesregierung auf nationaler und internationaler Ebene mit Nachdruck verfolgen.

Erneut weist die Studie darauf hin, dass nach einer Studie des Umweltbundesamts bei 97 Prozent der untersuchten deutschen Kinder Plastikinhaltstoffe im Urin nachgewiesen wurden und rund ein Fünftel der Kinder mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet sind. Wir fordern die Bundesregierung auf, Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder PFC in Papier und Pappe zu verbieten.

Die Gesundheit unserer Kinder muss besser geschützt werden. Dazu zählen auch, importierte Spielzeuge und andere Alltagsgegenstände regelmäßiger als bislang auf Giftstoffe zu kontrollieren. Es muss künftig gewährleistet sein, dass Produkte bei Grenzwertüberschreitungen konsequent aus dem Verkehr gezogen werden. Dafür braucht es endlich bundeseinheitliche Leitlinien für Produktrückrufe.

Die Studie zeigt, dass unfassbare 90 Prozent aller Kinder weltweit belasteter Luft ausgesetzt sind, die über den Grenzwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation liegt. Das betrifft auch Deutschland in hohem Maße. Die Bundesregierung muss die deutschen Grenzwerte für Feinstaub an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation anpassen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 28.10.2020

„Pflegende Angehörige schultern die Pandemie ohne Hilfe – alleingelassen von der Bundesregierung“, bekräftigt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse einer Studie der Universität Bremen für die DAK Gesundheit. Zimmermann weiter:

„Pflege durch Angehörige ist eine private Hilfeleistung, aber sie darf nicht zum privaten Problem werden. Ihre Unterstützung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der die Bundesregierung nicht erst in der Pandemie versagt. Bereits im Koalitionsvertrag hatte sie ein Entlastungsbudget versprochen, in dem Leistungen gebündelt werden und flexibel eingesetzt werden können. Das hätte in der Pandemie viel Bürokratie erspart, die pflegende Angehörige jetzt noch zusätzlich belastet. Für dieses Entlastungsbudget liegen aber nicht mal Pläne der Bundesregierung vor. Die wenigen kleinen Zugeständnisse, wie die zeitweilige Anhebung des Betrags für Verbrauchsmittel, werden dem gestiegenen Bedarf bei weitem nicht gerecht.

Mehr als drei Viertel aller Menschen mit Pflegebedarf werden in Deutschland in den eigenen vier Wänden betreut, die meisten von ihnen ohne professionelle Hilfe einzig durch ihre Angehörigen. Mitten in der Pandemie wurden diese pflegenden Angehörigen ignoriert, ihre Anliegen beiseite gewischt – dabei gingen sie schon vorher an den meisten Tagen über ihr Limit hinaus. Es ist eine Schande, aber leider nicht verwunderlich, dass sich nun sogar der Gesundheitszustand vieler pflegender Angehöriger verschlechtert. Sie zahlen den Preis für den Sparkurs der Bundesregierung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 02.11.2020

Zum Kabinettsbeschluss zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote erklärt der kinder- und jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Matthias Seestern-Pauly:

„Seit Jahren verspricht Familienministerin Giffey den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch statt nach mehrfachen Ankündigungen endlich einen Gesetzentwurf hierfür vorzulegen, diskutiert die Bundesregierung weiter nur über einmalige Kostenbeteiligungen. Die Ankündigungsministerin Giffey bleibt damit nach wie vor einen Fahrplan zur Umsetzung schuldig. Denn ohne Fachkräfte lässt sich das Ziel kaum verwirklichen. Wir müssen deshalb endlich den Erzieherberuf attraktiver machen und die Ausbildung professionalisieren. Die Fachkräfteoffensive einfach einzustampfen, war ein vollkommen falsches Zeichen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 04.11.2020

Der Bundesrat hat am 6.November 2020 zu einem Gesetzentwurf Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung das Elterngeld flexibler gestalten will.

Frühgeburten und Finanzierung

Korrekturen will die Länderkammer insbesondere bei den Regelungen zu Frühgeburten erreichen. Zwar begrüßt sie die Absicht, Eltern solcher Kinder einen längeren Leistungsbezug zu ermöglichen. Die Gewährung eines zusätzlichen Elterngeldmonates greife jedoch tief in die Systematik des Elterngeldes ein und mache das Gesetz unübersichtlich. Nach dem Willen der Länder soll daher stattdessen bei sechs Wochen vor dem errechneten Termin geborenen Kindern nicht auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt werden, sondern auf den Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus. Da in diesen Fällen länger Mutterschaftsgeld bezahlt wird und der später beginnende Elterngeldbezug dann länger fortgesetzt werden kann, können betroffene Eltern dann mehr Leistungen erhalten.

Beteiligung des Bundes

Der Bundesrat fordert den Bund zudem auf, sich an den Kosten der zu Lasten der Länder und Kommunen neu geschaffenen Aufgaben zu beteiligen.

Was die Bundesregierung plant

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit soll von 30 auf 32 Wochenstunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus für die parallele Teilzeit beider Eltern soll mit 24 – 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 – 30 Wochenstunden gelten und vereinfacht werden.

Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften soll diesen eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen ermöglichen. Eltern, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten, müssen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Grundsätzlich soll davon ausgegangen werden, dass sie die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschreiten.

Elterngeld sollen künftig nur noch Eltern erhalten, die bis zu 300.000 Euro (bisher 500.000) im Jahr verdienen. Für Alleinerziehende soll die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro liegen.

Nächste Schritte

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Anschließend kommt das Gesetz noch einmal abschließend in den Bundesrat.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 06.11.2020

Eine umfassende quantitative Angabe zum gesamten Ausmaß an Mietrückständen bei Wohn- und Gewerberaumvermietungen in Deutschland liegt der Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht vor. Wie es in der Antwort (19/23812) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/23437) heißt, ist nach den der Bundesregierung bekannten Umfragen von Mieter- und Vermieterverbänden und nach Rückkopplung mit Mieter- und Vermieterverbänden ein nur geringer Anstieg der Mietrückstände im Wohnbereich infolge der Covid-19-Pandemie zu konstatieren. So habe beispielsweise eine Umfrage des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ergeben, dass zwischen April und Juni 0,62 Prozent der Wohnraummietverhältnisse von Mietrückständen betroffen waren; im selben Zeitraum seien für zusätzlich 0,33 Prozent der Mietverhältnisse Stundungen beantragt worden. Die Bundesregierung begrüße die Kooperationsbereitschaft vieler Vermieterinnen und Vermieter von Wohnraum, heißt es weiter in der Antwort. Eine systematische Übersicht über entsprechende Vereinbarungen liege ihr nicht vor.

Das geringe Ausmaß an pandemiebedingten Mietausfällen bei Wohnraummieten zeigt laut Bundesregierung, dass sich die eingespielten Sozialsysteme für das Wohnen wie das Wohngeld und die Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen des Sozialgesetzbuches in Kombination mit weiteren Unterstützungsmaßnahmen in der Krise bewähren. Vor diesem Hintergrund werde auch für den weiteren Verlauf der Pandemie kein problematisches Ausmaß an Zahlungsschwierigkeiten bei Mieterinnen und Mietern erwartet. Gleichwohl beobachte die Bundesregierung weiter sorgfältig die Entwicklung zum Pandemiegeschehen und die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Über verlässliche Informationen zu pandemiebedingten Zahlungsschwierigkeiten, Mietschulden und Kündigungen bei Gewerbevermietungen verfüge die Bundesregierung nicht. Sie verfolge die Situation der Gewerbetreibenden sehr genau und prüfe ständig den Bedarf weiterer gegebenenfalls notwendiger Hilfs- und Unterstützungsleistungen.

Weiter heißt es in der Antwort, es seien derzeit keine weiteren Maßnahmen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern von Wohnraum vor etwaigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie geplant. Die Bundesregierung prüfe jedoch fortlaufend, ob weitere Maßnahmen zu ergreifen sind. Dies betreffe insbesondere erweiterte Unterstützungen von Gewerbemietern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1206 vom 09.11.2020

Die Zahngesundheit bei Kindern hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren offenbar deutlich verbessert. Während laut einer Studie 1999 nur bei rund 42 Prozent der zwölfjährigen Kinder ein Gebiss ohne Karieserfahrung ermittelt wurde, lag die Zahl 2016 bei 81 Prozent, wie aus der Antwort (19/23684) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/23287) der FDP-Fraktion hervorgeht.

Damit verbunden war den Angaben zufolge auch eine erhebliche Reduktion der Karieslast. Eine starke Zunahme kariesfreier Gebisse bei zwölfjährigen zeigten auch die epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe im Schuljahr 2015/2016 unter mehr als 300.000 Kindern. Demnach hatten 79 Prozent der Sechstklässler kariesfreie bleibende Gebisse.

Allerdings zeigten die Studien auch deutliche Unterschiede bei der Verbreitung von Karies zwischen Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten.

Bei der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) 2016 wurden erstmals Molaren-Inzisiven-Hypomineralisationen (MIH) erfasst. Dabei fand sich bei rund 29 Prozent der 12-Jährigen wenigstens ein Zahn mit MIH-Befund.

Bei 5,4 Prozent der Teilnehmer waren behandlungsbedürftige Formen der sogenannten Kreidezähne mit Defekten des Zahnschmelzes feststellbar. Die Ursachen und Wirkungszusammenhänge der MIH sind ungeklärt. Vermutet wird eine Kombination mehrerer Faktoren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1192 vom 04.11.2020

Die FDP-Fraktion will für künftige Wahlen zum Bundestag und zum Europäischen Parlament auch 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht einräumen lassen. In einem Antrag (19/23926), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, das Alter zur Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Wahlen zum Bundestag und zum Europaparlament auf 16 Jahre abzusenken.

Ferner wird die Bundesregierung in der Vorlage aufgefordert, "auf allen Ebenen ein Jugendparlament zu schaffen, in denen jeder Deutsche stimmberechtigt ist, der das aktive Wahlrecht dieser Ebene noch nicht erhalten hat". Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem Jugendlichen zusätzliche Partizipationsmaßnahmen ermöglichen sowie politische Bildung in Schulen stärken.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1188 vom 04.11.2020

Aus Sicht des Petitionsausschusses verdient das ehrenamtliche Engagement von Bürgern große Anerkennung und muss auch bei der Inanspruchnahme von Elterngeld Berücksichtigung finden. Daher verabschiedete der Ausschuss in seiner Sitzung am Mittwochmorgen einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition an die Bundesregierung mit dem höchsten Votum "zur Berücksichtigung" zu überweisen.

Die Petentin hatte in ihrer Eingabe verlangt, dass Aufwandsentschädigungen aus politischen oder sonstigen Ehrenämtern bei Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz "nicht als selbständige Einkünfte bei der Berechnung des Elterngeldes herangezogen werden". Zur Begründung verweist sie darauf, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Stadt- und Kreisrätin dazu führe, dass sie weniger Elterngeld erhalte als dies der Fall wäre, wenn sie lediglich ihren Beruf als Angestellte im öffentlichen Dienst ausüben würde. Dies läge daran, dass sie als selbständig Tätige eingestuft worden sei, da die ehrenamtlichen Aufwandsentschädigungen bei der Steuererklärung als Nebeneinkünfte angegeben wurden. Ein Widerspruchsverfahren habe jedoch zu keiner anderen Entscheidung der Behörde geführt, beklagt die Petentin. Ohne steuerpflichtiges selbständiges Einkommen sei es falsch, ihr bei der Berechnung des Elterngeldes den Berechnungszeitraum für Selbständige zugrunde zu legen, schreibt sie. Dies habe auch zur Folge gehabt, dass eine tarifliche Lohnerhöhung in dem Zwölf-Monats-Zeitraum vor Geburt des Kindes nicht bei der Berechnung ihres Elterngeldes berücksichtigt worden sei.

Der Petitionsausschuss verweist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) darauf, dass die Frage, ob Aufwandsentschädigungen von Stadt-und Kreisräten beim Elterngeld angerechnet werden, nach dem Steuerrecht beurteilt werde. Um Ehrenämter zu fördern, unterlägen diese steuerrechtlich nur dann der Einkommenssteuer, wenn – jedenfalls im Nebenzweck – die Erzielung positiver Einkünfte erstrebt werde. Keine "Einkunftserzielungsabsicht" liegt vor, "wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die Selbstkosten zu decken". Solange und soweit Aufwandsentschädigungen für ein kommunales Ehrenamt nicht steuerpflichtig sind, dürften diese auch nicht für das Elterngeld berücksichtigt werden, schreibt der Ausschuss.

Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit seien die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes maßgeblich, heißt es weiter. Abweichend davon werde bei selbstständiger Erwerbstätigkeit der Einkommensteuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt des Kindes herangezogen – also in der Regel das vorangegangene Kalenderjahr. Lagen in den zwölf Monaten vor der Geburt und/oder im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum "Mischeinkünfte", das heißt Einkommen aus selbstständiger und aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor, sei – wie bei den ausschließlich Selbstständigen – ebenfalls der letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes maßgeblich, "und zwar für beide Einkunftsarten", teilt der Petitionsausschuss mit.

Die Abgeordneten machen deutlich, "dass das ehrenamtliche Engagement von Bürgern unseres Staates große Anerkennung verdient". Das BMFSFJ plane derzeit eine weitere Reform des Elterngeldes. "Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition im Hinblick auf die Förderung des Ehrenamtes auch bei Inanspruchnahme von Elterngeld der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen", heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1187 vom 04.11.2020

Die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" hat am Montagmittag in ihrer 27. Sitzung online über das Thema "Ausbildungsreife versus Berufswahlkompetenz" beraten. Die externen Sachverständigen plädierten dafür, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen.

Der Sachverständigen Marc Thielen (Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover) erläuterte, dass "Ausbildungsreife" und "Berufswahlkompetenz" die berufliche Orientierung als ein Entwicklungsgeschehen betrachten, in dessen Vollzug definierte Standards erreicht werden sollen. Während "Ausbildungsreife" auf Alters- und Entwicklungsnormen rekurriere und Diskrepanzen zwischen dem Entwicklungsstand Jugendlicher und den Erwartungen von Ausbildungsbetrieben betrachte, gehe es bei der "Berufswahlkompetenz" mehr um Lern- und Entwicklungsaufgaben mit einem Fokus auf den Bedingungen.

Der Begriff "Ausbildungsreife" knüpfe thematisch an das ältere Konzept der Berufsreife an, sodass es um Mindestanforderungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung gehe. Im Diskurs dominiere die individuelle Perspektive, strukturelle Fragen in Bezug auf das Berufsbildungssystem spielten kaum eine Rolle.

Bei der Berufswahlkompetenz stehe das Entwicklungsziel in Bezug auf die Berufs- und Zukunftsplanung sowie die Fähigkeiten im Fokus, die Jugendliche dafür benötigten. Bei der Orientierung bestünden keine grundsätzlichen Defizite, sondern vielmehr ungleiche Chancen zur Realisierung der beruflichen Ziele, sagte er weiter. Problematisch sei die "implizite Orientierung an linearen Entwicklungsmodellen und der "starke Fokus auf individuellen Persönlichkeitsmerkmalen" bei Vernachlässigung biographischer und sozialer Aspekte. Thielen plädierte für mehr didaktische Angebote und pädagogische Begleitung, sodass Inklusion "der Weg und das Ziel beruflicher Orientierung und Bildung" werde.

Sien-Lie Saleh vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) in Stuttgart sprach als Vertreterin der Bund-Länder-BA-Begleitgruppe der "Initiative Bildungsketten" zu dem Gremium. Sie verwies auf die Ergebnisse der Sinus-Jugendstudie, die ein guter Einstieg seien, um die Hauptkritikpunkte des Katalogs zur Ausbildungsreife aus dem Jahr 2004 zu betrachten. "Damals gab es ein Überangebot an Ausbildungswilligen. Bereits seit zwölf Jahren gibt es aber mehr Ausbildungsplätze als Suchende", sagte Saleh. Die Ausbildungschancen der Bewerber hingen oftmals von der Struktur der regionalen Ausbildungsangebote ab, zudem sei das Zeitfenster sich beruflich zu orientieren sehr klein: "Selbsteinschätzung muss man lernen und üben", sagte sie und empfahl, die Konzepte stärker aufeinander abzustimmen und kohärente Systeme von der Grundschule bis zum Ende der weiterführenden Schule zu nutzen.

Es sei wichtig, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen, der altersgerechte Angebote bereitstelle und regelmäßig die Selbstreflexion fördere, sagte Saleh. Insbesondere mehrwöchige Praktika könnten zu realistischen Einschätzungen beitragen. Sie betonte auch, dass bereits die frühkindliche Erziehung "starken Einfluss auf Rollenbilder" habe, sodass geeignete Formate der gendersensiblen und klischeefreien Selbsteinschätzung und Selbstreflexion bereits ab der Grundschule erprobt werden könnten. Auch eine Berufswahl-App oder webbasierte Potenzialanalyse könne die berufliche Orientierung stärken. "Berufswahlkompetenz wird ein Arbeitsleben lang benötigt", sagte sie.

Weiter sei für die Förderung des direkten Übergangs in passende Ausbildungen für möglichst viele auch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit nötig, da viele Instrumente noch nicht bei allen Akteuren bekannt seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1182 vom 02.11.2020

Der Finanzausschuss hat am Mittwoch das zweite Familienentlastungsgesetz beschlossen und dabei den steuerlichen Grundfreibetrag für 2021 im Vergleich zum ursprünglichen Regierungsentwurf nochmals angehoben. Außerdem steigt das Kindergeld ab 2021 um 15 Euro im Monat. Dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21988, 19/22815) stimmten in der von der Koalitionsmehrheit vorher noch in einigen Punkten geänderten Fassung die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die AfD-Fraktion zu. Die Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Nach dem Entwurf soll das Kindergeld zum 1. Januar 2021 für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt von 5.172 Euro um 288 Euro auf 5.460 Euro. Der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes wird um ebenfalls 288 Euro auf 2.928 Euro erhöht, so dass sich daraus eine Anhebung der zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Freibeträge von derzeit insgesamt 7.812 Euro um 576 Euro auf einen Betrag von insgesamt 8.388 Euro ergibt.

Der steuerliche Grundfreibetrag von derzeit 9.408 Euro sollte nach dem Regierungsentwurf auf 9.696 Euro angehoben werden. Aufgrund des inzwischen vorliegenden Existenzminimumberichts hoben die Koalitionsfraktionen den Betrag für 2021 um 48 Euro auf 9.744 Euro an. 2022 steigt der Grundfreibetrag wie geplant weiter auf 9.984 Euro.

Änderungen gibt es bei der Rechtsverschiebung des Einkommensteuertarifs zum Ausgleich der "kalten Progression". Diese Rechtsverschiebung beträgt im kommenden Jahr 1,52 Prozent, damit inflationsbedingte Einkommenssteigerungen nicht zu einer höheren individuellen Besteuerung führen. Sie sollte im Jahr 2022 1,52 Prozent betragen. Aufgrund der Daten des neuen 4. Steuerprogressionsberichts wurde die Rechtsverschiebung im Jahr 2022 auf 1,17 Prozent reduziert.

Die Erhöhung von Kindergeld und Freibeträgen sei eine gute Nachricht für Familien, stellte die CDU/CSU-Fraktion in der Aussprache fest. Es komme zu einer Entlastung von knapp zwölf Milliarden Euro. Die SPD-Fraktion betonte, die Anhebung des Kindergelds um 15 Euro helfe vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Die Entlastung falle insgesamt sogar stärker aus als vorgegeben. Die Kaufkraft werde dadurch gestärkt.

Die AfD-Fraktion bezeichnete die Erhöhung des Kindergeldes als völlig unzureichend. Die AfD-Fraktion wolle ein Familiensplitting und eine Erleichterung des Eigentumserwerbs, zum Beispiel durch eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer.

Die FDP-Fraktion sagte zur angeblichen Überkompensation, die Erhöhung des Existenzminimums sei verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Und die Berücksichtigung der kalten Progression beruhe auf einer Selbstverpflichtung des Deutschen Bundestages.

Die Linksfraktion kritisierte den Gesetzestitel. Es handele sich nicht um ein Gesetz zur Entlastung der Familien. Denn ausgerechnet die Familien mit Hartz 4-Leistungsbezug, in denen die Not am größten sei, hätten nichts von der Anhebung. "Da kriegt niemand einen Cent mehr", kritisierte die Linksfraktion, die sich für eine Kindergrundsicherung aussprach und einen entsprechenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützte.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, dass mit den Leistungen Familien mit hohen Einkommen gefördert würden, die das Geld nicht brauchen würden. Entlastet werden sollten jedoch nicht die Reichen, sondern kleine und mittlere Einkommensbezieher. Der Entschließungsantrag, in dem gefordert wird, an die Stelle von Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kindergeldzuschlag und Sozialgeld eine für alle Kinder gleiche Kindergrundsicherung einzuführen, die nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet wird, wurde abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1159 vom 28.10.2020

Ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Selbstbestimmte Lebensentwürfe stärken – Verantwortungsgemeinschaft einführen" (19/16454) war Thema einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. Nach dem Willen der Abgeordneten soll der Bundestag vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt der Lebensformen und Lebensentwürfe die Bundesregierung auffordern, Möglichkeiten zu schaffen, um die Lebensrealitäten der Menschen abzubilden. Menschen, die außerhalb einer Ehe oder von Verwandtschaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen, sollten besser anerkannt und gefördert werden, heißt es in dem Antrag. Dazu soll neben der Ehe das Modell der Verantwortungsgemeinschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch gesetzlich verankert werden.

Die fünf Sachverständigen bewerteten den Antrag differenziert. Die Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nina Dethloff, erklärte, die Vielfalt der Lebens- und Familienformen sei heute größer denn je und das geltende Recht werde dieser Vielfalt nicht mehr gerecht. Es sei daher nachdrücklich zu begrüßen, wenn dem durch neue Modelle auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Rechnung getragen würde. Dazu zähle die Schaffung einer Verantwortungsgemeinschaft. Zugleich gelte es, Regelungsmodelle anderer Länder umfassend in den Blick zu nehmen und von den Erfahrungen zu profitieren.

Auch der Hamburger Rechtsanwalt Marko Oldenburger betonte in seiner Stellungnahme, dass die Vorschläge des Antrags den sich wandelnden Lebensrealitäten einschließlich neuer, vielfältiger Lebensführungsentwürfen entsprächen. Obwohl es voraussichtlich große Anstrengungen erfordern würde, die bestehende Vielfalt der Konstellationen in ein gesetzliches Modell zu integrieren, sei die Umsetzung in Anbetracht der damit verbundenen positiven Folgen in besonderem Maße wichtig, auch, um das deutsche Recht für die sich stellenden Aufgaben zu rüsten und an die sich entwickelnden Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Gudrun Lies-Benachib Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt, erklärte, der vorliegende Antrag stelle teilweise zu Recht ein Bedürfnis dafür fest, auch für nicht verwandtschaftlich oder die Ehe begründete Gemeinschaften rechtlich verbindliche Konzepte festzuschreiben. Der Vorschlag schließe eine Lücke mit Regelungsbedarf nur für neue, nicht auf die klassische Paarbeziehung zwischen Liebenden zugeschnittene Lebensgemeinschaften. Eine standesamtlich registrierte Verantwortungsgemeinschaft sei nur für Beziehungen von Menschen sinnvoll, denen nicht mit der Ehe bereits jetzt ein Regelungskonzept zur Verfügung gestellt sei, das für das Zusammenleben und die Zeit nach dem Scheitern eine gerechte Verteilung von Aufgaben und Rechten vorsehe. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Ehe und registrierter Verantwortungsgemeinschaft in den Konstellationen, in denen Menschen auch heiraten könnten, sei in den seltensten Fällen sinnvoll oder geboten.

Matthias Dantlgraber, Bundesgeschäftsführer des Familienbunds der Katholiken, begrüßte, dass der Antrag die Bedeutung der heute vielfältigen Familie für die Gesellschaft hervorhebt. Der Familienbund unterstütze es, wenn Menschen füreinander rechtlich verbindlich Verantwortung übernehmen wollen. Er habe aber Zweifel, so Dantlgraber, ob das vorgeschlagene Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft im Ergebnis zu mehr Verbindlichkeit in der Gesellschaft führen würde. Vielmehr sieht er bei einem unverbindlicheren Konkurrenzinstitut zur Ehe die Gefahr, dass der Staat die im Grundgesetz unter "besonderen Schutz" gestellte Ehe schwächen und den gesellschaftlichen Trend zu mehr Unverbindlichkeit aktiv verstärken und fördern würde. Vor allem aber wäre es nicht im Sinne der Kinder, für deren Entwicklung stabile Beziehungen von großer Wichtigkeit seien.

Zweifel am Sinn einer gesetzlichen Regelung äußerte auch Anatol Dutta von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für Verantwortungsgemeinschaften jenseits der Ehe erschließe sich für ihn kein Bedarf. Statt einer "Ehe light" sollte lieber das gesetzliche Ehemodell angepasst und dessen Vor- und Nachteile besser ausgeglichen werden. In dem Modell der Verantwortungsgemeinschaft sehe er eher Gefahren, sagte Dutta. Vor allem gehe es zulasten von Frauen.

Wie es in dem Antrag unter anderem heißt, soll eine Verantwortungsgemeinschaft durch mindestens zwei oder mehrere volljährige Personen, die nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind, möglichst unbürokratisch geschlossen werden können. Grundvoraussetzung der Verantwortungsgemeinschaft sei ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis. Ein Zusammenleben sei hingegen nicht erforderlich.

Die Abgeordneten fragten unter anderem nach dem Bedarf für eine solche neue Regelung und interessierten sich vor allem für die rechtliche Abgrenzung von Ehe und Verantwortungsgemeinschaft und die damit verbundenen Schutzfunktionen für die Betroffenen. Nachfragen betrafen besonders die Stellung von Kindern in solchen Gemeinschaften, das Unterhaltsrecht sowie das Erbrecht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1178 vom 02.11.2020

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgelegt (19/23707). Zum Schutz von Kindern schlagen die Fraktionen dem Entwurf zufolge Gesetzesänderungen vor, die auf einem ganzheitlichen Konzept gründen, das alle beteiligten Akteure in die Pflicht nimmt. Vorgesehen sind unter anderem die Verschärfung des Strafrechts, die Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse, eine verbesserte Qualifikation der Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie der Jugendstaatsanwältinnen und -staatsanwälte sowie eine stärkere Prävention.

Mit einer begrifflichen Neufassung der bisherigen Straftatbestände des "sexuellen Missbrauchs von Kindern" als "sexualisierte Gewalt gegen Kinder" soll das Unrecht dieser Straftaten klarer umschrieben werden, wie es in der Vorlage heißt. Der Entwurf schlägt vor, den bisherigen Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Straftatbestände aufzuspalten, um den Deliktsbereich übersichtlicher zu gestalten und entsprechend der jeweiligen Schwere der Delikte abgestufte Strafrahmen zu ermöglichen. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll künftig bereits im Grundtatbestand als Verbrechen geahndet werden. Die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornographie sollen ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden. Mit der Schaffung einer neuen Strafnorm soll zudem das Inverkehrbringen und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild unter Strafe gestellt werden. Zu den weitergehende Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden gehören Anpassungen der Straftatenkataloge der Telekommunikationsüberwachung, der Onlinedurchsuchung sowie bei der Erhebung von Verkehrsdaten.

Wie es in dem Entwurf heißt, gibt es aufgrund der Bedeutung des Themas derzeit mehrere Initiativen, die Vorschläge für gesetzgeberische Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexualisierter Gewalt beinhalten. Diese Initiativen hätten jedoch zum Teil eine andere Ausrichtung, seien in ihrer Wirkung nicht zielgenau oder blieben hinter den mit dem Entwurf vorgeschlagenen Änderungen deutlich zurück. Der Bundestag berät am Freitag erstmals über den Entwurf.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1166 vom 29.10.2020

Bei Sachverständigen stößt das geplante Gesetz der Bundesregierung zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen (19/21987, 19/22776) überwiegend auf Zustimmung. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat unter der Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Jochen Haug (AfD) am Montag.

Die Mehrheit der Experten begrüßten die Gesetzesinitiative, zu der die Fraktionen von CDU/CSU und SPD noch einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt hatten, als gelungenes Beispiel für andere, in Zukunft noch zu digitalisierende Verwaltungsleistungen.

So betonte etwa Uda Bastians, Beigeordnete beim Deutschen Städtetag, mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz in ihrer Stellungnahme zunächst, Ziel aller Bemühungen um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sei eine "vollständige Digitalisierung". Ein "digitales Interface" für die Bürger als Nutzer reiche nicht aus, wenn anschließend die erhobenen Daten "händisch" innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden müssten. Ziel sei es, Bürgern und Behörden einen Mehrwert zu bieten. In dieser Hinsicht sei der vorliegende Entwurf für ein Digitale-Familienleistungen-Gesetz ein "Meilenstein". Es zeige exemplarisch, wie eine digitale Verwaltung aufgebaut sein solle. Allerdings monierte Bastians, dass die Vorlage des Entwurfs drei Jahre gedauerte habe. Das sei angesichts der noch zu digitalisierenden "574 Verwaltungsleistungen" viel zu lang.

Lobend äußerte sich auch Dirk Heckmann, Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München: Der Gesetzentwurf verfolge mit der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen einen wichtigen Zweck, denn diese spare Zeit, reduziere den Aufwand für Bürger und Behörden und verbessere letztlich auch die Validität der Daten. Die einzelnen Regelungen seien zudem "schlüssig und zielführend". Positiv bewertete Heckmann insbesondere die mit dem Änderungsantrag vorgesehene Möglichkeit, neben einem Bürgerkonto auch ein Organisationskonto zum Beispiel für Unternehmen oder Institutionen einzurichten. Dies trage zur Nutzerfreundlichkeit bei. Eine Inkonsistenz sah er hingegen bei der geplanten Regelung der Bekanntgabe-Fiktion. Diese sei im Entwurf und im geplanten OZG unterschiedlich geregelt und sei "zu überdenken".

Moritz Karg, Leiter des Referats Grundsatzfragen der Digitalisierung und des E-Government im Digitalisierungsministerium des Landes Schleswig-Holstein, empfahl wiederum, das vorgesehene Erfordernis einer Einwilligung für die Übermittlung personenbezogener Daten im Entwurf zu streichen. "Wenn Sie das Ziel des Gesetzes, Verwaltungsvereinfachung und Nutzerfreundlichkeit auch für Behörden, ernst nehmen, dann sollten Sie das Einwilligungserfordernis nicht aufrechterhalten", sagte Karg. Denn dieses führe zu großem Verwaltungsaufwand, da jede einzelne Stelle die Einwilligung "erhalten, vorhalten und managen" müsse. Er plädierte stattdessen dafür, für die datenschutzrechtlich geforderte Legitimation zur Datenverarbeitung eine "klare, transparente und zweckbezogenen Rechtsgrundlage" zu schaffen.

Dem widersprach Gabriel Schulz, stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern: Die Einwilligung sei eine der grundlegenden Rechtsgrundlagen, die die Datenschutzgrundverordnung vorgebe. "Insofern gibt es keine Veranlassung, davon abzusehen." Die Regelung im Gesetzentwurf, sei "genau der richtige Kompromiss". Kontrovers beurteilten die Sachverständige auch die geplante Nutzung der Steuer-ID als zentrale Personenkennziffer, vor der Datenschützer bereits ausdrücklich warnen: So sagte auch Experte Schulz, er sehe die Bestrebungen im Zuge des geplanten Registermodernisierungsgesetzes einen einheitlichen "Identifier" einzuführen, mit Sorge. Sie würden die Gefahr "grundrechtswidrige Regelungen" bergen. Insofern sei es "fatal", dass mit dem vorliegenden Entwurf die Steuer-ID als eine bereichsübergreifende Kennung nun auch bei Familienleistungen eine Rolle spielen solle.

Diese Meinung vertrat auch der IT-Sicherheitsexperte Rainer Rehak. Als Sachverständiger für das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung übte er zudem erhebliche Kritik am Gesetzentwurf als Ganzes. Die Bundesregierung werde damit dem eigenen erklärten Anspruch nicht gerecht, "die Potentiale der Digitalisierung" heben zu wollen. Mehr noch: "Der Entwurf ist ein Beispiel, wie es nicht gemacht werden sollte". Problematisch sei bereits die Gesamtkonzeption: Mit dieser werde eine "riesige, deutsche Verwaltungsinsel" geschaffen, die aus Sicht von Datenschutz und IT-Sicherheit nicht "vertretbar" sei, bemängelte Rehak. Die Prozesse seien vor allem für die Verwaltung optimiert worden, das gehe zu Lasten der Bürger. Nichts werde kryptographisch abgesichert oder signiert. Das erschwere es, Verwaltungshandeln nachzuprüfen, etwa durch externe Audits. Auch sei eine Interoperabilität mit europäischen Verfahren nicht gewährleistet, weil der EU-Zustellstandard eDelivery "ignoriert" werde.

Eike Richter, Professor für Öffentliches Recht, Recht der Digitalisierung und IT-Sicherheitsrecht an der Akademie der Polizei in Hamburg, begrüßte zwar grundsätzlich den Gesetzentwurf und betonte, dieser gehe in die richtige Richtung. Er bemängelte jedoch, dass durch den dazu noch vorgelegten Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auch "grundlegende" Änderungen des Onlinezugangsgesetz (OZG) quasi "Huckepack" vorgenommen würden. Angesichts der Vielzahl der Änderungen sei ein eigener Gesetzentwurf angemessen gewesen, sagte Richter. Er sprach sich angesichts verschiedener von Regelungswerke zum allgemeinen Verwaltungsrecht zudem für eine "integrierende Reform des Verwaltungsverfahrensrechts und der Digitalisierung" aus. Ohne diese drohe die Gefahr von "Inkonsistenzen und Widersprüchen", die die Umsetzung erschwerten. Das zeige auch der aktuelle Gesetzentwurf. (sas)

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1156 vom 28.10.2020

Die FDP-Fraktion will über Kinder- und Jugendwahlen informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (19/23081) möchte sie unter anderem erfahren, mit welchen Maßnahmen und in welcher Höhe die Bundesregierung die Projekte "Juniorwahl" und "U-18-Wahl" in den vergangenen fünf Jahren strukturell und finanziell gefördert hat. Zudem fragt sie nach der Zahl der Teilnehmer bei den Projekten in den vergangenen fünf Jahren und ihrer wissenschaftlichen Evaluation.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1104 vom 16.10.2020

  • 2018 gaben 22 % der deutschen Männer an, unzufrieden mit ihrer Arbeit zu sein (EU-Durchschnitt: 17 %)
  • Gut vier von fünf Männern in Deutschland waren 2019 erwerbstätig (EU: drei von vier Männern)
  • Nur jeder zehnte erwerbstätige Mann in Deutschland arbeitete 2019 in Teilzeit, bei den Frauen war es fast jede zweite Erwerbstätige

Trotz eines im EU-Vergleich selbst in Krisenzeiten robusten Arbeitsmarktes hadern Männer in Deutschland überdurchschnittlich oft mit ihrer Arbeitssituation. Im Jahr 2018 waren rund 22% der Männer ab 16 Jahren hierzulande unzufrieden mit ihrer Arbeit, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Weltmännertags am 3. November mitteilt. Im EU-Durchschnitt waren es nur 17%. Mehr als die Hälfte der Männer in Deutschland waren mit ihrer Arbeit mittelmäßig zufrieden (55%). Hier lag der EU-Durchschnitt bei 59%. 23% gaben an, sehr zufrieden zu sein (EU: 24%).

In wirtschaftlich schwächeren EU-Staaten sind Männer mit ihrer Arbeit am unzufriedensten: Am häufigsten in Bulgarien (36 %), gefolgt von Griechenland (30%) und der Slowakei (23%). Direkt dahinter lagen Kroatien, Deutschland und Litauen mit 22%. Am geringsten war der Anteil der mit ihrer Arbeit unzufriedenen Männer in Finnland (5%) und den Niederlanden (8%). Fünf Jahre zuvor war der Anteil in Deutschland geringfügig höher: 23% zeigten sich im Jahr 2013 nicht zufrieden. Seitdem nahm der Wert in Deutschland um 1,4Prozentpunkte ab, im EU-Durchschnitt um 2,5 Prozentpunkte.

Männer in Deutschland überdurchschnittlich häufig erwerbstätig

Bei Männern in Deutschland in der Altersgruppe von 15 bis 64 Jahren betrug die Erwerbstätigenquote im Jahr 2019 rund 80%. Damit waren sie im EU-Vergleich (74%) überdurchschnittlich häufig erwerbstätig. Nur in Tschechien, den Niederlanden und Malta (jeweils 82%) war die Quote noch höher. Zum Vergleich: Frauen in Deutschland kamen auf eine Erwerbstätigenquote von 73%, die 9 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt liegt.

In den Niederlanden arbeiteten 28% der Männer in Teilzeit – in Deutschland 10%

Hierzulande arbeiteten 10% der erwerbstätigen Männer im Jahr 2019 in Teilzeit. Damit lag Deutschland nur knapp über dem EU-Durchschnitt (9%). Der Vergleich mit den erwerbstätigen Frauen offenbart große Unterschiede: Mit 47% war knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt. Das waren 15 Prozentpunkte mehr als im EU-Durchschnitt. Den höchsten Anteil in Teilzeit arbeitender Männer innerhalb der EU verzeichneten 2019 die Niederlande mit 28%. Dahinter reihten sich skandinavische Länder ein: Dänemark mit 15% sowie Schweden mit 13%. Der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Männer stieg in den letzten zehn Jahren nur langsam – seit 2010 nahm er in Deutschland wie auch im EU-Durchschnitt um rund einen Prozentpunkt zu.

In Deutschland leben eine Million weniger Männer als Frauen

Etwas mehr als 41 Millionen Männer lebten am 30.06.2020 in Deutschland. Zum gleichen Zeitpunkt gab es rund 1 Millionen Frauen mehr in Deutschland. Das Durchschnittsalter der Männer in Deutschland betrug 43,2 Jahre zum Jahresende 2019. Frauen waren im Schnitt 2,6 Jahre älter, ein Grund dafür ist die längere Lebenserwartung.

Methodische Hinweise:
Die Daten zum EU-Durchschnitt beziehen sich auf die Europäische Union mit 28 EU-Staaten.

Weitere Informationen:
Europa in Zahlen

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Im Jahr 2030 wird es in Deutschland voraussichtlich mehr Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahren als im Alter unter 20 Jahren geben. Nach der Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 werden zu Beginn des kommenden Jahrzehnts 1,5 bis 2,4 Millionen Erwerbspersonen 65 bis 74 Jahre und nur etwa 1,1 Millionen 15 bis 19 Jahre alt sein. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, werden im Jahr 2060 voraussichtlich 1,2 bis 2,2 Millionen Erwerbspersonen zur älteren und 1,0 bis 1,1 Millionen zur jüngeren Altersgruppe gehören. 2019 umfassten beide Gruppen jeweils 1,2 Millionen Erwerbspersonen.

Zur starken Zunahme der Zahl älterer Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) auf 2,4 Millionen im Jahr 2030 beziehungsweise 2,2 Millionen im Jahr 2060 kommt es, wenn zwei Annahmen eintreten: Erstens müsste sich die in den vergangenen 20 Jahren beobachtete allgemeine Zunahme der Erwerbsbeteiligung fortsetzen, zweitens müssten insbesondere die Erwerbsquoten der Älteren durch die bis zum Jahr 2031 vorgesehene stufenweise Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre weiter ansteigen.

Die Erwerbsquoten der jüngeren Altersgruppe werden sich nach allen Annahmen dagegen ähnlich der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre kaum verändern.

Künftige Entwicklung von Zuwanderung und Erwerbsverhalten beeinflusst

Die Gesamtzahl der Erwerbspersonen zwischen 15 und 74 Jahren in Deutschland wird – je nach zugrundeliegenden Annahmen – von 43,6 Millionen im Jahr 2019 mindestens auf 41,5 Millionen und höchstens auf 33,3 Millionen im Jahr 2060 abnehmen. Ein geringer Rückgang um etwa 2 Millionen auf 41,5 Millionen Erwerbspersonen setzt neben einer dauerhaft hohen Nettozuwanderung aus dem Ausland von über 300000 Personen pro Jahr auch eine weitere Zunahme der Erwerbsbeteiligung – bei Frauen stärker als bei Männern – voraus. Bei einer niedrigen Nettozuwanderung von 150000 Personen pro Jahr und einem stagnierenden Erwerbsverhalten ist dagegen mit einem Rückgang der Erwerbspersonenzahl um etwa 10Millionen auf 33,3 Millionen zu rechnen.

Babyboom-Generation scheidet in den kommenden Jahren aus dem Erwerbsleben aus

Die Hauptursache für das Sinken der Erwerbspersonenzahl ist das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 aus dem erwerbsfähigen Alter in den kommenden 25 Jahren. Ohne Nettozuwanderung würde die Erwerbspersonenzahl bis 2060 je nach Erwerbsverhalten auf knapp 28,2 bis 30,6 Millionen fallen.

Erwerbspersonenzahl sinkt in Ostdeutschland stärker als in Westdeutschland

Im Jahr 2019 betrug die Zahl der Erwerbspersonen in den westdeutschen Bundesländern 35,3 Millionen und in den ostdeutschen Bundesländern 8,3 Millionen. Anders als im Westen Deutschlands ist im Osten bereits heute die Erwerbspersonenzahl rückläufig. Diese Unterschiede werden sich auch künftig zeigen. Die Zahl der Erwerbspersonen wird im Osten bis 2060 voraussichtlich um 12 % bis 28 % sinken, wohingegen der Rückgang im Westen zwischen 3% und 22% betragen dürfte.

Methodische Hinweise:

Die Erwerbspersonenvorausberechnung (EPV 2020) reicht bis 2060 und umfasst sechs Varianten, die sich durch ihre Annahmen zur künftigen Nettozuwanderung nach Deutschland und zum Erwerbsverhalten unterscheiden. Die Annahmen zur moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung sind in allen Varianten gleich und stammen gemeinsam mit der niedrigen, moderaten und hohen Wanderungsannahme aus der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung.

Zum künftigen Erwerbsverhalten wurden auf Basis der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 bis 2019 zwei Annahmen getroffen. In den Varianten mit einer hohen Erwerbsbeteiligung steigen die Erwerbsquoten vor allem der Frauen und der älteren Bevölkerung, wenngleich nicht so stark wie bisher. Für die Varianten mit einer niedrigen Erwerbsbeteiligung wurden die alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten 2017 bis 2019 für den gesamten Berechnungszeitraum konstant gehalten.

Die Erwerbspersonen setzen sich aus Erwerbstätigen und Erwerbslosen nach dem Erwerbsstatuskonzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zusammen.

Die EPV 2020 ist keine Prognose. Sie zeigt, wie sich die Zahl der Erwerbspersonen entwickeln würde, wenn die Annahmen über die Entwicklung des Bevölkerungsstandes und des Erwerbsverhaltens eintreten würden. Insbesondere aufgrund des auch für die Zukunft zu erwartenden volatilen Wanderungsgeschehens und möglicher künftiger Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt können ihre Ergebnisse mehr oder weniger stark von der tatsächlichen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl abweichen.

Weitere Informationen:

Eine ausführliche Darstellung der künftigen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl in Deutschland enthält der Tabellenband "Erwerbspersonenvorausberechnung 2020".

Informationen zur 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. bieten die Übersichtsseite zur Pressekonferenz am 27. Juni 2019 sowie die Sonderseite „Demografischer Wandel“.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Knapp 6,9Millionen Menschen in Deutschland haben zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 4,7% weniger als Ende 2018, als rund 7,2 Millionen Menschen Leistungen der sozialen Mindestsicherung bezogen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sank der Anteil der Leistungsempfängerinnen und -empfänger von 8,7% zum Jahresende 2018 auf 8,3% zum Jahresende 2019. Das ist die bisher niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006.

Die Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme sind finanzielle Hilfen des Staates, die zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts dienen. Dazu zählen folgende Leistungen:

  • Gesamtregelleistungen (ArbeitslosengeldII/Sozialgeld) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGBII„Grundsicherung für Arbeitsuchende“, sogenanntes Hartz IV) erhielten Ende 2019 knapp 5,3Millionen Menschen. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Regelleistungsberechtigten damit um 5,6%.
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGBXII„Sozialhilfe“ bezogen knapp 1,1Millionen Menschen. Die Zahl stieg damit leicht um 0,6%.
  • Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)bekamen rund 385000 Menschen. Dies entspricht einem Rückgang um 6,3%.
  • Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungennach SGBXII „Sozialhilfe“ bezogen rund 113000 Menschen. Das waren 6,7% weniger als im Vorjahr.

Überdurchschnittlicher Rückgang der Leistungsempfängerzahl in Ostdeutschland

Mit einem Minus von 6,9% sank die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen in den östlichen Bundesländern wie in den Vorjahren stärker als in den westlichen Bundesländern. In Westdeutschland waren 4,0% weniger Menschen als im Jahr zuvor auf entsprechende Leistungen angewiesen.

Niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen

Der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung (Mindestsicherungsquote) ging seit dem Jahr 2015 kontinuierlich zurück und erreichte am Jahresende 2019 mit 8,3% einen neuen Tiefstand. In Ostdeutschland (einschließlich Berlin) ist erstmals weniger als jede zehnte Person (9,9%) auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen. In Westdeutschland sank der Anteil auf 7,9%.

Wie schon 2017 und 2018 war die Mindestsicherungsquote Ende 2019 in Bremen mit 17,3% am höchsten, gefolgt von den beiden weiteren Stadtstaaten Berlin (16,0%) und Hamburg (12,6%) sowie dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (10,9%). Durchgehend seit dem Beginn der Berechnungen ab dem Jahresende 2006 wiesen Ende 2019 Bayern (4,3 %) und Baden-Württemberg (5,1 %) die niedrigsten Anteile der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen auf.

Weitere Informationen:

Tabellen und Informationen zu den Mindestsicherungsleistungen in Deutschland – unter anderem nach Leistungssystemen – für die Berichtsjahre2006 bis2019 sowie Daten zu weiteren Armuts- und Sozialindikatoren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.10.2020

Zwei Drittel aller Männer, die 2019 Vater eines Kindes wurden, waren zwischen 29 und 39 Jahre alt (66 %); lediglich 6% waren älter als 44 Jahre. Bei den Müttern waren 65% zwischen 29 und 39 Jahre alt und 0,3% älter als 44 Jahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Basis einer neuen Studie zu Vaterschaften mitteilen, stieg seit 1991 das durchschnittliche Alter der Väter bei der Geburt eines Kindes um 3,6 Jahre auf 34,6Jahre. Auch die Mütter der 2019 geborenen Kinder waren mit 31,5 Jahren im Durchschnitt 3,6 Jahre älter als die Mütter der Babys im Jahr 1991 (27,9 Jahre).

Bei Erstgeborenen waren die Väter im Durchschnitt 33 Jahre und die Mütter 30 Jahre alt

Väter von Erstgeborenen (der Mutter) waren im Jahr 2019 im Durchschnitt 33,1 Jahre alt. Bei Frauen, die 2019 zum ersten Mal Mutter wurden, betrug das Durchschnittsalter 30,1Jahre. Die Eltern der Zweitgeborenen waren jeweils um 2 Jahre älter: 35,2 beziehungsweise 32,2 Jahre. Beim dritten Kind (der Mutter) betrug das durchschnittliche Alter der Väter 36,6 Jahre und das der Mütter 33,2 Jahre.

Die jüngsten Eltern leben in Sachsen-Anhalt

Im Vergleich der Bundesländer waren 2019 in Sachsen-Anhalt die Väter bei der Geburt von Kindern mit 34,0 Jahren und die Mütter mit 30,6 Jahren am jüngsten. Am höchsten war das durchschnittliche Alter bei Geburt in Hamburg: dort waren die Väter 35,4 und die Mütter 32,4 Jahre alt.

2019 wurden durchschnittlich 1,45 Kinder je Mann geboren

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland durchschnittlich 1,45Kinder je Mann geboren. Zwischen 1991 und 2006 schwankte diese sogenannte zusammengefasste Vaterschaftsziffer um den Wert von 1,20 Kinder je Mann. Seit 2007 stieg sie kontinuierlich bis auf 1,50 Kinder je Mann im Jahr 2016. Bis zum Jahr 2019 nahm sie leicht ab.

Wie in den meisten wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern ist in Deutschland die Vaterschaftsziffer der Männer niedriger als die zusammengefasste Geburtenziffer der Frauen, welche 2019 bei 1,54 Kindern je Frau lag. Hierzu trägt vor allem bei, dass die Anzahl potenzieller Väter höher ist als die Anzahl potenzieller Mütter.

Die Vaterschaftsziffer ist in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland

Während in den östlichen Bundesländern die Vaterschaftsziffer 2019 zwischen 1,29 und 1,35 Kindern je Mann betrug, war sie in den meisten westlichen Bundesländern mit 1,45bis 1,51 Kindern je Mann deutlich höher. Lediglich im Saarland lag sie mit 1,39 etwas niedriger. Die Geburtenziffer der Frauen wies dagegen im Jahr 2019 kein Ost-West-Gefälle mehr auf. Die größeren Differenzen zwischen den Vaterschaftsziffern der Männer und den Geburtenziffern der Frauen in Ostdeutschland gehen darauf zurück, dass in vielen Teilen Ostdeutschlands deutlich mehr Männer als Frauen leben.

In der EU liegt das Alter der Väter bei der Geburt zwischen 32 und 36 Jahren

Beim durchschnittlichen Alter der Väter bei der Geburt von Kindern gehört Deutschland in der Europäischen Union zum "älteren" Drittel. Nach Schätzungen für das Jahr 2017 waren in der EU die Väter in Italien, Griechenland und Spanien mit rund 36 Jahren bei der Geburt ihrer Kinder am ältesten (Deutschland 2017: 34,4 Jahre). Am jüngsten waren sie mit rund 32 Jahren in Rumänien. Auch in Litauen, Polen und Bulgarien lag das Alter der Väter bei der Geburt unter 33 Jahren.

Bei der Vaterschaftsziffer befindet sich Deutschland ähnlich wie bei der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen im oberen Mittelfeld (2017: 1,48 Kinder je Mann). Die niedrigsten Vaterschaftsziffern von etwa 1,2 Kindern je Mann wiesen 2017 die südeuropäischen Länder Malta, Spanien und Italien auf. Am höchsten war die Vaterschaftsziffer in Frankreich mit knapp 1,9 Kindern je Mann.

Methodische Hinweise

In der dieser Pressemitteilung zugrundeliegenden Studie (siehe Aufsatz "Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?" in WiSta 5/2020) werden zum ersten Mal amtliche Angaben zur Vaterschaft dargestellt, die sich auf alle Geborenen unabhängig vom Familienstand des Vaters beziehen. Hierfür wurden die Fälle mit fehlenden Angaben des Vaters mit Hilfe von speziell entwickelten Methoden berücksichtigt. Im Jahr 2019 fehlten die Angaben zum Vater bei rund 45500 Geborenen.

Die sogenannte fertile Altersphase, während der Frauen Mutter und Männer Vater werden können, ist hier statistisch bei Frauen mit 15 bis 49 Jahren und bei Männern mit 15 bis 69 Jahren abgegrenzt.

Die Angaben zum Alter des Vaters beim ersten, zweiten und dritten Kind beziehen sich auf die Geburtenfolge im Leben der Mutter. Für Väter liegen keine Angaben zur Geburtenfolge vor.

Die zusammengefasste Vaterschaftsziffer der Männer wird analog der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen berechnet. Zuerst werden die Geborenen eines Jahres mit Vätern eines bestimmten Alters auf die männliche Bevölkerung dieses Alters bezogen. Die Addition dieser Ziffern für jedes Altersjahr zwischen 15 und 69 Jahren ergibt die zusammengefasste Vaterschaftsziffer. Diese entspricht der durchschnittlichen Zahl der leiblichen Kinder im Leben eines Mannes unter der Voraussetzung, dass die Verhältnisse des beobachteten Jahres während seines gesamten Lebens gelten würden.

Ausführliche Informationen zur Fertilität der Männer bietet der Aufsatz "Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?" in WiSta 5/2020. Weitere Daten stehen auf der Themenseite, im Tabellensegment der GENESIS-Datenbank 12612 sowie auf der Seite "Demografischer Wandel" zur Verfügung.
Weitere kommentierte Schaubilder etwa zur Fertilität von Männern und zu langfristigen demografischen Entwicklungen finden sich im "Fakten"-Bereich der Webseite des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

30 Jahre Deutsche Einheit
Informationen zu regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen östlichen und westlichen Bundesländern 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung finden Sie in unserem Statistik-Dossier sowie auf unserer Themenseite "30 Jahre Deutsche Einheit".

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 16.10.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Gemeinsam mit pro familia und anderen Verbänden hat der AWO Bundesverband in einem offenen Brief an die Bundesregierung seine tiefe Besorgnis über die derzeitige Lage in Polen ausgedrückt. Am 22. Oktober hat der polnische Verfassungsgerichtshof ein fast vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen. Auch Abbrüche wegen „schweren und irreversiblen fötalen Defekten oder unheilbaren Krankheiten, die das Leben des Fötus bedrohen“ sind nun verfassungswidrig.

„Schon jetzt gehen Schätzungen von bis zu 100.000 illegalen Abtreibungen in Polen im Jahr aus. Das Urteil verschlimmert die ohnehin schon sehr schwierige Lage, in der sich die betroffenen Frauen befinden, deutlich“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler. „Das bisherige Reisen in umliegende Länder ist durch die Corona-Pandemie jetzt auch nicht mehr möglich, d.h. ungewollt schwangere Frauen sind komplett allein gelassen und werden zu verzweifelten Maßnahmen greifen, um die Schwangerschaft zu beenden.“ Die AWO steht für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und solidarisiert sich mit den betroffenen Frauen.

Das Urteil hat große Proteste in der polnischen Bevölkerung ausgelöst. Begonnen durch Aufrufe von lokalen Frauenrechtsgruppen, werden sie inzwischen von breiten Bevölkerungsschichten unterstützt, täglich werden es mehr. Dabei werden ihre friedlichen Proteste mit massiver Gewalt entweder durch Polizisten oder rechtsextreme Gruppen beantwortet. „Die AWO ist sehr besorgt über die Menschenrechtsverletzungen und fordert die Bundesregierung auf, die Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu verurteilen. In der EU-Grundrechtscharta wird das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert. Dies muss auch für Demonstrationen gegen ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gelten“, schließt Wolfgang Stadler.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.11.2020

Am heutigen 19. Oktober 2020 findet der 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt, an dem rund 130 Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommune, der Zivilgesellschaft und Migrantenverbänden teilnehmen. Bei dem Treffen soll auch die Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplanes Integration Thema sein. Darin werden verschiedene „Phasen der Integration“ benannt, denen verschiedene Themenforen zugeordnet werden.

Für die Arbeiterwohlfahrt nimmt Präsident Wilhelm Schmidt am heutigen Gipfeltreffen teil: „Wir sind seit über sechs Jahrzehnten Ansprechpartnerin für Einwanderinnen und Einwanderer. In dieser Zeit sind die sozialen Migrationsfachdienste – Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, die Jugendmigrationsdienste und die Flüchtlingssozialberatung – stetig gewachsen und haben sich im lokalen Kontext etabliert.“ Gerade in diesem lokalen Kontext finde das Ankommen, das Zusammenleben und die Inklusion von eingewanderten Menschen statt. Hier komme es darauf an, dass alle Akteurinnen – von der Kommunalverwaltung bis hin zu den Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen – zusammenwirken, sich austauschen und gemeinsam inklusive sozialräumliche Ansätze entwickelten: Im Kindergarten, in der Schulsozialarbeit, beim Ausbau von Beratungsangeboten bis hin zum bürgerschaftlichen Engagement im Gemeinwesen. Nur so könne eine breite Akzeptanz und gemeinsame Verantwortung bei der Umsetzung erzielt werden. Die verstärkte Einbeziehung der Perspektive der Migrantenorganisationen sei sehr zu begrüßen.

Wilhelm Schmidt: „Wir alle, die heute hier zusammengekommen sind, waren in verschiedenen Diskussionsforen des NAP-I beteiligt. Worauf es aber ankommt, ist die reale Mitwirkung bei der Gestaltung im Einwanderungsland: Vor Ort, im Quartier – in der Stadt oder auf dem Land. Das übergeordnete Ziel dabei muss sein, Rassismus und bestehenden Benachteiligungen und Ausgrenzungen entschieden entgegen zu wirken. Dieses Ziel haben wir in der Agenda des neuen Nationalen Aktionsplans Integration jedoch vermisst.“

Hintergrund:

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wirkt mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen am gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort mit. Die Mitgestaltung der Einwanderungsgesellschaft erfolgt auch in sozialen Einrichtungen, wo ratsuchende Menschen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft Unterstützung finden. Zudem ist die AWO als tragende Akteurin in die kommunale Daseinsvorsorge eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 19.10.2020

100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Konzerne wie z.B. die Lufthansa werden mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutz-schild“ vom Staat unterstützt. Kleine Firmen, Erwerbstätige und manch andere Gruppen bekom-men wenigstens kleine Hilfen oder Kurzarbeitergeld. Dagegen fehlt bei den Ärmsten eine Unter-stützung in der Krise gänzlich. Minijobber*innen erhalten z. B. nicht einmal Kurzarbeitergeld. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind aber viele von uns in ihrer nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven An-stieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!
Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um 14 Euro auf dann 446 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind bei dreißig Tagen im Monat ganze 47 Cent am Tag.
Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die aus-schließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu gerin-ges, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Die Bemessung der Regelsätze ist seit längerem ein Problem. Das hat beispielsweise dazu geführt, dass die Entwicklung der Regelsatzhöhe hinter der längerfristigen Lohnentwicklung zurückbleibt. Im Ergebnis werden daher die Unterschiede im Lebensstandard zwischen den Grundsicherungsbe-zieher*innen und den Beschäftigten immer größer. Betroffene werden immer stärker abgehängt und können sich von dem ihnen zur Verfügung stehenden Einkommen immer weniger leisten.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“.

Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen! Gemeinsam werden wir unseren Protest bei einer Reihe von Aktionen am 30. und am 31.10. in vielen Städten und Gemeinden auf die Straße tragen!

Hintergrundinformationen: https://www.erwerbslos.de/aktivitaeten/716-kritik-an-zu-niedrigen-regelsaetzen

Quelle: Pressemitteilung Bündnis ‚AufRecht‘ bestehen vom 28.10.2020

Deutsche Liga für das Kind fordert gesetzliche Reformen zugunsten besonders belasteter Familien

Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern sind in mehrfacher Hinsicht belastet. Sie bekommen nicht die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung und müssen häufig Versorgungsaufgaben im Alltag übernehmen, die nicht kindgerecht sind. Bei manchen kommen akute Gefährdungen hinzu. Das Risiko, dass diese Kinder später selbst eine seelische Erkrankung entwickeln, ist hoch. Die Deutsche Liga für das Kind fordert den Gesetzgeber auf, im Rahmen der geplanten Reform des Sozialgesetzbuchs VIII (SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe) die Hilfen für diese besonders belasteten Kinder und Familien auszubauen und zu verbessern.

„Kinder mit psychisch- und suchterkrankten Eltern benötigen gerade während der Corona-Pandemie unsere besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das Leid dieser Familien ist häufig nicht ausreichend sichtbar. Bestehende Hilfen reichen nicht aus oder sind für die Betroffenen nur schwer zugänglich“, sagt Prof‘in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind und Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. „Diese Kinder und ihre Eltern brauchen mehr und bessere Hilfen, die durch gesetzliche Reformen ermöglicht werden müssen.“

Anlässlich ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung „Wenn Eltern psychisch krank sind: was brauchen die Kinder? Herausforderungen für die Hilfesysteme“ am 23./24.10.2020 im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg begrüßt die Deutsche Liga für das Kind, dass der kürzlich vom Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichte Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“ für Familien in Notsituationen vorsieht, ambulante Hilfen für die Betreuung und Versorgung von Kindern direkt, d.h. ohne vorherige Antragstellung beim Jugendamt, in Anspruch nehmen zu können. Positiv ist auch die in dem Entwurf vorgesehene Regelung, dass Kinder unabhängig von ihren Eltern einen uneingeschränkten Beratungsanspruch durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten sollen. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, die Reform noch in dieser Legislaturperiode zügig zum Abschluss zu bringen. Außerdem fordert die Deutsche Liga für das Kind, die im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung fest verabredete Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz schnellstmöglich umzusetzen, von der gerade besonders belastete Kinder profitieren könnten.

Neben den notwendigen gesetzlichen Reformen sollte eine bundesweite Online-Plattform errichtet werden, die anonyme Beratung für betroffene Kinder wie auch Informationen für Fachkräfte bietet und Möglichkeiten für wohnortnahe Hilfen aufzeigt. Weiterhin ist dringend erforderlich, die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit der beteiligten Akteurinnen und Akteure zu erleichtern und zu stärken und ein unverbundenes Nebeneinander unterschiedlicher Leistungssysteme zu verhindern.

Zu den Referentinnen und Referenten der Tagung unter der Schirmherrschaft von Daniela Ludwig MdB, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gehören Prof’in Dr. Silke Wiegand-Grefe (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und MSH Medical School Hamburg), Prof’in Dr. Sabine Wagenblass (Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Hochschule Bremen), Dr. med. Areej Zindler (Leiterin der Flüchtlingsambulanz im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Prof‘in. Dr. Anna-Lena Zietlow (Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Mannheim) und Dr. Heinz Kindler (Leiter der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ des Deutschen Jugendinstituts in München). Die Tagung findet in Kooperation mit der Flüchtlingsambulanz (Leiterin Dr. med. Areej Zindler) im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) statt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind vom 23.10.2020

Deutscher Familienverband (DFV) fordert Reformen beim Kindergeld und Kinderfreibetrag.

„15 Euro mehr Kindergeld werden keiner Familie die finanziellen Sorgen nehmen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes in Anspielung auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung beim Familienentlastungsgesetz. „Seit der Corona-Krise stehen Familien vor realen existenziellen Sorgen und hunderttausende Eltern fühlen sich von der Politik allein gelassen. Familien haben Angst vor einem neuen Lockdown und seinen Folgen.“

DFV-Forderung: Kindergeld, Kinderfreibetrag und Sozialversicherung

In der Corona-Krise haben Familien besonders gelitten. Einkommensverluste, Schließung von Kindergärten und Kindertagesstätten und Arbeitslosigkeit haben Eltern erheblich zugesetzt. Berechnungen des Deutschen Familienverbandes zeigen (Horizontaler Vergleich 2020, PDF), dass bereits eine Zweikind-Familie durch Steuern und Sozialabgaben dermaßen finanziell belastet wird, dass sie regelmäßig unter das Existenzminimum rutscht.

Wer die finanzielle Stärkung von Familien im Blick hat, muss an drei zentralen Punkten ansetzen:

1. Ein Kindergeld in Höhe von 330 Euro (siehe Erklärfilm)

2. Steuerlicher Freibetrag in Höhe des Grundfreibetrages für Erwachsene

3. Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung, der Eltern in der Phase der
Kindererziehung entlastet und die Leistung Kindererziehung anerkennt (siehe Erklärfilm)

Derzeit plant die Bundesregierung mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz, das Kindergeld lediglich auf 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 für das dritte und 250 Euro für jedes weitere Kind zu erhöhen. Der Kinderfreibetrag soll 8.388 Euro anstatt bisher 7.812 Euro betragen.

Angesichts der akuten finanziellen Situation von Familien hält es der DFV für dringend geboten, das Kindergeld einheitlich auf 330 Euro zu erhöhen – also auf die maximale Wirkung des Kinderfreibetrages. Damit würden alle Eltern gleichermaßen vom Kindergeld und Kinderfreibetrag profitieren.

Der Gesetzesentwurf hat weiterhin einen nicht unerheblichen Geburtsfehler. Der Kinderfreibetrag wird unter dem steuerlichen Grundfreibetrag für Erwachsene (ab 2021: 9.744 Euro) liegen. „Kinder sind aber keine „kleinen Menschen“, die nur einen Bruchteil der materiellen und finanziellen Bedarfe haben. Jede Mutter und jeder Vater wird das bestätigen können“, sagt Verbandspräsident Klaus Zeh. „Obwohl die Angleichung des Kinder- und Grundfreibetrages bereits mehrfach versprochen worden ist, werden Familien abermals bitter enttäuscht.“

Kindergeld: Steuererstattung, kein Steuergeschenk!

„Das Kindergeld ist kein Steuergeschenk“, so Zeh. „Tatsächlich handelt es sich beim Kindergeld vorrangig um eine monatliche Steuervergütung für zu viel erhobene Steuern.“ Am Ende des Steuerjahres wird es von Amts wegen mit der einkommensabhängigen, individuellen Wirkung des Kinderfreibetrages verrechnet.

Vor 30 Jahren verpflichtete das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in einem von Familien erstrittenen Grundsatzurteil (BVerfGE 82,60 – 1 BvL 20/84 v. 29.05.1990), dass bei der Einkommensbesteuerung der Familie ein Betrag in Höhe des Existenzminimums steuerfrei bleiben muss. Nur das darüber hinausgehende Familieneinkommen darf der Besteuerung überhaupt unterworfen werden.

In der Praxis heißt das: Alle Eltern beziehen zunächst das Kindergeld. Erst wenn das Kindergeld höher ist als die Steuererstattung durch den Kinderfreibetrag, darf man überhaupt von einer Familienförderung sprechen (§ 31 EStG). Davon profitieren vor allem Familien mit niedrigem Einkommen und kinderreiche Familien. Aus diesem Grund ist das Kindergeld – systematisch richtig – im Einkommensteuergesetz geregelt und nicht im Katalog der Familien- oder Sozialleistungen.

Der Verbandspräsident betont, dass eine etwaige Dringlichkeit zur Haushaltssanierung – dies ist besonders in der gegenwärtige Lage zu erwähnen – nicht als Rechtfertigung herangenommen werden darf, Eltern und Kindern Kindergeld und Steuerfreibeträge zu verweigern. „Die Anpassung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages sind schlichtweg Verfassungsvorgaben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 29.10.2020

Der Deutsche Familienverband lobt den längst fälligen Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Jugendmedienschutzes, vermisst aber Netzanschlussfilter.

Auch bei der Nutzung von digitalen Medien müssen Minderjährige vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Dem Deutschen Familienverband (DFV) ist es daher schon seit vielen Jahren ein dringendes Anliegen, dass der Staat und die Netzanbieter entsprechende Regelungen und Maßnahmen treffen. „Der Beschluss des Bundeskabinetts, den Jugendmedienschutz zu reformieren, lässt uns aufatmen. Die bisherige Gesetzeslage ist in der heutigen digitalen Welt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen unbrauchbar“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV. Fast 20 Jahre ist das bisher gültige Gesetz zum Jugendmedienschutz alt.

Für den DFV hat der am Mittwoch beschlossene Gesetzesentwurf jedoch einen entscheidenden Mangel, weil er keine Netzanschlussfilter vorsieht. Der Schutz durch Netzanschlussfilter setzt unmittelbar und unabhängig von den digitalen Plattformen, die ein Kind oder Jugendlicher nutzt, ein. Gefährdende Inhalte erreichen Minderjährige erst gar nicht. „Der Vorteil von Netzanschlussfiltern liegt auf der Hand: Sie erleichtern Eltern das Leben. Statt Jugendschutzfilter für jedes internetfähige Gerät im Haushalt, die ständig aktualisiert werden müssen, gibt es einen Filter für den gesamten Netzanschluss“, so Heimann. Auch beim Mobilfunk können entsprechende Filter eingesetzt werden, so dass der Jugendschutz zusätzlich unterwegs gewährleistet ist.

Großbritannien macht es vor: Auf Druck der dortigen Regierung haben die Anbieter von Internetzugängen kostenlose Jugendschutzfilter eingeführt. Diese werden zentral gewartet und können von den Anschlussinhabern ausgeschaltet oder aber auch nach eigenen Wünschen angepasst werden. „Netzanschlussfilter helfen entscheidend dabei, dass jugendgefährdende Inhalte gar nicht erst auf den Endgeräten landen. Anbieter müssen von Staat diesbezüglich verpflichtet werden“, sagt Heimann.

Der DFV hat das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) bereits im Februar auf die Unverzichtbarkeit von Netzanschlussfiltern für Familien hingewiesen. Gemeinsam mit verschiedenen Verbänden aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Kinderschutz hatte der Verband zum Referentenentwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes Stellung genommen.

Weiterführende Information

Verbände-Stellungnahme zur Änderung des Jugendschutzgesetzes

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 16.10.2020

„Man kann zusammenfassend sagen: Endlich!“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 19. August 2020, der der Fachöffentlichkeit seit einiger Zeit bekannt ist, obgleich das Verbändeanhörungsverfahren leider noch nicht eingeleitet wurde, soweit der Entwurf die Einführung einer weiteren rechtlichen Mutterschaft durch Ehe oder Anerkennung vorsieht. Denn die beabsichtigte Regelung macht – wie vom djb schon lange gefordert – die Stiefkindadoption in einer solchen gleichgeschlechtlichen Beziehung überflüssig.

Die Folgefragen, wie Anerkennung, Feststellung und Anfechtung der Mutterstelle sieht der djb allerdings nicht günstig gelöst, wie Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der zuständigen Fachkommission im djb, kritisch anmerkt. Denn das Nichtbestehen der Mutterschaft kann nur festgestellt werden, wenn ein „Mann Vater des Kindes ist“. Die gewählte Formulierung ist missverständlich und erhellt erst bei der Normierung der Anfechtungsfristen, was tatsächlich gemeint ist. So beginnt nämlich im Fall der Anfechtung der Mutterschaft die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die anfechtungsberechtigte Person von Umständen erfährt, die dafürsprechen, dass ein Mann während der Empfängniszeit der Frau, die das Kind geboren hat, „beigewohnt“ hat. Diesen Begriff und den damit zwangsläufig verbundenen „Blick ins Schlafzimmer“, hat sich der djb schon früher verbeten, so Meyer-Wehage weiter. Sinnvoller erscheint es, die Mutterschaft an das Vorliegen einer Einwilligung zur Zeugung des Kindes zu knüpfen.
Schließlich lässt der Entwurf Eltern mit „divers“-Eintrag und Eltern ohne Geschlechtseintrag außen vor, da er zwar eine zweite Mutterstelle ermöglicht, nicht aber eine weitere Elternbezeichnung. Auch die Diskriminierung von trans* Eltern wird nicht beseitigt, sondern fortgeschrieben. „Das ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich“, erläutert Wersig.

Damit der „Kessel“ auch „bunt“ ist, nimmt sich der Entwurf außerdem der elterlichen Sorge an, insbesondere bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Mit der Vaterschaftsanerkennung soll zukünftig automatisch die gemeinsame elterliche Sorge verbunden sein. Das lehnt der djb ab! Denn der Entwurf bringt die Mutter in ein Dilemma: Will sie das gemeinsame Sorgerecht nicht, weil das Kind z.B. aus einer flüchtigen Beziehung oder einer Vergewaltigung hervorgegangen ist, muss sie ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung verweigern mit der Folge, dass ihr Kind vorerst keine Unterhalts- und Erbansprüche gegen den bekannten Vater hat und die Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden muss. „Es kann nicht Ziel des Gesetzes sein, eine Mutter, die ihrem Kind Unterhalts- und Erbansprüche sichern will, dazu zu zwingen, mit dem Vater gemeinsam das Sorgerecht auszuüben.“, kritisiert Wersig daher.

Die dritte Zutat im Kessel ist – um im Bild zu bleiben – das Wechselmodell: Hier sind Regelungen im Kindesunterhalt vorgesehen, die man wieder „mit Fug und Recht als Insellösung beschreiben kann“, so Meyer-Wehage. Der Entwurf setzt – bezogen auf die gemeinsame Betreuung von Kindern – lediglich die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Unterhalt um, ohne die Folgefragen im Sozialhilfe- und Steuerrecht zu regeln, die einer Klärung jedoch dringend bedürfen.

Zudem fängt der Entwurf die Benachteiligung von Frauen nicht ein, die sich dadurch ergibt, dass das Wechselmodell erst nach der Trennung der Eltern gelebt wird. Während in einer intakten Ehe immer noch häufig die Frauen eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit einschränken, nimmt das Wechselmodell nach der Trennung auf die dadurch für sie entstandenen Belastungen keine Rücksicht, sondern normiert nach aktueller Rechtsprechung eine volle Erwerbsobliegenheit unter Hinzurechnung von Einkünften, die tatsächlich nicht erzielt werden.

Fazit

Auch wenn der „große Wurf“ im Abstammungsrecht weiter auf sich warten lässt und die ergänzenden Regelungen nicht immer überzeugen, ist es an der Zeit, Reformen, insbesondere zur Vermeidung einer Stiefkindadoption, endlich in Angriff zu nehmen und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Alles andere ist nicht mehr vermittelbar.

Die ausführliche Stellungnahme des djb finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte die geplanten Verschärfungen des Strafrechts zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sind diese Verschärfungen wichtige Maßnahmen, um Kinder effektiver zu schützen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Prävention in diesem Bereich. Gleichzeitig muss auch der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt steigen, alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen ausgeschöpft werden.

"Prävention, Fahndungsdruck, härtere Strafen: Nur mit einem Bündel von Maßnahmen wird es uns gelingen, Kinder besser vor sexueller Gewalt zu schützen. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Anhörungsrechte von Kindern in gerichtlichen Verfahren sind kein pädagogischer Schnickschnack, sondern ein Recht der Kinder, das es einzuhalten gilt. Dafür braucht es insbesondere zum Thema Kinderrechte und im Umgang mit Kindern geschulte Fachkräfte, qualifizierte Familienrichterinnen und Familienrichter, sowie flächendeckend Fachberatungsstellen, die für Kinder und Jugendliche problemlos erreichbar sind", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Die Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes sollte massiv aufgestockt werden. Denn der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt erfordert kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Daneben brauchen wir eine finanziell abgesicherte, funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Die zu erwartende Strafe bei sexueller Gewalt gegen Kinder muss eine generalpräventive Wirkung entfalten, um potenzielle Täterinnen und Täter von der Begehung einer Tat abzuhalten, aber auch um beispielsweise die Verbreitung kinderpornografischen Materials effektiv zu bekämpfen. Hier ist ein Markt entstanden, der unnachgiebig ausgetrocknet werden muss", so Lütkes weiter.

Auch die Evaluation familiengerichtlicher Maßnahmen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein wichtiger Schritt hin zu mehr Kinderschutz. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Dafür braucht es auch eine gesetzliche Nachschulungsverpflichtung für Familienrichterinnen und Familienrichter, und wie im Gesetzentwurf vorgesehen ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen. Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen in Ermittlungsverfahren mit ersetzender Wirkung für das Hauptverfahren zum bundesdeutschen Standard werden, damit Kinder nicht öfter als nötig zu traumatischen Erlebnissen befragt werden müssen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 30.10.2020

Als “alarmierendes Signal” und “massives sozialpolitisches Problem” wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, nach denen die Zahl der Empfänger*innen von Mindestsicherungsleistungen zuletzt sank, während gleichzeitig die Armut in Deutschland gestiegen ist. Der Verband fordert eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite die Armut erheblich zunimmt, auf der anderen Seite aber immer weniger Menschen in ihrer Not vom Staat unterstützt werden. Die heute veröffentlichten Zahlen zur Mindestsicherung sind keinesfalls Ausdruck eines sozialpolitischen Erfolgs und ganz bestimmt kein Anlass zum Feiern. Während die Armut wächst, geht die Zahl derer, die vom Sozialstaat aufgefangen werden, zurück”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was sich in diesen Zahlen manifestiere sei ein massives sozialpolitisches Problem, das gelöst werden müsse. “Was es zwingend braucht, um dieser Erosion des letzten sozialen Sicherungsnetzes Einhalt zu gebieten, ist eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und in der Altersgrundsicherung”, so Schneider. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.

Zum Hintergrund: Knapp 6,9 Millionen Menschen in Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten, 4,7 Prozent weniger als Ende 2018. Die Armutsquote ist dagegen von 15,5 Prozent (2018) auf 15,9 Prozent (2019) gestiegen.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 30.10.2020

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. beteiligt sich in diesem Jahr zum achten Mal gemeinsam mit dem „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ an der weltweiten Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“.

Bis zum 15. November können die Geschenkkartons zu den Öffnungszeiten in der SHIA-Geschäftsstelle in der Bahnhofstraße 4 in Königs Wusterhausen abgegeben werden

– Montag bis Freitag jeweils 8 bis 13 Uhr, Dienstag zusätzlich von 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.

Bitte nutzen Sie den Anrufbeantworter unter Tel. 03375/294752 zur Terminvereinbarung.

Der Verein „Geschenke der Hoffnung e. V.“ will seit vielen Jahren mit den Päckchen dazu beitragen, dass Menschen zum Weihnachtsfest Kindern weltweit eine Freude bereiten.

Ein leerer Schuhkarton soll mit Geschenkpapier beklebt und mit Geschenken gefüllt werden.

Als Geschenke sind Kleidung, Süßigkeiten, Kuscheltiere, Spielzeug, Schulsachen, Hygieneartikel und anderes möglich.

Dabei ist das Alter und Geschlecht des Kindes, das beschenkt wird, zu wählen.

Die Altersgruppen sind 2 bis 4 Jahre, 5 bis 9 Jahre und 10 bis 14 Jahre.

Auf der Internetseite www.weihnachten-im-schuhkarton.org gibt es weitere Informationen zur Aktion.

Quelle: Pressemitteilung SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. vom 28.10.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2020

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche. Oft sind sie viele Jahre ihrer Kindheit von Armut bedroht.

Die Kinder- und Jugendarmut bleibt trotz jahrelang guter wirtschaftlicher Entwicklung ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland. Damit verbunden sind erhebliche Folgen für das Aufwachsen, das Wohlbefinden, die Bildung und die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen.

Corona droht die Situation von Armut bedrohter Kinder noch zu verschärfen.

Es braucht dringend neue sozial- und familienpolitische Konzepte.

Wir fordern: Jetzt handeln und auf der kommenden ASMK für die Einführung einer Kindergrundsicherung eintreten.

Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder werden im Rahmen der 97. ASMK in 2020 am 26. und 27. November 2020 in Mannheim zu der Frage der Einführung der Kindergrundsicherung eine politische Entscheidung treffen und gegebenenfalls Wege zur Umsetzung aufzeigen.

Der ZFF-Geschäftsführer Alexander Nöhring wird bei dieser Veranstaltung den Hauptvortrag
„Kinderarmut, Corona und die Kindergrundsicherung“ halten.

Kosten: 10 €

Anmeldung bis zum 03.11.2020 erbeten an

Fachstelle Familien der Nordkirche
Angela Lückfett
Gartenstraße 20, 24103 Kiel
Tel +49 431 55779-127
angela.lueckfett@familien.nordkirche.de

Nach Ihrer Anmeldung erhalten Sie die Zugangsdaten zur online-Veranstaltung.

Termin: 16. November 2020

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Corona Pandemie führt zu tiefen Verunsicherungen der gesamten Gesellschaft. Ob wir Familien insgesamt oder Kinder und Jugendliche als solche betrachten – wir alle kommen mit Verschwörungsideologien in Kontakt, ganz egal ob wir das wollen oder nicht. Doch stehen Familien mit ihren Sorgen und Ängsten besonders im Fokus. Denn Familien werden von vielen einschränkenden Maßnahmen besonders getroffen. Lösungen und den Umgang mit neuen Situationen müssen sie oft selbst finden, z.B. die Kombination von Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung und Beschulung. Hinzu kommt: Vielen Familien steht nur beschränkt Wohnraum zur Verfügung, von einem Häuschen im Grünen können viele nur träumen. Außerdem verbringen sie nun ungewohnt viel Zeit miteinander. Das kann zu Verschärfungen innerfamiliärer Konflikte führen und neue Konflikte produzieren. Wer vor der Pandemie zu den materiell ärmeren der Gesellschaft gehört hat, für den ist kaum Besserung in Sicht und eine Verschlechterung der Lebenssituation aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten deutlich spürbar. Kinder und Jugendliche kämpfen zudem damit, dass sie Freunde nur eingeschränkt sehen dürfen. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Situation auf Kinder und Jugendliche auswirkt. Verstärken die materiellen und seelischen Nöte, die die Pandemie hervorruft, das Interesse von jungen Menschen und Familien an den scheinbar immer beliebter werdenden Verschwörungsideologien (u.a. QAnon)? Gibt es möglicherweise diese Zusammenhänge? Und welche Rolle spielen hier Geschlechterrollenvorstellungen? Wie kann (und muss?) Soziale Arbeit reagieren?

Die Veranstaltung ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Bitte melden Sie sich bis 12.11.2020 unter faf@paritaet.org an. Teilnehmer*innenplätze sind begrenzt.

Die Veranstaltung wird via Zoom übertragen. Die Einwahldaten senden wir Ihnen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 25. November 2020

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut

Wir, die Arbeits- und Forschungsstelle für Demokratieförderung und Extremismusprävention (AFS) am DJI, begehen unser 20-jähriges Bestehen. Die aktuelle Situation spornt uns zu einem digitalen Format an. In einer Livestream-Podiumsdiskussion sprechen Expertinnen und Experten über „Die Zukunft des politischen Extremismus im Jugendalter“. Zudem erwarten Sie eine Live-Autorenlesung des Journalisten Yassin Musharbash und spannende Tagungsbeiträge im Video-Format.

Bitte richten Sie ihre Anmeldung via E-mail an Frau Renate Schulze (schulze@dji.de).

Termin: 27. November 2020

Veranstalter: Deutscher Frauenrat

Die Entscheidungen, wofür die Gelder ausgegeben werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und sind damit eine zentrale Stellschraube für die Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung. Das Gutachten des DF zeigt, dass die Einführung eines Geschlechtergerechten Bundeshaushalts (GGH) umsetzbar ist. Mit diesem Instrument werden öffentliche Einnahmen und Ausgaben systematisch unter Aspekten der Geschlechtergerechtigkeit analysiert, bewertet und geplant.

Eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik wird im Bundestag bislang nicht realisiert. Auch die Verteilung der Finanzmittel aus den Corona-Konjunkturprogrammen wurde ohne eine durchgängige Berücksichtigung von gleichstellungspolitischen Kriterien vollzogen. Wir sind davon überzeugt: unser Rechtsstaat ist nur dann demokratisch, wenn er seine Finanzmittel geschlechtergerecht ausgibt.

Deshalb widmet der DF seine Jahresveranstaltung am 27.11.2020 von ca. 11-15 Uhr dem geschlechter­gerechten Bundeshaushalt.

Die Veranstaltung wird per Livestream übertragen.

Zum Programm: https://www.frauenrat.de/veranstaltungen/live-stream-fachveranstaltung-geschlechtergerechter-haushalt/

Zur Anmeldung: https://www.frauenrat.de/anmeldung/fv2020-geschlechtergerechte-haushaltspolitik

Termin: 04. Dezember 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

„Wohnen“ beinhaltet mehr als nur die Wohnung. Nicht nur die Versorgung mit Wohnraum, sondern auch Wohnformen und eine wohnortnahe soziale Infrastruktur (Wohnumfeld) rücken in den Vordergrund zukunftsorientierter Wohnungspolitik. Beides sind zentrale Bausteine für das Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Generationen, für die Daseinsvorsorge und für die Gestaltung guter Sozialräume in den Kommunen. Auf die Gestaltung von dezentralen, sozialraumorientierten auch gemeinschaftlichen Wohnformen zielen Regelungen z.B. in den Pflegestärkungsgesetzen (Förderung neuer Wohnformen), im Bundesteilhabegesetz, aber auch in Programmen zur Städtebauförderung und Stadtentwicklung. Um nicht nur Insellösungen zu schaffen, sondern nachhaltige und übergreifende Entwicklungen zu initiieren, braucht es kooperative Vorgehensweisen. Wie kann generationenübergreifendes Wohnen befördert werden? Neue gesellschaftliche Entwicklungen sowie daraus resultierende Herausforderungen und Perspektiven für generationengerechte Wohnformen werden diskutiert. Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Modellprogramm „Gemeinschaftliches Wohnen, selbstbestimmt leben“ und der Empfehlungen des Deutschen Vereins zum generationengerechten Wohnen werden Verfahren und Beispiele vorgestellt, die aufzeigen, wie generationenübergreifendes Wohnen zum Erfolgsmodell wird.

Die digitale FachveranstaltungWohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf – generationenübergreifendes Wohnen und neue Wohnformen in den Quartieren findet am 04. Dezember 2020 von 10.00 – 12.40 Uhr statt.

Die Veranstaltungsgebühr beträgt 47 € für Mitglieder und 59 € für Nicht-Mitglieder.

Die Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte aus Kommunen, Wohnungswirtschaft, Sozialwirtschaft, freier Wohlfahrtspflege und Stiftungen.

Anmeldeschluss ist der 27.11.2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Programm finden Sie unter:www.deutscher-verein.de/de/va-20-wohnen

AKTUELLES

Immer mehr Menschen in Deutschland übernehmen Aufgaben der Pflege und Betreuung von Angehörigen. Dies muss in den meisten Fällen mit dem Beruf in Einklang gebracht werden, denn für viele Beschäftigte ist es auch von existenzieller Bedeutung, weiterhin im Beruf tätig zu sein.

Damit Fachkräfte mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen nicht verloren gehen, ist es wichtig, sich als Unternehmen Gedanken zu machen, wie die Beschäftigten hier konkret unterstützt werden können. Denn die Pflege eines Angehörigen ist eine Aufgabe, die nicht nur emotional belastet, sondern auch Zeit in Anspruch nimmt – besonders die Corona-Pandemie hat Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen vielfach an ihre Grenzen gebracht.

Über Pflege zu sprechen zahlt sich langfristig aus

Über Pflege zu sprechen, das Thema aus der Tabuzone zu holen und Zugang zu Informationen zu bieten sind erste Schritte, um den Beschäftigten wertvolle Hilfestellung zu geben. Das zahlt sich aus und kann dazu beitragen, dass Beschäftigte dem Unternehmen erhalten bleiben und Fehlzeiten reduziert werden.

Leitfaden bietet Informationen für die Praxis

Es gibt bereits viele betriebliche Angebote, wie Unternehmen ihre Beschäftigten bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen. Dieser Leitfaden zeigt Möglichkeiten, wie dies gelingen kann: Er enthält Informationen zur Situation der Pflegenden und zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Außerdem finden Sie Anregungen, Tipps und Checklisten aus der betrieblichen Praxis für die Entwicklung einer pflegesensiblen Unternehmenskultur und für die Gestaltung von Vereinbarkeitsmaßnahmen.

Den Leitfaden können Siehier herunterladen.

Sie haben gerne was in der Hand? Dann bestellen Sie kostenfrei den Leitfaden im Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ (netzwerkbuero@dihk.de) oder beim Publikationsversand der Bundesregierung unter publikationen@bundesregierung.de.

Mehr Informationen zum Netzwerk finden Sie unter www.erfolgsfaktor-familie.de/netzwerken.

Darüber hinaus stehen wir Ihnen gern für Fragen oder Hintergrundinformationen unter der Rufnummer: 030/20308-6101 zur Verfügung.

Die Situation von Alleinerziehenden ist gerade in dieser Zeit ständigen Änderungen unterworfen. Jede Veränderung in der Gesetzgebung und Familienpolitik hat direkte Auswirkungen auf den Alltag der Einelternfamilien.

Viele Angebote und Unterstützungen gibt es. Leider nicht alle überall und nicht alle wissen, wo sie sich informieren können und wo sie Unterstützung erhalten.

Mit dieser Umfrage will die Koordinierungsstelle Daten und Fakten zur derzeitigen Situation von Alleinerziehenden sammeln, damitman sienoch zielgerichteter für deren Belange einsetzen kann.

Bitte helfen Sie, indem Sie sich 15 Minuten Zeit nehmen, um die Fragen zu Ihrer Situation zu beantworten. Wenn Sie über das Ergebnis der Umfrage informiert werden möchten, wenden Sie sich bitte an koordinierungsstelle@vamv-hessen.de.

Hier geht es zum Fragebogen: https://lamapoll.de/Situation_von_Alleinerziehenden/

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 11/2020

SCHWERPUNKT I: Parlamentsdebatte Hartz IV Regelsätze

Anlässlich der heutigen ersten parlamentarischen Lesung des Entwurfs zum Regelbedarfsermittlungsgesetz rügt der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt die vorgesehenen Erhöhungen als unzureichend. Er fordert, die Berechnung der Grundsicherung weiterzuentwickeln. „Wissenschaft und Zivilgesellschaft üben seit Jahren begründete Kritik an dem derzeitigen System der Regelbedarfserrechnung“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer der AWO, „Es ist äußerst fragwürdig, erst einen tatsächlichen Bedarf zu ermitteln und im Nachgang den Rotstift anzusetzen, um vermeintlich nicht bedarfsrelevante Bedarfe wegzukürzen. Neben der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Verfahrens geht es aktuell vor allem um eine politische Entscheidung: Wie sehr dürfen Menschen in ihren finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt werden, die sowieso schon benachteiligt sind?“

Der vorliegende Entwurf wiederholt weitestgehend das breit kritisierte Berechnungsverfahren aus den Jahren 2011 und 2016. Dabei werden zunächst mit einem statistischen Verfahren die unteren durchschnittlichen Ausgaben für die alltägliche Lebensführung ermittelt und zahlreiche Posten im Nachhinein gekürzt. Dadurch wird der finanzielle Spielraum der Betroffenen so massiv beschränkt, dass keine Möglichkeit für internen Kostenausgleich, eigenständige Konsumentscheidungen oder kurzfristig notwendige Anschaffungen mehr bleibt. Die AWO mahnt deshalb eine Verbesserung des Berechnungsverfahrens an.

Der Verband kritisiert zudem, dass die pandemiebedingten Mehrkosten nicht ausdrücklich in der jetzigen Entwurfsfassung berücksichtigt worden seien. „Corona kommt diejenigen teuer zu stehen, die sowieso schon wenig haben. Mit den aktuellen Regelbedarfshöhen konnten und können Corona-bedingte Mehrkosten nicht hinreichend ausgeglichen werden. Der Gesetzesentwurf gibt keine Antwort, wie die Mehrkosten der letzten Monate für Masken, Desinfektionsmittel, nötige digitale Anbindung und vieles mehr bei Betroffenen ausgeglichen werden können“, so Schubert.

Die AWO sehe dringenden Bedarf zur Nachbesserung. Der Verband fordert daher eine zu März 2020 rückwirkende Regelsatzerhöhung, um Betroffene schnell zu entlasten. Anderenfalls würden Teilhabemöglichkeiten für Betroffene stark eingeschränkt bleibe.

Schubert abschließend: „Insgesamt nutzt der Gesetzgeber bisher seinen Handlungsspielraum nicht hinreichend aus, um die Situation für über sieben Millionen Grundsicherungsbeziehende spürbar zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass dies im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens nachgeholt wird.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.10.2020

Heute findet im Bundestag die erste Beratung des Entwurfs des Regelbedarfsermittlungsgesetz statt. Darin wird die Höhe der Regelbedarfe ab 2021 festgesetzt. Die Nationale Armutskonferenz kommt nach Prüfung des Gesetzentwurfs zu dem Ergebnis: Der Regelbedarf ist an vielen Stellen zu knapp bemessen. Dies legt die nak beispielhaft in ihrem heute veröffentlichten Positionspapier dar. Bündnissprecher Gerwin Stöcken fordert daher deutliche Verbesserungen des Gesetzentwurfs im parlamentarischen Verfahren. Insbesondere sollten die Parlamentarier*innen die nachträglichen Streichungen revidieren.

Gerwin Stöcken, Sprecher der nak: „Die im Gesetzentwurf vorgelegte Berechnung der Regelbedarfe geht vielfach an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Viele methodische Setzungen, angefangen bei der Definition der Referenzgruppen über den Einbezug verdeckter Armut in die Statistik bis zur Behandlung bestimmter Ausgaben wie langlebige Gebrauchsgüter, Gesundheitskosten, der Bereich der digitalen Ausstattung oder Strom, überzeugen nicht. Besonders ins Gewicht fallen erneut die umfangreichen nachträglichen Kürzungen, die sich Berechnungen zufolge auf über 150 Euro summieren. Die genannten Kritikpunkte zeigen: Die Bundesregierung gibt sich große Mühe, um den Regelbedarf möglichst knapp zu bemessen, ohne sich ernsthaft mit vorliegenden Verbesserungsvorschlägen des Verfahrens aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu befassen. Wir setzen darauf, dass jetzt im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird.“

Anlässlich der Regelbedarfsermittlung hat die Nationale Armutskonferenz heute ein Positionspapier veröffentlicht, in dem dargelegt wird, was eine mangelhafte Ausgestaltung des Existenzminimums für die Menschen im Grundsicherungsbezug finanziell bedeuten kann. Seien es Zuzahlungen für die Gesundheit, der Umgang mit dem Kind in einer Trennungsfamilie, die Pflege sozialer und familiärer Beziehungen, die digitale Ausstattung von Kindern, die kaputte Waschmaschine oder die Stromkosten – anhand dieser Beispiele weist das Positionspapier auf die Lücken in der gegenwärtigen Ausgestaltung des Existenzminimums hin.

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem aktuellen Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Der vorliegende Gesetzentwurf führt dieses kritikwürdige Verfahren weitgehend fort.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 07.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelbedarfe die neuen Regelsätze für Kinder und Jugendliche als realitätsfremd und unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

"Durch die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Jugendliche wird Kinderarmut in Deutschland nicht beseitigt, sondern sie wird sogar zementiert. Die vorgesehenen Erhöhungen sehen nur auf den ersten Blick gut aus, bei genauerem Hinsehen sind sie ein armutspolitischer Skandal. 8,92 Euro monatlich für Kinderschuhe, 1,75 Euro für Toilettenpapier und Papiertaschentücher oder 3,92 Euro für einen Friseurbesuch: Diese Einzelposten zeigen, dass die Regelsätze mit der Realität so gut wie nichts zu tun haben. Und dass für ein Fahrrad, eine Uhr oder ein Musikinstrument kein einziger Cent vorgesehen ist, spricht Bände", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher benötigt eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sein", so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die vor kurzem von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet. Die Kindergrundsicherung ist eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung absichert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.10.2020

Die aktuellen Zahlen zu im Jahr 2019 durchgeführten Stromsperren nimmt der Paritätische Wohlfahrtsverband zum Anlass, seine Forderung nach einer Totalreform von Hartz IV zu unterstreichen: Strom dürfe künftig nicht mehr im Regelsatz pauschaliert erfasst werden, sondern müsse wie Miete und Heizkosten übernommen werden, fordert der Verband. Darüber hinaus sollen nach Vorstellungen des Verbandes größere Anschaffungen (z.B. Kühlschrank, Waschmaschine) als einmalige Leistungen zusätzlich finanziert werden und der Regelsatz selbst deutlich angehoben werden, um wirklich alle Bedarfe des täglichen Lebens zu decken.

Eine Stromabschaltung bedeute für viele Menschen, keine Möglichkeit zur Warmwasserbereitung, zum Kochen oder sogar zum Heizen zu haben. Gerade bei kleinen Kindern, alten, kranken oder behinderten Menschen sei diese Praxis überhaupt nicht hinnehmbar, kritisiert der Paritätische. Auch wenn die meisten Energieversorger derzeit während der Corona-Pandemie vorübergehend auf das Verhängen neuer Stromsperren verzichten, fehle noch immer eine dauerhafte Lösung für das Problem. „Stromsperren sind in unserer modernen Gesellschaft barbarisch. Energie gehört wie ein Dach über dem Kopf zum Existenzminimum“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Stromkosten lassen sich nicht pauschalieren und haben daher nichts im Regelsatz zu suchen. Klar und konsequent wäre es, wenn auch die Stromkosten genau wie die Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen würden.“

Notwendig ist darüber hinaus aus Sicht des Verbandes eine deutliche Anhebung der Regelsätze. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.

Der Paritätische begrüßt vor diesem Hintergrund die Vorstöße aus der Opposition im Bundestag zur Anhebung der Regelsätze auf über 600 Euro. „Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall. Die Bundesregierung muss endlich ihre umstrittenen Methoden der Regelbedarfsermittlung korrigieren und zu einem Verfahren finden, das sich an der Lebensrealität orientiert. Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.

Die Expertise „Regelbedarfe 2021. Alternative Berechnungen zur Ermittlung der Regelbedarfe in der Grundsicherung“ kann hier heruntergeladen werden: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/regelbedarfe-2021-alternative-berechnungen-zur-ermittlung-der-regelbedarfe-in-der-grundsicherung/

Zur unzureichenden Höhe der Regelsätze siehe u.a. auch die Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.10.2020

SCHWERPUNKT II: Safe Abortion Day

Zum Internationalen Tag für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (International Safe Abortion Day) am 28.09.2020 erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Der International Safe Abortion Day macht auf das grundsätzliche Recht auf Zugang zu einem sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch aufmerksam. Weltweit bleibt dieses Recht vielen Frauen verwehrt. Jedes Jahr sind Millionen Frauen gezwungen auf unsichere Methoden zurückzugreifen, weil das Gesetz Abbrüche grundsätzlich verbietet. Diese grausame Praxis kostet viele Frauen das Leben. Es ist unerträglich, dass nach WHO-Schätzungen in unserer Zeit weltweit 70.000 Frauen pro Jahr an den Folgen unprofessionell durchgeführter Schwangerschaftsabbrüche sterben müssen.
In Deutschland haben Frauen die Möglichkeit, sichere Schwangerschaftsabbrüche zu bekommen. Die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch stellt Frauen aber auch hierzulande vor große Hürden. In nächster Zeit werden mehr und mehr Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, in den Ruhestand gehen. Die Versorgungssicherheit ist in einigen deutschen Regionen bereits jetzt nicht mehr gegeben und die Situation spitzt sich weiter zu. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir kämpfen weiter für die Streichung des Paragrafen 219 a StGB, gegen einen Versorgungsnotstand und die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Die Corona-Krise hat den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen weltweit erschwert. Es bleibt notwendig, das Recht auf Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen weltweit zu verteidigen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 27.09.2020

„Seit bald 150 Jahren steht das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch. Nur unter bestimmten Bedingungen dürfen Frauen abtreiben, ohne dass dies bestraft wird. Feministischen Kämpfen haben wir es zu verdanken, dass es Ausnahmen vom Zwang gibt, ein Kind auszutragen. Eine Erlaubnis und Ausnahmen sind zu wenig, wenn es um die körperliche Selbstbestimmung geht. Frauen brauchen ein Recht darauf. Deshalb müssen Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetzbuch und ganz normaler Teil der Gesundheitsversorgung werden“, so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zum internationalen Safe Abortion Day am 28. September. Möhring weiter:

„Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen konterkariert eine gute Versorgung. Es wirkt stigmatisierend, Schwangerschaftsabbrüche erscheinen nicht als Teil der gesundheitlichen Versorgung, sondern als etwas, was gesellschaftlich nicht gewollt ist. Angehende Ärztinnen und Ärzte schreckt das ab. Darüber hinaus ist dieser medizinische Eingriff nicht verbindlicher Teil der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten. Schon jetzt gibt es einen Rückgang von Praxen und Einrichtungen, die die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen anbieten. Schon jetzt müssen ungewollt Schwangere in manchen Regionen hunderte Kilometer fahren, um eine Ärztin zu finden. Wir brauchen Bedarfsplanungen, ganzheitliche medizinische Versorgung, ein Recht auf Beratung statt einer Pflicht dazu.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.09.2020

Anlässlich des Internationalen Tages für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch, der jedes Jahr am 28.September stattfindet, fordert die AWO die Streichung des §218 und §219a aus dem Strafgesetzbuch.

Der Bundesvorsitzende der AWO, Wolfgang Stadler, erklärt hierzu: „Seit der Gründung der Arbeiterwohlfahrt vor über 100 Jahren streitet die AWO für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Grundvoraussetzung für ein freies Leben ist die freie Entscheidung einer jeden Frau, ob, wann und wie viele Kinder sie im Laufe ihres Lebens bekommen möchte.“

Gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen setzt sich die AWO daher für die freie Entscheidung von Frauen über ihren Körper, das Recht auf qualitativ hochwertige und niedrigschwellig verfügbare Informationen, medizinisch sichere Versorgung und eine Abschaffung der Pflichtberatung ein. Zusätzlich zur hochproblematischen Gesetzeslage ist in den letzten Jahren die Zahl der Ärzt*innen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, drastisch zurückgegangen. Dies ist teilweise auf den Rentenbeginn vieler Mediziner*innen zurückzuführen. Da sich das gesellschaftliche Klima durch die Auseinandersetzung um §219a StGB, dem sogenannten Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, zusehend verschärft hat, bieten aber auch Nachfolger*innen aus Angst vor Angriffen durch Abtreibungsgegner*innen keine Schwangerschaftsabbrüche mehr an. Das Recht von Frauen auf gute medizinische Versorgung und eine freie Arztwahl ist dadurch gefährdet.

„Die Corona-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, dass es in der Mehrzahl Frauen sind, die unsere Gesellschaft tragen, sei es in den systemrelevanten Berufen oder bei der privaten Fürsorgearbeit zu Hause. Parallel haben sie immer noch nicht die Entscheidungsfreiheit über alle Aspekte ihres eigenen Lebens. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch ist aus Sicht der AWO elementar für ein selbstbestimmtes Leben“, schließt der Vorstandsvorsitzende.

Anlässlich des „Safe Abortion Day“ beteiligt sich der AWO Bundesverband auch als Partnerin an der Vorabpremiere des Films „Niemals Selten Manchmal Immer“ und dem anschließenden Fachgespräch (besetzt mit Kristina Hänel, Prof. Maria Wersig und Bärbel Ribbert). Der Spielfilm zeigt eine 17-Jährige aus dem ländlichen Raum der USA, die sich auf die Reise nach New York City begibt, um dort eine Schwangerschaft zu beenden. Mehr zur Veranstaltung hier.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.09.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Giffey: Update für den Jugendmedienschutz – Belästigung, Beleidigung und Abzocke im Internet wirksam begegnen, klare Alterskennzeichnungen und Regeln durchsetzen

Zocken, chatten, posten: Nicht erst seit den coronabedingten Einschränkungen ist es für Kinder und Jugendliche selbstverständlich, digitale Medien in ihrem Alltag zu nutzen. Im digitalen Raum verbringen sie viel Zeit. Dort tauschen sie sich aus, spielen, hören Musik. Dabei werden sie aber sehr häufig auch mit Bildern, Videos oder Kommentaren konfrontiert, die sie ängstigen. 41 % der Kinder und Jugendlichen fühlen sich im Internet gemobbt, beschimpft und beleidigt oder massiv von Fremden belästigt und bedrängt.

Um diesen Risiken wirksam zu begegnen, hat das Bundeskabinett heute den von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey vorgelegten Entwurf eines modernen Jugendschutzgesetzes beschlossen.

Das neue Jugendschutzgesetz schafft:Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexueller Anmache oder KostenfallenOrientierung für Eltern, Fachkräfte und Jugendliche durch einheitliche AlterskennzeichenDurchsetzung der Regelungen auch gegenüber ausländischen Anbietern, die Kinder und Jugendliche besonders viel nutzen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Unser Jugendschutz ist veraltet und im Zeitalter von CD-ROM und Videokassette stehengeblieben. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz sorgen wir nun für Regelungen im digitalen Zeitalter. Es passt zu den heutigen technischen Möglichkeiten und es hat die verschiedenen Interaktionsrisiken, die das Internet für Kinder und Jugendliche mit sich bringt, im Blick: Belästigungen, Beleidigungen, Abzocke – denen begegnen wir mit dem Update für den Jugendmedienschutz. Kinder und Jugendliche werden besser geschützt, weil Anbieter von Spielen oder sozialen Netzwerken zu altersgerechten Voreinstellungen verpflichtet werden. Verstöße werden in letzter Konsequenz mit Bußgeldern geahndet. Und Eltern, pädagogische Fachkräfte und die Kinder und Jugendlichen selbst bekommen klare Orientierungshilfen, etwa durch einheitliche Alterskennzeichnungen. In der ‚analogen‘ Welt steht ein effektiver Jugendschutz seit Jahrzehnten außer Frage. Das soll und wird nun auch im Netz umgesetzt.“

Wir stellen sicher, dass Filme oder Spiele die gleiche Alterseinstufung bekommen, egal, ob sie online gestreamt oder im Geschäft an der Ladentheke gekauft werden. Wir sorgen außerdem dafür, dass bei Alterseinstufungen auch Zusatzfunktionen eines Spiels berücksichtigt werden und nicht nur auf den Inhalt abgestellt wird. Insbesondere Kontaktmöglichkeiten, die zu Cybermobbing, Anmache und Missbrauch führen können, und Kostenfallen etwa durch Loot Boxes und glücksspielsimulierende Elemente in Games können zu einer höheren Alterseinstufung führen. Das ist wichtig und auch dringend notwendig, da etwa Chatfunktionen ein Einfallstor für sexuelle Belästigung, das sogenannte Cybergrooming, durch Erwachsene sind.

Über verpflichtende Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der Nutzung von Social-Media-Diensten werden auch die Anbieter stärker in die Verantwortung genommen.

„Eltern und Kinder müssen Risiken wie Cybergrooming und Cybermobbing kennen und wissen, was sie in diesem Fall tun können. Vor allem aber stehen die Anbieter in der Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor diesen Interaktionsrisiken zu schützen. Mit unserem Gesetzentwurf werden nationale wie internationale Anbieter in die Pflicht genommen, geeignete Schutzkonzepte wie altersgerechte Voreinstellungen und Hilfs- und Beschwerdesysteme für ihre jungen Nutzerinnen und Nutzer zu entwickeln und umzusetzen“, so Ministerin Giffey.

Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird zu einer modernen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ausgebaut. Die Bundeszentrale wird dafür zuständig sein, sicherzustellen, dass die vom Gesetz erfassten Plattformen ihren systemischen Vorsorgepflichten (z.B. sichere Voreinstellungen, Beschwerde- und Hilfesystem) nachkommen. Sie soll Verstöße auch gegenüber ausländischen Anbietern ahnden. Mit der Bundeszentrale werden klare Strukturen im Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen. Die Länder bleiben für die inhaltsbezogenen Maßnahmen im Einzelfall zuständig, der Bund nimmt das Massenphänomen Interaktionsrisiken und eine systemische Vorsorge in den Fokus.

Der Entwurf wird nachdrücklich unterstützt von UBSKM, vom Antisemitismusbeauftragten des Bundes, von der Drogenbeauftragten, von Ärzte-, Kinderschutz-, Familien- und Jugendverbänden, von UNICEF und von Kirchen.

Wenn Bundestag und Bundesrat das Gesetz verabschieden, könnten die neuen Regelungen bereits im Frühjahr 2021 in Kraft treten.

Zahlen und Fakten9- bis 17-jährige sind täglich im Schnitt 2,4 Stunden online.Wenn Kinder und Jugendliche im Netz surfen, dann tun sie das weit überwiegend auf ausländischen Plattformen.Über 40 % der 10- bis 18-Jährigen haben im Internet bereits negative Erfahrungen gemacht; über 1 Million von ihnen haben etwas gesehen, das sie geängstigt hat.800.000 der 10- bis 18-Jährigen wurden bereits im Netz beleidigt oder gemobbt.250.000 Kinder wurden von Erwachsenen mit dem Ziel sexuellen Missbrauchs kontaktiert.70 % der Mädchen und Frauen sind bei der Nutzung sozialer Medien von digitaler Gewalt betroffen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.10.2020

Fünfteilige Webserie macht Jugendliche auf Pflegeberuf und die neue Pflegeausbildung aufmerksam

Wie begeistert man Jugendliche angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs für eine Ausbildung in der Pflege? Das Bundesfamilienministerium geht neue Wege – mit der fiktiven Miniserie „Ehrenpflegas“. Sie soll auf unkonventionelle und unterhaltsame Weise über den Pflegeberuf und die neue Pflegeausbildung informieren und die Jugendlichen auf den Kanälen erreichen, die sie auch wirklich nutzen. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey war heute bei der offiziellen Premiere im Berliner Delphi-Filmpalast dabei. Die fünfteilige Serie ist Bestandteil der Kampagne „Mach Karriere als Mensch!“, mit der das Bundesfamilienministerium über die Chancen und die Vielfalt der 2020 gestarteten vollvergüteten Pflegeausbildung aufmerksam macht.

Die zusammen mit den Produzenten von „Fack ju Göhte“ entwickelte „Ehrenpflegas“-Serie erzählt die Geschichte von drei Jugendlichen, die die neue generalistische Ausbildung in der Pflege beginnen. Die Hauptrollen spielen Lena Klenke und Danilo Kamperidis, die beide unter anderem aus der Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ bekannt sind, sowie „Dark“-Darstellerin Lisa Vicari. Alle drei waren bei der Premiere mit dabei. Produziert wurden die Folgen von Constantin Film. Die Filme werden digital in zielgruppenrelevanten Kanälen beworben und auf dem YouTube-Kanal des Bundesfamilienministeriums ausgespielt.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Viele Jugendliche stehen nach bestandenen Abschlussprüfungen in der Schule vor der schwierigen Entscheidung, welche Ausbildung sie machen und welchen Beruf sie ergreifen möchten. Mit der Miniserie „Ehrenpflegas“ wollen wir die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt abholen und genau dort erreichen, wo sie sich Informationen holen: in den sozialen Netzwerken. Ansprechen wollen wir aber genauso Menschen mit dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung. Als Familienministerin arbeite ich gemeinsam mit dem Bundesgesundheits- und dem Bundesarbeitsministerium kontinuierlich daran, den Pflegeberuf attraktiver zu machen – durch bessere Arbeitsbedingungen, eine umfassendere Ausbildung und durch eine höhere Bezahlung. Nur so können wir dem Fachkräftemangel in dieser Branche begegnen. Einen großen Schritt haben wir schon mit der neuen Pflegeausbildung geschafft. Mit der generalistischen Ausbildung können die Fachkräfte in allen Pflegebereichen von der Kinderkrankenpflege bis zur Altenpflege arbeiten. Wichtig ist auch, dass das Schulgeld abgeschafft und überall in Deutschland eine angemessene Ausbildungsvergütung sichergestellt wurde. Dafür wollen wir jetzt Menschen begeistern und gewinnen. Die „Ehrenpflegas“-Serie ist ein weiterer Baustein in unserer Kampagne „Mach Karriere als Mensch“, mit der wir junge Menschen erreichen und über die neue Pflegeausbildung informieren wollen.“

Serie ist Teil der Kampagne „Mach Karriere als Mensch!“ Die Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch!“ hat das BMFSFJ im Oktober 2019 im Rahmen der Ausbildungsoffensive Pflege gestartet. Ziel der Kampagne ist es, Jugendliche in der Berufsorientierungsphase und Erwachsene mit dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung für eine Ausbildung in der Pflege zu gewinnen. Für „Mach Karriere als Mensch!“ wurde auch die Pflegeporträtserie „Frühspätnachtdienst“ produziert, in der junge Pflegfachkräfte erzählen, warum sie ihren Beruf gewählt haben und wie ihr Arbeitsalltag aussieht. Diese Porträts sind ebenfalls auf YouTube zu sehen.

Die einzelnen Filme der Serie „Ehrenpflegas“ können Sie hier ansehen: https://www.youtube.com/playlist?list=PLVvNcE1KWVn8Vu9F2UPbRwJoXIUommQcd

Unter diesem Link finden Sie den Trailer zur Serie: https://www.youtube.com/watch?v=iJvZSSe5XdQ&feature=youtu.be

Weitere Informationen zur neuen Pflegeausbildung

Am 1. Januar 2020 ist die neue Pflegeausbildung zur "Pflegefachfrau" oder zum "Pflegefachmann" gestartet, in der erstmals alle Bereiche der Pflege von der Kinderkrankenpflege über die Krankenpflege bis zur Altenpflege vermittelt werden. Für die Ausbildung muss nun kein Schulgeld mehr bezahlt werden, die Auszubildenden erhalten eine angemessene Ausbildungsvergütung, die derzeit nach dem Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes 1.140,69 (1. Ausbildungsjahr), 1.207,07 (2. Ausbildungsjahr) und 1.303,38 (3. Ausbildungsjahr) beträgt. Außerdem ist eine Ausbildung an einer Hochschule mit Bachelor-Niveau möglich. Der generalistische Abschluss wird automatisch EU-weit anerkannt. Damit wurden die Ausbildungsbedingungen verbessert, die Attraktivität des Berufsfeldes Pflege gesteigert sowie der Berufsbereich der Pflege insgesamt aufgewertet.

Um die Einführung der neuen Pflegeausbildungen zu unterstützen, hat das BMFSFJ gemeinsam mit BMG und BMAS die Ausbildungsoffensive Pflege mit insgesamt 111 Maßnahmen gestartet, die im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege entwickelt wurde. Ein Ziel der Offensive ist, die Zahl der Azubis und der ausbildenden Einrichtungen bis 2023 um 10% zu steigern.

Weitere Informationen unter: www.pflegeausbildung.net

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.10.2020

Breites Bündnis für mehr Offenheit im Umgang mit psychischer Belastung, Stress und Erschöpfung

Ob am Arbeitsplatz, in Schule, Ausbildung oder Privatleben – der Alltag ist oft stressig. Die Corona-Pandemie hat die Herausforderungen für viele Menschen noch erhöht. Solche Belastungen können zu Überlastung und dauerhafter Erschöpfung führen. Psychische Erkrankungen, die mittlerweile der zweithäufigste Krankheitsgrund sind, können die Folge sein.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn starten am 5. Oktober gemeinsam mit einem breiten Bündnis von über fünfzig Institutionen aus dem Bereich der Prävention die „Offensive Psychische Gesundheit“, damit der gesellschaftliche Umgang mit psychischen Belastungen offener wird.

Die Offensive soll dazu beitragen, dass Menschen ihre eigenen psychischen Belastungen und Grenzen besser wahrnehmen und auch mit Menschen in ihrem Umfeld offener darüber sprechen können. Darüber hinaus möchte die Offensive die Präventionslandschaft in Deutschland mit ihren zahlreichen Anbietern besser vernetzen.

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: „Arbeit darf nicht krankmachen. Gerade weil Menschen an ihrem Arbeitsplatz sehr viel Zeit verbringen, muss hier besser auf ihre Gesundheit geachtet werden. Viele Menschen erleben dabei den schmalen Grat zwischen Belastung und Überlastung. Wir möchten Arbeitgeber dabei unterstützen, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu stärken. Das liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Arbeitgeber, denn psychische Erkrankungen sind mit hohen Ausfallzeiten verbunden. Deshalb haben wir mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz bereits Regelungen für einen verbindlicheren Arbeitsschutz auf den Weg gebracht, die auch die psychische Gesundheit berücksichtigen. Aber wir blicken gemeinsam nicht nur auf den Arbeitsplatz, sondern nehmen alle Lebensbereiche der Menschen in den Blick. Mit der Offensive holen wir das Thema raus aus der Tabuzone.“

Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Fast jeder kennt es, das Hamsterrad aus alltäglichen Anforderungen und Verpflichtungen. All das kann für Druck sorgen, unter dem viele Menschen Tag für Tag stehen. Mit der Offensive Psychische Gesundheit wollen wir eine gesellschaftliche Debatte anstoßen und dazu beitragen, dass offener über psychische Belastungen gesprochen wird. Für eine bessere Prävention machen wir mit der Offensive die Vielzahl von guten Beratungsangeboten, die es gibt, bekannter, wie die „Nummer gegen Kummer“ für Eltern, Kinder und Jugendliche oder die "Pausentaste" für junge Menschen, die zu Hause Angehörige pflegen. Mit zahlreichen anderen Maßnahmen steht das Bundesfamilienministerium Menschen auch in schwierigen Zeiten bei: Wir fördern Baumaßnahmen in den Kurkliniken des Müttergenesungswerks, Mehrgenerationenhäuser und Programme gegen Einsamkeit im Alter und nehmen im neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz Kinder in den Fokus, deren Eltern psychisch erkrankt sind. Die Offensive sendet ein Signal an Betroffene und ihr Umfeld: Ihr seid nicht allein, denn es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote.“

Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister: „Nicht nur eine Infektion selbst kann krank machen, sondern auch die Sorge davor. Die Corona-Pandemie bedeutet für viele auch eine enorme psychische Belastung, die bei manchen sogar behandlungsbedürftig werden kann. Gerade in dieser Zeit ist es deshalb wichtig, mit Aufklärungsarbeit und Unterstützungs-angeboten für psychische Gesundheit zu sensibilisieren und einen frühen Zugang zu Hilfe zu erleichtern. Die Offensive dreier Ministerien ist dafür ein starkes Signal.“

Zu den Partner*innen der Offensive gehören neben gesetzlichen und privaten Krankenkassen auch die Rentenversicherung sowie Unfallversicherungsträger und Berufsgenossenschaften, die Bundesagentur für Arbeit, berufsständische Verbände von Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen, Bündnisse und Betroffeneneinrichtungen im Bereich psychische Gesundheit und weitere Multiplikator*innen. Eine solche ressortübergreifende Initiative von BMAS, BMG und BMFSFJ mit breiter Unterstützung unterschiedlicher Akteur*innen zur Stärkung der Prävention in Deutschland ist bisher einmalig.

Im Rahmen der Offensive Psychische Gesundheit sollen die Präventionsanbieter und -anbieterinnen und weitere Partner in zwei Dialogveranstaltungen eine Bestandsaufnahme, die Verabredung gemeinsamer Ziele und die Vernetzung ihrer Angebote vornehmen. Die Erkenntnisse der Fachdialoge werden dokumentiert und veröffentlicht.

Alle Informationen zur Offensive auf: www.offensive-psychische-gesundheit.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.10.2020

BMFSFJ startet ESF-Förderprogramm zur Stärkung der Teilhabe älterer Menschen

Mit zunehmendem Alter wird das soziale Netzwerk der meisten Menschen kleiner. Isolation und Einsamkeit sind häufig die Folgen. Der Austritt aus dem Berufsleben, gesundheitliche Probleme, Einschränkungen der Mobilität und oftmals auch Armut und Migrationshintergrund verstärken das Risiko der sozialen Isolation. Besonders in der Corona-Pandemie sind die negativen Auswirkungen mangelnder sozialer Kontakte deutlich geworden.

Um ungewollter Vereinsamung entgegenzuwirken, fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit fünf Millionen Euro von Oktober 2020 bis September 2022 bundesweit 28 Modellprojekte. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) im Programm „Stärkung der Teilhabe Älterer – Wege aus der Einsamkeit und Isolation im Alter“. Es ist das erste ESF-Programm dieser Art und richtet sich vorrangig an ältere Beschäftigte (über 60 Jahre), die vom Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bedroht oder betroffen sind und damit auch von gesellschaftlicher Isolation. Ziel ist es nicht nur, sozialer Vereinsamung vorzubeugen, sondern auch die finanzielle Absicherung im Alter zu stärken.

Direkt vor Ort sollen ältere, sozial isoliert lebende Menschen, fachliche Unterstützung bekommen. Mehr freiwilliges Engagement und regionale Netzwerkarbeit sollen zu einer Verbesserung der Einkommens- und Lebenssituation älterer Beschäftigter beitragen – sowohl während der aktiven Berufstätigkeit als auch in der nachberuflichen Phase.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Als Gesellschaft darf es uns nicht egal sein, dass Menschen – gerade wenn sie älter werden – vereinsamen. Wir brauchen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, in Zeiten von Corona mehr denn je. Deshalb ist es wichtig, dass es Angebote vor Ort gibt, die den Menschen helfen, miteinander in Kontakt zu kommen, Patenschaften einzugehen und sich ehrenamtlich zu engagieren. Die bundesweit ausgewählten 28 Projektträger adressieren vor allem die jüngeren Älteren, die bisher bei der kommunalen Altenhilfe weniger im Fokus standen.

Zu den Angeboten zählt digitale Weiterbildung genauso wie Nachbarschaftshilfe oder das Aufzeigen von Perspektiven beim Übertritt vom Berufsleben in die Rente. Ziel muss es sein, die Weichen für ein selbstbestimmtes und aktives Leben im Alter frühzeitig zu stellen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten. Hier setzt das neue ESF-Bundesmodellprogramm an, das wir als Ministerium sehr gern unterstützen.“

Die Maßnahmen umfassen besonders die Themen lebenslanges Lernen, digitale Kompetenzen und freiwilliges Engagement. Der Austausch zwischen den Generationen steht hier ebenso im Mittelpunkt wie die gesonderte Ansprache von älteren Menschen, die aufgrund ihrer sozioökonomischen Ausgangslage besonders von Einsamkeit und Isolation gefährdet sind. Die Projektträger gehören überwiegend den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege an.

Weiterführende Informationen auf den Webseiten der ESF-Regiestelle und des ESF: https://www.esf-regiestelle.de/foerderperiode-2014-2020/staerkung-der-teilhabe-aelterer-wege-aus-der-einsamkeit-und-sozialen-isolation-im-alter.html (*hier wird noch eine Übersicht zu allen geförderten Projekten eingestellt werden); https://www.esf.de/portal/DE/Foerderperiode-2014-2020/ESF-Programme/bmfsfj/staerkung-teilhabe-aeltere.html

Aktuell-Meldung vom 24.06.2020 zum Start der Ausschreibungsphase des ESF-Förderprogramms: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/sozialer-isolation-und-einsamkeit-aelterer-menschen-vorbeugen/156570

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.10.2020

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes beschlossen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Initiative von Bundesfamilienministerin Giffey für eine bessere Orientierung für Kinder, Jugendliche und Eltern und mehr Schutz im Internet.

„Kinder und Jugendliche nutzen heute andere Medien und sie nutzen sie immer intensiver. Das birgt einerseits viele neue Chancen auf Teilhabe und andererseits neue Gefahren. Weil die bisherige Ausrichtung des gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutzes nicht mehr der heutigen Mediennutzungsrealität entspricht, wollen wir jetzt modernisieren.

Gerade in Pandemiezeiten sind Kinder und Jugendliche noch häufiger in der digitalen Welt unterwegs. Wir wollen, dass sie dort sicher unterwegs sind. Deshalb sollen sie einerseits vor aktuellen Risiken, wie zum Beispiel sexueller Anmache, Mobbing und Kostenfallen, bestmöglich geschützt werden. Andererseits sollen Eltern und Fachkräfte in Zukunft mehr Orientierung bekommen, um Kinder und Jugendliche im Netz kompetent zu begleiten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 14.10.2020

Das Jugendschutzgesetz wird reformiert

Heute hat das Kabinett den Entwurf zur Reform des Jugendmedienschutzes beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass Bundesministerin Giffey endlich die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Jugendmedienschutzes vorlegt. Eine Novellierung ist dringend erforderlich. Das derzeit geltende Gesetz stammt noch aus einer Zeit, in der es weder Smartphones oder Online-Games noch Plattformen wie YouTube, WhatsApp oder Instagram gab.

Mit dem Gesetz wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz verbessert, damit sie digitale Angebote sicher nutzen können, etwa wenn sie online spielen oder sich untereinander austauschen. Dabei geht es nicht nur um die Kontrolle von Inhalten, sondern auch um Funktionalitäten, die Risiken bergen können, wie beispielsweise Chat-Funktionen.

Dafür werden die Plattformbetreiber stärker in die Verantwortung genommen, zum Beispiel durch die Vorgabe, sichere Voreinstellungen vorzunehmen und geeignete Altersprüfungen einzuführen. Damit die Umsetzung des Gesetzes effektiv gesteuert werden kann, schlägt der Gesetzentwurf des BMFSFJ eine neue Bundeszentrale vor. Wir werden im parlamentarischen Verfahren prüfen, ob dies eine sinnvolle Ergänzung ist oder ob – im Zusammenspiel mit den Ländern – andere Instrumente effektiver wären. Diskussionsbedarf sehen wir zudem bei dem vorgeschlagenen System der Alterskennzeichnung, die auch Interaktionsrisiken wie Kommentarfunktion oder Kaufoption einbezieht. Hier sollten wir über Alternativen nachdenken. Dennoch: Der erste Schritt für einen verbesserten Jugendmedienschutz ist getan.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 14.10.2020

„Während die einen bis zum Umfallen arbeiten, sind die anderen unfreiwillig in Teilzeit oder finden keine Beschäftigung. Wir müssen die Arbeit umverteilen. Wir brauchen sichere Arbeitsverhältnisse für alle: mit einer kürzeren Vollzeit bei Lohnausgleich", kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, die Meldung des Statistischen Bundesamtes, wonach 4,4 Millionen Menschen mehr arbeiten wollen. Ferschl weiter:

„Eine Umverteilung der Arbeit in Form der Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur die logische Antwort auf die Corona-Krise und auf die parallel stattfindende Transformation mit den drohenden Beschäftigungsverlusten. Wir würden auch diejenigen schützen, die auf Kosten ihrer Gesundheit unter überlangen Arbeitszeiten, unbezahlten Überstunden und unter einer zunehmenden Arbeitsverdichtung leiden. So können alle von ihrer Arbeit gut und gesund leben.

DIE LINKE fordert, die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz von 48 auf 40 Stunden pro Woche zu senken. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrer Auseinandersetzung um weitere tarifliche Arbeitszeitverkürzungen. Zudem muss es ein Recht auf eine arbeitsvertragliche Mindeststundenzahl von 22 Stunden pro Woche geben, wovon nach unten nur auf Wunsch der Beschäftigten abgewichen werden kann."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.10.2020

Für 245.817 volljährige Kinder mit einer Behinderung wird Kindergeld von der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22408) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21990) mit. Statistische Daten für die Familienkassen des öffentlichen Dienstes lägen nicht vor. Der Kindergeldanspruch für ein Kind, das wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, bestehe ohne eine Altersbegrenzung, gegebenenfalls also ein Leben lang. Die Familienkassen müssten in angemessenen Zeitabständen überprüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen weiter vorliegen würden. Dabei sehe das Verfahren so weit wie möglich Vereinfachungen vor, um die Eltern vor überflüssiger Bürokratie zu verschonen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1072 vom 07.10.2020

Mit einer gesetzlichen Änderung des Anspruchs auf Freistellung und Entgeltfortzahlung bei Erkrankung der Kinder will die Linksfraktion zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Es seien gerade die alltäglichen, häufig und kurzfristig auftretenden Erkrankungen, die Eltern logistisch vor große Herausforderungen stellten, heißt es in einem Gesetzentwurf (19/22496) der Fraktion.

Die jetzigen Regelungen seien insbesondere für alleinerziehende Eltern in prekärer Beschäftigung problematisch. Für sie greife häufig keine besondere tarifliche Regelung, die zeitliche Begrenzung des Krankengeldersatzanspruchs im SGB V sei bei kleineren Kindern schnell erreicht.

Die Abgeordneten fordern, den Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung wie auch die finanzielle Absicherung der Betreuung erkrankter Kinder im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) eigenständig zu regeln. Der Krankengeldanspruch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen soll entfristet werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1067 vom 07.10.2020

Die von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke geforderte Einführung einer Kindergrundsicherung stößt bei Experten auf ein großes Maß an Zustimmung. Allerdings seien diese auch mit großen finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand verbunden. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses über Anträge der Grünen (19/14326) und Linken (19/17768) am Montag deutlich.

Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband und Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie begrüßten die Anträge von Grünen und Linken als "wichtige Meilensteine" für eine grundlegende Reform der finanziellen Absicherung von Kindern und Jugendlichen. Schneider verwies darauf, dass sich trotz günstiger ökonomischer Entwicklung mit steigender Erwerbstätigenzahl die soziale Ungleichheit in Deutschland nicht verbessert habe. Für die weitere Debatte sei zentral, dass eine Kindergrundsicherung auf einer sachgerechten Ermittlung der Bedarfe von Kindern und Jugendlichen aufsetze, wie dies auch in beiden Anträge gefordert werde. Nach Ansicht von Nöhring ist die Vielzahlan familien- und kindbezogenen Leistungen in Deutschland kompliziert und für die Anspruchsberechtigten kaum mehr zu durchschauen. Das Kindergeld sei eine zwar bekannte und einfache Leistung, kommt jedoch auf Grund von Verrechnung bei Familien im SGB II-Bezug oder Alleinerziehenden fast gar nicht an. Durch den Kinderfreibetrag im Steuerrecht würden gut verdienende Familien stärker entlastet als Familien, die das Kindergeld bekommen.

Auch nach Ansicht von Christine Volland von der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Niedersachsen sind die Anträge von Grünen und Linken als "prinzipiell gut" zu bezeichnen. Die Unterteilung in beiden Anträgen in ein erhöhtes Kindergeld, von dem alle Kinder profitieren, und einen zusätzlichen Betrag, der je nach Einkommen der Eltern und Alter des Kindes gestaffelt wird, sei angemessen und bedarfsgerecht. Romy Ahner vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies darauf hin, dass eine Kindergrundsicherung nicht nur Änderungen im Bereich Kindergeld, Kinderzuschlag und Regelbedarfe der Kinder erfordert. Vielmehr seien die Auswirkungen und notwendigen Reformen auch im Unterhaltsrecht und im Steuerrecht mitzudenken und parallel in Angriff zu nehmen.

Martin Hagen vom Zentralen IT-Management der Freien Hansestadt Bremen begrüßte den Antrag der Grünen mit Verweis auf die große Komplexität bei der Beantragung familienpolitischer Leistungen. Die Eckpunkte des Antrags der Grünen führten zu einer Vereinfachung der Leistungen. In Kombination mit der Einwilligung in den Datenaustausch zwischen Behörden könnten sie für erhebliche Entlastungen auf Seiten der Bürger und der Verwaltung sorgen.

Der Volkswirtschaftler Holger Bonin vom Institut zur Zukunft der Arbeit verwies darauf, dass die von Grünen und Linken gemachten Vorschläge für eine Kindergrundsicherung mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden seien. Simulationsrechnungen für ein großzügig ausgestattetes Kindergrundsicherungsmodell wie das der Linksfraktion hätten Nettokosten für die öffentliche Hand von über 40 Milliarden Euro jährlich ergeben. Auch das Modell der Grünen lasse Kosten zwischen 20 und 25 Milliarden Euro erwarten. Bei den begrenzten finanziellen Mittel für die Familienpolitik müsse gefragt werden, ob statt der direkten finanziellen Förderung von Familien Investitionen in eine bessere Qualität der Infrastrukturen und zeitpolitische Instrumente sinnvoller wären.

Für den Deutschen Landkreistag sprach sich Irene Vorholz gegen die Vorschläge von Grünen und Linken aus. Zielführender als eine eigenständige Grundsicherung für Kinder sei es, die vielfältigen kindbezogenen Leistungen weiter zu bündeln. Kinder sollten als Teil ihrer Familie und damit auch als Teil der Bedarfsgemeinschaft zu betrachten, auf die beispielsweise das SGB II und die Sozialhilfe aufbauen. Die Forderung nach einer Kindergrundsicherung suggeriere, dass man Kinder unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern aus der Armut befreien könne. Allerdings seien Kinder in der Regel bedürftig, weil ihre Eltern bedürftig seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1062 vom 06.10.2020

Das von der Europäischen Union unterstützte Schulprogramm zur Versorgung mit Obst, Gemüse, Bananen und Milch an Bildungseinrichtungen erfordert aufgrund der föderalen Strukturen in Deutschland eine Änderung des Landwirtschaftserzeugnisse-Schulprogrammgesetzes. Dazu legt die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf (19/22857) zur innerstaatlichen Koordinierung vor. Weil die Bundesländer eigenverantwortlich an der Durchführung des EU-Schulprogramms teilnehmen, übernehme der Bund lediglich eine Koordinierungsfunktion gegenüber der Europäischen Kommission, heißt es zur Begründung. So werde mit dem Entwurf unter anderem eine Informationspflicht der Bundesländer gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingeführt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1032 vom 30.09.2020

Die Bundesregierung lehnt die Anhebung des seit 1980 nicht mehr veränderten Höchstbetrags der steuerlichen Begünstigung von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der auswärtigen Unterbringung eines volljährigen Kindes stehen, ab. Dies macht die Bundesregierung in ihrer als Unterrichtung (19/22815) vorgelegten Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21988) deutlich. Die Maßnahmen des Zweiten Familienentlastungsgesetzes würden bereits zu finanziellen Entlastungen von insgesamt knapp zwölf Milliarden Euro jährlich führen, die insbesondere Familien mit Kindern zugute kommen würden. Vor diesem Grund werde eine zusätzliche Anhebung des Freibetrags für die Kosten eines sich in Berufsausbildung befindenden und auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes abgelehnt.

Demgegenüber hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass der Höchstbetrag für diese Aufwendungen seit dem Jahr 1980 beitragsmäßig nicht mehr angepasst worden sei. Derartige Aufwendungen hätten bis zum Jahr 2001 als Teil des Ausbildungsfreibetrages mit bis zu 1.800 DM berücksichtigt werden können. Seit der Neukonzeption im Jahr 2002 hätten bis zu 924 Euro als Sonderbedarfsfreibetrag geltend gemacht werden können. "Die Höhe des Freibetrages berücksichtigt damit weder den inflationsbedingten Preisanstieg der letzten 40 Jahre noch die aktuelle Mietpreisentwicklung", argumentiert der Bundesrat. Um dem gestiegenen Preisniveau, der allgemeinen Kostenentwicklung und insbesondere dem stetig wachsenden Mietpreisniveau Rechnung zu tragen, halten die Länder eine Erhöhung des Freibetrages auf 1.800 Euro für "dringend geboten".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1028 vom 29.09.2020

Mehrere Sachverständige haben die von der Bundesregierung geplante steuerliche Entlastung von Familien als zu niedrig bezeichnet. So wies der Bund der Steuerzahler in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) darauf hin, dass fast zehn Milliarden Euro der mit rund 11,8 Milliarden Euro veranschlagten Jahreswirkung des Entlastungsgesetzes auf ohnehin unerlässliche und verfassungsrechtlich gebotene Anpassungsschritte entfallen würden. Damit entspreche das Gesetzesvorhaben zum Großteil lediglich einem politischen Pflichtprogramm, erklärte der Bund der Steuerzahler, der allerdings die zusätzliche Erhöhung der Kinderfreibeträge ausdrücklich begrüßte. Gefordert wurde von der Organisation unter anderem eine bessere steuerliche Berücksichtigung der Kosten für ein Homeoffice. Gerade Familien hätten in der Corona-Krise erhebliche Belastungen zu stemmen.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung (19/21988) eines "Zweiten Familienentlastungsgesetzes" sollen das Kindergeld und die steuerlichen Kinderfreibeträge zum 1. Januar 2021 steigen. Vorgesehen sind eine Erhöhung von 15 Euro beim Kindergeld und eine entsprechende Anpassung der Freibeträge. Dem Entwurf zufolge wird das Kindergeld für das erste und zweite Kind dann jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Mit dem Entwurf sollen auch der Grundfreibetrag angehoben sowie die kalte Progression ausgeglichen werden.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte den übermäßig starken Anstieg des Steuertarifs in der ersten Progressionszone. Dadurch werde bereits bei weniger als 15.000 Euro Einkommen ein Grenzsteuersatz von rund 24 Prozent erreicht. Der starke Anstieg bei unteren Einkommen sei sozial ungerecht und leistungsfeindlich, kritisierte die Organisation.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellte in seiner Stellungnahme fest, dass der aktuelle Grundfreibetrag wie auch die für die Jahre 2021 und 2022 im Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhungen zu niedrig seien. Die Beträge würden sich aus der Bestimmung des Existenzminimums ableiten, dessen Ermittlung aber fragwürdig sei. In anderem Zusammenhang halte der Gesetzgeber durchaus höhere Beträge für geboten, um niedrige Einkommen zum Zwecke der Existenzsicherung vor einem übermäßigen Zugriff zu schützen. So dürfe beispielsweise ein Schuldner im Fall der Pfändung einen Teil seines monatlichen Nettoeinkommens behalten, um sein Existenzminimum zu sichern. Diese gesetzliche Pfändungsfreigrenze liege deutlich sowohl über dem derzeitigen wie auch dem für das kommende und übernächste Jahr im Gesetzentwurf vorgesehenen Grundfreibetrag.

Wie der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte auch der DGB die hohe Steuerbelastung in der ersten Progressionszone und den frühen Zugriff des Spitzensteuersatzes ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.052 Euro, der somit nicht nur Spitzenverdiener betreffe. Die Bundessteuerberaterkammer empfahl ebenfalls, den Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkünften als heute wirksam werden zu lassen.

Der Deutsche Steuerberaterverband regte an, den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand eines Kindes stärker anzuheben als vorgesehen. Außerdem müsse dieser Wert, der zuletzt 2010 angehoben worden war, in Zukunft regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter lobte die Verbesserung der staatlichen Unterstützung für Familien mit Kindern, kritisierte aber zugleich, dass die geplanten Verbesserungen nicht alle Familien erreichen würden. Insbesondere Familien mit kleinem beziehungsweise keinem Einkommen und Alleinerziehende würden nur wenig profitieren.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag empfahl, die durch die kalte Progression erwachsende Zusatzbelastung der Steuerpflichtigen in Zukunft automatisch durch einen Einkommensteuertarif "auf Rädern" zu beseitigen. Dies werde bereits in einigen OECD-Ländern praktiziert. Mit dem "Tarif auf Rädern" werden die Schwellenwerte der Progressionszonen im Zeitablauf automatisch an das Preisniveau beziehungsweise die Lohnentwicklung angepasst. Auch der Deutsche Steuerberaterverband empfahl die Einführung des "Tarifs auf Rädern", um der laufenden Geldentwertung wirksam entgegenzutreten.

Nach Ansicht der Hans-Böckler-Stiftung sind die Entlastungen des zweiten Familienentlastungsgesetzes für sich genommen aus verteilungspolitischer Perspektive "relativ ausgewogen". Dies gelte aber nicht für das Gesamtbild unter Einbeziehung der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021: "Hier ergeben sich hohe absolute und relative Entlastungen für deutlich überdurchschnittliche Einkommen." Zusammen mit der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages komme es mittelfristig zu einer Entlastung von rund 20 Milliarden Euro. Weitergehende Steuersenkungen sollten mit Blick auf wichtige öffentlicher Bedarfe unterbleiben, empfahl die Hans-Böckler-Stiftung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1020 vom 28.09.2020

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (19/22750) zur verfassungskonformen Ermittlung und Ausgestaltung der Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz vorgelegt. Bei Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) ist die Regierung gesetzlich verpflichtet, die Regelsätze anzupassen. Sie verweist in dem Entwurf darauf, dass im Unterschied zu vorangegangenen Regelsatzänderungen die aktuellen Anpassungen bei den Kommunikationsausgaben auch die Kosten für die Handynutzung mit berücksichtigen sollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1007 vom 24.09.2020

Eine repräsentative Umfrage des Berliner Beirats für Familienfragen ergab, dass die fehlenden sozialen Kontakte und die Mehrfachbelastung durch Arbeit plus Homeschooling und fehlender Kinderbetreuung für Familien die größten Herausforderungen in der Zeit des Corona-Lockdowns darstellten.

Dabei spielte das Alter der Kinder eine große Rolle. Je jünger die Kinder, desto höher war die Belastung. Aber auch das Familieneinkommen spielte eine große Rolle: Familien mit geringerem Einkommen befanden überdurchschnittlich stark finanzielle Sorgen und Ängste sowie beengte Wohnverhältnisse bzw. eine Wohnumgebung mit wenig Aufenthaltsqualität als belastend.

Die meisten Schulkinder benötigten beim Homeschooling viel Unterstützung durch ihre Eltern bzw. deren Partnerinnen und Partner. Die Mehrheit der Schulkinder erhielt Hilfe von Lehrkräften sowie weiteren Familienmitgliedern und Freunden. Ein Drittel der befragten Familien mit Schulkindern gab an, keine Unterstützung erhalten zu haben.

Bei einem möglichen erneuten Lockdown wünschen sich die befragten Familien vor allem:

  • keine Kontaktsperre für enge Familienangehörige
  • (weitestgehende) Offenhaltung der Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Ausbildungsstätten, Hochschulen etc.
  • Unterstützung durch den Arbeitgeber (z. B. durch flexible Arbeitszeiten, Homeoffice)
  • Unterstützung beim Homeschooling durch Lehrkräfte bzw. Schulen
  • bessere Erreichbarkeit der Behörden
  • Offenhaltung der Spielplätze

Informationen zur Umfrage:

Forsa befragte im August 2020 über 750 Berliner Familien zu ihren Erfahrungen während des coronabedingten Lockdowns. Der Berliner Familienbeirat hatte die Online-Umfrage in Auftrag gegeben, um in Erfahrung zu bringen, welche Unterstützung sich die Familien in
Berlin für den Fall eines erneuten Lockdowns bzw. einer Verschärfung der Einschränkungen wünschen würden.
Die Auswertung steht auf der Homepage des Berliner Beirats für Familienfragen www.familienbeirat-berlin.de zum Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Berliner Beirat für Familienfragen vom 01.10.2020

Rörig: „Die Androhung härterer Strafen allein reicht nicht aus, um sexuelle Gewalt nachhaltig zu bekämpfen. Ich fordere alle politisch Verantwortlichen auf, sich mit konkreten Maßnahmen deutlich stärker gegen Missbrauch zu engagieren.“

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat sich vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Strafverschärfungen und knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl mit einem Positionspapier 2020: „Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Wie Bund, Länder und die politischen Parteien Kinder und Jugendliche besser vor sexueller Gewalt schützen können.“ an alle politischen Verantwortungsträger in Bund und Ländern gewandt und dieses heute in Berlin öffentlich vorgestellt.

Wir dürfen nicht den Fehler machen zu glauben, dass sich die Bekämpfung von Missbrauch alleine durch Strafverschärfungen verbessern lässt,“ sagt Rörig. „Wenn wir den Schutz von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen, müssen ALLE den Kampf gegen sexuellen Missbrauch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und aktiv führen.“

Im Positionspapier 2020 sind konkrete Handlungsempfehlungen, wie sexueller Missbrauch durch politisches Handeln bekämpft werden sollte, zusammengefasst. Um eine nachhaltige Verankerung des Maßnahmenpakets zu erreichen, hat Rörig das Positionspapier 2020 in dieser Woche persönlich an alle Partei- und Fraktionsvorsitzenden, die parlamentarischen Fachausschüsse und zuständigen Fachminister*innen in Bund und Ländern sowie an die Regierungschef*innen der Länder versandt.

Rörig: „Ich möchte, dass die Handlungsempfehlungen aus dem Positionspapier 2020 in die Wahlprogramme und darauf aufbauende Regierungsprogramme einfließen. So kann aus diesem Maßnahmenpaket überprüfbares, politisches Handeln werden.“

Im Positionspapier 2020 fordert der Missbrauchsbeauftragte, dass auch auf höchster politischer Ebene eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stattfindet. Rörig schlägt deshalb unter anderem eine gesetzlich verankerte, regelmäßige Berichtspflicht seines Amtes gegenüber Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat zum Ausmaß der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und zum Stand von Prävention, Intervention, Hilfen, Forschung und Aufarbeitung vor, ähnlich wie es für den Bundesdatenschutzbeauftragten geregelt ist.

„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt wird in Bund und Ländern gerne den jeweiligen Familienressorts überlassen“, sagt Rörig. „Ob auf Bundes- oder Landesebene: Nahezu alle Ressorts, wie zum Beispiel Gesundheit, Soziales, Finanzen, Justiz oder Bildung, müssen endlich interdisziplinär zusammenarbeiten. Nur geschlossen und aufeinander abgestimmt kann wirklich etwas bewegt, Missbrauch bestmöglich verhindert, das Entdeckungsrisiko für Missbrauchstäter und -täterinnen erhöht und Betroffenen geholfen werden.“

Den Bundesländern empfiehlt er, auf der Basis einer umfassenden Defizit- und Bestandsanalyse einen eigenen ressortübergreifenden Masterplan zur Verbesserung des Schutzes von Minderjährigen vor sexueller Gewalt und den Folgen zu entwickeln und umzusetzen. Zudem sollte in jedem Bundesland das Amt einer/eines „Landesbeauftragten für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt eingerichtet werden, der/dem die Federführung für die Erarbeitung eines solchen Masterplans sowie die fachliche Unterstützung bei der Umsetzung übertragen wird.

Zuletzt hatten die Missbrauchsfälle Lügde, Bergisch Gladbach und Münster zu einer breiten politischen Debatte zum Thema Strafverschärfungen geführt. Rörig betont vor diesem Hintergrund: „Die öffentliche Skandalisierung dieser spektakulären Missbrauchsfälle ist trügerisch, denn es entsteht der Eindruck einer vermeintlichen Einzigartigkeit. Tatsächlich handelt es sich bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche keineswegs um „Einzelfälle“, so skandalös sie uns auch erscheinen mögen, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen enormen Ausmaßes. Sexueller Missbrauch findet täglich, überall und mitten unter uns statt. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass jede und jeder ein Kind kennt, das sexuelle Gewalt erlitten hat oder aktuell erleidet.“

Der Missbrauchsbeauftragte betont abschließend, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt zu den grundlegenden Aufgaben des Staates gehört und fordert eine an den Kinderrechten orientierte politische und gesellschaftliche Grundhaltung.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 02.10.2020

Studie untersucht Alternativen zum Ehegattensplitting – Realsplitting mit niedrigem Übertragungsbetrag ist ein guter Kompromiss zwischen verschiedenen Anforderungen – Reform würde Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern und Steuermehraufkommen von zehn Milliarden Euro erzielen

Das in Deutschland seit den 50er Jahren gültige Ehegattensplitting führt zu hohen Steuersätzen bei Zweitverdienenden, was die Arbeitsmarktbeteiligung vor allem von Frauen reduziert. Verschiedene Reformvorschläge haben aber nicht die gewünschten Effekte oder unerwünschte Nebenwirkungen, wie aktuelle Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigen. Die StudienautorInnen haben traditionelle Vorschläge ebenso untersucht wie Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium und des Internationalen Währungsfonds.

Sie schlagen stattdessen ein Realsplitting mit einem niedrigen Übertragungsbetrag von maximal 9 696 Euro vor. Dies würde bedeuten, dass nur Einkommen in Höhe des Grundfreibetrags von besserverdienenden PartnerInnen auf geringer verdienende PartnerInnen übertragen werden könnten. Der oder die EmpfängerIn muss den Betrag als sonstiges Einkommen versteuern. Dadurch ist auch bei Alleinverdiener-Ehepaaren das Existenzminimum beider PartnerInnen steuerfrei gestellt. „Unser Vorschlag ist nicht nur relativ leicht umzusetzen und transparent. Er vermeidet auch unerwünschte Verteilungswirkungen zugunsten von besserverdienenden Beidverdiener-Paaren“, sagt Stefan Bach, der die Studie zusammen mit Björn Fischer, Peter Haan und Katharina Wrohlich durchgeführt hat.

Hohe Anforderungen an eine Reform des Ehegattensplittings

Eine Reform des Ehegattensplittings muss schwierige Zielkonflikte abwägen: Zum einen sollen Steuervorteile für Alleinverdiener-Paare mit hohen Einkommen abgebaut sowie die Grenzbelastung auf den Zweitverdienst reduziert werden, damit die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen gefördert wird. Zum anderen sollen untere Einkommensgruppen nicht stärker belastet werden. Komplett abgeschafft wird das Ehegattensplitting in Deutschland auf absehbare Zeit nicht, meint Studienautorin Katharina Wrohlich: „Eine Individualbesteuerung wie in Schweden oder Österreich kann aufgrund von rechtlichen Hürden in Deutschland nicht eingeführt werden.“
Die DIW-ÖkonomInnen haben daher Reformoptionen analysiert, die in den letzten Jahren etwa vom Internationalen Währungsfonds vorgelegt wurden. Die Simulationsstudie zeigt: Ein Realsplitting mit höherem Übertragungsbetrag oder ein übertragbarer Grundfreibetrag verringern die Grenzbelastung des Zweitverdiensts kaum und erhöhen die Erwerbsquote von Frauen nur wenig. Zusatzfreibeträge hingegen entlasten insbesondere Paare mit mittleren und höheren Einkommen, bei denen beide PartnerInnen verdienen, zusätzlich. Dies wird zwar bei einem Steuerabzugsbetrag vermieden, der von der Steuerschuld und nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird. Dies stößt in Deutschland aber auf rechtliche und ideologische Vorbehalte. „Ein Realsplitting mit einem Übertragungsbetrag in Höhe des Grundfreibetrags – also maximal 9 696 Euro – ist daher ein guter Kompromiss“, sagt Björn Fischer.

Reform würde Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern

Die StudienautorInnen erwarten, dass bei dieser Reform die Arbeitsstunden verheirateter Frauen um 1,7 Prozent und ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt um 0,6 Prozentpunkte steigen würde. Zudem erzielt die Reform Steuermehreinnahmen von zehn Milliarden Euro pro Jahr, davon allein zwei Milliarden Euro durch die Arbeitsmarkteffekte. Die Belastungen werden dabei zum Großteil von Paaren aus den obersten beiden Einkommensdezilen getragen. „Das zusätzliche Steueraufkommen könnte man dazu verwenden, Familien über höheres Kindergeld, Kinderfreibeträge oder auch eine bessere Kinderbetreuungsinfrastruktur breit zu entlasten“, so Stefan Bach. „Das hilft gerade Familien mit kleineren Kindern viel mehr als die paar Euro, die sie beim Ehegattensplitting sparen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 07.10.2020

Kurzarbeit hat während der Corona-Pandemie ein deutlich anderes „Profil“ bekommen als in vorherigen Wirtschaftskrisen. Erstmals haben beispielsweise kleine Betriebe das Instrument häufiger als größere genutzt, um durch die Krise zu kommen und Entlassungen zu vermeiden. Und während in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 Männer fast dreimal so häufig wie Frauen in Kurzarbeit waren (damals 6,3 Prozent der männlichen vs. 2,3 Prozent der weiblichen Beschäftigten in Deutschland), war im Juni 2020 die Quote unter beiden Geschlechtern mit jeweils rund 13 Prozent Beschäftigten in Kurzarbeit beinahe gleich hoch. Das liegt wesentlich daran, dass in der Pandemie nicht nur Industriebetriebe stark betroffen sind, sondern auch viele Dienstleistungsbranchen. Im Vergleich zu vorherigen Wirtschaftseinbrüchen ist damit die gesamtwirtschaftliche Quote der Kurzarbeitenden sehr hoch, ebenso wie mit rund 50 Prozent auch der Anteil, um den die Arbeitszeit im Durchschnitt reduziert wurde. Entsprechend groß ist die Bedeutung einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, um Einkommensverluste zu reduzieren. In Betrieben mit Tarifvertrag und/oder Betriebsrat wird das Kurzarbeitergeld dabei fast doppelt so häufig aufgestockt wie in Betrieben, die nicht über Tarifbindung und/oder Mitbestimmung verfügen. Das sind wesentliche Ergebnisse einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler Stiftung.*

Die Autoren Dr. Toralf Pusch und Dr. Hartmut Seifert haben die Erwerbstätigenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Dafür wurden in zwei Wellen im April und im Juni jeweils mehr als 6.000 Menschen befragt. Die Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Das erlaubt es, Arbeitszeiten und Kurzarbeit auf dem bisherigen Höhepunkt der Corona-Krise detailliert auszuleuchten:

Kleinbetriebe und Gastgewerbe nutzten Kurzarbeit am häufigsten

Im Juni gaben 13 Prozent der befragten Beschäftigten an, in Kurzarbeit zu sein. Differenziert man nach Branchen, war Kurzarbeit im Gastgewerbe mit Abstand am stärksten verbreitet (siehe auch Abbildung 1 in der Untersuchung; Link unten): Gut 45 Prozent der dort Beschäftigten befanden sich in Kurzarbeit. Es folgten das verarbeitende Gewerbe mit rund 20 Prozent sowie der Verkehrs- und Logistikbereich mit gut 17 Prozent. Unterdurchschnittlich oft wurde Kurzarbeit unter anderem im Gesundheits- und Sozialwesen (5 Prozent), im Baugewerbe (knapp 4 Prozent) und im öffentlichen Dienst (knapp 3 Prozent) genutzt. Die starke Verbreitung in Branchen wie dem Gastgewerbe mit seinen vielen Kleinbetrieben spiegelt sich nach Analyse der Wissenschaftler in der Kurzarbeits-Quote nach Betriebsgröße wider: In Kleinstbetrieben mit weniger als 5 Beschäftigten waren knapp 17 Prozent von Kurzarbeit betroffen, in großen Betrieben ab 2000 Beschäftigten waren es gut 11 Prozent (Abbildung 2 in der Studie).

Verkürzte und verlängerte Arbeitszeiten

Auch jenseits von Kurzarbeit wurde bei zahlreichen Befragten die Arbeitszeit krisenbedingt verkürzt. Insgesamt arbeiteten 21 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Sample im Juni weniger Stunden als normal. In einigen Branchen musste aber auch ein Teil der Beschäftigten ihre Arbeitszeit ausweiten, um zusätzliche Nachfrage und Anforderungen während der Pandemie bewältigen zu können. Das betraf laut Pusch und Seifert etwa den Handel, wo 19 Prozent der Befragten mehr arbeiteten als normal, während ebenfalls 19 Prozent kürzer treten mussten. Im öffentlichen Dienst arbeiteten 17 Prozent der Beschäftigten Pandemie-bedingt länger, bei neun Prozent wurde die Arbeitszeit reduziert. In beiden Bereichen fiel die Ausweitung der Arbeitszeit bei den von Mehrarbeit Betroffenen erheblich aus: Im Handel um durchschnittlich 5,7, im öffentlichen Dienst um 4,7 Wochenstunden.

Mit Tarif und Mitbestimmung deutlich häufiger Aufstockung

Auch wenn Kurzarbeit zahlreiche Jobs sichern konnte: Für die Betroffenen bedeutet die Arbeitszeitreduzierung Einkommenseinbußen. Schließlich ersetzt das gesetzliche Kurzarbeitergeld (KUG) ab dem 1. Tag lediglich 60 Prozent des Lohns, bzw. 67 Prozent, wenn Kinder im Haushalt leben. „Umso wichtiger sind deshalb tarifliche, betriebliche und gesetzliche Regelungen über Aufstockungen des Kurzarbeitergeldes“, schreiben die Wissenschaftler mit Blick auf die Befragungsdaten: Von den Befragten in Kurzarbeit, die lediglich das normale KUG erhielten, schätzten 49 Prozent, ihr Haushaltseinkommen habe sich um 25 bis 50 Prozent reduziert. Weitere 46 Prozent gingen von Verlusten bis zu 25 Prozent aus. Unter den Kurzarbeitenden mit Aufstockung kamen Einkommenseinbußen jenseits von 25 Prozent hingegen deutlich seltener vor: knapp ein Viertel der Befragten berichtete davon. Bei 73 Prozent blieben die Verluste unter 25 Prozent (Abbildung 4).

Insgesamt erhielten im Juni 46 Prozent der Befragten in Kurzarbeit eine Aufstockung. Darunter dürften einige gewesen sein, die vom höheren gesetzlichen KUG ab dem 4. Monat profitierten – eine neue Regelung, die im Zuge der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen eingeführt wurde. Eine deutlich größere Bedeutung spielten zum Zeitpunkt der Befragung nach Puschs und Seiferts Analyse aber höhere Leistungen, die durch Tarifverträge und/oder von Betriebsräten vereinbart wurden. So erhielten im Durchschnitt 58 Prozent der Beschäftigten, die nach einem Tarifvertrag bezahlt wurden, eine Aufstockung. In Unternehmen ohne Tarifbindung waren es hingegen lediglich 34 Prozent. Ähnlich groß fiel der Vorsprung in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat aus: In dieser Gruppe lag der Anteil der Kurzarbeitenden mit Aufstockung bei 60 Prozent. Dagegen profitierten in Unternehmen ohne betriebliche Mitbestimmung lediglich 32 Prozent der Beschäftigten von einer Aufstockung.

Kurzarbeit und Weiterbildung

Noch viel Luft nach oben. Kurzarbeit zur Weiterbildung zu nutzen ist nach Analyse der Forscher absolut vernünftig und wurde in früheren wirtschaftlichen Krisensituationen bereits praktiziert, insbesondere wenn diese länger andauerten. Das gilt vor allem für die Transformationsphase der ostdeutschen Wirtschaft nach der deutschen Wiedervereinigung. Zum Befragungszeitpunkt im Juni war der Anteil der Kurzarbeitenden, die seit Beginn der Pandemie an Weiterbildung teilgenommen hatten, mit knapp 10 Prozent allerdings deutlich niedriger als unter Beschäftigten ohne Kurzarbeit (18 Prozent). Das könne unter anderem mit zeitweiligen Betriebsschließungen und der besonders schwierigen Situation vor dem Hintergrund von notwendigen Hygienebestimmungen und Kontaktbeschränkungen zu tun haben, schreiben die Forscher. Trotzdem bestehe ganz offensichtlich „noch Potenzial für eine Ausweitung der Weiterbildungsaktivitäten“.

WSI-Policy Brief Nr. 47, September 2020: Kurzarbeit in der Corona-Krise mit neuen Schwerpunkten

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.10.2020

Ein gesetzlicher Rahmen für mobile Arbeit inklusive eines Rechts auf Homeoffice ist sinnvoll und dringend nötig. Das gilt vor allem für eine objektive Zeiterfassung und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten. Darauf verweist Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Homeoffice kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Allerdings müssen dafür die Rahmenbedingungen stimmen: Fairer Zugang für alle, die mobil arbeiten möchten und bei denen die Arbeitsinhalte mobiles Arbeiten möglich machen. Und klare Abgrenzungen zwischen Arbeit und Freizeit, damit beides nicht immer weiter verschwimmt. Denn von dieser Gefahr berichten viele Beschäftigte, die mobil arbeiten – auch viele, die es eigentlich gerne tun“, sagt Kohlrausch.

Vor- und Nachteile von Arbeit im Homeoffice beleuchtet eine aktuelle Befragung der Hans-Böckler-Stiftung unter mehr als 6000 Erwerbstätigen. Von den Befragten, die zum Befragungszeitpunkt Ende Juni zumindest teilweise mobil arbeiteten gaben 77 Prozent an, dass sich die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch Homeoffice verbessert. Allerdings hatten 60 Prozent der Befragten auch den Eindruck, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. 37 Prozent gaben an, im Homeoffice mehr Wochenstunden zu arbeiten.

Heimarbeit könne also auch zusätzlichen Druck erzeugen; vor allem, wenn sie im Unternehmen zuvor als nicht selbstverständlich galt und es keine klaren Regeln gebe, betont Forscherin Kohlrausch. So zeigten ältere Studien, dass sich Beschäftigte im Homeoffice nicht selten verpflichtet fühlen, mehr leisten zu müssen und über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten, um das „Privileg“ mobiler Arbeit zu rechtfertigen. Dieses Risiko sei besonders groß, wenn die mobile Arbeitszeit nicht erfasst würde. „Die Gesetzesinitiative von Arbeitsminister Hubertus Heil setzt daher an den richtigen Punkten an, auch wenn das vorgeschlagene Volumen von 24 Tagen mobiler Arbeit im Jahr deutlich zu gering ist“, erklärt Kohlrausch. Enorm wichtig seien auch die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten, wie die aktuelle Umfrage zeigt: Darin beurteilten Befragte ihre Erfahrungen mit dem Homeoffice insgesamt deutlich positiver, wenn in ihrem Betrieb klare Regeln zu mobiler Arbeit galten. Solche Regeln hatten im Juni 2020 rund 62 Prozent der Betriebe mit Betriebs- oder Personalrat, aber nur 37 Prozent der Betriebe ohne Arbeitnehmervertretung. Zudem sei Homeoffice ein wichtiges, aber nicht das einzige Instrument, um Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte zu garantieren. „Hier brauchen wir zusätzliche gesetzliche Regelungen wie zum Beispiel den Ausbau von zeitflexiblen Arbeitsmöglichkeiten für all jene Beschäftigte, die nicht im Homeoffice arbeiten können“, so Kohlrausch.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 05.10.2020

Die Arbeitsbedingungen sind in tarifgebundenen Unternehmen durchweg besser als in Unternehmen ohne Tarif. Damit sind Arbeitgeber, die sich nicht an Tarifverträge halten, für Beschäftigte weniger attraktiv. So arbeiten Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben im bundesweiten Schnitt wöchentlich eine Stunde länger und verdienen gleichzeitig deutlich weniger als die Kollegen in Betrieben mit Tarifbindung. „Diese Unterschiede unterstreichen die Dringlichkeit, die Tarifbindung in Deutschland zu stärken“, schreiben Dr. Malte Lübker und Prof. Dr. Thorsten Schulten vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in einer aktuellen Analyse.* Die Forscher haben die Tarifbindung für Deutschland insgesamt und auf Ebene der einzelnen Bundesländer anhand des IAB-Betriebspanels untersucht.

Im Jahr 2019 konnten nur noch 52 Prozent der Beschäftigten in Deutschland auf einen Tarifvertrag zählen, im Jahr 2018, dem aktuellsten, für das auch differenzierte Länder-Daten vorliegen, waren es 54 Prozent. Im Vergleich der Bundesländer liegen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit 60 Prozent vorn, Schlusslicht ist Sachsen mit nur 40 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Gemeinsam ist allen Bundesländern, dass die Arbeitsbedingungen in wesentlichen Punkten wie Arbeitszeit und Entgelt in tariflosen Betrieben deutlich schlechter sind. Teilweise lassen sich die Unterschiede damit erklären, dass tarifgebundene Betriebe im Schnitt größer sind und in Branchen mit tendenziell höheren Löhnen tätig sind.

Doch auch um diese Effekte bereinigt bleibt die Differenz eklatant: Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben arbeiten bundesweit im Schnitt wöchentlich 53 Minuten länger und verdienen elf Prozent weniger als Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung, die hinsichtlich der Betriebsgröße, des Wirtschaftszweiges, der Qualifikation der Beschäftigten und des Standes ihrer technischen Anlagen identisch sind.

Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede: Längere Arbeitszeiten in tariflosen Betrieben sind in den westdeutschen Bundesländern besonders ausgeprägt, und zwar auch dann, wenn man strukturelle Effekte wie Betriebsgröße und Branche herausrechnet. In Baden-Württemberg arbeiten Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Unternehmen jede Woche 72 Minuten zusätzlich, in Bremen sind es 64 Minuten. Über das Jahr gesehen entspricht dies gut einer zusätzlichen Arbeitswoche – und dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass Beschäftigte ohne Tarifvertrag häufig auch weniger Urlaubstage haben. Beim Entgelt zeigen sich die größten Nachteile in den neuen Bundesländern: In Brandenburg verdienen Beschäftigte in tariflosen Betrieben monatlich 17,7 Prozent weniger als Arbeitnehmer in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung, in Sachsen-Anhalt beträgt der Rückstand sogar 18,3 Prozent. Um auf ein volles Jahresgehalt ihrer Kollegen mit Tarifvertrag zu kommen, müssen Beschäftigte in tariflosen Betrieben dort also bis in den März des Folgejahres hinein arbeiten.

Die geringeren Löhne in Ostdeutschland lassen sich deshalb auch mit Defiziten bei der Tarifbindung erklären: Zum einen ist die Tarifbindung im Osten durchweg geringer als im Westen, es profitieren also weniger Menschen von Tarifverträgen. Zum anderen unterbieten hier die tariflosen Betriebe die Konditionen der Tarifverträge besonders deutlich. „Das empfinden viele der Betroffenen verständlicher Weise als ungerecht“, so WSI-Experte Lübker. „Tarifverträge schaffen mehr Gerechtigkeit, müssen aber oft hart erkämpft werden.“ Ermutigend seien deshalb Beispiele von ostdeutschen Betrieben, in denen Beschäftigte sich organisiert haben und über Tarifverträge bessere Konditionen durchgesetzt haben. Auch in den ostdeutschen Staatskanzleien habe sich inzwischen die Einsicht durchgesetzt, dass Niedriglöhne im Wettbewerb um Fachkräfte kein Standortvorteil sind.

Bedrohliche Erosion

Mit Tarifverträgen seien in der Bundesrepublik sukzessive kürzere Wochenarbeitszeiten durchgesetzt, Lohnerhöhungen festgeschrieben oder Wahlmöglichkeiten zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit eingeführt worden, schreiben Lübker und Schulten. Vor diesem Hintergrund sei es „eine bedrohliche Entwicklung“, dass die Tarifbindung in den vergangenen zwei Jahrzehnten abgenommen hat – zur Jahrtausendwende hatten noch 68 Prozent der Beschäftigten einen Tarifvertrag. Ein Grund für diese Entwicklung war einerseits der wirtschaftliche Strukturwandel: In industriellen Großbetrieben sind Arbeitsplätze verloren gegangen, während in kleinteiligeren Bereichen neue entstanden sind. Dies mache es für Gewerkschaften heute schwieriger, Mitglieder zu organisieren, so die Experten. Doch auch dort, wo es Gewerkschaften gelingt, durch erfolgreiche Mitgliedergewinnung in tariflosen Betrieben Fuß zu fassen, stößt die Durchsetzung von Tarifverträgen zum Teil auf heftigen Widerstand der Arbeitgeber. Zusätzlich trägt zur Erosion bei, dass sich auch Arbeitgeber aus Branchen, in denen Tarifverträge traditionell verwurzelt sind, einer tariflichen Bezahlung entziehen. Durch die Einführung von sogenannten OT-Mitgliedschaften (ohne Tarifbindung) haben einige Arbeitgeberverbände diese Entwicklung vorangetrieben.

Bundesregierung sollte Tarifautonomie stärken

„Damit Tarifautonomie funktionieren kann, braucht es neben starken Gewerkschaften handlungsfähige Arbeitgeberverbände, die für ihre jeweilige Branche Standards setzen können“, erklären die Wissenschaftler. Gleichzeitig sei auch die Regierung gefordert: Die Erleichterung von Allgemeinverbindlicherklärungen könne die Reichweite von bereits geschlossenen Tarifverträgen erhöhen. Zudem verfügten Bund, Länder und Gemeinden mit der öffentlichen Auftragsvergabe und der Wirtschaftsförderung über einen zusätzlichen Hebel – sie könnten Tariftreue zur Voraussetzung für die Auftragsvergabe oder Förderung machen. Wegweisend seien hier das Landesvergabegesetz in Berlin sowie die Richtlinien zur Wirtschaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern, die sehr weitgehende Tariftreuevorgaben enthielten.

Tarifbindung in den Bundesländern: Entwicklungslinien und Auswirkungen auf die Beschäftigten, Elemente qualitativer Tarifpolitik Nr. 87, Düsseldorf, September 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.10.2020

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2020 gegenüber dem Vorjahr um rund 10700 auf insgesamt 829200 Kinder gestiegen. Damit waren 1,3% mehr unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lag die Betreuungsquote am Stichtag bundesweit bei 35,0% (2019: 34,3%).

Höhere Betreuungsquoten in Ostdeutschland

In Ostdeutschland waren durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (52,7%), im Westen knapp ein Drittel (31,0%). Im Vergleich der Bundesländer hatten am 1. März 2020 Sachsen-Anhalt (58,3%), Brandenburg (57,7%) und Mecklenburg-Vorpommern (57,6%)die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 46,7% die höchste Quote, gefolgt von Schleswig-Holstein (35,2%). Am niedrigsten lag die Betreuungsquote in Bremen (29,0%) und Nordrhein-Westfalen (29,2%).

Betreuungsquoten steigen mit dem Alter der Kinder

Bundesweit waren 1,8% der Kinder unter einem Jahr in einer Kindertagesbetreuung. Dagegen haben 37,5% der Einjährigen ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen, bei den Zweijährigen waren es schon fast zwei Drittel (64,5%). Seit dem 1.August 2013 gibt es für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen bundesweiten Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz.

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) tatsächlich betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe.

1,6% mehr Kindertageseinrichtungen und 4,5% mehr Personal als 2019

Am 1. März 2020 gab es bundesweit knapp 57600 Kindertageseinrichtungen. Das waren knapp 900Einrichtungen mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (+1,6%). Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 4,5% auf rund 682900. Die Zahl der Tagesmütter und -väter erhöhte sich leicht um 0,1% auf rund 44800.

30 Jahre Deutsche Einheit

Informationen zu regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen östlichen und westlichen Bundesländern 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung finden Sie in unserem Statistik-Dossier sowie auf unserer Themenseite "30 Jahre Deutsche Einheit".

Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland können über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541), Statistik der öffentlich geförderten Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.09.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Heute, am 29. September findet von der AGF und COFACE Families Europe ein gemeinsames Europäisches Fachgespräch zum Thema "The Child Guarantee – a tool to tackle family poverty?“ statt. Im Rahmen der Gremiensitzungen von COFACE Families Europe, die bereits gestern stattgefunden haben, ist Sven Iversen, Geschäftsführer der AGF, zum Vize-Präsidenten der COFACE gewählt worden. Die bisherige Präsidentin Annemie Drieskens vom belgischen Familienverband Gezinsbond sowie die zweite Vize-Präsidentin Antonia Torrens aus Griechenland wurden in ihrem Amt bestätigt. Neue Schatzmeisterin ist Sylvia Stanic aus Kroatien.

Beim heutigen Europäischen Fachgespräch steht das Thema der sogenannten Kindergarantie im Mittelpunkt. Hinter der Idee der „Kindergarantie“ steht das Ziel der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, für alle Kinder und Jugendliche in fünf zentralen Lebensbereichen Garantien für eine Mindestversorgung zu schaffen. Dabei geht es um die Sicherung des Zugangs von Kindern zu kostenloser medizinischer Versorgung, unentgeltlicher Bildung, kostenlosen Betreuungseinrichtungen, angemessenen Wohnverhältnissen und geeigneter Ernährung. Die Initiative soll insbesondere die Teilhabechancen von Kindern in besonders armutsgefährdeten Familiensituationen, Kindern mit Migrations- oder Fluchterfahrung, Kindern in Heimunterbringung und Kindern mit Behinderung stärken.

Aus Sicht der AGF und COFACE Families Europe ist die Kindergarantie eine vielversprechende Initiative und bietet die Gelegenheit, den Kampf gegen Kinder- und Familienarmut zu verstärken und die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes weiter voranzutreiben.

Dazu diskutieren ca. 30 Expert/innen vor Ort in Berlin und weitere 90 Expert/innen, die per Videokonferenz dieser Tagung zugeschaltet werden. Eine Grußwort hält Nicolas Schmidt, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration in der Europäischen Kommission. Dieses steht bereits als Videobotschaft inklusive Transkription auf der Website von coface Families Europe zur Verfügung: http://www.coface-eu.org/consumers/children/kick-off-video-address-to-citizens-by-european-commission-for-jobs-and-social-rights-nicolas-schmit-full-speech-transcript/.

Im Zentrum der Veranstaltung stehen die Vorstellung einer Machbarkeitsstudie zur Implementierung der Kindergarantie sowie die Fragen wie die Kindergarantie aus der Sicht von Familien gestaltet werden muss und wie nationale Ansätze der Implementierung der Kindergarantie aussehen könnten. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Website unter https://www.ag-familie.de/news/1598344330Veranstaltung_Kindergarantie.html, wo auch im Nachgang der Veranstaltung eine Zusammenfassung der Diskussionen eingestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 29.09.2020

Corona-Krise stellt auch für die soziale Infrastruktur in Deutschland einen „nie dagewesenen Stress-Test“ dar

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) eine befristete Verlängerung der Schutzschirme für Träger sozialer Dienste über den 31. Dezember 2020 hinaus. „Die bisherigen Schutzpakete mit dem SodEG und dem Krankenhausentlastungsgesetz haben erheblich dazu beigetragen, dass die vielfältige Infrastruktur an sozialen und gesundheitsbezogenen Leistungen zum großen Teil aufrechterhalten werden konnte. Diese Schutzschirme laufen jedoch alle spätestens zum Jahresende 2020 aus. Deshalb brauchen wir hier dringend eine Lösung“, sagt BAGFW-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

Die Corona-Krise stellt auch für die soziale Infrastruktur in Deutschland nach Einschätzung der BAGFW einen „nie dagewesenen Stress-Test“ dar. Auf allen Ebenen der Wohlfahrtsarbeit werde versucht, Dienste und Hilfen in möglichst großem Umfang und zum Teil in veränderter Form aufrecht zu erhalten. Betretungsverbote und andere pandemiebedingte Vorgaben hätten jedoch Einschränkungen vieler Angebote und Mehraufwendungen für die Träger unvermeidbar mit sich gebracht. „Steigende Infektionszahlen zeigen, dass die Corona-Pandemie noch längst nicht überwunden ist. Der Gesetzgeber geht zu Recht für das Jahr 2021 nach wie vor von nicht unerheblichen Einschränkungen des Privat- und Wirtschaftslebens aus. Aus diesem Grunde werden aktuell durch die Bundesregierung Regularien für das Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht getroffen, die den betroffenen Rechtsformen Planungssicherheit bis zum 31. Dezember 2021 geben. Derartige Vorkehrungen sind auch für die Sicherung der sozialen Infrastruktur und die Erbringung sozialer Dienstleistungen unabdingbar“, sagt BAGFW-Präsidentin Hasselfeldt.

Zum Beispiel hätten Reha-Einrichtungen und Einrichtungen des Müttergenesungswerkes im Corona-Regelbetrieb wegen des Abstandsgebots eine stark verringerte Auslastungsquote in einer Spanne von 50 bis 80 Prozent gegenüber normal 95 Prozent. Zugleich hätten sie Mehraufwendungen für mehr Personal sowie erhöhte Sachkosten für Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu tragen. „Vor allem die kleineren Rehaeinrichtungen werden ohne Absicherungen insolvent gehen und könnten dann die Klienten nicht mehr versorgen“, sagt Hasselfeldt. Problematisch sei die Situation vor allem auch für Einrichtungen, die sich um Wohnungslose und obdachlose Menschen kümmern, sowie für Schuldnerberatungsstellen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Wenn die aktuelle Pandemie tatsächlich überwunden ist, brauchen wir jenseits der aktuellen Schutzschirme nachhaltige Regelungen zur Absicherung der sozialen Infrastruktur in den Sozialgesetzbüchern bei künftigen Pandemien. Denn auch für die Zukunft müsse damit gerechnet werden, dass sich pandemische Situationen wiederholen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.10.2020

Während die Corona-Fallzahlen wieder steigen, ist der Rettungsschirm für medizinische Kuren nach § 111d SGB V ausgelaufen: Es gibt keine Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Belegungsausfälle mehr. Das bedroht die Vorsorge- und Rehakliniken existenziell.

„Die Kliniken agieren bereits seit Monaten an der finanziellen Belastungsgrenze: Sie schultern Mehrausgaben wegen erhöhter Material- und Personalaufwände auf Grund der Hygieneauflagen und können gleichzeitig deutlich weniger Einnahmen erwirtschaften, weil sie nicht voll belegen können“, erklärt dazu Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstands, „die Situation ist alarmierend. Sollte erneut der Fall eintreten, dass Einrichtungen für längere Zeit geschlossen werden müssen oder sollten sich die kurzfristigen Absagen oder vorzeitigen Abreisen noch verstärken, wird das finanziell für viele Kliniken nicht mehr aufzufangen sein.“

Gerade jetzt seien diese Einrichtungen ganz besonders gefordert, so Döcker weiter, denn insbesondere Familien in prekären Lebenslagen stelle die Pandemie vor große Herausforderungen: „Für Familien mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen kann es besonders belastend sein, den Alltag in Zeiten der Pandemie zu meistern. Das gilt gerade, wenn sie zusätzlich von Armut betroffen sind, wegen der Pandemie finanzielle Einbußen verkraften oder Pflege- und Lohnarbeit neu organisieren müssen. Viele von ihnen stehen unter hohem Druck und sind auf Kur-Angebote der Kliniken angewiesen.“

Vorsorge- und Rehakliniken erhielten bis zum 30.09.2020 max. 60% Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Ausfälle. Seitdem gibt es nur noch einen Zuschlag für Corona-bedingte Mehraufwendungen für Hygiene- und Organisationsmaßnahmen. Viele Kliniken hatten aber bereits vor September den Betrieb wieder aufgenommen. Die Mehrausgaben aus dieser Zeit sind nicht vom Zuschlag abgedeckt. Er ist zudem begrenzt bis zum 31.12.2020. Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert, dass diese Befristung angesichts der Pandemieentwicklung nicht haltbar sei.

Brigitte Döcker: „Die Pandemie wird nicht zum Jahresabschluss am Silvesterabend beendet sein. Nach allen derzeitigen Prognosen werden wir noch monatelang mit ihren Auswirkungen zu tun haben. In, aber auch nach der Krise brauchen Mütter, Väter und pflegende Angehörige Vorsorge- und Rehamaßnahmen dringend. Der Zuschlag für Mehrausgaben muss deshalb rückwirkend ab dem Zeitpunkt gezahlt werden, ab dem die Kliniken tatsächlich wieder öffneten, und über das Jahresende hinausgehen. Dasselbe gilt für den Rettungsschirm: Wird er nicht verlängert, droht eine Schließungswelle. Fallen die Kliniken und ihr Gesundheitsangebot weg, stehen Familien allein da. Das dürfen wir nicht hinnehmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.10.2020

Der europäische Dachverband der Seniorenorganisationen, AGE Platform Europe, und die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen begrüßen die Ratsschlussfolgerungen „Menschenrechte, Teilhabe und Lebensqualität älterer Menschen im Zeitalter der Digitalisierung“. Diese wurden von der deutschen Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union 2020 vorgeschlagen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren stehen ältere Menschen damit im Zentrum einer Entscheidung des Rates der EU.

In einer gemeinsamen Erklärung der Zivilgesellschaft fordern die AGE Platform Europe und die BAGSO die baldige Umsetzung der Schlussfolgerungen. Dies muss die Zuweisung angemessener Budgets und qualifizierter Personalressourcen auf nationaler wie auf EU-Ebene einschließen. AGE Platform und BAGSO begrüßen den vorgesehenen 5-Jahres-Aktionsplan, der die Autonomie älterer Menschen stärken und ihre aktive Beteiligung an der Gestaltung eines Europas für alle Generationen fördern soll.

„Die zunehmende Digitalisierung bringt enorme Chancen und Herausforderungen für das Leben im Alter mit sich. Wir fordern die deutsche Ratspräsidentschaft und alle anderen europä-
ischen Regierungen auf, bei ihren künftigen politischen Maßnahmen insbesondere die digitale Kluft zu beachten, die innerhalb der älteren Bevölkerung besteht“, sagte Dr. Heidrun Mollenkopf, Mitglied im Vorstands der BAGSO und Vizepräsidentin der AGE Platform Europe.

„Alle älteren Menschen müssen das Recht auf Zugang zu digitalen Informationen, Diensten und sozialen Netzwerken haben, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, ihrer Wohnform oder ihrem Wohnort. Um die gleichberechtigte Anwendung der Menschenrechte auf alle älteren Männer und Frauen zu gewährleisten, sind neue Gesetze auf nationaler und globaler Ebene erforderlich“, so Mollenkopf.

Die Erklärung der Zivilgesellschaft zu den EU-Ratsschlussfolgerungen wurde auf einer zweitägigen internationalen Konferenz zum Thema "Die Rechte älterer Menschen in Zeiten der Digitalisierung" abgegeben. Die Konferenz wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der AGE Platform Europe und der BAGSO organisiert. An ihr nahmen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission und mehrerer EU-Mitgliedstaaten sowie Repräsentanten von europäischen Seniorenorganisationen teil.

Gemeinsame Erklärung von AGE Platform Europe und BAGSO

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 29.09.2020

Internationale Konferenz ruft Europäische Union zum Handeln auf

Die Förderung von Menschenrechten im Alter steht im Fokus einer heute beginnenden internationalen Online-Konferenz im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Eines der Schwerpunkt-Themen ist die Digitalisierung, die durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt worden ist und erhebliche Auswirkungen auch auf das Leben älterer Menschen hat. Dies gilt unter anderem für die soziale Interaktion, den Zugang zu Informationen und die Erbringung von Dienstleistungen. Diese verstärkte Nutzung digitaler Technologien bleibt auch nicht ohne Konsequenzen für unsere Menschenrechte.

Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission und mehrerer Mitgliedstaaten sowie Vertreterinnen und Vertreter europäischer Seniorenorganisationen diskutieren zwei Tage lang darüber, wie ältere Menschen stärker von der Digitalisierung profitieren können. Die Konferenz wird gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der AGE Platform Europe und der BAGSO – der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen – veranstaltet.

„Die Digitalisierung eröffnet große Chancen für die soziale Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben im hohen Alter, auch unter schwierigen Bedingungen. Diese Chancen müssen wir nutzen. Gerade in Zeiten von Corona hat sich gezeigt: Wenn Menschen digital nicht dabei sein können, wächst die Gefahr zu vereinsamen“, betont Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey.

„Damit Menschen jeden Alters die Chancen der Digitalisierung nutzen können, müssen wir dafür sorgen, dass alle mit den notwendigen Geräten und Kenntnissen ausgestattet werden. Auch Ältere. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ältere Menschen auch in Zukunft ihr Recht auf Information, Bildung, soziale Teilhabe, Gesundheit und vieles mehr wahrnehmen können“, so der BAGSO-Vorsitzende Franz Müntefering.

Der Präsident der AGE Platform Europe, Ebbe Johansen, sieht die Konferenz als Möglichkeit des Austausches zwischen Zivilgesellschaft und Politik. „Die Konferenz bietet ein Forum für eine Diskussion, die unserer Meinung nach seit langem notwendig ist. Die Digitalisierung birgt viele Chancen, aber sie kommt nicht ohne einen besseren Schutz unserer Menschenrechte aus. Es liegt in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, Gesetze und Richtlinien zu entwickeln, die digitale Anwendungen für alle zugänglich, freundlich und sicher machen.“

Aufgrund der anhaltenden Pandemie findet die zweitägige Konferenz ausschließlich digital statt. An ihr nehmen unter anderem die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Demokratie und Demografie, Dubravka Šuica, die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, sowie die Unabhängige Expertin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von älteren Personen, Dr. Claudia Mahler, teil.

Die Konferenz läuft von Montag (13:30-16:00 Uhr) bis Dienstag (09:30-12:30 Uhr) und kann live verfolgt werden – nach Anmeldung unter folgendem Link: https://pretix.eu/bmfsfj/AgeingEU2020/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, AGE Platform Europe und BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 28.09.2020

BAGSO fordert Konsequenzen aus der Corona-Pandemie

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ruft dazu auf, die Lebensbedingungen älterer Menschen nachhaltig zu verbessern. In dem Positionspapier „Jetzt erst recht!“ formuliert der Dachverband erste Lehren aus der Corona-Pandemie. Sie habe bestehende Missstände für alle sichtbar gemacht. Reformen sind demnach in der Pflege, in der kommunalen Seniorenarbeit und in weiteren Bereichen der Seniorenpolitik dringend erforderlich.

In der häuslichen Pflege fordert die BAGSO mehr Anerkennung und Unterstützung für pflegende Angehörige, insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Für künftige Krisen sei zwingend zu klären, inwieweit Ausgangs- und Besuchsbeschränkungen in Pflegeheimen zulässig sind. Angemahnt werden zudem bessere Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege, verbunden mit einer Reform der Pflegeversicherung. Ein würdevolles Sterben müsse in allen Versorgungsformen möglich sein, auch in Zeiten einer Pandemie, heißt es in dem Positionspapier.

Die BAGSO ruft außerdem dazu auf, den Zugang älterer Menschen zu digitalen Medien mit einem „Digitalpakt Alter“ sicherzustellen. Im Bereich Engagement und Partizipation brauche es zudem verlässliche Strukturen zur Förderung. Verbessert werden müssten auch die Gesundheitsförderung und der rechtliche Schutz älterer Menschen. Aktivierende kommunale Seniorenpolitik benötige eine verbindliche rechtliche Grundlage und finanzielle Ausstattung.

Die BAGSO appelliert an Politik, Medien und Zivilgesellschaft, die vielfältigen Lebenslagen älterer Menschen ebenso wie ihre Diversität in der öffentlichen Diskussion zu transportieren. Auch in Krisensituationen ist das Recht auf Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung älterer Menschen zu respektieren. „Alte Menschen brauchen keine Bevormundung“, heißt es in dem Positionspapier. „Ihre Stimme und ihr Engagement sind unverzichtbar für den Erhalt einer lebendigen Bürgergesellschaft.“

Zum Positionspapier "Jetzt erst recht!"

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 24.09.2020

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußern sich morgen in einer Pressekonferenz zu Kitas in der Corona-Pandemie. Die Diakonie plädiert für wirkungsvolle Corona- Schutzmaßnahmen und Regelungen in der Kindertagesbetreuung. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Wir müssen alles dafür tun, dass auch bei steigenden Infektionszahlen die Kindertagesbetreuung gesichert bleibt! Die flächendeckende Schließung der Kitas und Schulen zu Beginn der Pandemie hat Familien und den Kindern enorm viel abverlangt. Wir dürfen Eltern nicht noch einmal im Regen stehen lassen und Kinder nicht schon in ihrer frühkindlichen Bildung benachteiligen.

Es ist den engagierten Erzieherinnen und Erziehern zu verdanken, dass mittlerweile alle Kinder wieder in die Kita gehen können. Träger und Einrichtungen haben in dieser schwierigen Zeit einen hervorragenden Job gemacht und die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen wirkungsvoll umgesetzt.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen sind Häufungen in der Kindertagesbetreuung nicht ausgeschlossen. Dazu brauchen wir jetzt ein überzeugendes Konzept mit einheitlichen Regelungen und Maßnahmen in den Bundesländern zum Schutz vor COVID-19-Infektionen in der Kindertagesbetreuung.

Unerlässlich ist eine Teststrategie für alle Bildungseinrichtungen. Es kann nicht sein, dass die Testregelungen für Fachkräfte aus Kitas und das Personal der Schulen unterschiedlich sind. Das sorgt nicht nur für Unklarheit, sondern auch für viel Unverständnis. Durch die Corona-Pandemie hat sich die enge Personalsituation noch verschärft. Um die Corona-Schutzmaßnahmen und Regelungen im Kita-Alltag auch umsetzen zu können und Ausfälle von Fachkräften zu kompensieren, brauchen wir dringend mehr Personal. Wir müssen unbedingt verhindern, dass Einrichtungen wieder komplett schließen müssen. So weit darf es nicht kommen!"

Weitere Informationen: www.diakonie.de/kinderbetreuung

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.10.2020

Anlässlich des Starts der Kältehilfe in vielen deutschen Städten dringt die Diakonie darauf, deren Angebote pandemiefest aufzustellen. Wohnungslose Menschen brauchen gleichermaßen Infektions- wie Kälteschutz, und das verlässlich. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Die Wohnungsnotfallhilfe muss in diesem Winter nicht nur Kälte-, sondern auch Infektionsschutz leisten und im Ernstfall Isolations- und Quarantänemöglichkeiten bieten. Dafür sind zusätzliche Unterkünfte, mehr Personal und die entsprechende Ausrüstung notwendig. Das geht nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln. Durch die Corona-Schutzmaßnahmen sind die Plätze der Kältehilfe dieses Jahr besonders knapp. Sollte es dann noch zu Covid-19-Verdachts- oder Infektionsfällen kommen, ist das organisatorisch und personell nur mit erheblich mehr Aufwand und Ressourcen zu stemmen.

Wir müssen unbedingt verhindern, dass wohnungslose Menschen abgewiesen werden, weil Unterkünfte voll sind oder Isolations- und Behandlungsmöglichkeiten fehlen.

Auch wohnungslose Menschen, die an Covid-19 erkranken, brauchen die Möglichkeit, sich in Ruhe und unter Isolationsbedingungen auszukurieren. Zudem sollte die Kältehilfe raschen Zugang zu Testmöglichkeiten für Menschen mit Symptomen haben. Nur dann können Wohnungslose gut versorgt und mögliche Infektionsketten durchbrochen werden."

Weitere Informationen:

– Überblick Angebote Kältehilfe der Diakonie: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Themenschwerpunkt_PDF/2020_Themendienst_Kaeltehilfe_F.pdf

– Nachgefragt-Interview zu Kältehilfe unter Corona-Bedingungen: https://www.diakonie.de/journal/nachgefragt-kaeltehilfe-braucht-dringend-mehr-plaetze

– Wissen Kompakt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

– Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.10.2020

Während die Corona Pandemie anhält und sich weiter zuspitzt, ist der Schutzschirm für die medizinische Kuren – Rehabilitation und Vorsorge – Ende September ausgelaufen. Bis zum 30. September erhielten die Vorsorge- und Reha-Kliniken bis zu 60 Prozent Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Belegungsausfälle.

Viele Einrichtungen sind nach wie vor in ihrem Betrieb stark eingeschränkt und mit drastischen Mindereinnahmen und Mehrausgaben konfrontiert. Dadurch sind zahlreiche Kliniken akut in ihrer Existenz bedroht. Das trifft in ganzer Härte auf die Einrichtungen des Müttergenesungswerks zu, die ausschließlich von den Krankenkassen belegt werden.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: "Die Kuren für Mütter, Mutter und Kind oder Vater und Kind sind gerade jetzt wichtig, damit Eltern den anstrengenden Alltag unter Pandemie Bedingungen bewältigen können."

Antje Krause, Vorsitzende des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit (EVA): "Durch den Wegfall des Rettungsschirms sind die Kliniken in ihrer Existenz gefährdet. Damit fällt ein wichtiges gesundheitliches und systemrelevantes Angebot für Mütter, Väter und auch pflegende Angehörige weg.

Aber auch Arbeitsplätze und medizinische Kompetenznetzwerke sind in Gefahr."

Die Diakonie Deutschland und der Evangelische Fachverband für Frauengesundheit (EVA) setzen sich dafür ein, dass der Rettungsschirm bis zum 31.März 2021 verlängert wird. Außerdem sollte im Sozialgesetzbuch geregelt werden, dass im Fall einer Pandemie Vereinbarungen zwischen Kostenträger und Leistungserbringer über einrichtungsbezogene Vergütungsanpassungen zu regeln sind. "Die Zukunft der Kurkliniken muss jetzt gesichert werden", so Loheide und Krause.

Um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der Dringlichkeit des Anliegens zu überzeugen, wurde eine Online-Petition gestartet: https://www.change.org/FamilienRettungsschirm

Weitere Informationen und Material zum Download: https://www.eva-frauengesundheit.de/rettungsschirm

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Evangelischer Fachverband für Frauengesundheit e.V. (EVA) vom 13.10.2020

Zum UN-Tag der älteren Menschen am 1. Oktober erinnert Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, daran, älteren Menschen umfassende Teilhabe zu ermöglichen und die ältere Generation als Bereicherung zu sehen. "Menschen ab 60 Jahren in Zeiten der Bedrohung durch das Corona-Virus pauschal als ‚Risikogruppe‘ zu etikettieren und sie besonders abzuschirmen, grenzt aus und beraubt einer Gesellschaft den Erfahrungsschatz der älteren Generation", sagt Maria Loheide.

"Ältere Menschen sind keine homogene Gruppe. Sie sind genauso vielfältig wie die ganze Gesellschaft. Sie haben unterschiedliche Interessen, Talente und Berufe, sind besonders fit oder gesundheitlich eingeschränkt, leben auf dem Land oder in der Stadt, sprechen verschiedene Sprachen und haben vielfältige Erfahrungen.

Diese Vielfalt der Älteren ist wichtig für eine Gesellschaft. Deshalb sollten auch ältere Menschen in allen Bereichen nach ihren eigenen Interessen gefördert und ihre umfassende Teilhabe gestärkt werden", fasst sie die Beobachtungen und Erwartungen der Diakonie zusammen.

Gerade im Lockdown hat sich gezeigt, dass die wichtigen Sozialkontakte auch digital aufrechterhalten werden können. Hier die älteren Menschen mitzunehmen, ist eine Aufgabe des Miteinanders der Generationen. Viele Ältere haben in dieser Zeit mit Unterstützung der jungen Generation zum ersten Mal mit Tablets oder Smartphones kommuniziert und gemerkt, dass es einfacher ist, als sie gedacht haben.

"Brücken zu bauen und Teilhabe für Menschen aller Generationen zu ermöglichen, darin sehen wir unsere Aufgabe als Diakonie", sagt Loheide. "Deshalb setzen wir uns für ein Zusammenleben in Vielfalt ein, in dem Alter als Bereicherung erlebt wird. Die ganze Welt kann von der älteren Generation profitieren!"

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.09.2020

Vielfalt ist Alltag in unserer von Einwanderung geprägten Gesellschaft. Gerade jetzt sind Austausch und Dialog wichtiger denn je. Trotz Corona brauchen wir Begegnung. Dafür plädiert die Diakonie anlässlich der Interkulturellen Woche unter dem Motto "Zusammen leben – zusammen wachsen", die am 27. September beginnt. Bis zum 4. Oktober gibt es in mehr als 500 Städten und Gemeinden Veranstaltungen und Begegnungsformate, die auch in Zeiten von Kontakteinschränkungen durch die Corona-Pandemie funktionieren. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Interkulturelle Vielfalt ist in Deutschland über Generationen gewachsen und Alltag in unserer Gesellschaft. Damit wir in dieser Vielfalt weiter gemeinsam zusammenwachsen, müssen wir uns immer wieder offen begegnen und unser Zusammenleben miteinander organisieren – jede und jeder Einzelne. Die Interkulturelle Woche mit ihren vielfältigen Aktionen und Begegnungsmöglichkeiten hilft uns, das ‚Wir‘ neu zu denken: Sie schafft Raum für gegenseitiges Kennenlernen und bringt Menschen über alle Unterschiede hinweg zusammen. Das war noch nie so wichtig wie jetzt. Auch mit Abstandsgebot können sich Menschen neu begegnen. Denn Begegnungen mit Menschen helfen am wirksamsten dabei, Vorurteile abzubauen. Vielfalt darf unsere Gesellschaft nicht trennen, Vielfalt muss uns verbinden. Daran wirkt die Diakonie nicht nur im Rahmen der Interkulturellen Woche mit, sondern daran arbeiten wir tagtäglich."

Zum Hintergrund:

Die Interkulturelle Woche (IKW) ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Seit 1975 findet sie jährlich bundesweit statt. Jeweils Ende September wird sie von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Integrationsbeiräten und -beauftragten, Migrantenorganisationen, Religionsgemeinschaften und Initiativgruppen ausgerichtet. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto "zusammen leben – zusammen wachsen". Vom 27. September bis 4. Oktober beteiligen sich auch diakonische Träger an der Arbeit für mehr Teilhabe. Insgesamt werden in mehr als 500 Städten und Gemeinden rund 5.000 Veranstaltungen durchgeführt.

Weitere Informationen:

http://www.interkulturellewoche.de/

https://vimeo.com/449194328

https://vimeo.com/458964141/e840fc7268

Die Diakonie ist in vielen Kommunen maßgeblich an der Organisation und Koordination der IKW beteiligt. Beispiele für diakonische Aktivitäten:

– Diakonie Odenwald: https://www.diakonie-odenwald.de/ikw/

-Diakonie Meißen: http://www.diakonie-meissen.de/aktuelles_interkulturelle_wochen_de.html

– Diakonie Mannheim: https://www.diakonie-mannheim.de/aktuelles-detail.html?ne_id=2842&ev_hide=1&backLink=%2F

Datenbank zu allen Veranstaltungen: http://www.interkulturellewoche.de/datenbank

Themenschwerpunkt Interkulturelle Öffnung der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/interkulturelle-oeffnung

Kennen.Lernen. Eine Initiative für Vielfalt und Begegnung der Diakonie Deutschland: www.diakonie-kennenlernen.de

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.09.2020

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) setzt sich für reproduktive Rechte aller Frauen in Deutschland ein und weist regelmäßig auf Reformbedarfe hin. Heute, am 4. Oktober 2020, lädt der djb unter strenger Beachtung der Hygieneregeln ein zur Matinée im Kino Hackesche Höfe in Berlin. Gezeigt wird „Never Rarely Sometimes Always“ – auf der diesjährigen Berlinale mit dem Großen Preis der Jury und auf dem Internationalen Sundance Filmfestival ausgezeichnet. Anschließend spricht djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig mit Dr. Sina Fontana, Vorsitzende der djb-Kommission für „Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung“, Akademische Rätin, Georg-August-Universität Göttingen und Prof. Dr. Daphne Hahn, Professorin für Gesundheitswissenschaften und empirische Sozialforschung, Leiterin des Promotionszentrums Public Health, Hochschule Fulda, über das Thema des Films: Stig-matisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und die damit verbundenen Probleme rund um weibliche Selbstbestimmungsrechte und Gesundheitsversorgung.

„,Never Rarely Sometimes Always‘ zeigt eindrücklich die Hürden, die Recht und Gesellschaft einer ungewollt schwangeren Frau in den Weg legen können. Ich sehe viele Parallelen zu Deutschland, denn auch hier besteht Reformbedarf. Die Diskussion um § 219a StGB gehört im Wahljahr 2021 verstärkt auf die Tagesordnung, ebenso wie der rechtliche Umgang mit Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen und Arztpraxen.“, fordert die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.

„Die freie Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft ist elementarer Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es gehört zur Schutzpflicht des Staates, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können.“, erläutert Dr. Sina Fontana.

„Ich bin froh, dass mit diesem und anderen Filmen zum Schwangerschaftsabbruch Fragen auf den Tisch kommen, die für die Situation in Deutschland dringend diskutiert werden müssen. Dazu gehören Fragen der medizinischen Versorgung, Verhütung, medizinischen Ausbildung zum Schwangerschaftsabbruch, aber auch das große Thema Stigmatisierung des Abbruchs.“, betont Prof. Dr. Daphne Hahn.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.10.2020

Die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ waren trotz Corona-Krise ein voller Erfolg: In den letzten Wochen standen deutschlandweit vielerorts die Elterntaxis still. Mehrere zehntausend Kinder waren dem Aufruf des Deutschen Kinderhilfswerkes, des ökologischen Verkehrsclub VCD und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) gefolgt und sind während der Aktionstage unter dem Motto „Besser ohne Elterntaxi!“ zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad zur Schule oder zum Kindergarten gekommen. Zusammen mit ihren Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern lernten die Kinder dabei, wie sie sich selbstständig sicher im Straßenverkehr bewegen können und warum ein Zuviel an Autoverkehr schlecht für das Klima und die Sicherheit der Kinder ist.

„Wir freuen uns sehr über die rege Beteiligung an den Aktionstagen, vor allem natürlich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen. Das zeigt uns ganz deutlich, wie relevant unser Thema ist. Zunehmend entsteht ein Bewusstsein dafür, dass wir unseren Kindern keinen Gefallen tun, wenn wir sie im Auto kutschieren. Bewegung an der frischen Luft tut dem Nachwuchs gut, nebenbei lernen die Kleinen sich sicher im Verkehr zu bewegen und für die Umwelt ist auch viel gewonnen, wenn immer mehr Familien das Elterntaxi stehen lassen“, sagt Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD.

Die besten Projektideen haben der VCD, VBE und das Deutsche Kinderhilfswerk mit bewegungsfördernden Pausenhofsets ausgezeichnet, bestehend aus umfangreichen Ball-Sets, Soft-Wurfscheiben, Springseilen oder Mini-Badminton-Sets. Der erste Platz geht an die „Aktionswoche: Sicherheit auf dem Weg zur Schule“ der Grundschule am Rüdesheimer Platz in Berlin-Wilmersdorf. Hier wurde mit Unterstützung des Berliner Senats anlässlich des autofreien Tages die zur Schule führende Straße für Autos gesperrt und in eine temporäre Spielstraße umgewandelt. Auf Platz zwei landete die Aktion „Schulweg“ der Berliner Grundschule auf dem Tempelhofer Feld, wo am „Zu-Fuß-zur-Schule-Tag“ eine Demonstration für eine Schulstraße durchgeführt wurde. Mit ihrer Aktion „Gut sichtbar den neuen Schulweg erkunden“, bei der bereits seit vergangenem Schuljahr nach konkreten und langfristigen Lösungen für das Verkehrschaos vor der Schule gesucht wurde, hat es die Professor-Ecker-Schule Lisdorf aus Saarlouis auf Platz drei geschafft.

„Schon der Weg zur Schule ist essenziell für den weiteren Verlauf des Tages. Bildung beginnt nicht an der Tür zum Klassenzimmer und hört dort auch nicht auf. Die selbstständige Bewältigung des Schulweges macht nicht nur einen frischen Kopf und kanalisiert die überschüssigen Energien von Kindern, sondern ist auch der Weg zu Orientierung, Kommunikation, freiem Spiel, Naturerfahrung und letztlich Identifikation mit dem Heimatort“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Vor immer mehr Schulen entstehen gefährliche Situationen durch die Praxis, Kinder mit dem Auto vor das Schultor zu fahren. Das birgt nicht nur ein Risiko für andere Kinder, sondern führt auch dazu, dass sich das eigene Kind schlechter orientieren kann als Gleichaltrige. Eine geeignete Alternative wären Elternhaltestellen, die ein Stück entfernt vom Eingang liegen, sodass die Situation vor der Schule sicherer wird. Noch besser wäre, die Infrastruktur auf dem Schulweg zu verbessern und so dazu beizutragen, dass noch mehr Kinder den Schulweg zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad bestreiten. Hier ist die Politik in der Pflicht“, sagt Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE.

Die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ standen unter der Schirmherrschaft von Dr. Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Botschafterin der Aktionstage war Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes.

Weitere Informationen:

Aktionstage „Zu Fuß zur Schule“: www.zu-fuss-zur-schule.de Tipps für den sicheren Schulweg: www.vcd.org/sicher-zur-schule.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 06.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesschülerkonferenz fordern im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, auch die Interessen und Bedarfe der rund 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland in den Fokus ihrer Beratungen zu stellen. Aus Sicht der beiden Organisationen kann das nur mit einer umfassenden Beteiligung der Schülerinnen und Schüler gelingen. Diese Beteiligung muss sowohl auf Landesebene über die jeweiligen Landesschülervertretungen als auch direkt in den Schulen durch die bereits gegebenen Strukturen sichergestellt werden. Gleichzeitig sollten bei Bildungsgipfeln alle Einrichtungen der Bildungslandschaft mitgedacht und einbezogen werden, also Bildungsangebote in Schulen, Ausbildung und im non-formalen Bereich.

Praxisnahe Konzepte

Beratungen auf Bundesebene, wie beispielsweise der Schulgipfel in der letzten Woche im Bundeskanzleramt, dürfen nicht ohne Beteiligung der direkt Betroffenen stattfinden. Nur so können neben dem Gesundheitsschutz und den Interessen von Landesregierungen und Kultusbehörden auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt und Anregungen sowie Bedenken der Schülerinnen und Schüler bestmöglich mit einbezogen werden. Die Fachkräfte im Bildungsbereich gehören mit ihren Interessensvertretungen zwingend ebenfalls an den Beratungstisch.

„Als direkt Betroffene der Maßnahmen bekommen wir die Auswirkungen im Schulalltag direkt und deutlich zu spüren. Schülervertreter wissen, wie es vor Ort läuft und haben die nötige Nähe zur Praxis, die in manchen Entscheidungen und Debatten in der Politik fehlen. An vielen Stellen läuft es einfach noch nicht rund. Evaluationen und Verbesserungen der Konzepte gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern durchzuführen und abzustimmen ist daher wichtiger denn je”, so Vertreter der Bundesschülerkonferenz.

„Als hätten wir aus den letzten Monaten nichts gelernt, steuern wir sehenden Auges in ein bildungspolitisches Corona-Desaster. Nach einer besorgniserregenden Vernachlässigung der Interessen von Schülerinnen und Schülern in den letzten sechs Monaten muss die Frage erlaubt sein, was Politik und Verwaltungen getan haben, um diesen Herbst und Winter erneute Schulschließungen zu vermeiden. Wir brauchen beispielsweise alternative Räumlichkeiten für den Schulunterricht, die eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen ermöglichen. So begrüßenswert finanzielle Zusagen für technische die Ausstattung von Schulen sein mögen, muss die Handlungsfähigkeit von Schulen auch über bürokratiearme, praxisnahe Formen der Lehr- und Lerndigitalisierung und vor allem personelle Aufstockungen unterstützt werden. Darauf zu hoffen, dass es schon nicht so schlimm werden wird, dass die Pandemie bald überstanden ist oder die Eltern mit einspringen werden, kann nicht die Lösung für die Herausforderungen im Schulbetrieb sein“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Langfristige und nachhaltige Konzepte durch Expertenrat – Schließungen vermeiden Umfassende Konzepte sind notwendig, um bei weiter steigenden Infektionszahlen kompletten Schließungen der Bildungseinrichtungen unbedingt vorzubeugen. Notwendig ist dazu ein konzertiertes Vorgehen durch einen Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um eine regelmäßige Abstimmung und den Erfahrungsaustausch, das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten.

Selbständiges und digitales Lernen der Schülerinnen und Schüler stärken Aus Sicht von Bundesschülerkonferenz und Deutschem Kinderhilfswerk funktioniert in der jetzigen Krisensituation die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern meist schlechter als sonst. Unabhängig von potenziellen massiven Einschränkungen eines Regelbetriebs müssen jetzt bereits Bedingungen für eine gerechte digitale und datensouveräne Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen an Bildungsangeboten in Schulen, Ausbildung und im non-formalen Bereich geschaffen werden. Neben der Beteiligung braucht es aus Sicht der Organisationen kreative, nachhaltige und zukunftsfähige Konzepte für Bildungseinrichtungen. Vor allem wenn es darum geht, selbständiges und digitales Lernen der Kinder und Jugendlichen sowie ihre Kapazitäten mit der Krisensituation umzugehen, zu stärken. Alle hier notwendigen Förderprogramme müssen weiterhin an der Perspektive der jungen Menschen ausgerichtet sein.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 29.09.2020

Der Verband ist heute als Sachverständiger im Ausschuss für Inneres und Heimat geladen. Es geht um Änderungen des Freizügigkeitsgesetzes, um unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Zukünftig sollen u.a. auch Familienangehörige nachgezogen werden können, die nicht zur klassischen Kernfamilie gehören. Diese Umsetzung ist längst überfällig und dringend notwendig.

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt daher ausdrücklich, dass erstmalig die Möglichkeit der Einreise und des Aufenthaltes für Lebenspartner*innen von Unionsbürger*innen geschaffen werden soll. Jedoch bleiben die Ausführungen zur Einreise und Aufenthalt anderer nahestehender Familienangehöriger hinter den Erwartungen zurück.

Die geplante Regelung ist so restriktiv gefasst, dass sie nur wenige Unionsbürger*innen betreffen werden. Das Recht auf Einreise und Aufenthalt sogenannter „nahestehender Personen“, wie es die EU-Unionsbürgerrichtlinie vorsieht, wird daher nahezu ins Leere laufen.

Für die Einreise und den Aufenthalt sind mindestens eine zweijährige Unterhaltsgewährung, ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit dem Unionsbürger /der Unionsbürgerin von mindestens zwei Jahren nachzuweisen oder eine Pflegebedürftigkeit, die eine Pflege durch den Unionsbürger resp. die Unionsbürgerin zwingend notwendig macht.

Dabei stellen sich lebenspraktische Fragen der Nachweiserbringung. Wie ist ein Zusammenleben außerhalb Deutschlands nachzuweisen, wenn kein Meldesystem besteht? Wie ist die Unterhaltsgewährung nachzuweisen, wenn Zahlungen nicht über eine Bank erfolgt, was sehr üblich ist, sondern über Verwandte bzw. Vertraute? Weiterhin ist stets eine Krankenversicherung abzuschließen. Solange die “nahestehenden Familienangehörigen” einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ist dies möglich, was ist aber mit Angehörigen, die pflegebedürftig sind?

Der Gesetzentwurf sollte daher überarbeitet werden.

Die juristische Beraterin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, Swenja Gerhard, führt heute in der Anhörung diese Problematiken aus. Die Stellungnahme des Verbandes entnehmen Sie bitte dem Anhang.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 05.10.2020

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften hat heute auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Forderungspapier an die hessische Landesregierung veröffentlicht.

„Es muss aufhören, dass unsere Familien immer wieder als “andere”, “nicht-dazugehörende”, „Fremde“ angesehen und in Schubladen gesteckt werden. Die Familien müssen sich in Deutschland sicher fühlen können. Rassistischen und rechtsextremistischen Übergriffen, Anfeindungen und Gewalttaten muss konsequent entgegengetreten und sie müssen vor Allem verhindert werden. Die hessische Landesregierung ist gut beraten, zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Expertise dabei mit einzubeziehen und gegen strukturellen und institutionellen Rassismus vorzugehen. Für alle Bürger*innen des Landes.“

Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften

Vor dem Hintergrund der Morde von Hanau und an Walter Lübcke sowie den aktuellen Bedrohungen durch den „NSU 2.0“, die auf rechtsextreme Netzwerke in den Landesbe-hörden hinweisen, fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die hessische Lan-desregierung zum Handeln auf. Die Landesregierung müsse Bewegungen für Menschenrechte stärken und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden entgegentreten, heißt es in dem Forderungspapier, das am heutigen Montag bei einer Online-Pressekonferenz vorgestellt wurde.

Die Herausgeber des Forderungspapiers sehen die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und möchten mit seiner Veröffentlichung den Dialog und den Austausch mit der Landesregierung zu diesem Thema vertiefen. Dabei sollen zivilgesellschaftliche Gruppen und insbesondere Betroffenen-Vertretungen stärker als bisher einbezogen werden.

Das Zehn-Punkte-Papier wurde von 13 hessenweit aktiven Organisationen aus unter-schiedlichen zivilgesellschaftlichen Bereichen herausgegeben, mehr als 20 weitere Gruppen haben es bereits unterzeichnet. Gefordert wird darin, dass rechtsextreme Grup-pen und Netzwerke aufgelöst und Verfassungsschutz und Polizei reformiert werden. Ein unabhängiges Expert*innengremium solle die Bekämpfung von Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierung begleiten, steuern und evaluieren. Das Land solle die Repräsentanz aller gesellschaftlicher Gruppen in allen gesellschaftlichen und politischen Lebensbereichen und in leitenden Funktionen in der öffentlichen Verwaltung fördern und das Demokratiebewusstsein im öffentlichen Dienst stärken.

Weitere Forderungen sind, Anti-Rassismus und Anti-Diskriminierung gesetzlich zu verankern und eine unabhängige Beschwerdestelle für polizeiliches Fehlverhalten einzurichten. Opfer von rechtsextremer und rassistischer Gewalt müssen unterstützt, gefährdete Einrichtungen wie Moscheen und Synagogen geschützt werden.

Schulen sollen zur umfassenden Bildung und Werteorientierung für ein antirassistisches und solidarisches Zusammenleben in der Gesellschaft beitragen. Demokratie-Projekte müssen ausreichend und dauerhaft gefördert werden.

Herausgegeben haben das Papier die folgenden Organisationen und Gruppen: agah – Landesausländerbeirat, Aufstehen gegen Rassismus, Bildungsstätte Anne-Frank, Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – Landesverband Hessen, Hessischer Flüchtlingsrat, LAG Mädchen*politik, LandesFrauenRat Hessen, NaturFreunde Hessen, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., Verband Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Hessen, VVN-BdA – Landesvereinigung Hessen und der Zentralrat der Muslime in Deutschland – Landesverband Hessen.

Zu den mehr als 20 Unterzeichnenden des Forderungspapiers zählen Organisationen aus der sozialen Arbeit, dem Kultur- und Jugendbereich ebenso wie antifaschistische und antirassistische Initiativen.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 28.09.2020

Beschlüsse des digitalen 32. Verbandstags des LSVD

Am Samstag, den 10. Oktober 2020, fand unter dem Motto „Frei und sicher leben“ digital der 32. LSVD-Verbandstagstatt. Schwerpunkt war der Kampf gegen homophobe und transfeindliche Hasskriminalität. Laut Bundesregierung gab es 2019 mindestens 564 Fälle von Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI), darunter 147 Gewalttaten. Die Dunkelziffer wird von offizieller Seite mit bis zu 90% angegeben. Trotzdem ist diese Gewalt auf keiner innen- und kriminalpolitischen Agenda.

Nach einer Videobotschaft des Präsidenten des Bundeskriminalamtes Holger Münch diskutierten der Berliner Kriminaldirektor Wolfram Pemp, Şefik_a Gümüş (Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben, Schwule und Trans* in NRW), LSVD-Bundesvorstand Günter Dworek und Roman Heggli (Pink Cross, Schweiz), wie dem Kampf gegen LSBTI-feindliche Gewalt effektiv begegnet und das Anzeigeverhalten sowie die Erfassung bei diesen Taten verbessert werden können.

In einem anschließenden Beschluss fordert der LSVD neben Sofortmaßnahmen im staatlichen Handeln und der Gesetzgebung die Einsetzung einer Expert*innen-Kommission durch die Bundesregierung. Diese soll eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeiten sowie Empfehlungen für einen Nationalen Aktionsplan entwickeln. Bestandteil dieses Aktionsplans muss ein Bund-Länder-Programm gegen LSBTI-feindliche Gewalt sein.

Mehr Solidarität mit polnischen LSBTI fordert der LSVD in einem weiteren Beschluss. In Polen findet ein Kulturkampf mit immer bedrohlicheren Auswirkungen auf LSBTI statt. Die Regierungspartei PiS, Bischöfe der katholischen Kirche und Initiativen christlich-fundamentalistischer Gruppen dämonisieren LSBTI als Gefahr für Kinder, Familien und die polnische Identität. Die deutsche Bundespolitik hält sich mit Kritik aber weitgehend zurück. Das anstehende 30jährige Jubiläum des Deutsch-Polnischen Vertrags muss jedoch genutzt werden, diesem menschenverachtenden Treiben ein Ende zu setzen und die Zusammenarbeit und Unterstützung mit allen progressiven, liberalen und menschenrechtsorientierten Kräften zu intensivieren. Das gilt ebenfalls für die länderübergreifende Kulturarbeit, die über 300 bestehenden Städte- und Gemeindepartnerschaften sowie den binationalen zivilgesellschaftlichen Austausch.

Bei den Wahlen zum Bundesvorstand wurden Günter Dworek, Henny Engels, Christian Rudolph und Stefanie Schmidt wiedergewählt, neugewählt wurden Patrick Dörr und André Lehmann. Weiterhin gehören dem nun zehnköpfigen ehrenamtlichen Gremium die 2019 für eine zweijährige Amtszeit gewählten Axel Hochrein, Gabriela Lünsmann, Helmut Metzner und Alfonso Pantisano an.

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Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 13.10.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 27.Oktober 2020

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Gelingende gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen benötigt zwei tragende Säulen: die materielle Absicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums und ein bedarfs- und chancengerechtes Infrastrukturangebot in ihrem Umfeld. Ziel muss es sein, Kindern ein möglichst selbstbestimmtes Leben und eine individuell angepasste Förderung zu garantieren, unabhängig von der Höhe des Familieneinkommens und den Gegebenheiten am Wohnort. Bisher ist es in weiten Teilen Deutschlands noch nicht gelungen, Kindern aus armutsbetroffenen Familien gleiche Chancen zu ermöglichen. Es scheitert am fehlenden Angebot, den Kosten oder den bürokratischen Hürden.

Das Fachgespräch will eine Übersicht liefern, welche Pass-Systeme bisher existieren, die sich in Bezug auf Anbietende, Adressierte und Leistungskatalog sowie Voraussetzungen der Inanspruchnahme und Geltungsbereich stark unterscheiden. Mit Hilfe einer Systematisierung der verschiedenen Modelle sollen die Potenziale von Pass-Systemen für die Verbesserung von Kinderteilhabe dargestellt und umsetzungskritische Aspekte aufgezeigt werden. Ausgehend von guten Praxisbeispielen soll zudem dargestellt werden, wie deren flächendeckende Nutzung zur verbesserten Teilhabe von Kindern beitragen kann.

Im Zentrum unserer Diskussionen steht dabei die Frage, inwieweit Pass-Systeme das Potential haben, die Nutzung der bestehenden BuT-Leistungen zu vereinfachen, sie sinnvoll zu ergänzen und auszubauen. Wir diskutieren, wie Pass-Systeme dazu beitragen können, vor Ort ein breiteres und zielgruppengerechteres Angebot zu bieten und ob die Idee eines bundesweit einsetzbaren Kinderteilhabepasses hilfreich wäre. Zudem überprüfen wir, welche Faktoren in den Bereichen Information, Antragsverfahren, Gültigkeitsbereich, Technik sowie Datenschutz relevant sind, damit Pass-Systeme wirksamer eingesetzt werden können.

Mit Inputs von:

  • Franziska Brantner, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Petra Budke, MdL, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, Sprecherin für Bildung, Kinder, Sport, Medien und Religion
  • Birgit Duden, Stadt Oldenburg, Fachdienst Besondere Soziale Hilfen/Amt für Teilhabe und Soziales
  • Lutz Foth, Sozialamt Landeshauptstadt Stuttgart
  • George Wyrwoll, Unternehmenskommunikation und Regierungsbeziehungen Sodexo Pass GmbH

Moderation & Fachkontakt

Dorothee Schulte-Basta, Referentin Sozialpolitik, Heinrich-Böll-Stiftung, E. schulte-basta@boell.de

Nina Ohlmeier, Abteilungsleiterin Politische Kommunikation, Deutsches Kinderhilfswerk, E. ohlmeier@dkhw.de

Wir bitten um Anmeldung bis zum 21. Oktober 2020 unter https://calendar.boell.de/de/civi_register/141689

Sie haben bereits konkrete Fragen zu dieser Thematik oder an unsere Referent/innen?

Dann schicken Sie bis zum 12. Oktober 2020 eine Mail an: Tmnit Zere, zere@boell.de.

Weitere Fragen können Sie natürlich auch während der Veranstaltung stellen.

Das böll.brief „Passgenau? Bessere Kinderteilhabe durch Pass-Systeme“ steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Termin: 29.Oktober 2020

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unterstützt seit Jahren eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Kinder- und Jugendsport. 2003 initiierte sie den Kinder- und Jugendsportbericht, der die aktuelle Situation im Kinder- und Jugendsport darlegt und Handlungsempfehlungen für Politik, Verbände, Vereine und Schulen gibt. Seitdem wurden Schwerpunktthemen wie Kinder- und Jugendsport im Umbruch oder Bewegung und Sport von Kindern bis zu zwölf Jahren intensiv aufgearbeitet. Der Vierte Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht, der im Oktober 2020 erscheint, befasst sich mit den Themen Leistung, Gesundheit und Gesellschaft. Darin werden aktuelle Fragestellungen beleuchtet, wie z. B. die positive Wirkung von Sport auf chronisch erkrankte Kinder oder das Konzept der Physical Literacy als ganzheitlichen Ansatz der kindlichen Bewegungsförderung, in dem neben Partizipation, motorischen Fähigkeiten auch Motivation und Selbstwirksamkeit zusammengefasst werden.

Podiumsdiskussion zum Thema "Kinder- und Jugendsport" am 29. Oktober, 18 Uhr

Mit Prof. Dr. Christoph Breuer, Dr. Eckart von Hirschhausen, Pauline Grabosch, Tim Reichert und Alfons Hörmann im Live-Stream, moderiert von Julia Scharf.

Der Live-Stream beginnt am 29. Oktober um 18 Uhr.

Die Veranstaltung wird auch auf dem neuen Instagram-Kanal „kruppstiftung“ übertragen. Schauen Sie rein unter https://www.instagram.com/kruppstiftung/ und folgen Sie uns!

Termin: 04. und 18. November 2020

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Konflikte gehören zum Familienleben. In etwa einem Drittel der Ehen erscheinen die Konflikte den Partner*innen so gravierend, dass sie durch Scheidung aufgelöst werden. Betroffen sind in hohem Maße auch die Kinder, in Deutschland sind es jährlich etwa 120.000 minderjährige Kinder.

Gerichtliche Scheidungs- oder Sorgerechtsverfahren stellen in Trennungsprozessen wichtige Ereignisse mit weitreichenden Folgen dar. Dies gilt unabhängig der Ausgestaltung der Rechtsstrukturen in einem Staat. In jedem Fall ist eine gelingende Kooperation zwischen beratenden / unterstützenden Angeboten für Familien und gerichtlichen Akteuren für möglichst konfliktarme Trennungs- / Scheidungsprozesse von hoher Bedeutung.

Die gemeinsame Webinar-Serie von ICCFR und AGF betrachtet vor diesem Hintergrund einige bestehende Rechtssysteme und Lösungsansätze in verschiedenen Staaten. Expert/innen aus diversen Staaten sowie mit verschiedenen Professionen diskutieren vor dem Hintergrund ihrer Rechtsstrukturen Möglichkeiten, Familien in dem Trennungsprozess zu unterstützen.

Die Webinar-Serie wird online mit Zoom durchgeführt und besteht aus drei Sessions, die jeweils unterschiedlichen globalen Zeitzonen angepasst sind. Alle Webinar-Sessions werden aufgezeichnet, sodass allen angemeldeten Teilnehmenden alle drei Sessions zur Verfügung stehen. Termine für Teilnehmende aus Deutschland finden an folgenden Daten statt:

•Mittwoch, 04. November 2020: 17:00 – 19:00 Uhr
•Mittwoch, 18. November 2020: 10:00 – 12:00 Uhr

Die Beiträge dieser beiden Sessions werden simultan deutsch / englisch übersetzt. Eine dritte Session findet am 11. November statt, sie ist jedoch auf die asiatisch / amerikanische Zeitzone ausgerichtet. Als registrierte Teilnehmende können Sie die Aufzeichnung der Session im Nachgang und zur Vorbereitung für den 18. November ansehen. Das Gesamt-Programm zur Webinar-Serie finden Sie im Anhang. Die Teilnahme ist kostenlos.

Zur Anmeldung nutzen Sie bitte

-die Website der ICCFR: https://iccfr.org/webinars-2020/webinar-2020-registration/ oder
-eine einfache Email an: anmeldung@ag-familie.de mit der Angabe, an welcher /welchenSession(s)Sie gern teilnehmen möchten.

Termin: 05. November 2020

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Die Digitalisierung verändert unser Leben in allen Bereichen und bringt auch für ältere Menschen Veränderungen und neue Herausforderungen mit. Wie Seniorinnen und Senioren an diese Herausforderungen herangehen, hat die Achte Altersberichtskommission untersucht.

Der Achte Altersbericht „Ältere Menschen und Digitalisierung“ wurde am 12. August 2020 ver-öffentlicht. Er wurde von einigen Akteuren bereits kommentiert. Welche Fragen ältere Menschen und auch Unterstützerinnen und Unterstützer in deren Umfeld haben, wollen wir mit Mitgliedern der Sachverständigenkommission und einem Vertreter der Seniorenabteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einer einstündigen Online-Veranstaltung am 5. November 2020 um 10 Uhr erörtern. Sie haben die Möglichkeit, bei der Anmeldung zur Veranstaltung im Vorfeld Fragen zum Achten Altersbericht auf der Veranstaltungswebsite einzureichen, die im Rahmen der Veranstaltung aufgegriffen werden sollen. Sie können der Diskussion im Livestream auf YouTube folgen.

Anfang Oktober erhalten Sie eine Einladung mit dem konkreten Programmablauf und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie haben dann die Möglichkeit, sich online zum Livestream anzumelden. Gerne können Sie diesen Terminhinweis an Interessierte weiterleiten.

Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) wurde mit der Organisation der Veranstaltung beauftragt. Sollten Sie Fragen zur Organisation der Veranstaltung haben, wenden Sie sich bitte direkt an das Veranstaltungsmanagement unter veranstaltung@bafza.bund.de oder 0221/3673 – 1625.

Bitte wenden Sie sich auch dorthin, wenn Sie diese Ankündigung nicht über einen Mailverteiler bekommen haben und eine Einladung zur Anmeldung erhalten möchten.

Termin: 24. November 2020

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 24. November 2020 die Online-Konferenz „COVID-19 überwinden – gemeinsam Perspektiven für starke Familien entwickeln“ ausrichten wird.

Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedstaaten sowie mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich Familienpolitik soll diskutiert werden, wie die Auswirkungen von COVID 19 auf Kinder und Familien weiter abgemildert bzw. überwunden und gemeinsam Perspektiven für starke Familien in Europa entwickelt werden können.

In vier Fachpanels sollen die finanzielle Stabilität von Familien, gleiche Bildungschancen für alle Kinder, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Bekämpfung von Gewalt in Familien erörtert werden.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich den 24. November 2020 für die Teilnahme an unserer ganztägigen Online-Konferenz vormerken würden.

Eine Einladung mit Weblink, Programm sowie Chat-Anmeldung, um Fragen stellen zu können, erhalten Sie per E-Mail Anfang November.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag zum Thema Kinderarmut unterstreicht das ZFF die Bedeutung von Reformen der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung.

Die Debatte um eine Reform der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung ist in vollem Gange. Der Bundestag diskutiert heute in einer Öffentlichen Anhörung einen Antrag der Fraktion DIE LINKE. "Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen" und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen "Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen". Das ZFF begrüßt diese Entwicklung. Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG fordern wir seit 2009 die Zusammenlegung und einkommensabhängige Auszahlung der pauschal bemessenen monetären Leistungen für Familien.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Das ZFF beurteilt beide Anträge auf Einführung einer Kindergrundsicherung als Meilensteine auf dem Weg zu einer besseren und sozial gerechteren Absicherung von Kindern, Jugendlichen und ihrer Familien sowie für die Sicherung eines Aufwachsens in Wohlergehen. Darüber hinaus enthalten die Konzepte viele Bestandteile des Modells des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG, für das sich das ZFF seit nunmehr elf Jahren einsetzt.

Zudem sind dies nicht die einzigen Vorschläge im politischen Raum, die hierzu vorliegen: Auch die SPD hat ein Konzept für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, einige Landesverbände der CDU haben sich der grundsätzlichen Forderung nach einer Kindergrundsicherung angeschlossen, auf Länderebene wird in diesem Jahr ein Grundsatzbeschluss der Arbeits- und Sozialminister*innenkonferenz (ASMK) zur Kindergrundsicherung erwartet und auch der DGB hat im Sommer 2020 ein eigenes, jedoch sehr ähnliches Konzept vorgelegt.“

Alexander Nöhring fährt fort: „Aus Sicht des ZFF ist es dringend notwendig, diese Dynamik zu nutzen, zügig eine Kindergrundsicherung umzusetzen und die Familienförderung „vom Kopf auf die Füße“ zu stellen. Dabei kommt es jedoch darauf an, dass die neue Leistung für alle Kinder und Jugendliche gilt, in ausreichender Höhe zu Verfügung gestellt wird, nicht hinter dem Status Quo zurückfällt und so einfach wie möglich an alle Kinder und Jugendlichen bzw. an ihre Familien ausbezahlt wird.“

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, wird heute als Sachverständiger bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird zeitversetzt am 6. Oktober um 15 Uhr im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages am 05. Oktober 2020 zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen" sowie zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. "Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen" finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 05.10.2020

Bei der heutigen Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde die gemeinsame Erklärung „Fürsorge ist systemrelevant“ verabschiedet. Darin fordern die Mitglieder die Politik in Bund, Ländern und Kommunen in sechs Zwischenrufen auf, in Krisenzeiten, aber auch für die Zukunft, für eine solidarische und geschlechtergerechte Absicherung von Fürsorgearbeit einzutreten.

„Fürsorge ist systemrelevant!“

In der Corona-Pandemie ist unsere Gesellschaft gefordert wie selten zuvor. Die Erwerbsarbeit wurde im „Lockdown“ entweder nach Hause verlagert oder fand unter großen Herausforderungen statt, um die soziale und technische Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wurde die Betreuung der Kinder, die Begleitung der Schulaufgaben, die Pflege von Angehörigen und die solidarische Nachbarschaftshilfe gestemmt. Dabei waren die Familien weitgehend auf sich alleine gestellt: Die Kindertagesbetreuung und die Schulen liefen nicht im Regelbetrieb und Familienbildung sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe fanden nur unter erschwerten Bedingungen statt. Auch Angebote ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen standen nur eingeschränkt zur Verfügung.

Insbesondere die Kinder und Jugendlichen waren es, die am wenigsten Beachtung gefunden haben mit ihren Bedürfnissen nach Freizeit, Platz zum Spielen und Lernen, Treffen von Freund*innen und einem stabilen und möglichst stressfreien familiären Umfeld.

Zwar wurden Sozialpakete geschnürt, Unterstützungsleistungen im Rahmen des Konjunkturpaketes geschaffen und Rücksicht auf Arbeitnehmer*innen mit Fürsorgeaufgaben genommen. Dennoch zeigt sich, dass die Lasten des „Lockdowns“ sowie die Wirkungen der staatlichen Rettungsschirme ungleich verteilt sind. Aus unserer Sicht ist es nicht nachzuvollziehen, dass die Interessen von Familien, Senior*innen, Frauen und Jugendlichen nicht am Tisch des Krisenkabinetts und der wissenschaftlichen Beiräte besprochen wurden und sie bis heute nur zweitrangig verhandelt werden.

Diese Lücken im Hilfesystem und den Rettungsschirmen sind weiter offen und müssen dringend geschlossen werden.

In dieser Krise, aber auch weit darüber hinaus, fordern wir, die Mitglieder des Zukunftsforums Familie e. V., eine solidarische und geschlechtergerechte Absicherung von Fürsorgearbeit über den gesamten Lebensverlauf hinweg! Dieses setzt einen guten Mix aus Zeit, Geld und Infrastruktur voraus, der dringend abgesichert sein muss – jetzt und in Zukunft.

Dazu zählen für uns:

  1. Zwischenruf: Kinder und Jugendliche dürfen nicht zurückgelassen werden!
  2. Zwischenruf: Rettungsschirme müssen auch über arme Familien gespannt werden!
  3. Zwischenruf: Die Bildung muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen!
  4. Zwischenruf: Frauen und Mütter dürfen nicht die Hauptlast der Krise tragen!
  5. Zwischenruf: Die Pflege von Angehörigen muss endlich gut abgesichert werden!
  6. Zwischenruf: Alle Menschen haben ein Recht auf Familie und Fürsorge!

Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.10.2020

Im Rahmen der heutigen Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde ein neuer achtköpfiger Vorstand gewählt.

Das Zukunftsforum Familie hat einen neuen Vorstand. Die Mitgliederversammlung wählte heute in Berlin Britta Altenkamp aus dem Bundespräsidium der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zur neuen Vorsitzenden. Die MdL und Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Niederrhein war bereits Mitglied im Vorstand des ZFF und setzt sich seit über 20 Jahren auf kommunaler und Landesebene für eine solidarische Kinder-, Jugend- und Familienpolitik ein. Altenkamp folgt auf Christiane Reckmann, die den Verband seit seiner Gründung geleitet und geprägt hat.

Stellvertretende Vorsitzende sind weiterhin die Kita-Fachberaterin Birgit Merkel, stellv. Vorsitzende der AWO Region Hannover e.V., und Dieter Heinrich, Geschäftsführer des Progressiven Eltern- und Erzieherverbandes (PEV) NW e.V.

In ihrem Amt als Beisitzer*innen wurde Anita Leese-Hehmke, Mitglied im Vorstand des AWO Landesverbandes Berlin e.V., bestätigt. Neu in den Vorstand und in das Amt der Beisitzer*innen wurden gewählt: Ines Albrecht-Engel, Mitglied im Präsidium des AWO-Bezirk Hannover e.V, Wolfgang Jörg, MdL und Vorsitzender des AWO Unterbezirks Hagen-Märkischer Kreis e.V., Selvi Naidu, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e.V. und Jürgen Tautz, Geschäftsführer des AWO Kreisverbandes Chemnitz und Umgebung e.V. / AWO Landesverband Sachsen e.V.

Wir gratulieren den Gewählten und freuen uns auf eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit.

Der ursprünglich geplante Festakt zur Verabschiedung von Christiane Reckmann, Wolfgang Stadler (AWO Bundesverband e.V.) und Renate Drewke (AWO Unterbezirk Hagen-Märkischer Kreis e.V.) wird aufgrund der Corona-Pandemie auf das Frühjahr 2021 verschoben. Wir sagen jedoch bereits heute Danke für das herausragende Engagement sowie die wunderbare und intensive Zeit!

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.10.2020

AKTUELLES

Die demokratische (Alltags-)Kultur, Menschenrechte und Gleichstellungspolitik stehen in den letzten Jahren unter Druck. Autoritäre, neurechte und menschenfeindliche Ideologien und Bewegungen gewinnen an Bedeutung – und mit ihnen Antifeminismus. Antifeministische Rhetoriken und Ideen, die sich auf die weibliche Zivilgesellschaft auswirken, haben sich verstärkt.

Um abzubilden, wie das Erstarken dieser Ideologien die Arbeit von Frauenverbänden beeinflusst und verändert, hat der Deutsche Frauenrat die Amadeu Antonio Stiftung beauftragt, bei seinen Mitgliedsverbänden nachzufragen. Entstanden ist daraus die Expertise Auswirkungen von Antifeminismus auf Frauenverbände – Demokratie-Empowerment als Gegenstrategie:

Nach einer Einführung in den Antifeminismus gibt sie Überblick über Berührungspunkte der DF-Mitgliedsverbände und Aggressionen gegen diese. Abschließend werden bewährte Gegenstrategien gebündelt, um sich gegen antifeministische Angriffe besser zur Wehr setzen zu können.

Broschüre als PDF

Im Rahmen eines Psychologie-Masterstudiums an der SRH Hochschule Heidelbergwurde ein Fragebogen erstellt, anhand dessendie Lebenszufriedenheit und die soziale Situation alleinerziehender Vätern erhoben werden soll. Damit sollenvorhandene Problembereiche erforscht undein besseres Bild der Situation alleinerziehender Männer gewonnen werden.

Hier geht es zum Fragebogen: https://www.soscisurvey.de/vaeterforschungsrh2020/

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ZFF-Info

ZFF-Info 10/2020

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Kita- und Schulschließungen und der pandemiebedingte Anstieg des mobilen Arbeitens haben eine neue Dynamik beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Gang gesetzt. Beim Unternehmenstag des Netzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ diskutieren Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer gemeinsam mit DIW-Präsident Prof. Dr. Marcel Fratzscher über die neuen Chancen, die sich für die Vereinbarkeit durch die Krise ergeben.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist systemrelevant und essenziell für eine funktionierende Wirtschaft – das hat sich während der Corona-Pandemie mehr denn je bestätigt. Die Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen mit einer familienorientierten Unternehmenskultur besser für die Herausforderungen der Corona-Krise und für die Zukunft gewappnet sind. Vieles von dem, was in der Pandemie plötzlich möglich war – flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice und innovative Schichtmodelle – hat Potenzial für die Zukunft. Ich danke den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die zusammen mit ihren Beschäftigten neue Lösungen gefunden und gerade in den letzten Monaten viel Kreativität und Durchhaltevermögen aufgebracht haben. Politik und Wirtschaft müssen nun gemeinsam daran weiterarbeiten, Veränderungen für eine bessere Balance von Erwerbs- und Sorgearbeit vorzunehmen.“

DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer: „Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist enorm wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Corona-Pandemie hat erneut gezeigt: Wenn die Betreuung nicht funktioniert, geraten Unternehmen und ihre Beschäftigten unter immensen Druck. Viele Betriebe haben daher bereits die Familienorientierung systematisch in ihre Unternehmensprozesse aufgenommen. Ganz besonders unsere Netzwerkmitglieder wissen, dass sie langfristig davon profitieren.“

Neue Studie vorgestellt

Beim Unternehmenstag stellte Dr. David Juncke von der Prognos AG die Studie „Neue Chancen für Vereinbarkeit! Wie Unternehmen und Familien der Corona-Krise erfolgreich begegnen“ vor. Für die Studie wurden Unternehmen und Eltern repräsentativ befragt. Die Ergebnisse verdeutlichen: Das Bewusstsein der Arbeitgeber für die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in der Krise deutlich gestiegen. Mit der Corona-Krise ergeben sich damit auch neue Chancen:82 Prozent der Unternehmen sagen, dass Kinderbetreuung ein zentraler Faktor für die Produktivität ihres Unternehmens ist.Unternehmen haben sich in der Krise ganz überwiegend als hilfsbereite und verantwortliche Partner der Eltern bewiesen. Drei Viertel der Eltern, die wegen der Kinderbetreuung das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchten, wurde nach dem Gespräch geholfen.Die Mehrheit der Unternehmen unterstützt auch in der Krise aktive Vaterschaft und spricht sich gegen eine Re-Traditionalisierung der Elternrollen aus. Unternehmen sehen, dass für beide Elternteile Vereinbarkeitsfragen sehr relevant sind.

Mehr Informationen zur Studie: www.prognos.com

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ ist mit rund 7.700 Mitgliedern bundesweit die größte Plattform für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren oder interessieren. Das Netzwerk wurde 2007 vom Bundesfamilienministerium und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag gegründet. Mitglied können alle Unternehmen und Institutionen werden, die sich zu einer familienbewussten Personalpolitik bekennen und sich engagieren wollen.

Damit Arbeitgeber und Familien mit den Vereinbarkeitsherausforderungen dieser Zeit besser umgehen können, werden im Rahmen einer Corona-Toolbox Informationen, Empfehlungen und praktische Hinweise zu flexiblen Maßnahmen der Arbeitsorganisation zur Verfügung gestellt. Flankiert wird die Toolbox durch Erfahrungen und gute Beispiele von Mitgliedern aus dem Unternehmensnetzwerk.

Mehr Informationen zum Unternehmensnetzwerk und zur Toolbox finden Sie unter: www.erfolgsfaktor-familie.de/

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.09.2020

Zur heute veröffentlichten Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks zur Lage der Kinder während der Corona-Krise erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:

Es ist gut, dass die Umfrage die schwierige Lage von Kindern seit Beginn der Corona-Krise in den Fokus rückt. Die Rechte von Kindern haben gerade in den ersten Monaten der Pandemie meist keine Rolle gespielt. Eine untragbare Situation. Auch wenn die Lage sich etwas entspannt hat: Die Krise ist nicht vorbei. Die Koalition muss jetzt Regelungen einziehen, um die Rechte und Interessen von Kindern im Falle einer erneuten Verschärfung der Lage von vornherein zu berücksichtigen.

Wir sagen: Kinder aus ärmeren Familien dürfen nicht noch schlechter gestellt werden. Die Bildungschancen von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf dürfen nicht noch weiter sinken. Gewaltschutz und Beratungsangebote für Kinder müssen ausgebaut werden. Hier müssen Geld in die Hand genommen und Strukturen verbessert werden, um Kinder gut und sicher durch die gesamte Pandemiezeit zu bringen.

Kinderrechte gehören endlich ins Grundgesetz. Alle staatlichen Ebenen wären dann eindeutig verpflichtet, das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen, gerade auch in der Krisenzeit. Voraussetzung ist eine starke Formulierung der Kinderrechte in unserer Verfassung. Der Vorschlag der Bundesjustizministerin ist deutlich zu schwach. Ministerin Lambrecht muss hier dringend einen besseren Vorschlag vorlegen, der Kindern auch wirklich einen Mehrwert bringt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

Zur beginnenden Auszahlung des Corona-Kinderbonus erklärt KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Familien und Kinder schultern einen Großteil der Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die Bundesregierung hat die immense Belastung, unter der Familien und Kinder stehen, zuerst monatelang ignoriert, um dann mit dem Corona-Kinderbonus viel zu spät einen Tropfen auf den heißen Stein mit der Gießkanne zu verteilen. Die 300 Euro Corona-Kinderbonus sind zwar besser als nichts – für Familien können sie aber bestenfalls ein Trostpflaster sein.

Denn Familien und Kinder haben auch in der Corona-Krise verlässliche Perspektiven und Rechtssicherheit verdient. Das galt im Lockdown, in dem sie von Kontaktbeschränkungen und Schul- und Kitaschließungen monatelang besonders betroffen waren. Das gilt genauso für die jetzige Phase der Öffnung.

Anstatt es bei symbolischen Einmalzahlungen wie dem Corona-Kinderbonus zu belassen, ist es deshalb dringend geboten, die Situation von Familien und Kindern dauerhaft zu verbessern.

Gerade von Armut betroffene Kinder und Familien brauchen in der Corona-Krise besondere Unterstützung. Damit Kinder aus armen Familien nicht auch noch Verlierer der Corona-Krise werden, fordern wir als Sofortmaßnahme die krisenbedingte Aufstockung des Regelsatzes für Kinder um monatlich 60 Euro und für Erwachsene um 100 Euro.

Da Hartz IV schon vor der Krise kaum zum Leben reichte, muss darüber hinaus dringend die lange überfällige Neuberechnung der Regelsätze der Grundsicherung erfolgen. Und um Kinderarmut endlich effektiv bekämpfen zu können, fordern wir die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Bedarfen der Kinder orientiert und automatisch, ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird.

Um die Situation von Familien mit berufstätigen Eltern zu erleichtern, muss endlich der Fehlschluss, Homeoffice lasse sich im Zweifelsfall mit Kinderbetreuung zuhause gleichsetzen, aufgegeben werden. Deshalb fordern wir eine deutliche Erhöhung der Kinderkrankentage sowie die Einführung eines Corona-Elterngeldes für Berufstätige, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen, über die tatsächliche Dauer der Betreuung. Denn gerade sie brauchen dringend Jobsicherheit und das Recht auf eine flexible Reduzierung ihrer Arbeitszeit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.09.2020

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt den ab heute ausgezahlten „Corona-Kinderbonus“ grundsätzlich. Dem Wohlfahrtsverband geht die Maßnahme aber nicht weit genug. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Mit dem Kinderbonus werden Familien schnell und unbürokratisch unterstützt – das ist gut und richtig. Allerdings sind 300 Euro angesichts des Ausmaßes der Probleme für viele betroffene Familien ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen eine langfristige Lösung für die gesamte Dauer der Krise und die Zeit danach.

Die Pandemie hat die Herausforderungen, vor denen Familien stehen, nicht neu geschaffen, sondern sichtbarer gemacht. Seit Jahren mahnen wir und andere Verbände an, dass jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut aufwächst. Diese Kinder und ihre Familien brauchen langfristige Sicherheiten und alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene eine auskömmliche finanzielle Grundlage, um gleiche Bildungs- und Teilhabechancen zu realisieren. Daher ist jetzt die Zeit, um eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung einzuführen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.09.2020

Die Corona-Pandemie hat wieder einmal die außerordentliche Bedeutung von Familien für unsere Gesellschaft ins Bewusstsein gerückt. Ohne sie wäre der Lockdown nicht so erfolgreich gewesen. Mit dem Kinderbonus zollt die Bundesregierung der doppelten Belastung von Familien verdienterweise Anerkennung. Die Systemrelevanz von Familien sollte sich noch stärker in der Familienpolitik widerspiegeln, findet der Deutsche Familienverband.

Heute startete die Auszahlung des Kinderbonus, 300 Euro gibt es pro Kind. Über das Geld können die Eltern frei verfügen. „Der Kinderbonus ist eine kleine Unterstützung, aber er reicht nicht aus, um die Leistung von Familien angemessen zu würdigen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Familien benötigen finanzielle und politische Maßnahmen, die sie dauerhaft stärken.“

Schon vor der Corona-Krise waren Familien übermäßigen Belastungen ausgesetzt, ihre Bedeutung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu wenig anerkannt. „Die vergangenen Monate haben wieder eindrücklich gezeigt, welche außerordentlichen Leistungen Eltern für unsere Gesellschaft erbringen. „Ohne Familie ist kein Staat zu machen. Ohne starke Familien ist keine Krise zu überwinden“, so Zeh.

Der Verbandspräsident fordert, dass dem Kinderbonus weitere Maßnahmen für Familien folgen. Dazu gehört eine familiengerechte Sozialversicherung, die derzeit auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts ist, ein ausreichend hohes Kindergeld von 330 Euro je Kind und Monat sowie Kinderfreibeträge auf Höhe des Grundfreibetrages für Erwachsene.

Investitionen in Betreuung und Bildung notwendig

Krisenbedingte und bundesweite Kitaschließungen haben deutlich gemacht, dass auf die Eltern in der Betreuung auch unter großen Schwierigkeiten Verlass ist. Der DFV mahnt aber dringend an, ein monatliches Betreuungsbudget in Höhe von 800 Euro einzuführen. Damit können Eltern selbst frei entscheiden, wie sie die Betreuung ihres Kindes finanzieren und organisieren, ob zu Hause, in einer Kita oder in der Tagespflege.

Gleichzeitig widerspricht der DFV der Kritik, eine gute Betreuung und frühkindliche Bildung von Kleinkindern könne ausschließlich in Kitas stattfinden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat erst kürzlich aufgezeigt, wie flächendeckender Personalmangel die Qualität von Kindertageseinrichtungen beeinträchtigt. Auch in diesem Bereich sind Investitionen zur Verbesserung des Personalschlüssels dringend angeraten. „Mit kleinen Gruppen wären wir in Zukunft besser für ähnliche Situationen gewappnet“, so Zeh. „Unserer Gesellschaft geht es nur gut, wenn es den Familien gut geht. Daher gehören die Belange von Eltern und ihren Kindern in den Mittelpunkt unseres gesellschaftspolitischen Handelns.“

Den Kinderbonus erhalten Familien für jedes Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Er wird automatisch mit dem Kindergeld überwiesen. Im September gibt es 200 Euro und im darauffolgenden Monat 100 Euro. Der Kinderbonus wird nicht auf Hartz IV oder andere Sozialleistungen angerechnet, jedoch im Rahmen des steuerlichen Familienleistungsausgleichs berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 07.09.2020

Das Deutsche Jungendinstitut (DJI) und das Robert Koch-Institut veröffentlichen heute den ersten Quartalsbericht der interdisziplinären Corona-KiTa-Studie. Schwerpunktthema sind die Erfahrungen der Kitas während der Notbetreuung im Frühjahr 2020, die das DJI im Rahmen einer explorativen Befragung von 83 Kita-Leitungen ab Ende April untersucht hat.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Kita-Leitungen in der Phase der Notbetreuung mit einer Fülle neuer organisatorischer Anforderungen konfrontiert waren, die sie in einer Situation der Unsicherheit bewältigen mussten. Insbesondere bei den Leitungen führte dies zu einer hohen zusätzlichen Belastung. Sorgen bereitete den Einrichtungen zudem die Aussicht auf eine Rückkehr zum Regelbetrieb unter zu dem Zeitpunkt nicht endgültig geklärten Umständen, etwa hinsichtlich der geltenden, aber noch nicht in der Praxis erprobten Hygienerichtlinien. Die Ergebnisse der Pilotbefragung sind in die Konzeption der Corona-KiTa-Studie und der wöchentlichen Abfragen des KiTa-Registers eingeflossen. Für das KiTa-Register sind alle Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen in Deutschland aufgerufen, über Online-Erhebungen regelmäßig zum Beispiel über Corona-bedingte Schließungen und die Betreuungskapazitäten zu berichten. Nach dem Start am 11. August haben sich mittlerweile mehr als 9.900 Kitas und rund 1.500 Tagespflegepersonen bundesweit angemeldet. Seit Anfang September laufen die wöchentlichen Abfragen. Dr. Susanne Kuger, Projektleiterin der Corona-KiTa-Studie am DJI: „Die Erfahrungen der Einrichtungsleitungen während der Notbetreuung machen deutlich, wie die Kitas den Spagat von Betreuungsauftrag und Infektionsschutz gemeistert haben. Dies wollen wir im Rahmen der Corona-KiTa-Studie weiter beobachten. Wir freuen uns daher sehr über die hohe Beteiligung am KiTa-Register und hoffen, dass die Teilnahmebereitschaft bei den wöchentlichen Abfragen so hoch bleibt. Über die nächsten Monate können wir so aktuell und heruntergebrochen auf die Regionen über die organisatorischen Herausforderungen in der Kindertagesbetreuung berichten.“

Erste Ergebnisse des KiTa-Registers sind online unter www.corona-kita-studie.de/results.html abrufbar, zum Beispiel – nach Ländern ausgewiesen – der Anteil der Kinder, die wieder in Kitas und Tagespflege betreut werden. Dargestellt wird auch der Prozentsatz des pädagogischen Personals in den Kitas, das zurzeit nicht eingesetzt werden kann: Etwa zwei Prozent der Fachkräfte in den am KiTa-Register teilnehmenden Einrichtungen arbeiten aufgrund der Corona Pandemie aktuell nicht mehr im Gruppendienst mit den Kindern, weitere zwei Prozent können ihrer Tätigkeit zurzeit gar nicht mehr nachgehen. Der Blick auf die Surveillance-Daten des Robert Koch-Instituts zeigt, dass sich die Häufigkeit akuter Atemwegserkrankungen in den letzten Wochen dem Vorjahresniveau angeglichen hat. Schätzungsweise haben in Kalenderwoche 33 (10. bis 16. August 2020) rund 65.000 Kinder von null bis fünf Jahren wegen akuter Atemwegserkrankungen eine Arztpraxis aufgesucht. Bei den neu übermittelten laborbestätigten COVID-19-Fällen bei Kindern gab es in derselben Kalenderwoche einen neuen Höhepunkt: Es wurden (in KW 33) 266 Fälle bei Kindern im Vorschulalter (0-5 Jahre) übermittelt. Zum Vergleich: Den höchsten Wert an neu übermittelten Fällen erreichte diese Altersgruppe im März mit 290 Fällen (in KW 13).

Alle Daten, eine ausführliche Beschreibung der Corona-KiTa-Studie sowie die aktuellen Zahlen aus dem August 2020 finden Sie im Quartalsbericht unter: www.corona-kita-studie.de Über die Studie Mit der Corona-KiTa-Studie erforschen das Deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch Institut aus sozialwissenschaftlicher und medizinisch-epidemiologischer Sicht, welche Folgen das neuartige Coronavirus für Kitas, Kinder, Betreuungspersonen und Eltern hat. Die Erhebung läuft bis Dezember 2021. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Gesundheit finanzieren die Studie.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut vom 11.09.2020

Nachdem die Familienkassen an diesem Montag schrittweise begonnen haben, den Kinderbonus auszuzahlen, kritisiert der Familienbund der Katholiken die Leistung als „Konjunkturmaßnahme mit bestenfalls homöopathischer Wirkung für Familien“. „Die Einmalzahlung ist unzureichend und erinnert eher an ein Trostpflaster für Familien“,sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. „Der Kinderbonus wird den hohen Belastungen von Familien in der Coronakrise nicht gerecht. Familien profitieren vom Kinderbonus bei weitem nicht in dem Maße, wie es nötig wäre: Für Geringverdiener ist der Kinderbonus ein einmaliger Tropfen auf den heißen Stein, für Gutverdiener bleibt wenig, weil er mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird. Mit dem Kinderbonus wird die Politik ihrer Verantwortung für Familien in der Coronakrise nicht gerecht. Die Politik muss die unverzichtbaren gesellschaftlichen Leistungen von Familien in dieser Zeit angemessen honorieren, ohne Konjunkturprogramme im Gewand familienpolitischer Mogelpackungen.“

Hoffmann erinnerte daran, dass Familien über ein Vierteljahr einen kaum zu bewältigenden Spagat zwischen Homeoffice, Homework und Homeschoo-ling betrieben haben und weit über ihre Belastungsgrenze eingespannt gewesen seien. „Kitas und Schulen sind zwar wieder geöffnet, aber vom Regelbetrieb noch weit entfernt.Unterrichtsausfälle, Lernrückstände, Vereinbarkeit von Familie und Homeoffice, ausfallende Großeltern für die Betreuung von Kindern sowie die stärkere gesundheitliche Überwachung der Kinder führen auch heute nach wie vor zu erheblichen Mehrbelastungen von Familien. Die Coronakrise ist für Familien nicht Vergangenheit, sondern tägliche Realität, der sie sich stellen müssen. Ohne den Beitrag von Familien hätte der Lockdown des Frühjahrs kein Er-folg werden können.“

„Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld an-gelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld“

Hoffmann forderte stattdessen ein Corona-Elterngeld: „Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld angelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, gezahlt über die gesamte Dauer der Krise. Das würde Fa-milien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise ho-norieren.“ Darüber hinaus fordert Hoffmann die Einführung einer Corona-Elternzeit, „die es Müttern und Vätern gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht gibt, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 08.09.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt den angesichts der Corona-Pandemie beschlossenen Kinderbonus, der in diesem Monat erstmals ausgezahlt wird und – anders als das Kindergeld – auch Familien im Hartz-IV-Bezug zu Gute kommt. Überhaupt kein Verständnis zeigt der Verband jedoch für den Umstand, dass für arme Menschen ohne Kinder nach wie vor keine finanziellen Hilfen vorgesehen sind und fordert die Bundesregierung auf, dieses Versäumnis umgehend zu korrigieren.

„Der Kinderbonus ist zweifellos eine gute Sache und eine ganz konkrete Hilfe für arme Familien mit Kindern. Absolut inakzeptabel aber ist, dass Millionen Kinderlose, die Leistungen beziehen, egal ob Hartz IV oder Grundsicherung im Alter, leer ausgehen. In allen Konjunkturpaketen und Rettungsschirmen sind Millionen Arme bisher mit keinem Cent berücksichtigt. Das ist angesichts der bitteren Not, die sich für die Betroffenen in der Corona-Krise Tag für Tag verschärft, armutspolitisch außergewöhnlich ignorant“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Erst in der vergangenen Woche hatte der Verband in einer Studie nachgewiesen, dass die Leistungen für Hartz IV-Beziehende in der Regel nicht ausreichen, um verlässlich vor Armut zu schützen, sich gesund zu ernähren und am sozialen, politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Diese akute Unterversorgung werde durch die aktuelle Krise noch verschärft.

Der Paritätische fordert die Bundesregierung auf, ihre hartnäckige Verweigerungshaltung aufzugeben und endlich finanzielle Hilfen für alle armen Menschen auf den Weg zu bringen. „Unsere ohnehin sozial tief gespaltene Gesellschaft kann an dieser Krise zerbrechen. Konjunktur- und Hilfsprogramme müssen sozial, gerecht und wirksam sein. Niemand darf in dieser Krise abgehängt werden", so Schneider. Der Paritätische fordert als Soforthilfe die sofortige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021 und eine sofortige Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro (Kosten zusammen: ca. 6 Mrd. Euro), sowie eine sofortige entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Link zur Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.09.2020

SCHWERPUNKT II: Reform Elterngeld/ Elternzeit

Anlässlich der Kabinettsbefassung mit der Elterngeld- und Elternzeitreform begrüßt das Zukunftsforum Familie die beschlossenen Verbesserungen, v. a. für Familien mit Frühgeburten, mahnt zugleich aber umfassendere Unterstützungsleistungen an.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Mit der heute beschlossenen Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung einen längst überfälligen Schritt zur weiteren Unterstützung von Familien um. Das starre Festhalten an der maximalen Bezugsdauer von 12 bzw. 14 Monaten beim Elterngeld, auch wenn Kinder weit vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommen, setzt Familien mit Frühchen bislang unnötig unter Druck. Gerade diese Familien brauchen mehr Zeit, um gemeinsam und finanziell abgesichert ins Leben zu starten – auch um Übergänge, zum Beispiel in die Kita, gestärkt zu meistern. Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Familien mit der Weiterentwicklung des Elterngelds bzw. der Elternzeit nun besser unterstützt werden.“

Reckmann fährt fort: „Aus unserer Sicht bleibt es allerdings vollkommen unverständlich, warum sich die Koalition nur auf eine vierwöchige Ausweitung des Anspruchs für Frühchen-Familien einigen konnte. Wir sprechen uns dagegen für eine flexible Verlängerung der Bezugsdauer aus, welche die Zeit bis zum errechneten Geburtstermin berücksichtigt und kompensiert. Auch mit Blick auf die partnerschaftliche Ausgestaltung der Leistung hätte sich das ZFF mutigere Reformschritte gewünscht. Eine Ausweitung der verpflichtenden Partnermonate, die insbesondere Väter in der frühen Familienphase unterstützt, wäre aus Sicht des ZFF ein wichtiger erster Schritt.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 16.09.2020

Giffey: „Deutschlands bekannteste und beliebteste Familienleistung wird flexibler, partnerschaftlicher und einfacher.“

Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf mit deutlichen Verbesserungen im Elterngeld beschlossen. Ziel ist es, Familien mehr zeitliche Freiräume zu verschaffen und die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienzeiten zwischen den beiden Elternteilen weiter zu unterstützen. Daneben sollen Eltern besonders früh geborener Kinder stärker unterstützt werden. Eltern und Elterngeldstellen profitieren von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Fast 2 Millionen Eltern haben das Elterngeld im vergangenen Jahr bezogen. Es ist die bekannteste und beliebteste Familienleistung Deutschlands. Und ohne das Elterngeld wären wir heute nicht da, wo wir sind: mit aktiven Vätern, beruflich engagierten Müttern und familien-orientierten Unternehmen. Über 40 Prozent der Väter nehmen heute Elternzeit. Vor Einführung des Elterngeldes waren es noch 3 Prozent. Die meisten Eltern wünschen sich beides: eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Zeit für ihre Kinder. Elterngeld, ElterngeldPlus und der Partnerschaftsbonus ermöglichen das. Jetzt machen wir das Elterngeld noch flexibler, partnerschaftlicher und einfacher – durch mehr Teilzeitmöglichkeiten, einen zusätzlichen Elterngeld-Frühchenmonat und weniger Bürokratie. Das macht es Eltern leichter, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern: Zeit mit ihren Kindern und der Familie, aber auch Zeit um den eigenen beruflichen Weg weiterzugehen.“

Das Gesetz enthält verschiedene Bausteine, um das Elterngeld zu verbessern.

1. Mehr Teilzeitmöglichkeiten

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit wird von 30 auf 32 Wochenstunden – also volle vier Arbeitstage – angehoben. Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann künftig mit 24 – 32 Wochenstunden (statt mit bisher 25-30 Wochenstunden) bezogen werden und wird auch sonst an vielen Stellen vereinfacht und flexibler gestaltet. Das erhöht die Flexibilität für Eltern und unterstützt sie dabei, einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit mehr Zeit für Familie zu haben.

Beispiel: Vater und Mutter möchten beide parallel Teilzeit arbeiten und den Partnerschaftsbonus beantragen. Dafür bekommen sie für die Dauer von bis zu 4 Monaten zwischen 150 und 900 Euro im Monat – zusätzlich zu ihrem Gehalt und zusätzlich zum Kindergeld.

• Je nach Arbeitsanfall ist an manchen Tagen mehr, an manchen weniger Arbeit. Das macht nichts. Solange die Eltern im Schnitt zwischen 24-32 Wochenstunden arbeiten, bekommen sie den Partnerschaftsbonus • Die Eltern wissen noch nicht, ob sie zwei, drei oder vier Monate Teilzeit arbeiten werden. Das macht nichts. Sie müssen sich bei der Elterngeldstelle auch noch gar nicht endgültig festlegen. Sie können einfach die vier Monate beantragen und den Bonus früher beenden, wenn sie es möchten. Oder sie beantragen erst mal nur 2 Monate und verlängern später noch.

• Der Vater erkrankt im zweiten Bonus-Monat des Partnerschaftsbonus schwer und kann länger nicht mehr arbeiten.Die Mutter kann dann den Bonus allein weiter nutzen. Außerdem darf der Vater das Geld aus dem Partnerschaftsbonus der ersten 2 Monate behalten.

• Ein wichtiges Projekt kommt unerwartet – die Mutter kann im vierten Bonus-Monat plötzlich nicht mehr Teilzeit arbeiten. Das macht nichts. Die Eltern können das Elterngeld für die ersten drei Bonus-Monate trotzdem behalten.

2. Frühchenmonat

Wird das Kind 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher geboren, erhalten Eltern einen zusätzlichen Monat Elterngeld, um in dieser herausfordernden Situation mehr Zeit für Kind zu haben. Damit fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen zeitlichen Bedarf und unterstützt mehr Eltern, sich um ihr Kind in dieser besonderen Lebenssituation zu kümmern.

Beispiel: Das Kind wird 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren. Die Eltern erhalten einen zusätzlichen Monat Basiselterngeld. Diesen zusätzlichen Basiselterngeld-Monat können sie auch in ElterngeldPlus umwandeln. Dann erhalten sie sogar zwei zusätzliche Monate Elternzeit.

3. Verwaltungsvereinfachungen und Klarstellungen

Eltern und Verwaltung werden von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen profitieren. Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften ermöglicht diesen Eltern künftig eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen im Elterngeld.

Beispiel: Ein fest angestellter Erzieher bekommt im Dezember sein Kind. Im Kalenderjahr davor hatte er, bis auf eine einmalige freiberufliche Einnahme von 200 Euro, noch kein Einkommen.

• Nach den allgemeinen Regeln wird er (wegen der einen selbstständigen Einnahme) wie ein Selbstständiger behandelt: Für das Elterngeld ist das Einkommen aus dem Vorjahr maßgeblich. Damals hatte er noch kein Einkommen. Er erhält damit nur den Elterngeld-Mindestbetrag von 300 Euro.

• Mit der neuen Regelung kann er sich dafür entscheiden, ausschließlich als Nicht-Selbstständiger behandelt zu werden: Die Einnahme von 200 Euro wird nicht angerechnet. Sein Elterngeld wird dann anhand der 12 Monate vor der Geburt bemessen, in denen er schon als Erzieher gearbeitet und durchschnittlich 1500 Euro im Monat verdient hat. Er bekommt dann 65% seines maßgeblichen Netto-Einkommens, also etwa 975 Euro.

Und: Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, sollen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Ab jetzt wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschritten werden.

Finanzierung und Einkommensgrenzen

Die Kosten für mehr Partnerschaftlichkeit und die bessere Unterstützung von Eltern frühgeborener Kinder werden aus dem Elterngeld selbst finanziert. Es sind keine zusätzlichen Mittel aus dem Haushalt dafür erforderlich. Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig aber nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachen – ca. 7.000. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Zahlen im Überblick

• 68 Prozent der Eltern wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder.

• 48 Prozent der Eltern wünschen sich eine gleichgewichtige Aufteilung von Familie und Beruf (24 Prozent: mit doppelter Vollzeit; 22 Prozent: mit doppelter Teilzeit).

• 55 Prozent der Eltern erwarten von der Familienpolitik, dass sie die Voraussetzungen verbessert, damit beide Partner gleichermaßen berufstätig sein und Verantwortung in der Familie übernehmen können.

• 82 Prozent der Eltern teilen sich während des Partnerschaftsbonus die Betreuung ihres Kindes mehr oder weniger gleich auf. (Im Vergleich: während des Bezugs von ElterngeldPlus: 24 Prozent, während des Bezugs von Basiselterngeld: 17 Prozent).

• 1,9 Prozent (ca. 18.500) der Eltern nutzen den Partnerschaftsbonus.

• 27,8 Prozent (ca. 8000 Väter) der ElterngeldPlus beziehenden Väter, beziehen den Partnerschaftsbonus.

• Jedes Jahr werden 2,3 Prozent aller Kinder, deren Mütter Elterngeld beziehen, mehr als 6 Wochen zu früh geboren. Das sind 17 000 Kinder im Jahr.

Quellen:

Institut für Demoskopie Allensbach: Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Familienpolitik, September 2019

Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelungen zum Elterngeld Plus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit“ vom 10. Januar 2018, BT-Drs. 19/400, S. 15 ff.

Statistisches Bundesamt, Leistungsbezüge, 1. Quartal 2020.

Schätzung auf Grundlage der Perinatalstatistik 2014, AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH. Bundesauswertung zum Erfassungsjahr 2014 16/1 – Geburtshilfe. (Göttingen, 2015). S. 113, abrufbar unter: https://www.sqg.de/downloads/Bundesauswertungen/2014/bu_Gesamt_16N1-GEBH_2014.pdf

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.09.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die heute vom Bundeskabinett beschlossene Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Damit werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen. Daneben profitieren Eltern und Verwaltung von rechtlichen Klarstellungen und Vereinfachungen.

„Die bekannteste und beliebteste Familienleistung Elterngeld wird erneut weiterentwickelt. Damit wird dem Bedürfnis der heutigen Eltern-Generation noch besser entsprochen, Familien- und Arbeitszeit flexibel und partnerschaftlich zu gestalten.

Eltern sollen stärker darin unterstützten werden, während des Elterngeldbezugs in Teilzeit erwerbstätig sein zu können und so einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits mehr Zeit für ihre Familie zu haben. Dafür wollen wir die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit auf 32 Stunden erhöhen.

Um mehr Partnerschaftlichkeit bei Erziehung und Berufstätigkeit zu ermöglichen, wird der Partnerschaftsbonus deutlich flexibilisiert und verlängert. Denn je länger Eltern eine partnerschaftliche Aufgabenteilung mit Unterstützung des Bonus praktizieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch später ein solches Familienmodell leben.

Ebenfalls verbessert werden soll auch die Situation der Eltern von besonders früh geborenen Kindern. Um mögliche Entwicklungsverzögerungen ihres Kindes besser auffangen zu können, erhalten sie einen zusätzlichen Elterngeldmonat.

Familien in Deutschland können sich darauf verlassen, dass die SPD-Fraktion im Bundestag das Elterngeld auch künftig den Bedürfnissen der Familien entsprechend weiterentwickeln.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 16.09.2020

„Ein flexibleres Elterngeld ist gut, doch die Reformen greifen viel zu kurz. Es ist an der Zeit, endlich auch Familien mit geringem oder ohne Einkommen mit dem Elterngeld besser zu unterstützen. Das macht die Regierung wieder nicht. Es ist notwendig, den Mindestbetrag von derzeit 300 Euro anzuheben. Seit 13 Jahren ist dies nicht passiert, und das ist eine Diskriminierung von ärmeren Familien“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Reform des Elterngeldes. Werner weiter:

„Durchschnittlich bezogen Väter 3,7 Monate Elterngeld im Jahr 2019. Bei Müttern waren es 14,3 Prozent. Elterngeld muss deutlich stärker auf eine partnerschaftliche Aufteilung von Erziehungs- und Lohnarbeit in den Familien zielen. Dazu braucht es 12 Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil; und zwar nicht übertragbar. Für Alleinerziehende muss es einen Anspruch auf 24 Monate Elterngeld geben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

SCHWERPUNKT III: Flüchtlingslager Moria

Anlässlich der katastrophalen Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Evakuierung der Lager und die schnelle Aufnahme von geflüchteten Menschen.

Der verheerende Brand, der Anfang der Woche ein Großteil des Flüchtlingslagers Moria zerstörte, hat auf tragische Weise die ohnehin unhaltbaren Zustände in dem griechischen Lager weiter zugespitzt. Hinzu kommt, dass bei den Bewohner*innen zunehmend Corona-Infektionen nachgewiesen wurden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fordert: „Wo bleibt die in Zeiten der Corona-Pandemie viel beschworene Solidarität, wenn es um Menschen geht, die vor Kriegen und Hunger flüchten und unter schrecklichen Bedingungen an den Grenzen Europas ausharren müssen? Wir fordern die sofortige Evakuierung der Lager und setzen uns für die Aufnahme weiterer Geflüchteter ein. Die Bundesregierung muss nun mit kooperationsbereiten europäischen Partnern vorangehen und die unhaltbaren Zustände auf den griechischen Inseln endlich beenden. Auch viele Bundesländer und Kommunen haben bereits signalisiert, dass sie problemlos weitere Geflüchtete aufnehmen können. Diese Solidarität muss nun endlich Wirklichkeit werden dürfen!“

Reckmann bemerkt weiter: „Geflüchtete Menschen brauchen besonderen Schutz für sich und ihre Familie. Einmal in Deutschland angekommen, bangen viele Geflüchtete nach einer meist riskanten und traumatischen Flucht um zurückgebliebene Angehörige. Ein wirkliches Ankommen im neuen Land ist unter dieser Belastungssituation kaum möglich. Ihre Familien müssen daher so schnell wie möglich auf legalem und sicherem Weg folgen dürfen!“

Das Positionspapier des ZFF zum „Familiennachzug“ (Mai 2017) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.09.2020

Die Bundesregierung hat eine Woche nach der Brandkatastrophe auf Moria beschlossen, weitere 1.553 Menschen von fünf griechischen Inseln aufzunehmen. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt die Entscheidung, kritisiert den Beschluss aber als unzureichend und verspätet.

Im März 2020 stieg die Zahl der Geflüchteten auf den griechischen Inseln auf 42.000 Menschen. Eine menschenwürdige Unterbringung ist schon lange nicht gewährleistet. Das Gesundheitssystem auf den Inseln ist mit dem Ausbruch des Covid-19-Virus schlicht überfordert. Die unter Quarantäne gestellten Menschen besitzen weder Seife, noch Platz, noch eine Perspektive. In den Lagern herrscht Angst, auch vor Aggressionen von außen. Hierbei handelt es sich um Menschen, die durch jahrelanges Ausharren unter schlimmsten hygienischen Missständen, besonders gefährdet sind. Weitere Humanitäre Katastrophen sind zu befürchten.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Die dramatische Zuspitzung der Lage auf Lesbos zeigt deutlich, dass es keine Kompromisse geben darf: Notwendig ist eine schnelle Regelung für alle Betroffenen. Deutschland darf jetzt nicht auf eine gemeinsame Europäische Lösung verweisen, denn diese konnte seit Monaten nicht erreicht werden. Bereitschaft zur Aufnahme wird immer wieder durch andere Mitgliedstaaten gezeigt, allerdings muss einer den Anfang machen. Deutschland muss als Inhaber der EU – Ratspräsidentschaft ein Vorbild sein und die Vorreiterrolle übernehmen, damit andere europäische Staaten nachziehen und ihrerseits Schutzsuchende aufnehmen.“

Sechs EU Länder erklärten bislang ihre Bereitschaft, Geflüchtete auf den griechischen Inseln aufzunehmen, darunter die Niederlande, Finnland, Frankreich und Deutschland. Schweden und Österreich erklärten sich bereit, Griechenland materiell zu unterstützen, z.B. durch das Bereitstellen von Hilfsunterkünfte, Ärzte und Sanitäter, Zelte, Decken und Schlafsäcke.

Die Bundesregierung will 1.553 Menschen von 5 griechischen Inseln aufnehmen. Zusammen mit den bereits zugesicherten Aufnahmen wird Deutschland somit insgesamt 2750 Menschen aus Griechenland aufnehmen. Zudem signalisierte die Bundesregierung, dass bei einer gemeinsamen europäischen Lösung weitere Aufnahmen seitens Deutschlands möglich seien.

Die Stadtoberhäupter von Bielefeld, Düsseldorf, Freiburg, Gießen, Göttingen, Hannover, Köln, Krefeld, Oldenburg und Potsdam haben in einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angeboten, Geflüchtete aus dem abgebrannten Lager Moria aufzunehmen.

Brigitte Döcker: „Die Brandkatastrophe in Moria zeigt, dass es eines Paradigmenwechsels in der Europäischen Flüchtlingspolitik bedarf. Die Lager auf den griechischen Inseln sind als Teil der europäischen Flüchtlingspolitik gewollt, damit muss nun endlich Schluss sein!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 17.09.2020

Der BumF fordert nach dem Brand in Moria, deutlich mehr Menschen aus Griechenland aufzunehmen als geplant. Aufgrund rückläufiger Zugangszahlen verfügt die Jugendhilfe über ausreichend freie Plätze in Wohngruppen und Pflegefamilien. Zudem bietet sie aufgrund der noch vorhandenen sehr guten Infrastruktur, jahrzehntelangen Erfahrungen und fachlichen Kompetenzen beste Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration.

Allein seit April haben deutschlandweit 3.742 geflüchtete junge Menschen die Jugendhilfe verlassen. Angesichts dieser Zahlen und der großen Aufnahmebereitschaft von Ländern, Kommunen und Jugendhilfeträgern, ist die geplante Aufnahme völlig unzureichend. Hochgerechnet könnten mit kurzem Vorlauf und unter Wahrung des Infektionsschutzes 4000 unbegleitete Minderjährige aufgenommen werden, wie auch die Auswertung einer Befragung von Mitgliedern des BumF bestätigt.

Das Lager Moria war letzte Woche bei mehreren zeitgleichen Bränden fast vollständig zerstört worden. 12.000 Menschen waren dort untergebracht, darunter über 4.000 Kinder. Bereits vor dem Brand war die Situation in Moria aber auch anderen Teilen des Landes katastrophal, wie der BumF in dem Bericht „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Griechenland“ ausführlich darlegt. Derzeit leben nach Angaben des UNHCR 4.558 unbegleitete Minderjährige in Griechenland.

Die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus Moria ist dringend notwendig, kann jedoch nur ein Anfang sein. Circa 40.000 Geflüchtete, leben unter völlig menschenrechtswidrigen Bedingungen auf den griechischen Inseln. Sie müssen umgehend evakuiert und auf andere EU-Staaten verteilt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. vom 16.09.2020

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie zum Koalitionsbeschluss, 1.553 weitere Menschen aus 408 Familien in Deutschland aufzunehmen:

"Der Beschluss der Bundesregierung kommt leider spät und springt viel zu kurz. 1.553 Personen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt muss nicht für zehn Prozent, sondern für 100 Prozent der Menschen eine Lösung gefunden werden. Tausende Mädchen und Jungen verlieren in griechischen Flüchtlingslagern ihre Kindheit unter unerträglichen Bedingungen. Deutschland trägt als EU- Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung und muss notfalls allein vorangehen, damit die anderen nachziehen. Die Bundesregierung darf sich nicht von denen beirren lassen, die mit der Migrationspolitik auf Kosten von Menschen aus Krieg und Not viel zu preiswert Wählerstimmen ziehen wollen. Es gilt jetzt, die Debatte wieder in die richtige Bahn zu lenken: Unter Rechtfertigungsdruck stehen nicht die, denen Menschlichkeit und Menschenrechte etwas bedeuten und die jetzt helfen wollen, sondern die, die Hartleibigkeit als Politik verkaufen wollen. Es darf kein weiteres politisches Taktieren auf dem Rücken der Menschen geben."

Hintergrund:

Es leben 4.000 Kinder und ihre Familien in Moria, sie kommen in der Mehrheit aus Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan, Irak und der Republik Kongo. Kein Land in der EU ist wirklich überfordert mit der Flüchtlingsaufnahme: Die Türkei hat mit fast 4 Millionen Geflüchteten mehr aufgenommen als die gesamte EU. Ende 2018 befanden sich 2,4 Millionen Flüchtlinge oder Personen mit internationalem Schutzbedarf und 860 Personen im Asylverfahren in der EU. Ebenso hat Libanon mit

7 Millionen Einwohnern im Vergleich 1,3 Millionen Geflüchtete aufgenommen, in Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern leben 1,1 Millionen Menschen mit einem Flüchtlingsstatus.

https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/feuer-moria-fluechtlingskinder-brauchen-dringend-hilfe/225178

https://www.unhcr.org/figures-at-a-glance.html

https://migrationdataportal.org/regional-data-overview/europe#general-trends

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.09.2020

Anlässlich der Brand-Katastrophe im Flüchtlingslager Moria appelliert die Diakonie Deutschland mit weiteren Organisationen in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel, sich für die notwendige Katastrophenhilfe sowie für den sofortigen Beginn der Evakuierung der geflüchteten Menschen von den griechischen Inseln einzusetzen.

Es darf nach dem Brand von Moria kein "Weiter so" in der europäischen Flüchtlingspolitik geben.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "An der Aufnahme von 12.600 Menschen in eine EU mit 450 Millionen Einwohnern darf gemeinsames europäisches Handeln nicht scheitern. Die vollkommen obdachlos gewordenen Geflüchteten, darunter viele Kinder und Jugendliche, nun diesem ohnehin erbärmlichen Zustand zu überlassen, wäre eine Bankrotterklärung für unsere europäischen Werte. Wer jetzt nicht helfen will, findet keine Rechtfertigung dafür. Es gilt jetzt, Europas Schande Moria für immer aufzulösen und eine europäische Lösung dafür zu finden, dass auf den griechischen Inseln und an den Europäischen Außengrenzen insgesamt keine solchen Flüchtlingslager mehr entstehen. Eine brutale Politik der Abschreckung ist Mittel von Populisten und Despoten, eine wertebasierte EU muss endlich neue, menschlichere Wege aufzeigen und vorangehen. Deutschland ist in der Lage, sofort mehrere Tausend Menschen aufzunehmen. Kommunen und Bundesländer stehen bereit und haben sofortige Hilfe signalisiert. Gerne übernehmen wir Mitverantwortung und unterstützen, wo wir können."

Weitere Informationen:

Offener Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Brandkatastrophe_Moria__Offener_Brief_Zivilgesellschaft_an_Bundeskanzlerin_11.09.2020.pdf

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.09.2020

Die Lage der Kinder auf der griechischen Insel Lesbos ist auch zwei Tage nach dem verheerenden Großbrand in dem Flüchtlingslager Moria dramatisch. Fast 4.000 Kinder und ihre Eltern sind weiterhin ohne Obdach und ausreichenden Schutz. Gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, der Internationalen Organisation für Migration sowie vielen weiteren Partnern und den griechischen Behörden organisiert UNICEF Hilfsmaßnahmen für die Kinder und ihre Familien auf Lesbos. Das von UNICEF unterstützte Kinder- und Familienzentrum „Tapuat“ nahe Moria wurde in eine Notunterkunft umgewandelt. Die meisten der 406 unbegleiteten Kinder, die gestern auf das Festland geflogen wurden, waren dort vorübergehend untergebracht. „Es ist gut, dass sich Deutschland zusammen mit weiteren europäischen Staaten bereit erklärt hat, die unbegleiteten Kinder aufzunehmen“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Auf den griechischen Inseln verlieren weiter Tausende Mädchen und Jungen ihre Kindheit unter unerträglichen Bedingungen. Europa muss jetzt helfen und diese Tragödie beenden.“ Es wurde vereinbart, dass in dem Zentrum auf Lesbos nun besonders schutzbedürftige Mütter und Kinder Zuflucht finden können. Die Kapazitäten reichen für schätzungsweise 200 Mütter und ihre Kinder. Weitere 100 Mütter und ihre Kinder können in nahegelegenen Einrichtungen kurzfristig versorgt werden. Insgesamt müssen rund 10.800 Menschen untergebracht werden. Es muss damit gerechnet werden, dass viele von ihnen eine weitere Nacht im Freien verbringen müssen. UNICEF hält für die notdürftige Versorgung der Familien und Kinder Schutz- und Hygieneutensilien, Kleidung und Spiel- und Lernmaterialien bereit und hilft bei der Suche nach Unterkünften für besonders gefährdete Kinder und Mütter. Zusammen mit Partnern werden in den kommenden Tagen psychosoziale Hilfen für die Kinder organisiert. Die Kinder sollen so rasch wie möglich wieder ein Stück Normalität erfahren. Die Bundesbürger haben seit Mittwoch bereits über 100.000 Euro für die UNICEF-Hilfe für die geflüchteten und migrierten Kinder in Griechenland gespendet.

Quelle: Pressemitteilung UNICEF Deutschland vom 11.09.2020

SCHWERPUNKT IV: Familienentlastungsgesetz

Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien im Deutschen Bundestag weist das ZFF mit Nachdruck auf dringende Reformen hin, um Kinder- und Familienarmut endlich zu beseitigen. Steuerentlastungen sind hier nicht der richtige Weg.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro anzuheben. Dementsprechend soll der steuerliche Freibetrag für das sächliche Existenzmi­nimum des Kindes steigen und auch der steuerliche Freibetrag für den Betreuungs- und Er­ziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) wird erhöht. Bereits 2018 stiegen Kindergeld und Kinderfreibetrag an – beide Schritte wurden im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), kritisiert: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt und setzt damit immer mehr Familien unter Druck: Eltern arbeiten in Kurzarbeit, werden entlassen, haben keine Kinderbetreuung oder stehen als Selbstständige vor dem wirtschaftlichen Ruin. Es ist damit zu rechnen, dass durch die derzeitige wirtschaftliche Krise die Zahl der Hartz-IV-Haushalte und damit absehbar auch die Zahl armer Kinder in Deutschland steigen werden.

Statt einen Rettungsschirm für arme Familien zu spannen, wird nun ein weiteres Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht. Aus Sicht des ZFF kommt dies einer Förderung mit der Gießkanne gleich und zementiert die soziale Schieflage im Familienlastenausgleich: Durch die steuerlichen Kinderfreibeträge werden sehr gut verdienende Familien um bis zu 100 Euro mehr entlastet als Familien mit weniger Einkommen. Darüber hinaus kommt das Kindergeld bei vielen Familien gar nicht an, weil es mit anderen Leistungen wie dem Sozialgeld oder Unterhalt verrechnet wird. Familien im SGB II Bezug oder Alleinerziehende haben also nichts von einer Erhöhung.

Statt einer einseitigen Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen fordern wir eine Reform hin zu einem sozial gerechten System einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung. Die Kindergrundsicherung würde den Dualismus aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen durchbrechen und alle Einzelleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderregelsätze und Kinderfreibeträge ersetzen.“

Die ZFF-Stellungnahmen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)" finden Sie u>.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 10.09.2020

Weitere Entlastungsstufe für Familien gezündet

Der Bundestag berät morgen in erster Lesung das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (2. FamEntlastG). Dazu erklären die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Antje Tillmann und der zuständige Berichterstatter Johannes Steiniger:

„Mit dem Gesetz setzen wir die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung des Kindergeldes um. Nach der letzten Erhöhung um 10 Euro zum 1. Juli 2019 legen wir jetzt nochmal 15 Euro pro Monat oben drauf. Damit erhält jede Familie pro Kind insgesamt 300 Euro pro Jahr mehr. Parallel erhöhen wir mit diesem Gesetz auch den Kinderfreibetrag um mehr als 500 Euro.

Beides haben wir als Koalition versprochen. Beides halten wir als Koalition ein. Nach dem in dieser Woche angelaufenen Kinderbonus von 300 Euro zünden wir damit eine weitere Entlastungsstufe für diejenigen, die besonders stark unter der Corona-Pandemie leiden. Familien in Deutschland mussten in den letzten Wochen und Monaten viel jonglieren zwischen Schularbeit mit den Kindern und Home Office oder Kurzarbeit. Mit diesen Entlastungen wollen wir zumindest finanziell Druck von ihren Schultern nehmen.

Zusätzlich profitieren alle Steuerpflichtigen durch die Anhebung des Grundfreibetrages und die Verhinderung der kalten Progression. So wird der Grundfreibetrag, bis zu dem keine Steuern fällig werden, zum kommenden Jahr von 9.408 Euro auf 9.696 Euro angehoben. 2022 steigt der Betrag dann auf fast 10.000 Euro. Durch die Verschiebung der Tarifeckwerte steigt die Grenze, von der an der 42-prozentige Spitzensteuersatz verlangt wird, von 57.052 Euro in zwei Schritten bis 2022 auf ein Jahreseinkommen von 58.788 Euro.

Insgesamt führen die Maßnahmen zu einer finanziellen Besserstellung von Familien in Höhe von rund zwölf Mrd. Euro jährlich. Damit bringen wir heute eines der größten steuerlichen Entlastungspakete dieser Legislaturperiode auf den Weg.

Des Weiteren begrüßen wir die Anpassung des Behinderten Pauschbetrages, die auch heute in erster Lesung beraten wurde. Diese Anpassung ist ein Schritt, auf die viele Betroffene angesichts der Lohn- und Preisentwicklung seit 1975 lange gewartet haben.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.09.2020

Der Bundestag berät heute in 1. Lesung über Kindergeld und steigende Steuerfreibeträge ab 2021 – das wird viele Familien freuen, aber nur wenige Einelternfamilien. „Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die soziale Schere in der Familienförderung öffnet sich weiter und Alleinerziehende fallen durchs Raster“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Wir bedauern, wenn die Chance auf den drin­gend notwendigen Systemwechsel in der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung erneut verpasst wird“, so Jaspers.

15 Euro mehr Kindergeld und extra hohe Kinderfreibeträge ab 2021 – bei den meisten Alleinerziehenden wird trotzdem kaum mehr Geld im Portmonee ankommen. Familienförderung über höhere Steuervorteile erreicht Familien mit k(l)einen Einkommen nicht, sondern verstärkt die bestehende soziale Schieflage zugunsten wohlhabender Familien. Und im gleichen Zuge wie das Kindergeld steigt, sinken ggf. der Unterhalts­vorschuss oder die SGB II-Leistung, da das Kindergeld hier zu 100 Pro­zent angerechnet wird, beim Kindesunterhalt zu 50 Prozent. „Die Jugend- und Familienminister*innenkonferenz fordert, dass Kindergeld beim Unterhaltsvorschuss künftig nicht mehr vollständig sondern zur Hälfte anzurechnen – Zeit, dies in die Tat umsetzten“, mahnt Jaspers.

„Was großzügig gemeint sein mag, fällt Alleinerziehenden beim Unter­halt auf die Füße, da Steuer- und Unterhaltsrecht schlecht aufeinander abgestimmt sind“, bemängelt Jaspers. Der Gesetzentwurf treibt das Auseinanderdriften des steuer- und unterhaltsrechtlichen Existenzmini­mums weiter voran, da der Kinderfreibetrag über dem Existenzminimum eines Kindes liegen wird, statt dessen Höhe abzubilden. Wird der für 2021 bereits per Verordnung festgelegte Mindestunterhalt nicht entspre­chend nach oben korrigiert, sinkt der Unterhaltsvorschuss 2021 im Ver­gleich zu 2020 sogar um 5 Euro. Der Zahlbetrag in der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle würde um lächerliche 2,50 Euro im Monat steigen – obwohl die Kinderfreibeträge eines Kindes um satte 48 Euro im Monat erhöht werden sollen.

„Der politische Wille, Familien zu entlasten, muss auch Kinder in Einel­ternfamilien und in armen Familien umfassen, und nicht nur in wohlha­benden. Insgesamt braucht es eine grundlegende Reform: einen Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung in Kombination mit einer Individualbesteuerung, damit kein Kind im Dschungel der familien­politischen Leistungen verloren geht“, fordert Jaspers.

Lesen Sie hier die Stellungnahme zum 2. Familienentlastungsgesetz.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 10.09.2020

SCHWERPUNKT V: Hartz-IV Regelsätze

Zu Medienberichten über eine Erhöhung von Hartz IV stellt der DGB fest, dass das Arbeitsministerium lediglich die ohnehin geplante Fortschreibung der Regelsätze bis 2021 vorgenommen hat. Die bisher bekannt gewordenen Sätze beruhen auf einer Statistik aus dem Jahr 2018, die entsprechend nur auf das Datum 1.1.2020 fortgeschrieben wurden. Da nun Daten zur aktuellen Preis- und Lohnentwicklung vorliegen, erfolgt die Fortschreibung der Sätze zum 1.1.2021, dem Tag, ab dem die Regelsätze gelten sollen. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Dienstag in Berlin:

„Der schöne Schein angehobener Regelsätze trügt. Das Arbeitsministerium hat in Wahrheit nicht nachgebessert, sondern lediglich einen gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschritt nachgeholt, um die Regelsätze bis 2021 fortzuschreiben. Es wäre unredlich und zynisch, diese Fortschreibung den Ärmsten der Gesellschaft als Erhöhung zu verkaufen und ihnen ein X für ein U vorzumachen.

Das Grundübel der Regelsatz-Herleitung bleibt unverändert: Das Wenige, was die einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte laut Statistik ausgeben können, wird mit dem Existenzminimum gleichgesetzt. Dabei ist diese Vergleichsgruppe Welten von einem normalen Lebensstandard wie in der Mitte der Gesellschaft entfernt. So wird Armut nicht bekämpft, sondern zementiert. Auch mit dem neuen Betrag von 446 Euro für alleinstehende Erwachsene bleibt es dabei: Das Hartz-IV-Leistungsniveau liegt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.

Die Sinnhaftigkeit der extremen Unterschiede bei der Anpassung der Sätze für Kinder und Jugendliche ist nicht zu erklären. Niemand, der Kinder hat, kann nachvollziehen, warum die notwendigen Ausgaben für ein Vorschulkind um 33 Euro gestiegen, die Kosten für ein Kind ab sechs Jahren aber nahezu unverändert geblieben sein sollen. Vielmehr belegen genau diese unerklärliche Unterschiede die schlechte Qualität der zugrunde liegenden Statistik. Weil viel zu wenig Fälle betrachtet werden, schlagen hier Zufälle durch, die überhaupt nicht aussagekräftig sind. So beruht die Berechnung des Regelsatzes für Jugendliche beispielweise für die Kosten eines Fahrrads auf den Angaben von nur 14 Haushalten.

Wir bleiben bei unser Forderung: Die Abgeordneten des Bundestags und des Bundesrats müssen im Gesetzgebungsverfahren deutlich nachbessern, sonst bleibt soziale Teilhabe für alle ein uneingelöstes Versprechen. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und des Anstands.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 08.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk bemängelt die nach Medienberichten beabsichtigte Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche im Hartz-IV-Bezug zum 1. Januar 2021 als unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

"Auch wenn die Erhöhung der Regelsätze nach Medienberichten noch einmal höher ausfällt als vom Bundeskabinett ursprünglich beschlossen, sieht diese Erhöhung nur auf den ersten Blick gut aus. Wenn man genauer hinschaut, erweist sie sich als unzureichend. Hier wird lediglich ein Stück weit das nachgeholt, was den Kindern und Jugendlichen durch politisches Herunterrechnen der Regelsätze seit Jahren vorenthalten wird. Und dass die sechs- bis 13-Jährigen mit einem Euro zusätzlich abgespeist werden sollen, ist schon dreist und ein armutspolitischer Skandal", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher braucht eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung unter Berücksichtigung der Prinzipien von Transparenz und Nachprüfbarkeit. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die Teilhabe aller Kinder und Jugendlicher sein. Bereits vor mehreren Jahren hat der Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik grundlegende Kritik an der Berechnungsmethode der Regelsätze für Kinder und Jugendliche geübt. Demnach werden diese nicht wissenschaftlich belastbar ermittelt. Dadurch wird armen Kindern und Jugendlichen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in vielen Fällen vorenthalten. Damit muss endlich Schluss sein", so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die im letzten Monat von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Deshalb braucht es eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes und jedes Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern. Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt daher für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 08.09.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert die geplante Anpassung der Regelsätze als realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Die geplante Anhebung zum 1.1.2021 um 14 Euro für (alleinstehende) Erwachsene und noch deutlich geringere Beträge für Kinder und Jugendliche sei „geradezu lächerlich niedrig“ angesichts der bitteren Lebensrealität armer Menschen in diesem Land. Der Verband wirft der Bundesregierung „statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen“ vor, Fehler und Schwächen der umstrittenen Methodik zur Regelbedarfsermittlung würden einfach fort- und festgeschrieben. Der Paritätische kündigt kurzfristig eigene Berechnungen für einen bedarfsgerechten Regelsatz an, der in der Höhe zumindest in bescheidenem Rahmen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht.

„Es ist ein Trauerspiel und für die Betroffenen einfach nur bitter, wie wenig die Bundesregierung im wahrsten Sinne des Wortes für arme Menschen übrig hat. Was wir bei der Berechnung der Regelsätze erleben ist keine Statistik, sondern ihr Missbrauch“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Besonders rigide zeige sich die Bundesregierung bei allem, was im weitesten Sinne mit sozialer Teilhabe zu tun hat: „Teilhabe am soziokulturellen Leben in der Gemeinschaft wird praktisch nur soweit bei der Regelbedarfsermittlung berücksichtigt, wie es außerhalb der Gemeinschaft stattfindet“, heißt es in einer Stellungnahme. „Es darf nicht sein, dass Armut in Deutschland für weitere fünf Jahre regierungsamtlich festgeschrieben wird. Anstatt sich hinter umstrittenen Statistiken zu verstecken, sollte sich die Politik endlich den Menschen zuwenden“, fordert Schneider daher mit Blick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren.

Der Paritätische kündigt an, noch im September eigene Berechnungen für einen bedarfsgerechten Regelsatz vorzulegen. Bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021 fordert der Verband eine Soforthilfe durch eine monatliche Aufstockung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf, eine Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro (Kosten zusammen: ca. 6 Mrd. Euro) sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Zur unzureichenden Höhe der Regelsätze siehe u.a. auch die Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.09.2020

SCHWERPUNKT VI: Weltkindertag

Am morgigen Weltkindertag macht die SPD-Fraktion im Bundestag auf die speziellen Rechte und individuellen Bedürfnisse der Kinder aufmerksam. Die Sozialdemokraten fordern CDU/CSU auf, beim Thema Verbesserung der Kinderrechte endlich den Fuß von der Bremse zu nehmen.

„In der SPD-Bundestagsfraktion ist das Wohlergehen von Kindern Maßstab für eine zukunftsorientierte Politik. Wir sehen, dass gerade jetzt in Corona-Zeiten, die Armutsgefährdung von Familien und Kindern steigt. Deshalb setzen wir uns für zielgerichtete Hilfen sowohl national als auch international ein. Für Deutschland ist unser Ziel, eine sozialdemokratische Grundsicherung, die alle Kinder finanziell absichert und ihnen umfassende Teilhabechancen zusichert.

Vor allem in den aktuellen Zeiten der Pandemie wird deutlich, dass Kinderrechte endlich auch im Grundgesetz verankert werden müssen. Weil sie nicht ausdrücklich genannt sind, werden sie im Alltag oft übersehen oder nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb muss die Union jetzt endlich ihre Blockade dazu aufgeben.

Auch weitere Verbesserungen spezieller Rechte von Kindern bleiben richtig und wichtig. Deshalb machen wir weiter Druck beim Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote für Grundschulkinder, für einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz sowie bei der Weiterentwicklung der Kinder und Jugendhilfe. Ganz im Sinne des Mottos des diesjährigen Weltkindertages: ‚Kinderrechte schaffen Zukunft.‘“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.09.2020

Anlässlich des Weltkindertages am 20. September erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Der diesjährige Weltkindertag steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf die Situation von Kindern und Jugendlichen.

Die Erfahrungen der letzten Monate haben eines deutlich gemacht: Kinderrechte müssen immer gelten, gerade auch in Krisenzeiten. Die wochenlangen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen und die lange andauernden Schul- und Kita-Schließungen haben Kinder viel stärker in ihren Rechten eingeschränkt, als den meisten Erwachsenen bewusst war. Die wechselnden Debatten um Lockerungen und Verschärfungen der Schutzmaßnahmen sind lange Zeit allein aus der Sicht Erwachsener getroffen worden. Ein riesiger Fehler, der sich nicht wiederholen darf.

Obwohl die Lage sich etwas entspannt hat, ist auch klar: Die Krise ist noch nicht vorbei. Mit steigendem Infektionsgeschehen könnten auch wieder Verschärfungen der Schutzmaßnahmen notwendig werden. Wir müssen auf allen Ebenen dafür sorgen, dass Kinder nicht wieder zu Hauptverlierern der Krise werden. Ihre Rechte gehören in den Mittelpunkt. Die Politik muss die Perspektive von Kindern auch im Pandemiefall immer mitdenken.

Damit alle Kinder die Krise gut überstehen, sagen wir: Wir brauchen einen monatlichen finanziellen Zuschlag für die Versorgung von Kindern aus ärmeren Familien. Wir müssen Bildungschancen für alle Kinder sichern. Kein Kind darf vom digitalen Lernen ausgeschlossen sein. Kinder mit speziellen Förderbedarfen müssen diese auch bekommen. Wir müssen für bessere Strukturen beim Gewaltschutz sorgen. Wir müssen Druck aus den Familien nehmen und für den Zeitraum der Pandemie ein Corona-Elterngeld einführen, falls Schulen und Kitas schließen und Berufstätige ihre Kinder zu Hause betreuen müssen.

Und wir müssen endlich starke Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. Damit würden alle staatlichen Ebenen verpflichtet, das Wohl von Kindern in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen. Die Rechte und Interessen von Kindern könnten dann nicht mehr einfach ignoriert werden. Die Koalition muss hier endlich aktiv werden und mit uns über einen konkreten Vorschlag ins Gespräch kommen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.09.2020

Rechtzeitig zum Weltkindertag 2020 eröffnet die Bundestagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) einen Kommunikationskanal für Kinder. Schnell und einfach können sie nun über einen Button auf ihrer Webseite Kontakt zu ihr aufnehmen. Die Kinderpolitikerin versteht das als kleinen Beitrag, Kinder zu beteiligen. „Um im Interesse der Kinder zu handeln, müssen wir ihnen auch zuhören und sie einbeziehen.“

Die Vereinten Nationen empfahlen ihren Mitgliedsstaaten 1954, einen weltweiten Tag für Kinder einzuführen. Leider kam in der Folge kein einheitlicher Termin zustande – aber immerhin wird der Weltkindertag in mehr als 145 Staaten weltweit gefeiert. In Deutschland am 20. September. In diesem Jahr lautet das Motto des Weltkindertags „Kinderrechte schaffen Zukunft“.

„Gerade dieses von Corona geprägte Jahr führt uns deutlich vor Augen, dass wir Kinderrechte ernster nehmen müssen“, sagt die Bundestagsabgeordnete. „Viele gravierende Entscheidungen für Kinder und Jugendliche sind ohne sie getroffen worden – haben sie aber körperlich, emotional und seelisch stark betroffen.“ Die Kinderpolitikerin, Mitglied in der Kinderkommission des Bundestags, fordert, aus den Corona-Erfahrungen zu lernen und Strukturen zu schaffen, die Kinder zu Wort kommen lassen.

Kinderrechte sind mehr als Kinderschutz

Schneidewind-Hartnagel erklärt, dass die UN-Kinderrechtskonvention bei den Kinderrechten weit über den Kinderschutz hinausgeht. Es gehe unter anderem auch darum, Kinder altersgerecht zu informieren und ihre Perspektiven bei Entscheidungen zu berücksichtigen. „Förderung und Beteiligung sind ebenso wie der Kinderschutz wesentliche Bausteine der Kinderrechte“, sagt die Politikerin.

Für dieses Zuhören müssten starke Strukturen geschaffen werden. „Gleichzeitig können alle, die Verantwortung tragen, etwas im Kleinen tun“, ergänzt die Kinderpolitikerin. Sie richtet als erste Bundestagsabgeordnete einen Teil ihres Internet-Auftritts auf Kinder aus. „Nicht einmal eine Handvoll meiner Kolleginnen und Kollegen im Bundestag spricht Kinder auf ihren Webseiten überhaupt an“, stellt Schneidewind-Hartnagel fest, „und selbst die, die es tun, gehen kaum über allgemeine Informationen hinaus.“ Sie wolle Kinder über ihre Arbeit und ihre Themen informieren.

Es geht um die Stimmen der Kinder

Zum Weltkindertag 2020 geht sie noch einen Schritt weiter. Ab dem 18. September lädt sie Kinder ausdrücklich ein, sich und ihre Vorstellungen einzubringen. „Es wird viel über Kinder geredet – aber wenig mit ihnen.“ Viele Mitglieder des Bundestags nehmen etwa auf ihren Internetseiten in Anspruch, sich für Kinderbeteiligung einzusetzen. „Ich wollte mehr, als dem allgemeinen ‚Chor für Kinderbeteiligung‘ eine weitere Stimme hinzuzufügen. Es soll nicht um meine Stimme gehen, sondern um die Stimmen der Kinder“, erklärt Schneidewind-Hartnagel.

„Im Menüpunkt „Für Kinder“ ist eine Art Button eingerichtet, über den Kinder zu Informationen gelangen, um schnell mit mir in Kontakt zu treten“, erläutert die Abgeordnete. „Meines Wissens fordert im Moment niemand unter den 709 Bundestagsabgeordneten ausdrücklich Kinder zum Dialog auf. Für mich ist der ‚Schreib mir‘-Button ein Weg, Kindern einen einfachen Weg zur Beteiligung zu geben. Es ist höchste Zeit, dass das geschieht. Wer unter 18 ist und schreiben kann, ist herzlich eingeladen, das zu tun.

“ Nachahmer*innen erwünscht

Die Politikerin hofft, mit ihrer direkten Ansprache junger Menschen zahlreiche Nachahmer*innen auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen zu finden. „Ich verstehe mein Angebot als einen kleinen Schritt hin zu tatsächlicher Beteiligung von Kindern.“ Sie verweist zudem auf die im Zuge der Corona-Krise abgesagten Kundgebungen von Fridays for Future. „Mein Angebot gilt natürlich auch all denen, die freitags demonstriert haben und jetzt vielleicht nach neuen Kanälen suchen, um gehört zu werden. Das sind junge Menschen, die sich Gedanken um ihre und unsere Zukunft machen und die uns wirklich etwas zu sagen haben. Ich finde, wir sollten ihnen zuhören und sie ernst nehmen.“

Quelle: Pressemitteilung Charlotte Schneidewind-Hartnagel, MdB Bündnis 90/Die Grünen vom 18.09.2020

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Im Jahr 1954 empfahlen die Vereinten Nationen in der 9. Vollversammlung ihren Mitgliedsstaaten, einen weltweiten Tag für Kinder einzurichten. In Deutschland wurde daraufhin der 20. September als offizielles Datum für den Weltkindertag bestimmt.

In diesem Jahr steht der Weltkindertag unter dem Motto „Kinderrechte schaffen Zukunft“. Damit wollen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland in den Fokus rücken, dass die Verwirklichung der Kinderrechte einen entscheidenden Beitrag für nachhaltige Entwicklung leistet.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die Stärkung der Kinderrechte ein. Der Vorsitzende der Kinderkommission, Norbert Müller, erklärt anlässlich des Weltkindertags im Namen des Gremiums: „Wir müssen Kinderrechte ernst nehmen und in unserem Land aber auch weltweit zur Verwirklichung der Kinderrechte bei-tragen. Denn Kinderrechte schaffen Zukunftsperspektiven. Wenn Kinder sich entfalten können, gute Lebensbedingungen haben, Zugang zu guter medizinischer Versorgung und zu Bildung genießen, eröffnet das nicht nur Chancen für die Kinder, sondern für eine Gesellschaft insgesamt. Wo Kinder von politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen betroffen sind, muss ihr Wohl besondere Berücksichtigung finden. Deshalb ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kinderrechte nicht nur am Weltkindertag, sondern im Alltag ins Zentrum zu stellen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 18.09.2020

  • COVID-19-Pandemie
  • 152 Millionen Kinder müssen weltweit arbeiten
  • Recht auf Bildung und Teilhabe ist auch in Deutschland eingeschränkt

Die Situation der ärmsten Kinder weltweit ist durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie verzweifelt. Brot für die Welt und die Diakonie Deutschland rufen zum Weltkindertag (20.9.) gemeinsam dazu auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, Kinder nicht um ihre Zukunftschancen zu bringen. Das Motto des Weltkindertages lautet "Kinderrechte schaffen Zukunft".

"Die ärmsten Familien mit den geringsten Ressourcen werden am meisten durch die Pandemie belastet und erhalten am wenigsten Unterstützung. Ihre Einkommenssicherung könnte auf Kosten der Zukunft der Kinder gehen. Millionen Kinder werden nach dem Ende der Ausgangssperren nicht mehr in die Schule zurückkehren können, weil sie zum Familienunterhalt beitragen müssen, wenn die internationalen Geber nicht rasch etwas für die soziale Absicherung armer Familien weltweit tun", sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Die COVID-19-Pandemie hat die sozialen Ungleichheiten weiter verschärft. Die Stiftung des Friedensnobelpreisträgers und Brot-für-die-Welt- Partners Kailash Satyarthi hat berechnet, dass aktuell nur knapp 0,13 Prozent aller weltweiten Corona-Hilfen dafür vorgesehen sind, die am stärksten benachteiligten Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Füllkrug-Weitzel: "In den Unterstützungsleistungen Deutschlands und der EU werden die Armen weltweit kaum angemessen berücksichtigt. Kinder vor Sklaverei und Ausbeutung zu schützen, sie und ihre Familien mit sozialen Sicherungssystemen vor extremer Armut zu bewahren und ihnen zu helfen, weiter in die Schule zu gehen, sollte einen hohen Stellenwert bei Zuwendungen aus Coronamitteln haben. Dafür müssen auch deutlich mehr Finanzmittel bereitgestellt werden und soziale Grundsicherung in den ärmsten Ländern muss für die ärmsten Bevölkerungskreise finanziert werden."

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) müssen weltweit 152 Millionen Kinder arbeiten, davon 73 Millionen in ausbeuterischen Verhältnissen.

Die Vereinten Nationen befürchten, dass die Kinderarbeit zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder ansteigen könnte. Es wird geschätzt, dass rund 300 Millionen Kinder, vor allem Mädchen, auch nach Ende der Pandemie nicht mehr in die Schule zurückkehren könnten. "Schulschließungen – in manchen Ländern für das ganze Schuljahr und ohne digitale Kompensationsangebote – haben bereits jetzt dazu geführt, dass sich die Zukunftschancen für Kinder verdunkeln. Für 368 Millionen Kinder weltweit ist damit auch die oft einzige Mahlzeit am Tag weggefallen und sie sind über Monate unterernährt worden. Auch das ist eine Belastung für ihre Zukunft!" sagt Füllkrug-Weitzel.

Doch nicht nur in den ärmsten Ländern, auch im reichen Industrieland Deutschland werden Kinder in ihrem Recht auf Bildung und umfassender gesellschaftlicher Teilhabe eingeschränkt. Gerade jetzt zum Schuljahresbeginn zeigt sich, wie Kinder aus Familien mit niedrigen Einkommen, die nicht über eine digitale Grund- Ausstattung verfügen, auf Dauer in ihren Bildungschancen benachteiligt sind.

Hier werden die verfassungsgemäß garantierten Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Chancengleichheit missachtet. So sind immer noch in einigen Bundesländern die Mittel aus dem Sofortprogramm zur digitalen Teilhabe in Höhe von 500 Millionen Euro nicht bei den Kindern angekommen. Die notwendigen Bedarfe für Schule und Bildung werden auch in den neu festgelegten Hartz IV-Regelsätzen nicht ausreichend berücksichtigt. In Deutschland leben 1,5 Millionen Kinder bis 14 Jahren von Hartz IV.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: "Die digitale Grundausstattung von Kindern im Grundsicherungsbezug muss voll finanziert werden: Jedes dieser Kinder braucht einen Laptop und einen WLan-Zugang. Digitale Bildung ist eine Voraussetzung auch für soziale Teilhabe, sonst nehmen wir in Kauf, dass eine große Gruppe von Kindern und Jugendlichen schon jetzt als Verlierer der Digitalisierung feststeht, weil sie von vornherein benachteiligt sind. Nicht nur beim digitalen Lernen, auch der Austausch mit Mitschülerinnen und Mitschülern läuft über Smartphone und Laptop. Eine gute Bildung ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft der ganzen Gesellschaft. Deshalb muss die Politik mehr als bisher in die Bildung und den schnelleren Ausbau der Digitalisierung investieren. Alle Kinder müssen die gleichen Chancen und die beste Bildung erhalten."

Hintergrund:

Brot für die Welt setzt sich gegen ausbeuterische Kinderarbeit ein. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist das evangelische Hilfswerk Träger der globalen Kampagne "100 Millionen" in Deutschland. Ziel ist es, Kinderarbeit bis 2025 zu beenden. In Deutschland fordert die Kampagne ein Verbot von Produkten aus Kinderarbeit und ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards verpflichtet.

Weitere Informationen:

www.brot-fuer-die-welt.de/100millionen

https://www.diakonie.de/kinderarmut

https://www.diakonie.de/digitalisierung

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.09.2020

Eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) ist der Meinung, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Denn 72 Prozent sind der Ansicht, dass die Interessen von Kindern in der Corona-Pandemie nur unzureichend berücksichtigt wurden und werden. In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern sind 76 Prozent der Befragten der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen gesunken sind, in Bezug auf die Bildungschancen von Kindern aus armen Haushalten meinen das sogar 81 Prozent. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politik- und Sozialforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes zum Weltkindertag.

„Die Umfrage zeigt deutlich, dass die Bevölkerung in Deutschland hinter unserer Forderung steht, endlich Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Dazu sollte zügig ein Gesetzentwurf im Bundeskabinett verabschiedet werden und im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfinden, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards zu einer umfassenden Absicherung von Kinderrechten angemessen Berücksichtigung finden. Gerade die Verankerung des Kindeswohlvorrangs im Grundgesetz ist unabdingbar, damit beispielsweise Behörden und Gerichte den Interessen von Kindern in Zukunft bei der Rechtsdurchsetzung hinreichend Gewicht verleihen. Das bedeutet, dass die Interessen von Kindern bei allen sie betreffenden Entscheidungen mit besonderem Gewicht in die Abwägung einbezogen werden müssen. Zudem bestünde in diesem Fall eine besondere Begründungspflicht, wenn ausnahmsweise andere Rechtsgüter von Verfassungsrang dem Kindeswohl vorgehen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

KINDERRECHTE INS GRUNDGESETZ

Eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) ist der Meinung, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Frauen (77 Prozent) meinen häufiger als Männer (65 Prozent) und Befragte unter 45 Jahren (75 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 77 Prozent der 30- bis 44-Jährigen) häufiger als ältere Befragte (66 Prozent der 45- bis 59-Jährigen und 69 Prozent der über 60-Jährigen), dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten. Auch Befragte mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen (74 Prozent) sowie Anhängerinnen und Anhänger der Grünen (86 Prozent), Linken und der SPD (jeweils 81 Prozent) meinen häufiger als Befragte mit geringem Einkommen (65 Prozent) und die Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien (CDU/CSU 70 Prozent, FDP 62 Prozent), dass die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen durch eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz stärker berücksichtigt werden sollten. Insbesondere die Anhängerinnen und Anhänger der AfD (44 Prozent) meinen deutlich seltener als der Durchschnitt, dass die Rechte von Kindern ins Grundgesetz gehören. Ob im Haushalt Kinder leben oder nicht, hat kaum einen Einfluss auf diese Frage.

KINDERINTERESSEN IN DER CORONA-KRISE

72 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Interessen von Kindern im Rahmen der während der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen nicht so stark (58 Prozent) oder sogar gar nicht (14 Prozent) berücksichtigt wurden. Befragte aus Ostdeutschland (85 Prozent) meinen noch häufiger als westdeutsche Befragte (70 Prozent), dass die Interessen von Kindern in der Pandemie bislang nicht so stark bzw. gar nicht berücksichtigt wurden und werden. Etwa ein Viertel (24 Prozent) meint, dass die Interessen von Kindern seit Beginn der Corona-Krise eher starke (21 Prozent) oder sogar sehr starke (3 Prozent) Berücksichtigung finden. Befragte unter 30 Jahren (34 Prozent), Anhängerinnen und Anhänger der CDU/CSU (37 Prozent) und Befragte mit einer formal niedrigen Bildung (36 Prozent) glauben häufiger als der Durchschnitt der Befragten, dass die Interessen von Kindern bei den ergriffenen Maßnahmen Berücksichtigung finden.

„Wir sehen an vielen Stellen, dass sich Politik und Verwaltungen bemühen, in der Corona-Pandemie den Kinderinteressen gerecht zu werden. Zugleich erleben wir aber auch eine grundlegende Geringschätzung gegenüber den Bedürfnissen von Kindern. Sie sind oftmals einfach nur Regelungsgegenstand von Politik. Hier zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Wenn es um Entscheidungen mit Tragweite geht, werden die Interessen und die Meinungen der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt. Ihr Beteiligungsrecht an den politischen Entscheidungen wird derzeit vielfach schlichtweg übergangen“, so Krüger weiter.

AUSWIRKUNGEN DER CORONA-KRISE AUF KINDER

In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern ist eine Mehrheit der Befragten (76 Prozent) der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen etwas (55 Prozent) bzw. sogar stark (21 Prozent) gesunken sind. 16 Prozent denken, dass die allgemeinen Bildungschancen in etwa gleich geblieben sind. Dass diese gestiegen sind, glauben nur sehr wenige Befragte (5 Prozent).

In Bezug auf die Bildungschancen von sozial benachteiligten Kindern meinen sogar 81 Prozent, dass diese etwas (28 Prozent) bzw. stark (53 Prozent) gesunken sind. Für 8 Prozent sind sie gleich geblieben und für 9 Prozent gestiegen.

Beim Thema Kinderarmut sind etwa zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) der Ansicht, dass diese während der Corona-Krise bislang etwas (43 Prozent) bzw. sogar stark (21 Prozent) gestiegen ist. Für jeden Fünften (22 Prozent) verharrt die Kinderarmut auf dem Niveau wie vor der Pandemie. Dass die Kinderarmut während der Corona-Krise gesunken ist, denkt jeder zehnte Befragte (10 Prozent).

Am eindeutigsten sind die Aussagen zum Thema Gewalt gegen Kinder: Etwa acht von zehn Befragten (79 Prozent) sind überzeugt, dass im Rahmen der Corona-Pandemie Gewalt gegen Kinder etwas (50 Prozent) bzw. stark (29 Prozent) gestiegen ist. Etwa jeder Zehnte (11 Prozent) meint, sie sei gleich geblieben. Dass Gewalt gegen Kinder in der Pandemie gesunken sei, meint fast keiner der Befragten (3 Prozent).

„Insbesondere Kinder mit besonderen Förderbedarfen dürfen jetzt nach Öffnung der Schulen nicht aus dem Blick verloren werden. Das betrifft etwa Kinder aus armen Familien, die oftmals nicht über die technische Ausstattung oder andere Lernunterstützungsmöglichkeiten verfügen. Nachholbedarfe müssen genau beobachtet und passgenaue, stigmatisierungsfreie Angebote zur Lernunterstützung gemacht werden. Zudem sollten weitere längerfristige Schulschließungen unter allen Umständen vermieden werden. Angesichts der Folgen der Corona-Krise ist damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien weiter ansteigen wird. Es ist deshalb an der Zeit, die Bekämpfung der Kinderarmut strukturell und umfassend über eine Gesamtstrategie anzugehen. Auch das Deutsche Kinderhilfswerk geht wie die Befragten davon aus, dass aufgrund der erhöhten Konflikt- und Stresssituationen in den Familien die Gewalt gegen Kinder in der Corona-Krise zugenommen hat, aufgrund fehlender Kontrollinstanzen wie Erziehern und Lehrerinnen, oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe die ohnehin schon hohe Dunkelziffer weiter gestiegen ist. Die letzten Monate haben gezeigt wie wichtig Zugangswege für Kinder zu Hilfsangeboten sind. Deshalb müssen Angebote von Telefon-Hotlines und digitale Hilfeplattformen weiter gestärkt werden“, so Krüger abschließend.

Für die repräsentative Umfrage zum Weltkindertag 2020 wurden vom Politik- und Sozialforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.015 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- drei Prozentpunkten.

Eine Zusammenfassung der Umfrage mit ausgewählten Grafiken findet sich unter www.dkhw.de/umfrage-weltkindertag2020.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 16.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag am 20. September in diesem Jahr mit einem großen digitalen Fest für Kinder in ganz Deutschland. Auf www.kindersache.de können sich Kinder und Jugendliche ab sofort über ihre Kinderrechte informieren und zahlreiche Spiel- und Mitmachaktionen nutzen. Das Motto des diesjährigen Weltkindertags lautet "Kinderrechte schaffen Zukunft". Schirmherrin des digitalen Weltkindertagsfestes des Deutschen Kinderhilfswerkes ist Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey.

Zum digitalen Weltkindertagsfest erwartet die Kinder ein vielfältiges Programm: neben einem Kinderrechte-Quiz mit tollen Preisen ein Box- und Fitnesstraining mit Boxweltmeisterin Regina Halmich, Basteln mit Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes, ein Gedächtnistraining mit Gedächtnisweltmeisterin Christiane Stenger, ein Fußballtraining mit Fußballern von Hertha BSC Berlin, Fußball-Logo-Ausmalbilder der DFL Stiftung und vieles mehr. Und auch der Kinderrechte-Song des Deutschen Kinderhilfswerkes "Ich darf das" als Karaoke und zum Erstellen eines Karaoke-Videos fehlt natürlich nicht im Angebot.

"Eigentlich haben wir uns auch in diesem Jahr wieder auf mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher zum Weltkindertagsfest rund um den Potsdamer Platz in Berlin gefreut. Aber die Corona-Pandemie hat uns hier einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Also feiern wir den Weltkindertag in diesem Jahr im Internet und hoffen, dass das wenigstens ein kleiner Ersatz ist. Und um es positiv auszudrücken: In diesem Jahr können alle Kinder und Jugendlichen mitfeiern, egal, wo sie gerade sind", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Mit dem Motto des diesjährigen Weltkindertags "Kinderrechte schaffen Zukunft" machen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland darauf aufmerksam, dass die Verwirklichung der Kinderrechte einen entscheidenden Beitrag für nachhaltige Entwicklung darstellt. Das Wohlergehen von Kindern – sowohl in Deutschland als auch weltweit – muss zum Maßstab einer zukunftsorientierten Politik werden. Mit dem Motto unterstreichen die beiden Organisationen zudem die große Bedeutung der Verankerung der Kinderrechte im deutschen Grundgesetz. Denn damit würde den Anliegen von Kindern auf allen Ebenen der Gesellschaft, in Politik, Verwaltungen, Kommunen oder Schulen Nachdruck verliehen. Wenn es gelingt, bessere Bedingungen zu schaffen, unter denen alle Kinder bestmöglich geschützt und gefördert werden und sie ihre Persönlichkeit frei entfalten können, ist das im Interesse der Kinder und der gesamten Gesellschaft. Starke Kinderrechte machen Deutschland kindgerechter und zukunftsfähiger.

Der digitale Weltkindertag auf www.kindersache.de wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 14.09.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

BMFSFJ und FAIR SHARE of Women Leaders e.V. starten strategisches Monitoring für den NGO-Sektor

Deutsche Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen werden überwiegend von Männern geführt. Zwar beschäftigen NGO’s und Stiftungen etwa 70% Frauen, doch nur rund 33% der Positionen in Leitungs- und Kontrollgremien sind derzeit mit Frauen besetzt. Dies geht aus dem ersten FAIR SHARE Monitor hervor, der im März 2020 als Pilotstudie von FAIR SHARE of Women Leaders e.V. veröffentlicht wurde.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) startet nun gemeinsam mit dem Verein FAIR SHARE of Women Leaders e.V. (FAIR SHARE) ein Projekt, um den Frauenanteil an Führungspositionen im zivilgesellschaftlichen Sektor systematisch zu untersuchen und Organisationen bei den notwendigen Veränderungsprozessen hin zu mehr Diversität zu begleiten. FAIR SHARE wird dazu systematisch Daten zur Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen erheben, auswerten und veröffentlichen. Daneben geht es um eine verstärkte Netzwerkarbeit und strategische Kooperationen der verschiedenen Organisationen. Der Monitor vom März 2020 umfasste 84 NGOs und Stiftungen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey zum Start des Projekts:

„Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen sollte sich überall in der Gesellschaft widerspiegeln. Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen leisten wichtige Arbeit für mehr Gerechtigkeit auf der ganzen Welt. Und sie haben deshalb eine besondere Verantwortung, dies auch in den eigenen Strukturen zu leben. Was es für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst bereits gibt, wird der FAIR SHARE Monitor nun für den zivilgesellschaftlichen Sektor leisten: eine kontinuierliche Erfassung der Daten zu Frauen in Führung. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Transparenz. Wir erwarten dadurch spürbare Impulse für Veränderungen in den Organisationen.“

Das Projekt wird von 2020 bis 2024 mit rund 690.000 Euro vom BMFSFJ gefördert. Der Verein FAIR SHARE setzt sich seit seiner Gründung für einen fairen Frauenanteil in den Führungsetagen zivilgesellschaftlicher Organisationen ein und fordert sie auf, bis spätestens 2030 Geschlechtergerechtigkeit in ihren Leitungsebenen zu erreichen.

Helene Wolf, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von FAIR SHARE, erklärt: „Zukunftsfähige Organisationen setzen sich bewusst mit Fragen zu Diversität, Gleichberechtigung und Repräsentation in ihren eigenen Strukturen auseinander. Die strategische Zusammenarbeit mit dem BMFSFJ ermöglicht es uns nun, das Thema Geschlechtergerechtigkeit gemeinsam mit Organisationen des zivilgesellschaftlichen Sektors voranzutreiben. Wir wollen den Sektor dabei unterstützen, die eigene Organisationskultur kritisch zu hinterfragen und gemeinsam neue Wege zu gehen.“

Der nächste FAIR SHARE Monitor wird im März 2021 veröffentlicht. Ab Oktober 2020 werden zivilgesellschaftliche Organisationen dazu aufgefordert, die Datenerhebung zu unterstützen und die FAIR SHARE Selbstverpflichtung für einen fairen Frauenanteil in Führungspositionen bis 2030 zu unterzeichnen.

Weiterführende Informationen zu FAIR SHARE: https://fairsharewl.org/de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.09.2020

Erstmals wird heute der International Equal Pay Day begangen – der auf die fortwährende und weltweite Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam macht. Anlässlich dieses Tages fordert die SPD-Fraktion im Bundestag: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Weltweit verdienen Frauen im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. In Deutschland liegt die Lohnlücke bei 20 Prozent. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern eine Frage der Gerechtigkeit.

Mit dem Entgelttransparenzgesetz, dem Führungspositionsgesetz, der Aufwertung sozialer Berufe und mit zahlreichen Maßnahmen für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir bereits wichtige Schritte gegangen, um die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen.

Klar ist aber auch: weitere Schritte müssen folgen. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Forderung unserer Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht, die Frauenquote auf weitere Unternehmen und auf Vorstände auszuweiten. Das Entgelttransparenzgesetz braucht mehr Biss. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern. Zudem wollen wir die Familienarbeitszeit und das Familiengeld einführen.

Für uns gilt: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss für Frauen und Männer uneingeschränkt gelten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.09.2020

Familienleistung wird weiter flexibilisiert

Heute hat das Bundeskabinett den Entwurf zur Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Das Elterngeld ist DAS Erfolgsmodell unserer Familienpolitik. Wir haben es im Laufe der Jahre immer wieder verbessert und den Wünschen der Eltern angepasst. Das tun wir erneut mit diesem Gesetzentwurf.

Die meisten Eltern wünschen sich, dass beide Zeit für die Familie und Zeit für den Beruf haben. Daher eröffnen wir ihnen neue Freiräume, um die Betreuung der Neugeborenen und die Erwerbsarbeit noch besser vereinbaren zu können. Mütter und Väter können das Elterngeld künftig noch flexibler nutzen. Die feste Bezugsdauer von vier Monaten für die Partnerschaftsbonus-Monate, in denen beide Eltern parallel in Teilzeit arbeiten, wird aufgehoben. Zukünftig können Eltern wählen, ob sie zwei, drei oder vier Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen wollen. Und der Zeitkorridor der erlaubten Arbeitsstunden wird auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert.

Und noch eine Erleichterung für Eltern bringen wir in dieser Woche im Bundestag auf den Weg: Noch in diesem Jahr startet das Pilotverfahren zur Digitalisierung von Familienleistungen: Namensbestimmung, Antrag auf Elterngeld und Kindergeld können bald in einem digitalen Kombi-Antrag beantragt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 16.09.2020

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung erklärt SvenLehmann, Sprecher für Queerpolitik:

Intergeschlechtlichen Säuglingen und Kindern operativ ein Geschlecht zuzuweisen, ohne dass dies medizinisch notwendig ist, verletzt grundlegende Rechte der Kinder. Diese Operationen sind in der Regel irreversibel und haben oft traumatische Folgen im späteren Verlauf des Lebens. Es ist überfällig, sie endlich konsequent zu verbieten.

Der Gesetzentwurf ist aber eine große Enttäuschung, denn er missachtet das Selbstbestimmungsrecht der Kinder. Die Entscheidung über den Körper von insbesondere intergeschlechtlichen Kindern soll nach dem Willen der Bundesregierung weiterhin bei den Erwachsenen liegen. Und dies auch in Fällen, in denen keine medizinische Indikation vorhanden ist und es schlicht um Geschlechtsstereotypen geht.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll ein operativer Eingriff an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen weiterhin erlaubt werden, der „allein in der Absicht erfolgt, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder des weiblichen Geschlechts anzugleichen“. Diese Fremdbestimmung wird seit Jahren nicht nur von Verbänden intergeschlechtlicher Menschen kritisiert, sondern von internationalen Organisationen als Menschenrechtsverletzung qualifiziert.

Zudem ist es unerklärlich, warum die Bundesregierung ein Verbot von Behandlungen lediglich für Kinder „mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ vorschlägt. Im Ergebnis werden erneut Ärztinnen und Ärzte darüber entscheiden können, wer schutzwürdig ist und wer nicht. Dieser Weg ist bereits im Gesetz zur „Dritten Option“ gescheitert, wie die unzähligen Klagen und Widersprüche zeigen.

Wie ein OP-Verbot klar und konsequent geregelt werden kann, haben wir Grüne mit unserem bereits in den Bundestag eingebrachten Selbstbestimmungsgesetz vorgeschlagen. Es darf keine geschlechtszuweisenden Operationen an Säuglingen und Kindern geben, die medizinisch nicht notwendig sind. Wir appellieren an CDU/CSU und SPD, unserem Selbstbestimmungsgesetz zuzustimmen, statt einen faulen Kompromiss zwischen Justiz- und Innenministerium zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 23.09.2020

Zur Umfrage von Save the Children zur Situation von Kindern in 37 Ländern während der Corona-Pandemie erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Ottmar von Holtz, Sprecher für Zivile Krisenprävention:

Kinder dürfen nicht zu Verlierern der Corona-Pandemie werden – weder in Deutschland noch weltweit. Alle Kinder haben ein Recht auf Kindheit, Gesundheit, Bildung und persönliche Entwicklung. Die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention muss endlich als eine der zentralen politischen Herausforderungen anerkannt werden. Deutschland muss sich gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft insbesondere für die Bekämpfung der schlimmsten Einschränkungen von Kinderrechten wie den Ausschluss von Bildung, Mangelernährung und gewaltsamen Tod, Kinderarbeit, Kinderarmut und Krankheit stark machen.

Globale Krisen wie die COVID 19-Pandemie treffen die Schwachen und Ärmsten mit besonderer Härte. Das gilt für Staaten, Unternehmen und Individuen gleichermaßen – Vergrößerung von Ungleichheit, das ist das Gegenteil dessen, was wir mit den nachhaltigen Entwicklungszielen erreichen wollen.

Bildung ist zentral, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Sie befähigt dazu, selbstbestimmt zu leben, gut bezahlte Arbeit zu finden und sich an politischen Prozessen zu beteiligen.

Durch die Schulschließungen wurde und wird der Bildungsweg von Schülerinnen und Schülern unterbrochen – für viele permanent und mit lebenslangen Konsequenzen. Armut und deren negative Folgen verfestigen sich dadurch auch für die nachfolgenden Generationen. Schulschließungen sind nicht nur im Hinblick auf die Bildungssituation dramatisch: Schulen sind Orte der Stabilität, der Sicherheit und des Schutzes. Die internationalen Bemühungen müssen nun schnell einen Fokus auf die Wiedereröffnung von Schulen legen, um den Zugang zu guter Bildung gewährleisten.

Auch ohne die Corona- Pandemie liegt die Weltgemeinschaft bei der Erreichung des nachhaltigen Bildungsziels SDG 4 bis 2030 hoffnungslos zurück, so weit liegen seit Anbeginn Lippenbekenntnisse und tatsächliches Engagement auseinander. Schon in der Finanzkrise 2008/2009 sanken die Bildungsinvestitionen und haben sich seither nicht mehr vollständig erholt. Insbesondere in den als Fundament und für benachteiligte Gruppen elementaren Bereichen frühkindliche und Grundschulbildung gehen die Investitionen auch des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seit Jahren zurück. Aus dem bilateralen Bereich will sich das BMZ nun mit BMZ 2030 komplett zurückziehen. Zwar sind Erhöhungen für die multilateralen Bildungsfonds vorgesehen, aber bei weitem nicht das, was einem fairen deutschen Beitrag entspräche. Gerade in der aktuellen Krise brauchen diese Mechanismen zügig zusätzliche Mittel, um der sich abzeichnenden Bildungskrise Herr zu werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2020

Zum Jahresbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik:

Wohnungs- und Obdachlosigkeit werden immer weiblicher und jünger. Zugleich sind immer mehr Alleinerziehende und ihre Kinder betroffen. Eine steigende Anzahl von Menschen wächst in unserem wohlhabenden Land ohne ein festes Zuhause auf. Diese fortschreitende Entwicklung ist alarmierend und traurig und zeigt das Versagen der Großen Koalition in der Wohnungspolitik.

Es braucht mehr Unterstützung und Mittel für passgenauere und zielgruppenorientierte Beratungs- und Auffangangebote vor Ort auch gezielt für Frauen und Familien, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Die Anpassung der Höhe der Mietkostenübernahme im SGB II und SGB XII wäre ein wichtiger Schritt, um diese Familien zu entlasten. In Sammelunterkünften muss Diversität und Barrierefreiheit berücksichtigt und es müssen mehr Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten insbesondere für jüngere Frauen und Kinder geschaffen werden. Zu oft sind die vorhandenen Angebote nicht entsprechend ausgelegt.

Auch die Corona-Pandemie erfordert eine durch den Bund koordinierte Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und sozialen Trägern, um eine flächendeckende temporäre Einzelunterbringung von wohnungslosen Menschen in Hotels, Pensionen oder Jugendherbergen zu gewährleisten.

Wir fordern die Bundesregierung auf, jetzt endlich ein umfassendes nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf den Weg zu bringen. Wohnungsnot und überteuerte Mieten werden von der Bevölkerung als drängendes Problem wahrgenommen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum muss endlich zur Priorität werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2020

Zum Bericht „Ungewollt Kinderlos 2020“ erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Elternschaft gehört für viele Frauen und Männer zu einem erfüllten Leben dazu. Auch wenn es kein Recht auf Elternschaft gibt, haben Paare aber das Recht, bei der Chance auf Elternschaft unterstützt und nicht etwa benachteiligt zu werden. Wir reden nicht von einer kleinen Randgruppe, fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist betroffen – mit über die letzten Jahre zunehmender Tendenz. Unerfüllter Kinderwunsch ist für Betroffene und für deren Partnerschaft enorm herausfordernd. Die Umfrage zeigt, dass Frauen deutlich stärker belastet sind als Männer. Es muss endlich Schluss sein mit der Stigmatisierung von ungewollter und gewollter Kinderlosigkeit von Frauen.

Betroffene Paare brauchen gute Beratung und Zugang zu einer diskriminierungsfreien, einheitlichen Finanzierung der künstlichen Befruchtung. Es ist längst nicht mehr argumentierbar, warum unverheirateten oder lesbischen Paaren der Zugang zu künstlicher Befruchtung zusätzlich erschwert wird. Außerdem muss der Finanzierungs-Flickenteppich vereinheitlicht werden. Denn momentan ist die Senkung des Eigenanteils durch Zuschüsse vom Bund daran gebunden, dass in dem jeweiligen Bundesland ebenfalls eigene Landesprogramme zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen unterhalten werden. Das ist aber lediglich in neun von 16 Bundesländern der Fall. Der Kinderwunsch darf aber nicht am Wohnort oder fehlenden finanziellen Mitteln scheitern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.09.2020

Zur Veröffentlichung des aktuellen Unicef-Reports zum Kindeswohl in 41 OECD- und EU-Staaten erklärt KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

In Deutschland muss das Wohl der Kinder stärker in den Mittelpunkt politischen Handelns gestellt werden. Das zeigt der aktuelle Unicef-Report deutlich: Was das Wohlbefinden der befragten Kinder betrifft, liegt Deutschland im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld. Die Corona-Krise spitzt bereits bestehende Problemlagen weiter zu. Es ist dringend geboten, die gesellschaftliche Teilhabe für alle Kinder zu sichern. Die Verankerung starker Beteiligungsrechte im Grundgesetz ist überfällig.

Die Anliegen von Kindern und Jugendlichen müssen endlich flächendeckend politisches Gehör finden. Die Frage der politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist dafür zentral: Junge Menschen sollen und wollen mehr mitreden. Deshalb fordern wir mehr Mitspracherecht für junge Menschen auf kommunaler Ebene und eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für alle Landtags-, Bundestags- und Europawahlen. Denn junge Menschen haben ein Recht auf politische Beteiligung – es geht schließlich auch um ihr Leben und ihre Zukunft.

Alle Kinder haben das Recht auf ein gutes Aufwachsen und gesellschaftliche Teilhabe. Eine Politik, die endlich das Kindeswohl stärker in den Mittelpunkt stellt, muss dringend auch hier ansetzen. Denn noch immer ist in Deutschland etwa jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Eine Zahl, die durch die Corona-Krise weiter ansteigen dürfte. Mangel gehört für die betroffenen Kinder und Jugendlichen oft zum Alltag – an Geld, aber auch an sozialer, kultureller und gesundheitlicher Teilhabe. Armut schränkt Kinder in ihrem Aufwachsen ein, sie beschränkt Kinder in ihren Bildungs- und Lebenschancen. Anstatt wie die Bundesregierung Kinderarmut weiterhin nur zu verwalten, fordern wir deshalb die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Beda rfen orientiert und automatisch, ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 03.09.2020

„Wenn man nur die offensichtlichsten Rechentricks der Bundesregierung eliminiert, liegt der Regelbedarf bei Hartz IV und anderen Formen der Grundsicherung für 2021 bei 658 Euro plus Stromkosten. Sozialminister Hubertus Heil muss endlich aufhören, die Regelsätze gezielt kleinzurechnen und Menschen dadurch in Armut und Vereinsamung zu treiben“, erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Ko-Parteivorsitzende, zu der von der Fraktion vorgenommenen Berechnung des Regelbedarfs bei den Grundsicherungen für 2021. Kipping weiter:

„Seit Jahren rechnet die Bundesregierung die Regelsätze für Hartz IV und andere Grundsicherungen mit vielen Rechentricks klein. Abgeleitet werden sie anhand einer Stichprobe von Ausgaben von Einkommensarmen und materiell Unterversorgten, den unteren 15 Prozent der Bevölkerung gemessen am Einkommen. Dabei werden zwar Grundsicherungsbeziehende nicht in diese Stichprobe einbezogen werden, wohl aber verdeckt Arme, Personen, die weniger Einkommen als Ausgaben haben, und Personen, die geringe Erwerbseinkommen haben und diese mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen. Außerdem werden viele statistisch erfasste Ausgaben dieser Personengruppe als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft und somit nicht berücksichtigt. Im Ergebnis kommt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales so zu einem Bedarf von Ein-Personenhaushalten von lediglich 446 Euro.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

„Wir werden nicht nur untersuchen, inwieweit Kinderrechte beschränkt wurden, sondern wollen auch konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten. Denn eines ist klar: So eine Beschneidung von Rechten wie während des Lockdowns und weit über diesen hinaus, sollen Kinder und Jugendliche nicht noch einmal erleben“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen Übernahme des Vorsitzes der Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder im Deutschen Bundestag. In seiner Vorsitzzeit bis zum 15. Februar will er die Auswirkungen des Corona- Krisenmanagements auf Kinder und Jugendliche untersuchen lassen. Müller weiter:

„Die Sachverständigen der ersten Sitzung sind Claudia Kittel (Monitoringstelle Kinderrechte beim Institut für Menschenrechte) und Prof. Dr. Michael Klundt (Kindheitswissenschaftler der Hochschule Magdeburg Stendal). Da die Öffentlichkeit derzeit nur begrenzt Zutritt zum Tagungssaal hat, werden alle zehn Sitzungen zeitversetzt im Internet übertragen. Das ist ein Novum für das seit 1988 bestehende Gremium. Wir hoffen, dass die Anliegen von Kindern und Jugendlichen so noch mehr Gehör finden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.09.2020

Zum Schulgipfel erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Vom Schulgipfel muss ein starkes Zeichen der Zuversicht und der Sicherheit ausgehen. Das ist die Bundesregierung den Schülern, Lehrkräften und Eltern schuldig. Ein wochenlanger Unterrichtsausfall darf sich nicht wiederholen. Bund, Länder und Kommunen müssen jetzt mit vereinten Kräften alles dafür tun, dass es nie wieder zu einem solchen Unterrichtschaos kommt. Die bloße Ankündigung weiterer kleinteiliger und bürokratischer Förderprogramme wäre eine herbe Enttäuschung. Unsere Schulen brauchen schnell handfeste und umfassende Verbesserungen der digitalen Lernmöglichkeiten: Jede Schule braucht dafür eine Lernplattform, eine Auswahl an hochwertigen Lernmaterialien und genug Leihgeräte für benachteiligte Kinder. Zudem müssen endlich auch Mittel für die digitale Weiterbildung von Lehrkräften fließen. Dazu ist ein Digitalpakt 2.0 dringend nötig. Unterricht im Präsenzbetrieb bleibt das Ziel, doch bei lokalen Schulschließungen muss der Unterricht reibungsfrei von zuhause fortgesetzt werden können.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 21.09.2020

Der Koalitionsausschuss hat am 3. Juni 2020 beschlossen, weitere 500 Millionen Euro als Finanzhilfe über den Digitalpakt Schule für die Administration bereitzustellen. Im Gegenzug verstärken nach Aussage der Bundesregierung die Länder die Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich Bildung in der digitalen Welt. Ferner hat sich der Koalitionsausschuss am 25. August 2020 darauf geeinigt, eine digitale Bildungsoffensive zu finanzieren. Hierzu sollen Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfaszilität der EU in Anspruch genommen werden, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22316) auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21921) zu den Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Schulunterrichts während der Schulschließungen. Die genannten Mittel seien ein Zusatz zu den ohnehin schon gewährten 100 Millionen Euro aus dem Digitalpakt für den Auf- und Ausbau von Lernplattformen und 500 Millionen Euro für ein Sofortausstattungsprogramm.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 993 vom 23.09.2020

Die Bemühungen des Bundeskriminalamts (BKA), nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz Mittäter ausfindig zu machen, sind nach Darstellung eines beteiligten Beamten durchweg ins Leere gelaufen. Es habe zwar mehrere Kontaktpersonen des Attentäters Anis Amri gegeben, die ihn unmittelbar vor der Tat noch gesehen hätten, doch hätten sie allesamt glaubhaft machen können, von seiner Absicht, mit einem Lastwagen einen Weihnachtsmarkt zu überrollen, nichts gewusst zu haben, berichtete Kriminalhauptkommissar A.S. am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz").

Der heute 38-jährige Zeuge ist seit 2011 im Referat TE33 des BKA mit Ermittlungen gegen radikalislamische Terroristen befasst. Nach dem Anschlag im Dezember 2016 war er in der federführenden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "City" tätig. Er habe dort anfangs, berichtete er, ein schließlich 15-köpfiges Team zur "Personensachbearbeitung" des Attentäters geleitet: "Wir haben versucht, uns ganz eng an Amri zu orientieren." Eine Hauptaufgabe sei gewesen, Amris Mobiltelefon auszuwerten, um festzustellen, wo er sich in den Tagen und Stunden vor dem Anschlag aufgehalten hatte.

Daraus habe sich ergeben, dass sich Amri am Tattag, dem 19. Dezember, bis etwa 14.15 Uhr in seiner Wohnung aufgehalten habe. Gegen 15 Uhr habe er auf dem Parkplatz eines Möbelmarkts im Stadtteil Wedding zwei Bekannte getroffen, die das Berliner Landeskriminalamt nach Bildern einer Überwachungskamera als Bilal Mahmoud und Walid Zaid identifiziert habe. Beide hätten in Vernehmungen angegeben, sie seien mit Amri spazieren gegangen, hätten gemeinsam in einem Grill etwas gegessen und sich dann getrennt. Zaid wurde am späten Abend am Tatort, dem Breitscheidplatz, angetroffen. Seine Angabe, er sei dort nur als Schaulustiger gewesen, habe sich aber nicht widerlegen lassen, sagte der Zeuge. Zudem habe die Überwachung seiner Telekommunikation ergeben, dass er von dem Attentat überrascht gewesen sei und Amri als Urheber zunächst nicht gekannt habe.

Was sich auch nicht mit letzter Sicherheit habe klären lassen, sei die Frage, wie Amri gelernt hatte, den Schwerlaster zu steuern. Zwar war der Wohnungsgeber, der ihn zuletzt als Untermieter beherbergt hatte, ausgebildeter Lastwagenfahrer und zehn Jahre lang bei einem Frachtunternehmen beschäftigt gewesen. Das sei, meinte der Zeuge, ein "blöder Zufall", der die Vermutung nahelegte, Amri könnte bei seinem Vermieter Fahrstunden genommen haben. Dies sei aber, wie der Mann in seiner Vernehmung "glaubhaft" habe machen können, nicht der Fall gewesen. Aus der Presse, fuhr der Zeuge fort, habe er erfahren, dass Amri angeblich von seinem Bruder in Tunesien im Umgang mit einem Lastwagen unterrichtet worden sei. Ob die Ermittler diesem Hinweis an Ort und Stelle nachgegangen seien, könne er nicht sagen.

Amris Vermieter sei diesem, wie er der Polizei berichtet habe, unmittelbar nach der Tat in der gemeinsamen Wohnung zuletzt begegnet. Amri habe "zerstreut" und "aufgeregt" gewirkt, seine Sachen gepackt, die Schuhe gewechselt und die Wohnung verlassen.

Im Sande verlaufen seien auch Ermittlungen nach einem Hinweis auf einen Komplizen namens Ahmed Hamami, der Amri laut Erkenntnissen der italienischen Polizei Schießunterricht erteilt haben soll. Zudem sei Amris Mobiltelefon zuletzt am 6. Februar 2017 aus dem Sudan angerufen worden. Die Polizei habe dem Vorfall "hohe Bedeutung" beigemessen und "umfangreiche Ermittlungen" angestellt. Doch auch diese Spur habe sich "aufgelöst".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 979 vom 18.09.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag (19/22554) für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn und eine Reform der Mindestlohnkommission vorgelegt. Darin schreibt sie: "Der symbolischen Aufwertung von Tätigkeiten im Niedriglohnsektor muss auch eine finanzielle Anerkennung folgen, die sich nicht in Einmalzahlungen erschöpft. Wenn Menschen in Vollzeit arbeiten, dann müssen sie von ihrer Arbeit auch leben können. Der Lohn muss deshalb zumindest existenzsichernd ausgestaltet sein." Die am 30. Juli 2020 von der Mindestlohnkommission beschlossene schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 10,45 Euro bis zum Juli 2022 reiche dafür nicht aus. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde der Mindestlohn erst in einigen Jahren die Höhe von zwölf Euro erreichen – und wäre dann bereits wieder zu niedrig. "Es braucht eine schrittweise und dennoch zügige Erhöhung auf zwölf Euro", fordern die Grünen.

Sie verlangen von der Bundesregierung unter anderem, dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Mindestlohn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Betroffenheit durch die Corona-Pandemie auf zwölf Euro pro Stunde erhöht wird. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Mindestlohns aber Aufgabe der Mindestlohnkommission bleiben, gleichzeitig soll aber das Mindestlohngesetz reformiert werden. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass die Ziele bei der Gesamtabwägung zur Erhöhung des Mindestlohns im Mindestlohngesetzes (MiLoG) dahingehend ergänzt werden, dass der Mindestlohn vor Armut schützen muss. Außerdem soll die Kommission künftig beschließen können, dass der Mindestlohn mindestens der Tarifentwicklung folgt und darüber hinaus auch relativ steigen kann. Die Grünen fordern weiter, die Kontrollen des Mindestlohngesetzes deutlich zu verbessern und eine Dokumentation der Arbeitszeit gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 975 vom 17.09.2020

Um die informellen Gespräche der Kultusminister im Kanzleramt, die Instrumente, um der Corona-Krise zu begegnen sowie die Grundausstattung für digitale Klassenzimmer ging es in der 60. Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda. Auskunft erteilte der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), Udo Michallik. Michallik betonte, dass bis zum 30. Juni 2020 zwar nur etwa 15 Millionen Euro Fördermittel des Bundes für digitalen Unterricht abgegangen seien, er aber davon ausgehe, dass sich diese Zahlen "deutlich verändern" werden.

Der KMK komme die Rolle eines koordinierenden Gremiums zu. Für die Umsetzung der Maßnahmen, wie etwa die Lizensierung der Lernmittel, seien die Länder zuständig, sagte Michallik. "Was die KMK die letzten Tage getan hat, war, mit MUNDO sodix.de eine ländergemeinsame Bildungsmedieninfrastruktur zu schaffen, die über den Digitalpakt gefördert wurde", berichtete Michallik. Diese beinhalte offene, lizenzrechtlich und qualitativ geprüfte Materialien – unter anderem eine Mediathek für Lehrende, Lernende und Erziehungsberechtigte, sowie einen Web-Editor zum kollaborativem Erstellen von Unterrichtsmodulen. Diese sei, bestätigte Michallik auf Nachfrage der Abgeordneten, ein Parallelangebot zur sogenannten HPI-Schulcloud, die vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam entwickelt wurde.

Auch warfen die Abgeordneten Fragen nach dem Umgang mit der Pandemie aus Sicht der Lehrenden auf. Da habe es "Licht und Schatten" gegeben, sagte Michallik. Es bestehe eine Bringschuld der Länder, die Lehrenden über "ausgedehnte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen" an ein Niveau heranzuführen, das sie in die Lage versetze, digitale Mittel und Methoden einzusetzen. Darüber hinaus sei es aber auch eine Frage der Ausbildung der Lehrkräfte an den Universitäten.

Nach langem Ringen war 2019 das Grundgesetz geändert worden, damit, obwohl Schule Ländersache ist, der Bund Geld für die Digitalisierung der Schulen beisteuern kann. Mehr als fünf Milliarden Euro stellt der Bund etwa für Investitionen in Smartboards, Schul-WLAN, Online-Lernplattformen und mobile Endgeräte zur Verfügung. Von den Ländern kommen weitere 500 Millionen Euro. In Kraft getreten war der Digitalpakt am 17. Mai 2019.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 969 vom 17.09.2020

Die Bundesregierung bemisst den Erfolg des Digitalpakts Schule nicht am Mittelabfluss. Lehrkräfte und -inhalte ließen sich nicht durch Investitionen in digitale Technik ersetzen. Bildung werde insbesondere bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen durch pädagogische und fachliche Kompetenz und Engagement der Lehrkräfte im schulischen Unterricht vermittelt. Das macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22033) auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21714) deutlich. Die am Mittelabfluss ablesbaren Investitionen in digitale Bildungsinfrastrukturen könnten daher nur Voraussetzung, aber kein Maßstab für den Erfolg des Digitalpakts Schule sein.

Das Grundgesetz erlaube der Bundesregierung über Finanzhilfen im Bildungsbereich hinaus keine inhaltliche Einwirkung auf die Schulpolitik der Länder. Der Digitalpakt Schule sei jedoch von Bund und Ländern sowohl ausweislich der Präambel als auch der regelmäßigen Berichtspflichten mit den inhaltlichen Zielen der von der Kultusministerkonferenz 2016 beschlossenen Strategie "Bildung in der digitalen Welt" verknüpft.

Die FDP hatte daraufhin gewiesen, dass mit der Einigung auf den Digitalpakt Schule im Mai 2019 sich Bund und Länder darauf verständigt hätten, Schulen in Deutschland bis 2024 mit besserer digitaler Infrastruktur auszustatten und dafür bis zu 5,55 Milliarden Euro zu investieren. Laut einer Umfrage des Magazins "Focus" sei an allen Kultusministerien der Länder bislang rund 125 Millionen Euro bewilligt worden, also nur 2,5 Prozent. Die Kosten für die beantragten Projekte würden sich auf rund 284 Millionen Euro belaufen, was 5,7 Prozent entspreche.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 951 vom 16.09.2020

Der Bundesregierung ist es ein großes Anliegen, dass Schwangerschaftsberatung, Sexualaufklärung und Familienplanung ungehindert und sicher in Anspruch genommen werden kann. Das schreibt das Bundesjustizministerium namens der Bundesregierung in der Antwort (19/22143) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/21813) zu Auswirkungen des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft). Dies beinhalte auch die Möglichkeit einer niedrigschwelligen Beratung für schwangere Frauen, die sich in besonderen Notlagen befinden. Gerade für diese belasteten Frauen müsse ein freier, sicherer und diskriminierungsfreier Zugang zur Schwangerschaftsberatung gewährleistet werden.

Weiter heißt es in der Antwort, der ungehinderte Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sei in erster Linie durch das Polizei- und Ordnungsrecht zu gewährleisten, für das grundsätzlich die Länder zuständig seien. Daten über Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren wegen Paragraf 219a gegen Schwangerschaftsberatungsstellen sowie gegen Kliniken und gegen Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ließen sich aus der Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik nicht entnehmen. Die Bundesregierung erhalte bisweilen Hinweise aus der Presse oder von Trägern der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen über Drohungen und Beleidigungen gegen Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Konkrete zahlenmäßige Erkenntnisse dazu lägen der Bundesregierung nicht vor.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 941 vom 14.09.2020

Die FDP-Fraktion will das schulische und außerschulisches Lernen stärken und hat dazu einen Antrag vorgelegt (19/22299). Dazu sollen die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in der frühkindlichen Bildung gestärkt werden. Gemeinsam mit den Kultusministerien der Länder sollen verpflichtende, qualitativ hochwertige und bundesweite Bildungsstandards in der frühkindlichen Bildung formuliert werden, damit besonders benachteiligte Kinder nicht auf Grund ihrer sozialen Lage, Herkunft oder ihres Wohnorts von Anfang an im Bildungssystem abgehängt werden. Gemeinsam mit der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" solle wissenschaftlich untersucht werden, welche Maßnahmen die Qualität der MINT-Bildung in Kitas wirksam und nachhaltig ausbauen, damit alle Kinder, unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht und individuellen Herausforderungen wie Begabungen davon profitieren.

Die FDP-Fraktion ist der Überzeugung, dass die MINT-Felder zunehmend an Bedeutung gewinnen, ob vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Industrie 4.0 oder der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und Wirtschaft: Alle Schülerinnen und Schüler müssen lernen, wie sie als Bürgerinnen und Bürger den Herausforderungen der Zukunft mit neuen Methoden, Kreativität und eigenständigem Denken begegnen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 940 vom 14.09.2020

Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollen die gesetzlichen Grundlagen für den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zügig geschaffen werden. In einem Antrag (19/22117) fordert sie die Bundesregierung auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vorzulegen, um den Rechtsanspruch ab dem Jahr 2025 realisieren zu können. Der Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung soll unabhängig vom Umfang der Berufstätigkeit der Eltern an fünf Tagen in der Woche für mindestens neun Stunden pro Tag für jedes Kind gelten und zudem ein Mittagessen umfassen. Zudem fordern die Grünen eine gemeinsame Qualifizierungsoffensive für pädagogisches Fachpersonal an Schulen und Horten von Bund und Ländern. So sollen unter anderem bundesweit die ausbildungsbezogenen Schulgelder entfallen und ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung geschaffen werden, um den Einstieg in den Erzieherberuf zu erleichtern.

Das Sondervermögen für den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote zur Finanzierung der Investitionskosten soll nach dem Willen der Grünen in den Jahren 2020 und 2021 auf vier Milliarden Euro aufgestockt werden. Auf Grundlage einer realistischen Bedarfsanalyse soll zudem eine faire Aufteilung der Investitions- und Betriebskosten zwischen Bund, Ländern und Kommen erreicht werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 930 vom 10.09.2020

In seiner 59. Sitzung hat der Ausschuss Digitale Agenda mit einem Vertreter des Bundesforschungsministeriums (BMBF) über aktuelle Entwicklungen in der digitalen Schulbildung in Zeiten der Corona-Pandemie diskutiert. Fast sieben Milliarden Euro seien für die Digitalisierung im Bildungssektor von Seiten des Bundes zur Verfügung gestellt worden, führte er aus. Vertreter der Kultusministerkonferenz (KMK) konnten nicht in der Ausschusssitzung erscheinen, sodass der Tagesordnungspunkt, insbesondere zur Umsetzung des Digitalpakts Schule in den Ländern, in der kommenden Sitzungswoche nochmals im Ausschuss diskutiert werden soll.

Auf der einen Seite habe die Pandemie wie ein Turbo gewirkt, was die Notwendigkeit der Digitalisierung anbelange, und die Akzeptanz gesteigert, diese in den veränderten Schulalltag einzubeziehen. Auf der anderen Seite habe Corona wie unter einem Brennglas die Schwächen in der Frage der Anbindung von Schulen und der Nutzung von digitalen Möglichkeiten offenbart. Bis die ersten Digitalpakt-Anträge gestellt wurden, habe es etwas gedauert und die Entwicklung sei in den Bundesländern "sehr unterschiedlich", sagte der BMBF-Vertreter.

Bis zum 30. Juni 2020 konnte eine Mittelbindung von 250 Millionen Euro verzeichnet werden – das sei 17 Mal mehr im Vergleich zum Vorjahr und zeige die breite Umsetzung, stelle aber noch nicht zufrieden, sagte der BMBF-Vertreter. In der Pandemie sei zudem sehr schnell mit einem Programm in Höhe von 500 Millionen Euro nachgesteuert worden, durch das sozial bedürftige Schülern digitale Endgeräte zugänglich gemacht wurden. In einer weiteren 500 Millionen Euro schweren Vereinbarung sei etwa auch die Ausrüstung der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten geregelt worden. Ebenfalls sei über den Digitalpakt Schule eine Zusatzvereinbarung von ebenfalls 500 Millionen Euro geschlossen worden, die die Administratoren, die sich in Schulen um die digitale Lerninfrastruktur kümmern, berücksichtige.

Alle Vertreter der Fraktionen betonten, dass die Digitalisierung in den Schulen weiter am Anfang stehe. Sie thematisierten insbesondere den mangelhaften Mittelabfluss und die Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern. Auch wollten sie erfahren, wie die Schul-Cloud des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) genutzt werde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 929 vom 09.09.2020

Gesundheits- und Sozialexperten fordern mehr Wertschätzung für die Pflegeversorgung und eine bessere Bezahlung der Fachkräfte. Zudem weisen Fachleute auf die Bedeutung der pflegenden Angehörigen für die Versorgung hin und schlagen Entlastungen vor. Die Sachverständigen äußerten sich anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am Mittwoch über zwei Anträge der Grünen-Fraktion in schriftlichen Stellungnahmen.

Die Grünen-Fraktion fordert eine Entlastung professioneller Pflegekräfte. Die Pflege sei schon immer systemrelevant gewesen, heißt es in einem Antrag (19/19136) der Fraktion. In Deutschland spiegele der Lohnzettel die Arbeitsbedingungen, Zuständigkeiten und Systemrelevanz der professionellen Pflege nicht angemessen wider. Gefordert werden kurzfristige Initiativen zum Schutz der Pflegekräfte in der Coronakrise sowie perspektivisch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Ferner brauchen nach Ansicht der Grünen auch die pflegenden Angehörigen mehr Unterstützung. Die Abgeordneten fordern in einem Antrag (19/18957) einen besseren Infektionsschutz für pflegebedürftige Menschen und Pflegepersonen.

Die Fachleute unterstützten die Anträge im Grundsatz. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) erklärte, die Wertschätzung der Pflege müsse sich dringend in besseren Arbeitsbedingungen und in tariflicher Bezahlung widerspiegeln, etwa in der Altenpflege. Nötig sei auch mehr Personal.

Trotz gestiegener Anforderungen seien die Personalschlüssel in der Altenpflege seit den 1990er Jahren nahezu unverändert geblieben. Von zentraler Bedeutung sei, dass ein in der Erprobung und Einführung bewährtes Personalbemessungssystem bundesweit eingeführt werde.

Zustimmung kam von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die erklärte, Wertschätzung und Entlastung seien die wesentlichen Bedingungen dafür, Pflegende an die Kliniken zu binden und neue Pflegekräfte zu rekrutieren.

Die Arbeitsforscherin Tine Haubner von der Universität Jena stellte fest, dass trotz der prognostizierten Abnahme familiärer Pflegebereitschaft die Angehörigen den größten und zugleich kostengünstigsten Pflegedienst stellten. Von den rund 3,4 Millionen Pflegebedürftigen würden drei Viertel ausschließlich oder unter anderem von Angehörigen versorgt. Die Mehrheit der drei bis fünf Millionen privaten Pflegepersonen sei weiblich und nahezu im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung in die Pflege eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 927 vom 09.09.2020

Die Bundesregierung verteidigt das Konzept der Bedarfsgemeinschaften, verschließt sich aber nicht gegenüber neuen sozial- und familienpolitischen Konzepten. Dies betont sie unter Verweis auf Konzepte vom Bündnis Kindergrundsicherung oder der Bertelsmann-Stiftung in ihrer Antwort (19/21797) auf eine Kleine Anfrage (19/21244) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In diesem Zusammenhang müssten jedoch unter anderem die Ergebnisse der Arbeitsgruppe "Kindergrundsicherung" der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister beziehungsweise Senatoren abgewartet werden, schreibt die Regierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 905 vom 04.09.2020

Die Bertelsmann Stiftung hat in den vergangenen Wochen die Initiative #StopptKinderarmut mit Unterstützung zahlreicher kinder- und familienpolitischer Organisationen durchgeführt. Denn mehr als jedes fünfte Kind erlebt in Deutschland Armut. Prominente Influencer*innen haben sich in Videos zu Wort gemeldet und ihre eigenen Armutserfahrungen geteilt. Die vielen Reaktionen der jungen Menschen darauf zeichnen ein differenziertes Bild davon, was es in Deutschland bedeutet, in Armut aufzuwachsen. Zahlreiche Prominente wenden sich heute mit einem Offenen Brief an die Politik und Öffentlichkeit und fordern: #StopptKinderarmut. Unter den Fürsprecher*innen sind die Influencer*innen Hatice Schmidt, Leeroy Matata, Anderson, JustCaan, Kati Karenina, Kicki Yang Zhang, MrTrashpack, Simon Will oder der Musiker Matondo Castlo. Auch andere bekannte Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens bringen ihre Unzufriedenheit mit dem Maß an Kinderarmut in Deutschland zum Ausdruck – u.a. Nina Bott, Frank Buschmann, Katja Burkard, Tyron Ricketts, Balbina, Hans Sarpei, Jasmin Wagner oder Timur Ülker.

In dem Brief fordern die Prominenten, Kinderarmut zu entstigmatisieren und politisch zu bekämpfen. Dem Offenen Brief vorausgegangen war seit Anfang August eine ganze Reihe von Videobeiträgen zahlreicher prominenter YouTuber*innen, in denen diese eigene Armutserfahrungen schildern und ihre Community motivieren, sich selbst zum Thema Kinderarmut zu äußern. Die insgesamt sechs Videos wurden seitdem von mehr als einer halben Million jungen Menschen angesehen und haben eine Fülle an Reaktionen hervorgerufen – sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in Form ausführlicher Beiträge in der Kommentarfunktion der Videos. Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, ist die Social-Media-Initiative eine neue und gewinnbringende Erfahrung: „Armut darf nicht stigmatisieren. Mit der Initiative #StopptKinderarmut werden junge Menschen ermutigt, offener über ihre Erfahrungen zu sprechen.“ Im Rahmen der Initiative haben sich viele Jugendliche geöffnet und ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema Armut zum Ausdruck gebracht. Dabei wurden unterschiedliche Aspekte deutlich: So waren viele junge Menschen dankbar, dass prominente Vorbilder ihre eigenen Armutserfahrungen offen geteilt haben. Das Gefühl, das Tabuthema ansprechen zu können, wurde als sehr hilfreich empfunden. Zudem drückten viele Jugendliche aus, wie gefangen sie – und ihre Familien – sich in der Armutssituation fühlen, wie schwer der Ausweg ist – und wie unverschuldet das Abrutschen in Armut war. Gerade ihren Eltern zollen viele junge Menschen Respekt, die trotz widriger Umstände alles für ihre Kinder geben.

Zahlreiche Reaktionen der jungen Menschen veröffentlicht die Bertelsmann Stiftung anonymisiert in einer Broschüre. Die Bildungsinitiative MESH Collective hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Initiative umgesetzt. Head of MESH Julia Althoff zeigt sich bewegt von der Offenheit der jungen Menschen: „Armut bestimmt den Alltag von 2,8 Millionen Kindern in Deutschland. Mit der Social-Media-Initiative #StopptKinderarmut haben diese Kinder eine Plattform erhalten und wir hoffen, dass auch die Politik hingesehen hat.“ Dräger bekräftigt: „Jetzt ist der Zeitpunkt, um gegen Kinderarmut vorzugehen.“ Eine Kindheit sei zu kurz, als dass die Politik noch Jahre warten könnte. Dräger schlägt vor, mit einem Teilhabegeld gegen Kinderarmut vorzugehen. Ziel müsse es sein, unbürokratisch den Kindern, Jugendlichen und Familien Unterstützung zukommen zu lassen, die auf Hilfe angewiesen sind. Ihre Bedarfe für gutes Aufwachsen, Bildung und Teilhabe müssen gedeckt werden, wenn das Einkommen Zuhause nicht reicht. Eine Bündelung bestehender familienpolitischer Leistungen zu einer einzigen Maßnahme sei ein erster und wichtiger Schritt. Er begrüßt deshalb, dass sich einige Parteien mit einer Kindergrundsicherung auf den Weg machen. Mehr Informationen zu der Initiative #StopptKinderarmut finden sich unter www.stopptkinderarmut.org. Dort können auch die Videobeiträge von Anderson, Matondo Castlo, JustCaan, Kati Karenina, Leeroy Matata und der Offene Brief angesehen werden sowie ein Auftaktvideo, in dem zahlreiche Influencer*innen und von Armut betroffene Kinder zu Wort gekommen sind.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 15.09.2020

Frauen in West- wie in Ostdeutschland haben in Puncto Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Absicherung in den vergangenen Jahren gegenüber Männern aufholen können. Trotzdem gibt es beim Thema Gleichstellung weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West. Bei zentralen Arbeitsmarkt-Größen wie der Erwerbsbeteiligung, der Arbeitszeit und dem Einkommen sind die Abstände zwischen Männern und Frauen im Osten spürbar kleiner – allerdings beim Einkommen auf insgesamt niedrigerem Niveau als im Westen. Und auch wenn die Gleichstellung in Ost- wie Westdeutschland vielfach vorangekommen ist bleibt die durchschnittliche berufliche, wirtschaftliche und soziale Situation von Frauen in beiden Landesteilen weiterhin oft schlechter als die von Männern. Wo es Fortschritte gegeben hat und wo weniger, beleuchtet anhand von 27 Indikatoren und aktuellster verfügbarer Daten ein neuer Report, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.

Mehr Frauen in West und Ost erwerbstätig – aber Zunahme vor allem in Teilzeit

Die Auswertung im Vorfeld des 30. Jahrestags der Deutschen Einheit zeigt unter anderem: Bei schulischer und beruflicher Qualifikation haben Frauen in beiden Landesteilen weitgehend mit den Männern gleichgezogen. Bei der Erwerbsbeteiligung zeigen sich dagegen trotz Annäherungen auch heute noch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern und zwischen Ost- und Westdeutschland. So lag die Erwerbstätigenquote westdeutscher Frauen 2018 um gut acht Prozentpunkte unter der von westdeutschen Männern (71,6% vs. 80 Prozent). 1991 war die Differenz indes noch fast dreimal so groß. Auch die Erwerbstätigenquote von Frauen in Ostdeutschland ist mit aktuell 73,9 Prozent höher als 1991, und der Abstand gegenüber ostdeutschen Männern von knapp 12 auf gut vier Prozentpunkte gesunken.

Allerdings beruht diese Entwicklung vor allem auf mehr weiblicher Teilzeitarbeit. In Ostdeutschland ist der Anteil der Teilzeitstellen an allen Beschäftigungsverhältnissen von Frauen zwischen 1991 und 2018 um 17,2 Prozentpunkte gewachsen – sogar etwas stärker als in Westdeutschland (14,3 Prozentpunkte). Dennoch liegt die Teilzeitquote der westdeutschen Frauen mit aktuell 48,6 Prozent weiterhin deutlich über der der Ostdeutschen (34,7 %). Der Anteil der Frauen, die lediglich einen Minijob haben, ist mit 17,1 Prozent im Westen sogar fast doppelt so hoch wie in Ostdeutschland mit 9,9 Prozent.

Rückstand gegenüber Männern bei der Arbeitszeit: 5 Stunden im Osten, sogar 9 im Westen

Bei Männern ist Teilzeitarbeit in beiden Landesteilen hingegen eher ein Randphänomen. Das hat auch deutliche Auswirkungen auf die durchschnittlichen Arbeitszeiten, zeigt die WSI-Studie: In Westdeutschland verbringen Frauen nach den neuesten verfügbaren Daten neun Stunden weniger als Männer mit Erwerbsarbeit – der Rückstand ist wegen der höheren Teilzeitquote eine Stunde größer als 1991. In Ostdeutschland liegt die Differenz bei fünf Stunden und somit zwei Stunden höher als noch vor 30 Jahren.

Die deutlichen Differenzen beim zeitlichen Umfang der Erwerbsarbeit hängen nach der WSI-Analyse maßgeblich mit dem unterschiedlichen Angebot an institutioneller Kinderbetreuung zusammen: In Ostdeutschland werden 41,4 Prozent der Kinder unter drei Jahren und 74,8 Prozent der 3- bis 6-Jährigen ganztags außer Haus betreut. Dagegen sind es im Westen nur 14,3 bzw. 40,5 Prozent – bei spürbar höherer Nachfrage. Immerhin hat sich das Angebot an Ganztags-Kinderbetreuung in Westdeutschland im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt, so dass die Abstände zwischen beiden Landesteilen etwas kleiner geworden sind. „Sowohl die Unterschiede zwischen Ost und West als auch die schrittweise Annäherung zeigen, dass Fortschritte bei der Gleichstellung sehr oft von Rahmenbedingungen abhängen, die am besten der Staat gestaltet – durch verbindliche Regeln und Investitionen in Infrastruktur“, sagt Dr. Aline Zucco, WSI-Forscherin und Ko-Autorin der Studie. „Einfach auf einen „Kulturwandel“ zu vertrauen, reicht nicht. Dann kommt man nur sehr langsam voran und viele – zunehmend sehr gut ausgebildete Frauen – sind gezwungen, unter ihren Möglichkeiten zu bleiben.“

Gender-Pay-Gap im Osten viel kleiner – aber auch, weil Männer weniger verdienen

Die Unterschiede bei Kinderbetreuung und Arbeitszeiten tragen, unter anderem wegen geringerer Karrieremöglichkeiten, wesentlich dazu bei, dass die Lohnlücke in Westdeutschland weiterhin deutlich höher ist als in Ostdeutschland: In Westdeutschland liegt der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen 21 Prozent unter dem von Männern, der Abstand ist dreimal so groß wie in Ostdeutschland. Allerdings spielt bei den geringeren Unterschieden im Osten ein weiterer Faktor eine erhebliche Rolle: Die Stundenlöhne ostdeutscher Männer sind wesentlich niedriger als die von männlichen Beschäftigten im Westen. Diese Diskrepanz zeigt sich auch bei der Einkommensverteilung: 26 Prozent der vollzeitbeschäftigten westdeutschen Männer haben monatliche Bruttoeinkommen über 5000 Euro – der Anteil ist mehr als doppelt so hoch wie unter westdeutschen Frauen (12,7%), ostdeutschen Männern (12,4%) oder Frauen (9,3%). Mit Niedrigeinkommen unter 2000 Euro monatlich für eine Vollzeitstelle müssen aktuell in Ostdeutschland zwar weniger Menschen auskommen als noch 2011, trotzdem ist der Anteil weiterhin deutlich höher als in den alten Bundesländern: Gut ein Viertel der ostdeutschen vollzeitbeschäftigten Frauen und ein Fünftel der Männer lagen 2018 unter dieser Einkommensgrenze. Im Westen waren es rund 19 Prozent der weiblichen und acht Prozent der männlichen Vollzeitbeschäftigten. „Es lohnt sich also, zusätzlich sehr genau hinzuschauen, auf welchem absoluten Niveau sich geschlechtsspezifische Differenzen darstellen“, sagt Forscherin Zucco. Neben den – auch 30 Jahre nach der Vereinigung – erheblichen Unterschieden in der Wirtschaftsstruktur trägt nach WSI-Untersuchungen auch die niedrigere Tarifbindung im Osten zum insgesamt niedrigeren Lohnniveau bei.

In einem weiteren Punkt unterscheiden sich die Geschlechter in Ost und West hingegen heute kaum: In beiden Landesteilen gibt es ähnliche geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl. Zugleich sind „typisch weibliche“ Dienstleistungs-Berufe, etwa in Handel, Erziehung oder im Pflege- und Gesundheitsbereich, zwar spätestens seit der Corona-Krise als „systemrelevant“ anerkannt, sie werden aber gleichwohl meist schlechter bezahlt als technische Berufe, in denen Männer dominieren.

Die weiterhin deutlichen Unterschiede in den Erwerbsverläufen ost- und westdeutscher Frauen führen auch zu gravierenden Differenzen bei der Absicherung im Alter: Nimmt man gesetzliche Rente, betriebliche und private Alterssicherung zusammen, beziehen Frauen in Westdeutschland durchschnittlich ein um 58 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer. Anfang der 1990er Jahre lag der Gender Pension Gap im Westen sogar bei 73 Prozent. In Ostdeutschland beträgt der Abstand durchschnittlich 28 Prozent, 1992 waren es noch 39 Prozent.

Anteil der Frauen in Führungspositionen im Osten spürbar höher

Weiterhin Rückstände, die im Osten aber kleiner sind, beobachten WSI-Expertin Zucco und ihre Forscherkollegin und -kollege Svenja Pfahl und Dietmar Hobler schließlich auch bei der Partizipation von Frauen an betrieblichen Führungspositionen – insbesondere auf den obersten Führungsetagen: Hier wird in Ostdeutschland nur eine von drei Stellen von einer Frau besetzt, in Westdeutschland sogar nur eine von vier. Der Anteil ist in den vergangenen 15 Jahren vor allem im Westen nur geringfügig gewachsen. Besser sieht es nach der WSI-Analyse auf der zweiten Führungsebene aus, wo der Frauenanteil in Westdeutschland mit 39 Prozent dem Anteil an allen Beschäftigten (44 Prozent) relativ nahe kommt. In Ostdeutschland sind Frauen auf der zweiten Führungsebene sogar leicht überrepräsentiert (45% vs. 44%).

Empfehlungen für mehr Gleichstellung: Bessere Kinderbetreuung, Quoten, mehr Vätermonate, ausgeglichenere Arbeitszeiten

Verpflichtende Vorgaben für Geschlechteranteile in Vorständen sind nach Analyse der Forscherinnen und des Forschers ebenso notwendig wie ein erweiterter Geltungsbereich der Geschlechterquote in Aufsichtsräten, die bislang nur greift, wenn Unternehmen börsennotiert und zugleich paritätisch mitbestimmt sind. Um die Gleichstellung von Frauen und Männern auf breiter Linie wirksam zu fördern, empfehlen sie darüber hinaus unter anderem:

  • Stärkere Anreize für Männer, Sorgearbeit zu übernehmen, etwa durch eine schrittweise Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld auf sechs Monate.
  • Einen weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der institutionellen Betreuung von Kleinkindern.
  • Eine finanzielle Aufwertung von frauendominierten Berufen im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich, um diese für beide Geschlechter attraktiver zu machen.
  • Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse bei Arbeitsbedingungen und sozialer Sicherung; Minijobs sollten möglichst in reguläre Beschäftigung überführt werden.
  • Schaffung von Arbeitsplätzen in kurzer Vollzeit und Abkehr von der Vollzeit- bzw. Überstundenkultur. Voraussetzung dafür seien unter anderem eine ausreichende Personalbemessung, verbindliche Vertretungsregelungen und Beförderungskriterien, die sich nicht an der Präsenz am Arbeitsplatz bzw. Überstunden orientieren.
  • Abschaffung des Ehegattensplittings, das vor allem in Westdeutschland ökonomische Fehlanreize für Ehefrauen nach der Familiengründung setzt, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben oder die Arbeitszeit deutlich zu reduzieren.

Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Aline Zucco 30 Jahre deutsche Einheit

Gleichstellung von Frauen und Männern auf den Arbeitsmärkten in West- und Ostdeutschland? WSI-Report Nr. 60 (Download ›)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 15.09.2020

  • 6% weniger Fälle als im Vorjahr
  • Deutlich weniger Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise: -29%
  • Überforderung der Eltern war mit 38% häufigster Anlass

Die Jugendämter in Deutschland führten im Jahr 2019 rund 49500 vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, sogenannte Inobhutnahmen, durch. Das waren knapp 3100 Fälle und somit 6% weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Weltkindertag am 20.September mitteilt. Hintergrund dieser Entwicklung ist ein erneuter Rückgang von Schutzmaßnahmen nach unbegleiteter Einreise aus dem Ausland: Deren Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um 29% auf gut 8600 Inobhutnahmen. Währenddessen stieg die Zahl der Schutzmaßnahmen aus anderen Gründen um 1% auf rund 40900 Fälle an. Langfristig setzt sich damit ein weiterer Trend fort: In den letzten zehn Jahren sind die Inobhutnahmen aus anderen Gründen mit leichten Schwankungen um 30% angestiegen – von rund 31500 Fällen im Jahr 2009.

Fast jedes fünfte Kind suchte selbst Hilfe beim Jugendamt

Etwa jedes dritte betroffene Kind war jünger als 12 Jahre, rund jedes zehnte sogar jünger als 3 Jahre. Jungen wurden etwas häufiger in Obhut genommen als Mädchen (53%), lediglich in der Altersgruppe von 12 bis 16 Jahren war das Geschlechterverhältnis umgekehrt. In etwa jedem fünften Fall (19%) hatten die betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst Hilfe beim Jugendamt gesucht. Am häufigsten war die Maßnahme aber von sozialen Diensten und dem Jugendamt angeregt worden (55%), in mehr als jedem zehnten Fall kam ein Hinweis von Polizei oder Ordnungsbehörden (12%).

Die meisten Minderjährigen waren vor der Inobhutnahme bei den Eltern (25%), bei einem allein erziehenden Elternteil (24%) oder einem Elternteil in neuer Partnerschaft untergebracht (14%). Aber auch eine vorherige Heimunterbringung war nicht selten (13%). In 23% aller Fälle waren die Kinder oder Jugendlichen vor der Inobhutnahme von zu Hause – einschließlich Pflegefamilie und Heim – ausgerissen.

Häufigster Grund für eine Inobhutnahme war Überforderung der Eltern

Am häufigsten wurden Kinder 2019 wegen Überforderung eines oder beider Elternteile in Obhut genommen (38%). Mit Abstand folgte an zweiter Stelle die unbegleitete Einreise aus dem Ausland (17%). Anzeichen für Vernachlässigung waren der dritthäufigste (14%) und Beziehungsprobleme der vierthäufigste Anlass für eine Inobhutnahme (12%). An fünfter Stelle standen Hinweise auf körperliche Misshandlungen (12%). Mehrfachnennungen waren hierbei möglich.

Gut die Hälfte der Schutzmaßnahmen konnte nach spätestens zwei Wochen beendet werden. Während der Inobhutnahme wurde die Mehrheit der betroffenen Kinder und Jugendlichen in einer geeigneten Einrichtung, zum Beispiel einem Heim, untergebracht (80%). Danach kehrte aber ein Großteil der Jungen und Mädchen an den bisherigen Lebensmittelpunkt zu den Sorgeberechtigten, der Pflegefamilie oder in das Heim zurück (38%). Knapp ein Drittel der Betroffenen bekam dagegen ein neues Zuhause in Pflegefamilien, Heimen oder betreuten Wohnformen (30%).

Methodischer Hinweis:
Die Jugendämter sind nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (§§ 42, 42a SGB VIII) berechtigt und verpflichtet, in akuten Krisen- oder Gefahrensituationen vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen als sozialpädagogische Hilfe durchzuführen. Diese können auf Bitte der betroffenen Kinder, bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl oder bei unbegleiteter Einreise aus dem Ausland eingeleitet werden. Bis eine Lösung für die Problemsituation gefunden ist, werden die Minderjährigen vorübergehend in Obhut genommen und gegebenenfalls fremduntergebracht, etwa bei Verwandten, in einem Heim oder einer Pflegefamilie.
Schutzmaßnahmen nach unbegleiteter Einreise werden ab dem Berichtsjahr 2017 aufgrund einer Gesetzesänderung in der Statistik differenziert nach vorläufigen Inobhutnahmen (§ 42a SGB VIII) und regulären Inobhutnahmen erfasst (§ 42 Absatz 1 Nummer 3 SGB VIII). Die Ergebnisse enthalten daher Doppelzählungen von Minderjährigen, die innerhalb eines Berichtsjahres zunächst vorläufig und später – i.d.R. nach einer Verteilung an ein anderes Jugendamt – regulär in Obhut genommen wurden. Im Jahr 2019 haben die Jugendämter knapp 4 900 vorläufige und rund 3 800 reguläre Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durchgeführt.

Bis einschließlich zum Berichtsjahr 2018 konnten in der Statistik höchstens zwei Anlässe für eine Inobhutnahme angegeben werden. Diese Beschränkung wurde ab dem Berichtsjahr 2019 aufgehoben. Die Angaben für 2019 sind daher nur bedingt mit den Vorjahresergebnissen vergleichbar. Das gilt auch für die Angaben zu körperlichen und psychischen Misshandlungen: Während sie bis zum Berichtsjahr 2018 zusammen als ein Anlass erfasst wurden, ist ab 2019 eine separate Erfassung als jeweils eigener Anlass vorgesehen.

Weitere Informationen stehen in der Publikation "Vorläufige Schutzmaßnahmen" sowie in der Datenbank GENESIS-Online unter dem Suchbegriff "Vorläufige Schutzmaßnahmen (22523)" bereit.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 17.09.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Mit Beginn der Aktionstage Nachhaltigkeit des deutschen Rates für nachhaltige Entwicklung startet die AWO eine fünfmonatige Kampagne rund um die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Unter dem Motto „Wir arbeiten dran!“ zeigt der Verband, welchen Beitrag die Freie Wohlfahrtspflege seit über hundert Jahren für eine nachhaltige Entwicklung leistet. Gleichzeitig soll Bewusstsein für neue Handlungsfelder wie Klimaschutz und nachhaltigen Konsum geschaffen und konkrete Projektideen für die nachhaltige Gestaltung sozialer Arbeit gesammelt werden.

Im Kern der Kampagne stehen die Berührungspunkte zwischen den 17 Zielen und den fünf Grundwerten der AWO Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz. Die Kampagne wird unterstützt von zahlreichen Aktionen in den bundesweit 18.000 Einrichtungen und Diensten der Arbeiterwohlfahrt. Aktionen und Projekte werden fortlaufend auf der Website www.wirarbeitendran.awo.org veröffentlicht und sollen als Praxisbeispiele und Anregungen für andere Engagierte und Träger dienen.

Die Kampagne startet mit dem Themenmonat zum AWO-Wert Gerechtigkeit und greift in jedem der vier Folgemonate einen weiteren Grundwert auf.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des Bundesvorstandes der Arbeiterwohlfahrt: „Wer Gerechtigkeit leben will, muss auch Klimagerechtigkeit leben! Nachhaltige Entwicklung kann nur funktionieren, wenn wir alle 17 Ziele gleichermaßen beachten. Wir als AWO leisten tagtäglich einen Beitrag zu vielen der 17 Ziele. Nachhaltige Entwicklung ist schon immer ein Kernthema der AWO gewesen. Aber wir müssen auch selbstkritisch sein, denn nicht zuletzt hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes und auch bei Fragen des nachhaltigen Konsums muss die AWO aktiver werden. Die Nachhaltigen Entwicklungsziele können uns hierbei als Maßstab dienen.“

Die nachhaltigen Entwicklungsziele wurden 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedet und werden von Deutschland im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt. Bis 2030 soll so die Vision einer nachhaltigen Entwicklung verwirklicht werden. AWO Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker dazu: „Die Verabschiedung der 17 Ziele durch die UN war eine Sternstunde der Nachhaltigkeitspolitik. Leider mangelt es in Deutschland aber noch an einer ambitionierten politischen Umsetzung. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wird vielen Ansprüchen noch nicht gerecht. Mit unserer Kampagne wollen wir das Bewusstsein für die Verantwortung der Wohlfahrtspflege stärken und auch die Politik auffordern, sich der 17 Ziele stärker anzunehmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 18.09.2020

Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hielt heute ihre erste Rede zur Lage der Union. Darin setzte sie ambitionierte Ziele für die Lösung drängender Zukunftsfragen. Konkrete Visionen für ein sozialeres Europa blieb sie jedoch schuldig.

Seit dem Jahr2010 zieht die Präsidentin bzw. der Präsident der EU-Kommission in einer Rede im Europäischen Parlament zur Lage der EU jeweils im Herbst eines jeden Jahres eine Bilanz zur bisherigen Arbeit der Kommission und stellt zugleich deren Pläne für die kommenden zwölf Monate vor. Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eröffnete ihre erste Rede zur Lage der Union mit einem Dank an die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie. Europa habe in der Pandemie mehr geschafft als jemals zuvor. Als Lehre aus der Pandemie müsse Europa als Gesundheitsunion gestärkt werden. Darüber hinaus kündigte sie an, zur besseren Bekämpfung von Lohndumping einen Rechtsakt für einen Mindestlohnrahmen auf den Weg zu bringen. Weitere Schwerpunkte ihrer Rede waren die Stärkung des Binnenmarktes, die Verschärfung der EU-Klimaziele und die Beschleunigung der digitalen Transformation. Die Kommissionspräsidentin mahnte die Mitgliedstaaten zur Kompromissbereitschaft in der Migrationsfrage und zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit.

AWO-Bundesgeschäftsführer Jens Schubert: „Die europäische Idee ist angesichts der vielen grenzüberschreitenden Herausforderungen unserer Zeit wichtiger denn je. Gegenüber rechten Bedrohungen stark sein, den Klimawandel bremsen, wachsende soziale Ungleichheit verhindern, Menschen vor Krieg und Verfolgung schützen: All das können wir nur gemeinsam schaffen und es ist gut und richtig, dass die Kommissionspräsidentin darauf pocht. Zuletzt aber hat diese Idee Schaden genommen. Wir müssen endlich diesen Grundgedanken der EU wieder ernst nehmen und in praktisches Handeln übersetzen.“

Dass die Leistungen der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft eine besondere Würdigung durch die Kommissionspräsidentin erfahren haben, ist aus Sicht der AWO sehr zu begrüßen. Die gemeinnützige Sozialwirtschaft mit ihren vielfältigen Diensten ist eine unverzichtbare Säule für ein soziales und solidarisches Europa. Daher muss der für das Jahr 2021 angekündigte Aktionsplan der Sozialwirtschaft eine echte Stärkung der gemeinnützigen Sozialwirtschaft auch über den Gesundheitssektor hinaus bewirken. Auch die angekündigte Verschärfung der EU-Klimaziele ist aus Sicht der AWO zu begrüßen. Dabei darf das Soziale allerdings nicht aus dem Blick geraten. Europa darf auf dem sozialen Auge nicht blind sein. Deshalb müssen aus der Europäischen Säule Sozialer Rechte verbindliche Initiativen folgen. Dies gilt in besonderem Maße für die Armutsbekämpfung.

Jens Schubert erklärt dazu: „In der Sozialpolitik wünschen wir uns von der EU-Kommission ambitioniertere Ziele. Was die Armutsbekämpfung in Europa, soziale Mindeststandards oder die Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte angeht, wünschen wir Konkreteres als das, was wir heute von Frau von der Leyen gehört haben. Damit das soziale Europa nicht ins Abseits gerät, muss die Bundesregierung die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen und das Thema ganz oben auf die Agenda setzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.09.2020

Die Corona-Pandemie verschlechtert die Lebensbedingungen der rund 680.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland deutlich. Anlässlich des Tags der Wohnungslosen führt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, aus: „Abstandsregeln und hygienische Schutzmaßnahmen sind mit den Lebensumständen wohnungsloser Menschen schwer vereinbar. Zudem gehören viele wohnungslose Menschen zu den Corona-Risikogruppen, da sie häufiger als andere Bevölkerungsgruppen unter Mehrfacherkrankungen leiden. Die vorhandenen sozialen Kontakte können sie nicht reduzieren, da diese überlebensnotwendig sind. Ein Rückzug in die eigene Wohnung zum Schutz ist für sie nicht möglich.“

Weiter führt Brigitte Döcker aus: „Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe müssen wirtschaftlich langfristig abgesichert werden. Bund, Länder und Kommunen sollten zusätzliche Mittel unbürokratisch zur Verfügung stellen.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hat ein 10 Punkte-Sofortprogramm erstellt: Hierzu gehören die Reduzierung der Belegungsdichte in Notunterkünften sowie die Aussetzung von Zwangsräumungen. Den ausführlichen Forderungskatalog finden Sie hier: https://www.bagw.de/de/neues~182.html

Die Engpässe bei den Hilfen für wohnungslose Menschen in allen existentiellen Lebensbereichen werden weiterhin auftreten und andauern. Menschen ohne Wohnung als schwächste Gruppe in der Gesellschaft sind dringend angewiesen auf institutionellen Hilfen. Sie brauchen aber auch nachbarschaftliche Hilfen und Schutz sehr dringend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 11.09.2020

Die geplante Einführung eines individuellen Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2025 ist ein wichtiges Signal der Politik, für und mit Kindern sowie Eltern Bildung verlässlich zu gestalten und bietet für alle beteiligten Akteure jetzt eine gute Gelegenheit den Ganztag noch einmal neu zu überdenken. Besonders die letzten Monate während der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig eine verlässliche Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur ist.

Deshalb ist es aus Sicht des BJK gerade jetzt wichtig, festgefahrene Diskussionen zu überwinden, ein wechselseitiges Verständnis füreinander zu entwickeln sowie eine gemeinsame Vision für einen kindgerechten Ganztag zu entwerfen. Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention kann hierfür allen Akteuren als gemeinsame rechtliche und normative Referenz dienen. Um die Komplexität der Situation und die damit verbundenen Herausforderungen zu veranschaulichen, geht die Stellungnahme darauf ein, welche Akteure mit welchen Interessen am Ganztag „ziehen" und in welchen Spannungsfeldern sie sich dabei bewegen.

Vor diesem Hintergrund fordert das BJK dazu auf, die bislang kaum gehörte Interessensgruppe der Kinder, viel stärker als bisher, in die Diskussionen zum Ganztag einzubeziehen und sie auf allen Ebenen aktiv an der Gestaltung, der an sie gerichteten Angebote, zu beteiligen. An den bereits im September 2019 erschienenen Zwischenruf zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter anknüpfend, formuliert das BJK notwendige Rahmenbedingungen und fachliche Standards, die zu erfüllen sind, damit eine kind- und altersgerechte Ausgestaltung der Ganztagsangebote gelingen kann.

Die Stellungnahme steht auf www.bundesjugendkuratorium.de zum Download bereit.

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Sachverständigengremium. Es berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik. Dem BJK gehören bis zu 15 Sachverständige aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft an. Die Mitglieder wurden durch die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Dauer der laufenden Legislaturperiode berufen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratorium (BJK) vom 14.09.2020

Soziale Arbeit wirkt bereits in der Kita. Der Deutsche Familienverband appelliert an die Bundesländer, auf diesem Feld aktiv zu werden. Außerdem braucht es Anerkennung vom Bund, um die Kita-Sozialarbeit voranzutreiben.

Kita-Sozialarbeit unterstützt die Entwicklung von Kindern von Anfang an. Um Kindern effektiv zur Seite zu stehen, arbeiten Kita-Sozialarbeiter eng mit Eltern und Einrichtungen zusammen. „Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Kitas unterstützen Familien auf unterschiedliche Weise: Sie helfen bei Anträgen oder im Behördendschungel, sie beraten Eltern, wenn es um die Förderung der Kinder geht, und sie unterstützen auch die Erzieher zum Beispiel bei schwierigen Elterngesprächen“, sagt René Lampe, Vizepräsident des Deutschen Familienverbandes (DFV).

Die soziale Arbeit an Kitas ähnelt der Schulsozialarbeit. Der Vorteil ist, dass Kita-Sozialarbeiterinnen und -Sozialarbeiter noch früher auf Bedürfnisse der Kinder eingehen und sie somit stärken können. „Kleine Kinder sind noch unbedarft und auch die Eltern von Kita-Kindern sind einfacher zu erreichen. Anders als bei größeren Schulkindern kommen sie täglich in die Kita, wenn sie ihre Kinder hinbringen oder abholen. Da bietet sich für die Sozialarbeiter gute Anknüpfungspunkte“, so Lampe.

Kinder und ihre Familien sind mit ganz unterschiedlichen Barrieren konfrontiert, die sie nicht oder nur sehr schwer ohne Hilfe überwinden können. Armut und Migration sind zwei wesentliche Gründe dafür. „Bei der Kita-Sozialarbeit geht es auch darum, Chancengleichheit herzustellen und die Selbsthilfepotenziale der Familien zu stärken oder auszubauen. Je früher einem Kind geholfen wird, desto besser ist es für seinen weiteren Weg in Schule und Beruf gerüstet“, sagt der DFV-Vizepräsident.

Kita-Sozialarbeit ist ein neuer Ansatz. Die Stadt Magdeburg in Sachsen-Anhalt hat das Modellprojekt „Soziale Arbeit in Kitas“ entwickelt und fördert seit diesem Jahr 13 Stellen für Kita-Sozialarbeiterinnen und -Sozialarbeiter bei zwei Trägern. Einer davon ist der DFV-Landesverband in Sachsen-Anhalt. „Mit der Kita-Sozialarbeit gehen die Kommunen neue Wege. Sie benötigen aber dringend Unterstützung“, so Lampe.

Zum Weltkindertag am 20. September 2020 fordert der DFV die Bundesländer auf, Meilensteine bei der Kita-Sozialarbeit zu setzen. „Auch der Bund muss Förderpakete schnüren, um den Ländern zu helfen“, sagt Lampe.

Weitere Informationen

Website des DFV Sachsen-Anhalt: https://dfv-lsa.de/kita/

Deutscher Familienverband: Wohnen – bezahlbar und familiengerecht (Forderungspapier)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.09.2020

Das Baukindergeld ist eine Erfolgsmaßnahme der Koalitionsregierung und unterstützt junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum. Der Deutsche Familienverband fordert zum Zweijahresjubiläum (18.09.2020) eine grundsätzliche Entfristung der Förderung.

„Das Baukindergeld ist ein Erfolgsprojekt und muss unbedingt weitergeführt werden“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). Mehr als 250.000 Familien haben in den letzten zwei Jahren die Förderung beantragt. Über 5,2 Milliarden von 9,9 Milliarden Euro Förderung sind für familiengerechten Wohnraum bisher beantragt worden.

„Die Antragsfristen für das Baukindergeld zu verlängern, ist ein guter Schritt. Wichtiger ist jedoch, die Fördermaßnahme grundsätzlich zu entfristen. Das wäre ein starkes Signal für Familien“, so Zeh zu Aussagen von Union und SPD zur Verlängerung des Baukindergeldes. Bisher ist es geplant, dass nur noch Familien eine Förderung bekommen, die bis zum Ende des Jahres 2020 eine Baugenehmigung erhalten oder eine Immobilie gekauft haben.

„Mondpreismieten, Verdrängung an die Stadtgrenzen und Diskriminierungen bei der Wohnungssuche sind für Familien längst Alltag geworden. Nur das Eigenheim bietet Eltern und ihren Kindern die Möglichkeit, familiengerecht zu wohnen und gleichzeitig für das Alter vorzusorgen“, sagt Zeh.

Der DFV fordert, Familien in den Mittelpunkt der Bau- und Wohnpolitik zu stellen. Was wir heute entscheiden, planen und bauen, wird das Leben von Familien über Jahrzehnte prägen. Ob Familien am Wohnort eine Heimat finden und sich willkommen fühlen, hängt entschieden davon ab, wie Kommunen, die Bundesländer und der Bund die Eigenheimförderung und einen im Koalitionsvertrag versprochenen Grunderwerbsteuerfreibetrag ausgestalten.

Kritik am Baukindergeld haltlos

Das Baukindergeld kommt bei Familien an. Das belegen Zahlen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Jeweils 43 Prozent der Geförderten haben ein oder zwei Kinder. 11 Prozent sogar drei. Zwei Drittel der Familien haben Kinder bis zum Alter von sechs Jahren. Die Kritik, die Förderung richte sich an Besserverdiener oder habe Mitnahmeeffekte, hat sich als haltlos herausgestellt. 60 Prozent der Bezieher haben ein Brutto-Haushaltseinkommen von maximal 40.000 Euro im Jahr.

Weitere Informationen

Deutscher Familienverband: Wohnen – bezahlbar und familiengerecht (Forderungspapier)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 17.09.2020

– Demokratiefördergesetz noch vor der Bundestagswahl

– Engagement gegen rassistische Diskriminierung ist gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe

– Ersatz des Begriffs "Rasse" beim Gleichheitsgebot im Grundgesetz

Anlässlich der gestrigen Anhörung des Kabinettsausschusses gegen Rechtsextremismus und Rassismus unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Merkel appelliert die Diakonie Deutschland an die Große Koalition, das geplante Demokratiefördergesetz zügig auf den Weg zu bringen.

Auch müssen Programme zur allgemeinen Demokratieförderung sowie zur Stärkung der sozialen, materiellen und politischen Teilhabe von Menschen, die trotz des grundgesetzlichen Gleichheitsgebots rassistische Diskriminierung erfahren, dauerhaft unterstützt werden. Bei der ersten Sitzung des Kabinettsausschusses im Mai hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als Antwort auf die Terroranschläge in Hanau und Halle zur Chefsache erklärt. Mittwoch wurden Vertreterinnen und Vertreter von Migrantenorganisationen angehört. Ziel des Kabinettsausschusses ist es, bis Herbst dieses Jahres weitere konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zu entwickeln.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Wir begrüßen die Einrichtung des Kabinettsausschusses durch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es ist ein wichtiges Signal, das Vorgehen gegen Rassismus und Rechtsextremismus zur Chefinnensache zu machen und fest in der Regierung zu verankern. Wir erwarten, dass der Kabinettsausschuss jetzt die Initiative ergreift und die Perspektiven der Menschen, die unter rassistischer Diskriminierung leiden, durch mehr Mitsprache verbessert. Aufmerksamkeit verdient daher die Idee der Migrantenorganisationen für einen ‚Partizipationsrat Einwanderungsgesellschaft‘, der aus Perspektive von Eingewanderten und von Rassismus betroffenen Menschen beratend und empfehlend an der Erarbeitung von Gesetzen mitwirkt und Diskussionen öffentlich begleitet."

Besonders unterstützt die Diakonie die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für die Demokratieprojekte des Bundes. "Das Engagement für eine starke Demokratie ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. Die Große Koalition muss noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr ein Demokratiefördergesetz verabschieden. Nur so kann der Bund dem dringenden Bedarf für eine nachhaltige Strukturförderung von Initiativen für Demokratie und gegen Rassismus entsprechen", so Lilie weiter.

Neben Solidarität mit den Betroffenen von Rassismus sind Programme zur Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit ein wichtiger Aspekt, um Demokratiefeindlichkeit zu begegnen und um Migrantinnen und Migranten eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Förderprogramme wie "Demokratie leben!" und "Zusammenhalt durch Teilhabe" leisten dazu einen wesentlichen Beitrag.

Die Diakonie Deutschland fordert darüber hinaus die Korrektur des Begriffs "Rasse" aus dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3 des Grundgesetzes. Zeitgemäß wäre es, ihn durch das Verbot "rassistischer Diskriminierung" zu ersetzen. Dazu hat das Forum Menschenrechte einen Formulierungsvorschlag erarbeitet.

Hintergrund und weitere Infos:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/rechtsextremismus-1754250

https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/migrationsfachdienste

https://www.diakonie.de/journal/demokratie-gewinnt

https://www.diakonie.de/interkulturelle-oeffnung

https://www.diakonie.de/journal/modellprojekt-vielfalt-gestalten-ausgrenzung-widerstehen

https://bundeskonferenz-mo.de/aktuelles

https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2020/06/2010-Positionspapier-GG-Änderung-Rasse.pdf

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 03.09.2020

Jeder Mensch braucht ein Dach über dem Kopf.

Auch die geschätzt über 650.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland. Für sie werden der Herbst und Winter unter Corona-Bedingungen zur besonderen Gefahr. Zum Tag der Wohnungslosen am 11. September drängt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, auf mehr Unterstützung für wohnungslose Menschen durch die Politik. Es müssen dringend mehr Unterkünfte und Hilfsangebote zur Verfügung stehen.

"Menschen ohne Obdach sind schutzlos. Die Corona-Krise hat ihre Situation massiv verschärft. Im Herbst und Winter wird das Leben auf der Straße noch riskanter.

Es sind dringend zusätzliche Unterkünfte und Hilfsangebote notwendig, um wohnungslose Menschen vor Infektionen und vor Kälte zu schützen. In der Corona- Krise haben viele Kommunen gute kreative Lösungen gefunden und wohnungslose Menschen zum Beispiel in Hotels und Jugendherbergen untergebracht.

Vorübergehende Lösungen helfen auch, dauerhaften Wohnraum für Wohnungslose zu finden. Diese Angebote müssen dringend verstetigt und ausgebaut werden, um rechtzeitig vor der kalten Jahreszeit genug Kapazitäten zu haben. Ohne Unterstützung aus der Politik geht es nicht! Die Wohnungsnotfallhilfe braucht mehr finanzielle Mittel für die Versorgung und Begleitung wohnungsloser Menschen und um zusätzliche Räume für wohnungslose Menschen zu erschließen.

Keinesfalls dürfen Einrichtungen in die Situation geraten, wohnungslose Menschen mit Verweis auf Corona-Schutzmaßnahmen abweisen zu müssen und sie den Risiken des Lebens auf der Straße bei Kälte auszusetzen."

Zum Hintergrund:

Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit der Wohnungsnotfallhilfe sehr erschwert.

Die notwendigen Abstands- und Hygieneregeln haben die Übernachtungskapazitäten und die Möglichkeiten zum Tagesaufenthalt in den Einrichtungen verringert. Zudem ist als Folge der Pandemie ein Anstieg der Wohnungslosigkeit zu erwarten. Für den Herbst und Winter werden daher zusätzliche Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeiten für wohnungslose Menschen benötigt, um gleichermaßen Infektions- und Kälteschutz zu gewährleisten.

Weitere Informationen:

Corona-Hilfsprojekt von Diakonie und Caritas für Wohnungslose in Hannover: https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2020/08/2020-08-05_2

Videos zu Hilfsangeboten für Wohnungslose in der Corona-Zeit des Diakonischen Werks Hannover: https://www.diakonisches-werk-hannover.de/aktuelles-medien/mediathek/videos/

Interview mit Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, zu den Folgen der Corona-Krise für Wohnungslose in der Frankfurter Rundschau (06.09.2020): https://www.fr.de/frankfurt/wohnngslose-in-hessen-viele-wurden-auf-die-strasse-zurueck-geworfen-90037946.html

Themenschwerpunkt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Wissen Kompakt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Kultusministerien der Länder auf, gemeinsam mit Schulen, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern flächendeckend Konzepte für einen digitalen Unterricht zu erarbeiten. Auch wenn der schulische Regelbetrieb in fast allen Bundesländern inzwischen wieder angelaufen ist, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sichergestellt sein, dass bei Schulschließungen der Präsenzunterricht durch digitalen Unterricht ersetzt werden kann. Nur so kann bei längerfristigen Schulschließungen oder der Quarantäne einzelner Gruppen eine Förderung aller Kinder sichergestellt werden. Zudem muss vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen auch durch die Corona-Pandemie der Schulbetrieb nachhaltig durch länderspezifische Fachkräfteoffensiven gestärkt werden.

"Wenn wir uns die Entwicklung der Corona-Zahlen anschauen, können wir nicht ausschließen, dass der Schulunterricht in nächster Zeit nicht nur an einzelnen Schulen, sondern auch flächendeckend ausfällt. Zudem kommt es immer wieder zu partiellen, aber längeren Schließungen aufgrund von Corona-Fällen. Dafür braucht es Konzepte für ein Home Schooling, das nicht nur aus dem Abwurf von Arbeitsblättern besteht, sondern das echter digitaler Unterricht ist. Die Schulen dürfen die Verantwortung für die Beschulung der Kinder nicht auf die Eltern abwälzen. Wichtig ist auch, dass der Fokus nicht ausschließlich auf der Vermittlung von Inhalten der Rahmenlehrpläne liegt. Der gemeinsame Austausch, etwa per Videochat mit den Schülerinnen und Schülern, das Erzählen über den Alltag und das Auffangen der Empfindungen zur aktuellen Situation muss zum Schutz des Kindeswohls und im Sinne des Beteiligungsrechts gewährleistet werden. Denn es geht hier vorrangig um Kinder und Jugendliche deren Gedanken, Empfindungen und Ängste gehört und ernstgenommen werden müssen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes gehört zu einer Forcierung der Digitalisierung im schulischen Bildungssystem die Möglichkeit zu strukturiertem Online-Unterricht mit klarem Ablauf und Zeitrahmen über digitale Tools. Datenschutzrechtlich zu prüfen wären beispielsweise auch Live-Streams aus dem Unterricht. Es braucht wissenschaftlich fundierte Qualitätskriterien für den digitalen Unterricht, die flächendeckend verbindlich gemacht werden müssen. Dort, wo technische Infrastruktur oder Nutzungskompetenzen nicht gegeben sind, müssen alternative didaktische Konzepte vorgehalten werden. Gleichzeitig müssen bürokratische Hürden beim Abruf von Fördermitteln beispielsweise aus dem Digitalpakt massiv abgebaut werden, um Schulleitungen bei der Herstellung technischer Infrastrukturen zu unterstützen.

Notwendig ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch beim Thema Digitaler Unterricht ein konzertiertes Vorgehen, etwa im Rahmen eines Bildungsgipfels, unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden. Damit könnte eine regelmäßige Abstimmung und ein Erfahrungsaustauch, das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie der gemeinsame Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise gewährleistet werden. Eine einseitige Fokussierung auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens trägt dabei den Herausforderungen, denen sich die Fachkräfte gegenübersehen und der Bedeutung der Bildungseinrichtungen für das Leben von Kindern nicht ausreichend Rechnung.

Um nachhaltig und krisenfest gute Bildung zu gewährleisten, müssen mit Nachdruck länderspezifische Fachkräfteoffensiven für den Schulbetrieb gestartet werden. Zudem müssen die Aus- und Weiterbildungscurricula so angepasst werden, dass sie den aktuellen Bedarfen von Fachkräften in der Praxis genüge tragen. Medienbildung sollte dabei ein verbindlicher Bestandteil sein. Eine solche Fachkräfteoffensive ist zur Qualitätsentwicklung in Schule und Kindertagesbetreuung immer wieder eingefordert worden, jetzt zeigen sich die bildungspolitischen Versäumnisse auf Bundes- und Landesebene umso heftiger.

Eine ausführliche Positionierung des Deutschen Kinderhilfswerkes zu schulischer und vorschulischer Bildung in Corona-Zeiten und zu langfristigen Maßnahmen für die Krisenfestigkeit des Bildungssystems kann unter www.dkhw.de/digitaler-schulunterricht heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 02.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an Bund, Länder und Kommunen, den angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen auch konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Zugleich mahnt die Kinderrechtsorganisation anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über Ganztagsbildung im Grundschulalter eine dauerhafte Finanzierung und Qualitätsstandards in diesem Bereich an. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes widerspricht ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Hier braucht es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Plätze nachhaltig sicherzustellen.

"Beim Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen dürfen die Kinderrechte nicht unter die Räder kommen. Deshalb brauchen wir hier klare Rahmenvorgaben durch den Bund, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben werden müssen und somit eine Umsetzung unabhängig vom Wohnort von Kindern garantieren. Gute Angebote in diesem Bereich zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die langfristiges finanzielles Engagement erfordert. Das können Länder und Kommunen nicht alleine stemmen. Durch eine Unterfinanzierung des Ausbaus droht die Qualität der Betreuungsplätze auf der Strecke zu bleiben. Deshalb muss das entsprechende Sondervermögen des Bundes aufgestockt werden", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Die Qualitätsstandards müssen sicherstellen, dass die Ganztagsbetreuung nicht in mittelmäßigen Verwahranstalten am Nachmittag endet.

Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, die sich an kindlichen Bedarfen und individuellen Entwicklungsschritten orientiert, die über den Tag verteilt Raum für formales und non-formales Lernen und für die persönliche Entwicklung der Kinder, aber auch für Spiel, Erholung und Bewegung bietet. Hierfür ist die Öffnung von Schulen in den Sozialraum und die verpflichtende Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern voranzutreiben. Das gilt es ebenso zu beachten wie die Sicherstellung eines angemessenen Personalschlüssels und eine qualitativ gute Mittagsverpflegung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung", so Hofmann weiter.

Bei der Erarbeitung von Ganztagskonzepten in den Schulen selbst ist es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wichtig, nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern einzubeziehen, sondern vor allem die Rechte und Interessen der Schülerinnen und Schüler ausreichend zu berücksichtigen. Die Beteiligung von Kindern ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert und darf nicht am Schultor enden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und ALDI Nord Stiftungs GmbH vom 10.09.2020

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. befasst sich auf ihrer Fachtagung „Ein Wunschkind – um welchen Preis?“ (16.-17. September 2020 in Bonn) mit ethischen Fragen an die Reproduktionsmedizin.

Deren Möglichkeiten, Angebote und Verfahren haben sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich erweitert. Es wachsen die Nachfrage und der Druck, die in Deutschland zugelassenen reproduktionsmedizinischen Verfahren auszuweiten. Zunehmend wird auf dritte Personen und deren „Zellmaterial“ zurückgegriffen. Dabei fordert das Auseinanderfallen von genetischer und rechtlicher Elternschaft die bisherigen Normen von Familie und Elterndasein heraus. Die eaf setzt sich für ein Fortpflanzungsmedizingesetz ein. Doch wie genau soll das aussehen?

In ihrem Positionspapier "Kinderwunsch und Kindeswohl. Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit Reproduktionsmedizin" hat die eaf schon im Vorfeld der Tagung die Rahmenbedingungen für reproduktionsmedizinische Behandlungen in den Blick genommen und dabei einen besonderen Fokus auf die Verantwortung für das Kindeswohl gerichtet. Diese Verantwortung stellt alle Beteiligten vor eine besondere Herausforderung, denn es handelt sich um eine vorausschauende Verantwortung, die prospektiv für ein noch nicht existierendes Kind wahrgenommen werden muss. Gesellschaft und Staat haben die wichtige Aufgabe, der Reproduktionsmedizin einen gesetzlichen und strukturellen Rahmen zu setzen, der eine Inanspruchnahme in Verantwortung ermöglicht.

Die Tagung will nun weiter ergründen, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den Chancen und Risiken der Reproduktionsmedizin konkret aussehen kann. Für individuelle Fragen stehen Prof. Dr. Ute Gerhard als Expertin und Mitverfasserin des Positionspapiers, PD Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf, und Dr. Insa Schöningh, Bundesgeschäftsführerin der eaf, zur Verfügung. Weitere ausgewiesene Experten und Vortragende finden Sie im Tagungsprogramm: https://www.eaf-bund.de/documents/Aktuelles/200629_Flyer_JT.pdf

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 10.09.2020

Die eaf begrüßt, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gemeinnützige Übernachtungsstätten für Kinder, Jugendliche und Familien mit einem Sofortprogramm unterstützt. Denn der Aufenthalt in einer Jugendbildungsstätte oder eine Gruppenfahrt kann Jugendlichen entscheidende Impulse für ihre Entwicklung geben.

Auch Familien finden in den Angeboten der Familienbildungsstätten wertvolle Unterstützung und profitieren außerordentlich vom Austausch mit anderen Menschen in gleicher Lage. Doch durch die Pandemie geraten die ohnehin prekär finanzierten Familienbildungsstätten aktuell in sehr bedrohliche Schieflagen. Sie finanzieren sich zu einem erheblichen Anteil aus Teilnahmebeiträgen und durch öffentliche Förderung für ihre Angebote. Da diese Angebote wegen des mehrmonatigen Lockdowns oder des Abstandsgebots gar nicht oder nur noch mit deutlich verringerter Gruppengröße stattfinden konnten und können, fehlt ihnen derzeit ein Großteil ihrer Einnahmen. Die technische Ausstattung der Einrichtungen lässt den Wechsel auf Online-Angebote nur begrenzt zu. Überdies sind viele Familien auf diesem Wege auch gar nicht erreichbar.

Martin Bujard, Präsident der eaf, fordert daher die Erweiterung des Sofortprogramms für Familienbildungseinrichtungen: „Familien brauchen niedrigschwellige Angebote direkt vor Ort. Sie benötigen die Unterstützung durch Angebote der Familienbildung jetzt mehr denn je, da sie in den vergangenen Monaten durch das Fehlen von Kinderbetreuungsangeboten, Schulschließungen und Unsicherheiten im Beruf oft außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren. Deshalb müssen die vorhandenen Angebote verlässlich abgesichert werden. Wir fordern umgehend eine direkte Unterstützung wegen krisenbedingter Einnahmeausfälle.“

Darüber hinaus fordert die eaf, die Angebote der Familienbildung als selbstverständlichen Teil der öffentlichen sozialen Daseinsvorsorge zu sichern und verlässlich allen Familien zur Verfügung zu stellen. Dies sollte im Zuge der für diese Legislaturperiode angekündigten Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes unbedingt gesetzlich festgeschrieben werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 04.09.2020

Zum „Internationalen Tag des alkoholgeschädigten Kindes“ am 09.09.2020 fordert die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände im Land Brandenburg (LAGF) ein vollständiges Werbeverbot für Alkohol in Fernsehen, Radio, Kino, auf Plakaten und im Internet.

Trinken werdende Mütter während der Schwangerschaft Alkohol, besteht für das Kind ein hohes Risiko für angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen, hirnorganische Beeinträchtigungen, Entwicklungsstörungen und extreme Verhaltensauffälligkeiten.

Unter dem Begriff FASD (Fetal Alkohol Spectrum Disorder) werden alle Formen dieser vorgeburtlichen Schädigungen zusammengefasst.

FASD wäre vollständig vermeidbar, wenn werdende Mütter während der Schwangerschaft konsequent auf Alkohol verzichten würden.

Ist ein Kind durch Alkohol im Mutterleib einmal geschädigt worden, trägt es lebenslang an den Folgen.

FASD-Deutschland e.V. hat zu einer Plakataktion aufgerufen.

Unter dem Motto: „Lebenslang durch Alkohol – und mich hat keiner gefragt“ werden die Bilder ab dem 09.09. durch die sozialen Netzwerke laufen.

Wenn Sie Hilfe brauchen, können Sie sich u.a. an die Spezialsprechstunde für FASD im Sozialpädiatrischen Zentrum des Carl-Thieme-Klinikums Cottbus oder an das Sozialpädiatrische Zentrum der Klinik Westbrandenburg in Potsdam wenden.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 08.09.2020

Angesichts des für heute angekündigten Asyl- und Migrationspaktes der EU-Kommission warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband vor einer weiteren Verschärfung der europäischen Abschottungspolitik auf dem Rücken von Schutzsuchenden.

Mit Blick auf die von der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bereits am Wochenende angekündigten Pläne für neue Flüchtlingslager kommentiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: “Wir brauchen keine neuen Lager, sondern eine Asylpolitik, die die Rechte der Schutzsuchenden achtet. Es ist erschütternd, dass die europäische Asylpolitik zunehmend auf Abschottung und Abschreckung schutzsuchender Menschen setzt.”

Nach Auffassung des Paritätischen Gesamtverbandes hat der Brand in dem griechischen Flüchtlingslager Moria noch einmal deutlich gemacht, dass große Lager an den EU-Außengrenzen nicht geeignet sind, Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen.

Der Paritätische kritisiert scharf, dass Asylanträge bereits an der EU-Grenze geprüft werden sollen, um Menschen schneller abschieben zu können. Eine faire und rechtsstaatliche Einzelfallprüfung sei so nicht möglich. Es sei zu befürchten, dass die Pläne der EU-Kommission faktisch auf eine Inhaftierung aller nach Europa einreisenden schutzsuchenden Menschen – einschließlich Familien und Kinder – hinauslaufen.

Statt noch mehr Abschottung fordert der Paritätische Gesamtverband legale Zugangswege für geflüchtete Menschen nach Europa und eine europäische Seenotrettung, die das Sterben auf dem Mittelmeer endlich beendet. Der Paritätische fordert eine Asyl- und Migrationspolitik, die die Menschenrechte der Schutzsuchenden achtet. Konkret müsse die sogenannten Dublin-III-Verordnung so reformiert werden, dass Verantwortung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten fair verteilt wird und die Rechte und Interessen der Schutzsuchenden gewahrt werden, damit eine bessere Integration im Aufnahmestaat gelingen kann.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 23.09.2020

Der Paritätische Gesamtverband mahnt anlässlich der neuen Steuerschätzung, die notwendigen Leistungen des Sozial- und Gesundheitswesens in den kommenden Jahren abzusichern. Es müsse jetzt ein klares Signal an alle sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen gegeben werden, dass ihre Finanzierung auch in den kommenden Jahren gesichert ist.

„Wir alle haben mit Corona die Systemrelevanz sozialer Einrichtungen erkannt. Ohne die soziale Infrastruktur kommt dieses Land nicht durch die Pandemie“, mahnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. „Viele Einrichtungen – Kindergärten, Pflegeeinrichtungen und andere – sind während der Corona-Pandemie an ihr Limit gelangt. Es hat sich gezeigt, wie groß der Investitionsbedarf beispielsweise im Bereich Erziehung und Pflege ist.“ Die beschlossene Verlängerung des Sozialdienstleister-Entlastungsgesetzes bis zum Jahresende bewertet Schneider vor diesem Hintergrund positiv.

Zentral in den Blick zu nehmen sind neben dem Bundeshaushalt die Kommunalfinanzen, so Schneider: „Wenn in der Kommune Einnahmen wegbrechen, bedroht das besonders deren freiwillige Leistungen, wie etwa die Finanzierung von Frauenhäusern, Jugendzentren oder Beratungsstellen.“ Hier werden die Kommunen mittelfristig auf Hilfen angewiesen sein.

Große Sorge bereitet Schneider die aktuelle Diskussion um die schnelle Reaktivierung der Schuldenbremse: „Die Diskussion um die Schuldenbremse ist aktuell deplatziert.“ Deutschland komme voraussichtlich einigermaßen gut durch die wirtschaftliche Krise und könne eine steuerliche Durststrecke eine gewissen Zeit aushalten.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 10.09.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 08. Oktober 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Im Rahmen dieser Veranstaltung sollen aktuelle Entwicklungen im Themenfeld der monetären Leistungen für Familien und Kinder aufgegriffen sowie weitere Schritte auf dem Weg zu einem konsistenten Gesamtkonzept der Unterstützung von Familien eruiert werden. Neben aktuellen Gesetzesinitiativen insbesondere im Bereich der Digitalisierung von Familienleistungen und zuletzt dem Zweiten Familienentlastungsgesetz wird im Rahmen des diesjährigen Forums Monetäre Leistungen für Familien und Kinder u.a. ein Blick auf die Diskussionen im Bereich monetärer Leistungen Im Rahmen der Erarbeitung des Neunten Familienberichts sowie im Rahmen des Prozesses der Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales (ASMK) und der AG "Einführung einer Kindergrundsicherung " geworfen. Außerdem werden die rechtlichen Schnittstellen, die mit einer Einführung einer Kindergrundsicherung verbunden und zu gestalten sind, thematisiert. Vertieft werden sollen dabei insbesondere die Schnittstellen zum SGB II bzw. der Bedarfsgemeinschaft der Eltern einerseits und zum Unterhaltsrecht andererseits.

Diese Veranstaltung richtet sich an familien- und sozialpolitische Expertinnen und Experten sowie Interessierte aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Justiz und Wissenschaft.

Anmeldeschluss ist der 24.09.2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

www.deutscher-verein.de/de/va-20-leistungen-familien-kinder

Termin: 19. Oktober 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, bis 2025 einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Kinder im Grundschulalter einzuführen. 2020 soll ein entsprechender Referentenentwurf vorgelegt werden. Die Landschaft der vorhandenen Angebote zwischen den Bundesländern ist enorm vielfältig, jedoch keineswegs bedarfsdeckend. Die aktuelle COVID-19-Pandemie hat gleichzeitig bereits vorher bestehende Handlungsbedarfe verschärft. Sei es die Frage der Gewinnung und Bindung von ausreichenden und gut qualifizierten Fachkräften, sei es das Zusammenwirken von Kommunen und Trägern, Schule und Kinder- und Jugendhilfe oder aber die Gewährleistung von Bildungsgerechtigkeit für Kinder und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie für die Eltern.

Die Veranstaltung wird sich deshalb mit den voraussichtlich vorgelegten Eckpunkten für einen Referentenentwurf befassen. Falls diese nicht vorliegen, soll gleichwohl der Frage nachgegangen werden, wie es gelingen kann, bundesweit, verlässliche und qualitativ gute ganztägige Angebote der Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter zu schaffen. Dabei werden zum einen die Bedarfe der Kinder und Eltern in den Blick genommen. Zum anderen wird sich die Veranstaltung mit dem erforderlichen Zusammenspiel von Kinder- und Jugendhilfe und Schule befassen. Schließlich thematisiert sie die Herausforderungen, die sich für die verantwortlichen Akteure auf der örtlichen und der Landesebene stellen und welche Auswirkungen ein Rechtsanspruch auf die Systeme der Kinder- und Jugendhilfe und Schule haben wird.

Die digitale Fachveranstaltung (F 2285/20) findet am 19.10.2020 von 13.00 – 16.00 Uhr statt.

Sie richtet sich an Fach- und Leitungskräfte der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, Vertreter/innen aus Länderministerien und Ausbildungsstätten, Fachberater/innen aus dem Bereich der Kindertageseinrichtungen, Expert/innen aus Wissenschaft, Politik und Verbänden.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: www.deutscher-verein.de/de/va-20-erziehung-bildung-betreuung-grundschulalter

Anmeldeschluss ist der 21.09.2020.

Termin: 24. – 77. November 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Die Veranstaltung gibt einen Überblick über die laufenden politischen Prozesse und Aktivitäten der Europäischen Union. Diese sind für die weitere Entwicklung der sozialen Dienste und Einrichtungen in Deutschland sowie für die Europaarbeit in den Verbänden und Kommunen relevant.

Um das weite Spektrum der europäischen Politikansätze zu verdeutlichen und für die Zukunft besser einschätzbar zu machen, werden die aktuellen Themen aus ganz unterschiedlichen Politikfeldern aufgegriffen, z.B. europäische Förderpolitik im sozialen Bereich, Armutsbekämpfung / Grundsicherungssysteme, Gleichstellungspolitik, Migration und Integration.

Ziel ist es, das Verständnis für die komplexen Prozesse auf der europäischen Ebene zu fördern, Auswirkungen in Deutschland besser einschätzen zu lernen und einen Ausblick auf die anstehenden Initiativen der europäischen Akteure in der nächsten Zukunft zu geben.

Kosten für die Teilnahme an der digitalen Fachveranstaltungsreihe:
Mitglieder: 45,00 € / Nichtmitglieder: 56,00 €

Sie werden herzlich zu dieser digitalen Fachveranstaltung eingeladen und um Anmeldung bis zum 12.10.2020 gebeten.

Die Onlineanmeldung sowie das Programm finden Sie unter folgendem Link: www.deutscher-verein.de/de/va-20-entwicklungen-europaeische-sozialpolitik

Zur Durchführung von Online-Veranstaltungen wird Webex verwendet .
Zur Teilnahme brauchen Sie lediglich auf den Link in Ihrem Zusageschreiben zu klicken, welches einige Zeit vor der Veranstaltung versandt wird. Damit können Sie Webex auf Ihrem Desktop und/oder auf Ihren Mobilgeräten (Smartphone, Tablet) sowohl temporär als auch fest installieren.
Bestehen unter Umständen keine optimalen Netzwerkbedingungen, können Sie die Verbindung über die Telefonnummern des betreffenden Meetings herstellen.

Weitere Informationen über die Teilnahme an der digitalen Fachveranstaltungen finden Sie in dieser Anleitung.

Termin: 27. November 2020

Veranstalter: Deutscher Frauenrat

jedes Jahr beschließt der Bundestag seinen Haushalt. Die Entscheidungen, wofür die Gelder ausgegeben werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und immer auch auf die Geschlechterverhältnisse. Eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik gibt es im Bundestag aber bislang nicht. Das haben aktuell auch die Ausgaben der Corona-Konjunkturprogramme gezeigt.

Deshalb widmet der DF seine Jahresveranstaltung am 27.11.2020 von ca. 11-15 Uhr dem geschlechtergerechten Bundeshaushalt. Unter dem Titel „Wir müssen reden – über Geld“ werden wir mit Expert*innen und Ihnen in das Thema einführen, Vorbehalte nehmen und Voraussetzungen für die Implementierung diskutieren. Die Veranstaltung findet als Livestream statt. Das Programm folgt in Kürze.

AKTUELLES

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen verpflichtet alle Staaten der Welt dazu, den Hunger zu beenden, allen ein gesundes Leben zu ermöglichen, menschenwürdige Arbeit zu fördern und dem Klimawandel entgegenzutreten. Als Arbeiterwohlfahrt streiten wir seit jeher für eine solidarische und gerechte Gesellschaft und sind fest mit dem Gedanken der internationalen Solidarität verbunden. Deshalb unterstützen wir die Verwirklichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung politisch und im Verband. Mit unserer Arbeit tragen wir zum sozialen und ökologischen Wandel bei.

Wir sind überzeugt, dass jede Veränderung im bestehenden Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ausschließlich auf demokratischem Weg stattfinden kann. Demokratie und Rechtsstaat achten die Würde des Menschen und schützen seine Freiheit. Allen Menschen stehen politische, soziale, bürgerliche, kulturelle und wirtschaftliche Grundrechte zu. Auf dieser Webseite wollen wir die Gemeinsamkeiten der Agenda 2030 und unserer Grundsätzen herausarbeiten und zeigen, was nachhaltige Entwicklung für uns in der Praxis bedeutet. Dazu findet ihr neben Informationen zu den SDGs auch Beispiele aus der Praxis, wie Einrichtungen an der Zielerreichung arbeiten und die die SDGs in ihre tägliche Praxis integrieren. Mach auch du mit und hilf uns bei der Erreichung dieser 17 Ziele.

Projekt einreichen

Gerade die letzten Wochen und Monate waren durch Unsicherheit und stetige Veränderungen im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung gekennzeichnet – Einrichtungen und Kindertagespflegepersonen hatten einen enormen Bedarf an fachlicher Beratung und Begleitung. Fach- und Praxisberater*innen haben dabei mitgewirkt, dass Vorgaben schnell und adäquat umgesetzt werden konnten und die Einrichtungen und die Tagespflegepersonen in der Umstrukturierung ihrer Tätigkeiten unterstützt.

Aber nicht nur in dieser Zeit ist die Bedeutung der Fach- und Praxisberatung von enormer Bedeutung. Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung hat sich in den letzten Jahrzehnten immens professionalisiert und weiterentwickelt. Einen wesentlichen Anteil hieran haben die Fach- und Praxisberater*innen, die als Bindeglied zwischen Praxis und Theorie, Wissenschaft und Politik fungieren. Die Besonderheit der Fach- und Praxisberatung der AWO liegt darin, dass sie als festes Element in der Qualitätsentwicklung und –sicherung verankert ist. Natürlich handeln und beraten die Fach- und Praxisberater*innen stets nach den Grundwerten und dem Leitbild der Arbeiterwohlfahrt.

20 Jahre nach der ersten AWO-Position zur Fachberatung in der Kindertagesbetreuung liegt nun eine aktuelle Standortbestimmung vor. Aktuelle Erkenntnisse zur Fach- und Praxisberatung werden präsentiert, ebenso wird der rechtliche Rahmen aufgeführt, in dem Fach- und Praxisberatung verankert ist.

Wir stellen Forderungen zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen auf und freuen uns, wenn wir den öffentlichen Diskurs mit diesem Papier bereichern können.

Bestellmöglichkeit

Das Positionspapier „Fach- und Praxisberatung für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Profil und Positionen“ ist über werbung@awo.org unter der Artikelnummer 12119 kostenlos bestellbar.

Gleichzeitig steht es zum Download zur Verfügung.

Positionspapier "Fach- und Praxisberatung für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege"

100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Während Konzerne wie z.B. die Lufthansa mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutzschild“ vom Staat unterstützt werden, fehlt bei den Ärmsten eine Unterstützung in der Krise gänzlich. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind viele in der nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven Anstieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!

Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um sieben Euro auf dann 439 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind ganze 23 Cent am Tag.

Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die ausschließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu geringes, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen Menschen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“ – Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen!

Deshalb beteiligt Euch alle an den Aktionstagen am Freitag, dem 30. Oktober oder am Samstag, dem 31. Oktober und lasst uns unseren Forderungen laut und deutlich Gehör verschaffen.

Alle Gruppen können und sollen sich nach ihren Möglichkeiten am Aktionstag kurz vor der Anhörung im Bundestag Anfang November beteiligen: so zum Beispiel mit Infoständen vor Jobcentern, in Fußgängerzonen oder vor Supermärkten; Schautafeln mit Erfahrungsberichten, Einladungen zu eigenen Veranstaltungen, einer Unterschriftensammlung für die 100 Euro-Forderung… Wenn ihr weitere Aktionsideen habt, freuen wir uns über eine Mitteilung!

Bitte bedenkt bei allem was ihr plant, dass Corona eine Realität ist. Also haltet Euch an die üblichen Hygienevorschriften, haltet Abstand und tragt einen Mund-Nasenschutz.

Wir werden einen Mobilisierungsaufruf schreiben, den Ihr für den Aktionstag gerne mit Eurem Logo versehen und nutzen könnt. Außerdem werden wir ein Flugblatt schreiben, das Ihr während des Aktionstages verteilen könnt.

Ab Ende September wollen wir beginnen, die Pressearbeit zu koordinieren und werden Euch eine Pressemitteilung vorab zukommen lassen. Im gleichen Zeitrahmen werden wir Euch auch bitten, uns mitzuteilen, wer was wo macht.

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ZFF-Info

ZFF-Info 09/2020

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Anlässlich der ersten Lesung des Corona-Konjunkturprogrammes im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF), dass viele Familien Unterstützungen erhalten sollen, mahnt jedoch Änderungen beim Kinderbonus an und fordert die bessere Unterstützung armer Familien.

Der Bundestag berät heute in erster Lesung über das Corona-Steuerhilfegesetz, den ersten Teil des geplanten Corona-Konjunkturpakets. Neben Instrumenten der Wirtschaftsförderung werden dabei auch Familien und ihre Fürsorgeleistungen bedacht, etwa durch einen einmaligen Kinderbonus zum Kindergeld in Höhe von insgesamt 300 Euro pro Kind. Dieser soll bei der Grundsicherung anrechnungsfrei bleiben, jedoch mit dem Kinderfreibetrag verrechnet werden. Daneben soll der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von aktuell 1.908 auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhöht werden. Auch die befristete Senkung der Umsatzsteuer kommt Familien zu Gute.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Ein Konjunkturprogramm, das Familien in den Blick nimmt, ist genau richtig! Sie haben in den letzten Wochen die Mehrfachbelastung von Betreuung, Pflege, Home Schooling und Home Office gemeistert und wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Gesellschaft durch diese Krise gekommen ist. Wir begrüßen, dass auch die weiteren geplanten Konjunkturmaßnahmen, wie die finanzielle Entlastung der Kommunen, die Senkung der Strompreise oder die zusätzlichen Gelder für Kita und Hort, schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden sollen. Auch der Kinderbonus in Höhe von einmalig 300 Euro pro Kind ist gut investiertes Geld, denn er ermöglicht besonders ärmeren Familien, dringende Anschaffungen zu tätigen. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Geld nicht auf Sozialleistungen angerechnet wird und pfändungsfrei bleibt! Allerdings werden nicht alle Kinder und ihre Familien von dieser Maßnahme profitieren können. Haushalte von Alleinerziehenden erhalten weniger vom Bonus, da dieser zur Hälfte von der Unterhaltszahlung des anderen Elternteils abgezogen werden kann. Darüber hinaus werden Familien ausgeschlossen, die keine längerfristige Aufenthaltsgenehmigung haben wie zum Beispiel ausländischen Studierende oder viele Eltern mit einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung. Hier muss dringend nachgebessert werden!“

Reckmann mahnt an: „Die Corona-Pandemie hat bestehende soziale Ungleichheiten noch weiter verstärkt. Familien, die vor der Krise finanziell abgehängt waren, sind nun noch weiter von echter gesellschaftlicher Teilhabe entfernt. Die vorgesehenen Maßnahmen reichen nicht aus, um arme Kinder und ihre Familien nachhaltig zu unterstützen. Wir setzen uns für kurzfristige Aufstockungen der Regelsätze und krisenbedingte Erhöhungen sowie Auszahlungen von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakt ein, um Schulcomputer zu kaufen oder Freizeitaktivitäten möglich zu machen. Darüber hinaus macht diese Krise aber deutlich, dass wir dringend nachhaltige Lösungen brauchen: Langfristig fordern wir die Einführung einer Kindergrundsicherung, die das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sozial gerecht absichert. Das wäre ein wahres Konjunkturprogramm für alle Familien!“

Das ZFF fordert seit vielen Jahren gemeinsam mit vielen weiteren Organisationen die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung. Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 19.06.2020

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe von Ministerin Giffey für Gesetzentwurf für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser

Die Corona-Krise belastet die Familien von Pflegebedürftigen schwer. Pflegende Angehörige benötigen auch weiterhin flexible Unterstützungsangebote. Daher sollen die Akuthilfen für pflegende Angehörige, die zunächst bis zum 30. September 2020 gelten, verlängert werden. Konkrete Vorschläge von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Rahmen der Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz, Federführung BMG) wurden heute durch das Bundeskabinett beschlossen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Für Familien ist die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in der COVID-19-Pandemie mehr denn je ein Drahtseilakt. Deshalb werden wir auch weiterhin den Familien die Unterstützung zukommen lassen, die sie jetzt brauchen. Pflegende Angehörige leisten in der Corona-Krise Enormes und springen ein, wenn die professionelle Pflege zum Beispiel wegen Schließungen von Tagespflegeeinrichtungen ausfällt. Sie haben unseren großen Dank, aber auch konkrete Unterstützung verdient. Deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass die Akuthilfen, die im Mai in Kraft getreten sind, bis zum Ende des Jahres 2020 verlängert werden. Wer coronabedingt Angehörige pflegt und erwerbstägig ist, erhält durch die Verlängerung auch weiterhin bis zum 31.12.2020 das Recht, bis zu 20 Arbeitstage pro Akutfall der Arbeit fernzubleiben. Auch das Pflegeunterstützungsgeld wird für diese Zeit verlängert. Die Regelungen sind für viele Angehörige von großer Bedeutung, um durch diese schwierige Zeit zu kommen.“

Flexiblere Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit

Darüber hinaus soll die Möglichkeit der flexibleren Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit in den kommenden Monaten Spielräume für berufstätige pflegende Angehörige eröffnen. Sie sollen so leichter die Möglichkeit haben, eine Freistellung in Anspruch zu nehmen, sei es vollständig oder verbunden mit einer Teilzeitbeschäftigung. Geregelt wird auch, dass nach Auslaufen der Sonderregelungen verbliebene Restzeiten bis zu 24 Monate lang nicht verfallen. Da pflegende Angehörige das Pflegesystem in der Pandemie entlasten, benötigen sie Planungssicherheit auch für die Zeit nach der Akutlage.

Folgende Maßnahmen für pflegende Angehörige wurden durch das Kabinett beschlossen:

  • Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung von bis zu 20 Arbeitstagen pro Akutfall – wenn die akute Pflegesituation aufgrund der COVID-19-Pandemie aufgetreten ist – wird bis 31. Dezember 2020 verlängert. Auch das Pflegeunterstützungsgeld (Federführung BMG) kann weiterhin für 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden.
  • Die Flexibilisierungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und im Familien-pflegezeitgesetz (FPfZG) wie etwa eine kürzere Ankündigungsfrist der Familienpflegezeit, die Möglichkeit der Ankündigung per Email, aber auch die Nichtberücksichtigung von Monaten mit einem aufgrund der Pandemie geringeren Einkommen bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nach dem Familien-pflegezeitgesetz werden bis 31. Dezember verlängert.
  • Beschäftigte, die aufgrund der Sonderregelungen zu COVID 19 Freistellungen in Anspruch genommen haben oder nehmen, können verbleibende Monate der Freistellungsansprüche nach dem Familienpflegezeit- und Pflegezeitgesetz nach Auslaufen dieser Regelungen weiterhin in Anspruch nehmen.

Zahlen zu pflegenden Angehörigen

Gut 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, drei Viertel davon werden zu Hause versorgt. Derzeit geht man von etwa 4,8 Millionen pflegenden Angehörigen aus. Von den 4,8 Millionen Pflegenden sind rund 2,5 Millionen erwerbstätig und müssen Pflege und Beruf gleichzeitig schultern. Mehr als 70% der Hauptpflegepersonen sind dabei Frauen, häufig in sogenannten Sandwich-Positionen (Kinderbetreuung und Pflegeverantwortung).

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.09.2020

Gremium bündelt Wissen aus Politik, Praxis und Wissenschaft

Auf Initiative von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat heute erstmals der Corona-KiTa-Rat getagt. Die Runde besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer, von Kommunen, Kita-Trägern, Gewerkschaften, dem Bundesverband für Kindertagespflege und der Bundeselternvertretung. Gemeinsam soll der Rat den Regelbetrieb in den Kindertagesstätten begleiten, die Entwicklungen bundesweit bewerten sowie Beispiele der guten Praxis und Lösungen austauschen.

Bei der heutigen Auftaktsitzung des Corona-KiTa-Rates diskutierte die Runde, wie in der Corona-Pandemie mit der Rückkehr zum Regelbetrieb eine gute und verläss-liche Kindertagesbetreuung gelingen kann. Nach einem Austausch über aktuelle Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie und die Erfahrungen zum Start des neuen KiTa-Jahres bestand Einigkeit darüber, dass alles Mögliche getan werden muss, um erneute flächendeckende Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen zu verhindern. Mit Blick auf ein wahrscheinliches Ansteigen des Infektionsgeschehens im Herbst wurde der Wunsch nach klaren, einfachen und einheitlichen Regelungen zum Umgang mit Krankheitssymptomen geäußert. Maßnahmen sollten ausschließlich lokal bzw. regional begrenzt erfolgen. Das heißt, dort wo eine Infektion auftritt, muss sofort reagiert werden, die Infektionsketten müssen verfolgt und wenn nötig einzelne Gruppen und Einrichtungen geschlossen werden.

Die Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie sollen Grundlage für zu erarbeitende Empfehlungen durch den Corona-KiTa-Rat sein.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Alle Akteure in diesem Gremium haben ein gemeinsames Ziel: Erneute flächendeckende Schließungen von Kitas und Kindertagespflege zu vermeiden – damit Kinder gut gefördert und Eltern entlastet werden. Um das zu schaffen, müssen wir gut vorbereitet sein, und aus den Erfahrungen der letzten Monate lernen.

Dabei bringen alle Teilnehmenden eigene Sichtweisen und Erfahrungen ein. Es gelingt uns ein umfassender Blick, welche Maßnahmen erfolgreich sind und wo wir die Praxis noch mehr unterstützen können. Auch die nahende Erkältungszeit im Herbst wird die Eltern vor Schwierigkeiten stellen, wenn Kinder vermehrt aufgrund von Symptomen zu Hause bleiben müssen. Hier bedarf es einer abgestimmten Vorgehensweise zum Umgang mit Erkältungssymptomen. Dafür wird der Corona-KiTa-Rat Impulse geben.“

Corona-KiTa-Rat berät von nun an jeden Monat

Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Umsetzung der Kindertagesbetreuung obliegt es den Ländern, verbindliche Entscheidungen in ihrem Land zu treffen. Der Bund unterstützt die Maßnahmen der Länder. Solange die Pandemie andauert, trifft sich der Corona-KiTa-Rat monatlich, das nächste Mal am 28. September.

Der Corona-KiTa-Rat ist einer von drei Bausteinen, mit denen der Bund dazu beiträgt, den Regelbetrieb in der Kindertagesbetreuung unter Pandemiebedingungen zu begleiten. Daneben finanziert das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium die Corona-KiTa-Studie, die vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und vom Robert Koch-Institut (RKI) durchgeführt wird. Die Studie verfolgt das Ziel, die Rolle von Kindern, Kitas und Kindertagespflege im Infektionsgeschehen bundesweit zu untersuchen. Außerdem stellt der Bund mit dem 5. Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ zusätzlich eine Milliarde Euro in den Jahren 2020 und 2021 zur Verfügung, die für den Kita-Ausbau für weitere 90.000 Plätze, Baumaßnahmen zur Umsetzung der Hygienekonzepte oder die digitale Infrastruktur genutzt werden können.

Weitere Informationen:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie

https://www.corona-kita-studie.de/

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.09.2020

Bund verlängert die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Hilfsmaßnahmen

Zum Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 25. August 2020 erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Die besonderen Regelungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die Maßnahmen zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen helfen die Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. Diese Maßnahmen haben wir zu Beginn der Corona-Krise sehr schnell auf den Weg gebracht, um Arbeitsplätze zu erhalten, den Fortbestand von Unternehmen zu sichern und soziale Notlagen zu vermeiden.

Wir sind noch nicht durch die Krise durch – auch wenn es Anzeichen der Erholung gibt. Noch haben wir stark betroffene Menschen, Unternehmen und Branchen. Daher freue ich mich, dass die sozialpolitischen Maßnahmen aufgrund der gestrigen Beschlüsse des Koalitionsausschusses verlängert werden. So können die wirtschaftlichen und vor allem sozialen Härten der Corona-Krise weiter abgefedert werden.

Gleichwohl darf struktureller Anpassungsbedarf bei Unternehmen nicht aus dem Blick geraten. Dieser kann durch die Unterstützungsmaßnahmen verzerrt werden. Vor diesem Hintergrund halte ich es für wichtig und richtig, wenn im weiteren Verlauf Hilfsmaßnahmen und Sonderregelungen nach und nach auslaufen bzw. angepasst werden. So ist die vollständige Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit ab dem 1.7.2021 bis längstens zum 31.12.2021 nur dann machbar, sofern die Betriebe für ihre Beschäftigten gleichzeitig Fort- und Weiterbildung organisieren. Denn am Ende kommt es nicht nur darauf an die Krisenzeit durchzustehen, sondern sich auch für die Zukunft fit zu machen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.08.2020

Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll die Familienpolitik an die Bedingungen der Corona-Pandemie angepasst werden. In einem entsprechenden Antrag (19/21589) fordert sie die Bundesregierung auf, in turnusmäßigen Tagungen die verantwortlichen Führungskräfte im Bundesfamilienministerium eine aktuelle Lageeinschätzung zum Pandemiegeschehen vornehmen und Anpassungen von familienpolitischen Gesetzen und Regelungen vorschlagen zu lassen. Ebenso müsse das Familienministerium bei allen pandemiebedingten Krisensitzungen wie beispielsweise des sogenannten Corona-Kabinetts teilnehmen.

Die Liberalen sprechen sich zudem für Lohnentschädigungen aus, die im Fall von Einschränkungen des Regelbetriebs von Kitas, Schulen und anderen Kindertageseinrichtungen an die betroffenen Eltern für entfallenen Lohn gezahlt werden. Während der Corona-Krise sollen diese Lohnentschädigungen auch während der Kita- und Schulschließungen in der Ferienzeit gezahlt werden. Darüber hinaus soll die Beschränkung von Krankentagen pro Kind für Eltern während Epidemien von nationaler Tragweite ausgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 840 vom 14.08.2020

Die Studie gibt einen Überblick über die Größenordnungen der von der Schließung von Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen betroffenen Elterngruppen sowie der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in den Monaten des Lockdowns. Im Anschluss werden vier Themenbereiche, die während der Krise an Relevanz gewannen, näher betrachtet: Eltern in systemrelevanten Berufen, Homeoffice als Lösung, Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann sowie psychologische Folgen der Krise für Eltern.

Autoren: Bujard, Martin; Laß, Inga; Diabaté, Sabine; Sulak, Harun; Schneider, Norbert F.

Herausgeber: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesba

Die coronabedingten Schließungen von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im April und Mai 2020 haben viele Eltern vor eine immense Herausforderung gestellt. Plötzlich mussten Kinder ganztags zu Hause betreut und beschult werden. Wie aktuelle Ergebnisse der SOEP-CoV-Studie zeigen, lag die Hauptlast der Kinderbetreuung während des Lockdowns bei den Müttern. Gleichzeitig investierten die Väter überproportional mehr Zeit in die Betreuung ihrer Kinder als zuvor. Durch das Homeschooling waren insbesondere Alleinerziehende, aber auch weniger gut gebildete Eltern stark belastet.

Während des Lockdowns im April und Mai 2020 haben die Mütter mehr Zeit für die Kinderbetreuung aufgewendet als die Väter. Während sie ihre Kinder im Alter von bis zu elf Jahren werktags durchschnittlich 9,6 Stunden lang betreut haben, taten die Väter dies 5,3 Stunden lang. 2019 brachten Mütter durchschnittlich 6,7 Stunden und Väter 2,8 Stunden für die Kinderbetreuung auf[1]. Somit ist coronabedingt die durchschnittliche Betreuungszeit bei den Müttern um 2,9 Stunden und bei den Vätern um 2,5 Stunden gestiegen. Das zeigen Auswertungen der ersten vier Teilstichproben der SOEP-CoV-Studie sowie Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)[2] aus dem Jahr 2019. Allerdings hat die Kinderbetreuungszeit der Väter während des Lockdowns im Vergleich zum Vorjahr überproportional stark zugenommen. Sie verbrachten im Mittel 89 Prozent mehr Zeit mit Kinderbetreuung als im Vorjahr. Bei den Müttern waren es im Mittel 43 Prozent. Dies kann als eine positive Entwicklung im Sinne einer stärkeren Einbindung der Männer in die Kinderbetreuung gesehen werden.

Besonders weniger gebildete Väter investieren mehr Zeit in die Kinderbetreuung

Wie stark die Betreuungszeit während des Lockdowns zugenommen hat, hängt auch vom Alter der Kinder sowie der Bildung der Eltern ab (Tabelle 1). Die Eltern von drei bis fünfjährigen Kindern haben die Betreuungszeit für ihre Kinder im Vergleich zum Vorjahr am stärksten erhöht. Bei Eltern jüngerer oder älter Kinder war die Zunahme geringer. Betrachtet man den Bildungsabschluss, zeigt sich: Bei Vätern mit geringer und mittlerer Bildung[3] hat die Kinderbetreuungszeit am stärksten zugenommen. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass Väter mit höheren Bildungsabschlüssen bereits vor dem Lockdown mehr Zeit für die Kinderbetreuung verwendet haben als weniger gebildete Väter.

Erwartungsgemäß hängt die Zahl der Betreuungsstunden auch davon ab, wie viel Zeit die Eltern mit Erwerbsarbeit verbringen. So haben während des Lockdowns Eltern mit Vollzeitjob weniger Stunden mit Kinderbetreuung verbracht als Eltern, die in Teilzeit arbeiteten, anders erwerbstätig – zum Beispiel in Kurzarbeit – oder arbeitslos waren (Abbildung 1, Tabelle 2).

Dabei haben Väter mit einem Vollzeitjob weniger zusätzliche Zeit mit Kinderbetreuung verbracht als in Vollzeit arbeitende Mütter. Während sie im Vergleich zu 2019 etwa zwei Stunden zusätzlich investierten, waren es bei den in Vollzeit arbeitenden Frauen etwa drei Stunden. Auch im Vergleich zu Vätern, die in Teilzeit arbeiteten, erwerbslos waren oder einer anderen Art von Erwerbstätigkeit nachgingen, war ihr zusätzlicher Beitrag zur Kinderbetreuungszeit gering[4].

Auffällig ist der im Vergleich zum Vorjahr enorme Zuwachs an zusätzlichen Betreuungsstunden bei Vätern, die einer anderen Art der Erwerbstätigkeit nachgingen. Dies liegt vermutlich auch an dem großen Anteil an Vätern, die im April und Mai 2020 in Kurzarbeit waren.

Auch bei nicht erwerbstätigen Frauen hat die Betreuungszeit stark (um 4,8 Stunden) zugenommen – und dies trotz des bereits beträchtlichen Ausgangsniveaus von 9,8 Stunden in 2019.

Für die meisten Eltern ist das Homeschooling erträglich

Die Schulschließungen haben sowohl die Kultusministerien als auch die Lehrkräfte und die Eltern vor neue Herausforderungen gestellt. Obwohl sich bereits Anfang März abzeichnete, dass diese Maßnahme kommen könnte, hat sie alle Beteiligten relativ unvorbereitet getroffen. Sehr schnell wurden ExpertInnen-Stimmen laut, die deutlich machten, dass sich Schulkinder weiterhin mit dem Schulstoff beschäftigen müssten, um einen „Lernstopp“ zu vermeiden (z.B. https://www.ifo.de/node/53796). Schulen und Lehrkräfte mussten die Schulkinder also weiterhin mit Lernstoff versorgen und verteilten Lernmaterialien auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel via E-Mail oder über eine Cloud. Beim Homeschooling waren Eltern und SchülerInnen gezwungen, ohne direkte Unterstützung durch eine Lehrkraft Schulaufgaben in angemessener Qualität und Zeit zu bearbeiten. Für die Eltern war dies eine Belastung, die zu ihren sonstigen Verpflichtungen hinzukam.

Um zu untersuchen, wie stark sich die Eltern durch das Homeschooling belastet fühlten, wurde in der SOEP-CoV-Studie folgende Frage in Bezug auf das jüngstes Schulkind gestellt: „Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zu folgender Aussage: Dafür zu sorgen, dass das Kind den Schularbeiten nachkommt, wird mich überfordern.“ Die Befragten antworteten auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll zu).

Wie die Auswertung dieser Einschätzungen zeigt, fühlten sich tendenziell alle Eltern durch das Homeschooling ähnlich stark belastet. Im Durchschnitt lag der Skalenwert bei 2,3, das heißt die Eltern fühlten sich mittelmäßig belastet. Alleinerziehende Eltern litten stärker unter dem Homeschooling als Eltern in Paarbeziehungen; bei ihnen lag der durchschnittliche Skalenwert bei 2,6.

Weniger gebildete Eltern und erwerbstätige Alleinerziehende fühlen sich durch Homeschooling besonders stark belastet

Wie sehr Eltern sich durch das Homeschooling belastet fühlten, hängt deutlich mit deren Bildungsniveau zusammen (Abbildung 2). Weniger gebildete Mütter oder Väter litten mehr unter der Situation als Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss, also mit einem (Fach-)-Hochschulabschluss.

Auch Alleinerziehende, die Vollzeit oder Teilzeit arbeiteten, litten stärker (2,8 Skalenpunkte) als diejenigen, die keiner Erwerbstätigkeit oder einer anderen Art von Erwerbstätigkeit nachgingen (2,0 Skalenpunkte). Darüber hinaus arbeiteten erwerbstätige Alleinerziehende während des Lockdowns seltener im Homeoffice (33 Prozent) als Eltern in Paarbeziehungen (39 Prozent). Auch dies hat vermutlich dazu beigetragen, dass sie sich durch das Homeschooling stärker belastet fühlten.

Die Übermittlung von Lernmaterial durch die Schule auf verschiedenen Wegen hilft Alleinerziehenden

Entlastet fühlten sich die Alleinerziehenden, wenn die Schule Lernmaterial auf mehreren Wegen zur Verfügung stellten – zum Beispiel per E-Mail, über einen Server oder per Videokonferenz. Dann lag ihr Belastungsempfinden im Durchschnitt bei 2,2 und damit um 0,7 Skalenpunkte niedriger als bei den Eltern, die mit den Schulen nur über einen Kommunikationsweg oder gar nicht in Kontakt standen.

Fazit: Alleinerziehende, weniger gebildete Eltern und Familien mit Migrationshintergrund brauchen beim Homeschooling mehr Unterstützung durch die Schulen

Die SOEP-CoV-Studie zeigt deutlich, dass die Hauptlast der Kinderbetreuung während des coronabedingten Lockdowns im April und Mai 2020 von den Müttern getragen wurde – und dies über alle Bildungsniveaus und Erwerbssituationen hinweg. Gleichzeitig zeigt sich, dass bei den Vätern die Kinderbetreuungszeit ähnlich stark zugenommen hat wie bei den Müttern. Das heißt, die Männer haben sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligt als im Vorjahr.

Die Belastung durch das Homeschooling empfanden Eltern generell als erträglich, wobei alleinerziehende Eltern und Eltern mit einem niedrigen Bildungsabschluss sich stärker belastet fühlten als andere. Wenn die Schulen Lernmaterialien auf verschiedenen Wegen zur Verfügung stellten, wurde das von den Eltern als effektive Unterstützung gesehen. Dies war vor allem bei alleinerziehenden Eltern der Fall.

Dies unterstreicht, wie wichtig eine institutionelle Unterstützung durch die Schule insbesondere für Alleinerziehende ist. Aber auch Eltern mit einem niedrigen Bildungsabschluss und Eltern mit Migrationshintergrund hätten davon sicherlich profitiert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 28.07.2020

Die Senkung der Mehrwertsteuer bis Ende 2020 dürfte dem privaten Konsum und der Konjunktur in Deutschland nur einen relativ überschaubaren Impuls geben. Größere Effekte hätten die dafür im Konjunkturpaket der Bundesregierung eingesetzten Mittel wahrscheinlich erzeugt, wenn sie in einen höheren Kinderbonus oder eine stärkere Aufstockung des Kurzarbeitergeldes geflossen wären. Darauf deuten nach einer neuen Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung aktuelle Ergebnisse einer Umfrage unter gut 6300 Erwerbstätigen hin.* Knapp 75 Prozent der im Auftrag der Stiftung Befragten gaben darin Ende Juni an, trotz Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten im zweiten Halbjahr 2020 nicht verändern zu wollen. Dagegen erklärten fast 80 Prozent der Befragten, sie würden bei einer Einmalzahlung wie dem Kinderbonus ihren Konsum erhöhen. Zudem zeigt sich in der Umfrage, dass Menschen, die ohne Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in Kurzarbeit sind, ihre Ausgaben signifikant häufiger reduziert haben als andere Befragte – eine finanzielle Besserstellung hätte daher nach Einschätzung der Studienautoren Prof. Dr. Sebastian Dullien und Jan Behringer ebenfalls spürbare positive Wirkungen. „Eine andere Gewichtung der Maßnahmen im Konjunkturpaket – etwa ein höherer Kinderbonus oder eine großzügigere Aufstockung des Kurzarbeitergeldes – hätte nach diesen Ergebnissen zu einem größeren konjunkturellen Impuls geführt“, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Fazit – und raten dazu, im Falle weiterer Pakete zur Konjunkturstützung entsprechend anders zu gewichten.

Rund 20 Milliarden Euro wird die vorübergehende Absenkung der Mehrwertsteuer kosten. Das ist knapp die Hälfte des finanziellen Volumens aus dem Konjunkturpaket, das 2020 wirksam wird. 4,3 Milliarden sind für den Kinderbonus von 300 Euro pro Kind vorgesehen, der im September und Oktober ausgezahlt wird. Davon profitieren vor allem Familien mit niedrigeren und mittleren Einkommen, weil der Bonus bei höheren Einkommen mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet, nicht aber auf die Grundsicherung angerechnet wird.

Wie stark diese und andere Maßnahmen zur Konjunkturstimulierung wirken, ist unter Ökonomen umstritten. Gesamtwirtschaftliche Daten, die Hinweise liefern könnten, werden wohl nicht vor Mitte 2021 vorliegen. Diese zeitliche Verzögerung ist in der unübersichtlichen Corona-Krise längst nicht nur ein akademisches Problem, betonen Dullien und Behringer: „Dies ist für Entscheidungsträger problematisch, weil möglicherweise weit früher weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung notwendig werden könnten, wenn sich bisherige Stützungsversuche als unzureichend erweisen sollten“, schreiben die Forscher. Um die Lücke zu verkleinern, haben die IMK-Experten die Böckler-Erwerbstätigenbefragung von Ende Juni ausgewertet. Die Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Nur gut 17 Prozent wollen Anschaffungen vorziehen oder Mehrwertsteuersenkung für zusätzliche Ausgaben nutzen

In der Umfrage gab ein knappes Viertel aller Befragten an, wegen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten zu ändern. Die größte Gruppe von ihnen – 14,4 Prozent – hatte vor, eigentlich für später geplante Anschaffungen in dieses Jahr vorzuziehen, 3,2 Prozent der Befragten erklärten, die Steuersenkung für bislang nicht geplante zusätzliche Anschaffungen zu nutzen. Beide Verhaltensweisen würden dem Ziel der Regierung, Konsum und Konjunktur kurzfristig zu beflügeln, entsprechen. Weitere 8,1 Prozent antworteten, sie würden Anschaffungen, die sie eigentlich schon früher geplant hatten, nun in die Zeit mit niedrigerer Mehrwertsteuer verschieben – woraus sich kein positiver Konjunktureffekt ergeben würde. Rund drei Viertel der Interviewten gaben an, die Mehrwertsteuersenkung habe gar keine Auswirkungen auf ihr Ausgabenverhalten. Zwar berichteten knapp 53 Prozent jener gut 17 Prozent der Befragten, die Ausgaben vorziehen oder zusätzlich tätigen wollten, darunter seien auch Haushaltsgeräte oder -gegenstände, also möglicherweise auch größere Anschaffungen. Unter dem Strich seien die Effekte der Steuersenkung jedoch „eher begrenzt“, weil sie relativ wenig zusätzlichen oder vorgezogenen Konsum auslösten, konstatieren die Forscher.

Einmalzahlung: Knapp 80 Prozent wollen mehr ausgeben

Höher schätzen die Ökonomen die kurzfristige konjunkturelle Wirksamkeit von Einmalzahlungen und insbesondere des Kinderbonus´ ein. Dafür spricht nach der IMK-Studie einerseits, dass Befragte mit Kindern während der Corona-Krise deutlich häufiger von höheren Ausgaben berichten als Menschen ohne Kinder im Haushalt. Akuter finanzieller Bedarf sei also vorhanden. Zum anderen wurde in der Befragung direkt nachgefragt, was die Interviewpartner mit einer hypothetischen Einmalzahlung in Höhe von 1000 Euro machen würden. Gut 78 Prozent antworteten, sie würden zumindest einen erheblichen Teil davon ausgeben. Im Durchschnitt gaben die Befragten an, 415 Euro innerhalb der folgenden 12 Monate für den Konsum zu nutzen, weitere 185 Euro sollten für die Tilgung von Schulden aufgewendet werden.

Kurzarbeit ohne Aufstockung drückt spürbar auf den Konsum

Auch wenn das Kurzarbeitergeld höher als bisher wäre, hätte das laut Dullien und Behringer ein erhebliches Potenzial zur Ankurbelung von Konsum und Konjunktur. Das schließen die Forscher aus Befragungs-Daten, wonach Beschäftigte in Kurzarbeit zuletzt wesentlich häufiger ihren Konsum einschränken mussten als jene, die weiter voll arbeiten konnten. Konkret gaben in der Umfrage 25,7 Prozent der Beschäftigten ohne Kurzarbeit an, ihre Konsumausgaben in der Krise eingeschränkt zu haben, fast ebenso viele (22,3 Prozent) sprachen von einer Ausweitung. Deutlich anders sah es für die von Kurzarbeit Betroffenen aus: Von ihnen erklärten 42 Prozent, ihre Konsumausgaben gekürzt zu haben, nicht einmal halb so viele, 17,1 Prozent, sprachen von höheren Ausgaben. Dabei hatten Kurzarbeitende ohne Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber ihren Konsum wiederum deutlich häufiger zurückgefahren als Personen mit finanzieller Aufstockung. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine frühe und entschiedene Aufstockung des Kurzarbeitergeldes entweder für alle Betroffenen oder nur für Geringverdiener (im Modell des Mindestkurzarbeitergeldes) aller Wahrscheinlichkeit nach den beobachteten Einbruch des Privatkonsums im zweiten Quartal 2020 gebremst hätte und auch den Konsum in den kommenden Monaten gestützt hätte“, schreiben Dullien und Behringer.

Jan Behringer, Sebastian Dullien

Wie effektiv sind Mehrwertsteuersenkung und Kinderbonus im Konjunkturpaket? Erste Erkenntnisse aus der HBS-Erwerbstätigenbefragung. IMK Policy Brief Nr. 97, August 2020.

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Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 24.08.2020

Trotz eines Rückgangs der Umweltbelastung in der Corona-Krise dürfte die Pandemie den nationalen Wohlstand in Deutschland, gemessen auf Basis von wirtschaftlichen, sozialen und Umwelt-Indikatoren, im laufenden Jahr deutlich verringern. Verantwortlich dafür ist nicht nur der Rückgang des privaten Konsums, sondern auch ein absehbarer Anstieg der ökonomischen Ungleichheit als Krisenfolge. Das geht aus einer Analyse im Rahmen der regelmäßigen Berechnung des Nationalen Wohlfahrtsindex (NWI) hervor, die vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird.* Es sei damit zu rechnen, „dass der NWI im Jahr 2020 eine negative Entwicklung aufweisen wird, wenn auch sehr wahrscheinlich in geringerem Maß als das Bruttoinlandprodukt“, heißt es in der Studie. Die Ergebnisse widersprechen damit der in der öffentlichen Debatte zuletzt gelegentlich geäußerten These, dass die durch die Corona-Krise ausgelöste Schrumpfung der Wirtschaft den Weg aufzeige zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise ohne Wohlstandsverluste.

Rückgang des privaten Konsums bei zunehmender Ungleichheit reduziert Wohlstand beträchtlich

In die Berechnungen von Dr. Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser und Prof. Dr. Hans Diefenbacher vom Institut für Interdisziplinäre Forschung (FEST e.V.) gehen 20 Einzelkomponenten ein, die zusammen den NWI ergeben (weitere Informationen im Erklärvideo; Link unten). Da in den NWI auch Variablen zur Umweltbelastung und zur sozialen Situation in Deutschland einfließen, gilt er als besserer Indikator für den Wohlstand als das Bruttoinlandsprodukt, das lediglich marktvermittelte Wertschöpfung abbildet. Aktuelle Werte für den NWI für 2020 liegen zwar noch nicht vor. Aber bei vielen Einzelindikatoren ist bereits absehbar, in welche Richtung sie sich bewegen werden. So dürfte die Ungleichheit der Einkommen zugenommen haben, weil Geringverdiener infolge des Lockdowns häufiger Einkommenseinbußen erlitten. Ein Grund: Sie arbeiten oft in Berufen, „in denen eine Verlagerung ins Homeoffice gar nicht oder sehr viel schwerer möglich ist“. Hinzu kommt die gestiegene Arbeitslosigkeit. Kapitaleinkommen sind den Forschern zufolge dagegen weniger von der Krise betroffen – die Börsenkurse erholen sich beispielsweise bereits wieder.

Der private Konsum, eine weitere wichtige Wohlstandskomponente bei der Berechnung des NWI, wird in diesem Jahr krisenbedingt erheblich geringer ausfallen als im Vorjahr. Das IMK rechnet mit einem Rückgang von rund fünf Prozent. Negativ wirkt sich die Krise auch auf das soziale Engagement in der Gesellschaft aus. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die beispielsweise die Arbeit in Vereinen zeitweise zum Erliegen brachten, dürften den im NWI berücksichtigten Umfang der ehrenamtlichen Arbeit reduzieren.

In den NWI geht, im Gegensatz zum üblicherweise berechneten Bruttoinlandsprodukt (BIP), nicht nur die gegen Geld erfolgte Wertschöpfung ein, sondern auch der „Wert der Hausarbeit“. Und dieser dürfte im laufenden Jahr zugenommen haben, weil sich viele Aktivitäten während des Lockdowns „von der Sphäre formellen Wirtschaftens in die informelle Sphäre“ verschoben haben. Die Menschen waren nicht untätig, sondern haben anstelle von Erwerbsarbeit oftmals verstärkt häusliche Aufgaben in Angriff genommen und angesichts geschlossener Schulen und Kitas viel mehr Zeit in die Kinderbetreuung investiert. Schon weil dies berücksichtigt wird, dürfte der mit dem NWI gemessene Wohlstand weniger zurückgehen als das nur auf dem BIP basierende Wirtschaftswachstum.

Weniger Verkehrsunfälle, weniger CO2-Emissionen

Andere Faktoren ergänzen das BIP nicht nur, sondern fließen bei der Berechnung des NWI sogar mit umgekehrtem Vorzeichen ein. Zum Beispiel die gesunkenen Kosten des Pendelverkehrs: weniger Stress, Zeitverlust, Energieverbrauch, Umweltbelastung. Besonders drastisch zeigt sich der Unterschied am Beispiel der Verkehrsunfälle, deren Zahl im März und April um 23 beziehungsweise 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist. Auf den NWI wirkt sich dies positiv aus, beim BIP schlagen die ausbleibenden Ausgaben für Rettungseinsätze und Autoreparaturen negativ zu Buche.

Als wohlstandssteigernd werden im NWI zunehmende öffentliche Ausgaben in bestimmten Bereichen verbucht. Das gilt etwa für steigende Gesundheitsausgaben durch die personelle Aufstockung der Gesundheitsämter.

Positiv wird sich nach Ansicht der Wissenschaftler aber vor allem die verringerte Umweltbelastung auswirken. Ersten Untersuchungen zufolge ist etwa der Stromverbrauch von Ende April bis Anfang Juli um beinahe 10 Prozent gesunken. Die täglichen CO2-Emissionen lagen Anfang April weltweit um 17 Prozent unter dem Wert von 2019. Und „mit den geringeren Emissionen sinken auch die im NWI veranschlagten Schadenskosten, die wohlfahrtsmindernd wirken“, so die Wissenschaftler.

Bei einigen anderen NWI-Komponenten trauen sich die Forscher keine Prognose für das aktuelle Jahr zu. Ob zum Beispiel die Kriminalität und die dadurch verursachten gesellschaftlichen Kosten sinken oder zunehmen werden oder ob die „gesellschaftlichen Ausgaben zur Kompensation von Umweltbelastungen“ höher oder niedriger ausfallen werden als im vergangenen Jahr, ist noch nicht abzusehen.

Corona-Pandemie lässt positivere Entwicklung seit 2014 abbrechen

Das neueste bereits vollständig ausgewertete Jahr ist 2018. Hier liegen nun alle Daten vor und es zeigt sich: Bis dahin ist der Wohlstand laut NWI zum fünften Mal in Folge gestiegen. Maßgeblich dafür waren stetig zunehmende Konsumausgaben – getrieben von steigenden Löhnen –, ein sinkender Energieverbrauch, weniger Treibhausgas-Emissionen, eine „leichte Verringerung“ der Einkommensungleichheit sowie gestiegene Ausgaben für Bildung und Gesundheit. Von 2017 bis 2018 ist der Wohlstand in Deutschland nach NWI-Kriterien damit um 40 Milliarden Euro gewachsen, wovon 17 Milliarden den Umweltkomponenten zuzuschreiben sind.

Die vorliegenden NWI-Werte reichen zurück bis 1991. Von der Jahrtausendwende bis 2013 hat sich der Index beinahe durchgängig schlechter entwickelt als das BIP. Erst seit 2014 steigen beide Indikatoren im Einklang. 2019 dürfte sich der Anstieg noch fortgesetzt haben, erwarten die Wissenschaftler. Eine Voraussage über 2020 hinaus sei derzeit nicht möglich. „Festgehalten werden“ könne „aber schon heute, dass der NWI – obwohl er weit davon entfernt ist, alle Folgen der Pandemie abzubilden – besser zum Nachzeichnen ihrer vielfältigen Wirkungen in der Lage ist als das BIP“. Und auch die Frage, „inwieweit nun das Umsteuern im Sinne der sozial-ökologischen Transformation gelingt“, ließe „sich durch den NWI wesentlich genauer erkennen“. Denn: „Eine erweiterte Wohlfahrtsperspektive, wie sie der NWI anbietet,“ mache „deutlich, dass neben der – unbestritten wichtigen – wirtschaftlichen Erholung weitere Ziele berücksichtigt werden müssen: beispielsweise die Verringerung oder wenigstens Stabilisierung der Einkommensungleichheit und die Verbesserung der Umweltsituation, insbesondere zum Schutz des Klimas.“

Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser, Hans Diefenbacher: NWI 2020

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wohlfahrt, IMK-Policy Brief Nr. 96, August 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 13.08.2020

Morgen tagt erstmalig der Corona-KiTa-Rat, der den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen begleiten und Maßnahmen beraten soll.

Das vom Bundesfamilienministerium einberufene Gremium setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen, Trägern, Gewerkschaften, Kindertagespflege und Eltern. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, ist für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vertreten. Sie plädiert dafür, Kindertagesbetreuung konstant im Blick zu behalten, damit Deutschland die Corona-Herausforderungen in den Kitas meistern kann.

"Die flächendeckende Schließung der Kitas war für viele Familien und Kinder eine Katastrophe. Das darf sich nicht wiederholen. Die verschiedenen Perspektiven auf Bundesebene zusammenzubringen und die Kindertagesbetreuung unter den Corona- Pandemiebedingungen zu begleiten, muss dazu beitragen, dass Familien Verlässlichkeit und Mitarbeitende Klarheit im Alltag erfahren. Das Gesamtsystem muss – selbstverständlich mit Hygiene- und Schutzkonzepten – funktionieren. Sich dazu mit allen Akteuren abzustimmen, ist längst überfällig. In fast allen Bundesländern arbeiten die Kitas wieder im Regelbetrieb. Von Normalität kann vielerorts allerdings noch keine Rede sein. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen regional wieder an. Frühkindliche Bildung muss krisenfest aufgestellt werden. Familien brauchen deutschlandweit ein verlässliches Kita- Angebot – nicht nur jetzt, sondern auch in der Zukunft. Diese Herausforderungen müssen wir gemeinsam meistern."

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.08.2020

Das deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch-Institut erfassen mit einem neuen Register, wie Kitas und Tagespflege auf das Corona- Infektionsgeschehen reagieren. Die Befragungen für die bundesweite Corona-Kita-Studie, durchgeführt vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und dem Robert Koch-Institut (RKI), beginnen am 11. August. Alle Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen in Deutschland sind aufgerufen, sich auf www.corona-kita-studie.de im KiTa-Register zu registrieren und an regelmäßigen Online-Erhebungen zu beteiligen.

„Mit dem KiTa-Register bauen wir eine einmalige bundesweite Datenbasis auf. Wir setzen auf das Fachwissen und die Erfahrungen der Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege. Nur mit ihrer Hilfe können wir sichtbar machen, vor welchen Herausforderungen die Kindertagesbetreuung aktuell steht und klären, wie wir in Krisen künftig handlungsfähig bleiben“, sagt DJI-Direktor Prof. Dr. Thomas Rauschenbach.

Auf einer breiten Datenbasis werden das DJI und das RKI in den kommenden Wochen und Monaten Erkenntnisse zusammentragen, wie die Einrichtungen und die Tagespflege auf die organisatorischen, hygienischen und pädagogischen Herausforderungen während der Pandemie reagieren und wie sich das Infektionsgeschehen auf die Kindertagesbetreuung auswirkt. Ziel ist es, Erkrankungsrisiken in den Kitas und der Tagespflege besser einschätzen und Lösungsansätze identifizieren zu können. Die Studie soll zudem klären, wie stark das bisherige und weitere Öffnungsgeschehen mit gehäuften Infektionen von Kindern und Erwachsenen einhergeht und solle dazu beitragen, Familien und Fachkräfte gezielter zu schützen. Die Daten unterstützen Träger, Kommunen, Länder und Bund dabei, die regionale Situation genauer einschätzen und steuern zu können.

„Ich bin sehr froh, dass wir diese Studie gemeinsam auf den Weg gebracht haben, denn sie ist für uns alle sehr wichtig. Die Daten aus dem Kita-Register sind eine hervorragende Ergänzung zu den Meldedaten, die nach dem Infektionsschutzgesetz von den Gesundheitsämtern erhoben werden“, unterstreicht Prof. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. „Damit gewinnen wir wichtige Erkenntnisse über die ergriffenen Maßnahmen und welche Auswirkungen sie tatsächlich auf die Kitas haben.“

Abgefragt werden zum Beispiel die Betreuungszeiten, die aktuellen Hygienemaßnahmen, die Anzahl der betreuten Kinder sowie Informationen zur Raum- und Personalsituation in den Einrichzungen. Die Ergebnisse werden regelmäßig aktualisiert und auf der Projektwebsite www.corona-kita-studie.de sowie in den Monatsberichten des DJI veröffentlicht.

Mit der Corona-KiTa-Studie erforschen das Deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch-Institut aus sozialwissenschaftlicher und medizinisch-epidemiologischer Sicht, welche Folgen das neuartige Coronavirus für Kitas, Kinder, Betreuungspersonen und Eltern hat. Die Erhebung läuft bis Dezember 2021. Anmeldung zum KiTa-Register und weitere Informationen unter www.corona-kita-studie.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut vom 10. August 2020

Die eaf begrüßt, dass der Koalitionsausschuss der Bundesregierung in seiner Sitzung am Dienstag die Lebenslage von Familien während der Pandemie in den Blick genommen hat. So wurde beschlossen, bis Ende des Jahres die Kinderkrankentage für gesetzlich Versicherte um fünf weitere Tage je Elternteil und um zehn Tage für Alleinerziehende auszuweiten. Diese Regelung gilt für Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren. Denn schon bei manchen leichteren Erkältungssymptomen, bei denen früher Kinder noch zur Schule oder in die Kita gehen konnten, müssen sie jetzt bereits zuhause bleiben und benötigen dann Betreuung durch Vater oder Mutter. Daher beurteilt die eaf die beschlossene Ausweitung des Anspruchs für Eltern und Kinder als ausgesprochen hilfreich.

Dass die Maßnahme jedoch nur auf wenige Monate beschränkt ist, greift aus Sicht von Martin Bujard, dem Präsidenten der eaf, zu kurz: „Die Pandemie wird Ende dieses Jahres voraussichtlich nicht vorbei sein. Das Kurzarbeitergeld soll bis Ende 2021 verlängert werden – auch Familien brauchen diese entlastende längere Perspektive. Wir fordern die geplante Ausweitung der Kinderkrankentage bis Ende 2021.“

Weiterhin regt die eaf an, während der Pandemiezeit die Attestpflicht für Kinderkrankentage auszusetzen. Dies würde zu einer Entlastung von Eltern und Kinderarztpraxen führen. Viele Eltern befürchten zudem durch die Attestpflicht das Risiko von Infektionen in der Arztpraxis.

Da die Kinderkrankentage überwiegend von Müttern in Anspruch genommen werden, regt die eaf zudem eine Informationskampagne an, damit mehr Väter von diesem Recht wissen und auch in den Betrieben dazu ermuntert werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 28.08.2020

Zum Wochenende ließ das Bundesinnenministerium verlauten, dass nun auch die Einreise von nicht verheirateten Partner*innen aus Drittstaaten zu ihren Liebsten in Deutschland möglich sei. Dem vorausgegangen war die Kampagne #LoveIsNotTourism, die auch von zahlreichen Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten unterstützt wurde. Die Presse griff das Thema vielfach auf, mit unzähligen persönlichen Beispielen von Betroffenen. Ende gut alles gut?

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt natürlich die Einreiseerleichterungen. Je mehr binationale Paare wieder zusammenkommen können, umso besser, so Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbandes. Allerdings beträfe dies nur einen Bruchteil der binationalen Paare, nämlich diejenigen mit Partner*innen aus „Positivstaaten“, einer Auswahl von Drittstaaten, die kein Visum für Deutschland bräuchten.

Seit dem Wochenende stehen die Beratungstelefone im Verband nicht mehr still, unzählige Anfragen kommen per Mail. „Die meisten Fragen drehen sich um die notwendigen Dokumente, das Entscheidungsverhalten der Bundespolizei bei der Einreise und das Verhalten der Fluggesellschaften“, berichtet Swenja Gerhard, Rechtsberaterin des Verbandes. Selbst für „Positivstaater*innen und Inhaber*innen eines Multiple Entry Visums gäbe es jedoch Fallstricke: Paare, die weder ein Zusammenleben im Ausland oder ein Treffen in Deutschland nachweisen können, profitierten nicht von der neuen Regelung. Hinzukomme, dass es Probleme gäbe, eine Fluggesellschaft zu finden, die sie befördert. Der Hintergrund sei die Unsicherheit bei der Fluggesellschaft, ob die Einreise des * der Passagier*in „erlaubt“ ist. Bei Zurückweisung an der Grenze müsste der Passagier auf Kosten der Fluggesellschaft wieder in sein*ihr Heimatland befördert werden. Es läge im Ermessen der Behörden, ob Corona-Tests aus dem Ausland anerkannt würden und jedes Bundesland entscheide unterschiedlich über Quarantäneregelungen.

„Für Partner*innen, die ein Visum brauchen ist es noch einmal ungleich schwieriger“, führt Gerhard weiter aus. Schwierig bis unmöglich sei es, überhaupt Zugang zu den Botschaften zu bekommen. Die meisten Auslandsvertretungen arbeiten noch immer nur sehr eingeschränkt oder sind geschlossen wie beispielsweise die Deutschen Botschaften in Kairo, New Delhi oder Islamabad. Oder es sind keine Terminbuchungen möglich, weil Rückstände aufgearbeitet würden, wie z.B. in der Deutschen Botschaft in Jakarta. „Das bedeutet, ich kann in zahlreichen Ländern noch nicht einmal ein Besuchsvisum beantragen. Ganz zu schweigen, ob ich dann überhaupt eines bekomme. Schon früher scheiterten die Besuchsvisa an einer restriktiven Handhabung. Die Partner*innen müssen ihre Rückkehrwilligkeit glaubhaft machen. Es wurde schon vor Corona unterstellt, dass die Partner*innen nach einem Besuch einfach hierbleiben. Heute umso mehr. Die jetzige Erklärung ist eigentlich nur Augenwischerei“, so Gerhard.

Ein erster Schritt wäre eine Aufstockung des Personals in den deutschen Auslandsvertretungen sowie eine vorrangige Bearbeitung von Visaanträgen von Paaren und Familien. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn das Zusammenleben binationaler Paare und Familien nicht mehr unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden würde. „Es geht hier nicht um Gefahrenabwehr, es geht um ein gemeinsames Familienleben und eine gemeinsame Zukunftsplanung“, fordert Stöcker-Zafari.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 11.08.2020

SCHWERPUNKT II: Guter Ganztag

Noch bis Anfang September werden wichtige Weichen für die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung gestellt. An dem Eilverfahren gibt es Kritik von mehreren Verbänden. Diese befürchten unter anderem, dass an den Bedarfen von Eltern vorbeigeplant wird. Sie sehen die Qualität der Betreuung gefährdet.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Qualitativ gute Ganztagsangebote tragen dazu bei, dass Kinder individuell gefördert werden. Sie flankieren positive Bildungsverläufe und können unterstützend mit den Eltern zusammenarbeiten. Eltern wünschen sich für das Wohlergehen ihrer Kinder nur die beste Betreuung neben der Schulzeit. Dabei hat jede Familie eigene Bedürfnisse bei der Betreuung, Bildung und Erziehung. Die pädagogische Qualität und die Vielfalt flexibler Angebote sind für sie sehr wichtig. Eine bloße Aufbewahrung entspricht keinem aktuellen Standard. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung muss den Familien ermöglichen, für sie passende Angebote wählen zu können und die Kinder in einer pädagogisch geeigneten Betreuung zu wissen.“

Eine gute Ganztagsbetreuung ist daneben ein wichtiges Element zur Verwirklichung einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Umso länger die Zeit ist, in der Kinder in institutionellen Settings betreut werden, desto größer ist der Bedarf an Austausch, Kommunikation und Vertrauen zwischen Eltern und Institution. Eltern müssen ihre Wünsche und Bedarfe von gelungenen Ganztagsangeboten einbringen dürfen. Ganz im Sinne partizipativer Strukturen sind Eltern als Partner in die Ausgestaltung des Ganztags einzubeziehen, damit sich positive Beziehungen langfristig entwickeln können.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, unterstreicht: „Familien sind auf sozial- und bedarfsgerechte Bildungs- und Betreuungsangebote angewiesen, um ihr gemeinsames Leben zu gestalten und füreinander da zu sein. Das ZFF begrüßt die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder und sieht darin einen zentralen Baustein für eine Familienpolitik, die Eltern ermöglicht Beruf und Sorgearbeit zu vereinbaren. Gerade Alleinerziehende oder Eltern im Schichtbetrieb sind dabei auf flexible Randzeiten- und Ferienbetreuung angewiesen. Ein guter Ganztag für die gesamte Familie muss diese vielfältigen Bedarfe und Wünsche berücksichtigen und Bildungs- und Erziehungsangebote so gestalten, dass sie Kindern guttun und ihren Entwicklungsbedarfen entsprechen.“

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder-und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuungstecken: 1 Million neue Plätze sollen entstehen. Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs-und Beteiligungsverfahren geben. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden hat die AWO-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?! #Guter Ganztag“ eingeleitet mit dem Ziel, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Zur Kampagne: https://www.awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 10.08.2020

In voraussichtlich einer Woche wird die Bund-Länder-AG ihr Arbeitsergebnis vorlegen. Damit wird der Referentenentwurf zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder mit weiteren Impulsen des Bundes und der an der AG beteiligten Länder zur Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs ergänzt.

Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Klar ist: Der Rechtsanspruch ist gewollt, ein Scheitern möchte niemand. Dennoch darf ein Gesetz zur Ganztagsbetreuung nicht nur den groben rechtlichen Rahmen vorgeben. Die Qualität der Angebote muss berücksichtigt und festgehalten werden – gerade auch im Zeichen von Chancengerechtigkeit im Bildungssystem und dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Der Bedarf der Familien an Ganztagsangeboten ist bereits jetzt hoch und noch nicht in allen Teilen gedeckt. Mit Einführung des Rechtsanspruchs wird der Bedarf wahrscheinlich noch einmal ansteigen. Nur wenn ein bedarfsgerechtes Angebot vorhanden ist, können viele Mütter und Väter ihren Berufen nachgehen. Fehlende Angebote können zu zusätzlichen Belastungen führen, gerade für armutsgefährdete oder benachteiligte Familien. Gute ganztägige Betreuungsangebote können ungleiche Ausgangsvoraussetzungen der Kinder auffangen und neue Möglichkeiten schaffen.

Es darf nicht hingenommen werden, dass die Qualität der Bildung und Betreuung davon abhängt, wo man wohnt. Die Unterschiede in den Bundesländern sind enorm, sowohl, was das bloße Vorhandensein von Ganztagsangeboten betrifft, als auch, ob diese Betreuung einem bestimmten Gesamtkonzept folgt. Alle Kinder und Familien haben verdient, dass man ihre Bedarfe, Wünsche und Lebensrealitäten berücksichtigt und Angebote zur Verfügung stellt, die pädagogisch ansprechend ausgestaltet sind. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, welche Bedeutung den Bildungseinrichtungen zukommt. Die Ganztagsbetreuung muss also sowohl Bildung vermitteln, aber vor allem auch als Lebensraum für die Kinder angesehen werden, in dem sie sich ihren Interessen nach entfalten können, sozial agieren können und sich wohlfühlen.“

Gute Ganztagsangebote müssen sich danach ausrichten, dass kindgerechte Konzepte für die ganztägige Bildung und Betreuung erstellt werden, Schule und Jugendhilfe müssen gemeinsam im Sinne der Familien und Kinder agieren. Kinder brauchen auf ihre Alters- und Entwicklungsspanne abgestimmte Angebote. In den nächsten Jahren wird auch die digitale Ausstattung immer wichtiger – kein Kind darf hier abgehängt werden, weil die finanziellen Ressourcen der Familien keine digitalen Lernmittel, z. B. einen Laptop möglich machen. Und: auch das pädagogische Personal muss berücksichtigt werden. Auch hier müssen sichere Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die mit einer angemessenen Vergütung und Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten einhergehen – denn auch das ist ein Zeichen für soziale Gerechtigkeit.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.08.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder darf die Strukturen bei den bereits vorhandenen Angeboten nicht vernachlässigen. Sowohl die Kindertagespflege als auch Horte stellen wichtige Angebote im Sinne der Vielfalt dar.

Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die bestehenden Angebote und Strukturen der Betreuung von Schulkindern in Kindertagespflege und Horten müssen erhalten, gestärkt und im Zuge des Rechtsanspruchs auch ausgebaut werden können. Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung darf nicht dafür genutzt werden, Angebote der Schulkindbetreuung in Horten oder in der Kindertagespflege zurückzufahren, um den Ausbau von schulischen Ganztagsplätzen voranzutreiben. Etablierte Angebote müssen erhalten und durch gesetzliche Regelungen untermauert werden. Insbesondere Horte haben in einigen Bundesländern eine lange Tradition und sind für viele Familien ein fester Bestandteil der institutionellen Betreuung. Der Bedeutung muss durch sichere und gute Rahmen- und Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden, Verlässlichkeit für die Familien und durchdachte Konzepte für die Kinder Rechnung getragen werden.“

Die AWO fordert, bei der Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Grundlagen für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung die Horte und die Kindertagespflege zu berücksichtigen. Standards für die Kindertagesbetreuung in Horten gilt es aufrechtzuerhalten, das Angebot muss weiter gestärkt werden. Bei der Kindertagespflege ist darauf zu achten, dass eine unterschiedliche Auslegung in den einzelnen Bundesländern vermieden wird und ein rechtlicher Rahmen für den Ausbau der Kindertagespflege für Kinder im schulischen Altern sichergestellt wird.

Etwa 17 000 Familien haben sich zur Betreuung ihrer schulpflichtigen Kinder für die Kindertagespflege entschieden. In Horten werden bundesweit etwa 500 000 Kinder betreut. Die Beweggründe für die Wahl einer Betreuung in einem Hort oder in der Kindertagespflege können sehr unterschiedlich sein. Der Hort stellt in einigen Regionen ein fest etabliertes Betreuungssystem für Kinder im Grundschulalter dar und verfügt in den meisten Bundesländern über eine bereits vorliegende rechtliche Ausgestaltung, z. B. was das pädagogische Personal oder den Betreuungsumfang angeht. Die Betreuung in der Kindertagespflege wird von Eltern für ihre Kinder u.a. wegen ihrer familiennahen Ausgestaltung, einer möglichen Nähe zum Wohnort und der Betreuung von nur einer Bezugsperson am Nachmittag gewählt.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.08.2020

Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe muss gestärkt werden.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, begrüßt die stark zunehmende Öffnung von Schule für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, die sich wiederum selbst deutlich für die Schule geöffnet haben. Diese Offenheit ist die Grundvoraussetzung für eine kollegiale und koordinierte Zusammenarbeit, um gemeinsam das Wohl der Kinder im Blick zu behalten und insbesondere jenen Kindern gezielte Unterstützung anzubieten, die zur Überwindung herkunftsbedingter oder individueller Benachteiligungen diese besonders benötigen. Nur dadurch haben wir eine Möglichkeit, Chancengleichheit in der Bildung und eine nachhaltige Integration sicherzustellen.

Dennoch stellt Wolfgang Stadler fest: „Im bundesweiten Blick beobachten wir, dass es nach wie vor eine deutliche Dominanz des Schulbereichs gibt. Dies ist historisch bedingt, da Schule der Garant ist für die Umsetzung der Anforderungen und Erfordernisse unserer Wissensgesellschaft. Hier ermuntere ich die Landesjugendministerien und kommunalen Jugendämter sich offensiver und selbstbewusster in die Regelungen zum Ganztag einzubringen!“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Ein weiterer Grund für die Dominanz des Schulbereichs liegt in einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Wichtigkeit außerschulischer Partner. Für die AWO als Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe gilt es im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses die jeweiligen Aufgaben und Stärken inner- wie außerschulischer Partner zu erkennen, zu akzeptieren und dabei selbstbewusst als Anwalt der Interessen von Kindern und ihren Eltern aufzutreten“.

Wolfgang Stadler sieht in der Schulpraxis vor Ort noch Optimierungsbedarf für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit: “Die Arbeit im guten Ganztag in multiprofessionellen Teams aus Lehrer*innen und außerschulischen Mitarbeiter*innen wird stark unterstützt dadurch, dass realistische Erfahrungen, tatsächliche Erfolge und konkrete Ansatzpunkte im gemeinsamen Tun erfahrbar werden. Dies erleichtert den Weg zu einer gleichberechtigten Kooperation“.

Der Ganztag ist ein herausfordernder Ort des gemeinsamen Tuns. Die Frage ist: Wie gelingt ein guter Ganztag? Nach Ansicht der AWO ist ein partizipativer Ansatz entscheidend. Der Ganztag muss ein Ort des Wohlfühlens und des gemeinsamen Lernens von dem sein, was das Leben an Herausforderungen mit sich bringt. Schule hat sich bewegt und sich für außerschulische Partner aus der Jugendhilfe, aus Sport, Kultur, Musik geöffnet.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder-und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuung stecken: 1 Million neue Plätze sollen entstehen. Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs-und Beteiligungsverfahren geben. Die Kampagne #GuterGanztag der Arbeiterwohlfahrt will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 17.08.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2025 muss ein guter Ganztag werden, in welchem die Kinder im Mittelpunkt stehen! Dies kann nur ein Ganztag einlösen, der vor allem durch Qualität und Professionalität überzeugt. Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, bringt es auf den Punkt: “Dieser Anspruch lässt sich nur verwirklichen, wenn wir pädagogisch qualifiziertes Personal einstellen, bedarfsdeckende Angebote anbieten und eine auskömmliche Finanzierung gewährleisten. Dabei orientieren wir uns an dem Fachkräftegebot der Kinder- und Jugendhilfe!“

Insbesondere bei den Fachkräften tut sich eine große Lücke auf: Schätzungen gehen von einem Mehrbedarf an Erzieher*innen in einer Größenordnung von rund 100.000 zusätzlichen benötigten Fachkräften durch den Ausbau der Ganztagsbetreuung aus. Insgesamt liegt der Bedarf an pädagogischen Fachkräften um ein vielfaches höher: Im Bereich der Kindertagesbetreuung in Kitas und Krippen liegt bereits jetzt ein Mangel an Personal vor. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter vergrößern, wenn nicht massiv gegengesteuert wird.

Wolfgang Stadler sieht ein Bündel an Verbesserungsmöglichkeiten: “Grundsätzlich müssen wir alle an einer gesellschaftlichen Aufwertung des Berufs der Erzieher*innen arbeiten. Die Lösungswege sind bekannt: Mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Dies wird zu einer höheren Attraktivität führen. Es gilt, neue Potenziale für die Berufswahl zu erschließen. Dazu zählt, mehr junge Männer zu erreichen, Wiedereinsteiger*innen zurückgewinnen und die Ausbildungsbedingungen zu verbessern – etwa durch Befreiung von Schulgeld oder Einführung von Ausbildungsvergütungen.“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Auch die tägliche Arbeit der Erzieher*innen lässt sich durch Verbesserungen attraktiver gestalten: Hierzu zählen bessere Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wichtig bleibt, das Berufsimage der Erzieher*innen in der Öffentlichkeit aufzuwerten. Die Corona-Krise zeigt eindrücklich: Erzieher*innen sind eine systemrelevante Berufsgruppe. Dieser gestiegenen öffentlichen Wertschätzung müssen jetzt Taten folgen! Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Fachkräftegewinnung und Fachkräftebindung muss hierzu Anstöße liefern. Wir als AWO sind gerne bereit zu unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 28.07.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit und zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichwohl müssen alle Entscheidungen in diesem Vorhaben darauf ausgerichtet sein, was Kinder in der Altersspanne von 6 bis 10 Jahren wirklich brauchen: Die AWO fordert deshalb, dass die Bedürfnisse der Kinder als oberste Prämisse bei den weiteren Diskussionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gelten müssen.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, sagt hierzu: „Kinder in der Altersspanne von 6 bis 10 Jahren haben ganz eigene Vorstellungen davon, wie Angebote nach der Schule aussehen sollen. Wir müssen diese Vorstellungen berücksichtigen – sonst kann nicht von gutem Ganztag gesprochen werden. Denn: Kinder wollen mit Gleichaltrigen ungestört Spielen, Herumtollen, Erkundungen machen, sich nützlich zeigen. Dies stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihren Gerechtigkeitssinn. Kinder fühlen sich wohler, wenn sie ernst genommen und eingebunden werden. Nur so können sie sich bei Konflikten wirksam beschweren oder das Recht ausüben, an allen Angeboten des Ganztags teilzunehmen, ohne dass es an den Kosten scheitert. Wenn dies fehlt drohen sie sich zurück zuziehen oder aus der Gemeinschaft herauszufallen.“

Weiter ergänzt Wolfgang Stadler: „Die UN-Kinderrechtskonvention gibt den klaren Auftrag, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt staatlichen Handelns stehen soll. Kinder und Jugendliche müssen von ihren Rechten jedoch auch wissen. Nur so können sie von ihren Rechten Gebrauch machen. Dieser qualitative Anspruch muss sich in der deutschen Gesetzgebung zur Regelung des Rechtsanspruchs Ganztagsbetreuung wiederfinden.“

Weitere Informationen finden Sie hier: www.awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 27.07.2020

Ein Bündnis aus Spitzenverbänden und Gewerkschaft fordert mit einer Gemeinsamen Erklärung, Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung zu sichern. Die Erklärung ist Auftakt der Kampagne #GuterGanztag.

Hintergrund ist, dass die Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025 plant. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuung stecken. 1 Million neue Plätze sollen entstehen! Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs- und Beteiligungsverfahren geben. Dieser hohe Zeitdruck droht zu verhindern, dass eine angemessene Qualität in die Regelungen kommt.

Dem will das Bündnis mit seinen Forderungen entgegen wirken. Die Gemeinsame Erklärung von Arbeiterwohlfahrt und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wurde von den Verbänden Diakonie Deutschland und DRK Generalsekretariat mitgezeichnet.

„Die Umsetzung des Rechtsanspruchs muss einen guten Ganztag im Blick haben“, so Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. „Deshalb wenden wir uns gemeinsam mit GEW und anderen an Politik und Parlament. Die Botschaft ist klar: Ein qualitätsvoller Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ist unverzichtbar! Dies ist nicht verhandelbar, denn jedes Kind muss seinen Rechtsanspruch durch ein auswahlfähiges, vielfältiges und pädagogisch ansprechendes Ganztagsangebot realisieren können. Dies sind wir unseren Kindern schuldig. Ganztagsbetreuungen müssen mehr sein als Verwahranstalten aus dem Eilverfahren! Ein guter Ganztag macht die Schule zu einem Lern- und Lebensort.“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs ist auch eine Gerechtigkeitsfrage: Wir müssen diese einmalige Chance nutzen, um die Zukunftschancen eines jeden Kindes in der Grundschule zu befördern, Bildungsbenachteiligungen auszugleichen und Lebenschancen zu wahren. Das angesetzte Eilverfahren gefährdet eine gute Lösung.“

Die Gemeinsame Erklärung ist der Auftakt einer sechswöchigen Kampagne, die das Eilverfahren flankiert. Unter dem Slogan „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?! #GuterGanztag“ wird die Arbeiterwohlfahrt seine Forderungen rund um das Thema Qualität in der Ganztagsbetreuung offensiv und verständlich in die Breite tragen. Weitere Informationen finden sich hier: https://www.awo.org/GuterGanztag

Gemeinsame Erklärung #GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.07.2020

SCHWERPUNKT III: Regelbedarfsermittlungsgesetz

Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes im Bundeskabinett kritisiert das ZFF die Vorgehensweise der Bundesregierung, das Existenzminimum von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiterhin klein zu rechnen und mahnt weitreichende Überarbeitungen an.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB XII und II.

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur*innen haben in den letzten Jahren auf die Mängel bei der Ermittlung der Regelbedarfe und der sich daraus ergebenden unzureichenden Höhe hingewiesen. Zuletzt hat das ZFF gemeinsam mit einem Verbände-Bündnis im März 2020 gefordert, bei der Neu-Bemessung der Regelsätze nicht das äußerst fragwürdige Verfahren aus den Jahren 2011 und 2016 zu wiederholen.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, kritisiert: „Die nun beschlossene Neuermittlung der Regelbedarfe ist nichts als heiße Luft und für viele Familie gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ein Schlag ins Gesicht! Trotz kleiner Verbesserungen, wie der Berücksichtigung von Handykosten bei den Verbrauchsausgaben, was für eine gelingende Teilhabe von Kindern und Jugendlichen wichtig ist, bleibt es bei der mangelhaften Vorgehensweise. So wird das Existenzminimum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene weiter systematisch kleingerechnet.

Wir wissen aus der Armutsforschung, dass fehlendes Geld der Anfangspunkt für Armutserfahrungen ist. Kinder, die in einkommensarmen Haushalten aufwachsen, erleben eine materielle Unterversorgung, haben verminderte Chancen in der sozialen und kulturellen Teilhabe, erlangen öfter nur einen geringen oder gar keinen Bildungsabschluss und erleben ein höheres Risiko für gesundheitliche Einschränkungen. Je länger die Armutserfahrung anhält, desto gravierender sind die Auswirkungen.“

Reckmann fährt fort: „Das ZFF fordert, dass endlich Korrekturen an der Bemessung des kindlichen Existenzminimums vorgenommen werden und sich die Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen an einer durchschnittlichen Lebenslage orientieren. In einem weiteren Schritt fordern wir seit langem, gemeinsam mit einem breiten Verbändebündnis, die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.“

Die Stellungnahme zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 19.08.2020

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe berücksichtigt gesellschaftliche und technische Veränderungen

Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes beschlossen. Dazu erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Der Bundesgesetzgeber ist bei Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) verpflichtet, die Höhe der Regelbedarfe, nach denen sich die Höhe der Grundleistungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ergibt, neu zu ermitteln.

Die EVS 2018 liegt vor. Die Ermittlung der Regelbedarfe ist zu begrüßen, da sie verfassungskonform ist und aufgrund gesellschaftlicher und technischer Veränderungen weiterentwickelt wurde. Denn im Unterschied zu den vorausgegangenen Regelbedarfsermittlungen im Jahr 2011 und 2017 wird nun eine Erweiterung vorgenommen. Es werden bei den Kommunikationsausgaben sämtliche Verbrauchsausgaben berücksichtigt. Dies macht deutlich, dass die EVS die richtige Grundlage für die Ermittlung der Regelbedarfe ist. Es ist eine „atmende“ und keine „starre“ Statistik.

Mit dem neuen Regelbedarfsermittlungsgesetz werden daher die Regelbedarfe für fast alle Gruppen steigen bzw. gleichbleiben. Zusätzlich werden die Regelbedarfe aufgrund der zu berücksichtigenden Preis- und Lohnentwicklung bis Juni 2020 ab dem 1. Januar 2021 noch höher ausfallen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 19.08.2020

Zum heutigen Kabinettsbeschluss über die neuen Regelsätze in der Grundsicherung erklärt SvenLehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Dieser Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen Menschen in Deutschland. Die Bundesregierung ignoriert die vehementen Forderungen von Gewerkschaften, Sozial- und Familienverbänden und Wissenschaft nach einer Kurskorrektur in der Regelsatzermittlung. Mit Scheuklappen vor den Augen wiederholt das Arbeitsministerium stur die Taschenspielertricks früherer Regelbedarfsermittlungen. Sie spart weiter an den Ärmsten der Armen und nimmt in Kauf, dass das soziokulturelle Existenzminimum von sieben Millionen Menschen nicht gedeckt ist.

Die Corona-Krise hat durch den Wegfall von unterstützenden Hilfeleistungen, anfallenden Mehrbedarfen und steigenden Lebensmittelpreisen schonungslos offengelegt, wie massiv untergedeckt die derzeitige Grundsicherung ist. Dabei brauchen wir gerade jetzt eine Stärkung unterer Einkommen, damit sich die soziale Spaltung nicht noch weiter verschärft.

Ein Regelsatz von 439 Euro für Erwachsene ist nicht existenzsichernd. Er reicht bei weitem nicht aus, um ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe zu gewährleisten. Menschen in Hartz IV oder in der Grundsicherung im Alter sind abgekoppelt vom Rest der Gesellschaft. Das vertieft die soziale Spaltung und widerspricht dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hat dem Gesetzgeber die Vorgabe gemacht, dass sich die Regelbedarfsermittlung am Entwicklungsstand der Gesellschaft orientieren sollte. Davon kann bei diesem Gesetz keine Rede sein. In dem Gesetzesentwurf kommen lebensferne Beträge im Regelsatz wie rund 1,60 Euro im Monat für Bildung oder 5 Euro am Tag für Lebensmittel heraus.

Wir Grüne haben vor kurzem ein eigenes Konzept zur Ermittlung der Regelbedarfe vorgelegt. Wir fordern, dass die untersten 15 Prozent der Einkommen als Referenzeinkommensbereich zu Grunde gelegt werden, ohne nachträgliche Streichungen von Ausgaben und bereinigt um verdeckt Arme. Es muss Schluss sein mit den Taschenspielertricks. Wir fordern eine schrittweise Anhebung des Regelsatzes für Erwachsene auf 603 Euro im Monat. Von einer deutlichen Regelsatzerhöhung profitieren gerade auch untere sowie mittlere Einkommensgruppen über eine Entlastung bei der Einkommensteuer.

Wir Grüne werden unser alternatives Konzept der Regelsatzermittlung in den Bundestag einbringen. Das Parlament ist der Ort der politischen Debatte darüber, was jedem Mensch in Deutschland als Existenzminimum zusteht. Diese Debatte werden wir intensiv führen. Union und SPD müssen dann Farbe bekennen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.08.2020

Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes durch das Bundeskabinett kommentiert Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des AWO Bundesverbandes:

„Die Bundesregierung hat es mit dem vorliegenden Gesetz leider versäumt, den politischen Gestaltungsspielraum bei der Berechnung der Regelbedarfe im Sinne der betroffenen Menschen zu nutzen. Auch die nochmals verlängerte Ressortabstimmung hat nicht zu den notwendigen Korrekturen geführt. Damit bleiben spürbare Verbesserungen der finanziellen Situation für über sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden aus. Das vorliegende Gesetz wiederholt weitestgehend das kritikwürdige Berechnungsverfahren aus den Jahren 2011 und 2016. Wir bedauern, dass die vielen konstruktiven Vorschläge aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zur Verbesserung der Datengrundlage und zur Weiterentwicklung der Berechnungsmethode nicht aufgegriffen wurden. Wir hoffen, dass nun im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird.“

„Aus Sicht der AWO sollte dabei noch einmal kritisch überprüft werden, welche nachträglich vorgenommenen Streichungen am Regelbedarf als bedarfsrelevant berücksichtigt werden sollten. Denn die Streichungen erfolgen im vorliegenden Gesetz erneut in einem Umfang, der den finanziellen Handlungsspielraum der Betroffenen stark beschränkt. Sie erhalten mit diesem Pauschalbetrag keine Möglichkeit, Konsumentscheidungen selbstbestimmt zu priorisieren und Kosten intern auszugleichen. Zudem sollten die Verbrauchsausgaben von Personen, die aufstockende Leistungen beziehen, Berechtigte von Leistungen der Ausbildungsförderung sowie verdeckt arme Menschen aus der Statistik ausgeklammert werden, die die Datengrundlage nach unten verzerren. Auch bei der Bildung der Regelbedarfsstufen muss nachgebessert werden und die besonderen Bedarfe, die Erwachsene mit Kindern haben, müssen hinreichend berücksichtigt werden. Diese und weitere Kritikpunkte wird die AWO in den weiteren politischen Prozess einbringen, um die finanzielle Situation der Menschen weiter zu verbessern.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Die Verfahrenspraxis führt zu einer Regelsatzhöhe, die das menschenwürdige Existenzminimum nach Auffassung vieler Expert*innen faktisch unterschreitet.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 19.08.2020

Das Bundeskabinett will heute den Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen bei Hartz IV-Leistungen beschließen. Die Diakonie Deutschland kritisiert den Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium als unzureichend und spricht sich für deutliche Nachbesserungen im weiteren parlamentarischen Verfahren aus. Die ermittelten Regelsätze machen eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht möglich.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik: "Die heute vom Kabinett beschlossene Regelsatzberechnung schreibt die Fehler der Vergangenheit fort. Es werden beliebig Regelsätze festgelegt, die Armut manifestieren und eine Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben erschweren. Kinder aus Familien, die von der Grundsicherung leben, sind besonders betroffen. Schon jetzt gehören sie zu den Bildungsverlierern, weil ihnen die notwendige Ausstattung fehlt und sie nicht mithalten können." Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2010 geurteilt, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder nicht dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums entsprechen. Das ändert sich auch im aktuellen Entwurf nicht.

So stehen auch Weihnachtsbaum, Adventsschmuck, Speiseeis, private Fernsehsender, Haftpflichtversicherung, Haustierfutter und Mobilität auf der Kürzungsliste.

Die Diakonie Deutschland kritisiert die zugrundeliegenden Berechnungen und fordert deutliche Nachbesserungen. Loheide: "Der Maßstab für die ALG II- Leistungen sind die ärmsten Haushalte. So wird Mangel zum Maßstab für das Existenzminimum. Besonders problematisch ist, dass die Vergleichsgruppe Personen umfasst, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Es braucht nicht nur einen Aufschlag von monatlich 100 Euro, der zusätzliche Ausgaben aufgrund der Corona-Pandemie ausgleicht, sondern eine grundsätzliche Erhöhung." Diese beträgt nach Berechnung der Diakonie aktuell beispielsweise für einen Alleinlebenden 160 Euro und für Kinder je nach Alter zwischen 44 Euro bis 97 Euro im Monat.

Aber auch im Detail sind Nachbesserungen erforderlich. Seltene hohe Ausgaben, z.B. für Elektrogeräte, müssen bei Bedarf direkt finanziert werden. "Mit der im Gesetzentwurf angesetzten Pauschale von 1,67 Euro müsste elf Jahre auf einen Kühlschrank gespart werden. Das zeigt, wie unrealistisch die Annahmen sind, mit denen das ALG II berechnet wird", so Loheide.

Hintergrundinformation

Nach Angaben der Diakonie machen die willkürlichen Streichungen am Regelsatz bei Erwachsenen 160 Euro aus, bei Kindern bis fünf Jahre 44 Euro, bei Kindern von 6 bis 13 Jahren 82 Euro und bei Jugendlichen 97 Euro. Auch seien die statistischen Vergleichszahlen für die Ermittlung der Kinderregelsätze weiterhin unseriös. So bilden bei Jugendlichen nur 14 Haushalte den Maßstab für die Ermittlung der Mobilitätskosten und lediglich 105 Haushalte würden zur Ermittlung der weiteren Konsumkosten herangezogen. Bei Kindern bis fünf Jahre bilden 278 Haushalte die allgemeine Vergleichsgruppe und bei den 6 bis 13- jährigen 144 Haushalte. Lediglich die üblichen Verbrauchskosten für Alleinstehende Erwachsene seien mit einer statistischen Vergleichszahl von 2.311 Haushalten einigermaßen repräsentativ.

Zur grundlegenden Neu-Bemessung der Regelsätze in der Grundsicherung ist der Gesetzgeber verpflichtet. Alle vier Jahre werden mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auch die grundlegenden statistischen Vergleichsdaten für die Festlegung der Regelsätze neu ermittelt.

Die einzelnen willkürlichen Streichungen sind der beigefügten Tabelle zu entnehmen. Berechnung der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-8-13_Berechnung_Fehlbetraege_Regelsatz_Diakonie.pdf

Zum Referentenentwurf mit den Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/RBEG_2021_Referentenentwurf.pdf

Stellungnahme der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zum-kabinettsbeschluss-ueber-ein-gesetz-zur-ermittlung-von-regelbedarfen-und-zur-aenderung-des-zwoelften-buches-sozialgesetzbuch-sowie-des-asylbewerberleistungsgesetzes

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.08.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk bemängelt im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts die beabsichtigte Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche im Hartz-IV-Bezug zum 1. Januar 2021 als unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

"Auf den ersten Blick sieht die Erhöhung der Regelsätze der Kinder bis zu sechs Jahren und der Jugendlichen ab 14 Jahren gut aus. Wenn man genauer hinschaut, erweist sich diese jedoch als unzureichend. Hier wird lediglich ein Stück weit das nachgeholt, was den Kindern und Jugendlichen durch politisches Herunterrechnen der Regelsätze seit Jahren vorenthalten wird. Und dass die sechs- bis 13-Jährigen mit einer Nullrunde abgespeist werden sollen, ist ein armutspolitischer Skandal", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher braucht eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung unter Berücksichtigung der Prinzipien von Transparenz und Nachprüfbarkeit. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die Teilhabe aller Kinder und Jugendlicher sein. Bereits vor mehreren Jahren hat der Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik grundlegende Kritik an der Berechnungsmethode der Regelsätze für Kinder und Jugendliche geübt. Demnach werden diese nicht wissenschaftlich belastbar ermittelt. Dadurch wird armen Kindern und Jugendlichen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in vielen Fällen vorenthalten. Damit muss endlich Schluss sein", so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die im letzten Monat von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Deshalb braucht es eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes und jedes Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern. Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt daher für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 19.08.2020

Heute hat das Bundeskabinett das Regelbedarfsermittlungsgesetz verabschiedet. Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz, kommentiert.

„Die Neuberechnung der Regelbedarfe überzeugt uns auch diesmal nicht. Seit Jahren beklagen Leistungsbeziehende, dass die Regelbedarfe zu niedrig ausfallen, um die täglichen Bedarfe sorgenfrei zu decken und ohne Scham und Stigma am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Viele Betroffene haben tagtäglich existentielle Sorgen. Eine kaputte Waschmaschine, eine unvorhergesehene Nachzahlung, eine Sanktion durch das Jobcenter oder einfach nur das kleine Mitbringsel zum Kindergeburtstag des Enkels kann die fragile finanzielle Situation der Menschen aus dem Gleichgewicht bringen. Das kann nicht der Anspruch an einen starken Sozialstaat sein. Dieser sollte das menschenwürdige Existenzminimum aller Menschen verlässlich bereitstellen.

Leider sieht das vorliegende Gesetz keine nennenswerten Verbesserungen für die über sieben Millionen Menschen vor. Stattdessen wurde die lang und breit kritisierte Berechnungspraxis weitestgehend fortgeführt und die Regelbedarfe wieder äußerst knapp berechnet. Unter anderem wird wieder der Rotstift angesetzt und Verbrauchsausgaben in Höhe von mehr als 150 Euro aus der Statistik gestrichen. Wir warnen seit Jahren vor einer Verfestigung der Armut. Die Politik darf nicht weiter hinnehmen, dass Menschen weiter abgehängt werden und die Armutslücke größer wird. Der Regelsatz sollte daher deutlich steigen! Die Nationale Armutskonferenz fordert jetzt mutige Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen, den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Die Verfahrens-praxis führt zu einer Regelsatzhöhe, die das menschenwürdige Existenzminimum nach Auffassung vieler Expert*innen faktisch unterdeckt.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 19.08.2020

SCHWERPUNKT IV: Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme

Trotzdes Ausbaus der Kita-Plätze und der Investitionen in zusätzliches Personal sind die Bedingungen für die pädagogische Arbeit vielerorts noch immer unzureichend. In einem Großteil der Kitas sind die Personalschlüssel und die Gruppengrößen nicht kindgerecht. Bei den Personalschlüsseln flacht das Qualitätsgefälle zwischen den Bundesländern allerdings langsam ab. Das Qualifikationsniveau des Personals ist zwischen den Bundesländern jedoch sehr unterschiedlich.

Viele Kitas in Deutschland können ihren Bildungsauftrag nicht oder nur eingeschränkt umsetzen. Dies geht aus dem Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme und einer zeitgleich veröffentlichten qualitativen Studieder FernUniversität in Hagen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor. Gradmesser für eine gelingende Bildungsarbeit in Kitas sind die Personalschlüssel, die Größen der Gruppen und das Qualifikationsniveau des Personals. Bundesweit war der Personalschlüssel am 1. März 2019 für rund 1,7 Millionen Kita-Kinder nicht kindgerecht. Für74 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen stand somit nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. In Ostdeutschland betraf dies 93 Prozent der Kinder, in Westdeutschland 69 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt bedeutet dies, dass 2019 rein rechnerisch in Krippengruppen eine Fachkraft auf 4,2 Kinder kam. In Kindergartengruppen warenes 8,8 Kinder. Im Vergleich zu 2013 ist dies eine Verbesserung der Personalsituation. Damals lag in Krippengruppen der Personalschlüssel noch bei 1 zu 4,6 und in Kindergartengruppen bei 1 zu 9,6. Nach Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung sollten in Krippengruppen rechnerisch 3 Kinder auf eine Fachkraft kommen und in Kindergartengruppen maximal 7,5. Die reale Personalsituation ist häufig noch angespannter, da Arbeitszeiten für Aufgaben ohne Kinder, Urlaubszeiten, unbesetzte Stellen oder fort- und weiterbildungsbedingte Abwesenheiten der Fachkräfte den Kita-Alltag noch erschweren. Teils zu große Gruppen und zu heterogenes Qualifikationsniveau des Personals. Auch die Gruppengröße entspricht in vielen Kitas nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Gruppen für jüngere Kinder sollten nicht mehr als zwölf Kinder umfassen, für die Älteren nicht mehr als 18. Zu große Gruppen bedeuten für die Kinder und das Fachpersonal übermäßigen Stress, etwa durch Lautstärke, und können dazu führen, dass entwicklungsangemessene Aktivitäten nicht ausreichend durchgeführt werden. So sind bundesweit gut 54 Prozent aller amtlich erfassten Kita-Gruppen zu groß. Darüber hinaus ist die Qualifikation des Kita-Personals bundesweit sehr unterschiedlich. In den ostdeutschen Bundesländern ist der Anteil des als Erzieherinnen und Erzieher ausgebildeten Personals mit 82 Prozent um 16 Prozentpunkte höher als in den westdeutschen Bundesländern (66 Prozent). In den westdeutschen Bundesländern arbeitet hingegen deutlich mehr Personal auf Assistenzniveau, beispielsweise als Kinderpflegerin oder Sozialassistentin. Insbesondere bei einem Personalmangel steigt damit das Risiko einer niedrigeren Bildungsqualität. Hinsichtlich des Qualifikationsniveaus sollten sich die westdeutschen Bundesländer an den Kitas in Ostdeutschland orientieren.

Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sind die aktuellen Daten ein Appell, den Ausbau der frühkindlichen Bildung nicht schleifen zu lassen: „Der Kita-Ausbau der letzten Jahre war beachtlich: Aber die Personalschlüssel und Gruppengrößensind vielerorts nicht kindgerecht, es gibt keine bundeseinheitlichen Qualifikationsstandards für das Personal. Kitas können deshalb ihren Bildungsauftrag teilweise nicht wahrnehmen.“ Wie sich der im Ländermonitoring aufgezeigte Personalmangel und die unzureichenden Kompetenzen des Personals in der pädagogischen Praxis auswirken, zeigt aktuell eine qualitative Studie der FernUniversität in Hagen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Die bundesweit befragten Kita-Teams beschreiben, dass sie bei Personalmangel weniger auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können und deren individuelle Förderung in den Hintergrund treten muss. Zusätzlich wird für die Kita-Teams die Realisierung einer guten Bildungspraxis erschwert, wenn die Qualifikationen des Personals unzureichend sind. Insgesamt sehen die Befragten die Umsetzung des Bildungsauftrags der Kitas oftmals gefährdet. Bildungschancen hängen nach wie vor vom Wohnort ab. Die Ergebnisse des Ländermonitorings machen erneut deutlich, dass die Bildungschancen vom Wohnort abhängen– und das, obwohl es eine Annäherung zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern hinsichtlich der Personalschlüssel gegeben hat. So war 2019 in Bremen (1 zu 3,0) eine Fachkraft im Schnitt für drei Krippenkinder weniger verantwortlich als in Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 6,0). 2013 lag die größte bundesweite Differenz noch bei rechnerisch 3,5 Kindern im Vergleich von Bremen und Sachsen-Anhalt. Mit Blick auf die älteren Kinder in Kindergartengruppen zeigt sich zwischen Baden-Württemberg (1 zu 6,9) und Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 12,9) die größte Kluft. Aber auch diese hat sich zwischen den Bundesländern seit 2013 um rechnerisch mehr als ein Kind verringert. Damals lag die größte Differenz zwischen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Gemeinsame Kraftanstrengungen um den Bildungsauftrag zu erfüllen. Aus Drägers Sicht ist für die frühkindliche Bildung entscheidend, dass alle politischen Ebenen in einer Gesamtstrategie sinnvoll zusammenwirken: „Dem Personalmangel müssen wir mit Bündnissen von Bund, Ländern, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften begegnen. Gemeinsam müssen sie attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen schaffen, eine angemessene Bezahlung durchsetzen und berufsbegleitend Unterstützungs- und Beratungsstrukturen anbieten.“ Das Kita-Personal, so Dräger, müsse durch Hauswirtschafts- und Verwaltungskräfte entlastet werden. Zudem sei es unausweichlich, Kitas als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ausreichend zu finanzieren: „Auch wenn in den vergangenen Jahren schon viel für die Kitas gemacht wurde. Es reicht noch nicht. Gute pädagogische Arbeit für die Kleinsten geht nur mit zusätzlichen Mitteln und braucht auch die angemessene und dauerhafte Finanzierungsbeteiligung des Bundes.“

Zusatzinformationen

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder-und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war jeweils der 1. März 2013 und 2019. Die Berechnungen für 2019 wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Es werden nur die Gruppen in Kitas analysiert, die laut Angaben in der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik mit einer Gruppenstruktur arbeiten. Gruppen, in denen Kinder mit einer (drohenden) Behinderung betreut werden, werden in der Berechnung nicht berücksichtigt.

Die aktuellen Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laender-profile. Die qualitative Studie der FernUniversität in Hagen „Professionelles Handeln im System. Perspektiven pädagogischer Akteur*innen auf die Personalsituation in Kindertageseinrichtungen (HiSKiTa)“ untersucht die Auswirkungen der aktuellen Personalsituation in Kitas aus Sicht der Fachkräfte (www.bertelsmann-stiftung.de/hiskita).

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 25.08.2020

„Die Personalsituation im Kitabereich ist erschreckend, wie die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt. Die Personalschlüssel sind in fast allen Bundesländern weit entfernt von einer kindgerechten Ausstattung. Hinzu kommen große regionale Unterschiede auch bei der Qualifizierung des Personals. Durch die mangelnde Unterstützung des Bundes ist der Kitaausbau zunehmend in Widerspruch zu den angestrebten Qualitätssteigerungen geraten. Das sogenannte Gute-Kita-Gesetz wird daran kaum etwas ändern. Eine Entfristung der Mittel aus dem Gesetz ist dringend geboten, um langfristige Qualitätssteigerungen zu unterstützen“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. Müller weiter:

„Bundesfamilienministerin Franziska Giffey muss jetzt endlich handeln. Wir brauchen ein bundesweites Sofortprogramm für mehr und besseres Personal in den Kitas. Vor allem muss die Ausbildungssituation zukünftiger Erzieherinnen und Erzieher deutlich verbessert werden. Ein erster wichtiger Schritt wäre dabei die Schulgeldfreiheit. Es ist absurd, dass junge Menschen, die diesen Beruf ergreifen möchten, dafür auch noch draufzahlen sollen, obwohl Erzieherinnen und Erzieher überall händeringend gesucht werden.

Zudem muss die Familienministerin noch vor der Wahl ein Bundeskitaqualitätsgesetz vorlegen. Nur wenn wir bundesweit einheitliche Standards festlegen, können wir langfristig die regionalen Unterschiede überwinden. Schließlich hat jedes Kind das Recht auf eine gute Kita, egal ob es in Sachsen, Bremen oder Baden-Württemberg aufwächst.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.08.2020

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eine Qualitätsoffensive für die Kitas angemahnt. „Nach dem quantitativen Ausbau der Frühkindlichen Bildung muss jetzt ein Qualitätsschub folgen. Der Fachkräftemangel in den Kitas führt zu Qualitätsverlusten des Angebots der Einrichtungen. Diese Entwicklung müssen wir unbedingt stoppen! Es ist ein Skandal, dass die Chancen auf einen guten Einstieg ins Bildungssystem und damit auf Lebensperspektiven immer noch vom Wohnort der Kinder abhängen“, sagte Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, mit Blick auf den heute veröffentlichten Bildungsmonitor Frühkindliche Bildung der Bertelsmann Stiftung.

Köhler warb dafür, den Erzieherinnen-Beruf attraktiver zu gestalten, um mehr junge Menschen für die Arbeit in den Kitas zu gewinnen. „Das Gehalt für diese Berufsgruppe muss deutlich angehoben werden. Zudem müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden: kleinere Gruppen, mehr Zeit für die pädagogische Arbeit, zusätzliche Fachkräfte und eine höhere Freistellung für die Leitungskräfte. Zudem muss die Ausbildung endlich bezahlt werden. Es ist ein Unding, wenn angehende Erzieherinnen und Erzieher für ihre Ausbildung auch noch Geld mitbringen müssen“, betonte der GEW-Kita-Experte.

„Für die Finanzierung dieser Maßnahmen ist ein Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Aber jeder Euro, der in die Frühkindliche Bildung investiert wird, bringt eine vielfache Rendite“, sagte Köhler.

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 25.08.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt bei Bund, Ländern und Kommunen größere Kraftanstrengungen zur Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland an. Dazu braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl mehr finanzielle Mittel als auch bundeseinheitliche Mindeststandards in der Qualität. Damit soll der Flickenteppich bei Qualitätsmerkmalen, wie der Personalausstattung und den Gruppengrößen, beendet werden. Das finanzielle Engagement des Bundes durch das "Gute-KiTa-Gesetz" droht nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes hinsichtlich der Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland an vielen Stellen zu verpuffen. Gute Kitaangebote zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die Länder und Kommunen nicht allein stemmen können. Hier müssen die Gelder des Bundes aber zielgerichteter in Richtung Kita-Qualität eingesetzt werden.

"Die aktuell von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Personalausstattung in deutschen Kitas sind frustrierend. Bei der dringend notwendigen Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas geht es weiterhin nur im Schneckentempo voran. Wir sind in Deutschland noch immer fast flächendeckend weit von den wissenschaftlich empfohlenen Standards entfernt. Wenn wir, wie die Bertelsmann Stiftung in ihrer aktuellen Studie, die letzten sechs Jahre als Maßstab der Berechnungen nehmen, braucht es bei gleichbleibenden Bedingungen noch rund 15 Jahre bei Kindergartengruppen und sogar 18 Jahre bei den Krippengruppen, ehe der Personalschlüssel in den Kitas zufriedenstellend ist. Und da sind Elterngespräche, Bildungsdokumentationen, Urlaub, Fortbildungen oder Ausfallzeiten durch Krankheit noch gar nicht mit eingerechnet. Wir brauchen bei der Verbesserung der Kita-Qualität mehr Tempo", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2020" der Bertelsmann Stiftung.

"Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung entspricht in mehr als der Hälfte der Kitas auch die Gruppengröße nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Jetzt zeigt sich eindrücklich, dass die vom Bund im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes zur Verfügung gestellten Finanzmittel hätten konsequent für die Verbesserung der Kita-Qualität verwendet werden müssen. Stattdessen fließt ein Gutteil der Gelder in Gebührenbefreiungen. Das ist nicht der richtige Weg für gute Kitas in Deutschland", so Hofmann weiter.

Eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung zahlt sich aber nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Gesellschaft aus, da hierdurch unterschiedliche Startbedingungen und Zukunftschancen wirksam ausgeglichen werden können. Eine gute frühkindliche Bildung und Betreuung trägt dazu bei, Bildungsnachteile abzubauen, Armut zu überwinden und Lebensverläufe wirtschaftlich und sozial zu stabilisieren.

"Zudem sollte die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als wesentlicher Qualitätsfaktor ins Zentrum der Arbeit rücken. So können die Potentiale der Kinder besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden", so Hofmann. Zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag hat das Deutsche Kinderhilfswerk vor kurzem die Website www.kompetenznetzwerk-deki.de gelauncht. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm "Demokratie leben!" geförderte Kompetenznetzwerk "Demokratiebildung im Kindesalter" sich und seine Arbeit im Online-Bereich. Auf der Website finden die Besucherinnen und Besucher umfangreiche Informationen, Empfehlungen und praxisbezogene Tipps rund um das Thema Demokratiebildung im frühkindlichen und Primarbildungsbereich. Verantwortlich für die Website sind das Deutsche Kinderhilfswerk und das Institut für den Situationsansatz (ISTA) als Träger des Kompetenznetzwerkes. Dieses wird unter dem offiziellen Fördertitel "Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe" durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.08.2020

Der Familienbund der Katholiken fordert politische Konsequenzen aus den Ergebnissen des am Dienstag in Gütersloh veröffentlichten "Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung. Die Studie hat eine weiter nur unzureichende Betreuungsqualität in Kitas offenbart. Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann sagte dazu heute in Berlin: „Wie sollen Eltern ihre Kinder guten Gewissens in Kitas betreuen lassen, wenn dort die Betreuungsqualität nach wie vor ein Schattendasein fristet? Von dem politischrichtigen Anspruch, dass Kitas Bildungseinrichtungen sind, ist die Lebenswirklichkeit in vielen Kitas noch weit entfernt, wenn es heute selbst an guter Betreuung hapert. Daran dürfte auch das im vergangenen November zwischen Bund und Ländern beschlossene Gute-Kita-Gesetz wenig ändern, solange erhebliche Finanzmittel des Gesetzes in die Senkung oder Befreiungen von Kitagebühren fließen. Das sogenannte Gute-Kita-Gesetzhat eine Unwucht, weil es das Qualitätsversprechen nicht einlöst, wofür es steht.“ Laut Bertelsmann-Studie seien Betreuungsschlüssel und Gruppengrößen in Kitas nicht kindgerecht und das Ausbildungsniveau des Kitapersonals teils zu niedrig, besonders in Westdeutschland. Für 74 Prozent derbundesweit 1,7 Millionen Kitakinder, berechneten die Studienautoren, stehe nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. Der Familienbund der Katholiken hatte in der Vergangenheit wiederholt dafür plädiert, der Schaffung einer möglichst einheitlichen und hohen Betreuungsqualität in Kitas die Priorität vor Beitragssenkungen oder -befreihungen einzuräumen.

„Die Kitaqualität fristet hierzulande seit Jahren ein unwürdiges Schattendasein“, sagte Hoffmann weiter. „Daran hat sich zumindest in der Lebenspraxis von Kitas bis heute nichts geändert. Der politische Wille, Kitas als Bildungseinrichtungen zu verstehen und ihre Qualität durch eine rasche Kofinanzierung durch den Bund anzuheben, ist zwar richtig. Die politischen Instrumente auf dem Weg dorthin sind aber halbherzig. Die Finanzmittel des Gute-Kita-Gesetzes dürfen keine kurzlebige Episode der Familienpolitik bleiben. Im Gegenteil: Aufgrund des großen Nachholbedarfs müssen die Finanzmittel nach 2022 jährlich um eine Milliarde erhöht werden. So ließe sich demeklatanten Finanzdefizit der Kitas sukzessive begegnen und Wertverluste durch Inflation kompensieren“, sagte Hoffmann. Experten schätzen den zusätzlichen Finanzbedarf der Kitas hierzulande auf jährlich rund 15Milliarden Euro.

„Eltern, die ihre Kinder einer Kita anvertrauen, haben das Recht auf eine bestmögliche Förderung und Betreuung“, sagte Hoffmann. „Kinder befinden sich bis zur Einschulung in der lernfähigsten Phase ihres Lebens. Die Grundlagen für den Erwerb elementarer Kulturtechniken und einer Qualifizierung für das Leben werden in der Vorschulzeit gelegt. Voraussetzung von Bildung ist aber immer, dass Kinder sich wohlfühlen und gut persönlich betreut werden. Deshalb ist ein guter Betreuungsschlüssel ein besonders wichtiges Qualitätsmerkmal.“ In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass der Einsatz der Finanzmittel im 2 Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes durch ein Monitoring und eine Evaluierung valide begleitet werden müssen.

„Wie sollen Kinder stabile Bindungen aufbauen, wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden?“

„Zu den größten Herausforderungen des Gute-Kita-Gesetzes gehört die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften“, betonte Hoffmann. „Angesichts von Ausbildungskosten, geringer Bezahlung im Beruf und höchst anspruchsvoller Arbeit sind Nachwuchskräfte jedoch heute echte Mangelware.“ Hoffmann warnte: „Der Fachkräftemangel darf nicht dazu führen, dass Kitas auf nur unzureichend qualifiziertes Personal setzen. Das würde dem Qualitätsgedanken grundlegend widersprechen. Erschwerend kommt hinzu: Wie sollen Kinderstabile Bindungen aufbauen, wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden, die personelle Fluktuation hoch ist und Eltern mehr und mehr in die Erwerbsarbeit gedrängt werden, um Familienarmut zu vermeiden? Die Schlüsselfragen der Familienpolitik, sie bleiben auch durch das Gute-Kita-Gesetz unbeantwortet. Bei aller Diskussion um die Qualität der Kitas bleibt festzuhalten: Auch im Elternhaus können Kinder natürlich eine gute Förderung und Bildung erfahren. Man muss den Eltern nur die Zeit dafür geben.“

Durch das sogenannte Gute-Kita-Gesetz erhalten die Bundesländer bis zum Jahr 2022 finanzielle Zuschüsse in Höhe von 5,5 Milliarden Euro für Qualitätsverbesserungen in Kitas. Jedes Land kann nach eigenem Ermessen die Finanzmittel für zehn festgelegte Aufgabenfelder verwenden. Nach Aussage des Bundesfamilienministeriums geben rund ein Drittel der Bundesländer die Finanzmittel für Gebührensenkungen aus, rund zwei Drittel für qualitative Verbesserungen wie einen höheren Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder bedarfsgerechte Angebote.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –Bundesverband vom 25.08.2020

Der Paritätische Gesamtverband wertet die Ergebnisse des aktuellen Ländermonitorings frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung als weiteren Beleg für die angespannte Personalsituation in Kitas, die auch eine eigene verbandsweite Befragung gezeigt hatte. In einer bundesweiten Umfrage bei Kita-Trägern unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, darunter sowohl große Einrichtungen als auch kleine Elterninitiativen, hatten die Beschäftigten insbesondere einen akuten Personalmangel und die schwierige Fachkräftegewinnung als Herausforderungen identifiziert, Defizite werden vielfach im Bereich der Ausbildung gesehen, außerdem fehle es vielerorts an Zeit für Leitungsaufgaben. Der Paritätische Gesamtverband fordert eine Fachkräfteoffensive, mehr Ausbildungsplätze und eine auch finanzielle Aufwertung des Erzieher*innenberufes.

„Kitas sind keine Massenverwahranstalten, sondern Orte frühkindlicher Bildung. Der Beruf der Erzieherin verdient viel mehr gesellschaftliche Anerkennung und muss endlich entsprechend gewürdigt werden. Um mehr Menschen für eine Arbeit in der Kindertagesbetreuung zu gewinnen, braucht es attraktivere Rahmenbedingungen. Dazu gehören eine adäquate Vergütung, gute Personalschlüssel und Arbeitsbedingungen, die qualitativ gute pädagogische Arbeit erlauben“, so Marion von zur Gathen, Leiterin der Abteilung Soziale Arbeit im Paritätischen Gesamtverband.

Der Paritätische bezeichnet die Fachkräftesituation als extrem angespannt und fordert konzertierte Anstrengungen von Kommunen, Länder und Bund. Kein Verständnis zeigt der Verband daher für die Ankündigung, das bestehende Bundesprogramm für eine Fachkräfte-Offensive einzustellen. „Dass der Bund seine Fachkräfte-Offensive nicht weiterführen will, ist ein denkbar schlechtes Signal für die Kindertagesbetreuung“, kritisiert von zur Gathen.

Insbesondere im Bereich der Erzieher*innenausbildung sieht der Verband große Handlungsbedarfe. „Es braucht jetzt und in den kommenden Jahren mehr Ausbildungsplätze, aber auch mehr Quereinsteigende, Verwaltungskräfte und erweiterte Möglichkeiten für multiprofessionelles Arbeiten“, so von zur Gathen. Der Paritätische fordert, dass sich der Bund an der Ausweitung der Ausbildungskapazitäten für pädagogische Berufe beteiligt und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Ausbildung fördert. Wichtig sei vor allem, dass es in den Einrichtungen auch ausreichend Zeit für Anleitung gebe. Für die praxisintegrierte Ausbildung seien dabei insbesondere die Qualität der Anleitung, die Kostenübernahme von Gehältern und die Anrechnung auf den Personalschlüssel zu berücksichtigen.

Den Gute-Kita-Bericht 2020 des Paritätischen Gesamtverbandes mit weiteren Befunden und Forderungen finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/der-gute-kita-bericht-2020-bedarfe-der-traeger-und-massnahmen-der-laender/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 25.08.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Gemeinnützige Übernachtungsstätten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien haben aufgrund der Corona-Pandemie erhebliche Einnahmeausfälle, denn außerschulische Bildungsangebote und Übernachtungen in Jugendherbergen, Schullandheimen, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten waren seit Mitte März 2020 nicht oder nur sehr eingeschränkt zulässig. Auch jetzt können die Einrichtungen ihren Betrieb erst nach und nach wieder aufnehmen. Gruppen- oder Klassenfahrten sowie langfristige internationale Jugendaustausche finden, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang statt. Gleichzeitig laufen aber die Fixkosten weiter.

Das Bundesfamilienministerium unterstützt gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung und der Kinder- und Jugendarbeit in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation kurzfristig mit einem 100-Millionen-Euro-Sonderprogramm. Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey hat das Programm heute bei einem Besuch der Jugendherberge Berlin Ostkreuz gestartet. Sie unterzeichnete die notwendige Richtlinie.

Bundesjugendministerin Giffey: „Die gemeinnützigen Organisationen der Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit sowie des gemeinnützigen langfristigen internationalen Jugendaustauschs sind von den Auswirkungen des Stillstands und der anhaltenden Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie hart getroffen. Viele von ihnen sind kurzfristig in ihrer Existenz bedroht. Einrichtungen wie Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten sind wichtige Bestandteile unserer sozialen Infrastruktur. Sie bieten preiswerte Übernachtung und sind in normalen Zeiten wertvolle Orte der Bildung und Begegnung. Mir ist wichtig, dass diese Orte erhalten bleiben. Den betroffenen Organisationen werde ich deshalb schnell und unbürokratisch helfen. Dafür werden kurzfristig 100 Millionen Euro bereitgestellt. Die Gelder können ab dem 1. September beantragt werden. Mit dem Sonderprogramm können wir voraussichtlich mehr als 2.000 gemeinnützigen Einrichtungen mit insgesamt über 200.000 Betten konkret helfen.“

Mit dem Sonderprogramm können Liquiditätsengpässe bei gemeinnützigen Übernachtungsstätten im Bereich der Kinder- und Jugendbildung und Kinder- und Jugendarbeit im Zeitraum April bis Dezember 2020 abgemildert werden. Antragsberechtigt sind Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten, Kindererholungszentren, Naturfreundehäuser, Jugendbildungs- und begegnungsstätten der Jugendverbände sowie der politischen, kulturellen und sportlichen Kinder- und Jugendarbeit mit Übernachtungsangeboten. Dafür stehen 75 Millionen Euro zur Verfügung.

Daneben sind 25 Millionen Euro vorgesehen für Zuschüsse für gemeinnützige Träger, die im längerfristigen internationalen Jugendaustausch tätig sind oder Workcamp-Angebote machen.

Die Beantragung der Mittel ist vergleichsweise einfach möglich. Die Einrichtungen müssen lediglich einen Liquiditätsengpass in mindestens drei aufeinanderfolgenden Monaten darlegen, also die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. Davon werden bis zu 90 Prozent durch einen Zuschuss aus dem Programm ausgeglichen, bei Übernachtungsstätten maximal 400 Euro pro Bett. Anträge können vom 1. September bis zum 30. September 2020 gestellt werden – bei den zivilgesellschaftlichen Zentralstellen, zum Beispiel für Jugendherbergen und Schullandheime beim Deutschen Jugendherbergswerk.

Der Bundestag hat die Bereitstellung der Mittel von 100 Millionen Euro zugunsten gemeinnütziger Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen des 2. Nachtragshaushaltes am 2. Juli 2020 beschlossen.

Weitere Informationen (auch zur Antragstellung): https://www.bmfsfj.de/sonderprogramm

Das Sonderprogramm ergänzt die Hilfen für gemeinnützige Organisationen im Bereich des BMFSFJ. Daneben können gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen über ein KfW-Förderprogramm Unterstützung als Darlehen erhalten sowie Zuschüsse im Rahmen der Überbrückungshilfen beantragen.

(vgl. dazu die Pressemitteilung vom 4.6.2020: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/corona-konjunkturpaket-enthaelt-ueberlebenswichtige-kredit-und-ueberbrueckungsprogramme-fuer-gemeinnuetzige-organisationen/156250)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.08.2020

Bundesseniorenministerin Giffey legt dem Kabinett den Achten Altersbericht vor

Die Digitalisierung bietet älteren Menschen viele Chancen, um möglichst lange ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben führen zu können. Das ist eines der zentralen Ergebnisse aus dem Achten Altersbericht der Bundesregierung, den Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey vorgestellt hat. Vom Bundeskabinett wurde heute dazu eine Stellungnahme beschlossen.

Die interdisziplinär zusammengesetzte Achte Altersberichtskommission unter der Leitung von Professor Dr. Andreas Kruse hatte den Auftrag herauszuarbeiten, welchen Beitrag Digitalisierung und Technik zu einem guten Leben im Alter leisten können. Die Kommission beendete ihre Arbeit bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Erkenntnisse der Sachverständigen sind gerade jetzt aber besonders wertvoll. Denn sie zeigen, welchen Einfluss die rasant fortschreitende Digitalisierung auf das Leben älterer Menschen hat und welche Möglichkeiten das Unterstützungspotenzial digitaler Technik gerade in Krisenzeiten bietet.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Digitalisierung birgt gerade auch für ältere Menschen ein riesiges Potenzial, das wir noch viel stärker ausschöpfen müssen. Es geht nicht nur um das Skypen mit den Enkelkindern oder Einkaufen übers Internet. Entscheidend dafür ist, dass wir die digitalen Angebote stärker an den Bedürfnissen ausrichten und die älteren Menschen dabei unterstützen, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Zugleich gilt es, die digitale Kluft, die es innerhalb der älteren Generation gibt, abzubauen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Seniorinnen und Senioren abgehängt werden, dass ihnen der Zugang zu digitalen Angeboten und damit auch zur Teilhabe versperrt ist“.

Der Achte Altersbericht befasst sich mit Entwicklung und Anwendung digitaler Technologien sowie mit deren Auswirkungen vor allem in den Lebensbereichen Wohnen, Mobilität, soziale Integration, Gesundheit, Pflege und auch mit dem Leben im Quartier. Darüber hinaus unterstreicht er die Bedeutung von digitaler Souveränität, die Voraussetzung ist für digitale Teilhabe. Anregungen geben die Sachverständigen auch zum Umgang mit ethischen Fragen, die beim Einsatz von digitalen Technologien entstehen können.

In ihrer Stellungnahme zeigt die Bundesregierung auf, dass bereits vielfältige Maßnahmen eingeleitet wurden, um in den von den Sachverständigen angesprochenen Bereichen gute Teilhabemöglichkeiten gerade auch für ältere Menschen zu schaffen und die angemahnten Infrastrukturen auf den Weg zu bringen. Sachverständige und Bundesregierung betonen gleichermaßen die Bedeutung der Einstellung der älteren Menschen, denn es liegt auch in der Hand der älteren Menschen selbst, digitalen Technologien mit Offenheit gegenüberzutreten.

Die aktuelle Pandemie-Situation bietet somit auch eine Chance, sich mit den Vorteilen und Nutzungsmöglichkeiten der digitalen Technik vielleicht erstmals auseinanderzusetzen.

Die Altersberichterstattung geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 1994. Er gibt der Bundesregierung auf, in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lebenssituation von älteren Menschen in Deutschland zu erstellen. Erarbeitet werden die Berichte von unabhängigen Sachverständigenkommissionen, die mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen besetzt werden. Bislang sind folgende Altersberichte erschienen:

1993: Erster Altersbericht „Die Lebenssituation älterer Menschen in Deutschland“

1998: Zweiter Altersbericht „Wohnen im Alter“

2001: Dritter Altersbericht „Alter und Gesellschaft“

2002: Vierter Altersbericht „Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen“

2006: Fünfter Altersbericht „Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“

2010: Sechster Altersbericht „Altersbilder in der Gesellschaft“

2016: Siebter Altersbericht „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“

Link zum Achten Altersbericht: www.bmfsfj.de/altersbericht

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.08.2020

  • In Deutschland leben etwa 1,3 Millionen Mütter und 180.000 Väter allein mit minderjährigen Kindern im Haushalt. Das ist ungefähr jede fünfte Familie.
  • Was Alleinerziehende alles leisten, ist in der Corona-Krise besonders deutlich geworden. Aber das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ist viermal so hoch wie das der meisten Paarfamilien mit Kindern.
  • Wir Grüne im Bundestag zeigen in unserem Fraktionsbeschluss "Alle Familien im Blick" auf, was getan werden muss, um das hohe Armutsrisiko von Alleinerziehenden zu senken und ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Alleinerziehende haben das größte Armutsrisiko

Vier von zehn Alleinerziehenden sind von Armut betroffen. Dabei arbeiten alleinerziehende Frauen im Schnitt sogar mehr als Frauen in Paarfamilien.

Viele Alleinerziehende sind trotz Erwerbstätigkeit auf staatliche Unterstützung angewiesen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Mindestlohn deutlich steigt und die Entgeltdiskriminierung von Frauen effektiv bekämpft wird. Minijobs wollen wir in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umwandeln und dafür sorgen, dass (zusätzliche) Erwerbstätigkeit immer auch zu einem spürbar höheren Einkommen führt.

Auch für Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug muss ein Leben in Würde und Teilhabe möglich sein. Dafür müssen die Regelsätze erhöht und Sanktionen abgeschafft werden.

Alleinerziehende profitieren von einer Kindergrundsicherung

Bei Alleinerziehenden reicht das Geld oft hinten und vorne nicht. Deshalb wollen wir die Art, wie in Deutschland Familien finanziell unterstützt werden, umkrempeln und gerechter gestalten: Mit einer Kindergrundsicherung. Alle Kinder sollen einen festen Garantie-Betrag bekommen. Kinder, deren Eltern kein oder nur ein geringes Einkommen haben, werden mit einem zusätzlichen GarantiePlus-Betrag unterstützt.

Mit der Kindergrundsicherung verbessern wir die Situation von Alleinerziehenden gleich mehrfach. Die Kindergrundsicherung wird nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet. Anders als beim voll angerechneten Kindergeld bleibt also ein dickes Plus im Portemonnaie. Weil wir die Mindestbedarfe von Kindern neu berechnen, steigt automatisch auch der Mindestunterhalt.

Benachteiligung im Steuersystem

Während der Staat mit dem Ehegattensplitting verheiratete Paare durch eine Zusammenveranlagung steuerlich fördert, wollen wir das Ehegattensplitting durch eine individuelle Besteuerung ersetzen und die Steuerklasse V abschaffen. Statt Ehen fördern wir Kinder mit der Kindergrundsicherung, unabhängig von Beziehungsstatus ihrer Eltern.

Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erreicht Alleinerziehende mit geringem Einkommen kaum. Statt einer Verdoppelung des Entlastungsbetrages wollen wir eine Steuergutschrift, die alle Alleinerziehenden in gleicher Höhe von ihrer Steuerschuld abziehen können.

Zugang zu guter Arbeit ermöglichen

Alleinerziehende haben es besonders schwer, Berufstätigkeit und Familienleben unter einen Hut zu bekommen. Daher fordern wir finanziell abgesicherte Aus- und Weiterbildungen in Teilzeit und ein Recht auf Homeoffice und flexible Vollzeit. Außerdem müssen Beschäftigte die Lage der eigenen Arbeitszeit mitbestimmen können. Denn das entscheidet oft darüber, ob Eltern bei einem Theaterstück an der Schule oder einem Elternabend in der Kita dabei sein können.

Hochwertige und flexible Betreuungsangebote erforderlich

Lange Schulferien, geschlossene Kitas und ein Schulgong, der bereits zur Mittagszeit ertönt – ob Alleinerziehende arbeiten gehen können, hängt maßgeblich von den Betreuungsangeboten für die Kinder ab. Wir fordern deshalb einen Rechtsanspruch auf ein hochwertiges ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot bis zum Ende der Grundschulzeit. Alleinerziehende sind dabei in besonderem Maße auf flexible Betreuungsangebote in Kita und Schule angewiesen, vor allem, wenn sie am Wochenende, in den Ferien oder in Randzeiten arbeiten müssen.

Den Fraktionsbeschluss "Alle Familien im Blick" finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-alleinerziehende.pdf

„Die Koalition verhält sich nach dem Prinzip ,wenn ich mal nicht weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis‘. Nur dass es zur Frage der Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz längst eine Arbeitsgruppe gab, die auch Ergebnisse abgeliefert hat. Das Verhalten der Regierungsparteien in dieser Sache ist abstrus und lächerlich", kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Festlegung des Koalitionsausschusses, wonach sich eine weitere Arbeitsgruppe damit befassen soll, wie Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden können. Müller weiter:

„Es sieht so aus, als wolle die Koalition das Thema bis zum Sankt Nimmerleinstag verschleppen. Diese Verschleppungstaktik der Koalition muss ein Ende haben. Die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz ist längt überfällig. Ich fordere SPD und Union auf, sich an ihren eigenen Koalitionsvertrag zu halten, und dem Parlament endlich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Zudem muss die Blockadehaltung gegenüber den Gesetzentwürfen von LINKEN und Grünen endlich ein Ende haben. Nach jahrelangen Debatten hinter verschlossenen Türen muss nun das Parlament offen über den besten Vorschlag diskutieren können."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 26.08.2020

„DIE LINKE befürwortet die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, denn die gerechte Verteilung von Arbeitszeit kann Arbeitsplätze sichern. Aber es darf eine Arbeitszeitreduzierung nur mit Lohnausgleich geben. Alles andere wäre eine inakzeptable Gehaltskürzung. Die Beschäftigten dürfen nicht alleine die Kosten der Corona-Krise und für die verfehlten Managemententscheidungen in der Industrie bezahlen", kommentiert Susanne Ferschl, stellv. Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, die Offenheit von Hubertus Heil zum Vorschlag der IG Metall zur Einführung einer Vier-Tage-Woche. Ferschl weiter:

„Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte über Arbeitszeitverkürzung. Der Kampf um die 35-Stunden-Woche hat gezeigt, wie wichtig es ist, aus Arbeitszeitfragen große gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen zu machen. Das wird nur mit starken Gewerkschaften gelingen. Um die Gewerkschaften in der Arbeitszeitfrage zu unterstützen, braucht es mehr als nur Offenheit für ihre Vorschläge. Statt die tägliche Arbeitszeit auf zwölf Stunden zu verlängern, wie im Zuge der Covid-19-Maßnahmen geschehen, sollte Minister Heil dafür sorgen, dass das EU-Recht umgesetzt wird und die Arbeitgeber im Arbeitszeitgesetz zwingend dazu verpflichtet werden, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Bezahlte, aber vor allem unbezahlte Überstunden vernichteten 2018 rein rechnerisch 1,23 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätze."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 19.08.2020

„Minijobs sind nicht krisensicher. In der Corona-Krise verloren Minijobbende als Erste ihre Beschäftigung. Ohne Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld rutschten viele direkt in das Hartz-IV-System oder standen gar komplett ohne Hilfe da“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die heute veröffentlichten Quartalszahlen der Minijob-Zentrale, wonach die geringfügige Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr um 12,4 Prozent gesunken ist. Ferschl weiter:

„Für die Flexibilität der Unternehmen zahlen die Beschäftigten einen hohen Preis, und das Minijob-Versprechen ‚brutto gleich netto‘ wurde angesichts der Krise für viele Betroffene zum Bumerang. Denn Minijobs sind nicht existenzsichernd und auch kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt, sondern allzu oft und besonders für Frauen eine Sackgasse. Angesichts der besonderen Härten für Minijobbende in der Corona-Krise darf es kein ‚Weiter-so‘ geben, denn Beschäftigte sind keine Manövriermasse zur Sicherung unternehmerischer Flexibilität – sie brauchen sozialen Schutz. Minijobbende müssen deshalb in den Schutz der Sozialversicherungssysteme eingegliedert werden, nur dann haben sie auch in Krisenzeiten Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld.

DIE LINKE fordert, dass Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden und eine gesetzliche Mindeststundenzahl von 22 Stunden pro Woche eingeführt wird, von der nur auf ausdrücklichen Wunsch der Beschäftigten abgewichen werden darf.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 10.08.2020

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss §34 Abs.1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7 und § 34a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in der Fassung vom 24.März 2011 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Die angegriffenen Regelungen stellen eine unzulässige Aufgabenübertragung dar und verletzen die Beschwerdeführerinnen, kreisfreie Städte des Landes Nordrhein-Westfalen, in ihrem Recht auf Selbstverwaltung. Die Regelungen bleiben jedoch bis zum 31. Dezember 2021 weiter anwendbar. Die in § 34 Abs. 2 Satz1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB XII geregelten Aufgaben entsprechen dagegen inhaltsgleich bereits früher auf die Kommunen als örtliche Träger der Sozialhilfe übertragenen Aufgaben und sind mit dem Grundgesetz vereinbar.

Sachverhalt:

§ 34 SGB XII in der verfahrensgegenständlichen Fassung bestimmt, für welche Bedarfe Leistungen für Bildung und Teilhabe erbracht werden; §34a SGB XII enthält Vorgaben für die Gewährung der Bedarfe. Der Gesetzgeber reagierte mit dem Erlass dieser Vorschriften auf das Hartz IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010. Dieses hatte ihm unter anderem aufgegeben, alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf folgerichtig und realitätsgerecht zu bemessen.

Die Beschwerdeführerinnen machen im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde geltend, dass die angegriffenen Vorschriften gegen Art.84 Abs. 1 Satz 7 GG verstießen, weil die Regelungen die ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe bereits zugewiesenen Aufgaben wesentlich verändert, erweitert und um neue Aufgaben ergänzt hätten.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

I. Art. 28 Abs. 2 GG wird durch das Durchgriffsverbot des Art.84 Abs. 1 Satz 7 GG näher ausgestaltet. Es untersagt dem Bund, den Kommunen neue Aufgaben zu übertragen. Ein Fall des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG liegt vor, wenn ein Bundesgesetz den Kommunen erstmals eine bestimmte Aufgabe zuweist oder eine damit funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits zugewiesenen Aufgabe vornimmt. Eine Anpassung bundesgesetzlich bereits zugewiesener Aufgaben an veränderte ökonomische und soziale Umstände ist dagegen nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG zulässig.

1. Art.28 Abs. 2 GG schützt die Kommunen nicht nur vor einer (unverhältnismäßigen) Entziehung von Aufgaben, sondern auch vor einer entsprechenden Aufgabenzuweisung. Die Kommunen müssen die Erledigung neu zugewiesener Aufgaben innerhalb ihrer Verwaltung organisieren und hierfür die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitstellen. Tendenziell ist die Zuweisung einer neuen Aufgabe an die Kommunen daher geeignet, die Übernahme, die Beibehaltung und den Ausbau freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben zu erschweren oder sogar zu verhindern.

2. Ein Fall des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG, der Art. 28 Abs. 2 GG näher ausgestaltet, liegt demnach vor, wenn ein Bundesgesetz den Kommunen erstmals eine bestimmte (Verwaltungs‑)Aufgabe zuweist oder eine damit funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits zugewiesenen Aufgabe vornimmt.

Eine Aufgabenübertragung im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG liegt vor, wenn Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Bundesgesetz eine bestimmte Tätigkeit zur Pflicht gemacht und ihnen insoweit die Sach- und/oder die Wahrnehmungskompetenz zugewiesen wird. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn den Kommunen Tätigkeiten gegenüber dem Bürger auferlegt und sie zu deren Erfüllung verpflichtet werden. Daneben erfasst die Vorschrift bundesgesetzlich angeordnete Vorgaben für die kommunale Verwaltungstätigkeit wie Informations-, Berichts- und Kontrollpflichten, die nicht nur die kommunale Organisations- und Personalhoheit, sondern wegen der damit typischerweise verbundenen Kosten auch die Finanzhoheit berühren.

Eine Erweiterung bereits bundesgesetzlich übertragener Aufgaben unterfällt Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG dann, wenn sie in ihren Wirkungen auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 GG einer erstmaligen Aufgabenübertragung gleichkommt. Eine demnach funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits übertragenen Aufgabe ist anzunehmen, wenn ihre Maßstäbe, Tatbestandsvoraussetzungen oder Standards so verändert werden, dass damit mehr als unerhebliche Auswirkungen auf die Organisations-, Personal- und Finanzhoheit der Kommunen verbunden sind. Eine Änderung bundesgesetzlich zugewiesener Aufgaben stellt eine nach Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG unzulässige Aufgabenübertragung dar, wenn sie neue Leistungstatbestände schafft, bestehende Leistungstatbestände auf neue Gruppen von Berechtigten ausweitet oder die Dauer eines Leistungsbezugs so verlängert, dass damit zugleich ihr Charakter verändert wird.

3. Eine Schranke findet das Durchgriffsverbot in der Übergangsregelung des Art. 125a Abs. 1 Satz1 GG. Auf dieser Grundlage darf der Bund eine Anpassung des kommunalen Aufgabenbestandes an veränderte Rahmenbedingungen vornehmen; was darüber hinausgeht, verstößt gegen Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG. Auf der Grundlage von Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG kann der Bund daher Änderungen an bundesgesetzlich den Kommunen zugewiesenen Aufgaben vornehmen, wenn damit keine materiell-rechtlichen Erweiterungen verbunden sind, die den Aufgaben eine andere Bedeutung und Tragweite verleihen und zu einer entsprechend stärkeren Beeinträchtigung der kommunalen Eigenverantwortung führen. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ermächtigt den Bund jedenfalls zur Aufhebung bestehender Regelungen, zu kleineren Anpassungen, Aktualisierungen oder zur Verlängerung der Geltungsdauer einer Regelung.

II. Nach diesen Maßstäben erweitern die Regelungen in § 34 Abs. 1, Abs. 2 Satz1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7, § 34a SGB XII in der verfahrensgegenständlichen Fassung die bis dahin den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zugewiesenen Aufgaben in einer gegen Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG verstoßenden Weise und verletzen die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf Selbstverwaltung. Sie überschreiten die Grenzen dessen, was dem Bund nach Art.125a Abs. 1 Satz 1 GG an Anpassung seines Regelungswerks erlaubt ist.

1. Die Beschwerdeführerinnen sind für die Gewährung der Bedarfe der Bildung und Teilhabe nach § 34, § 34a SGB XII zuständig (§3 Abs. 1 und Abs.2 Satz 1 SGB XII). Bei Inkrafttreten der §§ 34 und 34a SGB XII war ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe nur die Aufgabe übertragen, Bedarfe der Bildung und Teilhabe abzudecken (§ 31 Abs. 1 Nr.3 und § 28a SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). Weitere Regelungen zu entsprechenden Bedarfen gab es nicht; sie waren mit den Regelbedarfen abgegolten.

2. Die zu berücksichtigenden Bedarfe sind durch die angegriffenen Regelungen deutlich ausgeweitet worden. Auf der Grundlage dieser Regelungen müssen die Kommunen nunmehr einem erweiterten Kreis an Leistungsberechtigten zusätzliche Leistungen gewähren. Bedarfe für Schulausflüge – und nicht lediglich für mehrtägige Klassenfahrten – werden anerkannt; die Bedarfe werden zudem auf Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, erstreckt. Erstmals werden Bedarfe für die Schülerbeförderung, die Lernförderung und die Mittagsverpflegung anerkannt. Ferner werden für alle Kinder und Jugendlichen Bedarfe für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft berücksichtigt. Anspruchsberechtigt sind nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird. Zudem sind nunmehr alle Kinder und Jugendlichen vor Vollendung des 18.Lebensjahres leistungsberechtigt. Schließlich werden die Leistungen – wenngleich unter einschränkenden Voraussetzungen – auch gegenüber Personen erbracht, denen keine Regelleistungen zu gewähren sind.

Die diesbezügliche Regelung des Verwaltungsverfahrens bürdet den Kommunen ebenfalls neue Lasten auf. So hängt die Berücksichtigung der Bedarfe von verschiedenen tatbestandlichen Restriktionen ab sowie von unbestimmten Rechtsbegriffen wie Angemessenheit oder Erforderlichkeit, die individuelle Wertungen voraussetzen. Das führt zu einer erheblichen organisatorischen und personellen Mehrbelastung der Kommunen beim Vollzug der in Rede stehenden Bestimmungen. Gleiches gilt mit Blick auf §34a Abs. 2 Satz 1 SGB XII, der es den Trägern der Sozialhilfe überlässt, in welcher Form sie die Leistungen erbringen.

3. Die Ausweitung der kommunalen Leistungsverpflichtung hält sich nicht mehr innerhalb der Grenzen des Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG. Zwar gilt die Zuständigkeitszuweisung des §3 Abs. 2 Satz1 SGB XII, die vor dem 1.September 2006 erlassen wurde, insoweit fort. Die angegriffenen Regelungen haben den materiellen Inhalt der Zuweisung jedoch grundlegend verändert und stellen sich insoweit überwiegend als Zuweisung neuer Aufgaben dar. Das überschreitet die dem Bund nach Art.125a Abs. 1 Satz 1 GG verbleibende Anpassungskompetenz.

III. Die Bedarfe für mehrtägige Klassenfahren (§ 34 Abs. 2 Satz1 Nr. 2 SGB XII) und die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (§ 34 Abs. 3 SGB XII) waren dagegen bereits vor Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen in § 31 Abs. 1 Nr.3 und § 28a SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung vorgesehen; die Beschwerdeführerinnen waren hierfür als örtlicher Träger der Sozialhilfe auch zuständig. Insofern hat sich der kommunale Aufgabenbestand nicht verändert, ein Verstoß gegen Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG scheidet aus.

IV. Die mit dem Grundgesetz unvereinbaren Regelungen in §34 Abs.1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7, § 34a in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sind bis zu einer Neuregelung zum 31.Dezember 2021 weiter anwendbar. Die aus dem Ausspruch der Nichtigkeit folgende Verwerfung der §§ 34 und 34a SGB XII hätte erhebliche Unsicherheiten zur Folge und zöge nach einer (rückwirkenden) Neuregelung gravierende verwaltungsrechtliche Probleme nach sich. Bis zu einer Neuregelung könnten die Träger der Sozialhilfe mangels gesetzlicher Grundlage keine Leistungen der Bildung und Teilhabe mehr gewähren, sodass ein menschenwürdiges Existenzminimum im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2014 (BVerfGE 137, 34) für Kinder und Jugendliche nicht mehr gewährleistet wäre. Bis zu einer Neuregelung würde somit ein verfassungswidriger Zustand geschaffen, dessen rückwirkende Heilung nicht durchgängig möglich wäre.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht vom 07.08.2020

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit haben im Jahr 2019 rund vier Millionen sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte der Kerngruppe ein monatliches Bruttoentgelt im Niedriglohnbereich erzielt. Dies entspreche einem Anteil von 18,8 Prozent, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/21734) auf eine Kleine Anfrage (19/21260) der Fraktion Die Linke. In der Antwort heißt es weiter, dass die Schwelle des unteren Entgeltbereiches 2019 bei 2.267 Euro und das Medianeinkommen bei 3.401 Euro gelegen habe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 890 vom 01.09.2020

Die Linksfraktion verlangt Auskunft über die Entwicklung des Elterngeldes. In einer Kleinen Anfrage (19/21243) will sie unter anderem wissen, wie viele Personen das Elterngeld in den Jahren 2019 und 2020 bezogen haben, wie hoch der Anteil von Frauen, Männern und Alleinerziehenden war und wie viele Eltern den Partnerschaftsbonus beim Elterngeld Plus in Anspruch genommen haben. Zudem möchte sie erfahren, wie viele Eltern in systemrelevanten Berufen während der Corona-Pandemie von der Neuregelung Gebrauch gemacht haben, ihre Elterngeldmonate verschieben zu können, und wie viele von der Regelung profitieren, nach der Einkommensersatzleistungen während der Corona-Pandemie die Höhe des Elterngeldes nicht reduzieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 796 vom 30.07.2020

Die Antwort der Bundesregierung finden Sie hier: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/215/1921519.pdf

Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über die von der Bundesregierung angekündigte Reform des Sorge- und Umgangsrechts. In einer Kleinen Anfrage (19/21185) will sie unter anderem wissen, wann die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" fertiggestellt und veröffentlicht werden soll, welche Interessengruppen an der Anhörung des Familienministeriums zur Reform des Sorge- und Umgangsrecht teilgenommen haben und ob der Referentenentwurf des Ministeriums für das Gesetz zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts den anderen Ressorts in der Bundesregierung zur Abstimmung vorgelegt wurde. Zudem möchte sie wissen, ob die Bundesregierung weiterhin den angekündigten Gesetzentwurf vorlegen wird und wann dies geschehen soll.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 796 vom 30.07.2020

Die Antwort der Bundesregierung finden Sie hier: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/214/1921489.pdf

Studie von DIW Berlin und Universität Bielefeld untersucht die Arbeitsmarktsituation von homo- und bisexuellen sowie trans-, queer und intersexuellen (LGBTQI*) Menschen in Deutschland – Diskriminierung immer noch weit verbreitet – Fast ein Drittel der Befragten geht vor Kolleg*innen nicht offen mit ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität um – LGBTQI*-Menschen outen sich häufiger in Branchen, in denen sie vergleichsweise stärker vertreten sind

Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz und juristischen Gleichstellung von Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen sowie Menschen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität sind in den vergangen 20 Jahren viele Fortschritte erzielt worden. Dennoch sind noch 30 Prozent dieser Menschen mit Diskriminierung im Arbeitsleben konfrontiert. Bei den Trans*-Menschen sind es sogar mehr als 40 Prozent. Dies hat eine Umfrage des Sozio-oekonomischen Panels und der Universität Bielefeld ergeben, die LGBTQI*-Menschen zu ihren Erfahrungen und Erwartungen im Arbeitsumfeld befragt hat.

Mit der Studie können bundesweit aussagekräftige Ergebnisse zur Arbeitsmarktsituation von LGBTQI*-Menschen vorgelegt werden. „Bisher wurde die empirische Forschung in Deutschland zu diesem Thema dadurch erschwert, dass die Fallzahlen in bestehenden Befragungen gering waren oder aber entsprechende Informationen in Registerdaten des Arbeitsmarkts fehlten“, berichtet SOEP-Forscherin Mirjam Fischer. Die SOEP-Befragung wurde durch eine Stichprobe an LGBTQI*-Menschen aufgestockt und durch eine Online-Befragung eines Forschungsprojekts der Universität Bielefeld ergänzt.

Höher gebildet, oftmals nicht geoutet

Während sich der Erwerbsstatus von LGBTQI*-Menschen weitestgehend mit dem der restlichen Bevölkerung deckt, gibt es deutliche Unterschiede bei der Qualifikation und den Branchen, in denen LGBTQI*-Menschen arbeiten. Der Anteil der Personen mit einer (Fach-)Hochschulreife liegt in den verwendeten Daten mit 60 Prozent unter LGBTQI*-Menschen deutlich über dem der restlichen Bevölkerung gleichen Alters (42 Prozent).

Im produzierenden Gewerbe und in der Forst- und Landwirtschaft sind LGBTQI*-Menschen unterrepräsentiert. Anteilig häufiger vertreten sind sie dagegen im Gesundheits- und Sozialwesen. Auffällig ist, dass im erstgenannten Bereich nur 57 Prozent der LGBTQI*-Menschen gegenüber Kolleg*innen offen mit ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität umgehen, während dies im Gesundheits- und Sozialwesen knapp drei Viertel der Befragten tun. Dies legt für die Autor*innen der Studie den Schluss nahe, dass LGBTQI*-Menschen bestimmte Branchen meiden, weil sie dort mehr Diskriminierung befürchten. Insgesamt sind 69 Prozent der Befragten vor Kolleg*innen, aber nur 60 Prozent vor Vorgesetzten geoutet.

Offenes Betriebsklima macht Arbeitsplatz für LGBTQI*-Menschen attraktiver

Fragt man LGBTQI*-Menschen nach den Erwartungen an ihr Arbeitsumfeld, rangiert ein offenes Betriebsklima ihnen gegenüber weit oben. „Wenn LGBTQI*-Menschen bestimmte Branchen und Unternehmen meiden, sie gleichzeitig aber höher gebildet sind, dann sollte allein schon diese Erkenntnis ein Anreiz für Unternehmen sein, ein diskriminierungsarmes Arbeitsumfeld zu schaffen, damit Arbeitsplätze für diese Zielgruppe attraktiver werden“, schließt Studienautorin Lisa de Vries von der Universität Bielefeld aus den Ergebnissen. Es sei wichtig, dass sich Unternehmen in Bezug auf die Gleichstellung von LGBTQI*-Menschen klar positionieren, zum Beispiel in Stellenausschreibungen, auf der Website, aber auch im Betrieb selbst, schlagen die Autor*innen vor. Das signalisiere, dass man auch dann auf Verständnis trifft, wenn bei diesem Arbeitgeber Diskriminierungserfahrungen gemacht werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 02.09.2020

Vier Studien auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) – Geflüchtete gehören meist zur besser gebildeten Hälfte ihrer Herkunftsgesellschaft – Eigene hohe Erwartungen an die Aufnahme einer Beschäftigung erfüllten sich teilweise – Schulische und außerschulische Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher vielfach erfolgreich – Sorgen in der hiesigen Bevölkerung über Zuwanderung nehmen ab – Geflüchtete sorgen sich mehr um Fremdenfeindlichkeit

Vor fünf Jahren erreichte die Fluchtzuwanderung in Deutschland ihren Höhepunkt. Bundeskanzlerin Angela Merkel begegnete den Sorgen in der Bevölkerung mit dem Satz „Wir schaffen das“. Inwieweit Geflüchtete mittlerweile in Deutschland integriert sind und wie das Zusammenleben gelingt, haben WissenschaftlerInnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in vier Studien untersucht. Gemeinsame Datengrundlage ist die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten, eine repräsentative Längsschnittbefragung.

„Die Studien zeigen, dass in vielen Bereichen die Integration von Geflüchteten bereits gelungen ist“, sagt C. Katharina Spieß, Ökonomin und Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. „Es werden aber auch in den nächsten Jahren weitere Anstrengungen auf beiden Seiten – der Zuwanderungs- wie der Aufnahmebevölkerung – notwendig sein. Diese sollten wir als wichtige Investitionen für die Zukunft unserer Gesellschaft verstehen.“

Geflüchtete hatten hohe Erwartungen an eine Beschäftigungsaufnahme

Im Zuge der hohen Fluchtmigration nach Deutschland wurde häufig diskutiert, wie schnell Erfolge bei der Arbeitsmarktintegration zu erwarten sind. Eine Studie untersuchte nun erstmals die Erwartungen der Geflüchteten selbst. Die Ergebnisse: Zwei von drei Geflüchteten schätzten 2016 ihre Chancen, bereits zwei Jahre später erwerbstätig zu sein, als hoch ein. Insbesondere Männer und höher Gebildete hatten große Erwartungen. Ein Drittel der Geflüchteten hatte eher keine Beschäftigung erwartet. Während sich für rund die Hälfte der Geflüchteten ihre – positiven wie negativen – Erwartungen bestätigt haben, konnte etwa ein Drittel anders als erhofft keinen Arbeitsplatz finden. „Geflüchtete können sich meist vor ihrer Ankunft in Deutschland nicht in gleichem Maße wie andere Zuwanderergruppen über den hiesigen Arbeitsmarkt informieren“, sagt Felicitas Schikora, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin. „Gleichzeitig können sich enttäuschte Erwartungen negativ auf die Integration auswirken. Deshalb spielen Erwartungsmanagement und Transparenz über Anforderungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für sie eine wichtige Rolle.“

Geflüchtete gehören zur gebildeteren Hälfte ihrer Herkunftsgesellschaft – dies kann ihre Integration positiv beeinflussen

Neben Sprachkenntnissen ist die formale Bildung der Geflüchteten für eine qualifizierte Beschäftigung entscheidend. Diese wird meist nach den Standards des Ziellands bewertet. Danach gemessen haben Geflüchtete häufig einen niedrigen Abschluss. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn die Bildung im Vergleich zur Herkunftsgesellschaft betrachtet wird: Denn die meisten Geflüchteten gehören zur gebildeteren Hälfte im jeweiligen Herkunftsland. Beispielsweise zählen 75 Prozent der nach Deutschland geflüchteten SyrerInnen, der größten Gruppe unten den Asylsuchenden, in ihrer Heimat zur höher gebildeten Bevölkerungshälfte. Das kann sich positiv auf die Integration im Zielland auswirken. „Aus der Forschung wissen wir, dass Zugewanderte, die in der Herkunftsgesellschaft zur gebildeteren Hälfte gehörten, schneller Deutsch lernen. Sie sind oft gesünder und erfolgreicher auf dem Arbeitsmarkt. Zudem erhalten ihre Kinder eine bessere Bildung“, so Cornelia Kristen, Professorin für Soziologie an der Universität Bamberg und Senior Research Fellow im SOEP am DIW Berlin.

Schulische und außerschulische Integration ist in vielen Bereichen gelungen

In den Schulen sind Kinder und Jugendliche geflüchteter Familien meist gut integriert. So äußern sie ein großes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Schule – und das sogar häufiger als andere Gleichaltrige. Zudem nutzen überdurchschnittlich viele von ihnen Ganztagsschulen und Hortangebote. Sie stehen so ganztägig in Kontakt mit Gleichaltrigen der Aufnahmegesellschaft. Nachholbedarf gibt es noch bei außercurricularen Aktivitäten in der Schule und in der außerschulischen Integration. Denn geflüchtete Kinder und Jugendliche sind in freiwilligen Bildungsangeboten noch unterrepräsentiert. Sie nehmen beispielsweise nur halb so oft an Schul-AGs teil. In Sportvereinen liegt ihre Mitgliederquote um 18 Prozentpunkte niedriger als bei Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. „Hier sollten Schulen und Vereine noch stärker werben. Denn gerade der gemeinsame Sport in der Schul-AG oder im Verein kann den Austausch zwischen Kindern mit und ohne Fluchthintergrund fördern und so zur Integration beitragen“, empfiehlt Studienautorin Spieß.

„Integration ist ein langfristiges Projekt“

Der hohe Zuzug von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016 war auch mit Sorgen in der deutschen Aufnahmegesellschaft verbunden. Eine weitere Studie zeigt, dass diese Sorgen in der Bevölkerung Deutschlands seit 2016 abnehmen – auch wenn sie noch über dem Niveau von 2013 liegen. Der Anteil der Befragten, der sich „große Sorgen“ über Zuwanderung macht, ist von 46 Prozent im Jahr 2016 auf 32 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Im Gegensatz dazu steigen die Sorgen um Fremdenfeindlichkeit bei den Geflüchteten an. „Gegenseitiges Vertrauen könnte durch persönliche Kontakte zwischen Geflüchteten und Einheimischen gefördert werden“, sagt SOEP-Wissenschaftlerin Katja Schmidt. Im Jahr 2018 hatte aber nur etwa die Hälfte der Geflüchteten regelmäßige Kontakte zur deutschen Bevölkerung.

„Die Integration von Geflüchteten ist noch nicht abgeschlossen. Sie ist ein langfristiges gesellschaftliches Projekt, das weiterhin Aufmerksamkeit bedarf. Aber wir befinden uns auf einem guten Weg“, resümiert Ökonomin Spieß.

IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter

Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter wird gemeinsam vom Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin, vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie dem Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) durchgeführt. Es handelt sich um eine repräsentative Wiederholungsbefragung von Geflüchteten, die in den Jahren 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommen sind. Insgesamt wurden bislang 7.950 Geflüchtete befragt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 19.08.2020

DIW Berlin kooperiert mit Verein Mein Grundeinkommen und begleitet drei Jahre lang experimentelle Studie mit 1500 ProbandInnen wissenschaftlich – 140.000 private SpenderInnen finanzieren Studie – Rekrutierungsphase der StudienteilnehmerInnen beginnt ab sofort

Die derzeitige Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen beruht selten auf fundiertem Wissen. Eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Vereins Mein Grundeinkommen soll das ändern und neue, empirische Maßstäbe setzen. „Diese Studie ist eine Riesenchance, um die uns seit Jahren begleitende theoretische Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen in die soziale Wirklichkeit überführen zu können. Bisherige weltweite Experimente sind für die aktuelle Debatte in Deutschland weitgehend unbrauchbar. Mit diesem lang angelegten Pilotprojekt für Deutschland betreten wir wissenschaftliches Neuland“, sagt Jürgen Schupp, Senior Research Fellow des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin.

Mit dem heutigen Tag beginnt die Rekrutierungsphase für am Ende 1500 ProbandInnen der Langzeitstudie, von denen 120 nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, die drei Jahre lang monatlich 1200 Euro erhalten – bedingungslos. Die restlichen einbezogenen 1380 StudienteilnehmerInnen dienen als Vergleichsgruppe, um sichergehen zu können, dass in der Studie zu beobachtende Veränderungen tatsächlich auf das ausgezahlte Grundeinkommen zurückzuführen sind.

„Wir wollen herausfinden, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen Menschen und Gesellschaft verändert. Wir wollen wissen, was es mit Verhalten und Einstellungen macht und ob das Grundeinkommen helfen kann, mit den gegenwärtigen Herausforderungen unserer Gesellschaft umzugehen“, sagt Michael Bohmeyer, Initiator des Vereins Mein Grundeinkommen.

Keine Bedingungen bei der Auszahlung

Die TeilnehmerInnen des Pilotprojekts, das unter dem Motto „Wir wollen es wissen“ steht, müssen keine Bedürftigkeit belegen und können unbegrenzt Geld hinzuverdienen, wenn sie wollen. Der Betrag des gezahlten Grundeinkommens orientiert sich an der Armutsgefährdungsgrenze. Das heißt, er liegt über dem Einkommensbetrag, ab welchem die Möglichkeiten zur Lebenserhaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind.

Da menschliche Entscheidungsprozesse hochkomplex sind und der Fokus auch auf Veränderungen von Entscheidungen und kognitiven Fähigkeiten der TeilnehmerInnen liegt, wird die Studie außerdem von WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern sowie der Universität zu Köln durch psychologische und verhaltensökonomische Forschung unterstützt.

Eine Million BewerberInnen haben die Chance teilzunehmen

Die Bewerbung zur Teilnahme ist für alle möglich, die ihren ersten Wohnsitz in Deutschland haben und mindestens 18 Jahre alt sind. Zur Bewerbung muss ein Online-Fragebogen mit Kontaktinformationen, Angaben zu Geschlecht, Kinderanzahl und Anzahl der Personen im Haushalt sowie einigen Daten zur Lebenssituation, wie den höchsten erworbenen Schulabschluss, Nettoeinkommen und den Erhalt von Sozialleistungen, ausgefüllt werden. Die Studie startet, sobald sich entweder eine Million Menschen unter www.pilotprojekt-grundeinkommen.de zur Studienteilnahme beworben haben oder spätestens am 10. November 2020 mit den bis dahin eingeschriebenen Personen. Diese große Zahl ist notwendig, da die Datenqualität enorm verbessert wird, wenn die Grundmenge der BewerberInnen, aus der die TeilnehmerInnen ausgewählt werden, möglichst groß und vielfältig ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 18.08.2020

Beschäftigte, die ihr Einkommen nach Lohnsteuerklasse V versteuern, verlieren beim Bezug von Krankengeld, Arbeitslosengeld I und Elterngeld schnell mehrere hundert Euro monatlich im Vergleich zu Personen mit gleichem Bruttoeinkommen und Lohnsteuerklasse III. Besonders groß ist der Rückstand beim Krankengeld: maximal 697 Euro weniger gibt es im Monat, obwohl ebenso viel an Sozialbeiträgen gezahlt wurde, zeigen Berechnungen in einer neuen, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie.* Das liegt daran, dass diese Lohnersatzleistungen, wie auch das Kurzarbeitergeld, anhand des Nettoeinkommens berechnet werden und in der Lohnsteuerklasse V überproportional hohe Steuerabzüge das Netto reduzieren. Da in dieser Lohnsteuerklasse sowohl bei der Berechnung des Nettoeinkommens, als auch beim Bezug von Lohnersatzleistungen zu rund 90 Prozent verheiratete Frauen sind, stellen diese Steuerregelungen nach Einschätzung der Studienautorinnen Dr. Ulrike Spangenberg, Prof. Dr. Gisela Färber und Corinna Späth eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung dar und verstoßen gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes. Nach Analyse der Juristin und der beiden Finanzwissenschaftlerinnen verletzen Detailregelungen beim Elterngeld zudem auch den in Artikel 6 GG gebotenen besonderen Schutz der Familie, weil sie unverheiratete Eltern und Alleinerziehende benachteiligen. Die Forscherinnen vom Institut für gleichstellungsorientierte Prozesse und Strategien in Berlin und von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer skizzieren Optionen für eine Reform, die die vor allem Frauen treffenden Benachteiligungen in Bezug auf die Höhe des Nettoeinkommens und die Höhe von Lohnersatzleistungen beenden würde. Umgekehrt würden die bislang nach Klasse III besteuerten Personen – meist die Ehemänner – beim Nettoeinkommen und beim Anspruch auf Lohnersatzleistungen weniger Geld erhalten als bisher. Muss diese Person Lohnersatzleistungen beziehen, könnte sich dadurch auch das Gesamteinkommen des Haushalts reduzieren. Diese Einkommensverluste ließen sich, so die Forscherinnen, aber durch eine Anhebung der Lohnersatzraten für alle Beschäftigten kompensieren – unabhängig von Geschlecht oder Familienstand.

Bei vielen verheirateten Paaren versteuert die Person mit dem höheren Bruttoeinkommen – meist der Ehemann – nach Steuerklasse III, die Ehefrau ist häufig in Steuerklasse V. Der finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings fällt dann bei der Person in Steuerklasse III an, weil hier unter anderem die gemeinsamen Grundfreibeträge angerechnet werden. Die Person in Steuerklasse III erzielt demzufolge ein höheres monatliches Nettoeinkommen als eine ledige Person mit gleichem Bruttoeinkommen. Demgegenüber zahlt die Person in Lohnsteuerklasse V nicht nur im Verhältnis zu Ledigen deutlich höhere Lohnsteuern und erhält entsprechend weniger netto ausbezahlt. Sie trägt auch einen Teil der Lohnsteuer in Steuerklasse III mit. Die Person in Steuerklasse V „überzahlt“ also bei der Lohnsteuer, während die Person in III „unterzahlt“. Schaut man auf das Netto-Gesamteinkommen des Paares, ist es durch das Splitting fast immer höher als das von zwei Unverheirateten. Allerdings bei deutlicher individueller Unwucht: „Die Vorteile der Steuerklassenkombination III/V für das monatliche Haushaltseinkommen werden durch Nachteile zulasten von Frauen erkauft“, schreiben Spangenberg, Färber und Späth. Einen rechtlichen Anspruch, dass die Person in Lohnsteuerklasse III den finanziellen Vorteil teilt, gibt es nur dann, so der Bundesgerichtshof, wenn die Eheleute ausdrücklich vereinbaren, dass die zu viel gezahlte Lohnsteuer oder der Verlust bei den Lohnersatzleistungen eheintern ausgeglichen wird.

Gleich viel in die Sozialkassen bezahlt, trotzdem bis zu 697 Euro weniger Anspruch

Besonders drastisch wirken sich die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Steuerklassen beim Bezug von Lohnersatzleistungen aus. Denn die werden meist als prozentualer Anteil vom individuellen Nettoeinkommen berechnet. Eigentlich ein übersichtliches, pragmatisches Verfahren. In Kombination mit den Steuerklassen III und V führt es allerdings zu erheblichen finanziellen Ungleichheiten, die faktisch meistens Frauen benachteiligen. Für Krankengeld, Arbeitslosengeld I und Elterngeld haben die Wissenschaftlerinnen die Effekte beispielhaft berechnet. Dazu vergleichen sie, wie hoch die Leistungen an Personen in den Lohnsteuerklassen III und V sind, die ein gleich hohes Bruttoeinkommen haben – und dementsprechend zuvor gleich viel an Beiträgen für die Kranken- und die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben:

– Beim Krankengeld ist die Differenz am größten bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5000 Euro. Eine Person in Lohnsteuerklasse III erhält ein Netto-Krankengeld von 2682 Euro, in Steuerklasse V sind es hingegen nur 1985 Euro monatlich, also 697 Euro weniger. Das entspricht einem Unterschied von 26 Prozent (siehe auch Tabelle 10 in der Studie; Link unten). Ähnlich groß ist die prozentuale Differenz durchgängig ab einem Monatsbrutto von 2500 Euro. Am geringsten ist der relative Unterschied mit je sechs Prozent bei geringen Beispieleinkommen von rund 830 Euro brutto im Monat und bei hohen von knapp 6700 Euro.

– Um maximal 635 Euro unterscheiden sich die monatlichen Zahlungen beim Arbeitslosengeld I. Soviel weniger erhalten Beschäftigte mit Steuerklasse V bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von rund 6700 Euro im Vergleich zur Steuerklasse III. Das entspricht einer Differenz von 26 Prozent (siehe Tabelle 34 in der Studie). Sogar 27 Prozent beträgt der relative Abstand bei einem Bruttoeinkommen zwischen 2500 und 5000 Euro monatlich. Und selbst bei niedrigen Bruttoeinkommen liegen die Ansprüche mit unterschiedlichen Steuerklassen noch um mindestens 12 Prozent auseinander.

– Auch beim Elterngeld macht die Lohnsteuerklasse V einen deutlichen Unterschied. Hier ergibt sich die maximale Differenz bei einem Bruttoeinkommen von knapp 4200 Euro monatlich. Eine Person in Klasse III erhält 1789 Euro monatlich, während es in Steuerklasse V nur 1292 Euro gibt und damit 497 Euro weniger. Das entspricht einer relativen Differenz von 28 Prozent. Sogar 29 Prozent beträgt der Abstand bei einem Monatsbrutto von 2500 Euro (siehe Tabelle 22). Anders als bei Kranken- oder Arbeitslosengeld hat die Person in Klasse V, also meist die werdende Mutter, die Möglichkeit, kurzfristig noch in Lohnsteuerklasse III zu wechseln und so ein höheres Elterngeld zu beziehen. Das gilt allerdings nur bei verheirateten Paaren, weshalb die Expertinnen hier eine verfassungswidrige Benachteiligung von Alleinerziehenden und Eltern ohne Trauschein attestieren.

Mittelbare Diskriminierung trotz geschlechtsneutraler Formulierungen im Gesetz

Grundsätzlich sind die entsprechenden Steuergesetze natürlich geschlechtsneutral formuliert, keine Regelung „zwingt“ Verheiratete dazu, dass der Mann in Steuerklasse III versteuert und die Frau in Klasse V. Es gibt mit der Lohnsteuerklasse IV für beide oder dem so genannten Faktorverfahren sogar längst eine Alternative, die die Unwucht minimiert. Doch viele Paare bleiben bei der traditionellen Aufteilung, auch weil das Steuersystem entsprechende Anreize setzt. Denn Paare mit den Lohnsteuerklassen III/V haben zwar bei der endgültigen Berechnung der Jahreseinkommensteuer im Rahmen der Einkommensteuererklärung keinen größeren Splittingeffekt, wohl aber einen Zeitvorteil. Denn anders als bei IV/IV oder beim Faktorverfahren sind ihre unterjährig laufenden monatlichen Abzüge meist zu niedrig angesetzt. Das führt zwar zu Steuernachforderungen des Finanzamtes, diese fallen aber frühestens ein Jahr später bei der Einkommensteuererklärung an. Zudem ist das Faktorverfahren für die Steuerzahlenden bislang bürokratisch aufwendiger. Wer die Lohnsteuerklassen IV/IV ohne Faktor wählt, kann den Splittingvorteil sogar erst nachträglich über den Lohnsteuerjahresausgleich geltend machen.

Unter dem Strich seien die Regelungen zu den Steuerklassen III/V nicht mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes vereinbar, betonen die Juristin Spangenberg, die Finanzwissenschaftlerin Färber und die Verwaltungswissenschaftlerin Späth. Denn auch geschlechtsneutral formulierte Regelungen könnten „diskriminierend sein, wenn sie sich faktisch, das heißt in der gesellschaftlichen Realität, zum Nachteil von Frauen auswirken.“ Und das stehe außer Zweifel, insbesondere beim Bezug von Lohnersatzleistungen: Im Jahr 2015 waren 93 Prozent der Personen mit einer Ersatzleistung und Steuerklasse V Frauen. Im Vergleich zum Prozentsatz von Frauen in Steuerklasse III bei der Berechnung des Nettoeinkommens (21 Prozent) ist der Prozentsatz in Steuerklasse III beim Bezug von Lohnersatzleistungen mit 43 Prozent zwar relativ hoch. Das liegt aber vor allem an den Wechselmöglichkeiten beim Elterngeld. Beim Arbeitslosen- oder Krankengeld gilt der Wechsel von V zu III in der Regel als rechtsmissbräuchlich.

Steuerklasse IV für beide Partner und finanzielle Flankierung

Als Reformoption für die Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens sehen die Wissenschaftlerinnen die Abschaffung von Steuerklasse V. Die bestehende Alternative, Steuerklasse IV oder das Faktorverfahren für beide Eheleute, würde die „geschlechtsbezogenen Nachteile bei der Berechnung der Lohnsteuer beseitigen“. Der finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings bliebe für das Paar erhalten, er würde aber annähernd gleich aufgeteilt.

Für die Lohnersatzleistungen schlagen die Wissenschaftlerinnen generell die Berechnung anhand der Steuerklasse IV vor, um nicht nur die Nachteile der Steuerklasse V, sondern auch die Benachteiligung von Alleinerziehenden und anderen nicht verheirateten Eltern zu beseitigen. Im Beispielfall mit 5000 Euro monatlichem Bruttoeinkommen hätte jeder Partner und jede Partnerin dann Anspruch etwa auf das gleiche Krankengeld in Höhe von 2355 Euro.

Die Reformoptionen gewährleisten, dass Lohnsteuer, Nettoeinkommen und Lohnersatzleistungen auch innerhalb der Ehe gerecht aufgeteilt sind und der Höhe nach dem individuellen Bruttoeinkommen entsprechen, betonen die Forscherinnen. Sie weisen allerdings auch darauf hin, dass es bei der Reform ohne weitere Flankierung „Verlierer“ geben würde. Wer bislang nach Lohnsteuerklasse III versteuert, würde mit Steuerklasse IV einen Teil der bisherigen individuellen Vorteile beim Nettoeinkommen einbüßen. Im Fall, dass dieser Partner künftig auf – entsprechend niedrigere – Lohnersatzleistungen angewiesen ist, könnte das auch das Haushaltseinkommen des Paares insgesamt reduzieren. Um solche Effekte zu kompensieren, könnten die Lohnersatzraten für alle Beschäftigten angehoben werden, schreiben die Wissenschaftlerinnen.

Ulrike Spangenberg, Gisela Färber und Corinna Späth: Mittelbare Diskriminierung im Lohnsteuerverfahren. Auswirkungen der Lohnsteuerklassen auf Nettoeinkommen und Lohnersatzleistungen.

Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 190, Juli 2020 Download (pdf) ›

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 23.07.2020

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat im Rahmen einer Online-Befragung rund 240 Personen gefragt, welche Bezugshöhe von Kurzarbeitergeld sie bei Alleinstehenden in bestimmten Situationen als angemessen betrachten. Das zentrale Ergebnis der IAB-Studie lautet: Die Lohnersatzquote sollte aus Sicht der Befragten nicht im Zeitablauf steigen, sondern bei einem geringeren Verdienst höher ausfallen.

Anders als vom Bundestag beschlossen würden die Befragten ab dem vierten Monat kein höheres Kurzarbeitergeld gewähren als in den ersten drei Monaten. Anlässlich der Covid-19-Pandemie wurden in Deutschland die Konditionen beim Bezug von Kurzarbeitergeld großzügiger ausgestaltet. Während das Kurzarbeitergeld bislang generell 60 Prozent des Nettolohns bei Beziehern ohne Kinder bzw. 67 Prozent bei Beziehern mit Kindern betrug, erstattet die Bundesagentur für Arbeit unter bestimmten Umständen nun ab dem vierten Monat 70 bzw. 77 Prozent und ab dem siebten Monat 80 bzw. 87 Prozent des Nettoentgelts.

Den Befragten wurden verschiedene Szenarien zu alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten vorgelegt, bei denen sich beispielsweise der Nettoverdienst oder die monatlichen Fixkosten wie Miete unterschieden. Im Durchschnitt sahen die Befragten eine Lohnersatzquote von knapp 70 Prozent des letzten Nettolohns als angemessen an.

Im Vergleich zu einem Nettoverdienst von 2.000 Euro fielen die Antworten bei einem Nettoverdienst von 1.500 Euro vier Prozentpunkte höher und bei einem Nettoverdienst von 3.000 Euro um vier Prozentpunkte niedriger aus. Hat die im Szenario beschriebene Person hohe statt niedrige Lebenshaltungskosten, wurde ein um knapp vier Prozentpunkte höheres Kurzarbeitergeld als angemessen erachtet. Bei Betrieben, die ihren Beschäftigten einen Zuschuss in Höhe von zwanzig Prozent des Nettoverdienstes zum Kurzarbeitergeld gewähren, nahmen die Befragten einen Abschlag in Höhe von zehn Prozentpunkten vor. Befragte mit Wohnort Ostdeutschland sind deutlich restriktiver: sie sahen im Durchschnitt knapp neun Prozentpunkte weniger Kurzarbeitergeld als angemessen an als Westdeutsche. Personen, die in der Vergangenheit bereits einmal auf Arbeitslosengeld II angewiesen waren, betrachteten im Mittel zehn Prozentpunkte mehr Kurzarbeitergeld als angemessen.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2020/kb1720.pdf. Befragt wurden überwiegend stabil beschäftigte Personen, die über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht arbeitslos gemeldet waren. Die Befragung ist nicht repräsentativ für die gesamte Erwerbsbevölkerung in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 20.08.2020

Mit dem Ende der Sommerferien haben die meisten Kindergärten und Kitas den Regelbetrieb wieder aufgenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, verdienten Beschäftigte in Kindergärten und Vorschulen im Jahr 2019 durchschnittlich knapp 20 Euro brutto in der Stunde.

Personal in Kindergärten und Vorschulen: überwiegend weiblich und in Teilzeit

Rund 94 % des Personals in Kindergärten und Vorschulen waren Frauen, fast zwei Drittel der Beschäftigten (61 %) arbeiteten in Teilzeit und mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten (69 %) waren ausgebildete Fachkräfte. Arbeitete eine solche Fachkraft in Teilzeit, verdiente sie 2019 im Schnitt 2374 brutto monatlich. Für Fachkräfte, die in Vollzeit arbeiteten, lag der Verdienst bei durchschnittlich 3 287 Euro brutto im Monat.

Methodischer Hinweis: In den Bruttoverdiensten sind keine Sonderzahlungen enthalten.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 01.09.2020

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland netto 32,8 Milliarden Euro für die Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGBXII) ausgegeben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, entsprach dies einer Steigerung um 5,8% gegenüber 2018.

Von den insgesamt 32,8 Milliarden Euro Nettoausgaben für Sozialhilfeleistungen entfielen 19,3 Milliarden Euro auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (+6,7% zum Vorjahr). Für die Hilfe zur Pflege wurden 3,8 Milliarden Euro ausgegeben (+8,8%). In die Hilfe zum Lebensunterhalt flossen 1,5 Milliarden Euro (-0,3%) und in die Hilfen zur Gesundheit, die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie die Hilfe in anderen Lebenslagen zusammen 1,3 Milliarden Euro (+3,8%).

Die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die vollständig aus Erstattungsmitteln des Bundes an die Länder finanziert werden, beliefen sich nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2019 auf 6,9 Milliarden Euro (+3,6%).

Weitere Informationen:

Ergebnisse der Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe stehen im Themenbereich Sozialhilfe zur Verfügung (seit 2017 einschließlich Erstattungszahlungen des Bundes nach § 46a SGBXII für Nettoausgaben der Sozialhilfeträger für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4.Kapitel SGBXII an die Länder; Datenquelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

Methodische Hinweise:

Die hier gemachten Angaben beziehen sich auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB). Nicht enthalten ist zum Beispiel die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGBII„Hartz IV“).

Seit dem Jahr 2017 werden die Ausgaben und Einnahmen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGBXII) nicht mehr als Bestandteil der Statistik nach § 121 SGBXII erhoben, weil die entsprechenden Angaben bereits seit 2014 im Rahmen der Erstattungszahlungen des Bundes an die Länder nach § 46a SGBXII in Höhe von 100 Prozent der Nettoausgaben der Sozialhilfeträger für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfasst werden.

Zwar unterscheidet sich die Abgrenzung der erfassten Finanzdaten in der Statistik der Ausgaben und Einnahmen für das 4. Kapitel SGBXII) bis zum Berichtsjahr 2016 von derjenigen bei den Nachweisen der Länder nach § 46a SGB XII an den Bund in geringem Ausmaß, da entsprechend § 46a SGBXII nur Geldleistungen berücksichtigt werden. Das Niveau der erfassten Ausgaben ist jedoch vergleichbar. Dies liegt daran, dass

– sich die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGBXII selbst nicht geändert haben,

– die Leistungen weitestgehend kontinuierlich ausbezahlt werden und

– sich auch die Erfassung der Ausgaben und Einnahmen vor Ort nur hinsichtlich einheitlicher Kriterien für deren zeitliche Zuordnung geändert hat.

Für das Jahr 2016 liefert die Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe nach § 121 SGBXII auf Bundesebene für das 4. Kapitel SGBXII Nettoausgaben von 6,073Milliarden Euro und die Nachweise der Länder nach § 46a SGBXII Nettoausgaben von 6,047Milliarden Euro (Datenstand: August 2020).

Ferner können Basisdaten und lange Zeitreihen zur Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe nach § 121 SGBXII (ab dem Berichtsjahr 2017 ohne Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) über die Tabellen "Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe" (22111) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.08.2020

Die Armutsgefährdung – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – ist im Zeitraum von 2009 bis 2019 in allen westlichen Bundesländern und in Berlin gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich der Anteil der von Armut bedrohten Menschen in Bremen am stärksten erhöht: Dort war 2019 fast ein Viertel (24,9%) der Bevölkerung armutsgefährdet, mehr als in jedem anderen Bundesland. 2009 hatte der Anteil der armutsgefährdeten Personen in Bremen gut ein Fünftel (20,1%) betragen. Auch in Hessen (2019: 16,1%, 2009: 12,4%) und Nordrhein-Westfalen (2019: 18,5%, 2009: 15,2%) ist das Risiko, von Einkommensarmut bedroht zu sein, seit 2009 vergleichsweise stark gestiegen. Die Armutsgefährdungsquote ist ein Indikator zur Messung relativer Einkommensarmut.

Rückgang der Armutsgefährdung in östlichen Bundesländern

In den östlichen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin ist die Armutsgefährdungsquote im Zehnjahresvergleich zurückgegangen. 2019 waren in Berlin 19,3% der Personen von Armut bedroht, 2009 waren es 19,0%. Den bundesweit stärksten Rückgang verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern, und zwar von 23,1% im Jahr 2009 auf 19,4% im Jahr 2019.

Im Zeitverlauf entwickelte sich die Armutsgefährdung in den Bundesländern unterschiedlich und meist nicht kontinuierlich. Beispielsweise lag die Armutsgefährdungsquote in Bremen bereits im Jahr2015 bei 24,8% (0,1Prozentpunkte unter dem Stand von 2019) und fiel im Folgejahr auf 22,6%. Ähnliche Schwankungen traten auch in anderen Bundesländern auf.

Diese und weitere Ergebnisse zur Armutsgefährdung seit 2005, zum Teil in tiefer regionaler und fachlicher Gliederung, sowie detaillierte Erläuterungen zu den Datenquellen und den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung. Dort finden sich auch Armutsgefährdungsquoten, die auf Basis regional unterschiedlicher Armutsgefährdungsschwellen ermittelt wurden.

Methodische Hinweise:
Diese Ergebnisse gehen aus aktuellen Berechnungen auf Basis des Mikrozensus hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen der Arbeitsgruppe „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ durchgeführt wurden. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa. Aufgrund seiner Stichprobengröße lassen sich für alle Bundesländer verlässliche Indikatoren ermitteln und vergleichen. Das zur Ermittlung der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle herangezogene bedarfsgewichtete Einkommen (Äquivalenzeinkommen) wird auf Basis der 1994 entwickelten neuen OECD-Skala berechnet. Nach dieser wird der ersten erwachsenen Person im Haushalt das Bedarfsgewicht 1 zugeordnet. Für die weiteren Haushaltsmitglieder werden kleinere Gewichte eingesetzt (0,5 für weitere Personen ab 14 Jahren und 0,3 für jedes Kind unter 14 Jahren), weil angenommen wird, dass sich durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen erreichen lassen.

Die Grundlage der hier veröffentlichten Armutsgefährdung ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene (Bundesmedian), die für Bund und Länder einheitlich ist und somit einen regionalen Vergleich ermöglicht. Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen mehrere Datenquellen der amtlichen Statistik infrage. Auf europäischer Ebene und auf Bundesebene (insbesondere im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung) wird zur Berechnung von Indikatoren zur Einkommensarmut und -verteilung die Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC) als Datengrundlage herangezogen. Nach den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebung ergab sich, bezogen auf das Berichtsjahr 2018, bundesweit eine Armutsgefährdungsquote von 16,0 %. Zum Vergleich: Die auf Basis des Mikrozensus berechnete Armutsgefährdungsquote für das aktuelle Berichtsjahr 2019 lag bundesweit bei 15,9 %. Zu beachten ist, dass sich Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zugrundeliegenden Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich des Stichprobendesigns unterscheiden. Für die Darstellung vergleichbarer Indikatoren auf Bundesländerebene kann EU-SILC nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um die Indikatoren auch für kleinere Bundesländer auszuweisen.

Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten gemessen am Bundesmedian werden im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik auch Armutsgefährdungsquoten gemessen am Landes- beziehungsweise regionalen Median berechnet. Hierzu wird das mittlere Einkommen (Median) im jeweiligen Bundesland beziehungsweise in der jeweiligen Region herangezogen. Dadurch wird den Unterschieden im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen Rechnung getragen. Regionale Einkommensunterschiede werden zum Teil durch Unterschiede im Preisniveau (insbesondere im Mietniveau) ausgeglichen. Dies kann dazu führen, dass die Armutsgefährdung gemessen am Bundesmedian in prosperierenden Regionen unterschätzt und andererseits die Armut in Regionen mit einem relativ niedrigen Einkommensniveau überschätzt wird.

Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquoten zur Folge haben können. Deshalb sollten nur über einen längeren Zeitraum stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für relative Armutsrisikoquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder für regional tief gegliederte Ergebnisse.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 13.08.2020

Die Zahl der geborenen Kinder in Deutschland war im Jahr 2019 mit rund 778100 Babys um 9400 niedriger als im Jahr 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lag die zusammengefasste Geburtenziffer im Jahr 2019 bei 1,54 Kindern je Frau. Ein Jahr zuvor betrug sie noch 1,57 Kinder je Frau.

Bremen und Niedersachsen mit höchster Geburtenziffer

Die Geburtenziffer nahm in 14 von insgesamt 16 Bundesländern ab. Lediglich in Bayern und Bremen blieb sie unverändert auf dem Vorjahresniveau. In Bremen und Niedersachsen war die Geburtenhäufigkeit mit 1,60 Kindern je Frau am höchsten. Berlin war dagegen mit 1,41Kindern je Frau das Land mit der niedrigsten Geburtenziffer.

Bei den Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit war 2019 die Geburtenziffer mit 1,43Kindern je Frau nur geringfügig niedriger als 2018 (1,45 Kinder je Frau). Bei den Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sank sie von 2,12 auf 2,06Kinder je Frau.

Frauen bei Geburt ihres ersten Kindesimmer älter

Frauen bekommen ihr erstes Kind immer später im Leben. Im Jahr 2019 waren Mütter bei der Erstgeburt im Durchschnitt 30,1 Jahre alt. Zehn Jahre zuvor lag das Durchschnittsalter bei Geburt des ersten Kindes noch bei 28,8 Jahren. Bei der Geburt des zweiten Kindes waren Mütter im Jahr 2019 durchschnittlich 32,2 Jahre und beim dritten Kind 33,2 Jahre alt. Im Vergleich der Bundesländer waren Frauen in Hamburg bei der Geburt Ihres ersten Kindes mit 31,2 Jahren am ältesten, in Sachsen-Anhalt dagegen mit 28,9 Jahren am jüngsten.

Im EU-Vergleich lag Deutschland 2018 im Mittelfeld

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) war die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland im Jahr 2018 mit 1,57 Kindern je Frau etwas höher als im EU-Durchschnitt (1,55 Kinder je Frau). Deutschland lag damit in der EU auf dem 13. Platz. Die höchste Geburtenziffer wurde mit 1,88 Kindern je Frau in Frankreich und die niedrigste mit 1,23 Kindern je Frau auf Malta gemessen.

Nach dem Alter beim ersten Kind gehörten die Mütter in Deutschland 2018 im europäischen Vergleich zum älteren Drittel. Nach der Berechnungsmethode von Eurostat belegte Deutschland mit durchschnittlich 29,7 Jahren den 9. Platz. Am ältesten waren die Frauen bei der ersten Geburt mit 31,2 Jahren in Italien, am jüngsten mit 26,2 Jahren in Bulgarien.

Methodische Hinweise

Die zusammengefasste Geburtenziffer wird zur Beschreibung des aktuellen Geburtenverhaltens herangezogen. Sie gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49Jahren im betrachteten Jahr.

Das durchschnittliche Alter bei der Geburt kann mit Hilfe unterschiedlicher Angaben berechnet werden. Für Zeitvergleiche verwendet das Statistische Bundesamt in der Regel die Berechnung auf Basis der absoluten Zahlen der Geborenen nach dem Geburtsjahr der Mutter. Eurostat veröffentlicht die Ergebnisse auf Basis der altersspezifischen Geburtenziffern der Frau. Aufgrund dieser methodisch bedingten Differenzen können sich leichte Abweichungen in den Werten ergeben.

Weitere Daten und lange Zeitreihen zur Statistik der Geburten (12612) befinden sich in unserer Datenbank GENESIS-Online.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Europäische Statistiken finden Sie in unserem Datenangebot "Europa in Zahlen"

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 29.07.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 07. – 09. September 2020

Veranstalter: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)

Anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft veranstaltet das IAB vom 7. bis 9. September die interdisziplinäre Arbeitsmarkt-Konferenz „Labor Market Transitions: Challenges for Public Policies and Research“. Thema sind die unterschiedlichen Aspekte von Übergängen am Arbeitsmarkt, also beispielsweise von Schulabgängern, Arbeitslosen oder Eltern. Ebenfalls im Fokus: der technische Wandel, Weiterbildung oder die Situation der Betriebe. Wir laden Sie herzlich ein zu mehr als 40 wissenschaftlichen Vorträgen von jeweils 10 Minuten, vier Keynotes und einer Podiumsdiskussion, in der Wissenschaft und Politik zu Wort kommen.

Keynote-Speaker der Konferenz sind Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Christian Dustmann, Direktor des Centre for Research and Analysis of Migration (CReAM) des University College London, Dennis Radtke, Mitglied des Europäischen Parlaments sowie László Andor, Professor an der Corvinus-Universität Budapest und ehemaliger EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.

Das komplette Konferenzprogramm können Sie hier einsehen: https://www.xing-events.com/eventResources/r/t/zldGcH2vVcoyWn/Programme_IAB-Labour-Market-Transitions_2020_extended.pdf. Konferenzsprache ist Englisch.

Bitte melden Sie sich über den folgenden Link für die Online-Teilnahme an: https://www.xing-events.com/IAB_Labour-Market-Transitions_2020.html?page=1974038. Die Registrierung ist auch noch möglich, wenn die Konferenz schon begonnen hat. Nach Abschluss des Anmeldeverfahrens erhalten Sie eine Bestätigungsmail und eine weitere Nachricht mit Link zum Livestream.

Termin: 14. September in Lichtenberg / 26. Oktober in Marzahn-Hellersdorf / 18. November in Treptow-Köpenick

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Themenschwerpunkt „Herausfordernde Verhaltensweisen und diskriminierende Einstellungen
von Eltern und Kindern in Kita, Familienzentren, Schule und Jugendhilfe“

Wie lässt sich ein Arbeitsbündnis 
zu den Eltern herstellen, ohne ihre diskriminierende Einstellung zu 
verharmlosen oder zu normalisieren?


Was bedeutet das für das unmittelbare Gespräch mit Eltern?

Wie beeinflussen elterliche Haltungen Entwicklungsbedürfnisse der Kinder?

Wie gehe ich als Fachkraft damit um, wenn Kinder Kinder diskriminieren bzw. aus „Erwachsenenmund“ Vorurteile übernehmen?

Was ist meine Haltung als Fachkraft 
und sind die ethischen und rechtlichen Grundlagen dafür?

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 16. – 17. September 2020

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ort: Bonn

Die Tagung will ergründen, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den Chancen und Risiken der Reproduktionsmedizin aussehen kann. Wo stößt die individuelle reproduktive Freiheit an ihre Grenzen? Wie lassen sich das Wohl und die Rechte von Kindern und beteiligten Dritten besser berücksichtigen? Was bedeuten die neuen reproduktiven Möglichkeiten für die Emanzipation? Gibt es ein Recht auf ein Kind? Und welche Reformen sind nötig?

Programm

Anmeldeformular

Termin: 16. – 17. September 2020

Veranstalter: Evangelische Akademie Loccum

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt sind noch nicht abschließend geklärt: Einerseits wird erwartet, dass Digitalisierung so gestaltet werden kann, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben. Andererseits wird vermutet, dass die Digitalisierung – so wie es hinsichtlich des Home-Office‘ in der Corona-Krise viel diskutiert wird – zu einer Verstärkung traditioneller Rollenverteilungen und damit zu einer Verschlechterung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt führt.

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Soziale Sicherung gehen aber weit über das Home-Office hinaus: Digitalisierung …

  • verändert die Nachfrage nach Berufen und Qualifikationen in der Volkswirtschaft,
  • beeinflusst durch algorithmen-gestützte Matchingverfahren den Zugang zu Erwerbstätigkeit,
  • begünstigt die Entstehung und Auslagerung von Tätigkeiten in Soloselbständigkeit und ähnliche Formen der Erwerbstätigkeit außerhalb arbeits- und sozialrechtlicher Schutzbestimmungen sowie tarifpartnerschaftlicher Aushandlungsprozesse,
  • ermöglicht aber auch neue Freiheiten, Erwerbstätigkeit und persönliche Lebensentwürfe zu vereinbaren und
  • trägt zur Schaffung neuer Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit bei.

Was wissen wir über diese Aspekte und ihr Zusammenspiel?
Welche gesellschaftlichen und politischen Handlungserfordernisse lassen sich daraus ableiten?

Sie sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion dieser Fragen in unserer Online-Veranstaltung zu beteiligen.

Das Programm der Veranstaltung finden Sie hier.

Termin: 12. Oktober 2020

Veranstalter: Arbeiterwohlfahrt (AWO) und des Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)

Ort: Berlin

Es soll das Thema Armutsbekämpfung in Europa in den Fokus rücken. Der Titel der Veranstaltung lautet: “Europäische Strategien zur Armutsbekämpfung – Perspektiven für ein Europa von morgen”.

Dabei sollen verschiedene Perspektiven aus Wissenschaft, Politik und Praxis zu Wort kommen. Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat sein Kommen bereits zugesagt.

Eine Einladung mit ausführlichem Programm und der Möglichkeit zur Anmeldung wird in den kommenden Wochen übersendet. Sollten es die Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus auch im Oktober noch nicht ermöglichen, eine Präsenzveranstaltung abzuhalten, planen wir auf ein alternatives Konzept umzusteigen und informieren Sie frühzeitig.

Termin: 12. Oktober 2020

Veranstalter: volkshilfe.

Ort: Wien

Der Zugang zu kulturellem Kapital wird nach wie vor durch die soziale Herkunft bestimmt. Armut und Bildung werden in der Regel vererbt.

Über 300.000 Kinder und Jugendliche in Österreich können ihre Potenziale daher nur eingeschränkt entfalten. Die Corona-Krise hat diese Ungleichheiten erstmals für eine breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht, hat diese aber auch weiter verstärkt.

Was wir daraus lernen können und wie wir die Zukunft aller Kinder sichern können, wollen wir gemeinsam mit Expert*innen bei unserem Symposium „Kinderarmut & Bildung“ erörtern.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 29. Oktober 2020

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Kitas, Familienzentren und Schulen sind Räume für Kinder und Eltern, in denen sie sich wohl und sicher fühlen sollen – ungeachtet ihrer Lebensweise, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Religion. Auch wenn Berliner Einrichtungen sich in ihrer Arbeit schon seit geraumer Zeit – u.a. in Orientierung am Berliner Bildungsprogramm – einer „Pädagogik der Vielfalt“ verschrieben haben: Es gibt Eltern, die ihre Besorgnisse und Ressentiments über die Anwesenheit von Kindern und Eltern bestimmter Gruppen in die Einrichtung tragen; einzelne zeigen dabei sogar ein aggressives Verhalten. Auch Kinder können Vorurteile von Erwachsenen übernehmen und sich ausgrenzend und verletzend gegenüber anderen Kindern verhalten.

Wir fragen:

  • Welche Erfahrungen mit Ressentiments und/oder ausgrenzenden Verhaltensweisen machen Eltern und Kinder im Kontext von Kitas, Schule oder Familienzentren?
  • Durch welche Äußerungen fühlen sie sich herabgesetzt, welche Verhaltensweisen machen Angst?
  • Wie können Fachkräfte aber auch Eltern hier selbst aktiv gegensteuern?

Unser Fachgespräch stellt unterschiedliche Perspektiven von Eltern, Elternvertreter_innen und einer Expertin des Projekts „Kinderwelten“ vor. Von besonderer Bedeutung ist hier die aktive Teilnahme von Eltern und Kindern mit Diskriminierungserfahrung. Gemeinsam erarbeiten wir Reflexionshilfen und Handlungsansätze für die vorurteilsbewusste und diskriminierungskritische pädagogische Praxis.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 30. – 31. Oktober 2020

Veranstalter: Bündnis AufRecht bestehen

Ein besseres Leben für alle statt wachsender Armut und Ausgrenzung!
100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Während Konzerne wie z.B. die Lufthansa mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutzschild“ vom Staat unterstützt werden, fehlt bei den Ärmsten eine Unterstützung in der Krise gänzlich. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind viele in der nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven Anstieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!

Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um sieben Euro auf dann 439 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind ganze 23 Cent am Tag.

Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die ausschließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu geringes, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen Menschen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“ – Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen!

Deshalb beteiligt Euch alle an den Aktionstagen am Freitag, dem 30. Oktober oder am Samstag, dem 31. Oktober und lasst uns unseren Forderungen laut und deutlich Gehör verschaffen.

Alle Gruppen können und sollen sich nach ihren Möglichkeiten am Aktionstag kurz vor der Anhörung im Bundestag Anfang November beteiligen: so zum Beispiel mit Infoständen vor Jobcentern, in Fußgängerzonen oder vor Supermärkten; Schautafeln mit Erfahrungsberichten, Einladungen zu eigenen Veranstaltungen, einer Unterschriftensammlung für die 100 Euro-Forderung… Wenn ihr weitere Aktionsideen habt, freuen wir uns über eine Mitteilung!

Bitte bedenkt bei allem was ihr plant, dass Corona eine Realität ist. Also haltet Euch an die üblichen Hygienevorschriften, haltet Abstand und tragt einen Mund-Nasenschutz.

Wir werden einen Mobilisierungsaufruf schreiben, den Ihr für den Aktionstag gerne mit Eurem Logo versehen und nutzen könnt. Außerdem werden wir ein Flugblatt schreiben, das Ihr während des Aktionstages verteilen könnt.

Ab Ende September wollen wir beginnen, die Pressearbeit zu koordinieren und werden Euch eine Pressemitteilung vorab zukommen lassen. Im gleichen Zeitrahmen werden wir Euch auch bitten, uns mitzuteilen, wer was wo macht.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung mahnt das ZFF an, die Bekämpfung von Kinderarmut politisch endlich prioritär zu behandeln.

Drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf oder sind armutsgefährdet. Armut hat ein Kindergesicht und zeigt sich vor allem in geringeren Bildungschancen, einer schlechteren materiellen Grundversorgung und beengten Wohnverhältnissen. Was Armut für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bedeutet und wie die Corona-Krise Dimensionen von Familien- und Kinderarmut verstärkt, listet der „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung auf. Auf Basis dieser Erkenntnisse schlägt die Stiftung Lösungsansätze zur Armutsüberwindung vor – konkret eine Kindergrundsicherung oder ein Teilhabegeld.Das ZFF begrüßt die Forderung nach einer Kindergrundsicherung, denn schon seit über zehn Jahren setzen wir uns im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG für eine gerechtere Familienförderung ein.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Wir dürfen die Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinnehmen! Armut macht krank, Armut grenzt aus und sie beeinflusst nicht erst seit der Corona-Pandemie die Bildungschancen der heranwachsenden Generation. Die nun vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen, wie dringend wir handeln müssen. Wir brauchen endlich gute Kitas und gute Schulen, aber auch mehr Geld in den Familien.“

Reckmann fährt fort: „Zeitgleich lässt die Bundesregierung arme Kinder und ihre Familien im Regen stehen: Mit der aktuellen Vorlage der Neuermittlung der Regelsätze wird zum wiederholten Male ein mangelhaftes Verfahren angewendet mit dem die existenziellen Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht abgebildet werden können. Das ZFF möchte, dass Kinder raus aus dem stigmatisierenden Hartz IV-System kommen und setzt sich daher seit 2009 mit vielen weiteren Akteur*innen für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Nur so kann ein ausreichendes Existenzminimum aller Kinder und Jugendlichen gesichert und unbürokratisch ausbezahlt werden.“

Die Stellungnahem des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vom 21.07.2020 zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetz“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hierweitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Konzeptes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DBG) für eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung begrüßt das ZFF den Vorstoß als wichtigen Vorschlag, um Kinder und Jugendliche vor Armut zu schützen und ihnen Teilhabe zu ermöglichen.

Das heute veröffentlichte DGB-Konzept sieht eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung vor, welche die bestehenden kindbezogenen Leistungen zusammenfasst. Die maximale Höhe der Kindergrundsicherung soll über dem aktuellen Hartz IV-Niveau liegen und mit steigendem Einkommen der Eltern bis zu einem einheitlichen Sockelbetrag abschmelzen. Dieser Betrag stellt ein neues, erhöhtes Kindergeld dar. Laut Forderung des DGB soll diese monetäre Leistung durch eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur ergänzt werden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas: sozial- und bildungspolitische Versäumnisse der letzten Jahre werden in der aktuellen Krise überdeutlich. Vor allem Kinder- und Jugendliche, die in armen und von Armut bedrohten Haushalten aufwachsen, sind die Leidtragenden. Ihnen fehlt es oft an gesunder Ernährung, an ausreichendem Platz in der Wohnung, an der nötigen technischen Ausstattung, um am digitalen Unterricht teilzunehmen und auch viele kostengünstige Ferienfreizeitangebote werden in diesem Sommer nicht stattfinden. Zwar wurde in der Corona-Pandemie an einzelnen Schräubchen gedreht, die beschlossenen Übergangsregelungen reichen aber nicht aus, um Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.“

Christiane Reckmann fährt fort: „Es ist daher an der Zeit, die Familienförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen und jetzt Weichen für eine Kindergrundsicherung zu stellen, um arme Kinder und ihre Familien zukünftig besser abzusichern. Familien tragen derzeit die Hauptlast der Pandemie und halten dadurch die Gesellschaft zusammen. Sie haben den Mut und die Weitsicht für eine umfassende Reform verdient. Das DGB-Konzept schlägt hier den richtigen Weg ein, auch wenn eine Kindergrundsicherung nur dann hält, was sie verspricht, wenn sie eine maximale Höhe bereithält, die wirkliche Absicherung und Teilhabe in unserer Gesellschaft ermöglicht.“

Als ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 11 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen ein Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Positionspapiers der Grünen-Bundestagsfraktion „Grüne Garantiesicherung statt Hartz IV“ begrüßt das Zukunftsforum Familie e.V. den Vorstoß und fordert eine schnelle Umsetzung.

Schon lange bemängelt das ZFF die Methode zur Berechnung der Hartz IV Regelsätze, da u. a. einzelne Ausgabenpositionen willkürlich herausgestrichen und verdeckt arme Haushalte in die Berechnungen einbezogen werden. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat diese Kritik nun aufgegriffen und ein methodisch konsistentes Modell vorgelegt, auf dessen Basis Regelsätze besser und nachvollziehbarer als bisher berechnet werden. Damit wird auch die Höhe der Grünen Kindergrundsicherung festgelegt.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt. Erwachsene und Kinder, die SGB-II Leistungen erhalten, dürfen nicht weiter an den Rand gedrängt werden! Sie brauchen mehr als ein Minimum, das heißt existenzsichernde Leistungen, die Teilhabe sicherstellen. Sie brauchen aber auch existenzsichernde Löhne, die sie unabhängig von staatlichen Leistungen machen. Die Grünen greifen dieses in ihrem Konzept auf, das unterstützen wir!“

Reckmann ergänzt: „Wir begrüßen, dass mit dem Vorschlag zur Berechnung der Regelsätze zum ersten Mal eine echte Grundlage für die Höhe der Grünen-Kindergrundsicherung geschaffen wurde. Damit wird unsere langjährige Forderung nach einer Neuberechnung des Existenzminimums endlich aufgriffen. Um die Familienförderung langfristig vom Kopf auf die Füße zu stellen und armutssicher auszugestalten, fordern wir seit 2009 gemeinsam mit einem breiten Bündnis eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung in Höhe von derzeit 628 Euro. So sieht soziale Gerechtigkeit aus!“

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.06.2020

AKTUELLES

Seit Inkrafttreten des SGB II und der Grundsicherung für Arbeitsuchende gibt es Vorschläge, wie diese Form der Mindestsicherung reformiert werden sollte. Während quantitative Auswirkungen zahlreicher Konzepte bereits untersucht sind, steht ein qualitativer Vergleich der Instrumente und der Reichweite relevanter Vorschläge noch aus. Dieses böll.brief systematisiert und vergleicht Konzepte der vergangenen zwei Jahre.

Mit Blick auf die Reichweite der untersuchten Vorschläge identifiziert es drei Reformtypen:

  1. Mehr vom selben als Reform: Konzepte, die auf der Ebene der Anpassung des ökonomischen Anreizsystems verbleiben.
  2. Neuausrichtung durch selbstbestimmte Leistungsorientierung: Konzepte, die innerhalb der Systematik der bestehenden Mindestsicherung verbleiben, aber das Selbstbestimmungsrecht der Leistungsempfänger*innen erheblich verändern.
  3. Neuausrichtung durch radikalen Systemwechsel: Konzepte, die auf eine grundsätzliche Neufassung der Absichten zielen, die mit einer Grundsicherung verbunden sind.

Die Systematisierung der Instrumente der Grundsicherung liefert hinsichtlich der Dimensionen sozialer Teilhabe die wichtige Erkenntnis, dass das SGB II nicht allein aus Regelbedarfen und Anrechnungsregeln besteht.

Die Studie finden Sie hier.

Das systematische Wissen über die Lebenslagen von geflüchteten Frauen, Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist beschränkt. Das Forschungsprojekt „Geflüchtete Frauen und Familien“ (GeFF) untersucht deswegen systematisch die besonderen Umstände der Flucht und der Integration von geflüchteten Frauen und Familien auf der Grundlage der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten. Als zentraler Befund geht erstens hervor, dass sich die Familienstrukturen von Frauen und Männern mit Fluchthintergrund stark unterscheiden: Frauen erreichen Deutschland in der Mehrheit mit ihren Familien, während über die Hälfte der Männer zunächst alleine kommen. Dies ist unter anderem auf die Risiken und Kosten der Flucht zurückzuführen, die sich in den Fluchtmustern von Familien widerspiegeln: Frauen und Kinder fliehen im Gegensatz zu Männern in der Regel im Familienverband oder folgen Männern auf sichereren Routen nach. Die Trennung von Angehörigen während und nach der Flucht korreliert weiterhin mi t erhöhten Gesundheitsrisiken, besonders für Frauen. Drittens zeichnet sich ein klares Gefälle in der sozialen und ökonomischen Teilhabe von geflüchteten Frauen und Männern ab. Dies könnte einerseits auf die geringere Berufserfahrung und die erhöhten gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Frauen zurückzuführen sein, andererseits leben Frauen öfter als Männer mit Familie in Deutschland, für die mehrheitlich sie die Versorgung übernehmen.

Abstract und kostenlosen Volltext-Download finden Sie unter: https://www.iab.de/185/section.aspx/Publikation/K200722CCC/?x=nl

Kaum ein Thema wird in der Öffentlichkeit aktuell so kontrovers diskutiert wie das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Bemerkenswert dabei ist, dass sich das BGE keiner politischen Strömung zuordnen lässt.

Auch die Arbeiterwohlfahrt hat der aktuelle Grundeinkommensdiskurs erreicht. So wurde der AWO Bundesverband durch die Bundeskonferenz der AWO im November 2016 in Wolfsburg beauftragt, unter anderem im Zusammenhang mit der Frage, wie Care-Arbeit in einem verständlichen und am Lebensverlauf orientierten Gesamtsystem besser abgesichert werden kann, auch das bedingungslose Grundeinkommen als eine Lösungsoption zu prüfen.

Vor diesem Hintergrund haben die Fachausschüsse Kinder, Jugend, Frauen, Familie und Bildung sowie Gesundheit und Soziales des Präsidiums des AWO Bundesverbandes unter Leitung von Christiane Reckmann bzw. Prof. Dr. Thomas Beyer im September 2018 eingemeinsames Kolloquium ausgerichtet, zu dem auch Fachleute aus Politik und befreundeten Organisationen eingeladen waren. Für den fachlichen Input konnte Dr. Rigmar Osterkamp, vorm. ifo Institut für Wirtschaftsforschung, gewonnen werden, der in den Jahren 2007 – 2011 das BGE-Experiment in Namibia beobachtet hat und seither den Grundeinkommensdiskurs begleitet hat.

Im Ergebnis dieses Kolloquiums und weiterer Beratungen in beiden Fachausschüssen wurde das vorliegende Positionspapier erarbeitet, das das Präsidium des AWO Bundesverbandes im Mai 2020 verabschiedet hat.

Teil 1 und Teil 2 der Gemeinsame Webkonferenz der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) und dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sind jetzt online verfügbar unter:

https://www.bagfw.de/veranstaltungen-alt/detailseite-webkonferenz-wege-aus-der-armut

Das "Bündnis für Familie Königs Wusterhausen" hat am 1. Juni, dem Internationalen Tag des Kindes, einen Mal- und Zeichenwettbewerb für Kinder und Jugendliche aus KW unter dem Motto "Mein Lieblingsort in KW" gestartet.

Kitakinder können eine Zeichnung einreichen, Schulkinder und Jugendliche bis 18 Jahre ein Foto.

Dabei bitten wir auch um eine Begründung "Mein Lieblingsort in KW ist….., weil….".

Die derzeitige Koordinierungsstelle des Bündnisses, der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V in der Bahnhofstraße 4, ist Abgabestelle für die Zeichnungen und Fotos.

Für den Wettbewerb ist beigefügte Erklärung der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern erforderlich, damit das Bündnis die Zeichnungen und Fotos für weitere Projekte (angedacht ist u. a. eine Kalender 2021) nutzen kann.

Aufgrund von Bitten der Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit wird der Einsendeschluss letztmalig verlängert bis zum 31. Oktober 2020.

Die Preisträgerinnen und Preisträger werden durch eine Jury bestimmt und zu einer Auszeichnungsveranstaltung eingeladen.

Der Wettbewerb ist ein Beitrag des Bündnisses zum 700jährigen Jubiläum der Stadt Königs Wusterhausen.

Für Fragen steht die Sprecherin der Koordinierungsgruppe des Bündnisses, Birgit Uhlworm, unter Tel. 03375/294752, zur Verfügung.

Die Mailadresse lautet: post@shia-brandenburg.de.

Die ersten Zeichnungen und Fotos wurden bereits eingereicht, z. B. von Kindern der Kita am Kirchplatz.

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ZFF-Info

ZFF-Info 08/2020

SCHWERPUNKT I: Corona Krise

Anlässlich des gestern im Koalitionsausschuss verabredeten Konjunkturpakets begrüßt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) die beschlossenen Maßnahmen, mahnt aber langfristig eine zielgenaue Unterstützung für arme Familien an.

Der Koalitionsausschuss hat sich im Rahmen eines Konjunkturprogramms auf mehrere Unterstützungsleistungen verständigt, die Familien in Zeiten der Corona-Pandemie helfen sollen. Dazu gehören ein Kinderbonus in Höhe von 300 Euro für jedes Kind, der bei der Grundsicherung anrechnungsfrei bleibt, jedoch mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird, zusätzliches Geld für den Kita-Aus- und Umbau, die Beschleunigung des Ausbaus der Ganztagsbetreuung in der Schule und die Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende von aktuell 1.908 auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, zeigt sich erfreut: „Familien haben in den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie erheblich zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beigetragen. Daher begrüßen wir, dass sie durch das nun vorgelegte Konjunkturpaket unterstützt und entlastet werden sollen. Das ist bitter nötig, denn viele Familien werden nach wie vor zwischen Job, Home-Schooling und Kinderbetreuung zerrieben und fallen teilweise in ein finanzielles Loch. Die Senkung der Mehrwertsteuer, die Stabilisierung von Stromkosten, die zusätzliche Unterstützung zum Ausbau von Kindertagesbetreuung und Ganztag in der Schule – das alles hilft Familien und ihren Kindern. Die Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ist zudem ein überfälliger Schritt, der auch ohne Corona dringend notwendig gewesen wäre.“

Mit Blick auf den geplanten Kinderbonus fährt Reckmann fort: „Der Kinderbonus in Höhe von einmalig 300 Euro pro Kind kann Familien unbürokratisch helfen, um z. B. aufgeschobene Anschaffungen nachzuholen. Dabei ist es für das ZFF von enormer Bedeutung, dass diese Einmalzahlung nicht auf Leistungen der Grundsicherung angerechnet wird und damit armen Familien direkt zu Gute kommen kann. Allerdings geht es beim Kinderbonus um einen kurzfristigen Konsumanreiz. Eine langfristige sozial gerechte Verteilung sieht für uns anders aus! Arme und von Armut bedrohte Familien brauchen eine dauerhafte Lösung, die ihren Kindern ein Aufwachsen frei von Mangel und Entbehrung ermöglicht. Die stabile und breite Öffnung der Kindertagesbetreuung und Schulen auf der einen und die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung auf der anderen Seite, die wir seit Jahren fordern, wäre angesichts der aktuellen Krise und ihrer langfristigen Folgen der richtige Weg!“

Anlässlich des Internationalen Kindertages forderte ein breites Bündnis unter Federführung der Nationalen Armutskonferenz (nak) und Koordination des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) Bund, Länder und Kommunen auf, nachhaltige Konzepte zur Bekämpfung von Armut von Kindern und Jugendlichen vorzulegen. Die gemeinsame Erklärung des Ratschlag Kinderarmut „Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben!“ finden Sie u>.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 04.06.2020

Ministerin Giffey: Familien profitieren vom Konjunkturprogramm mehrfach

Das Bundeskabinett hat heute Teile des Corona-Konjunkturpakets beschlossen – darunter den Kinderbonus: 300 Euro für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind. Damit wird gezielt ein kurzfristiger zusätzlicher Konjunkturimpuls gesetzt, indem die Kaufkraft von Familien gestärkt wird. Insbesondere Familien mit geringen und mittleren Einkommen kommt der Kinderbonus zugute.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Der Kinderbonus greift zusätzlich zum Kindergeld und Kinderzuschlag vielen Familien finanziell unter die Arme. Gerade da, wo es finanziell knapp ist, ist jeder Euro willkommen, um für die Kinder etwas zu kaufen oder gemeinsam etwas zu unternehmen. Für Familien steckt im Konjunkturpaket aber noch viel mehr drin: Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird mehr als verdoppelt und Familien mit Kindern können durch die Absenkung der Mehrwertsteuer insgesamt 15 Prozent mehr einsparen als Haushalte ohne Kinder, denn Familien sind überproportional am Konsum beteiligt. Eine geringere Mehrwertsteuer hilft also den Familien und der Konjunktur gleichermaßen. Für eine zusätzliche Entlastung sorgt die Absenkung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, denn Strompreise, die bezahlbar sind, nehmen Familien große Sorgen. In der nächsten Kabinettssitzung sollen auch die zusätzlichen Investitionen in den Ausbau der Kitaplatzkapazitäten inklusive Umbau und Sanierung und der Ganztagesbetreuung in der Grundschule beschlossen werden. Alle Maßnahmen zusammen genommen sind ein echter familienpolitischer Wumms, von dem Kinder und Eltern auf ganz unterschiedliche Weise profitieren werden.“

Der Kinderbonus wird im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz vom Bundesfinanzministerium geregelt: Der Kinderbonus wird für alle Kinder, für die im September 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, in zwei Raten in Höhe von 150 Euro im September und im Oktober 2020 ausgezahlt. In allen anderen Fällen, das heißt für Kinder, für die in einem anderen Monat im Jahr 2020 ein Kindergeldanspruch besteht, wird der Kinderbonus ebenfalls zeitnah, aber nicht zwingend im September und Oktober und nicht zwingend in zwei Raten gezahlt. Die weiteren Einzelheiten werden im Verwaltungswege entschieden. Der Kinderbonus wird nicht auf Leistungen nach dem SGB II oder auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet und beim Kinderzuschlag und dem Wohngeld nicht als Einkommen berücksichtigt.Bei getrennten Eltern erhält der alleinerziehende Elternteil den Kinderbonus mit dem Kindergeld ausgezahlt. Der Barunterhaltspflichtige kann dann über das Unterhaltsrecht die Hälfte der Kinderbonuszahlungen von seiner Zahlung abziehen, wenn er Mindestunterhalt oder mehr leistet oder das Kind hälftig betreut. So profitieren beide Eltern vom Kinderbonus und Ungerechtigkeiten werden vermieden.

Zu den weiteren Maßnahmen im Einzelnen:Gezielte finanzielle Entlastung für Familien in der Krise

Mit dem Konjunkturpaket zahlt die Bundesregierung für mehr als 18 Mio. Kinder und Jugendliche 300 Euro Kinderbonus. Das heißt, für jedes Kind, für das in 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, gibt es den Bonus, der in zwei Raten zu jeweils 150 € ausgezahlt wird. Auch Familien im SGB II-Bezug und Alleinerziehende, die Unterhaltsvorschuss beziehen, profitieren davon, denn der Kinderbonus wird nicht auf diese Leistungen angerechnet. Er wird beim Kinderzuschlag und dem Wohngeld nicht als Einkommen berücksichtigt. Der Kinderbonus führt auch nicht dazu, dass die Kita-Beiträge neu berechnet und möglicherweise erhöht werden und er kommt natürlich auch Pflegekindern und Kindern in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zugute.

Das ist sozial- und konjunkturpolitisch richtig. Gerade die Familien mit geringerem bis mittlerem Einkommen und mehreren Kindern profitieren davon und setzen einen starken Impuls zur Wiederbelebung der Konjunktur.

Schon zu Beginn der Corona-Krise haben wir mit dem „Notfall-KiZ“ und den Sonderregelungen im Elterngeld den Zugang zu den Familienleistungen erleichtert. Im April und Mai wurden mehr als 200.000 zusätzliche Kinder in den Kinderzuschlag aufgenommen.

Die Schließung von Kitas und Schulen hat alle Familien vor große Herausforderungen gestellt. Besonders getroffen hat sie aber die alleinerziehenden Mütter und Väter. Mit dem Konjunkturpaket haben wir den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bis Ende 2021 mehr als verdoppelt, von 1.908 € auf 4.000 €. Damit haben sie mehr Netto vom Brutto, eine Entlastung, die sie dringend benötigen und gut gebrauchen können. Und für den Steuervorteil müssen Alleinerziehende nicht bis zur Steuererklärung warten. Mit der Lohnsteuer können sie die Entlastung noch im nächsten halben Jahr direkt nutzen. Von der Entlastung profitieren fast eine Million erwerbstätige Alleinerziehende und ihre Kinder.

2. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Krise hat den Blick für die elementare Bedeutung von Vereinbarkeit geschärft: Ohne eine verlässliche Betreuungsinfrastruktur und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktioniert unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem nicht. Deshalb setzt das Konjunkturpaket auch hier wichtige Impulse:

Der Ausbau von Kinderbetreuung in der Kita und Kindertagespflege und der Ganztagsbetreuung in der Grundschule erleichtert die Vereinbarkeit für Eltern deutlich. Deshalb investiert die Bundesregierung 1 Milliarde Euro zusätzlich in den Ausbau von Kitas und 2 Milliarden zusätzlich in den Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung. Verlässliche Kitas, Horte und Ganztagsschulen sind eine Voraussetzung dafür, dass Mütter erwerbstätig sein können und dass sie sich die Familienaufgaben partnerschaftlich mit den Vätern aufteilen können. Alleinerziehende profitieren besonders von einem gut ausgebauten Betreuungsangebot. Es wird ein zusätzliches Programm mit Überbrückungshilfen aufgelegt, das eine große Unterstützung auch für gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen ist. Dazu gehören beispielswiese Sozialunternehmen, Jugendherbergen, Einrichtungen der Jugendbildung, Familienferienstätten, Schullandheime und andere gemeinnützige Kinder- und Jugendunterkünfte sowie Träger des internationalen Jugendaustauschs. Zudem wird es in 2020 und 2021 ein Kredit-Sonderprogramm über die KfW geben, für das der Bund eine Milliarde Euro zur Verfügung stellt und Bund und Länder gemeinsam die Sicherheiten hinterlegen. Mit den Kuren in den Kliniken des Müttergenesungswerks und der Familienerholung haben wir gute Angebote, Familien zu unterstützen, insbesondere nach dieser Zeit der besonders starken Belastungen für Mütter, Väter und pflegende Angehörige. Auch Angebote der Familienbildung, vom Elterncafé bis zum Eltern-Kind-Kurs, fördern den familiären Zusammenhalt. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass diese Einrichtungen die nächsten Wochen und Monate überstehen.

3. Weitere Maßnahmen, die Familien unterstützen

Die Absenkung der Mehrwertsteuer führt dazu, dass Familien weniger für ihre Lebenshaltungskosten aufwenden müssen. Sie wirkt sofort und kommt unmittelbar bei den Familien an, wenn die Unternehmen ihre Preise entsprechend senken. Die Familien erhalten so mehr Spielraum für ihre Ausgaben. Familien haben einen überdurchschnittlich hohen Konsum und machen die Hälfte der Gesamtbevölkerung aus. Die Maßnahme hilft also den Familien und der Konjunktur gleichermaßen. Für zusätzliche Entlastung sorgt die Absenkung der EEG-Umlage. Bezahlbare Strompreise nehmen Familien große Sorgen.

Der kommunale Solidarpakt im Umfang von 6 Milliarden Euro ist gut angelegtes Geld. Denn ein gutes Umfeld vor Ort ist gerade für Familien zentral. Dafür brauchen die Kommunen Mittel, damit sie Spielplätze, Schwimmbäder, Sportplätze, öffentlichen Nahverkehr, Parks und vieles mehr für Familien vorhalten können. Hierbei unterstützen wir sie und damit ganz zentral auch die Familien mit dem Konjunktur- und Zukunftspaket.Auch die Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen oder die Unterstützung beim Neustart aus der Insolvenz sind für Familien von Bedeutung. Sie sichern Arbeitsplätze und machen es den Eltern möglich, ihre Familien zu versorgen. In zwei Dritteln aller Familienhaushalte sind beide Eltern erwerbstätig. Rund 70% der Alleinerziehenden sind erwerbstätig. Eltern brauchen sichere Arbeitsplätze. Generell kommt die Zahlung des Kurzarbeitergeldes Millionen Eltern zugute.

Jedes Jahr fangen mehr als eine halbe Million Jugendliche eine berufliche Ausbildung an und starten damit in ihre berufliche und finanzielle Selbstständigkeit. Die Mütter und Väter sind froh, wenn es für ihre Kinder mit einer Ausbildung vorangeht. Viele Familien werden erleichtert sein, wenn ihre Kinder trotz der Krise eine Ausbildung beginnen können. Dafür sorgen wir mit der Förderung von mehreren 100.000 Ausbildungsplätzen (eine halbe Milliarde Euro) bei Unternehmen. Wir investieren unmittelbar in die Jugendlichen und adressieren ein weiteres Zukunftsthema, das ganz besondere Bedeutung für Familien hat.

Hinweis: Einige Maßnahmen des Konjunkturpaketes, die hier aufgeführt sind, sind in einer nächsten Sitzung des Bundeskabinetts zu beschließen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.06.2020

Die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen der Wohlfahrtspflege und der Kinder- und Jugendhilfe sind ein wichtiger Teil der Sozial- und Bildungslandschaft in Deutschland. Viele Einrichtungen leiden unter den Einschränkungen durch die Corona-Krise und haben in dieser Zeit Umsatzeinbußen.

Das Konjunkturpaket berücksichtigt die schwierige Lage und zeigt: Gemeinnützige Organisationen und Verbände können in der Corona-Krise auf die Unterstützung der Bundesregierung zählen. Sie sind maßgeblich, um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Krise beherrschbar zu halten, und sie unterstützen den Zusammenhalt der Menschen. In der Pandemie kommen sie häufig in finanzielle Bedrängnis. Bislang blieb den Einrichtungen aufgrund fehlender Rücklagen und Ertragslage oft der Zugang zu Krediten verwehrt.

Die Koalitionsbeschlüsse der Bundesregierung vom 03. Juni 2020 sehen nun insbesondere vor, die Liquidität der gemeinnützigen Organisationen und deren Unternehmungen zu sichern. Dazu legt der Bund für die Jahre 2020 und 2021 ein Kredit-Sonderprogramm über die KfW auf und stellt hierfür eine Milliarde Euro zur Verfügung. Darüber hinaus haben soziale Träger die Möglichkeit, Mittel aus dem Programm für Überbrückungshilfen zu erhalten.

Kredite aus KfW-Sonderprogramm

Der Bund wird die Länder in deren Maßnahmen zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen unterstützen. Er wird sofort 1 Milliarde Euro als Globaldarlehen der KfW für entsprechende Programme der landeseigenen Förderinstitute (LFI) vergeben. Ziel ist eine schnelle Kreditvergabe an gemeinnützige Organisationen zu sehr günstigen Konditionen (1-1,5 % p.a.). Ermöglicht werden sollen auch tilgungsfreie Anfangsjahre, eine Laufzeit von bis zu 10 Jahren und Stundungen, Vergleiche und Erlasse im Rahmen rechtlicher Vorgaben. Die Darlehen können bis zum 31.12.2020 vergeben werden. Der Höchstbetrag liegt bei 800.000€.

Der Bund übernimmt das Ausfallrisiko durch eine 80-prozentige Haftungsfreistellung. Die Länder können mit überschaubaren eigenen Mitteln eine Haftungsfreistellung bis zu insgesamt 100 % sicherstellen.

Zuschüsse aus Überbrückungshilfe-Programm

Ein Programm für Überbrückungshilfen in Form von Zuschüssen wird für die Monate Juni bis August für diejenigen gemeinnützigen Träger aufgelegt, denen auch mit einem Kredit noch nicht ausreichend geholfen werden kann. Dies ist eine weitere wichtige Unterstützung.

Diese Zuschüsse sollen helfen, die vielfältige Landschaft aus gemeinnützigen Trägern wie beispielsweise Jugendbildungsstätten, Jugendherbergen und Schullandheimen oder Familienferienstätten in Deutschland zu erhalten. Mit ihrer Kombination aus preiswerter Unterkunft und Verpflegung sowie pädagogischen Programmangeboten sind sie unverzichtbarer Bestandteil der außerschulischen Bildung.

Mit den beschlossenen Maßnahmen wollen wir diese Einrichtungen unterstützen, damit Kinder und Jugendliche auch in Zukunft Ferienfreizeiten, Klassenfahrten und zusammen mit ihren Familien günstige Urlaube erleben und internationale Erfahrungen machen können.

Von dem Programm profitieren nun auch Inklusionsbetriebe, die die bisherigen Förderprogramme nicht in Anspruch nehmen konnten. Das sind Betriebe, in denen bis zu 50 Prozent schwerbehinderte Menschen beschäftigt sind. Ebenfalls können jetzt Sozialkaufhäuser Hilfen bekommen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 04.06.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Einigung im Koalitionsausschuss auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket. Wir haben uns dabei vor allem für die Unterstützung von Familien eingesetzt. Der Zweiklang aus finanzieller Unterstützung einerseits und weiterem Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur andererseits entspricht dabei der Grundidee unserer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung.

„Familien mit kleinen Einkommen können den von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten durchgesetzten Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind gut gebrauchen. Auf die Grundsicherung wird dieser nicht angerechnet, so dass auch Familien, die Hartz IV beziehen, den Kinderbonus bekommen. Vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren, denn für bessergestellte Familien wird die Einmalzahlung bei der Einkommensteuererklärung mit den für sie wirkenden zusätzlichen Entlastungen durch die steuerlichen Kinderfreibeträge verrechnet.

Weitere finanzielle Entlastungen für Familien ergeben sich durch steuerliche Erleichterungen. So wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 4.000 Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt. Und auch die zeitlich befristete Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent werden Familien in ihrem Portemonnaie spüren.

Uns ist bewusst, dass Familien viel mehr brauchen, als eine einmalige Geldleistung. Deswegen setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass Kitas und Schulen dem Infektionsgeschehen entsprechend ihr Angebot weiter ausweiten. Kinder brauchen Kinder, mit denen sie gemeinsam spielen und lernen können.

Wie wichtig die Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur für unsere Gesellschaft und die Teilhabe von Kindern ist, wird in der Krise gerade besonders deutlich. Daher ist richtig, dass der Bund den Ländern im Rahmen des Konjunkturprogramms weitere finanzielle Mittel für den Ausbau und qualitative Verbesserungen für Kindertageseinrichtungen sowie Ganztagsschulen und -betreuung zur Verfügung stellen will. Damit gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung einer Infrastruktur, die allen Kindern Bildung und Teilhabe ermöglicht.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 04.06.2020

Mehr Geld für den Kita-Ausbau und für den schnelleren Ausbau der Nachmittagsbetreuung an Grundschulen

Gestern Nacht hat der Koalitionsausschuss ein Konjunkturpapier zur Belebung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat dafür gesorgt, dass Eltern und Kinder, die durch die Corona-Krise besonders betroffen waren und immer noch sind, in starkem Maße von den geplanten Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur profitieren. Wir haben außerdem dafür gesorgt, dass das meiste Geld für Investitionen in die Zukunft aufgebracht wird: Für den Kita-Ausbau, für den schnelleren Ausbau der Nachmittagsbetreuung an Grundschulen und für die digitale Bildung an Schulen gibt es Zuschüsse. Durch Senkung der Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr, durch die Verdoppelung des steuerlichen Freibetrages für Alleinerziehende für eineinhalb Jahre und den Kinderbonus für Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen wird die Konjunktur wieder angekurbelt.

Jugendherbergen, Schullandheime und andere gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen, die in der Corona-Krise ihre Angebote für Familien aussetzen mussten und in existentielle Nöte geraten sind, werden ebenfalls unterstützt.

Ein kraftvolles Programm für Familien und ein Schub für die Wirtschaft! Erfreulich ist, dass das Paket viele Maßnahmen enthält, die strukturell und langfristig wirken. Das ist ein echter Sprung ins nächste Jahrzehnt und echte Zukunftspolitik!“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 04.06.2020

Zur Debatte über den Kinderbonus erklärt der familienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Grigorios Aggelidis:

„Der Kinderbonus ist gut gedacht, aber entweder nicht gut gemacht oder schlicht eine Mogelpackung. Denn er soll zwar nicht auf die Grundsicherung angerechnet, dafür aber mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet werden. Manche Eltern müssen ihn also über die Einkommensteuer quasi wieder zurückzahlen. Wenn der Familienbonus aber eine Anerkennung der besonderen Belastung von Familien durch die Corona-Krise sein soll, muss er gerade denjenigen zugutekommen, die Homeoffice, Kinderbetreuung und auch Beschulung unter einen Hut gebracht haben. Alles andere wäre unfair. Union und SPD sollten ihre Pläne daher nachbessern. Der Respekt für Eltern darf nicht selektiv sein. Und er darf auch nicht einmalig sein. Deshalb muss die Große Koalition die Perspektiven von Familien grundsätzlich verbessern, etwa bei Kinderbetreuung und digitaler Bildung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 05.06.2020

Als einen „Schritt in die richtige Richtung“ hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) das Konjunkturpaket des Koalitionsausschusses bewertet. „Der wirtschaftliche Einbruch durch die Pandemie belastet auch die Haushalte der Länder und vor allem der Kommunen. Damit die Kommunen, die weitestgehend für die frühkindliche Bildung und den Unterhalt der Schulen zuständig sind, ihre Aufgaben weiter stemmen können, ist ein Ausgleich für die wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen der richtige Weg. Zudem werden der weitere Ausbau der Krippen, Kitas und des Ganztags sowie Hygienemaßnahmen gefördert. Die Gelder müssen aber auch dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden: den armen Kommunen. Diese werden teilweise gestützt, aber die Steuerung reicht nicht aus. Eine Unterstützung nach Sozialindex ist notwendig“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Frankfurt a.M.

„Trotzdem brauchen Länder und Kommunen auf Dauer wesentlich mehr Sicherheit und finanzielle Mittel, um ein gerechteres und besseres Bildungssystem aufzubauen und die notwendigen Investitionen in Gebäude und den Ausbau der Digitalisierung leisten zu können. Die Schwächen des Bildungssystems hat die Corona-Krise wie unter einer Lupe für alle sichtbar gemacht. Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um wirksam gegen zu steuern“, betonte Tepe. Deshalb müsse insbesondere für hochverschuldete Kommunen mit großen sozialen Problemen sichergestellt werden, dass die bereitstehenden Gelder auch abgerufen werden können. Das sei Voraussetzung, um den Investitionsstau nicht zuletzt im Bildungssektor zu überwinden.

„Der Digitalpakt ist zu spät gekommen und wird zu langsam umgesetzt. Die Mittel müssen in den nächsten fünf Jahren auf 20 Milliarden Euro erhöht und die Ausgaben verstetigt werden. Gut, dass jetzt mit dem Konjunkturpaket die Ausbildung und Einstellung von Systemadministratoren in den Schulen vom Bund gefördert werden. Dafür müssen die Länder, die für die Lehrkräfte an Schulen zuständig sind, mehr Geld in die Weiterbildung der Pädagoginnen und Pädagogen investieren und für ein zielgerichteteres Angebot sorgen“, unterstrich die GEW-Vorsitzende. „Die Umsetzung darf nicht durch ein weiteres Hickhack mit Blick auf Zuständigkeiten und Vergaberichtlinien konterkariert werden.“

Tepe begrüßte, dass die jungen Menschen mit den Maßnahmen der Ausbildungsförderung in den Blick genommen würden: „Das ist ein wichtiges Signal.“

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hauptvorstand vom 04.06.2020

Die Bundesregierung hat ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Mit dem Konjunkturpaket nimmt die Bundesregierung viel Geld in die Hand, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Sie setzt ein starkes Signal für den Konsum und für eine Stärkung der Binnennachfrage. Leistungskürzungen erteilt sie damit eine klare Absage und das ist gut so!

Die geplante befristete Mehrwertsteuerabsenkung zielt auf die breite Bevölkerung ab und wird deshalb begrüßt. Damit die Mehrwertsteuerabsenkung bei den Betroffenen ankommt, muss sichergestellt sein, dass die Unternehmen die Erleichterungen an die Kunden weitergeben.

Einer der positiven Aspekte ist aus unserer Sicht der Kinderbonus. Er ist eine unbürokratische Einmalzahlung, der viele Familien entlasten wird. Grundsätzlich begrüßen wir daher, dass die Belange aller Familien und Kinder im vorliegenden Konjunkturpaket aufgegriffen wurden. Eine wichtige Stellschraube ist dabei auch, dass Menschen in der Grundsicherung profitieren, deren Bedarfe in der Corona-Krise noch zu wenig berücksichtigt wurden.

Gleichwohl würden wir eine Lösung bevorzugen, die sich zielgerichteter auf untere Einkommensgruppen konzentriert. Über diese kurzfristige Konjunkturmaßnahme hinaus muss die Prävention und Überwindung von Kinderarmut zudem Gegenstand des Zukunftspakets werden. Zur Zukunft gehört deshalb eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung.

Die AWO begrüßt die Absicht der Koalition, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen zu stärken. Die Kommunen müssen leistungsfähig bleiben, damit die soziale Infrastruktur vor Ort in ihrer Vielfalt und Qualität erhalten bleiben kann. Der finanzielle Handlungsdruck in den Kommunen darf nicht zu Abstrichen in der sozialen Daseinsvorsorge führen.

Das geplante KfW-Sonderprogramm für gemeinnützige Organisationen ist zudem ein überfälliger Schritt. Viele soziale Unternehmen fallen aktuell nicht über die bereits aufgespannten Rettungsschirme. Damit die soziale Infrastruktur die Corona-Krise unbeschadet übersteht, muss es auch für diese Unternehmen schnelle Hilfen geben.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.06.2020

  • Einkommensarme brauchen gezielte finanzielle Unterstützung
  • Negative Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Bildungsgerechtigkeit verhindern
  • digitale Innovationen und ökologische Nachhaltigkeit in sozialen Diensten ermöglichen

Berlin, den 14. Juni 2020 – Die Corona-Pandemie trifft sozial benachteiligte Menschen besonders hart. "Konjunkturelle Impulse, wie sie die Bundesregierung jetzt plant, sind für die Erholung der Wirtschaft wichtig. Einkommensarme Menschen dabei besonders zu berücksichtigen macht sozial und ökonomisch Sinn", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Es ist daher richtig, den vereinfachten Zugang zu Leistungen für Hartz IV- Empfängerinnen und Empfänger über den 30. September hinaus zu verlängern und den geplanten Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind nicht auf die Grundsicherung anzurechnen. Nur so stärkt der Kinderbonus die Kaufkraft armutsbetroffener Familien.

"Für Familien, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket haben, muss jedoch mehr getan werden, um verminderte Notfallhilfen, fehlende Sonderangebote sowie Zusatzkosten, wie beispielsweise im Homeschooling auszugleichen. "Wir schlagen vor, für diese Familien zusätzlich pro Kind 80 Euro monatlich vorzusehen, denn die außergewöhnlichen Belastungen der Corona- Pandemie sind in keiner Regelsatzberechnung berücksichtigt", so Loheide. Auch müsse für jedes dieser Kinder ein Computer zur Verfügung stehen. "Nicht vergessen dürfen wir aber auch die erwachsenen Grundsicherungsbeziehenden. So werden gerade Alleinstehende hart von der Corona-Krise getroffen. Gemeinsam mit vielen anderen Verbänden schlagen wir vor, den besonderen Krisenbedarf mit monatlich 100 Euro auszugleichen", so Loheide weiter.

Die Corona-Krise verschärft in alarmierender Weise die in Deutschland ohnehin ausgeprägte Bildungsungerechtigkeit. Kinder und Jugendliche aus sozial und ökonomisch benachteiligten Familien sind auf eine gut ausgebaute Bildungsinfrastruktur angewiesen. "Wir begrüßen, dass die Bundesregierung zusätzliche Investitionen in den Ausbau der Kitas und der Ganztagsschulen stecken will. Die Investitionen in Gebäude laufen jedoch ins Leere, wenn der eklatante Mangel an pädagogischem Fachpersonal nicht ebenfalls politische Priorität bekommt.

Die geplante Überbrückungshilfe für kleinere und mittlere Unternehmen kann auch von Sozial- und Bildungseinrichtungen beantragt werden. "Die branchenoffenen Betriebskostenzuschüsse können einen Beitrag zur Existenzsicherung vieler sozialer Träger leisten, die große Umsatzeinbrüche aufgrund der Corona-Pandemie haben", so Loheide. Damit gemeinnützige Einrichtungen die Hilfen tatsächlich nutzen können, muss bei der Gestaltung der Programme sehr genau auf ihre Besonderheiten im Vergleich zur gewerblichen Wirtschaft geachtet werden.

Loheide: "Besonders freut uns auch die Öffnung von KfW-Krediten für gemeinnützige Organisationen. Damit wird eine wichtige Forderung der Freien Wohlfahrtspflege zur Sicherung der Liquidität ihrer Träger erfüllt. Aber auch hier ist es wichtig, bei der konkreten Ausgestaltung auf die Besonderheiten von gemeinnützigen Einrichtungen zu achten. So bestehen zum Beispiel Unterschiede bei den Anforderungen an Kreditsicherheiten. Auch die Förderung energieeffizienter Gebäude und Mobilität bei sozialen Trägern ist ein kluger Impuls. Aber auch die Förderung von Barrierefreiheit hätte gut in das Konjunkturprogramm einer inklusiven Gesellschaft gepasst."

Teil des Konjunkturprogramms ist auch ein "Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst", den die Diakonie Deutschland unterstützt. Die Corona- Pandemie zeigt die Notwendigkeit eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitsdienstes, der für die gesamte Bevölkerung tätig ist. "Die Bundesinitiative führt hoffentlich dazu, dass Länder und Kommunen den Öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Zeiten knapper Kassen arbeitsfähig machen", so Loheide.

Mehr Informationen: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.06.2020

Die große Koalition hat sich als Antwort auf den Wirtschaftseinbruch wegen der Corona-Krise auf ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm geeinigt. Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

"Dieses historisch einmalige Paket ist ein großer Wurf für unser Land. Es schiebt nicht nur spürbar die Wirtschaft an, sondern ist auch sozial ausgewogen, familienfreundlich, innovativ und weist auch ökologisch in die richtige Richtung. Dadurch wird es auch zu einer starken demokratischen Antwort auf die Populisten, die vergeblich versuchen, aus der Krise Kapital zu schlagen."

Das Konjunkturpaket sieht unter anderem eine befristete Mehrwertsteuersenkung, einen Kinderbonus und deutlich höhere Prämien für Elektroautos vor. Zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen legt der Bund ein Kredit- Sonderprogramm der KfW auf.

"Natürlich haben wir an einzelnen Punkten noch Fragen und Verbesserungsvorschläge", sagt Lilie. "Aber wir sollten diesen zukunftsweisenden Kompromiss jetzt nicht zerreden. Dieses insgesamt weitsichtige und mutige Paket sichert Teilhabe für alle und eine gute Zukunft für viele in unserem Land."

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 04.06.2020

Anlässlich der Diskussion über einen Familienbonus in Höhe von einmalig 300 Euro je Kind als Teil des Corona-Konjunkturprogramms spricht sich die Diakonie Deutschland dafür aus, Hilfen auf Familien mit einem niedrigen Einkommen zu konzentrieren. Dies sei nicht nur aus sozialpolitischen Gründen notwendig, sondern auch aus konjunkturpolitischen Gründen sinnvoll.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: "Die Corona- Krise hat Familien mit niedrigen Einkommen besonders getroffen. Sie haben keine Rücklagen, um gestiegene Ausgaben aufgrund wegfallender Sonderangebote, verminderter Hilfeangebote wie Tafeln und zusätzlicher Kosten fürs Home- Schooling auszugleichen." Die Auszahlung solle an alle Familien erfolgen, die Leistungen nach dem Wohngeldgesetz, den Kinderzuschlag oder Grundsicherungsleistungen erhalten, so Loheide.

Eine solche Fokussierung mache auch konjunkturpolitisch Sinn, erklärt Loheide:

"Familien mit geringem Einkommen werden die dringend benötigte Finanzhilfe direkt ausgeben. Dadurch stärken sie unmittelbar die private Nachfrage." Bei Familien, die trotz der Krise finanziell gut dastehen, dürfte der Bonus dagegen teilweise auf der hohen Kante landen.

Darüber hinaus fordert Loheide klare Regelungen für die digitale Teilhabe von Familien und Kindern, um die akute Benachteiligung von Kindern ohne digitale Ausstattung zu beheben. Loheide: "E-Learning und Home-Schooling werden noch über Monate andauern und sie funktionieren nicht ohne Hardware und Internetzugang.

Kinder brauchen jetzt Computer für ihre Hausaufgaben. Aus der Coronakrise darf keine Bildungskrise werden." Es sei in einigen Bundesländern völlig unklar, wie und wann aus den Mitteln aus dem Sofortprogramm für digitale Teilhabe in Höhe von 500 Millionen Euro schließlich Geräte bei den betroffenen Kindern ankommen.

"Auch reichen die bisher pro Kind vorgesehenen 150 Euro nicht. Um eine digitale Grundausstattung zu gewährleisten, sind 400 Euro nötig", so Loheide.

Die Diakonie Deutschland erwartet von der Politik, die Wirtschaftskraft von Familien mit kleinen Einkommen zu stärken. Familien- und Bildungsförderung ist die beste Wirtschaftsförderung. "Gesamtgesellschaftlich und sozialpolitisch wäre es ein großer Fehler, Familien und ihre Kinder jetzt im Abseits stehen zu lassen", warnt Loheide.

Mehr Infos: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 27.05.2020

Der Familienbund der Katholiken begrüßt grundsätzlich dasvon der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket. Die vorgesehene Unterstützung von Familien mit einer Einmalzahlung in Höhe von 300 Eurokritisiert der Verband jedoch als „völlig unzureichend angesichts der monatelangen enormen Belastungen von Kindern und Eltern in der Coronakrise“. Familienbund-Präsident Hoffmann wies darauf hin, dass Familien bereits seit einem Vierteljahr einen kaum zu bewältigenden Spagat zwischen Homeoffice, Homework und Homeschooling betrieben und inzwischen weit über ihre Belastungsgrenze eingespannt seien. „Kitas und Schulen arbeiten bislang überall bestenfalls im Krisenmodus. Ein Ende dieser Ausnahmesituation ist für Eltern nicht absehbar. Wie Schule und Kita nach den Sommerferien arbeiten werden, ist noch völlig unklar. Auch innerfamiliäre Betreuungsformen durch Großeltern ste-hen ja in vielen Fällen nicht mehr zur Verfügung.“ Für viele Familien komme nach Hoffmanns Worten auchfinanzielle Notüber Kurzarbeit und die deutlich gestiegene Arbeitslosigkeit hinzu. Eltern und Kinder bräuchten schnelle und unbürokratische Hilfe vom Staat durch eine regelmäßige monatliche finanzielle Unterstützung Die Politik trägt jetzt Verantwortung für Familien über die gesamte Zeit der Corona-Einschränkungen. Hoffmann bekräftigte seine Forderung nach einem Corona-Elterngeld: „Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld angelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, gezahlt über die gesamte Dauer der Krise. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren. “Darüber hin-aus fordert Hoffmann die Einführung einer Corona-Elternzeit.

„Familien werden mittelfristig auch weiter in besonders hohem Maße in ihren Lebensbedingungen unter der Corona-Krise leiden“, sagte Hoffmann weiter. „Ein Ende des Krisenmodus in Kitas und Schulen ist ebenso wenig absehbar, wie das deutlich erschwerte Arbeiten vieler Eltern im Homeoffice. Denn Homeoffice ist kein Betreuungsmodell. Da die Belastungen von Familien voraussichtlich bis weit ins nächste Jahr reichen werden, ist eine Einmalzahlung bestenfalls ein Tropfen auf einem heißen Stein. Familien brauchen in dieser Krise jedoch eine kontinuierliche Unterstützung. Andernfalls kommt der Staat seiner selbst erklärten Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie nicht nach. Familien sind für unsere Gesellschaft mindestens genauso wichtig wie Lufthansa, Deutsche Bahn und Co.“

„Es zeigt sich aber dieser Tage auch, wie unverzichtbar die kleinsten gesellschaftli-chen Einheiten wie Familien sind, wenn der Staat an seine Grenzen stößt“

„Genauso wichtig ist für Eltern aber auch die Einführung einer Corona-Elternzeit“, sagte Hoffmannweiter, „die ihnen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht gibt, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Denn Eltern, insbesondere Mütter, leisten derzeit nicht nur ihre Erwerbsarbeit, sondern einen kaum zu bewältigenden Spagat zwischen Home-Office, Home-Schooling und Home-Work.

“Der Staat sei zweifellos zur Bewältigung der Corona-Krise unverzichtbar, sagte Hoffmann. „Es zeigt sich aber dieser Tage auch, wie unverzichtbar die kleinsten gesellschaftlichen Einheiten wie Familien sind, wenn der Staat an seine Grenzen stößt und die Betreuung und Bildung für Kinder nicht mehr gewährleisten kann.“

Quelle: PressemitteilungFamilienbund der Katholiken – Bundesverbandvom 04.06.2020

In dem jetzt beschlossenen Konjunkturprogramm stehen nicht nur Wirtschaft und Sicherung von Arbeitsplätzen im Vordergrund. Mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung setzt Bundesfamilienministerin Giffey wichtige Impulse.

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt die Unterstützung der Familien durch die Aufstockung und Beschleunigung der Investitionen in die Kindertagesbetreuung. „Familien sind in dieser Krise am Stärksten belastet. Ohne eine Entlastung der Eltern durch Kitas, Horte und Ganztagesschulen ist Bildungsgerechtigkeit und eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht machbar. Die Familien zerbrechen an der Belastung“, sagt Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Diese Krise habe verdeutlicht wie wichtig eine umfassende und inklusive Kindertagesbetreuung sei. Denn diese Krise habe auch gezeigt wie verwundbar insbesondere Frauen und Familien mit sozial schwierigen Lebenssituationen seien. „Während der Krise sind es wieder überwiegend Frauen, die familiäre Care-Tätigkeiten übernehmen und beruflich zurückstecken. Mit entsprechenden Folgen für Lohn- und Rentenlücken. Und es sind diese Familien, deren Chancen auf soziale und gesellschaftliche Teilhabe sich enorm verschlechtern. Die Rückschläge können diese Familien nur schwer wieder aufholen,“ führt Stöcker-Zafari aus.

Die zusätzlichen Gelder bieten die Chance, in Strukturen zu investieren. Was allen Familien zugute käme. Es sollten hiervor alleminnovative, kreative und neue Aspekte in der Kinderbetreuung umgesetzt werden. „Die nun zur Verfügung gestellten Investitionenmüsstenauf jeden Fall auch inFörder- und begleitende Familienangebote fließen.Dabeisind interkulturelleund mehrsprachige Angeboteendlich bundesweitzuberücksichtigen. Nur so wird verhindert, dass die Schere in der Bildungsgerechtigkeit in der Zukunft nicht noch um ein Vielfaches weiter auseinandergeht,“ so Stöcker-Zafari.
Familien leisten in dieser Krisenzeit unglaublich viel, diese Leistung ist gar nicht genug zu würdigen.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 05.06.2020

Mit dem Kinderbonus von 300 Euro pro Kind setzt die Bundesregierung ein positives Signal für Familien, bei denen die Folgen des Lockdowns wie unter einem Brennglas konzentriert waren: Betreuung, Beschulung, Erwerbsarbeit und Haushaltsarbeit wurden von den Familien geschultert – häufig begleitet von Unsicherheiten angesichts der beruflichen Zukunft und der Einkünfte. Mit der Bindung des Bonus an die Kinder wird die Lebenswirklichkeit der Mehrkindfamilien berücksichtigt.

„Aus Krisen geht man mit Einsicht und Tatendrang hervor, sonst hat man von ihnen außer Ärger gar nichts“, so Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD). „Unter dem aktuellen Eindruck der Engpässe und Schwierigkeiten müssen wir jetzt die Weichen stellen für eine Bildungspolitik, die technisch und methodisch die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt und die Kluft zwischen ärmeren und reicheren Elternhäusern nicht verstärkt“, so Müller.

„Jetzt ist die Zeit für nachhaltige Investitionen in Bildungsplattformen mit Zugang für alle, standardisierte technische Ausstattung für Lehrende und Schulen und für bedarfsgerechte, alltagstaugliche Lösungen, die für alle zugänglich sind“, führt sie aus. „Lehrende müssen während ihrer Ausbildung die digitalen Möglichkeiten für ihre Didaktik besser kennenlernen können und die notwendige technische Ausstattung erhalten“, erläutert sie. Die Schulen müssten intensiv beraten und begleitet werden bei der Einführung digitaler Formate, denn gerade für die Schulen gelte angesichts ihrer dünnen Personaldecke „Learning on the Job“.

Den aktuellen Eindruck der Krise müsse Deutschland nutzen, um zielgenau die Weichen zu stellen, damit das Bildungssystem dynamischer und flexibler reagieren kann. „Was Lehrer, Eltern und Schüler leisten können, wenn es hart auf hart kommt, das haben wir alle gesehen und darauf können wir stolz sein. Jetzt müssen wir diesen Schwung nutzen und uns zukunftstauglich machen“, fasst sie zusammen.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e. V. vom 05.06.2020

Anlässlich der Verabschiedung eines Konjunkturpaketes im Umfang von 130 Milliarden Euro durch das Bundeskabinett kommentiert Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz:

„Die Bundesregierung hat ein beispiellos umfassendes Konjunktur- und Investitionspaket auf den Weg gebracht. Es enthält zahlreiche Maßnahmen, die die Wirtschaft, auch über die Krise hinaus, ankurbeln sollen. Die Maßnahmen werden im weiteren politischen Prozess im Einzelnen zu diskutieren sein, doch insgesamt ist das Konjunkturpaket eine kraftvolle Antwort auf die Corona-Krise, die wir begrüßen.

Wichtig ist auch, dass die wirtschaftspolitischen Fehler nach der Finanzkrise vor gut 10 Jahren nicht wiederholt wurden. Die Bundesregierung hat erkannt, dass es jetzt um die Stärkung der Nachfrage und Investitionen geht und nicht ums Kürzen und Sparen.

Gleichwohl möchte ich noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die sozialen Folgen der Corona-Krise insbesondere für die ärmsten Menschen in unserer Gesellschaft noch immer nicht ausreichend abgesichert sind. Wir fordern daher, die Einkommenssituation armer Haushalte und Menschen in der Grundsicherung bei den Maßnahmen stärker in den Blick zu nehmen und ihre Situation zielgerichtet zu verbessern. Neben einem Beitrag zur Existenzsicherung armer Menschen würde dies zur Binnennachfrage beitragen und steht damit im Einklang mit den Zielen des Konjunkturpaktes.“

Quelle: PressemitteilungFamilienbund der Katholiken – Bundesverbandvom 05.06.2020

Ein ungewöhnliches Bündnis aus den Bereichen Gesundheit, Soziales, Klima und Entwicklung sowie Kirchen hat weitergehende Vorschläge für ein Konjunkturpaket hin zu einer gesünderen, sozialen und klimagerechten Gesellschaft und Wirtschaft formuliert. Morgen befasst sich das Bundeskabinett mit dem Konjunkturpaket. Die Verbände fordern die Bundesregierung und den Bundestag mit einem gemeinsamen Programm auf, die drei Themen stärker zusammenzudenken und beim Corona-Konjunkturpaket in diesem Sinne deutlich nachzubessern.

Seit Jahren verfolgen die Verbände mit Sorge, wie die Kluft zwischen Arm und Reich wächst und eine zunehmende Klimakrise und Artensterben die Lebensgrundlagen der Menschheit zerstört. Die Corona-Krise wirft ein Schlaglicht auf diese Probleme: Sie zeigt, wie die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen massive Gefahren für die menschliche Gesundheit provoziert. Arme Länder und auch sozial benachteiligte Menschen in aller Welt leiden stärker unter der so entstandenen Krise. Ein entschiedenes Umsteuern ist nötig, um diese Gefahren abzuwehren.

Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: „Das Konjunkturpaket der Bundesregierung lässt Millionen Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen außen vor. Dabei ist die gezielte Unterstützung derjenigen, die das Geld am nötigsten brauchen und es auch umgehend ausgeben, aus konjunkturpolitischer, ökologischer und sozialer Perspektive dringend angezeigt. Hier müssen Bundesregierung und Bundestag unbedingt nachbessern, auch um den sozialen Zusammenhalt in und nach der Krise zu stärken.”

Die Verbände fordern, das Konjunkturpaket in allen Bereichen darauf auszurichten, die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. So sollten Wirtschaftshilfen grundsätzlich an die Bedingung geknüpft werden, dass Unternehmen mit hohen Emissionen sich auf einen Transformationspfad hin zu Klimaneutralität spätestens bis 2050 verpflichten. Die EU-Taxonomie bietet sich als geeignetes Instrument zur Überprüfung dabei an, da sie etwa Kriterien für klimaverträgliche Investments festlegt. Die einfache Absenkung der Mehrwertsteuer ist hingegen problematisch, weil davon Wohlhabende stärker als Ärmere profitieren und sie keinerlei positive ökologische Lenkungswirkung entfaltet.

Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland: „Klimaschutz muss sich im Konjunkturprogramm durch alle Bereiche ziehen. An Unternehmen dürfen Gelder nur vergeben werden, wenn diese sich auf Klimaneutralität bis spätestens 2050 verpflichten. Verwundert und besorgt beobachten wir, dass Rüstungsprojekte vorgezogen werden sollen, um die Konjunktur zu stabilisieren. Mit Rüstung Impulse für die konjunkturelle Erholung zu setzen ist das Gegenteil einer zukunftsfähigen Entwicklung.”

Das vorgelegte Konjunkturpaket enthält nach Ansicht der Verbände durchaus richtige und wichtige Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, für den Klimaschutz und zur Entlastung der Kommunen. So ermöglicht das Paket den Kommunen weiterhin investiv auch im Klimaschutzbereich tätig zu sein. Es stößt notwendige Schritte zur Transformation der Grundstoffindustrie an und lässt erstmals einen breiteren Blick auf die Mobilitätswende erkennen. Damit das Ziel der Förderung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen konsequent greift, sollte die Förderung von Plug In Hybrid-Fahrzeugen von der tatsächlichen Nutzung des Elektroantriebs abhängig gemacht werden.

Dr. Eckart von Hirschhausen, Gesellschafter, Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen: „Der Klimawandel ist die größte Bedrohung der menschlichen Gesundheit im 21. Jahrhundert. Das Gesundheitswesen und seine Beschäftigten sind systemrelevant – das hat die Corona-Pandemie uns deutlich gezeigt. Ärzte und Pflegende sind angetreten, um Leben zu schützen. Aber gegen die Klimakrise und menschenfeindliche Temperaturen gibt es keine Impfung oder Immunität. Deshalb braucht es jetzt Investitionen, um beispielsweise auch in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und sozialen Einrichtungen Mitarbeiter und Patienten vor Hitze zu schützen. Es freut mich, dass diese Idee erstmalig im Konjunkturpaket aufgegriffen wurde. Es braucht aber mehr davon!“

Bei den Maßnahmen im Gesundheitswesen konzentriert sich die Bundesregierung auf die Stärkung von Strukturen zur Begegnung der Pandemie. Hier sehen die Verbände die Gelegenheit verpasst, mit zukunftsorientierten Maßnahmen auch absehbaren Krisen in Folge des Klimawandels zu begegnen, etwa ausgelöst durch Hitze, Starkwetterereignisse oder Ausfall von Versorgungssystemen. Vor allem muss das „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ auch darauf ausgerichtet werden, den ökologischen Fußabdruck der Krankenhäuser umfassend zu verringern.

Enttäuscht zeigt sich das Bündnis darüber, dass die Pflege in dem Konjunkturprogramm mit keinem Wort erwähnt wird. Menschen, die in der bezahlten und unbezahlten Versorgung und Pflege arbeiten, werden in der Pandemie über ihre Grenzen hinaus belastet. Ihre Berufe gilt es aufzuwerten sowie Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Verbände fordern daher deutliche Mehrausgaben auch im Bereich Pflege.

Mit Blick auf Europa und global ist es von größter Bedeutung, dass Deutschland Solidarität mit Menschen in ärmeren und von der Coronapandemie besonders betroffenen Staaten zeigt. Im Vordergrund sollten dabei der Schutz und die Stärkung von besonders verletzlichen Menschen stehen. Dafür schlägt das Bündnis unter anderem eine Stärkung der multilateralen Zusammenarbeit, eine Entschuldungsinitiative und einen globalen „Grünen Marshallplan“ vor, der sich an der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und der Agenda 2030 für globale Nachhaltigkeit ausrichtet.

Prof. Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt: „Es ist sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung zusätzliche drei Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe bereitstellt. Doch die sozialen und wirtschaftlichen Probleme, die die Pandemie nach sich zieht, können nicht kurzfristig mit einer Einmal-Finanzspritze gelöst werden. Sie sind auch nicht eben erst entstanden. Die Corona-Folgen verstärken strukturelle Probleme, die auch strukturelle und längerfristige Antworten benötigen. Die Klima- und die Corona-Krise treiben Staaten im Globalen Süden weiter in die Schuldenfalle. Daher braucht es umfangreiche Entschuldungsinitiativen, für die sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene stark machen sollte.”

Über die Konjunkturpakete hinaus ist mittelfristig auch nötig, dass die Bundesregierung sich über die Einnahmenseite verständigt. Hierfür sollten umweltschädliche Subventionen abgebaut, Umwelt- und Gesundheitskosten internalisiert und ein fairer Lastenausgleich in der Gesellschaft angestrebt werden, etwa über die Besteuerung großer Vermögen oder eine Reform der Erbschaftssteuer.

Das Programm “Gesund, sozial, klimagerecht: Investitionen in eine zukunftssichere Gesellschaft” finden Sie hier: Gesund, sozial, klimagerecht – Investitionen in eine zukunftssichere Gesellschaft.pdf

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.06.2020

Das Kabinett hat heute zentrale Vorhaben des Konjunkturpakets verabschiedet. Es ist geplant, den Kinderbonus bei getrennten Eltern hälftig mit dem Kindesunterhalt zu verrechnen. Die Kinder von Alleinerziehenden erhalten damit unterm Strich statt 300 Euro nur 150 Euro Kinderbonus.

„Viele Alleinerziehende haben schon mit dem Geld gerechnet. Schließlich hatte das Familienministerium ankündigt, dass der Kinderbonus nicht mit Unterhaltsleistungen verrechnet wird. Die 300 Euro sollen laut Ministerium dabei helfen, die Belastungen der Corona-Pandemie etwas abzufedern und den Familien finanziellen Handlungsspielraum zurückgeben. Für Alleinerziehende haben sich Belastungen durch die Corona-Krise potenziert: Existenzsorgen in Folge der Kita- und Schulschließungen, Spagat zwischen Homeoffice und Homeschooling, wegen Social Distancing nicht auf das soziale Netzwerk zurückgreifen können. Der Kinderbonus wird dort gebraucht, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, da hier die Kosten für das Kind entstehen“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV).

Das Kindergeld als Teil des steuerlichen Familienleistungsausgleichs trägt dazu bei, das Existenzminimum von Kindern nicht zu besteuern. Hier ist es bei getrennten Eltern folgerichtig, das hälftige Kindergeld mit dem Kindesunterhalt zu verrechnen. Da der Kinderbonus als einmalige Erhöhung des Kindesgelds umgesetzt ist, greift auch hier die hälftige Aufteilung. Der Kinderbonus hat aber einen anderen Zweck als das Kindergeld: Belastungen aufzufangen und so die Konjunktur anzukurbeln. „Nur wenige Alleinerziehende sind in der glücklichen Situation, dass der andere Elternteil die fehlende Kinderbetreuung mit ausgleicht. Hinzu kommt, dass sich für Familien mit kleinen Einkommen und somit für viele Alleinerziehende die Kosten erhöht haben: Trotz Kitagebühren kein Mittagessen, ein Rechner reicht nicht fürs Homeoffice und Homeschooling, billige Lebensmittel als Mangelware. 300 Euro sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Diese auch noch zu halbieren, wird viele Alleinziehende vor den Kopf stoßen! Positiv zu verbuchen ist, dass der Kinderbonus nicht auf den Unterhaltsvorschuss und auf Sozialleistungen wie Hartz IV angerechnet werden soll. Diese Ausnahmeregelung muss auf den Kindesunterhalt ausgeweitet werden“, fordert Jaspers.

Alleinerziehende, die einen vollen Kinderbonus für angemessen halten, finden unter www.vamv.de einen Musterbrief an die Politik.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 12.06.2020

Die Große Koalition hat sich mit dem Konjunk­turpaket darauf verständigt, Alleinerziehende durch höhere Steuer­entlastungen zu unterstützen. Für zwei Jahre soll der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1.908 auf 4.000 Euro an­gehoben werden. Hierzu erklärt die Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), Daniela Jaspers:

„Wir begrüßen, dass die Regierung durch die Steuererleichterungen anerkennt, was Alleinerziehende Tag für Tag leisten: Kinder erziehen und betreuen, das Familieneinkommen verdienen und den Haushalt stemmen. Die Coronakrise hat diese höhere Belastung allerdings nicht verursacht, sondern sie wie in einem Brennglas deutlich ge­macht. Da wir mit einer dauerhaften Mehrbelastung von Alleinerzie­henden zu tun haben, sollte auch der Entlastungsbetrag für Allein-erziehende dauerhaft erhöht werden!

Insgesamt brauchen wir den Mut für grundlegende Reformen in der Familienbesteuerung, um für Steuergerechtigkeit für Alleinziehende zu sorgen. Der VAMV plädiert für einen Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung in Kombination mit einer Individualbesteue­rung, statt der bestehenden Besteuerung nach Familienform.“

Denn um Alleinerziehende vergleichbar wie Ehepaare zu entlasten, muss der Entlastungsbetrag noch weiter angehoben werden. Mit dem Entlastungsbetrag haben Alleinerziehende am Jahresende ma­ximal 860 Euro mehr im Portmonee. Ehepaare haben durchs Split­ting bis zu 17.000 Euro im Jahr mehr zur Verfügung, das finden Alleinerziehende ungerecht.

Der VAMV fordert, solange es das Ehegattensplitting gibt, den Ent­lastungsbetrag für Alleinerziehende an den steuerlichen Grundfrei­betrag zu koppeln und regelmäßig anzupassen. Und langfristig eine Individualbesteuerung für alle Hand in Hand mit einer Kindergrundsi­cherung.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 04.06.2020

Anlässlich des heutigen Beschlusses des Deutschen Bundestages den Entschädigungsanspruch für Eltern in der Phase der Corona-Pandemie zu verlängern, begrüßt das ZFF das Vorhaben ausdrücklich, fordert aber weitere Schritte für eine familienfreundliche Krisenpolitik.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie hat der Bundestag die Verlängerung des Entschädigungsanspruchs für Eltern beschlossen, die ihre Kinder aufgrund von Kita- und Schulschließungen privat betreuen müssen. Der Anspruch wird von derzeit zwölf Wochen (sechs Wochen pro Elternteil) auf zukünftig 20 Wochen (10 Wochen pro Elternteil) verlängert. Alleinerziehende haben Anspruch auf die kompletten 20 Wochen. Die Inanspruchnahme der Leistung ist auch weiterhin an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft: Das Kind darf nicht älter als zwölf Jahre alt sein, die Einrichtung darf aufgrund von z. B. Schulferien nicht ohnehin geschlossen sein, es steht keine anderweitige Betreuung zur Verfügung, Überstunden sind bereits abgebaut und aus dem Vorjahr übertragener Resturlaub wurde verbraucht. Der Verdienstausfall wird in Höhe von 67 Prozent des Nettoverdiensts erstattet, bis zu einer Höhe von 2.016 Euro.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Die Corona-Pandemie stellt Familien mit Kindern vor ein enormes Vereinbarkeitsproblem. Arbeitgeber*innen erwarten zunehmend die Rückkehr in den regulären Büroalltag, obwohl Kitas und Schulen den Regelbetrieb noch längst nicht aufgenommen haben. Zwar öffnen die Einrichtungen derzeit schrittweise ihre Türen, Bildungs- und Betreuungsangebote stehen, wenn überhaupt, aber oft nur stunden- oder tageweise zur Verfügung. Angesichts dieser anhaltenden Herausforderung begrüßen wir die Verlängerung des Entschädigungsanspruchs, denn sie ist für Familien bitter nötig!“

Reckmann weiter: „Allerdings stellen die zahlreichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Leistung eine enorme Hürde für viele Familien dar. Eltern benötigen in ihrer Vielfalt längerfristige und partnerschaftliche Maßnahmen, um in dieser Krisenphase Betreuungsaufgaben bewältigen zu können. Dies gilt insbesondere für Frauen, denn sie sind in dieser Situation in viel größerem Umfang für die privat erbrachte Sorgearbeit zuständig. Es ist an der Zeit, endlich geschlechterechte Familienleistungen auf die Agenda zu setzen. Neben der zügigen Öffnung von Bildungs- und Betreuungsangeboten, sprechen wir uns daher für eine Familienleistung aus, die eine Kombination von Elterngeldbezug und Teilzeittätigkeit für beide Elternteile unterstützt. Das Modell der Familienarbeitszeit mit Familiengeld bietet hier einen guten Ansatz für mehr Partnerschaftlichkeit.“

Mehr Informationen zur Positionierung des ZFF finden Sie u>.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.05.2020

Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Donnerstag in 2. und 3. Lesung die Verlängerung des Entschädigungsanspruchs für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, beschlossen. Die gesetzliche Umsetzung der Regelung erfolgt im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz). Dazu können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön,gerne wie folgt zitieren:

„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat für die Verlängerung der Lohnersatzleistung gekämpft, Ministerpräsidenten und Bundesregierung überzeugt – und sich durchgesetzt. Eltern können sich auch in Krisenzeiten auf uns verlassen. Dass die Leistung künftig flexibler in Anspruch genommen werden kann, ist eine zusätzliche Erleichterung für erwerbstätige Mütter und Väter. Kitas und Schulen weiten ihr Angebot zwar aus, allerdings oft nur an einigen Tagen in der Woche. So kommt es Eltern zugute, dass der Maximalzeitraum von zehn Wochen pro Elternteil nicht an einem Stück ausgeschöpft werden muss. Eine Aufteilung auf Wochen und einzelne Tage ist grundsätzlich möglich. So können Familien leichter auf die Öffnungszeiten von Kita und Schule reagieren und Familie und Erwerbsarbeit besser vereinbaren. Diese Verlängerung ist wichtig und notwendig, aber dennoch nur eine Notlösung. Eltern brauchen jetzt eine Perspektive, wann Kitas und Schulen ihren Regelbetrieb wieder aufnehmen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 28.05.2020

Zur Debatte über Schulöffnungen erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Die Debatte über regulären Unterricht nach den Sommerferien darf sich nicht um das ‚ob‘ sondern muss sich um das ‚wie‘ drehen. Alle Schüler müssen schnellstmöglich wieder am Unterricht in der Schule teilnehmen können. Denn jeder verpasste Unterrichtstag wird, vor allem für benachteiligte Schüler, unwiderrufliche Folgen für die Zukunft haben. Die Kultusminister der Länder müssen jetzt geschlossen für Schulöffnungen eintreten. Um für eine mögliche zweiteCorona-Welle und erneute Schließungen gewappnet zu sein, muss die digitale Infrastruktur an den Schulen weiter ausgebaut werden. Bundesbildungsministerin Karliczek muss sich daher schnell für die Umsetzung des Digitalpakts einsetzen. Dieser braucht zudem eine Erweiterung, denn neben der Technik dürfen auch digitale Lerninhalte nicht zu kurz kommen. Das Konzept für einen solchen Digitalpakt 2.0 liegt schon seit einem Jahr vor. Es darf jetzt keine Ausreden und Verzögerungen mehr geben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 29.05.2020

Digitales Lernen ist in der Corona-Krise auch nach der schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen und Hochschulen gefragter denn je. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden ab 16 Jahren, die digitales Lernmaterial nutzen, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im 1.Quartal 2019 nutzten mehr als die Hälfte (54%) digitale Lernmedien. Im Jahr2015 hatte der Anteil noch bei 41% gelegen. Zu digitalen Lernmaterialien zählen zum Beispiel audiovisuelle Medien, Online-Lernsoftware und elektronische Lehrbücher.

Ein gutes Drittel (35%) der Lernenden ab 16 Jahren in Deutschland kommunizierte im 1.Quartal 2019 mit Lehrkräften oder anderen Lernenden über Lernplattformen oder -portale (2015:27%). 11% absolvierten in diesem Zeitraum einen Online-Kurs (2015:6%). Von den Schülerinnen und Schülern im Alter von 10 bis 15 Jahren nutzten 32% digitales Lernmaterial. 8% tauschten sich mit Lehrkräften oder anderen Lernenden über entsprechende Plattformen oder Portale aus.

Weitere Ergebnisse der Erhebung über die private Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) 2019 sind auf der Themenseite des Statistischen Bundesamtes verfügbar, hier insbesondere in der aktuellen Fachserie 15, Reihe 4 "Private Haushalte in der Informationsgesellschaft – Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien 2019" sowie in den Tabellen 63931 der Datenbank GENESIS-Online.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 26.05.2020

Aufgrund der Corona-Pandemie wird der Unterricht auf absehbare Zeit aus einer Verzahnung von Präsenzunterricht und digitalem Lernen von zu Hause aus bestehen. Ein Problem sind allerdings die teils großen Unterschiede in der häuslichen Ausstattung der Schüler*innen mit digitalen Lerngeräten wie Tablet oder Computer. Geschätzt wird, dass in Schulen zum Teil bis zu 30 % aller Kinder über keine digitale Ausstattung und Internetzugang verfügen.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender AWO Bundesverband, mahnt an: „Der ungleiche Zugang zu digitaler Bildung ist ein Einfallstor für eine sich weiter verschärfende Bildungsbenachteiligung in Deutschland. Die soziale Kluft droht sich zu vergrößern! Dabei ist die angemessene Ausstattung jeder Schülerin und jedes Schülers mit den notwendigen digitalen Lernmitteln kein Luxus, noch nicht einmal eine Frage des Bildungsbudgets, sondern im 21. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit der sozialen Teilhabe“.

Dies hatte die Bunderegierung wohl im Blick, als sie am 15. Mai 2020 ein „Sofortprogramm für digitale Lernmittel“ beschlossen hat. 500 Millionen Euro Bundesmittel werden über eine Zusatzvereinbarung zum DigitalPakt Schule den Bundesländern nach dem Königsteiner Schlüssel zur Verfügung gestellt, die noch einen Eigenanteil von 10% dazugeben. Das Geld wird also nicht – wie ursprünglich angedacht – direkt an die anspruchsberechtigten Familien ausbezahlt, sondern die Schulbehörden, Schulträger und Schulen sind für die Beschaffung der Geräte einschließlich der Inbetriebnahme sowie für den Einsatz des erforderlichen Zubehörs zuständig. So sollen primär Schülerinnen und Schüler ein Leihgerät bekommen, die zu Hause nicht auf eine entsprechende Ausstattung zurückgreifen können.

Wolfgang Stadler begrüßt dieses Sofortprogramm, weist aber darauf hin, „dass bei der Verteilung der Leihgeräte an in Frage kommende Schüler*innen diese nicht diskriminiert werden dürfen“. In Hinblick auf die dringende Sofortbeschaffung fordert er die Schulen auf, „jetzt schnell zu handeln, über Großkundenrabatte qualitativ gute Geräte zügig anzuschaffen und den betroffenen Schüler*innen unmittelbar zur Verfügung zu stellen. Wir begrüßen, dass der Bund in seinem aktuell verabschiedeten Corona-Konjunkturpaket sich jetzt an den wichtigen Kosten der Ausbildung der Administratoren beteiligt und diese Förderzusage zugleich an die verpflichtende Finanzierung der digitalen Weiterbildung der Lehrkräfte durch die Bundesländer koppelt. Nur in diesem Tandem kann es hier gut weitergehen und soziale Bildungsbenachteiligung im digitalen Lernen abgebaut werden. Diese Regelung kommt der Umsetzung des neuen Sofortprogramms für digitale Endgeräte zugute.

Wie richtig die Entscheidung der Bundesregierung ist, hat auch ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 25. Mai 2020 verdeutlicht, welches die Anschaffung eines internetfähigen Computers zur Teilnahme am pandemiebedingten Fernunterricht zu Hause als einen „grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf für Bildung und Teilhabe“ ansieht. Wolfgang Stadler begrüßt diese Entscheidung, „denn sie zeigt, dass der PC zu den Bildungsbedarfen gehört, die im Rahmen des menschenwürdigen Existenzminimums abgedeckt werden müssen. Das Sofortprogramm Endgeräteausstattung weist hier den richtigen Weg!“

Gliederungen der AWO engagieren sich in diesen Zeiten besonders flexibel und aktiv. So hat die AWO Mittelrhein zur Verbesserung der digitalen Bildungsgerechtigkeit die Initiative „Schulcomputer für alle!“ gestartet.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 03.06.2020

In vielen Bundesländern soll der Regelbetrieb in Kindertageseinrichtungen bald wieder anlaufen. Der Deutsche Kitaverband kritisiert jedoch, dass klare Kriterien fehlen, wie ein solcher Betrieb unter Corona-Bedingungen sicher zu gewährleisten ist.

Der Bundesverband, in dem sozialunternehmerische Kita-Träger organisiert sind, schlägt vor, die Schutzmaßnahmen vom lokalen Infektionsgeschehen abhängig zu machen. Der Verband entwickelte einen Stufenplan, der drei Stufen mit unterschiedlich strengen Gesundheitsschutzauflagen vorsieht. Je nachdem, wie sich die lokale Infektionszahlen entwickeln, kommen strengere oder weniger strenge Vorgaben zum Einsatz.

Solche eindeutigen Regelungen, die sich gleichzeitig flexibel an den weiteren Verlauf des Infektionsgeschehens anpassen, wären für Träger, Beschäftigte und Eltern sicher, transparent und eröffneten eine längerfristige Perspektive.

Details können Sie Positionspapier entnehmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kitaverband. Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V. vom 27.05.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesschülerkonferenz mahnen dringend die Intensivierung einer umfassenden Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an der Konzeptausarbeitung zur Öffnung der Schulen und dem Schulbetrieb an. Diese Beteiligung muss nach Ansicht der beiden Organisationen sowohl auf Landesebene über die jeweiligen Landesschülervertretungen als auch direkt in den Schulen durch die bereits gegebenen Strukturen sichergestellt werden.

Evaluation – Schülerinnen und Schüler mit einbeziehen Außerdem fordern die Bundesschülerkonferenz und das Deutsche Kinderhilfswerk eine umfassende Vor-Ort Evaluation der während der Schulschließungen erarbeiteten Unterrichtsinhalte, damit die Schülerinnen und Schüler, die aus verschiedensten Gründen nicht in der Lage waren, diese zu bearbeiten, durch geeignete Fördermaßnahmen wieder den Anschluss an den Lernstoff schaffen. Zudem ist eine Evaluation der Vermittlung und Erarbeitung von Schulinhalten mittels digitaler Medien dringend geboten. So sollen Leerstellen und Mängel aus Sicht von Schülerinnen und Schülern identifiziert werden, damit sowohl finanziell als auch medienpädagogisch an gelungene Konzepte angeknüpft werden kann. Die technischen und medienpädagogischen Herausforderungen und Potenziale müssen besonders in den Blick genommen werden, da das Lernen mittels digitaler Medien absehbar eine zentrale Rolle im Schulalltag spielen wird.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes und der Bundesschülerkonferenz funktioniert in der jetzigen Krisensituation die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern meist schlechter als sonst. „Dabei brauchen wir gerade jetzt die Expertise der Schülerinnen und Schüler bei der sie betreffenden Öffnung der Schulen und sollten als Erwachsene nicht so tun, als wären wir stets allwissend”, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Kreative Konzepte und Förderprogramme

Es braucht in der Corona-Krise kreative Konzepte für unsere Schulen, auch wenn es darum geht, das selbständige und digitale Lernen der Schülerinnen und Schüler sowie ihre Kapazitäten mit der Krisensituation umzugehen, zu stärken. Alle hier notwendigen Förderprogramme müssen weiterhin an der Perspektive der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet sein, danach haben sich die Planungen und Aktivitäten sowohl der Kultusministerien und Schulverwaltungen als auch der Schulen selbst auszurichten. „Als direkt Betroffene der Maßnahmen bekommen wir die Auswirkungen im Schulalltag deutlich zu spüren. Evaluationen und Verbesserungen der Konzepte gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern durchzuführen und abzustimmen ist daher wichtiger denn je”, so Jan Zinal, Ideenkoordinator der Bundesschülerkonferenz.

Bildungsgerechtigkeit in Gefahr

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesschülerkonferenz plädieren dafür, dass sich der Blick der Bildungsverwaltungen und der Schulen aktuell insbesondere auf Kinder mit besonderen Förderbedarfen richtet. Die bestehende Bildungsungerechtigkeit in Deutschland darf sich durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen nicht noch weiter verschärfen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 02.06.2020

„Die Bundesregierung muss verhindern, dass Erwerbstätige zum Sozialfall werden. Wenn sie jetzt nicht energisch Gegenmaßnahmen ergreift, droht eine arbeitsmarkt- und sozialpolitische Katastrophe", erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:

„Durch Corona werden viele Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter und Selbständige zu Hartz-IV-Aufstockern, da das Kurzarbeitergeld grundsätzlich zu niedrig ist und die Bundesregierung hilfebedürftigen Selbständigen keine ausreichenden Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt. Das Kurzarbeitergeld muss sofort auf 90 Prozent des Nettoentgelts erhöht werden, für Beschäftigte, die nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommen, auf 100 Prozent. Selbständigen müssen nicht nur Hilfen zu ihren Betriebsausgaben gewährt werden, sondern auch zum Lebensunterhalt.

Der Zugang zum Arbeitslosengeld muss erleichtert werden, da viele die hohen Hürden nicht erfüllen und gleich in Hartz IV fallen. Es muss sofort eine Neuregelung eingeführt werden, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits nach vier Monaten Beitragszeit entsteht, in einer Rahmenfrist von 36 Monaten. Für Hartz-IV-Bezieher fordert DIE LINKE zur Abfederung der Corona-bedingten Mehrkosten einen Pandemie-Zuschlag von 200 Euro.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 03.06.2020

Sie haben selten eine große Wohnung, geschweige denn ein Haus mit Garten, nicht immer ein Auto oder einen PC mit Internetanschluss und leben häufig allein. Menschen, die auf die Grundsicherung angewiesen sind, fehlt es vielfach an Dingen, die für andere selbstverständlich sind. Die Einschränkungen durch den Corona-Shutdown haben sie daher besonders betroffen.

April 2020: Die Corona-Maßnahmen treffen die gesamte Gesellschaft. Öffentliche Räume sind nur noch sehr eingeschränkt zugänglich, Schulen und Kindertagesstätten geschlossen, Treffen mit Freunden und Bekannten finden kaum mehr statt. Gleichwohl haben diese Maßnahmen nicht alle gesellschaftlichen Gruppen gleich stark getroffen. Manche sind verwundbarer als andere. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von unterschiedlicher „Vulnerabilität“. Haushalte, die sich in der sozialen Grundsicherung befinden, wurden von den Einschränkungen in vieler Hinsicht besonders stark getroffen. Denn sie verfügen häufig nicht über die notwendigen Ressourcen, um die Auswirkungen der Krise gut abfedern zu können. Dies legen Befunde auf Basis der Längsschnittstudie Panel Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS) aus den Jahren 2017 und 2018 nahe, die im Folgenden vorgestellt werden.

Soziale Unterstützung, IT-Ausstattung und angemessener Wohnraum sind wichtige Ressourcen im Lockdown

Generell gehen sozialpsychologische Theorien davon aus, dass Menschen unterschiedlich gut mit Stress umgehen können. Auch eine Krise wie die Corona-Pandemie wirkt als sogenannter Stressor auf Individuen und Haushalte. Diesen Theorien zufolge können die Betroffenen Krisen bewältigen, indem sie bestimmte Ressourcen aktivieren. Diese Ressourcen haben einen Einfluss darauf, wie stark der Stressor wirkt und inwieweit er tatsächlich Stress auslöst. Ob die Corona-Krise beispielsweise zu sozialer Isolation oder Konflikten im Haushalt führt, hängt maßgeblich davon ab, ob den Betroffenen Ressourcen zur Verfügung stehen, die ihnen bei der Bewältigung der Krise helfen.

Für die Bewältigung der alltäglichen Herausforderungen während der Corona-Krise sind neben ökonomischen Ressourcen besonders diejenigen Ressourcen entscheidend, die sich aus sozialen Netzwerken, der Wohnsituation und dem Wohnumfeld ergeben. Damit Freunde, Verwandte und Bekannte trotz sozialer Distanzierung miteinander in Kontakt bleiben können, ist zudem die Ausstattung mit Informationstechnologie wichtig, zumal sich die Betroffenen dadurch auch mit krisenrelevanten Informationen versorgen können.

Besonders betroffen: Familien mit Kindern und ältere Menschen in der Grundsicherung

Wer sich in der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder in der Grundsicherung im Alter befindet, ist in all diesen Bereichen im Schnitt deutlich schlechter ausgestattet. Dabei handelt es sich nicht selten um Menschen, die ohnehin in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind, etwa weil sie alleinerziehend oder gesundheitlich beeinträchtigt sind. Wie die Betroffenen mit der Krise umgehen, hängt neben den verfügbaren Ressourcen auch von ihrer Lebenssituation ab. Wenn Schulen, Kitas und Spielplätze geschlossen sind, haben es insbesondere Familien mit Kindern, circa ein Drittel aller Personen im Grundsicherungsbezug, sehr schwer.

Auch Ältere sind überproportional betroffen. Zählt man die Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Grundsicherung im Alter zusammen, so sind etwa ein Fünftel der Personen im Grundsicherungsbezug 60 Jahre oder älter. Für sie ist die Gefahr eines schwereren Verlaufs von Covid-19 größer, die Einhaltung des Abstandsgebots mithin umso wichtiger. Daher ist gerade für sie die Gefahr sozialer Isolation besonders groß.

Lebensform: Fast die Hälfte der Personen in der Grundsicherung lebt ohne Partnerin oder Partner im Haushalt

In Zeiten, in denen das soziale Leben weitgehend auf die eigenen vier Wände beschränkt ist, kann ein Partner oder eine Partnerin im Haushalt eine wichtige Stütze sein. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, lebt mit 48 Prozent fast die Hälfte der Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger in Haushalten ohne einen weiteren Erwachsenen. In Haushalten ohne Grundsicherungsbezug ist es nur knapp jeder Vierte.

Besonders schwierig ist die Situation von Alleinerziehenden, die acht Prozent aller Grundsicherungsbeziehenden ausmachen (außerhalb der Grundsicherung sind es knapp zwei Prozent). Etwa ein Drittel davon ist zugleich erwerbstätig. Schulschließungen dürften für diese Gruppe die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit sehr häufig erschweren oder gar unmöglich machen.

Soziale Netzwerke: Grundsicherungsbeziehende sind häufiger sozial isoliert

Auch enge Beziehungen zu Personen außerhalb des eigenen Haushalts sind eine wichtige Ressource zur Bewältigung der Krise. Das trifft umso mehr auf Personen zu, die nicht mit einer Partnerin oder einem Partner zusammenleben. Selbst wer Teil eines großen sozialen Netzwerks ist, kann derzeit nur eingeschränkt persönlichen Kontakt mit engen Freundinnen und Freunden oder Verwandten pflegen. Dennoch ist die emotionale Unterstützung durch solche engen Kontakte und die Möglichkeit, sich über seine Sorgen und Nöte auszutauschen, gerade in Krisenzeiten wichtig. Außerdem bieten solche Netzwerke praktische Hilfen wie finanzielle Unterstützung oder Hilfe beim Einkaufen. Von Letzterem profitieren vor allem ältere Menschen und Risikogruppen, die wegen der Gefahr der Ansteckung das Haus seltener verlassen sollten.

Erfreulicherweise gibt es in Deutschland nur sehr wenige Menschen, die sich selbst als völlig sozial isoliert bezeichnen, also angeben, gar keine engen Bezugspersonen zu haben (siehe Tabelle 2). Dementsprechend ist auch unter Grundsicherungsbeziehenden der Anteil absolut gesehen nicht sehr hoch. Allerdings tritt der relative Nachteil hier besonders deutlich hervor, denn Grundsicherungsbeziehende sind mit neun Prozent dreimal so häufig sozial isoliert wie Personen ohne Grundsicherungsbezug mit drei Prozent. Für Eltern im Grundsicherungsbezug zeigt sich ein ähnliches Bild: Hier sind es acht Prozent gegenüber zwei Prozent bei Eltern ohne Grundsicherungsbezug.

IT-Ausstattung: Viele haben keinen Computer mit Internetanschluss

In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten sind ein Computer mit Internetanschluss und ein Smartphone sprichwörtlich das Fenster zur Welt und wichtige Medien für sozialen Austausch. Digitale Kommunikation kann die soziale Isolation abmildern und den Menschen das Gefühl geben, in der aktuellen Situation nicht alleine zu sein. Sie ist aber auch eine wichtige Voraussetzung, um zum Beispiel im Homeoffice tätig sein zu können oder an Home Schooling teilzunehmen.

Personen in der Grundsicherung besitzen allerdings seltener einen Computer mit Internetanschluss als der Rest der Bevölkerung (siehe Tabelle 2). Während 87 Prozent aller Personen ohne Grundsicherungsbezug über einen solchen verfügen, berichten dies nur knapp 70 Prozent aller Personen in der Grundsicherung. Bei den Grundsicherungsbeziehenden mit Kindern, bei denen der Computer nicht zuletzt eine wesentliche Voraussetzung für die Teilnahme der Kinder an Home Schooling ist, liegt der Anteil mit knapp 78 Prozent etwas höher. Er fällt jedoch im Vergleich zu Eltern ohne Leistungsbezug, wo er 97 Prozent beträgt, noch etwas stärker ab. Bei den älteren Personen unterscheiden sich diejenigen, die keine Grundsicherungsleistungen beziehen, nicht signifikant von Grundsicherungsbeziehenden.

Bei der Verfügbarkeit von Smartphones zeigt sich kein Unterschied

Ein Smartphone besitzen etwa 76 Prozent der Personen ohne Leistungsbezug. Hier besteht kaum ein Unterschied zu den Personen in der Grundsicherung. Erwartungsgemäß ist der Besitz eines Smartphones insbesondere eine Frage des Alters. Entsprechend sind Eltern überdurchschnittlich gut ausgestattet, während Ältere mehrheitlich nicht über ein Gerät verfügen. Einschränkend ist aber anzumerken, dass praktisch unterschiedslos fast alle Haushalte in Deutschland über ein Telefon verfügen.

Wohnen: 40 Prozent der Grundsicherungsbeziehenden in Haushalten mit Kindern leben beengt

Die verhängten Ausgangsbeschränkungen haben für die meisten Menschen das tägliche Leben von der Öffentlichkeit in das Private verschoben. Viele öffentlichen Plätze und Räume, Spielplätze oder Parks waren über längere Zeit geschlossen oder konnten beziehungsweise können nur eingeschränkt genutzt werden. Zudem arbeiten viele Menschen von zu Hause aus oder betreuen dort ihre Kinder, da Schulen oder Kitas geschlossen wurden. Lange Zeit verbrachten die Menschen erheblich mehr Zeit in ihren Wohnungen oder Häusern und ihrer direkten Wohnumgebung als vor der Krise.

Wohnung und Wohnumgebung können als sozial-räumliche Ressourcen verstanden werden. Denn diese Ressourcen – also die Größe, Ausstattung und Lage einer Wohnung – haben einen Einfluss darauf, wie gut Menschen mit den Zumutungen der aktuellen Krise umgehen können. So dürften die Ausgangsbeschränkungen beispielsweise eine fünfköpfige Familie weniger hart treffen, wenn diese in einem großen Haus mit Garten wohnt und nicht in einer beengten Drei-Zimmer-Wohnung ohne Balkon.

Haushalte in der Grundsicherung verfügen meist über eine schlechtere Ressourcenausstattung in ihrem Wohnumfeld (siehe Tabelle 3). Sie haben – und dies trifft auf alle hier untersuchten Teilgruppen gleichermaßen zu – nur etwa zwei Drittel der Wohnfläche zur Verfügung, die Personen außerhalb der Grundsicherung nutzen können. In immerhin 40 Prozent der Grundsicherungshaushalte mit Kindern müssen sich diese ein (oder mehrere) Zimmer miteinander teilen. Dies lässt sich zumindest tendenziell aus der Tatsache schließen, dass die Wohnung in diesen Fällen weniger Zimmer als Personen hat. Bei Haushalten außerhalb der Grundsicherung trifft dies nur in knapp drei Prozent der Fälle zu.

Zudem hat fast jede vierte Person in der Grundsicherung keinen Garten, keinen Balkon und keine Terrasse. Außerhalb der Grundsicherung ist es nicht einmal jede zwölfte. Ferner schätzen sie die Qualität ihrer Wohngegend weniger günstig ein als Personen außerhalb der Grundsicherung. Der Vergleich innerhalb der drei Gruppen bestätigt dies nochmals: Grundsicherungsempfänger sind in jeder der betrachteten Dimensionen des Wohnumfelds schlechter ausgestattet. Die räumliche Enge und die eingeschränkteren Ausweichmöglichkeiten könnten das Stresspotenzial und die Gefahr häuslicher Konflikte erhöhen. Daher sind die Ausgangsbeschränkungen gerade für Grundsicherungsbeziehende mit kleinen Kindern besonders schwierig.

Nur gut jeder dritte Grundsicherungsbeziehende verfügt über ein Auto

Gerade in Zeiten von Corona kann auch der Besitz eines Autos einen Unterschied machen. Wer ein Auto hat, kann es für den täglichen Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen nutzen und ist nicht auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Dies verringert die Gefahr einer Ansteckung. Auch in diesem Punkt sind Menschen in der Grundsicherung im Nachteil: Nur 36 Prozent von ihnen besitzen ein Auto, außerhalb der Grundsicherung sind es 86 Prozent. Besonders drastisch trifft dies in der Gruppe der Älteren zu: Hier hat nur jeder Vierte, der Grundsicherungsleistungen bezieht, Zugang zu einem Automobil. Dagegen verfügen fünf von sechs Nichtleistungsbeziehern über ein Auto.

Fazit

Neben den direkten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen werden auch die sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie unsere Gesellschaft längere Zeit beschäftigen. Auch die sozialen Folgen zunehmender Arbeitslosigkeit sind noch nicht absehbar. Dies wiederum wird stark vom Ausmaß und der Dauer der verhängten Kontaktbeschränkungen abhängen.

Für Haushalte in der Grundsicherung waren die Folgen der Krise schon bislang besonders schwer zu bewältigen. Zum einen sind sie häufiger alleinlebend oder alleinerziehend, wodurch das Risiko sozialer Isolation steigt. Zum anderen fehlen ihnen häufiger andere wichtige Ressourcen für den Umgang mit der Krise. So besitzen sie seltener einen Computer mit Internetanschluss oder ein Auto, leben häufiger in beengten Wohnverhältnissen und bewerten auch ihre Wohnumgebung schlechter als Menschen, die nicht auf die Grundsicherung angewiesen sind.

Die Corona-Krise trifft also die ökonomisch ohnehin schwächeren Gruppen in besonderer Weise. Das kann langfristig auch mit gesamtgesellschaftlich problematischen Folgen verbunden sein. Der Sozialforschung kommt die Aufgabe zu, möglichst frühzeitig Daten zu den sozialen Folgen der Corona-Krise und damit empirische Entscheidungshilfen für die Politik bereitzustellen.

Quelle: PressemitteilungInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 10.06.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft angesichts der weiterhin vorhandenen Einschränkungen für Kinder in der Corona-Pandemie zu Spenden für seinen Kindernothilfefonds auf. Mit dem Fonds wird Kindern und Jugendlichen aus sozial und finanziell benachteiligten Familien geholfen, die in der Corona-Krise unter besonderen Einschränkungen leiden. Ganzheitlich und unbürokratisch werden darüber Kindern Zugänge zu digitaler Bildung vermittelt. In den letzten Wochen wurden bereits mehr als 1.000 Hilfspakete bewilligt.

"Das Digitalpaket der Bundesregierung ist eine gute Initiative, aber sie greift zu kurz und kommt noch lange nicht bei den Kindern an. Wichtig ist neben den Geräten, dass die Kinder auch beim Umgang mit ihnen begleitet werden und einen Internetzugang erhalten, der in vielen armen Familien nicht vorhanden ist. Inzwischen sind die finanziellen Mittel unseres Kindernothilfefonds aber erschöpft. Deshalb können wir die Hilfe für Kinder an dieser Stelle nur fortsetzen, wenn wir weitere Spendenmittel bekommen. Darum bitten wir Firmen und Unternehmen, Geschäftsleute und Privatpersonen sehr herzlich", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Hilfspakete des Kindernothilfefonds des Deutschen Kinderhilfswerkes im Einzelnen:

  • Paket Digitales Lernen, 250 Euro: Vielen Familien fehlt es an einem Computer, Internetzugang oder Drucker. Den Kindern droht dadurch eine digitale Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der sie noch weiter abgehängt werden. Das Paket "Digitales Lernen" beinhaltet eine einmalige Unterstützung für eine (digitale) Lernausstattung für eine Familie.
  • Paket Nachhilfe, 100 Euro: Viele Kinder brauchen beim Umgang mit Bildungssoftware und ihren Schulaufgaben Hilfe. Ihre Eltern können ihnen jedoch die erforderliche Unterstützung oft nicht geben. Das Paket "Nachhilfe" beinhaltet Nachhilfeunterricht von einer externen Person, die sich einen Monat lang zwei Mal pro Woche persönlich mit dem Kind trifft – entweder digital oder unter strenger Beachtung der bestehenden gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen.
  • Paket Beschulung in Flüchtlingsunterkünften, 500 Euro: Es ist ein wichtiges Anliegen des Deutschen Kinderhilfswerkes, geflüchtete Mädchen und Jungen bei ihrer Integration zu unterstützen. Denn Kinder und Jugendliche, die eine neue Heimat bei uns suchen, stehen vor besonderen schulischen Herausforderungen. Das Paket "Beschulung in Flüchtlingsunterkünften" ermöglicht für ein Homeschooling die Anschaffung von PC, Drucker und Papier sowie Schreibmaterialien in Flüchtlingsunterkünften.

Der Kindernothilfefonds des Deutschen Kinderhilfswerkes hat mit seiner Einzelfallhilfe seit seiner Gründung in Not geratenen Familien mit mehr als zwei Millionen Euro geholfen. Zur Koordinierung der Hilfen steht das Deutsche Kinderhilfswerk in regelmäßigem Austausch mit seinen deutschlandweiten Kontaktstellen und Kinderhäusern.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 03.06.2020

Die Unterstützung von Familien mit chronisch kranken Kindern während der Coronakrise ist Thema einer Kleinen Anfrage (19/19346) der FDP-Fraktion. Die Abgeordneten wollen wissen, wie die Bundesregierung die Lage dieser Familien einschätzt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.566 vom 02.06.2020

Die Mietrückstände oder -ausfälle sind in Folge der Corona-Pandemie geringfügig angestiegen. Dies berichtet die Bundesregierung in der Antwort (19/19414) auf eine Kleine Anfrage (19/19176) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und beruft sich auf Umfragen von Mieter- und Vermieterverbänden. So habe der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW im April ermittelt, dass bei knapp einem Prozent der Wohnmietverhältnisse Mietrückstände oder -ausfälle aufgetreten sind.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.566 vom 02.06.2020

In den ersten zwei Wochen nach dem Corona-Shutdown Mitte März kam es noch nicht zu größeren Entlassungswellen. Stattdessen ging zuerst die Zahl der offenen Stellen zurück. Allerdings führte die abgeflaute Konjunktur schon vor der Corona-Krise zu einer sinkenden Personalnachfrage. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Sie beruht auf der IAB-Stellenerhebung, einer regelmäßigen Befragung von Betrieben in allen Wirtschaftsbereichen.

Die so genannte Vakanzrate, der Anteil offener Stellen an allen besetzten und unbesetzten Stellen eines Betriebs, war im ersten Quartal 2020 gegenüber dem vierten Quartal 2019 von 3,2 auf 2,6 Prozent gesunken. Deutlich stärker fällt der Rückgang jedoch aus, wenn man die letzten zwei Märzwochen betrachtet, als der Corona-bedingte Shutdown wirksam wurde. In diesen zwei Wochen lag die Vakanzrate bei knapp zwei Prozent. In den ersten elf Wochen des ersten Quartals 2020 betrug die Vakanzrate 2,7 Prozent.

In den letzten zwei Märzwochen zeigte sich in den Befragungsergebnissen der IAB-Stellenerhebung noch kein größerer Personalabbau. „Kündigungsfristen, Kurzarbeitergeld und die Ankündigung vielfältiger Stützungsmaßnahmen bremsen zunächst drohende Beschäftigungsverluste. Sie können sie aber natürlich weder vollständig noch dauerhaft aufhalten“, erklären die IAB-Forscher.

Die in den letzten zwei Märzwochen befragten Arbeitgeber erwarteten für die kommenden zwölf Monate einen Beschäftigungsrückgang von 2,4 Prozent. Da die im Januar und Februar befragten Betriebe noch von einem Beschäftigungswachstum von 2,2 Prozent ausgingen, bedeutet dies einen Einbruch der Beschäftigungserwartungen um 4,6 Prozentpunkte. „Ob sich diese negative Erwartung im Zeitverlauf weiter verstärkt hat oder inwiefern politische Maßnahmen sie abmildern können, ist aus heutiger Sicht offen“, so die IAB-Forscher.

Zudem zeigte sich in der Betriebsbefragung bereits zu Beginn des Shutdowns ein erhöhter Anteil von Arbeitgebern, der eine Betriebsschließung erwartet. „Doch auch hier hängt das tatsächliche Ausmaß solcher Schließungen nicht zuletzt von der Effektivität der Gegenmaßnahmen seitens der Politik ab“, betonen die IAB-Forscher.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2020/kb1220.pdf. Das IAB untersucht mit der IAB-Stellenerhebung viermal jährlich das gesamte Stellenangebot, also auch jene Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet werden. Im ersten Quartal 2020 wurden Antworten von rund 9.000 Arbeitgebern aller Wirtschaftsbereiche ausgewertet. Rund 1.500 der rund 9.000 Betriebe wurden in den letzten zwei Märzwochen kontaktiert.

Quelle: PressemitteilungInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 26.05.2020

Die Eindämmungsmaßnahmen im Zuge der Corona-Ausbreitung haben das Leben vieler Menschen in Deutschland grundlegend geändert. Welche Konsequenzen dies neben ökonomischen Folgen auch für die psychische Gesundheit der Bevölkerung hat, darüber wurde in den vergangenen Wochen viel spekuliert. Die ökonomische Unsicherheit, die Mehrbelastung durch Homeoffice oder Kinderbetreuung und die fehlenden sozialen Kontakte – all dies könnte zu einem wesentlichen Anstieg der psychischen Belastung in der deutschen Bevölkerung führen. Aktuelle Ergebnisse der SOEP-CoV-Studie zeigen nun, dass die Menschen hierzulande den ersten Monat des Lockdowns besser verkraftet haben als erwartet. Zwar steigt die subjektive Einsamkeit im Vergleich zu den Vorjahren erheblich an, andere Indikatoren für psychische Belastungen (Lebenszufriedenheit, emotionales Wohlbefinden und Depressions- und Angstsymptomatik) sind jedoch bisher unverändert. Dies deutet auf eine starke Resilienz der Bevölkerung hin. Einigen Bevölkerungsgruppen sollte dennoch besondere Aufmerksamkeit zuteil werden.

Der April 2020 war der erste volle Monat, in dem in Deutschland die Eindämmungsmaßnahmen im Zuge der Corona-Krise galten. Aus ersten Daten der SOEP-CoV-Studie[1] auf Basis der Langzeitbefragung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)[2] lassen sich nun erste Ergebnisse ablesen, wie der Lockdown das Niveau der selbstberichteten psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens der in Deutschland lebenden Menschen im Vergleich zum Niveau der Vorjahre beeinflusst hat.

Auffälliger Anstieg der Einsamkeit

Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens sowie die Kontaktbeschränkungen, die im April 2020 galten, haben der Umfrage zufolge zu einem auffälligen Anstieg der subjektiven Einsamkeit der Menschen in Deutschland geführt[3]. Dabei beschreibt der Begriff „Einsamkeit“ die Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen. Chronische Einsamkeit ist gefährlich, da sie Ursache vieler weiterer psychischer (wie Depressionen und Angststörungen) und physischer Erkrankungen (wie Diabetes, Übergewicht, Herz- und Kreislauferkrankungen) sein kann.

Während die in Deutschland lebenden Menschen im Jahr 2017 im Mittel relativ wenig einsam waren (Durchschnittswert = 3,0 im Wertebereich von 0 bis 12, niedrige Werte geben niedrige Einsamkeitsgefühle an), zeigt sich während der Corona-Krise ein deutlicher Anstieg der Einsamkeit (Durchschnittswert = 5,4). Bei diesem Anstieg handelt es sich um einen Anstieg um fast eine Standardabweichung – was in etwa bedeutet, dass eine Person, die im April 2020 durchschnittlich einsam ist, vor Corona im Jahr 2017 zu den 15 Prozent der einsamsten Menschen in Deutschland gezählt hätte.

Frauen und junge Menschen besonders betroffen

Eine Analyse der Verteilung der Einsamkeit über unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zeigt, dass fast alle Gruppen einen vergleichbar starken Anstieg der Einsamkeit angeben. Zwei Gruppen sind jedoch besonders betroffen: Frauen und junge Menschen.

Zwar sind sowohl Frauen als auch Männer während des Lockdowns im April 2020 einsamer als in den Vorjahren, bei Frauen nimmt die Einsamkeit jedoch deutlich stärker zu als bei Männern. Betrachtet man die unterschiedlichen Altersgruppen, zeigt sich: Fast alle sind während des Lockdowns einsamer als in den Vorjahren. Aber besonders einsam sind die jüngsten, also die Menschen unter 30 Jahren (Abbildungen 1a und 1b).

Lebenszufriedenheit, emotionales Wohlbefinden und Depressions- und Angstsymptome weitestgehend unverändert

Interessanterweise zeigt sich, dass andere Kennzeichen des Wohlbefindens und der psychischen Gesundheit trotz des starken Anstiegs der Einsamkeit der in Deutschland lebenden Menschen bisher unverändert sind. Das gilt beispielsweise für die Lebenszufriedenheit, das emotionale Wohlbefinden sowie die Depressions- und Angstsymptome in der Bevölkerung.

So zeigten die Befragten im April 2020 im Durchschnitt eine allgemeine Lebenszufriedenheit von 7,4 auf einer Skala von 0 bis 10. Dieser Wert ist unverändert zum Wert des Vorjahrs von 7,4. Insgesamt waren die durchschnittlichen Angaben in den letzten fünf Jahren sehr stabil und variierten zwischen 7,3 in 2015 und 7,4 in 2019.

Ähnlich verhält es sich mit dem emotionalen Wohlbefinden. Auch hier ist der Wert im April 2020 (14,7, Wertebereich von 4 bis 20) identisch zu dem Wert, den die Befragten im Vorjahr berichtet haben (14,7). Insgesamt waren die durchschnittlichen Angaben auch für das emotionale Wohlbefinden in den letzten fünf Jahren sehr stabil und variierten zwischen 14,5 in 2016 und 14,7 in 2019.

Gestiegen ist jedoch die durchschnittliche Depressions- und Angstsymptomatik. Sie lag im April 2020 bei 2,4 (Wertebereich 0 bis 12) und ist damit deutlich höher als noch 2019, als der Wert bei 1,9 lag. Allerdings ist das aktuelle Niveau nicht außergewöhnlich hoch, sondern mit der Depressions- und Angstsymptomatik im Jahre 2016 vergleichbar. Damals lag der Wert mit 2,3 nur knapp unter dem Wert, der im April 2020 gemessen wurde.

Lebenszufriedenheit steigt bei Personen mit niedrigem Einkommen und sinkt bei Personen mit hohem Einkommen

Im Gegensatz zu der nahezu stabilen Lebenszufriedenheit in der Gesamtbevölkerung lässt sich beim Blick auf Einkommensgruppen[4] eine interessante Veränderung im Vergleich zu der Zeit vor der Krise feststellen. In den vergangenen Jahren wiesen Personen mit einem niedrigen Einkommen regelmäßig eine niedrigere Lebenszufriedenheit auf und Menschen mit hohem Einkommen eine höhere. Dieser Unterschied zwischen den Einkommensgruppen war über die Zeit sehr stabil. Im April 2020 gleichen sich diese Unterschiede an: Über alle Einkommensgruppen hinweg wird im April 2020 eine ähnliche Lebenszufriedenheit berichtet. Personen aus Haushalten mit niedrigerem Einkommen haben eine höhere Lebenszufriedenheit, während bei Personen aus Haushalten mit hohem Einkommen die Lebenszufriedenheit leicht sinkt.

Weniger Sorgen um die Gesundheit

Überraschenderweise zeigt sich außerdem, dass sich die in Deutschland lebenden Menschen während des Lockdowns seltener große Sorgen um ihre Gesundheit machen und insgesamt zufriedener mit ihrer Gesundheit sind als in den Jahren zuvor. Der Anteil der Personen, der angibt, sich große Sorgen um seine Gesundheit zu machen, ist während des Lockdowns deutlich um neun Prozentpunkte – von 19 Prozent 2019 auf zehn Prozent im April 2020 – gesunken (in den vergangenen fünf Jahren machten sich stets 16 bis 19 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen große Sorgen um ihre Gesundheit). Die durchschnittliche Zufriedenheit mit der Gesundheit ist messbar gestiegen, von durchschnittlich 6,6 auf 7,3 Punkte im April 2020 (die Werte variierten in den vergangenen fünf Jahren zwischen 6,5 und 6,6 Punkte). Bei diesen Effekten handelt es sich möglicherweise um Kontrasteffekte. Das bedeutet, dass die Menschen ihre eigene Lage nun im Kontext der Pandemie und einer möglichen eigenen Erkrankung besser bewerten und damit relativ gesehen zufriedener sind beziehungsweise sich weniger Sorgen um ihre Gesundheit machen.

Fazit: Trotz hoher Resilienz engmaschige Beobachtung der Situation wichtig

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Corona-Krise im April 2020 (bis 26.4.2020) nicht so negativ auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der in Deutschland lebenden Menschen ausgewirkt hat wie bisher angenommen. Die in Deutschland lebenden Menschen zeigen eine beachtliche Resilienz gegenüber dem Lockdown: Ihre Lebenszufriedenheit und ihr Wohlbefinden ändern sich kaum. Ob dies auch bei langanhaltenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Freiheitsrechte weiter so sein wird, kann aktuell noch nicht abgesehen werden. Das SOEP bietet durch seine Panelstruktur aber die Möglichkeit, in den kommenden Jahren zu beobachten, ob diese Effekte nach Ende der Pandemie abklingen und sich wieder auf dem Niveau der Vorjahre einpendeln werden.

Die vorliegenden Analysen zeigen darüber hinaus, dass die Einsamkeit bereits heute erheblich angestiegen ist. Anhaltende Einsamkeit ist eine Ursache vieler psychischer Erkrankungen. Es ist also denkbar, dass sich die gestiegene Einsamkeit – sollte sie nicht wieder zurückgehen – langfristig auf das Wohlergehen und die psychische Gesundheit auswirken wird. Es muss im Verlauf der nächsten Monate beobachtet werden, ob die subjektive Einsamkeit unter der Bevölkerung weiter ansteigt und man darauf reagieren muss, oder ob sie nach einer Lockerung der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wieder sinkt.

Obwohl es also im April 2020 weniger Grund zur Sorge gibt als bisher angenommen, sollten Wohlbefinden und psychische Gesundheit der in Deutschland lebenden Menschen aufgrund der unklaren zukünftigen Entwicklung der Krise und ihrer unsicheren Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Situation der in Deutschland lebenden Menschen weiter beobachtet werden. Es ist möglich, dass sich die Folgen der Krise für das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit erst verzögert in der Bevölkerung zeigen werden. Im April 2020 sind viele Arbeitsplätze durch Kurzarbeit und Hilfspakete des Bundes und der Länder gesichert, sodass viele Menschen nicht akut von einem Arbeitsplatzverlust bedroht sind. Sollten zukünftig trotz der verschiedenen Maßnahmenpakete viele Arbeitsplätze durch die Krise verloren gehen, könnten auch die wirtschaftlichen Sorgen und Ängste in der Bevölkerung steigen – und mit ihnen möglicherweise auch die psychischen Belastungen, das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit. Dass das passieren kann, hat sich zum Beispiel bereits Mitte der 2000er Jahre während der wirtschaftlichen Rezession gezeigt: Damals ging die Lebenszufriedenheit der in Deutschland lebenden Menschen messbar zurück.

Außerdem gilt es zu beachten, dass offensichtlich einzelne Bevölkerungsgruppen psychisch stärker auf die Umstände der Krise reagieren, darunter Frauen und jüngere Menschen. Es bedarf weiterer Aufmerksamkeit, ob dies trotz der Lockerungen im Mai und der anstehenden Lockerungen Sommer so bleibt und ob gegebenenfalls spezifische Hilfsangebote und Unterstützungen für solche Gruppen angezeigt und möglich sind. Insbesondere müssen die Perspektiven für junge Menschen in und nach der Krise im Auge behalten werden. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen deutlich, dass es sich bei ihnen zwar nicht in Bezug auf die Krankheit Covid-19, sehr wohl aber in Bezug auf die sozialen Folgen der Pandemie um eine Risikogruppe handelt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 09.06.2020

Seit März hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff. Weitreichende Beschränkungen des sozialen Lebens wurden vor allem zum Schutz älterer und weiterer besonders gefährdeter Menschen erlassen. Seit Mai werden diese Maßnahmen schrittweise gelockert. Dabei stellt sich verstärkt die Frage, wie trotz der Lockerungen vulnerable Teile der Bevölkerung geschützt werden können. In vielen Ländern wird eine Umkehrisolation diskutiert: So sollen die Jungen und Gesunden das soziale Leben allmählich wiederaufnehmen, während die Älteren und weitere besonders gefährdete Gruppen isoliert bleiben. In diesem Zusammenhang ist es aber wichtig, die soziale Situation der älteren Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Die vorliegende Studie beschreibt daher die soziale Situation älterer Menschen in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung ihrer mentalen Gesundheit und möglicher Risikofaktoren sozialer Vereinsamung.[1]

Zahlreiche Staaten diskutieren Varianten von Umkehrisolation beziehungsweise haben diese bereits angewendet. So verhängte die türkische Regierung über mehrere Wochen eine Ausgangssperre ausschließlich für über 65-Jährige sowie chronisch Kranke.[2] Ein Vorschlag britischer Forscher,[3] dass sich über 70-Jährige und ihre Kontaktpersonen in eine Art Quarantäne begeben, während die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen für die übrige Bevölkerung gelockert werden, sorgte für große mediale Aufmerksamkeit.[4] In Deutschland brachte unter anderem Kanzleramtsminister Helge Braun eine Umkehrisolation für Ältere und Vorerkrankte ins Spiel.[5] Und auch wenn dies nicht offizielle Politik wird, ist doch davon auszugehen, dass viele Ältere und Vorerkrankte aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus in Isolation bleiben.

Vor diesem Hintergrund beschreibt dieses DIW aktuell die soziale Situation älterer, in Deutschland lebender Personen. Die Untersuchung basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)[6] und nimmt ausschließlich die Situation von Personen in Privathaushalten in den Blick. Personen, die in Seniorenheimen, Hospizen oder ähnlichen Einrichtungen leben, sind somit nicht Gegenstand der Untersuchung.

Zwei Drittel der über 85-Jährigen leben alleine

In Deutschland leben etwa 38,7 Prozent der über 65-Jährigen in Einpersonenhaushalten. Dies entspricht ungefähr sieben Millionen Personen. Der Anteil alleinlebender Menschen steigt zudem mit dem Alter stark an (Abbildung 1). Sind es im Alter von 65 bis 69 Jahren noch ein Viertel der Menschen, steigt im Alter von 75 bis 79 der Anteil der Alleinlebenden auf circa 38 Prozent. Im Alter von 85 oder älter leben sogar zwei Drittel der Menschen in einem Einpersonenhaushalt.

Während etwa die Hälfte der älteren Menschen, die mit anderen Personen in einem Haushalt lebt, auch noch (zumeist erwachsene) Kinder am selben Ort hat, ist gerade bei den Alleinlebenden dieser Anteil besonders niedrig (Abbildung 2). Er beträgt bei den 65 bis 74-Jährigen nur 35 Prozent. Auch bei den über 80-Jährigen haben weniger als 50 Prozent der Alleinlebenden Kinder am selben Ort.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, ältere Menschen von entfernt liegenden Orten aus zu besuchen. Allerdings ist für Kinder der Aufwand im Hinblick auf Zeit und andere Kosten umso höher, je weiter entfernt sie von ihren Eltern wohnen. Zudem werden Besuche aus weiter entfernten Orten in Zeiten von „sozialer Distanzierung“ und Infektionsangst erschwert. Es besteht daher gerade bei den Alleinlebenden die Gefahr, dass ein Mangel an sozialen Kontakten zu Vereinsamung führt.

Internet kann direkte persönliche Kontakte bei Älteren kaum ersetzen

Das Potential, direkte persönliche Kontakte wenigstens durch virtuelle Kontakte über das Internet auszugleichen, ist bei den besonders von Vereinsamung bedrohten alleinlebenden Menschen im hohen Alter sehr begrenzt. Über alle Altersgruppen hinweg liegt der Anteil der Menschen, die einen Internetanschluss im Haushalt haben, bei den Alleinlebenden etwa 20 Prozentpunkte niedriger als bei denen, die mit mehreren Personen in einem Haushalt leben (Abbildung 3). Zudem sinkt dieser Anteil mit dem Alter stark ab. Sind es im Alter von 65 bis 69 Jahren noch mehr als drei Viertel der alleinlebenden Menschen, die einen Internetanschluss haben, fällt dieser Anteil bei den 75- bis 79-Jährigen auf circa die Hälfte und liegt bei den über 85-Jährigen nur noch bei 20 Prozent.

Alleinlebende haben häufiger niedrigen mentalen Gesundheitszustand

Das mit Vereinsamung verbundene Leid ist insbesondere dann groß, wenn es mit niedrigen Werten auf der Skala für mentale Gesundheit einhergeht. Der Anteil der Menschen mit weniger ausgeprägter mentaler Gesundheit[7] liegt bei älteren alleinlebenden Menschen mit 16 Prozent knapp eineinhalbmal so hoch wie bei älteren Menschen, die mit anderen Personen in einem Haushalt zusammenleben (Abbildung 4). Dieser Zusammenhang ist sogar noch stärker ausgebildet als die Unterschiede nach dem Bildungsniveau.[8] Zudem werden gerade bei Personen ohne Internetanschluss häufiger niedrige Werte für mentale Gesundheit verzeichnet. Diese Befunde weisen darauf hin, dass Vereinsamungsrisiken oftmals mit Defiziten bei der mentalen Gesundheit zusammenfallen. Für beide Haushaltstypen gibt es keinen Zusammenhang zwischen der mentalen Gesundheit und dem Vorhandensein von Kindern am selben Ort. Der Anteil von älteren Menschen mit geringer mentaler Gesundheit in Städten ist leicht niedriger ist als in ländlichen Gebieten (jedoch ist in Städten auch der Anteil der Älteren höher, die alleine leben).

Fazit: Telefonseelsorge, Besuchsservice und Internetangebote könnten einer Vereinsamung entgegenwirken

Viele ältere Menschen in Deutschland sind bei anhaltender sozialer Isolation aufgrund der Corona-Pandemie von Vereinsamung bedroht. So steigt mit zunehmendem Alter der Anteil der Personen, die alleine leben. Viele Ältere haben zudem keine in der Nähe lebenden Kinder und verfügen nicht über einen Internetanschluss, um direkte persönliche Kontakte wenigstens virtuell zu erleben. Diese Risikofaktoren sozialer Vereinsamung hängen zudem miteinander zusammen: So verfügen Alleinlebende seltener über einen Internetanschluss und haben auch seltener Kinder, die in der Nähe leben. Darüber hinaus gehen diese Risikofaktoren häufig mit niedrigen Werten auf der Skala für mentale Gesundheit einher. Es ist insofern davon auszugehen, dass gerade die Menschen, deren Schutz vor einer Infektion besonders wichtig ist, auch unter den sozialen Beschränkungen besonders leiden. So weisen andere Studien auf einen starken Zusammenhang zwischen dem Gefühl von Einsamkeit und dem Sterberisiko älterer Menschen hin.[9] Zudem geht das Alleinleben mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, einen Suizidversuch zu unternehmen.[10]

Unabhängig davon, ob soziale Beschränkungen für ältere Menschen im Zuge einer Umkehrisolation (möglicherweise aus Angst) auf freiwilliger Basis erfolgen oder gar gesetzlich verordnet werden, sind die Älteren von Vereinsamung bedroht. Das bedeutet zwar nicht, dass Umkehrisolation zwangsläufig der falsche politische Weg ist; es bedeutet aber schon, dass ein solcher Weg mit zusätzlichen Maßnahmen begleitet werden sollte, die auf eine Linderung der Vereinsamung älterer Menschen gerichtet sind: Beispielsweise kommen dafür eine verstärkte und proaktive Telefonseelsorge oder auch Besuchsservice von Personen mit nachgewiesener Immunität gegen COVID-19 in Betracht. Für die Zukunft wäre es auch hilfreich, wenn mehr ältere Menschen an das Internet angeschlossen werden würden und man ihnen Angebote für die altersgemäße Vermittlung grundlegender digitaler Kompetenzen machen würde. Außerdem sollte über spezielle Maßnahmen der Suizidprävention für von Vereinsamung bedrohte Menschen nachgedacht werden. Letzteres erfordert vor allem ein Augenmerk auf die wirksame Depressionsbehandlung auch und gerade in Pandemie-Zeiten.[11]

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 15.05.2020

Eine bundesweite Studie zu Covid-19-Sterbefällen in stationären Pflegeeinrichtungen von der Universität Bremen belegt das erhöhte Risiko für die Bewohner*innen. Knapp die Hälfte aller an Covid-19-Verstorbenen in Deutschland lebte danach in stationären Einrichtungen. Der Anteil dieser Menschen an der Gesamtbevölkerung betrage jedoch gerade einmal ein Prozent. Daraus ergebe sich eine mehr als fünfzig Mal so hohe Sterblichkeit bei den Menschen in stationären Einrichtungen.

„Bei allen Lockerungs- und Öffnungsdiskussionen bezüglich der stationären Pflegeeinrichtungen hatten wir das besondere Risiko für Bewohner*innen und Pflegekräfte stets vor Augen. Die Einrichtungen unternahmen und unternehmen derzeit große Anstrengungen, um Schutz- und Hygienekonzepte umzusetzen, damit soziale Kontakte zu Angehörigen und Freunden möglich sind. Dies ist eine enorme Herausforderung, gerade auch weil das Verständnis für die Maßnahmen bei den Betroffenen nicht immer gegeben ist oder die Einrichtungen teilweise mit dieser Verantwortung allein gelassen werden“, sagt Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO-Bundesverbandes.

Geradezu parallel zur Bremer Studie trat die Testverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn diese Woche in Kraft. Diese weitet die Möglichkeiten von CoV-2-Testungen deutlich aus. So können beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen auch asymptomatische Personen getestet werden. Leider blieben dabei die erhofften und von der AWO und der BAGFW geforderten Reihentestungen in stationären Pflegeeinrichtungen aus, stattdessen soll eine stichprobenartige Testung erfolgen, insofern kein Ausbruchsgeschehen herrscht.

„Regelmäßige und flächendeckende Reihentests sowie eine schnelle Auswertung und Übermittlung der Testergebnisse sind ein wesentlicher Baustein zur Beherrschung des Ansteckungsrisikos in Pflegeeinrichtungen. Hier leben die Menschen, die am höchsten gefährdet sind. Stichprobentestungen reichen nicht aus, um hier die dringend notwendige Sicherheit zu bieten. Vielmehr erzeugen diese eine Scheinsicherheit, die in Anbetracht des erhöhten Risikos und mit Blick auf weitere Lockerungsbestrebungen gefährlich für die Bewohner*innen werden könnte“, sagt Brigitte Döcker. „Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse, dass die Versorgung mit Schutzkleidung nicht abschließend bewältigt ist und dauerhaft der Anstrengung aller Beteiligten bedarf. Hier soll über die Bewohnerinnen von Pflegeeinrichtungen ein besonderes Augenmerk auf die Zielgruppe der Menschen mit Behinderung und deren Einrichtungen und Dienste gerichtet werden.“

Link Grundsatzposition: https://www.awo.org/grundsatzposition-der-awo-zur-lockerung-der-besuchsbeschraenkungen-stationaeren-einrichtungen

Link Testung: https://www.awo.org/aufhebung-der-kontaktsperren-erhoeht-ansteckungsrisiko-regelmaessige-und-systematische-tests-retten

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.06.2020

Die Pandemie trifft auch das Miteinander schwer: Gerade soziales Engagement hängt oft vom persönlichen Kontakt ab und ist derzeit kaum möglich. Der AWO Bundesverband führt deshalb vom 13. bis 20. Juni 2020 erstmals eine digitale Aktionswoche mit unterschiedlichen Veranstaltungen und Angeboten durch. Damit will der Verband Engagement und Miteinander stärken, das durch die Pandemie eingeschränkt ist.

„Die Maßnahmen, die unserem Schutz dienen, sind wichtig und richtig. Gleichzeitig erschweren sie Engagement für Menschen zum Teil empfindlich: Eltern-Kind-Angebote, Spielenachmittage, Verbandsarbeit oder Repair-Cafés und mehr – das vielfältige Engagement bei der AWO ist vielerorts im Moment unmöglich geworden“, erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, „Mit unserer digitalen Aktionswoche wollen wir den Corona-bedingten Einschränkungen aktiv begegnen, neue Lösungen finden und erproben. Damit möchten wir Menschen in der AWO auf neue Weise und über große Distanzen hinweg in Kontakt bringen und demonstrieren, dass die AWO mit ihren vielen Engagierten auch in Corona-Zeiten aktiv bleibt. Denn gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass wir uns stärker umeinander kümmern. Die nötige physische Distanz darf nicht in sozialer Distanzierung münden!

Im Rahmen der Aktionswoche organisieren die lokalen und regionalen AWO-Verbände vielfältige Angebote im Netz: Von virtuellen Diskussionsforen bis hin zum geselligen und spielerischen Austausch per Videokonferenz ist alles dabei. Wer an einem oder mehreren Formaten teilnehmen will, dem werden nach einmaliger Anmeldung alle Zugangsdaten und Informationen zugeschickt. In den sozialen Netzwerken werden die Aktivitäten unter dem Hashtag #echtawo begleitet.

Der Verband versteht die Aktionswoche dabei auch als Zeichen gegen digitale Chancenungleichheit.

„Wer mit dem Laptop ganz selbstverständlich aus dem Homeoffice heraus arbeiten und mit Freunden in Kontakt bleiben kann, ist privilegiert. Nicht für alle Menschen in unserer Gesellschaft ist digitale Teilhabe selbstverständlich möglich: Vielen fehlen die finanziellen Mittel oder Zugänge“, erklärt Stadler dazu. „Wir fühlen uns verpflichtet, das anzugehen. Denn im Augenblick bieten digitale Formate für viele Menschen die einzige Möglichkeit, auf sicherem Wege mit anderen in Kontakt zu treten. Mit der Aktionswoche wollen wir auch dafür eintreten, möglichst vielen Menschen einen Zugang zu digitaler Kommunikation zu ermöglichen und Wege zu finden, verbandliche und ehrenamtliche Arbeit zu digitalisieren. Viele der Debatten und Formate in der Aktionswoche werden uns deshalb auch über die aktuelle Krise hinaus neue Perspektiven eröffnen.“

Zum Programm: https://www.echt-awo.org/programm/

Die AWO Aktionswoche findet seit 2015 jährlich unter dem Motto „Echtes Engagement. Echte Vielfalt. Echt AWO.“ statt. Es beteiligen sich Einrichtungen, Haupt- und Ehrenamtliche der AWO deutschlandweit mit unterschiedlichen Veranstaltungen, um Engagement zu würdigen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 08.06.2020

SCHWERPUNKT II: Adoptionshilfe-Gesetz

Gesetz von Bundesministerin Giffey verbessert die Unterstützung von Adoptionen und stärkt Adoptivkinder

Der Deutsche Bundestag hat heute das Gesetz zur Verbesserung der Hilfen für Familien bei Adoption (Adoptionshilfe-Gesetz) aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschlossen. Das Gesetz zielt darauf ab, Adoptiv- wie Herkunftsfamilien besser zu begleiten, Adoptivkinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und die Adoptionsvermittlungsstellen zu stärken.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Eine Adoption ist eine Lebensentscheidung, die die abgebenden Eltern, die Adoptivfamilien, vor allem aber die Kinder betrifft. Mit dem Adoptionshilfe-Gesetz stellen wir das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt. Wir wollen, dass sie gut und geborgen aufwachsen. Dafür reichen wir Herkunfts- und Adoptivfamilien die Hand und stärken sie gleichermaßen. Sie erhalten einen Rechtsanspruch auf Beratung und Begleitung durch die rund 400 Adoptionsvermittlungsstellen in Deutschland. Damit sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen – im Adoptionsverfahren und jetzt auch danach. Dabei geht es genauso um einen selbstverständlichen Umgang mit der Adoption innerhalb der Adoptivfamilie wie auch um den Austausch und Kontakt zwischen Adoptiv- und Herkunftsfamilie. Die Adoptionsvermittlungsstellen sollen unter anderem darauf hinwirken, dass die Kinder altersgerecht über ihre Herkunft aufgeklärt werden. Das schafft Vertrauen zwischen allen Beteiligten. Und Vertrauen ist eine gute Basis für eine gute kindliche Entwicklung. Außerdem setzt das Gesetz ein starkes Signal gegen Kinderhandel, denn künftig müssen alle Auslandsadoptionen durch offizielle Adoptionsvermittlungsstellen begleitet sein.“

Das Adoptionshilfe-Gesetz besteht im Wesentlichen aus vier Bausteinen:

1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten

Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption soll die gute Beratung und Unterstützung aller Menschen sichern, die an einer Adoption durch die Adoptionsvermittlungsstellen beteiligt sind. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Zudem wird eine verpflichtende Beratung vor einer Stiefkindadoption eingeführt. Sie soll sicherstellen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen.

2. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption

Das Gesetz soll zu einem offenen Umgang mit dem Thema Adoption beitragen: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern sollen in ihrer Rolle gestärkt werden, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen. Die Adoptivfamilie entscheidet, ob und welche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Informationen, deren Weitergabe nicht gewünscht ist, bleiben geschützt.

3. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen mit einem Aufgabenkatalog und einem Kooperationsgebot

Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern – etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst – damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.

4. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und Einführung eines Anerkennungsverfahrens, um Kinder zu schützen

Auslandsadoptionen sollen künftig in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sollen zukünftig bei allen Auslandsadoptionen eingehalten werden. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle werden untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse eingeführt.

Weiteres Verfahren

Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens bedarf das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz soll zum 1.Oktober 2020 in Kraft treten.

Adoptionswesen in Zahlen

Zahl der Adoptionen im Jahr: 3.733 (2018), 3.888 (2017), 3.976 (2016),3.812 (2015); 3.805 (2014)

Zahl der Adoptionen im Inland : 3.562 (2018), 3.662 (2017), 3.719 (2016), 3.548 (2015); 3.506 (2014)

Zahl der Adoptionen aus dem Ausland: 176 (2018), 238 (2017), 294 (2016), 314 (2015); 344 (2014)

Quelle: PressemitteilungBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugendvom 28.05.2020

Heute beschließt der Deutsche Bundestag ein modernes Adoptionshilfegesetz. Ein offenerer Umgang und mehr Begleitung bei und nach der Adoption zum Wohle der Kinder ist nun gewährleistet.

„Mit dem Adoptionshilfegesetz intensivieren wir die Beratung der Familien. Wir fördern einen offeneren Umgang mit Adoptionen. Gleichzeitig stärken wir die Adoptionsvermittlungsstellen und sorgen dafür, dass Auslandsadoptionen an intensive Beratung und Begleitung durch die hiesigen Jugendämter gebunden sind.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind froh, dass die Neuregelungen das Wohl und die Rechte der Kinder in den Mittelpunkt stellen. Dafür ist es wichtig, den Herkunfts- wie auch den Adoptiveltern kontinuierlich beratend und begleitend zur Seite zu stehen.

Alle Familien sollen gut beraten und vollumfänglich informiert im Adoptionsverfahren agieren können. Dem dient die Beratungsverpflichtung. Was diese aber nicht bezwecken soll: dass lesbischen Paaren der Weg zur Anerkennung der gemeinsamen Elternschaft noch schwerer gemacht wird. Denn hier wird das Kind in eine bestehende Familie hineingeboren. Leider sind diese Familien immer noch auf den Weg der in diesem Falle diskriminierenden Stiefkindadoption angewiesen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich in den Verhandlungen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion intensiv dafür eingesetzt, die Zwei-Mütter-Familien von der Beratungspflicht auszunehmen. Wir bedauern sehr, dass unser Koalitionspartner dies vehement abgelehnt hat. Damit wächst nun der Druck, das Abstammungsrecht im Sinne dieser Familien zu verändern. Dafür werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Druck machen. Denn Zwei-Mütter-Familien, in die ein Kind hineingeboren wird, sind keine Adoptions- sondern Herkunftsfamilien.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 28.05.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Diskriminierung von Regenbogenfamilien endlich beenden! Am 28.05. hat der Deutsche Bundestag die Reform des Adoptionshilfegesetzes beschlossen und mit ihr eine weitere Benachteiligung von Frauen-Elternpaaren. Da die Modernisierung des Abstammungsrechts auf sich warten lässt, sind diese Familien weiter auf eine Stiefkind-Adoption angewiesen, damit beide Mütter nach Geburt des Kindes auch rechtliche Elternteile werden können. Die im Rahmen des neuen Adoptionshilfegesetzes beschlossene Beratungspflicht bei Stiefkind-Adoptionen verschlechtert ihre Situation deutlich. Das ZFF fordert das Abstammungsrecht so bald wie möglich anzugehen und die Vielfalt von Familienformen endlich zu unterstützen!

„Mit der Einführung einer verpflichtenden Beratung bei Stiefkindadoptionen durch das neue Adoptionshilfegesetz wird ein schwerwiegendes Problem geschaffen, das unbedingt verhindert werden muss. Die Diskriminierung von lesbischen und bisexuellen Frauenpaaren wird durch diese neue Regel verschärft. Bekommen verheiratete oder unverheiratete Frauenpaare ein Kind, gilt lediglich die gebärende Mutter automatisch als rechtliche Mutter. Die Co-Mutter muss das aufwändige und langwierige Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen. Diese rechtliche Diskriminierung wurde nach der Einführung der Ehe für alle nicht abgeschafft. Nun wird mit dem neuen Adoptionshilfegesetz eine weitere Hürde für Frauenpaare eingezogen. Wir wollten die Verschärfung der Diskriminierung verhindern und haben dazu einen Änderungsantrag eingebracht, der gestern im Familienausschuss von der Großen Koalition und mit den Stimmen der AfD abgelehnt wurde.“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Doris Achelwilm, gleichstellungs- und queerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, kritisiert: „Es ist unbegreiflich, dass die gesetzliche Benachteiligung von Regenbogenfamilien beim Adoptionshilfegesetz einfach ignoriert wird und sich die Situation für lesbische und bisexuelle Frauen-Elternpaare damit sogar noch verschlechtern wird. In Ausschuss-Anhörungen zum Thema haben mehrere Sachverständige dieses Problem sehr deutlich benannt. Die Beratungspflicht für queere Ehepaare in Bezug auf ihre gemeinsamen Wunschkinder gehört aus dem Adoptionshilfe-Gesetz gestrichen. Darüber hinaus muss noch in dieser Legislaturperiode die dringende Reform des Abstammungsrechts angegangen werden. Drei Jahre nach Einführung der Ehe für alle ist es nicht zu viel verlangt, die rechtliche Diskriminierung von Regenbogen- bzw. Zwei-Mütter-Familien abzustellen. Es kann nicht sein, dass es durch unverändert heteronormative Gesetzentwürfe der Bundesregierung immer wieder Lücken für queere Lebensrealitäten zu schließen gilt. Die Ungleichbehandlung von Hetero- und queeren Familien, die gleichermaßen Verantwortung übernehmen, gehört endlich vom Tisch.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 28.05.2020

Bei der Adoption von Kindern soll zukünftig ein Rechtsanspruch auf Beratung und Begleitung durch Adoptionsvermittlungsstellen für alle Beteiligten gelten. Bei Stiefkindadoptionen soll hingegen eine Beratungspflicht gelten. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/16718) nahm der Familienausschuss am Mittwoch in leicht geänderter Fassung ohne Gegenstimmen an. Die Oppositionsfraktionen, die die Gesetzesvorlage prinzipiell begrüßten, enthielten sich der Stimme. Ebenfalls ohne Gegenstimmen wurde ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD angenommen, mit dem redaktionelle Änderungen , Verfahrensvereinfachungen und Klarstellungen im Gesetz vorgenommen werden. Über die Gesetzesvorlage wird der Bundestag am Donnerstag abschließend beraten und abstimmen.

Das Gesetz sieht vor, dass die Adoptionsvermittlungsstellen eine altersgerechte Aufklärung des Kindes über die Adoption leisten und mit den Herkunftseltern und den Adoptiveltern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zwischen ihnen im Sinne des Kindeswohls stattfinden kann. Diese Gespräche sollen mit dem Einverständnis aller Beteiligten in angemessenen Zeitabständen wiederholt werden. Zudem ist vorgesehen, dass den Herkunftseltern ein Recht zu jenen Informationen über das Kind gewährt wird, welche die Adoptiveltern zum Zweck der Weitergabe an die Herkunftseltern freiwillig an die Adoptionsvermittlungsstelle geben. Die Einrichtung der Adoptionsvermittlungsstellen soll in der Verantwortung der Jugendämter liegen. Zur Adoptionsvermittlung sollen aber auch die Diakonie, der Deutsche Caritasverband, die Arbeiterwohlfahrt und deren Fachverbände befugt sein.

Verschärft werden sollen mit dem Gesetz die Auflagen bei Auslandsadoptionen. Sie sollen zukünftig immer durch eine Adoptionsvermittlungsstelle vermittelt werden. Zudem soll für Adoptionsbeschlüsse im Ausland ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren im Inland eingeführt werden. Die Anerkennung einer unbegleiteten Adoption soll nur dann möglich sein, wenn dies für das Kindeswohl erforderlich ist.

Die Koalitionsfraktionen argumentierten in der Ausschusssitzung, mit dem Gesetz würden adoptionswillige Eltern besser unterstützt und dem Wohl und dem Recht des Kindes auf Informationen über seine Herkunft vermehrt Rechnung getragen. Die Fraktionen der FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen kritisierten übereinstimmend die Beratungspflicht bei Stiefkindadoptionen für gleichgeschlechtliche Paare. Kinder, die in einer lesbischen Ehe oder eingetragenen Partnerschaft geboren werden, könnten gemäß des Abstammungsrechtes von der nichtleiblichen Mutter nur auf dem Weg der Stiefkindadoption adoptiert werden. Eine Beratungspflicht für gleichgeschlechtliche Paare würde aber eine Ungleichbehandlung und Diskriminierung gegenüber heterosexuellen Paaren darstellen, monierten die drei Oppositionsfraktionen übereinstimmend. Letztlich müsse deshalb das Abstammungsrecht geändert werden. Auch die SPD-Fraktion betonte, dass sie auf die Beratungspflicht für gleichgeschlechtliche Paare bei Stiefkindadoptionen lieber verzichtet hätte. Die Änderungsanträge der Linken und Grünen, in denen sie einen Verzicht auf die Pflichtberatung forderten, wurde jedoch mit den Stimmen der Koalition und der AfD abgelehnt. Die Beratungspflicht bei Stiefkindadoptionen in heterosexuellen Ehen wurde von der AfD moniert. Dies stelle einen unverhältnismäßigen staatlichen Eingriff in die Familien dar.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.547 vom 27.05.2020

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert die Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch das am 28. Mai 2020 im Bundestag beschlossene Adoptionshilfegesetz.

"Drei Jahre nach Öffnung der Ehe für alle, gründen Frauen immer noch in enormer Rechtsunsicherheit Familien. Lesbische Mütter und ihre Familien werden durch die fehlende Möglichkeit originärer rechtlicher Elternschaft massiver Diskriminierung ausgesetzt. Die Überprüfung der Familie durch das Jugendamt im Rahmen der Adoption ist stigmatisierend, die lange Dauer der Verfahren extrem belastend und ganz und gar nicht im Sinne des Kindeswohls. Die nun eingeführte Beratungspflicht im Adoptionshilfegesetz verschärft die Diskriminierung lesbischer Eltern zusätzlich.", so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Auch drei Jahre nach der Öffnung der Ehe für Alle hat ein Kind, das in eine bestehende Ehe von zwei Frauen geboren wird, nur einen Elternteil. Während der Ehemann der Gebärenden gemäß § 1592 Nr. 1 BGB mit der Geburt des Kindes automatisch zweiter rechtlicher Elternteil wird, ist die Ehefrau mangels abstammungsrechtlicher Regelung auf die Stiefkindadoption verwiesen, um in die zweite Elternstelle einrücken zu können. Gleiches gilt im Übrigen, wenn der zweite Elternteil personenstandsrechtlich als "divers" eingetragen ist.

Auch eine Anerkennung gemäß § 1592 Nr. 2 BGB ist nur für einen "Mann" möglich. Beides kritisiert der djb und fordert ein diskriminierungsfreies Abstammungsrecht. Dies lässt aber auf sich warten. Stattdessen wurde gestern eine Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien beschlossen und eine verpflichtende Beratung vor der Stiefkindadoption eingeführt. Die Zielsetzung des § 9a AdVermiG erscheint insbesondere im Fall lesbischer Familien völlig überzogen, da eine Adoption ausscheidet, wenn eine Beratung nicht stattgefunden hat. Der djb kritisiert mit Nachdruck, dass Änderungsanträge, die eine Ausnahme vorgesehen haben, wenn das Kind in eine bestehende Ehe geboren wird, in der gestrigen Abstimmung im Bundestag abgelehnt wurden.

Mittlerweile erfolgen 23 Prozent der Stiefkindadoptionen durch lesbische Paare, obwohl es sich nicht um Stief- sondern um Ursprungsfamilien handelt. Der aufgezeigte Weg wird nun noch zusätzlich erschwert: Denn § 9a AdVermiG zwingt gleichsam on top noch in eine Beratung.

Bei der Stiefkindadoption müssen grundsätzlich alle Verfahrensschritte einer Fremdkindadoption durchlaufen werden. So werden beide Mütter amtlich auf ihre Elterneignung geprüft, müssen ihre Vermögensverhältnisse und ihren Gesundheitszustand offenlegen. Die lange Dauer der Verfahren birgt zudem große Unsicherheiten für die Familie und widerspricht dem Kindeswohl: Wenn gar die Geburtsmutter stirbt, bleiben die zweite Mutter und das Kind rechtlich im schlimmsten Fall ungesichert zurück. Aber auch wenn sich die zweite Mutter plötzlich gegen eine Adoption des Kindes entscheidet, sind Erbansprüche des Kindes gegen sie und auch Unterhaltsansprüche ungewiss.

Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der familienrechtlichen Kommission im djb, mahnt: "Das Problem ist seit nunmehr drei Jahren bekannt, es liegen gleich mehrere Gesetzentwürfe und ein Diskussionsteilentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Es ist an der Zeit, zu handeln, auch und vor allem zum Wohl der betroffenen Kinder."

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.05.2020

Dramatische Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien könnte über Jahre bestehen bleiben!

Mit der Verabschiedung des Adoptionshilfe-Gesetzes durch den Bundestag droht zum 01. Oktober 2020 eine Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien im Verfahren der Stiefkindadoption. Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Daher hat der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) alle Landesregierungen angeschrieben mit der Bitte, das Adoptionshilfe-Gesetz so nicht passieren zu lassen. Anlässlich dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert alle Landesregierungen dazu auf, die dramatische Verschärfung der Ungleichbehandlung von Zwei-Mütter-Familien und ihrer Kinder zu verhindern. Diese Familien dürfen nicht zu Leidtragenden einer verschleppten Abstammungsrechtsreform werden! Der Bundesrat sollte das Adoptionshilfe-Gesetz so nicht passieren lassen, sondern den Vermittlungsausschuss anrufen.

Der Verweis auf eine bevorstehende Reform des Abstammungsrechts ist unzureichend. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht scheint das Thema nicht auf ihrer Agenda zu haben. Nach wie vor gibt es dazu noch nicht einmal einen Zeitplan. Der LSVD befürchtet inzwischen sehr stark, dass es in dieser Legislaturperiode keine Reform mehr geben wird. Aufgrund der Bundestagswahl im kommenden Jahr ist dann kaum vor 2022/2023 mit einer Reform zu rechnen. Die Verschlechterung der Situation von Zwei-Mütter-Familien durch das Adoptionshilfe-Gesetz würde also über Jahre bestehen bleiben! Daher muss der Bundesrat auf den Vermittlungsausschuss zum Adoptionshilfegesetz bestehen, um diesen Punkt des Gesetzes zu ändern.

Anlässlich des Muttertags am 10.05. hat der LSVD zusammen mit All Out 53.500 Stimmen an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht für eine sofortige Reform des Abstammungsrechts übergeben. Die Petition hat inzwischen über 61.000 Unterschriften. Ministerin Lambrecht hat auch diese bislang ignoriert. Die Zeit drängt!

Hintergrund
Zwei-Mütter-Familien erfahren bereits aktuell eine erhebliche Diskriminierung durch den Zwang zur Durchführung eines förmlichen Adoptionsverfahrens als einziger rechtlicher Möglichkeit zur Erlangung der gemeinsamen Elternschaft. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen. Diese Diskriminierung wird durch das verabschiedete Adoptionshilfe-Gesetz weiter massiv verschärft. Sie sollen nun zusätzlich auch eine verpflichtende Beratung absolvieren. Der Nachweis dieser Beratung wird zwingende Antragvoraussetzung für die Adoption sein. So drohen noch längere Wartezeiten bis zur rechtlichen Absicherung ihrer Kinder.

Weiterlesen
Warum wird das Adoptionshilfe-Gesetz die Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien verschärfen?
Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier "Regenbogenfamilien im Recht"
Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Engagement für Reform im Abstammungsrecht zur Absicherung von Regenbogenfamilien

Quelle: PressemitteilungLesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 09.06.2020

Bundesrat soll Vermittlungsausschuss anrufen

Heute hat der Bundestag das Adoptionshilfe-Gesetz verabschiedet. Das Gesetz hat einen schweren Webfehler: Es verschärft die Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien im Verfahren der Stiefkindadoption. Die Stiefkindadoption ist für Zwei-Mütter-Familien mangels Alternativen nach wie vor die einzige Möglichkeit, die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundene Absicherung zu erreichen. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Statt der versprochenen Verbesserung der rechtlichen Absicherung von Regenbogenfamilien durch die Reform des Abstammungsrechts verschärft die Große Koalition die Bevormundung und Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisiert aufs Schärfste die bewusste Ignoranz von SPD und Union gegenüber einem konkreten Formulierungsvorschlag, der diese Verschlechterung zumindest verhindert hätte. Auch Bundesfamilienministerin Giffey hat es als zuständige Ministerin versäumt, ihrer oft erklärten Unterstützung von Regenbogenfamilien hier einmal Taten folgen zu lassen. Sehenden Auges werden Zwei-Mütter-Familien nun zu Leidtragenden einer seit Jahren verschleppten Reform des Abstammungsrechts gemacht.

Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Wir fordern die Landesregierungen unter Beteiligung von FDP, Grüne und Linke dazu auf, das Adoptionshilfe-Gesetz so nicht passieren zu lassen, sondern den Vermittlungsausschuss anzurufen, um diesen Punkt des Gesetzes zu ändern. Es darf keine Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien geben. Statt der seit mehr als einem Jahr andauernden Untätigkeit sollte Bundesjustizministerin Lambrecht zudem endlich einen Zeitplan für die versprochene Reform des Abstammungsrechts vorlegen

Zwei-Mütter-Familien sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen. Mit dem Adoptionshilfe-Gesetz müssen sie nun eine verpflichtende Beratung absolvieren. Außerdem drohen noch längere Wartezeiten bis zur rechtlichen Absicherung ihrer Kinder.

Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen. Kein Kind sollte bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

Hintergrund

Warum wird das Adoptionshilfe-Gesetz die Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien verschärfen?

Petition: Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier "Regenbogenfamilien im Recht"

Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Engagement für Reform im Abstammungsrecht zur Absicherung von Regenbogenfamilien

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hilfen für Familien bei Adoption (Adoptionshilfe-Gesetz). Schriftliche Stellungnahme zur Vorbereitung der Anhörung am 02.03.2020.

Quelle: PressemitteilungLesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 28.05.2020

SCHWERPUNKT III: Erklärung Ratschlag Kinderarmut zum Internationalen Kindertag

Gemeinsame Erklärung des Ratschlags Kinderarmut – unterzeichnet von 59 Organisationen und Einzelpersonen, darunter Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Kinderrechtsorganisationen, Familienverbände, Selbsthilfeorganisationen, Wissenschaftler*innen.

Anlässlich des Internationalen Kindertages fordert ein breites Bündnis unter Federführung der Nationalen Armutskonferenz (nak) und Koordination des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen in Deutschland die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdient. Dazu appelliert das Bündnis an die politisch Verantwortlichen endlich konkrete Konzepte mit notwendigen Umsetzungsschritten vorzulegen, die allen Kindern und Jugendlichen ein gutes Aufwachsen ermöglichen.

Jedes fünfte Kind und jede*r fünfte Jugendliche wächst in einem Haushalt auf, in dem Mangel zum Alltag gehört: Mangel an Geld sowie an sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Chancen. Das muss sich ändern: Wir können nicht länger hinnehmen, dass Kindern und Jugendlichen Startchancen genommen werden und ihnen bestimmte gesellschaftliche Erfahrungen und Aktivitäten oft dauerhaft verschlossen bleiben. Folgende Grundsätze sind hierbei für die unterzeichnenden Sozial- und Familienverbände, Gewerkschaften, Stiftungen, Kinderrechtsorganisationen und Einzelpersonen von zentraler Bedeutung:&nb

  1. Armut ist kein Versagen der*des Einzelnen!

  2. Alle Kinder und Jugendlichen haben Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse!

  3. Jedes Kind ist gleich viel wert!
  4. Unterstützung muss dort ankommen, wo sie gebraucht wird!

Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), erklärt dazu: „Armut grenzt aus und macht krank. Armut schränkt Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung ein und gibt ihnen damit nicht die Chance, auf ein Aufwachsen in Wohlergehen. Die unterzeichnenden Verbände, Organisationen und Gewerkschaften sind sich einig, dass alles getan werden muss, damit alle Kinder gesellschaftliche Teilhabe erfahren können und ein gutes Aufwachsen gesichert ist. Dazu gehören der Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, aktuell auch durch krisenbedingte Aufschläge und vereinfachten Zugang zu Leistungen, die Sicherstellung sozialer Infrastruktur sowie die intensive Begleitung von Kindern und Jugendlichen zurück in ihren Kita- und Schulalltag!“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V., ergänzt: „Bund, Länder und Kommunen waren in den letzten Jahren nicht untätig. Die bisherigen Maßnahmen reichen aber bei weitem nicht aus, um Armut von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien nachhaltig zu überwinden. Die Corona-Pandemie verstärkt die bestehenden Missstände, denn ein echter Rettungsschirm für arme Kinder und Familien lässt auf sich warten. Kinder sind unsere Zukunft, sie müssen lachen, spielen und lernen können und dafür ausreichend Ressourcen in ihrer Familie und der Gesellschaft vorfinden. Dafür müssen wir heute gemeinsam die Weichen für morgen stellen. Wir setzen uns für ein Gesamtkonzept für einen kommunalen Infrastrukturausbau ein und fordern existenzsichernde finanzielle Leistungen für Familien, die unbürokratisch und automatisch an Anspruchsberechtigte ausbezahlt werden.“

Die gemeinsame Erklärung des Ratschlags Kinderarmut vom 01.06.2020 „Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben!“ finden Sie u>

Zum Ratschlag Kinderarmut:

Auf Initiative der Nationalen Armutskonferenz (nak) trafen sich 2016 zahlreiche bundesweit agierende Organisationen, um gemeinsam Perspektiven der Bekämpfung von Kinderarmut zu diskutieren. Die erste gemeinsame Erklärung „Keine Ausreden mehr: Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen!“ wurde im Juni 2017 als Forderungen zur Bundestagswahl von 46 Organisationen und Einzelpersonen unterstützt und unter breiter medialer Beachtung veröffentlicht. Diese Erklärung wurde in gekürzter Form auch auf die Kampagnen-Plattform „we act“ zur Mitzeichnung gestellt und erreichte fast 40.000 Unterschriften. Anlässlich des 13. Treffens der Menschen mit Armutserfahrung bekräftigte der Ratschlag seine Forderungen mit der Erklärung „Bekämpfung von Kinderarmut muss Priorität haben! – Gemeinsame Erklärung von Nationaler Armutskonferenz, Kinder-, Familien- und Wohlfahrtsverbänden“ im November 2018.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 29.05.2020

Am 1. Juni ist Internationaler Kindertag. An dem Tag macht auch die SPD-Bundestagsfraktion auf die Rechte und Bedürfnisse von Kindern aufmerksam.

„Der Internationale Kindertag am 1. Juni findet in diesem Jahr unter den aller Orten zu spürenden Auswirkungen des Corona-Virus statt. Kinder und ihre Familien stehen derzeit oft unter noch mehr Druck als es ohne die Pandemie schon der Fall war. Insbesondere auch in finanzieller Hinsicht. Die SPD-Bundestagsfraktion hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Kurzarbeit und Kinderzuschlag ausgeweitet, Elterngeldregelungen angepasst, die Lohnfortzahlungen verlängert sowie der Zugang zur Grundsicherung erleichtert wurde. Wir setzen uns darüber hinaus für einen Kinderbonus von wenigstens 300 Euro für jedes Kind ein, der nicht auf Sozialleistungen angerechnet wird. All diese Maßnahmen helfen Familien unmittelbar in dieser schwierigen Zeit.

Der Wegfall von Unterstützungsangeboten kann sich auf Kinder, deren Familien arm oder von Armut bedroht sind, besonders fatal auswirken, wie die gemeinsame Erklärung des Ratschlags Kinderarmut anlässlich des Internationalen Kindertages 2020 deutlich macht. Diese Familien und deren Kinder drohen aus den Unterstützungssystemen herauszufallen. Damit wächst die Gefahr, dass die Chancen auf ein gesundes und selbstbestimmtes Aufwachsen noch ungleicher verteilt sein werden.

Um genau das zu verhindern, hat die SPD ihr Konzept der Sozialdemokratischen Kindergrundsicherung entwickelt, welches sowohl materielle Unterstützung bedarfsgerecht und unbürokratisch für die Familien zugänglich macht, wie auch als zweite Säule eine verlässliche und perspektivisch kostenfreie Infrastruktur für die Kinder und ihre Familien garantiert – und zwar für alle Kinder. Denn jedes Kind ist uns gleich viel wert.

Wir setzen uns für einen weiteren Ausbau der Infrastruktur für Kinder ein wie etwa Angebote an Ganztagsplätzen in Schulen und Kitas, in der Kinder- und Jugendhilfe und von Verbänden ein.

In Zeiten von Corona wird aus unserem Anspruch, kein Kind zurück zu lassen zunächst der Anspruch, alle Kinder wieder abzuholen und mitzunehmen. Was dafür nötig ist, darüber bleiben wir weiterhin im intensiven Dialog mit den Familien und mit den Engagierten für die Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 29.05.2020

Zur heutigen Veröffentlichung der von einem großen Bündnis getragenen Erklärung des Ratschlags Kinderarmut erklären KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinderpolitik, und SvenLehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Die Bundesregierung muss jetzt reagieren, Angela Merkel muss die Bekämpfung der Kinderarmut zur Chefinnensache machen. Die breit getragene Erklärung von über 50 Verbänden und Gewerkschaften ist ein Weckruf an die Regierungskoalition, die seit Jahren stagnierend hohe Zahl von Armut betroffenen Kindern nicht länger auf die leichte Schulter zu nehmen.

In Deutschland wächst eines von fünf Kindern in einem von Armut betroffenen Haushalt auf. Es ist offensichtlich, dass die heutigen Maßnahmen gegen Kinderarmut in Deutschland nicht ausreichend sind und zu oft an den Familien vorbeigehen. Der Großen Koalition fehlt aber der politische Wille, direkte Hilfen an Familien zu geben. Sie setzt bei der Bekämpfung von Kinderarmut weitgehend auf hoch bürokratische Sachleistungen, die oftmals gar nicht bei den Familien ankommen. Das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Mittagessen per Lieferdienst ist symptomatisch für diese Politik.

Es ist unerträglich, dass sich Union und SPD eisern gegen eine direkte Unterstützung wie einem Zuschlag auf die Grundsicherung wehren. Die Politik der Großen Koalition ist geprägt von Misstrauen und Ignoranz gegenüber Familien in Armut. Die Konsequenzen tragen die betroffenen Kinder und Jugendlichen. Mangel gehört für sie oft zum Alltag: Mangel an Geld, aber auch an sozialer, kultureller und gesundheitlicher Teilhabe. Armut schließt Kinder von den Unternehmungen und den Hobbys anderer Kinder aus, von Nachhilfe, von Kinobesuchen und auch davon, mal ein Eis essen zu gehen. Armut schränkt Kinder in ihrem Aufwachsen ein, sie beschränkt Kinder in ihren Bildungs- und Lebenschancen.

Anstatt die Kinderarmut weiterhin bloß zu verwalten, braucht es eine Gesamtstrategie, die allen Kindern ein Aufwachsen ohne Armut ermöglicht und ihre Bedürfnisse endlich in den Mittelpunkt stellt. Wir fordern deshalb die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Bedarfen von Kindern orientiert und automatisch, ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird.

Die Coronakrise hat die Situation von Kindern, die von Armut betroffen sind, weiter verschärft. Wir fordern als Sofortmaßnahme einen Aufschlag von monatlich 60 Euro auf die Regelleistungen für Kinder. Und die tatsächliche Förderung von Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder in Zeiten des Homeschoolings – durch eine dem Lernen angemessene digitale Ausstattung und Förderangebote. Denn alle Kinder haben ein Recht auf Teilhabe und gutes Aufwachsen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 29.05.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfrauenministerin Giffey und Bundesjustizministerin Lambrecht legen Dritte und Vierte Jährliche Information zu Frauen- und Männeranteilen an Führungsebenen vor

Freiwillig tut sich wenig, nur die feste Quote wirkt – das belegen erneut die aktuellsten Berichte zur Entwicklung des Frauenanteils in Führungspositionen, die Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht gemeinsam vorgelegt haben. Die „Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes“ wurden heute vom Bundeskabinett beschlossen und anschließend dem Deutschen Bundestag zugeleitet.

Im Bereich der Privatwirtschaft ist demnach der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Unternehmen, die unter die feste Quote fallen, weiter gewachsen. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes 2015 stieg er von 25 Prozent auf 32,5 Prozent im Jahr 2017 und in diesem Jahr sogar auf 35,2 Prozent. Im Vergleich dazu sind es bei Unternehmen, die nicht unter die feste Quote fallen, allerdings nur magere 19,9 Prozent.

Ernüchternd ist der Blick auf die Entwicklung in den Vorständen deutscher Unternehmen. Hier sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ihr Anteil erhöhte sich seit 2015 lediglich von 6,3 Prozent auf 7,7 Prozent im Geschäftsjahr 2017. 80 Prozent der Unternehmen haben keine Frau im Vorstand. Etwa 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgrößen für den Vorstand setzten, meldeten Zielgröße 0 Prozent.

Bundesfrauenministerin Giffey betont: „Die Zahlen zeigen erneut das seit Jahren bekannte Dilemma: Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts. Umso wichtiger ist, dass wir endlich die Reform des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen angehen. Unsere Vorschläge liegen seit langem auf dem Tisch. Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie wird überdeutlich: Frauen stehen in vorderster Reihe, um die aktuelle Krise zu bewältigen, allen voran in den sozialen Berufen. Aber in den Führungspositionen sind sie systematisch unterrepräsentiert. Dabei wissen wir aus vielen Studien: Die besten Entscheidungen treffen Führungsteams, in denen Männer UND Frauen vertreten sind. Und das gilt besonders dann, wenn Unternehmen in Krisensituationen stecken. Frauen in Führungspositionen sind also keine Belastung der Wirtschaft in schwierigen Zeiten, sondern fördern den wirtschaftlichen Erfolg und stehen für eine moderne Unternehmenskultur“, so Ministerin Giffey.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt: "Die in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte Aufsichtsratsquote hat Wirkung gezeigt: Im Vergleich zu Unternehmen, die noch nicht einer fixen Quote unterliegen, hat sich der Frauenanteil hier deutlich gesteigert.

Diesen Erfolg wollen wir fortschreiben: Wir wollen die Aufsichtsratsquote flächendeckend auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Deutschland ausweiten. Das Erfordernis der Börsennotierung soll künftig wegfallen.

Zudem sollte bei großen Unternehmen ab vier Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau im Vorstand sein. In unserem Land gibt es ausreichend exzellent ausgebildete Frauen, die Leitungsverantwortung übernehmen wollen und vor allem auch können."

Das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG)“ beinhaltet folgende Regelungen für die Privatwirtschaft:

Das Gesetz sieht vor, dass seit dem 1. Januar 2016 für Aufsichtsräte von Unternehmen, die sowohl börsennotiert sind als auch der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, ein fester Mindestanteil an Frauen und Männern von 30 Prozent zu erzielen ist. Bei Nichterfüllung des Mindestanteils ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Es folgt die Sanktion des leeren Stuhls. Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder in irgendeiner Form der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegen, müssen Zielgrößen für die Zusammensetzung des geschäftsführenden Organs, des Aufsichtsrats sowie der beiden obersten Führungsebenen unterhalb des geschäftsführenden Organs festlegen. Zugleich sind die Unternehmen verpflichtet, sich Fristen für die angestrebte Erreichung der Zielgrößen zu setzen, die bei der erstmaligen Festlegung (zum 30. September 2015) nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern durften. Die darauffolgenden Fristen dürfen fünf Jahre nicht überschreiten.

Im Bereich des öffentlichen Dienstes ist die Entwicklung weiterhin positiv. Dennoch sind Frauen in Führungspositionen in der Bundesverwaltung nach wie vor unterrepräsentiert.

Hier gibt der Gleichstellungsindex, den das Statistische Bundesamt im Auftrag des BMFSFJ erstellt hat, Aufschluss über die Geschlechteranteile an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden:34 Prozent der mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben Beschäftigten in den obersten Bundesbehörden waren 2018 Frauen. Im Verhältnis dazu lag der Frauenanteil an der Gesamtbeschäftigung 2018 bei 53 Prozent. Einen Rückschritt zeigt der Vorjahresvergleich mit Blick auf den Frauenanteil im höheren Dienst in den obersten Bundesbehörden. Er verringerte sich im Vorjahresvergleich um einen Prozentpunkt auf 45 Prozent, nachdem er zuvor seit 2015 jährlich um jeweils einen Prozentpunkt gestiegen war

Weitere Informationen zum aktuellen Gleichstellungsindex 2019 finden Sie unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentlicher-Dienst/Publikationen/_publikationen-innen-gleichstellungsindex.html%20

Für die Gremienbesetzung hat sich der Bund selbst strengere Regeln als der Privatwirtschaft gegeben. Seit dem 1. Januar 2016 ist die Bundesregierung verpflichtet, bei der Bestimmung von Mitgliedern für Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, sukzessive für diese Sitze eine Geschlechterquote von 30 Prozent zu erreichen bzw. eine solche beizubehalten und seit 1. Januar 2018 sollen diese Mindestanteile von 30 Prozent auf 50 Prozent erhöht werden. Die Institutionen des Bundes haben zum Stichtag 31. Dezember 2018 insgesamt 540 Gremien mit dazugehörigen vom Bund bestimmten Mitgliedern gemeldet. In 239 der Gremien kann der Bund drei oder mehr Mitglieder bestimmen. Der Frauenanteil betrug bei den Mitgliedern, die der Bund bestimmen kann, 45,4 Prozent.

Die „Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes“ finden Sie hier: www.bmfsfj.de/fraueninfuehrung

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.06.2020

Bundesfrauenministerin Giffey wirbt für bundesgesetzliche Rechtsgrundlage für Schutz und Beratung bei Gewalt

Im Fokus der heutigen Sitzung des Runden Tisches „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen stand eine Bestandsaufnahme des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen in der Corona-Zeit. Zudem bildete die Sitzung den Auftakt für Beratungen über die Frage, wie das Hilfesystem zukünftig stabiler und auskömmlicher finanziert werden kann.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Kein Mensch, keine Frau, kein Kind in unserem Land soll Gewalt ertragen müssen. Und wenn es zu Gewalt kommt, müssen sich die Betroffenen, insbesondere Frauen mit ihren Kindern, darauf verlassen können, dass sie schnell Schutz finden, dass sie fachlich gut beraten werden und Unterstützung bekommen, die ihnen in ihrer konkreten Lebenssituation weiterhilft. Die Coronakrise hat die Aufmerksamkeit für die Herausforderungen, vor denen wir gerade im Gewaltschutz stehen, noch einmal erhöht. Sie macht mit Nachdruck deutlich, warum wir unsere Unterstützungsangebote auf ein starkes Fundament stellen und sie finanziell langfristig absichern müssen. Nachdem wir in den letzten Beratungen bereits Übereinkünfte über Arbeitsschwerpunkte des Runden Tisches und über die Zusammenarbeit im Rahmen des Bundesförderprogramms erzielt haben, gehen wir heute mit dem vierten Runden Tisch den nächsten Schritt und machen uns an die Arbeit, um diese Ziele zu erreichen und praktisch umzusetzen. Denn Bund, Länder und Kommunen sind hier gemeinsam in der Verantwortung.“

Das Bundesfrauenministerium vertritt die Auffassung, dass für das verlässliche Vorhalten von Unterstützungsangeboten ein bundesgesetzlicher Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewalt am besten geeignet ist. Damit könnte ein bundesweit einheitlicher Rahmen für einen gleichmäßigen Zugang zu Unterstützung für alle von Gewalt betroffenen Personen geschaffen werden. Bis zur nächsten Sitzung des Runden Tisches im Frühjahr 2021 sollen hierzu Eckpunkte erarbeitet werden.

In der Sitzung konnte auch ein positives Zwischen-Fazit für das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ gezogen werden, das Anfang des Jahres gestartet ist.

Franziska Giffey dazu: „Mit unserem Bundesförderprogramm stellen wir in vier Jahren über 120 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen sowie innovative Projekte bereit. Ein solches Programm ist auf Bundesebene in dieser Höhe einmalig in der Geschichte unseres Landes und wird dazu beitragen, Frauenhäuser und andere Hilfseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen zu stärken und weiterzuentwickeln.“

Der Bauförderteil des Programms wird in enger Kooperation mit den Ländern umgesetzt. Über die Hälfte der Länder haben bereits die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund gezeichnet. Die anderen sind kurz davor. Das ist die Grundvoraussetzung, damit Fördermittel fließen können, zum Beispiel für den Um-, Aus- und Neubau von Frauenhäusern oder zur Erprobung neuer Schutzmodelle.

Anträge können noch bis zum 15. September 2020 an die zuständige Bundesservicestelle „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln gestellt werden.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.bafza.de/programme-und-foerderungen/bundesservicestelle-gemeinsam-gegen-gewalt-an-frauen/?sword_list%5B0%5D=Kinderwunschbehandlung&no_cache=1

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.06.2020

Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist es von zentraler Bedeutung, dass die Belange von Betroffenen auf Bundesebene Gehör finden und öffentlich gemacht werden. Deshalb wurde 2015 beim Amt des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) ein ehrenamtlich tätiger Betroffenenrat eingerichtet, der 2018 durch Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey verstetigt wurde.

In dieser Woche hat Ministerin Giffey nun die 18 Mitglieder des zweiten Betroffenenrates für die Dauer von fünf Jahren berufen. Dem zweiten Betroffenenrat gehören elf Mitglieder an, die bereits im ersten Rat tätig waren und ihr Engagement nun fortsetzen. Außerdem hat sich das Auswahlgremium einstimmig auf sieben neue Mitglieder verständigt. Die konstituierende Sitzung des zweiten Betroffenenrates findet Ende Juni statt.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Um Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Betroffene besser zu unterstützen, ist ein Schulterschluss auf vielen verschiedenen Ebenen notwendig. Unverzichtbar bei allen Überlegungen und Maßnahmen ist dabei, die Perspektive von Betroffenen zu berücksichtigen. Das war nicht immer selbstverständlich. Mit dem ersten Betroffenenrat wurde beim Unabhängigen Beauftragten in den letzten Jahren ein sehr gutes Format der Beteiligung entwickelt, das wir weiterführen wollen. Ich danke all denjenigen, die ihre Bereitschaft erklärt haben, in diesem Gremium mitzuarbeiten und sich stellvertretend für so viele andere Betroffene einzusetzen. Durch das Amt des Unabhängigen Beauftragten und seinen etwa 20-köpfigen Arbeitsstab, den Betroffenenrat, den „Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ und die Aufarbeitungskommission haben wir inzwischen starke Strukturen, die sich mit großem Engagement für den Kampf gegen Kindesmissbrauch einsetzen. Und die Zahlen sind nach wie vor erschreckend hoch: Experten der WHO gehen davon aus, dass eine Million Kinder in Deutschland Missbrauch erlebt haben oder erleben – das sind pro Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder. Wir dürfen und werden im Kampf gegen Missbrauch nicht nachlassen.“

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, würdigt die starke Betroffenenbeteiligung auf Bundesebene: „Ich freue mich sehr, mit den 18 Mitgliedern des neuen Betroffenenrates für die kommenden Jahre ein starkes Gremium an meiner Seite zu haben. Die Arbeit des Betroffenenrates ist unerlässlich und wertvoll, um das komplexe Thema des sexuellen Kindesmissbrauchs mit all seinen Facetten zu verstehen und Politik und Gesellschaft zum Handeln zu bewegen. Alle Mitglieder des Betroffenenrats sind Expert*innen in eigener Sache und verfügen über ein enormes Erfahrungs- und Detailwissen zu vielen Aspekten der sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Es ist wichtig, dass dieses Wissen in die vielfältigen politischen Entscheidungen einfließen kann.“

Rörig bedankte sich zudem bei den weiteren Mitgliedern des Auswahlgremiums, mit denen in den letzten Monaten aus mehr als 200 Bewerbungen die Zusammensetzung des neuen Betroffenenrates vorgenommen wurde.

Weitere Informationen zum Betroffenenrat

Der Betroffenenrat ist ein ehrenamtlich tätiges Gremium, das erstmals im März 2015 konstituiert wurde und das den UBSKM und seinen Arbeitsstab berät. Durch die strukturierte Beteiligung von Betroffenen sollen die Belange von Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs auf Bundesebene Gehör finden und in laufende Prozesse zum breiten Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs einfließen. Die Mitglieder des Betroffenenrates arbeiten seit Jahren beruflich und/oder ehrenamtlich zu diesem Thema und verfügen neben individuellem Erfahrungswissen auch über spezifisches Expertinnen- und Expertenwissen. Sie tragen die Anliegen der Betroffenen in den politischen Diskurs und die Öffentlichkeit und geben dem Thema ein Gesicht und eine Stimme. Mitglieder des Betroffenenrates gehören auch dem „Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ an, den Ministerin Giffey und der Beauftragte Rörig Ende 2019 ins Leben gerufen haben.

Die Auswahl der sieben neuen Mitglieder für den zweiten Betroffenenrat wurde aus mehr als 200 Bewerbungen getroffen. Dabei wurden die im Kabinettsbeschluss von Dezember 2018 benannten Kriterien von Gendergerechtigkeit, Altersdiversität und unterschiedlichen Missbrauchskontexten berücksichtigt. Den Auswahlgremium gehörten der Unabhängige Beauftragte, eine Vertreterin seines Arbeitsstabes, eine Vertreterin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie zwei Betroffene an, die selbst nicht Mitglieder des Betroffenenrates sind, aber von ihm benannt wurden.

Weitere Informationen unter: https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/der-betroffenenrat-2

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.06.2020

Das Bundeskabinett hat sich heute mit Frauen in Führungspositionen befasst. Noch immer ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen deutlich niedriger als der von Männern. Nur in Unternehmen, für die eine feste Quote gilt, sind echte Fortschritte in Richtung Geschlechtergerechtigkeit erkennbar. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich daher dafür ein, dass die Quote auf weitere Unternehmen ausgeweitet wird.

„Die Corona-Krise macht bestehende Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern besonders deutlich. Frauen stehen in der Krisenbewältigung in vorderster Reihe. Dies ist allerdings viel zu selten der Fall, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht. Das müssen wir ändern.

Das Bundeskabinett hat heute die Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils an Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung beschlossen. Die Zahlen zeigen erneut, wie wichtig verbindliche Vorgaben sind. Nur in Unternehmen, für die eine feste Quote gilt, sind Fortschritte in Richtung Geschlechtergerechtigkeit zu erkennen. Und nur dort kann auch ein Kulturwandel stattfinden.

Mit Freiwilligkeit kommen wir nicht weiter. Weiterhin sind Frauen in Vorständen stark unterrepräsentiert. Die bisherige Verpflichtung von Unternehmen, selbst eine Zielgröße zur Erhöhung des Frauenanteils in ihrem Vorstand festzulegen, funktioniert nicht. Viele Unternehmen setzen sich keine oder die Zielgröße Null. Dies zeigt: Wir müssen das Quotengesetz überarbeiten.

Wir unterstützen deshalb unsere Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht in ihrer Forderung, die Quote auf alle Unternehmen, die mehr als 2.000 Beschäftige haben, auszuweiten. Außerdem sollen große Unternehmen künftig mindestens eine Frau in den Vorstand berufen, wenn dieser größer als drei Personen ist. Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen sollte auch im eigenen Interesse der Unternehmen sein. Denn gemischte Führungsteams stärken nachweislich den Unternehmenserfolg.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 10.06.2020

Zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu § 17 VersAusglG erklärt KatjaKeul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Das Verfassungsgericht hat heute den § 17 VersAusglG zum Versorgungsausgleich bei betrieblicher Altersvorsorge für verfassungsgemäß erklärt und den Familiengerichten die verfassungsgemäße Auslegung und Anwendung der Norm auferlegt. Dazu müssen die Familienrichterinnen und Familienrichter künftig Alternativberechnungen für verschiedene Versorgungsträger anstellen und bei einer relevanten Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz dem Arbeitgeber beziehungsweise dem Träger der betrieblichen Altersvorsorge zusätzliche Ausgleichszahlungen aufgeben. Das stellt die Familiengerichte vor enorme Herausforderungen, die in der Praxis nur schwer zu bewältigen sein werden – was zu weiterer Rechtsunsi cherheit im Versorgungsausgleichsverfahren führen wird. Es ist auch davon auszugehen, dass die arbeitgeberseitigen Versorgungsträger gegen solche erhöhten Ausgleichszahlungspflichten regelmäßig Rechtsmittel einlegen werden.

Ein Weg, diese Unsicherheiten zu vermeiden, wäre stattdessen die Verschiebung der Berechnung des Ausgleichswertes auf den Zeitpunkt des Renteneintritts. Damit würden die Verwerfungen durch die Zinsentwicklung zwischen Scheidung und Renteneintritt deutlich verringert. Wir haben die Bundesregierung bereits aufgefordert, diesen Weg näher zu prüfen, um den Versorgungsausgleich insgesamt weniger fehleranfällig und rechtssicherer zu machen.

Dem Gesetzgeber bleibt es im Übrigen unbenommen, den § 17 VersAusglG abzuschaffen, auch wenn er nicht verfassungswidrig ist. Das halten wir nach wie vor für sinnvoll und geboten, auch gerade im Hinblick auf die drohende Benachteiligung von Frauen bei der Altersvorsorge.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.05.2020

„Der Niedergang des Sozialen Wohnungsbaus geht weiter. Es werden zu wenige Sozialwohnungen neu gebaut und deutlich mehr fallen aus der Sozialbindung. Der Bund muss endlich ein Rettungsprogramm für den Sozialen Wohnungsbau auflegen, sonst gehören Sozialwohnungen bald der Vergangenheit an. Das darf angesichts von Mietenkrise und Corona-Krise nicht passieren“, fordert Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der Beratung im Bundeskabinett zum Bericht zur Verwendung der Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau. Lay weiter:

„Die Bundesregierung schaut dem Niedergang des Sozialen Wohnungsbaus tatenlos zu. Erst bei den letzten Haushaltsverhandlungen hat die Koalition die Ausgaben für die soziale Wohnraumförderung um ein Drittel reduziert. Das ist wirklich skandalös. Es gibt also keinen Grund, mit dem Finger auf die Länder zu zeigen. Statt der Absenkung der Großen Koalition auf nur 1 Milliarde Euro braucht es ein öffentliches Wohnungsbauprogramm in Höhe von 10 Milliarden Euro für 250.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr, bei der es neben Neubau auch um die Verlängerung der Sozialbindungen geht. Einmal geförderte Sozialwohnungen müssen künftig immer Sozialwohnungen bleiben. Das ließe sich durch eine neue Wohngemeinnützigkeit für Durchschnitts- und Geringverdiener gewährleisten.“

Hintergrundinfo: Im vergangenen Jahr sank mit nur 25.565 die Zahl der neu gebauten Sozialwohnungen gegenüber 2018. Dem steht außerdem gegenüber, dass vermutlich wie im Vorjahr ca. 70.000 Wohnungen aus der Bindung fallen werden. So ist erneut ein riesiger Verlust von unterm Strich 40 000 bis 50.000 Sozialwohnungen zu erwarten.1990 gab es noch 3 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, 2018 gab es nur noch unter 1,2 Millionen. Der Abwärtstrend setzt sich ungebremst fort.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 03.06.2020

Ob das Baukindergeld über 2020 hinaus verlängert werden soll, erfragt die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/19766). Die Abgeordneten möchten auch wissen, welche Gründe für eine Verlängerung und welche dagegen sprechen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.597 vom 10.06.2020

Mit der Ermittlung von Regelbedarfen nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" befasst sich die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/19431) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/19082). Wie die Bundesregierung darin ausführt, ist ein Inkrafttreten der neu ermittelten Regelbedarfsstufen zum 1. Januar 2021 vorgesehen. Dies entspreche der gesetzlichen Vorgabe des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Danach werde die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegen.

Grundlage für die Ermittlung von Regelbedarfen sind die Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen, wie die Bundesregierung weiter schreibt. Dementsprechend werde sie auch im Rahmen der anstehenden Neuermittlung der Regelbedarfe die statistisch nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.582 vom 05.06.2020

Im Sommer übernimmt die Bundesrepublik Deutschland in einer gesellschaftlichen und politischen Ausnahmesituation die EU-Ratspräsidentschaft. Eine besondere Herausforderung wird darin bestehen, zentrale jugendpolitische Vereinbarungen, wie geplant, auf den Weg zu bringen und dabei gleichsam auf die, durch die Corona-Krise entstandenen, neuen oder veränderten Situationen zu reagieren. So ist etwa die transnationale Jugendmobilität nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, die Situation junger Menschen auf der Flucht hat sich noch mal verschärft und demokratische Grundrechte junger Menschen werden in einigen Ländern beschnitten. Zudem sind junge Menschen besonders stark von den ökonomischen Folgen der Krise betroffen, da ihnen wichtige Übergänge der Bildung, der Ausbildung oder des Berufs versperrt sind.

Aus Sicht des Bundesjugendkuratoriums ist es gerade jetzt wichtig, dass junge Menschen mehr Gehör finden, sie stärker an den europäischen und bundespolitischen Beratungen zum Weg aus der Krise beteiligt werden und die Möglichkeit erhalten, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.

Der gesamte Zwischenruf steht auf www.bundesjugendkuratorium.de/stellungnahmen zum Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratorium (BJK) vom 10.06.2020

Einführung und Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns haben seit 2015 die Einkommenssituation von Millionen Menschen in Deutschland verbessert, von denen nicht wenige in „systemrelevanten“, aber niedrig bezahlten Berufen arbeiten. Gleichzeitig hat sich der starke Zuwachs der Erwerbstätigkeit über Jahre fortgesetzt (siehe auch die Grafiken 1 und 2 in derr pdf-Version dieser PM; Link unten). Der Mindestlohn hat dadurch die private Konsumnachfrage spürbar unterstützt, die in den vergangenen Jahren wesentlich zum Wirtschaftswachstum in Deutschland beigetragen hat. Solche positiven Impulse sind zur Bewältigung der aktuellen Corona-Krise besonders wichtig. Deshalb ist eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf ein Niveau von 12 Euro ökonomisch und sozial weiterhin absolut vernünftig. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in einer neuen Stellungnahme für die Mindestlohn-Kommission.*

„Politik und Ökonomen sind sich einig, dass die Nachfrage in Deutschland nach den Einschränkungen zur Corona-Bekämpfung dringend angekurbelt werden muss“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schulten, Tarifexperte des WSI. „Dabei werden Unternehmen direkt oder indirekt mit vielen Milliarden Euro unterstützt. Eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns wäre ein weiterer wichtiger Baustein, ebenso wie die Stärkung der Tarifbindung in Deutschland. Ein deutlich höherer Mindestlohn kommt Beschäftigten zu Gute, die sehr wenig verdienen und zusätzliches Einkommen umgehend ausgeben werden. Forderungen nach einer zurückhaltenden Anpassung oder gar Nullrunde beim Mindestlohn mit Hinweis auf die Corona-Krise sind dagegen fehl am Platze.“

„Es ist in der aktuellen Situation besonders wichtig, die Erwartungen auf Einkommenssteigerungen der privaten Haushalte zu stabilisieren“, erklärt Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Eine Anhebung des Mindestlohns kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, da von ihm eine Signalwirkung für die gesamte Lohnentwicklung ausgeht.“

Ein Konzept für eine weitere schrittweise Anhebung des Mindestlohns ist nach Analyse der Wissenschaftler umso drängender, weil sich bislang die mit dem Mindestlohn verbundenen Hoffnungen auf eine nachhaltige Reduzierung des Niedriglohnsektors und die Etablierung existenzsichernder Löhne kaum erfüllt haben. Wenn mit dem Mindestlohn beispielsweise auch das Ziel erreicht werden soll, nach langjähriger Beschäftigung eine Rente oberhalb der Grundsicherungsschwelle zu erreichen, hätte er bereits im vergangenen Jahr bei mindestens 11,51 Euro liegen müssen, zeigen Berechnungen der Experten.

Gemessen am mittleren (Median-)Lohn von Vollzeitbeschäftigten lag der deutsche Mindestlohn nach den aktuellsten verfügbaren Daten mit 45,6 Prozent deutlich niedriger als im EU-Durchschnitt (50,7 Prozent). Und anders als in vielen anderen Ländern sank die Quote in den vergangenen Jahren (Grafik 4). Ein Mindestlohn bei 60 Prozent des Medians und damit oberhalb der Schwelle, bei der nach verbreiteter wissenschaftlicher Definition von „Armutslöhnen“ gesprochen wird, müsste in Deutschland aktuell 12,21 Euro betragen. In Großbritannien soll diese 60-Prozent-Schwelle nach fünf aufeinanderfolgenden kräftigen Erhöhungsschritten in diesem Jahr erreicht werden, berichten die Forscher von WSI und IMK. 60 Prozent des Medians sind auch die Zielmarke, die derzeit in der Europäischen Union im Hinblick auf eine mögliche europäische Mindestlohninitiative diskutiert werden.

Würde der deutsche Mindestlohn analog auf 12 Euro angehoben, könnten davon schätzungsweise rund 10 Millionen Beschäftigte profitieren und damit mehr als doppelt so viele wie bei der Einführung 2015. Nach Simulationsrechnungen mit dem IMK-Konjunkturmodell hätte die Anhebung positive gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. So fiele langfristig der private Konsum preisbereinigt um 1,4 bis 2,2 Prozent höher aus als ohne Erhöhung. Die Wirtschaftsleistung läge um 0,5 bis 1,3 Prozent höher.

Empirische Erfahrungen mit vergleichbar hohen Mindestlohnzuwächsen sind bislang zwar beschränkt, aber in der Tendenz positiv, zeigen die Forscher. Neben der mehrjährigen Anhebung in Großbritannien und zuletzt kräftigen Erhöhungen in Spanien, die von den Unternehmen gut verkraftet worden seien, stammen empirische Beispiele vor allem aus den Vereinigten Staaten, wo lokale und regionale Mindestlöhne in letzter Zeit zum Teil weit über das landesweite Niveau erhöht wurden. Die vorliegenden Studien aus den USA hätten „gezeigt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 60 bis 66 Prozent des Medianlohns ohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigung möglich ist“, schreiben die Wissenschaftler. „Allerdings sind in den meisten Fällen größere Mindestlohnerhöhungen nicht in einem, sondern in mehreren Schritten durchgeführt worden.“

Um den Unternehmen genügend Anpassungsmöglichkeiten an ein höheres Lohnniveau einzuräumen, wäre es nach der Analyse von WSI und IMK auch in Deutschland sinnvoll, die Erhöhung des Mindestlohns in einem mehrjährigen Stufenplan durchzuführen. Als Beispiel für solch ein Konzept nennen die Experten den im März 2020 abgeschlossenen Tarifvertrag in der Systemgastronomie, der vor allem die großen Fast-Food-Ketten wie McDonald‘s, Burger King usw. umfasst. Die unteren Tariflöhne in dieser traditionellen Niedriglohn-Branche, in die ein hoher Anteil der Beschäftigten eingruppiert ist, haben sich bislang sehr nahe am gesetzlichen Mindestlohn bewegt. Mit dem Tarifabschluss sei nun eine grundlegende Aufwertung gelungen, bei der in mehreren jährlichen Schritten die untersten Tariflöhne bis 2024 auf 11,80 bis 12,00 Euro pro Stunde angehoben werden (siehe auch Abbildung 11 in der Studie; Link unten).

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 05.06.2020

Im 1. Quartal 2020 wurden rund 26500 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im 1. Quartal 2020 gegenüber dem 1. Quartal 2019 um 2,0% ab.

Aufgrund der Corona-Pandemie haben allerdings nicht alle Auskunftspflichtigen ihre Daten fristgerecht gemeldet. Diese Daten fehlen daher in den nachgewiesenen Ergebnissen des 1.Quartals 2020. Bezogen auf die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche insgesamt liegt die geschätzte Untererfassung bei knapp 1%. Berücksichtigt man diesen Antwortausfall, beträgt der Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche gegenüber dem Vorjahresquartal gut 1%.

Knapp drei Viertel (71%) der Frauen, die im 1. Quartal 2020 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahre alt, 18% zwischen 35 und 39 Jahre. Gut 8% der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3% waren jünger als 18 Jahre. Rund 41% der Frauen hatten vor dem Schwangerschafts­abbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Eine Indikation aus medizinischen Gründen oder aufgrund von Sexualdelikten war in den übrigen 4% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (55%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 27% wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, davon 81% in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und 16% ambulant in Krankenhäusern.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 04.06.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt, dass der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewalt gegen Frauen kommen soll. Der Verband mahnt, die Umsetzung dürfe nun nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey sprach sich gestern im Rahmen der vierten Sitzung des Runden Tisches „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ für einen bundesgesetzlichen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewalt gegen Frauen aus. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt diese Zusage, den Schutz von Frauen vor Gewalt endlich auskömmlich finanziell und infrastrukturell abzusichern. Für die Ministerin ist ein Rechtsanspruch am besten für das verlässliche Vorhalten von Unterstützungsangeboten geeignet. Damit könnte ein bundesweit einheitlicher Rahmen für einen niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützung für alle von Gewalt betroffenen Frauen geschaffen werden.

Mit der Perspektive, bis zur nächsten Sitzung des Runden Tisches im Frühjahr 2021 Eckpunkte zu erarbeiten, wird eine bundesweite einheitliche Lösung allerdings erneut verschoben. „Die Arbeiterwohlfahrt fordert seit vielen Jahren einen bundesgesetzlichen Rechtsanspruch und sieht die Gefahr, dass auch in dieser Legislaturperiode keine grundsätzliche Absicherung des Gewaltschutzes für Frauen umgesetzt wird.“ sagt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. „Die Corona-Krise hat die Lage für viele Frauen dramatisch verschärft, der Handlungsbedarf besteht jetzt“, so der Vorstandsvorsitzende.

Häusliche Gewalt ist für viele Frauen in Deutschland noch immer tägliche gefährliche Wirklichkeit. Seit Jahren steigen die Zahlen. 2018 wurden durch das Bundeskriminalamt 114.393 Fälle erfasst, in denen Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt wurden. Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes bietet in 42 Frauenhäusern und Schutzwohnungen sowie in mehr als 35 Frauenberatungsstellen Unterkunft, Notfallhilfe, telefonische und digitale Beratung und Begleitung an.

Bisher sind auf Bundesebene in die Gespräche des Runden Tisches Verbände und Bundesvernetzungsstellen aus dem Frauengewaltschutz mit ihrer Expertise nicht eingebunden. „Gerade wenn es um die Erarbeitung der Eckpunkte für eine bundesgesetzliche Ausgestaltung des Rechtsanspruchs geht, sollten sie mit ihrer Expertise unbedingt einbezogen werden“, so Wolfgang Stadler.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V., Paritätischen Gesamtverband und pro familia Bundesverband vom 10.06.2020

Ein mangelnder Zugang zu Verhütung bedroht die Frauengesundheit und das Menschenrecht auf Familienplanung. Dies stellt der pro familia Bundesverband zusammen mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und dem Paritätischen Gesamtverband anlässlich des Internationalen Tages der Frauengesundheit fest. In Deutschland ist noch immer keine bundesweite Lösung in Sicht, die zumindest Frauen mit wenig Einkommen einen kostenfreien und damit niedrigschwelligen Zugang zu Verhütung sichert. Stattdessen hängt es von der Postleitzahl ab, ob eine Frau eine Kostenübernahme für Spirale oder Pille über einen kommunalen Verhütungsmitteltopf erhält. Politiker*innen haben gegenüber den Verbänden Verständnis für das Problem signalisiert. Nun müssen den Worten endlich Taten folgen.

Die Verbände erinnern anlässlich des Internationalen Tages der Frauengesundheit daran, dass für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Gesundheit mehr ist als die Abwesenheit von Krankheit, sie umfasst auch das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden. Gemäß diesem Gesundheitsverständnis zählt die WHO Verhütung zu den „unentbehrlichen Arzneimitteln“, die für alle Menschen unentgeltlich zugänglich sein sollten.

„Der Zugang zu Verhütung und der Familienplanung steht für pro familia im Rang eines Menschenrechts“, sagt Dörte Frank-Boegner, Bundesvorsitzende von pro familia. „pro familia setzt sich für eine gesetzlich geregelte bundesweite Kostenübernahme ein, um allen Menschen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität – einen selbstbestimmten Zugang zu Verhütung und Familienplanung zu ermöglichen.“

„Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper und damit die eigene Gesundheit und das eigene Leben gehören aus der Perspektive der Arbeiterwohlfahrt zu den Grundvoraussetzungen für Frauen, ihr Leben frei und eigenverantwortlich gestalten zu können“ erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. „Verhütung darf keine Frage des Einkommens sein.“

„Die Corona-Krise trifft Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, besonders hart. Die Preise für Nahrungsmittel steigen rapide. Wie sollen die, die sowieso wenig haben, auch noch für Verhütungsmittel aufkommen? Vielen war das aufgrund der niedrigen Regelsätze schon ohne Pandemie nicht möglich. In der Corona-Krise spitzt sich diese Problematik nun deutlich zu“, betont Professor Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands.

Verhütungsmittel spielen eine elementare Rolle bei der Vermeidung ungewollter Schwangerschaften. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich alle leisten können. Eine Spirale, die bis zu 400,- Euro kostet, können Frauen mit wenig Geld häufig nicht bezahlen. Auch Mehrmonatspackungen der Pille bleiben für viele unerschwinglich. Das betrifft zum Beispiel Frauen, die auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe angewiesen sind, und auch Studentinnen, die BAföG beziehen. Aus finanziellen Gründen müssen sie auf die für sie individuell passende Verhütungsmethode verzichten und auf ein günstigeres, häufig unsicheres oder gesundheitlich weniger verträgliches Verhütungsmittel ausweichen.

Es gibt in Deutschland einen hohen Bedarf an kostenlosen Verhütungsmitteln. Die Auswertung des pro familia Modellprojekts biko, das im letzten Jahr ersatzlos auslief, hat deutlich gezeigt, dass Frauen, die über wenig Geld verfügen, für eine sichere Verhütung eine Kostenübernahme benötigen. Ohne eine Kostenübernahme verhüten viele nicht oder weniger sicher, belegte das Projekt. Denn ist das Geld knapp, werden akut nötige Anschaffungen getätigt und die Verhütung aufgeschoben. Es braucht endlich eine bundeseinheitliche Regelung, damit Verhütung für alle zugänglich ist.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V., Paritätischen Gesamtverband und pro familia Bundesverband vom 27.05.2020

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek möchte die aktuelle Investitionsbereitschaft der Bundesregierung dafür nutzen, „erheblich mehr“ in den Ganztagsausbau an den Grundschulen zu investieren. In der Bild am Sonntag sprach sie sich am 24. Mai 2020 dafür aus, „die bisher vorgesehenen Mittel des Bundes zu verdoppeln“. Anlass für sie seien die sichtbar gewordenen nachteiligen Auswirkungen der Coronakrise auf Familien, insbesondere wohl auf die mit dem Homeschooling einhergehenden Einschränkungen und Ungleichbehandlungen hinsichtlich einer chancengerechten Bildungsbeteiligung für alle Grundschüler*innen.

Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt: „Wir begrüßen die Bereitschaft der Bundesbildungsministerin, die Mittel aus dem Sondervermögen zum investiven Ausbau der Plätze zur Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder von derzeit 2 Milliarden Euro auf 4 Milliarden Euro aufzustocken. Wir wissen zugleich, dass ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung nicht nur ausreichend Betreuungsplätze an Schulen oder in Horten und der Kindertagespflege voraussetzt, sondern insbesondere qualifiziertes Personal benötigt. Nach unserer Auffassung kann dieses Personal nur bei guten Rahmenbedingungen eine kindgerechte und lebensweltorientierte pädagogische Arbeit leisten und dadurch einen wirksamen Beitrag für eine chancengerechte Bildung realisieren. Derzeit haken die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Bundesländern insbesondere an der Frage, inwiefern der Bund ab 2025 bereit ist, sich dauerhaft an den laufenden Betriebskosten für Personal und Overhead zu beteiligen. Nur wenn der Bund sich dieser Frage positiv nähert, kann diese große Herausforderung in eine erfolgreiche Realisierung gehen. Auf dieses wichtige Signal warten wir im Interesse von knapp 2,6 Mio. Grundschulkindern, für die ab 2025 eine gute Ganztagsbetreuung zum Alltag gehören sollte.“

Wolfgang Stadler weiter: „Die Botschaft von Frau Karliczek ist für uns ein Zwischenruf, dem weitere verbindliche finanzielle Zusagen des Bundes zur ernsthaften und langfristigen Umsetzung eines Rechtsanspruchs auf eine gute Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter folgen müssen“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 26.05.2020

  • Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
  • Ersatz des Begriffs "Rasse" beim Gleichheitsgebot im Grundgesetz
  • Aufruf zum #unteilbar-Aktionstag am Sonntag

Der gewaltsame Tod von George Floyd bei einem Polizeieinsatz bringt nicht nur in den USA, sondern auch weltweit Menschen dazu, gegen Rassismus auf die Straße zu gehen. Auch in Deutschland ist Rassismus in gesellschaftlichen Strukturen verankert. Die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt sprechen sich gemeinsam gegen Rassismus aus und unterstützen den Aufruf zum #unteilbar- Aktionstag am Sonntag.

"Menschen erleben aufgrund ihrer kulturellen Identität auch in Deutschland täglich Ausgrenzung und Diskriminierung: Sei es auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, in der Schule oder im öffentlichen Leben. Oftmals werden ihre Beschwerden darüber nicht ernst genommen oder als Einzelfälle abgetan", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. "Wir als Diakonie stehen auf der der Grundlage unseres christlichen Menschenbildes für eine Gesellschaft, in der sich alle Menschen zugehörig fühlen können und gleiche Rechte und Chancen genießen."

Brot für die Welt und die Diakonie Deutschland setzen sich in Deutschland und weltweit gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung ein. "Es geht nicht bloß um die USA. Es geht um die Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit des Rassismus, dem wir überall begegnen. Es geht um die Anmaßung, zwischen ‚wichtigem‘ und ‚unwichtigem‘ Leben unterscheiden zu wollen. Jedes Leben zählt – jeder Mensch ist gleich geschaffen und geliebt von Gott", sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin von Brot für die Welt. Der Aktionstag von #unteilbar am 14. Juni setzt deshalb ein starkes Zeichen der Solidarität mit Menschen ohne sichere Arbeit und Wohnung, mit Geflüchteten, mit Menschen, die von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung betroffen sind, Angehörigen von Risikogruppen, Betroffenen von häuslicher Gewalt und Kindern, die in ihrer Bildung abgehängt werden. Füllkrug-Weitzel: "Sie alle dürfen nicht zurückgelassen werden. Wir brauchen eine Kultur des Respekts und der Toleranz, bei uns in Europa, in den USA und weltweit. Die Würde jedes einzelnen Menschen zählt."

Die Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dafür braucht es Solidarität mit den Betroffenen, Sensibilisierungs-, Empowerment- und Präventionsarbeit und die Schaffung von Teilhabe. Hier spielen Förderprogramme wie "Demokratie leben!" und "Zusammenhalt durch Teilhabe" eine wichtige Rolle, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden müssen.

Für Brot für die Welt ist eine starke Zivilgesellschaft der Schlüssel zur Überwindung von Rassismus und Diskriminierung. Partnerorganisationen des evangelischen Hilfswerks setzen sich weltweit dafür ein, dass Menschen aus den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen ihre Rechte wahrnehmen können.

Um die gesetzlich verbrieften gleichen Rechte mit Leben zu füllen, führt die Diakonie unter dem Titel "Demokratie gewinnt!" Projekte zur Demokratieförderung und zur Prävention von Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit durch. In Fortbildungsveranstaltungen werden Mitarbeitende qualifiziert, selbstbewusst gegen Rassismus und andere Formen der Diskriminierung einzutreten.

Mit dem 2018 gegründeten Zentrum Engagement, Demokratie und Zivilgesellschaft ist das Thema auch strukturell im Bundesverband verankert.

Gleichzeitig gilt es aber auch, gesellschaftliche Sensibilität bei der Sprache beginnend zum Ausdruck zu bringen. So fordern Diakonie und Brot für die Welt vom Gesetzgeber die Streichung des überholten und irreführenden Begriffs "Rasse" aus dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3 des Grundgesetzes. Zeitgemäß wäre es, ihn durch das Verbot "rassistischer Diskriminierung" zu ersetzen.

"Gesellschaftlicher Solidarität bedarf es derzeit an vielen Stellen. Die Corona- Pandemie stellt viele Menschen vor existenzielle Herausforderungen. Um die berechtigten Forderungen aus Gesundheits-, Familien- und Bildungspolitik gemeinsam voran zu bringen und ein Zeichen gegen rassistische Diskriminierung zu setzen, unterstützen wir den Aufruf zum #unteilbar-Aktionstag am Sonntag", so Füllkrug-Weitzel und Lilie.

Diakonie Deutschland und Brot für die Welt arbeiten gemeinsam mit der Diakonie Katastrophenhilfe unter dem Dach des Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung. Damit sind nationale diakonische Arbeit, internationale Entwicklungsarbeit und Humanitäre Hilfe der evangelischen Kirchen und Freikirchen eng miteinander verzahnt.

Verantwortungsbewusst und mit Abstand demonstrieren. #Sogehtsolidarisch.

Mehr Informationen:

https://www.diakonie.de/journal/modellprojekt-vielfalt-gestalten-ausgrenzung-widerstehen

https://www.diakonie.de/journal/demokratie-gewinnt

https://www.forum-menschenrechte.de/positionspapier-forum-menschenrechte-der-begriff-der-rasse-im-grundgesetz/

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.06.2020

  • Integration statt Abschreckung
  • Nachbesserungen am Fachkräfteeinwanderungsgesetz nötig
  • Sieben Schritte für eine zukunftsfähige Flüchtlingspolitik

Ein Jahr nach Beschluss des Migrationspaketes durch den Bundestag am 7. Juni 2019 ist Deutschland von einer einwanderungs- und flüchtlingsfreundlichen Republik noch weit entfernt, so die Bilanz der Diakonie Deutschland. Von den insgesamt beschlossenen acht Gesetzen, die von einer erleichterten Fachkräfteeinwanderung bis zur Beschleunigung der Ausreise von ausreisepflichtigen Personen reichen, hat keines die geplanten Ziele erreicht.

"Im Gegenteil. Jetzt zeigt sich, dass die darin enthaltenen Maßnahmen oft eine verheerende Wirkung auf die Betroffenen haben. Durch eine reine Symbolpolitik der Abschreckung und Abschottung wurde die Situation der Schutzsuchenden in Deutschland drastisch verschlechtert. Statt die Menschen nach schneller Prüfung des Rechtsanspruches möglichst schnell zu integrieren, werden sie von Anfang an mit dem Druck zur Rückkehr konfrontiert. Bereits traumatisierte Menschen müssen in unserem Land, in welchem sie Schutz suchen, Abschiebungen mit Polizeigewalt mitansehen. Sie müssen nun noch länger in Massenunterkünften leben – und von Arbeitsverboten belegt – wird ihnen teilweise das Existenzminimum entzogen", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

Sogar anerkannte Flüchtlinge unterliegen weiterhin einer Wohnsitzauflage und dürfen nicht ohne Genehmigung der beteiligten Kommunen umziehen. Dabei sollten diese Menschen genau dieselben Rechte wie deutsche Staatsangehörige genießen, wie es auch die Flüchtlingskonvention vorgibt. Um ein angebliches Vollzugsdefizit zu beheben, welches sich auf zweifelhafte Zahlen stützt, wird versucht, so viele Menschen wie möglich schnell und einfach außer Land zu schaffen.

"Bei Abschiebungen und Inhaftierungen zum Zwecke der Abschiebung werden Familien auseinandergerissen und Kinder in Länder geschickt, in denen diese noch nie gelebt haben. Es gab sogar Abschiebungen aus Krankenhäusern. Wissentlich werden europarechtliche Vorgaben wie das Trennungsgebot verletzt", so Lilie weiter. Das Trennungsgebot besagt, dass Abschiebehäftlinge getrennt von Strafhäftlingen und nicht in Gefängnissen untergebracht werden dürfen.

Demgegenüber verfolgt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als eines der wenigen aus dem Migrationspaket ein erfreuliches Ziel: dem Fachkräftebedarf in Deutschland zu entsprechen und die Einwanderung zu diesem Zwecke zu erleichtern.

"Doch auch diese Regelungen sind wenig vielversprechend. Vielmehr bräuchte es konkrete Partnerschaften mit anderen Ländern, bei denen eine "Triple Win"- Perspektive für Deutschland, das beteiligte Herkunftsland und die internationalen Erwerbspersonen geschaffen wird", so Lilie.

Für eine zukunftsfähige und integrierende Flüchtlingspolitik müssten aus Sicht der Diakonie nun dringend folgende sieben Schritte erfolgen:

1. Die Flüchtlingsaufnahme muss vom sogenannten Rückkehrmanagement entkoppelt und Integration von Anfang an gefördert werden. Das bedeutet: Möglichst kurze Zeiten in Aufnahmeeinrichtungen, schneller Zugang zu Arbeit, Schule und Wohnung.

2. Die Beschränkung auf reine Sachleistungen müssen aufgehoben und das Existenzminimum sichergestellt werden.

3. Die flächendeckende, unabhängige Asylverfahrensberatung im Sinne einer Rechtsberatung durch freie, (staatlich) unabhängige Träger muss wieder sichergestellt werden.

4. Die Wohnsitzauflagen sollten weitestgehend aufgehoben werden.

5. Anstelle einer Duldung zur Ausbildung und Beschäftigung sollte eine Aufenthaltserlaubnis verliehen werden. Das würde falsche öffentliche Bilder korrigieren und die rein statistische Zahl Ausreisepflichtiger verringern.

6. Bei Abschiebungen und damit verbundenen Inhaftierungen muss der Schutz der Menschen- und Kinderrechte sichergestellt sein und die Familieneinheit gewahrt werden, Alternativen zur Abschiebehaft müssen bevorzugt werden.

7. Damit das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wirkt, braucht es einen zusätzlichen Baustein: Migrationspartnerschaften mit Herkunftsländern zur Gewinnung von internationalen Fachpersonen wie auch deren Ausbildung.

Mehr Infos:

Sieben Schritte hin zu einer zukunftsfähigen Zukunftspolitik: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Stellungnahmen_PDF/7-Schritte-zur-Verbesserung-der-Fluechtlingspolitik.pdf

Wissen kompakt Fachkräfteeinwanderungesetz: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/fachkraefteeinwanderungsgesetz

Diakonie-Text Einwanderungspolitik: https://www.diakonie.de/diakonie-texte/072019-einwanderungspolitik-und-einwanderungsgesetzgebung

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.06.2020

"Jetzt ist die Zeit für verbindliche Maßnahmen für mehr Frauen in den Führungspositionen der Privatwirtschaft. Nur verbindliche Regelungen wirken – mit Freiwilligkeit kommen wir nicht weiter. Dieses Wissen ist durch diverse Studien, Evaluationen und Berichte belegt und muss endlich in gesetzgeberisches Handeln umgesetzt werden.", kommentiert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), Prof. Dr. Maria Wersig, die heutige Kabinettsbefassung mit der Dritten und Vierten Jährlichen Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes.

Diese Einschätzung wird durch den Blick auf die Entwicklung in den Vorständen deutscher Unternehmen im aktuellen Kabinettsbericht gestützt. In Vorständen sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ihr Anteil erhöhte sich seit 2015 lediglich von 6,3 Prozent auf 7,7 Prozent im Geschäftsjahr 2017. 80 Prozent der Unternehmen haben keine Frau im Vorstand. Etwa 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgrößen für den Vorstand setzten, haben von der Zielgröße null Prozent Gebrauch gemacht.

Dazu Wersig: "Gerade die unsägliche Zielgröße Null ist ein Schrei nach Regulierung. Mit der selbstgesetzten Zielgröße Null oder gar keiner Zielgröße haben die Vorstände deutlich gemacht, dass sie einfach keine einzige Frau unter sich dulden wollen, dass kein einziger Mann aus ihren Old-Boys-Netzwerken auf seinen Sitz oder seine Chancen verzichten muss."

Der Gesetzgeber ist durch Artikel 3 Abs. 2 GG dazu verpflichtet, für tatsächliche Gleichstellung zu sorgen. Quoten sind hierfür ein rechtmäßiges Mittel, weil sie helfen strukturelle Diskriminierung zu überwinden – in Vorständen, aber auch auf dem Weg dahin, um die gläserne Decke tatsächlich zu durchbrechen.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 10.06.2020

"Der Gesetzesentwurf ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung des Schutzes von Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt.", kommentiert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), Prof. Dr. Maria Wersig, das Gesetzesvorhaben. "Es muss allerdings an einigen Stellen noch nachgebessert werden, damit der Tatbestand in der Praxis auch wirksam wird und die Reform einen wirksamen Schutz von Frauen im öffentlichen Leben erreicht."

Bei der morgen stattfindenden Anhörung im Rechtausschuss des Deutsches Bundestages wird die Vorsitzende der Strafrechtskommission, Dr. Leonie Steinl, den djb als Sachverständige vertreten. Bislang war das unbefugte Fotografieren unter den Rock (sogenanntes "Upskirting") nur durch § 118 OWiG (Belästigung der Allgemeinheit) sanktioniert. Dieser erfasst das Tatunrecht nur unzureichend.

Das unbefugte Fotografieren intimer Bereiche des Körpers greift in die sexuelle Selbstbestimmung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person ein und stellt damit strafwürdiges Unrecht dar.

Der djb wird die Gelegenheit in der morgigen Anhörung nutzen, den bestehenden Anpassungsbedarf in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Der djb fordert die teilweise Umformulierung des Tatbestandes. Der Wortlaut des Entwurfs lässt insbesondere die Frage offen, wann ein körperlicher Bereich gegen Anblick geschützt ist und wie umfassend dieser Schutz sein muss. Damit steht zu befürchten, dass opferbeschuldigende und von Sexualitäts-mythen geprägte Argumente ("Wenn sie sich so anzieht, will sie das doch bzw. ist sie selbst

schuld") sowie stereotype Narrative von "anständiger" Bekleidung in die Auslegung des Tatbestands einfließen. Der Wortlaut des Entwurfs erfasst zudem nicht alle Teile des strafwürdigen Unrechts. Auch ein Täter, der sich beim unbefugten Fotografieren das Verrutschen von Kleidung oder ungünstige Winkel zunutze macht, wäre nicht erfasst. Der Wille, besonders schützenswerte Körperregionen vor dem Anblick Außenstehender zu schützen, besteht jedoch auch unter diesen Umständen und ist als solcher erkennbar. Dasselbe gilt, wenn sich das Opfer in einem vor Einblick geschützten Raum teilweise entkleidet. Der Tatbestand sollte daher umformuliert werden, um auch diese Fälle erfassen zu können.

Des Weiteren hält es der djb für dringend erforderlich, § 201a Abs. 1 Nummer 4 StGB n. F. nicht in den Katalog der Privatklagedelikte aufzunehmen, da dies den Gedanken des Opferschutzes widersprechen würde.

Zur kompletten djb-Stellungnahme (20-19 vom 25.5.2020): https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K3/st20-19/

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 26.05.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine Erhöhung des Fahndungsdrucks zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation müssen Kinder hier mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln geschützt werden. Dazu braucht es zum einen eine Debatte darüber, ob und wie eine Verschärfung des Strafrahmens bei Kinderpornografie Kinder tatsächlich wirksam schützen kann. Die zu erwartende Strafe muss eine generalpräventive Wirkung entfalten, um potentielle Täterinnen und Täter von der Begehung einer Tat abzuhalten, aber auch um die Verbreitung kinderpornografischen Materials effektiv zu bekämpfen. Wichtig ist zudem, dass die Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes aufgestockt wird. Denn der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt erfordert kompromisslos Aufklärung und Strafverfolgung. Und schließlich brauchen wir eine finanziell abgesicherte, funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss.

"Die vor kurzem beschlossenen Änderungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung zur Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings und zur Zulassung der sogenannten Keuschheitsprobe zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet waren ein guter erster Schritt zu mehr Kinderschutz. Gerade die Zulassung der sogenannten Keuschheitsprobe gibt Ermittlerinnen und Ermittlern zukünftig mehr Möglichkeiten zur Ermittlung und Überführung von Sexualstraftäterinnen und Sexualstraftätern im Internet. Jetzt müssen die Strafverfolgungsbehörden personell und technisch so ausgestattet werden, dass potentiellen Täterinnen und Tätern klar sein muss, dass sie quasi minütlich entdeckt und verfolgt werden können", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollte in Strafverfahren generell das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Dafür braucht es ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen. Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen in Ermittlungsverfahren mit ersetzender Wirkung für das Hauptverfahren zum bundesdeutschen Standard werden, damit Kinder nicht öfter als nötig zu traumatischen Erlebnissen befragt werden müssen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.06.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert anlässlich des heutigen Weltspieltages Bund, Länder und Kommunen dazu auf, die Rahmenbedingungen, unter denen Kinder aufwachsen, so zu verändern, dass ihnen wieder mehr Raum für eigenständige Naturerfahrungen zur Verfügung steht. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation wird gerade in der derzeitigen Corona-Pandemie das Fehlen geeigneter, wohnortnaher Grünflächen zum Spielen besonders deutlich. Das betrifft insbesondere verdichtete Innenstadtquartiere, aber auch im ländlichen Raum mangelt es zunehmend an Flächen, die Kinder eigenständig und gefahrlos aufsuchen können. Der Weltspieltag steht in diesem Jahr unter dem Motto "Raus in die Natur!".

Um hier Abhilfe zu schaffen, sollten Mittel aus der Städtebauförderung nur gewährt werden, wenn bei entsprechend vorliegenden Flächendefiziten im Antrag konkrete Aussagen zur beteiligungsorientierten Schaffung von ausreichend Grün- und Erholungsflächen in den Quartieren getroffen werden. Außerdem sollten Naturerfahrungsräume als elementare öffentliche Freiräume für Kinder im Sinne der Daseinsvorsorge anerkannt und die rechtliche Verankerung von Naturerfahrungsräumen im Baugesetzbuch konsequent verfolgt werden. Wichtig ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem, dass analog zu den Regelungen im Naturschutz Ausgleichsflächen bestimmt und gesichert werden, wenn naturnahe Spielräume durch Baumaßnahmen beschnitten werden. Hierfür braucht es einen klaren gesetzlichen Rahmen. Kommunen sind dazu aufgerufen, eine Flächenbevorratung vorzunehmen und wichtige, zum naturnahen Draußenspiel geeignete Brachflächen nicht als Bauland an den Höchstbietenden zu veräußern. Außerdem sollten alle Kommunen ein umfassendes, beteiligungsorientiertes Freiflächenkonzept entwickeln und mit entsprechender Vehemenz umsetzen, damit in jeder Kommune ausreichend ausgewiesene Spielflächen, darüber hinaus aber auch grüne Wegverbindungen, bespielbare Grünflächen sowie naturbelassene Streifräume wie Wälder und Wiesen zur Verfügung stehen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft anlässlich des Weltspieltages 2020 Kinder und ihre Familien nicht nur zum Mitmachen, sondern auch zu einem Foto-Wettbewerb auf. In drei Kategorien können Fotos aus der Natur auf Instagram gepostet werden: phantasievolle Konstruktionen, interessante Kunstwerke, tolle Ausflüge, spannende Entdeckungen oder kuriose Naturphänomene. Das Foto mit den meisten "Gefällt-mir"-Angaben in der jeweiligen Kategorie wird mit einem attraktiven Familien-Draußenspiel-Set prämiert. Weitere Infos dazu unter https://www.recht-auf-spiel.de/weltspieltag/weltspieltag-fotocontest-2020. Unterstützt wird die Aktion von KiKA: Bereits gestern Abend gab es bei "KIKA LIVE" Tipps von Jess und Ben, was man alles in der Natur erleben kann. Und auf "KiKA für Erwachsene" finden Eltern Informationen zum Recht auf Spiel mit vielen interessanten Anregungen.

"Zeit in der Natur trägt zur Erholung bei, sie fördert zudem die mentale und soziale Entwicklung von Kindern, ihre Kreativität, ihre Entdeckerfreude sowie ihre Konzentration. Am besten lässt man Kinder eigenständig mit Freundinnen und Freunden, ohne die dauernde Aufsicht der Erwachsenen, in der Natur spielen. Während der Corona-Pandemie geht das natürlich nur unter Einhaltung der gebotenen Abstandsregeln. Viele Erwachsene sind heutzutage übervorsichtig, obwohl sie in ihrer Kindheit draußen viele Dinge machen konnten, die sie heute ihren Kindern verwehren: auf Bäume klettern, einen Staudamm bauen, eine Schnitzeljagd im Stadtwald machen. Die allermeisten Kinder haben eine natürliche Neugierde und Begeisterungsfähigkeit, die sie von allein nach draußen ziehen. Das sollten die Erwachsenen unterstützen und hier nicht auf der Bremse stehen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

In einer repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2020 des Deutschen Kinderhilfswerkes, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde, fordert ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland grundlegende Maßnahmen, um das Draußenspielen von Kindern zu erleichtern. So plädieren fast alle Befragten für eine bessere Erreichbarkeit von Orten zum Draußenspielen beispielsweise durch kostenlose Busse und Bahnen, sichere Radwege oder grüne Wegeverbindungen. Die Einrichtung von naturbelassenen Flächen im Wohnumfeld, sogenannte Naturerfahrungsräume, wird ebenfalls als sinnvolle Maßnahme angesehen, 86 Prozent der Kinder und Jugendlichen und sogar 88 Prozent der Erwachsenen sehen das so.

Der Weltspieltag 2020 wird im deutschsprachigen Raum zum 13. Mal ausgerichtet. Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie soll der diesjährige Weltspieltag vor allem für zwei Dinge genutzt werden: Zum einem ruft das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit seinen Partnern im "Bündnis Recht auf Spiel" insbesondere Familien dazu auf, diesen Tag für ein Spiel in der Natur zu nutzen. Zum anderen sind die Weltspieltagsakteure dazu aufgerufen, in diesem Jahr noch stärker mit der Lobbyarbeit zum Recht auf Spiel in Erscheinung zu treten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.05.2020

Gemeinsame Presse-Erklärung vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD), der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti), dem Bundesverband Trans* (BVT*)und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF)

Das Bundesverfassungsgericht ist angerufen, die selbstbestimmte Geschlechtsidentität zu schützen: Am gestrigen Abend reichten die Professorin Dr. Anna Katharina Mangold und die Rechtsanwältinnen Friederike Boll und Katrin Niedenthal mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. April 2020 (Az.XII ZB 383/19) ein. Mit diesem Beschluss versagt der Bundesgerichtshof einer Person, ihren Geschlechtseintrag nach dem Personenstandsgesetz zu streichen (§§22 Abs.3, 45b PStG).

Der Bundesgerichtshof geht in seiner Entscheidung ausdrücklich davon aus, dass der Geschlechtsbegriff im Personenstandsgesetz an das biologische Geschlecht einer Person gekoppelt sei und schränkt deshalb den Anwendungsbereich für Änderungen des Geschlechtseintrages auf bestimmte intergeschlechtliche Personen ein. Der Beschluss widerspricht damit der langjährigen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welches wiederholt das subjektive Selbstverständnis von Geschlecht geschützt hat. Der Bundesgerichtshofs-Beschluss verstößt gegen Grund- und Menschenrechte und darf keinen Bestand haben.

Wir stellen fest:

  • Alle Personen haben aufgrund ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag.
  • Entscheidend für das Geschlecht einer Person und damit auch für den Eintrag im Personenstandsregister ist allein die Geschlechtsidentität, also das Wissen um das eigene Verständnis von Geschlecht und wie die Person sich selbst begreift. Nicht entscheidend ist die biologische Beschaffenheit des Körpers.
  • Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot verbürgen barriere- und diskriminierungsfreien Zugang zu einem selbstbestimmten Geschlechtseintrag. Es dürfen keine unzumutbaren und unverhältnismäßigen Hürden errichtet werden. Eine Fremdbegutachtung der Geschlechtsidentität ist damit unvereinbar.
  • Der Versuch des Bundesgerichtshofes, den Zugang zu einem selbstbestimmten Geschlechtseintrag für Menschen zu erschweren und körperliche Merkmale für ausschlaggebend zu erklären, verletzt Grundrechte und widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Der Beschluss darf deshalb keinen Bestand haben.

Weiterlesen

Bundesgerichtshof beschränkt die Anwendung des § 45b Personenstandsgesetz auf inter* Personen. LSVD hält den anhaltenden Verweis von trans* Personen auf das diskriminierende Gerichtsverfahren nach dem TSG für verfassungswidrig

Der dritte Geschlechtseintrag im Personenstandsrecht. Dokumentation des Gesetzesverfahren.

Erfahrungen von trans* Menschen in Deutschland: Coming-out, Transition, Offenheit und Diskriminierung im Alltag, Erfahrungen mit Hasskriminalität.

Quelle: PressemitteilungLesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 16.06.2020

Pflegefamilien sind eine wichtige Ressource der Kinder- und Jugendhilfe. Ihr Einsatz für belastete und vorgeschädigte Kinder und Jugendliche eröffnet diesen die Chance, in der Geborgenheit und Verlässlichkeit einer anderen Familie aufwachsen zu können. Der PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. setzt sich dafür ein, dass dieser wertvolle Dienst an unserer Gesellschaft durch einen reellen Beitrag zur Rentenversicherung gesichert und gewürdigt wird. Die meisten Pflegeeltern – überwiegend Pflegemütter – unterbrechen ihre Berufstätigkeit zeitweise und nicht selten auch für lange Zeit zugunsten der Erziehung betreuungsintensiver Kinder. Deshalb ist die Bereitschaft Pflegefamilie zu werden unmittelbar mit der Altersvorsorge der Pflegeeltern verbunden.

Rente muss Leistung würdigen
Seit seiner Gründung 1976 mahnt PFAD die Notwendigkeit an, dass Pflegeeltern rentenrechtlich abgesichert sein müssen. Schon 2002 forderte der Verband eine Alterssicherung für Pflegepersonen, die sich an den Leistungen zur Versicherung für pflegende Angehörige orientiert.
2005 wurde mit dem Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) erstmals eine Alterssicherung für Pflegeeltern eingeführt. § 39 SGB VIII Absatz 4 schreibt seither die „hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson“ vor. Diese Regelung ermöglicht einen gesetzlichen Rentenanspruch und verpflichtet die öffentlichen Träger der Jugendhilfe, finanzielle Verantwortung zu übernehmen. Die schon damals umstrittene Orientierung am hälftigen Mindestbeitrag zur Rentenversicherung bedeutete eine monatliche Rente von zwei Euro und liegt jetzt bei ca. vier Euro. Bereits im Rechtsgutachten des DIJuF vom 16.01.2006
(J 3.310 Rei) wurde dies als zu gering kritisiert und angemerkt, dass eine Alterssicherung die Unabhängigkeit von der Grundsicherung im Alter ermöglichen sollte. Das erfordert aktuell mindestens 26 Rentenpunkte (pro alleinstehende Person). Zahlreiche Pflegemütter erreichen diese Werte nicht, auch nicht mit einer Aufstockung durch die Riesterrente oder die Anrechnung von Kindererziehungszeiten.
Bei der Anerkennung von Altersvorsorgeverträgen hat jedes Amt seine eigene Auslegungspraxis. Eine Umfrage des PFAD Verbandes brachte zu Tage, dass viele Pflegeeltern die gesetzlich festgelegten Zuschüsse deshalb gar nicht in Anspruch nehmen können.

Bereitschaftspflege ohne Rentenanspruch
Ein weiteres Problem sieht der Verband im Bereich der Bereitschaftspflege. Diese immer wichtiger werdende Tätigkeit wird in der Rentenversicherung grundsätzlich nicht als Erziehungszeit anerkannt. Für Pflegemütter, die Bereitschaftsbetreuung anbieten und deshalb keine außerhäusliche Erwerbstätigkeit ausüben können, ist das Problem der fehlenden Alterssicherung besonders gravierend.

Pflegeeltern vor Altersarmut schützen!
80.000 Kinder und Jugendliche haben ihren Lebensort in einer Pflegefamilie. Der PFAD Bundesverband fordert Rentenversicherungsbeiträge für alle Pflegeeltern analog zur Pflegeversicherung für pflegende Angehörige. Soll die verantwortungsvolle Sorge für Pflegekinder nicht in die Altersarmut führen und wollen Jugendämter künftig noch eine ausreichende Anzahl an geeigneten Pflegepersonen für familienbedürftige Kinder und Jugendliche finden, muss hier gesetzlich nachgebessert werden.

Quelle: Pressemitteilung PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. vom 19.05.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 12.Oktober 2020

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

https://www.fes.de/whatsleft

https://twitter.com/FESonline

Im Livestream diskutieren die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und der Philosophieprofessor Robin Celikates von der FU Berlin. Klickt Euch rein und diskutiert mit über unsere Website und über Twitter.

Hier geht’s zum Trailerfilm. Den Einladungsflyer findet Ihr hier.

Termin: 23. Juni 2020

Veranstalter: Deutscher Gewerkschaftsbund

Wie nutzen Eltern die neuen Möglichkeiten seit der Einführung 2015? Welchen Hindernissen stehen sie in der betrieblichen Praxis gegenüber? Wir informieren, wie Interessenvertretungen Eltern unterstützen können und diskutieren, welche betrieblichen Möglichkeiten es gibt.

Während des Webinars könnt ihr im Chat eure Fragen stellen.

Betriebs- und Personalräte können durch Entsendungsbeschluss gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG oder § 46 Abs. 6 BPersVG (bzw. gemäß der entsprechenden Landesregelung) am Webinar teilnehmen.

Hier geht’s zur Anmeldung

Termin: 07. und 08. Juli 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Das stark ausdifferenzierte Spektrum familienpolitischer Leistungen ist der Bevölkerung nicht vollständig bekannt. Leistungen werden nicht in Anspruch genommen, weil Familien für ihre Ansprüche nicht sensibilisiert sind oder Zugangshürden nicht überwinden können.

Im Webinar stellen sich verschiedene best practice Modelle vor, die Information über Leistungsberechtigung oder den Zugang zu Leistungen vereinfachen möchten. Dabei geht es sowohl um Formen der persönlichen Beratung oder den Aufbau von Netzwerken als auch um digitale Lösungen oder eine Kombination dieser Vorgehensweisen.

Das Webinar findet am 7. und 8. Juli 2020 jeweils von 10.30–12.30 Uhr statt. Ab 10.00 Uhr besteht Gelegenheit für Anmeldung und Technik-Check-In.

Die Veranstaltung richtet sich an Fach- und Führungskräfte aus der Verwaltung und der Beratungspraxis sowie an familien- und sozialpolitische Expert/innen und Interessierte aus Verbänden und Politik.

Die Teilnahmekosten betragen 35 € für Mitglieder und Mitarbeitenden bei Mitgliedern des Deutschen Vereins bzw. 44 € für Nichtmitglieder.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

www.deutscher-verein.de/de/va-20-familienleistungen

Anmeldeschluss ist der 30. Juni 2020

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung mahnt das ZFF an, die Bekämpfung von Kinderarmut politisch endlich prioritär zu behandeln.

Drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf oder sind armutsgefährdet. Armut hat ein Kindergesicht und zeigt sich vor allem in geringeren Bildungschancen, einer schlechteren materiellen Grundversorgung und beengten Wohnverhältnissen. Was Armut für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bedeutet und wie die Corona-Krise Dimensionen von Familien- und Kinderarmut verstärkt, listet der „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung auf. Auf Basis dieser Erkenntnisse schlägt die Stiftung Lösungsansätze zur Armutsüberwindung vor – konkret eine Kindergrundsicherung oder ein Teilhabegeld.Das ZFF begrüßt die Forderung nach einer Kindergrundsicherung, denn schon seit über zehn Jahren setzen wir uns im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG für eine gerechtere Familienförderung ein.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Wir dürfen die Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinnehmen! Armut macht krank, Armut grenzt aus und sie beeinflusst nicht erst seit der Corona-Pandemie die Bildungschancen der heranwachsenden Generation. Die nun vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen, wie dringend wir handeln müssen. Wir brauchen endlich gute Kitas und gute Schulen, aber auch mehr Geld in den Familien.“

Reckmann fährt fort: „Zeitgleich lässt die Bundesregierung arme Kinder und ihre Familien im Regen stehen: Mit der aktuellen Vorlage der Neuermittlung der Regelsätze wird zum wiederholten Male ein mangelhaftes Verfahren angewendet mit dem die existenziellen Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht abgebildet werden können. Das ZFF möchte, dass Kinder raus aus dem stigmatisierenden Hartz IV-System kommen und setzt sich daher seit 2009 mit vielen weiteren Akteur*innen für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Nur so kann ein ausreichendes Existenzminimum aller Kinder und Jugendlichen gesichert und unbürokratisch ausbezahlt werden.“

Die Stellungnahem des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vom 21.07.2020 zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetz“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hierweitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Konzeptes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DBG) für eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung begrüßt das ZFF den Vorstoß als wichtigen Vorschlag, um Kinder und Jugendliche vor Armut zu schützen und ihnen Teilhabe zu ermöglichen.

Das heute veröffentlichte DGB-Konzept sieht eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung vor, welche die bestehenden kindbezogenen Leistungen zusammenfasst. Die maximale Höhe der Kindergrundsicherung soll über dem aktuellen Hartz IV-Niveau liegen und mit steigendem Einkommen der Eltern bis zu einem einheitlichen Sockelbetrag abschmelzen. Dieser Betrag stellt ein neues, erhöhtes Kindergeld dar. Laut Forderung des DGB soll diese monetäre Leistung durch eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur ergänzt werden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas: sozial- und bildungspolitische Versäumnisse der letzten Jahre werden in der aktuellen Krise überdeutlich. Vor allem Kinder- und Jugendliche, die in armen und von Armut bedrohten Haushalten aufwachsen, sind die Leidtragenden. Ihnen fehlt es oft an gesunder Ernährung, an ausreichendem Platz in der Wohnung, an der nötigen technischen Ausstattung, um am digitalen Unterricht teilzunehmen und auch viele kostengünstige Ferienfreizeitangebote werden in diesem Sommer nicht stattfinden. Zwar wurde in der Corona-Pandemie an einzelnen Schräubchen gedreht, die beschlossenen Übergangsregelungen reichen aber nicht aus, um Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.“

Christiane Reckmann fährt fort: „Es ist daher an der Zeit, die Familienförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen und jetzt Weichen für eine Kindergrundsicherung zu stellen, um arme Kinder und ihre Familien zukünftig besser abzusichern. Familien tragen derzeit die Hauptlast der Pandemie und halten dadurch die Gesellschaft zusammen. Sie haben den Mut und die Weitsicht für eine umfassende Reform verdient. Das DGB-Konzept schlägt hier den richtigen Weg ein, auch wenn eine Kindergrundsicherung nur dann hält, was sie verspricht, wenn sie eine maximale Höhe bereithält, die wirkliche Absicherung und Teilhabe in unserer Gesellschaft ermöglicht.“

Als ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 11 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen ein Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Positionspapiers der Grünen-Bundestagsfraktion „Grüne Garantiesicherung statt Hartz IV“ begrüßt das Zukunftsforum Familie e.V. den Vorstoß und fordert eine schnelle Umsetzung.

Schon lange bemängelt das ZFF die Methode zur Berechnung der Hartz IV Regelsätze, da u. a. einzelne Ausgabenpositionen willkürlich herausgestrichen und verdeckt arme Haushalte in die Berechnungen einbezogen werden. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat diese Kritik nun aufgegriffen und ein methodisch konsistentes Modell vorgelegt, auf dessen Basis Regelsätze besser und nachvollziehbarer als bisher berechnet werden. Damit wird auch die Höhe der Grünen Kindergrundsicherung festgelegt.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt. Erwachsene und Kinder, die SGB-II Leistungen erhalten, dürfen nicht weiter an den Rand gedrängt werden! Sie brauchen mehr als ein Minimum, das heißt existenzsichernde Leistungen, die Teilhabe sicherstellen. Sie brauchen aber auch existenzsichernde Löhne, die sie unabhängig von staatlichen Leistungen machen. Die Grünen greifen dieses in ihrem Konzept auf, das unterstützen wir!“

Reckmann ergänzt: „Wir begrüßen, dass mit dem Vorschlag zur Berechnung der Regelsätze zum ersten Mal eine echte Grundlage für die Höhe der Grünen-Kindergrundsicherung geschaffen wurde. Damit wird unsere langjährige Forderung nach einer Neuberechnung des Existenzminimums endlich aufgriffen. Um die Familienförderung langfristig vom Kopf auf die Füße zu stellen und armutssicher auszugestalten, fordern wir seit 2009 gemeinsam mit einem breiten Bündnis eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung in Höhe von derzeit 628 Euro. So sieht soziale Gerechtigkeit aus!“

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.06.2020

AKTUELLES

Vor gut einem halben Jahr haben wir das neue Grundsatzprogramm „Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit“ verabschiedet.

Bereits mit der Verabschiedung haben wir darauf hingewiesen, dass wir dieses Programm auch in Leichte Sprache übersetzen wollen. Heute können wir diese Ankündigung einlösen.

Grundlage für diese Übersetzung ist die Kurzfassung des verabschiedeten Grundsatzprogramms vom 14.12.2019. Die dort gefassten Formulierungen sind verbindlich. Diese Übersetzung des Programms verstehen wir als Lesehilfe und wurde in enger Zusammenarbeit mit einer Expertin für Übersetzungen in Leichte Sprache erarbeitet. Bitte leitet sie an Eure Gliederungen weiter.

Hier findet Ihr die Übersetzung in Leichte Sprache.

Bereits vor der Coronakrise sind Blogs zu einer wichtigen Plattform des Austauschs und der Solidarisierung von Familien geworden. Dies hat sich durch die Coronakrise noch verstärkt.

In der vorliegenden Studie untersucht Frau Professor Helen Knauf erstmals die Familienblogs in Deutschland und gibt einen interessanten Einblick in die wachsende Mediatisierung von Familie.

Hier geht es zur PDF.

Einladung zur Teilnahme an einer Online-Befragung des Unabhängigen Beauftragten und des Universitätsklinikums Ulm zu belastenden Erfahrungen in Kindheit und Jugend (im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung des „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“)

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie einladen, an einer Betroffenen-Befragung teilzunehmen und/oder diese an Interessierte weiterzuleiten. Die Befragung richtet sich an Personen, die sexuellen Missbrauch in Kindheit oder Jugend erfahren haben. Auf der Webseite https://ace.hilfetelefon-missbrauch.de/ finden Sie hierzu einen anonymen Online-Fragebogen und weitere Informationen.

Mit der Teilnahme an der Online-Befragung können Sie uns helfen, die Dynamiken sexuellen Missbrauchs und der Folgen besser zu verstehen und diese wichtigen Erkenntnisse in den weiteren fachpolitischen Prozess einfließen zu lassen. Wir würden uns deshalb sehr freuen, wenn Sie an der Befragung teilnehmen.

Die Teilnahme ist freiwillig und anonym, es werden keinerlei personenbe-zogene Daten erhoben. Die Befragung dauert ungefähr zehn Minuten. Sie können die Befragung jederzeit beenden.

Was wird gefragt?

In dem Fragebogen namens „Adverse Childhood Experiences Questionnaire“ – kurz ACE – werden zehn Fragen zu belastenden Erfah-rungen während der Kindheit und Jugend gestellt. Vorab werden wenige allgemeine Daten wie Alter und Geschlecht erhoben. Die Teilnahme an der Befragung kann bei Bedarf durch die Berater*innen des „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ begleitet werden (Kontaktdaten und Telefonzeiten sind in der Fußzeile der Fragebogenseite zu finden).

Was passiert mit den Ergebnissen?

Das Begleitforschungsteam um Prof. Dr. Jörg M. Fegert vom Universitäts-klinikum Ulm wertet die Daten aus. Alle ausgefüllten ACE-Bögen werden am Ende der Befragungszeit zusammen mit den Ergebnissen aus einer Hilfetelefon-Datenerhebung und einer repräsentativen Bevölkerungsbe-fragung ausgewertet.

Ziel ist es, mögliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen belasten-den Kindheitserfahrungen abzuleiten und deren Einfluss zu untersuchen.

Die gewonnenen Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zu gesell-schaftlichen Diskussionen und politischen Prozessen, insbesondere zur Weiterentwicklung und Umsetzung entsprechender Präventions- und Interventionsmaßnahmen.

Die Online-Befragung ist eine Ergänzung zu den Gesprächen, die an unse-rem „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ geführt werden. Das Hilfetelefon ist ein beim Amt des UBSKM angesiedeltes bundesweites Beratungsan-gebot. Alle Menschen, die sexuellen Missbrauch erfahren haben, Fragen zum Thema haben oder in Sorge um ein Kind sind, können sich kostenfrei und anonym an das Hilfetelefon wenden. Die Fachkräfte am Hilfetelefon hören zu und helfen weiter. Nähere Informationen finden Sie unter www.hilfetelefon-missbrauch.de

Die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) sucht für ihr bundesweit wirkendes Projekt, eine Projektmitarbeiterin für das Thema „Ländliche Räume“

Bitte senden Sie Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen bis zum 26. Juni 2020 und ausschließlich per Mail an die Bundesgeschäftsstelle: bag@frauenbeauftragte.de.

Es werden nur Bewerbungen per Mail berücksichtigt.

Für Rückfragen zur Stelle wenden Sie sich bitte an die Sprecherin Roswitha Bocklage, Gleichstellungsstelle für Frau und Mann Wuppertal, Telefon 0202 563 53 70.

Weitere Informationen über die BAG kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen finden Sie auch auf unserer Homepage unter www.frauenbeauftragte.de.

Wie erleben Mütter ihr Berufsleben während der Elternzeit?

Für unsere Masterarbeiten am Institut für Psychologie der RWTH Aachen suchen wir Mütter, die aktuell in Elternzeit sind oder diese vor dem 31.07.2020 beginnen, und Interesse daran haben, an einer Online-Fragebogenstudie teilzunehmen.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.soscisurvey.de/MEZ2020/

Projektteam: Helena Stettner, Kyra A. Thelen & Dr. Anna M. Stertz

E-Mail: helena.stettner@rwth-aachen.de, kyra.anna.thelen@rwth-aachen.de

Rechtspolitische Arbeit ist ein Markenzeichen des LSVD. Unser Verband identifiziert relevante gesellschaftspolitische und rechtspolitische Themen, entwickelt Strategien und bildet Allianzen für die wirksame Interessenvertretung von LSBTI. Für diese Tätigkeit suchen wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine*n

Volljurist*in als LSVD-Grundsatzreferent*in (w-m-d-) (30 Stunden/Woche)

Die Stelle ist unbefristet zu besetzen. Dienstort ist Berlin.

Aufgaben

Ihre Aufgabe ist die Entwicklung rechtspolitischer Strategien zusammen mit dem Bundesvorstand, der Entwurf von Stellungnahmen zu aktuellen Gesetzesvorhaben sowie die Teilnahme an Anhörungen im Gesetzgebungsverfahren. Darüber hinaus werten Sie die nationale und europäische Rechtsprechung zu LSBTI-Themen aus. Schließlich pflegen Sie bestehende Netzwerke innerhalb der Community und im rechtspolitischen Kontext und bauen diese weiter aus.

Anforderungen

Wir wünschen uns eine Persönlichkeit mit sicherem Judiz und die Freude daran hat, kreative Wege in der Rechtsanwendung zu finden. Sie identifizieren sich mit unseren Zielen und hegen den Wunsch, Dinge zu bewegen. Dafür bringen Sie ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Rechtswissenschaften (2. Staatsexamen) mit überdurchschnittlichem Ergebnis und nachgewiesene Erfahrung in der Verbandsarbeit mit. Praktische Erfahrung in der Rechtsberatung ist wünschenswert.

Sie verfügen über die Fähigkeit, sich neue Rechtsgebiete schnell zu erschließen, haben ein hohes Maß an Organisationsfähigkeit und sind eigenverantwortliches und auch teamorientiertes Arbeiten gewöhnt. Sie treten gegenüber politischen Akteur*innen sicher auf und haben Kommunikationskompetenz.

Angebot

Wir bieten Ihnen eine spannende, anspruchsvolle und krisensichere Tätigkeit in einem wachsenden Verband und ein Umfeld, in dem Sie Ihre Ideen einbringen können. Die Vergütung erfolgt in Anlehnung an TVöD E13.

Ihre Bewerbung mit aussagekräftigen Unterlagen senden Sie bitte digital bis zum 30.06.2020 an LSVD-Geschäftsführer Klaus Jetz, klaus.jetz@lsvd.de. Gerne beantworten wir Ihre Fragen zur Stelle.

www.lsvd.de

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ZFF-Info

ZFF-Info 07/2020

SCHWERPUNKT I: Corona Krise

Die Corona-Krise hat uns alle fest im Griff: Kitas und Schulen sind weiterhin nicht im Regelbetrieb und Familienbildung sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe finden nur unter erschwerten Bedingungen statt. Angebote ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen stehen derzeit nur eingeschränkt zur Verfügung. Viele Eltern und pflegende Angehörige arbeiten im Home-Office, erhalten ggf. Kurzarbeitergeld und/oder sind zunehmend auf Sozialleistungen angewiesen. Dabei übernehmen Frauen den Löwenanteil der anfallenden Sorgearbeit und sind von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie in deutlich größerem Umfang betroffen.

Die derzeitigen Auflagen und Beschränkungen sind wichtig, stellen uns alle jedoch vor große Herausforderungen und verstärken zahlreiche gesellschaftliche Ungleichheiten. In besonderem Maße trifft dies auf Menschen zu, die Fürsorge leisten und verlässlich für andere da sind.

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Mit Beginn der Corona-Krise sowie der Schließungen der sozialen Infrastruktur und Bildungseinrichtungen haben wir die Mitglieder des ZFF gebeten, uns ihre Erfahrungen in der aktuellen Arbeit mit und für Familien zu schildern, von Herausforderungen zu berichten und weiteren Unterstützungsbedarf zu benennen. Dabei wird klar: Familien und Menschen mit Sorgeverantwortung stehen angesichts der Corona-Pandemie vor zahlreichen Herausforderungen, die genau so vielfältig sind wie die Sorgekonstellationen und die Menschen selbst.

Uns haben zahlreiche Rückmeldungen erreicht, die wir im hier zusammenfassen. Diese Darstellung ist jedoch nicht abgeschlossen und wird laufend erweitert.

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Anlässlich der heutigen Veröffentlichung der Studie „Wie erleben Jugendliche die Coronakrise?" der Universität Hildesheim und der Goethe-Universität Frankfurt erklärt Beate-Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik:

Jugendliche sind eine besonders vulnerable Gruppe und schon seit langem wissen wir, dass gerade sie oft nicht beachtet werden. Ihre Themen fallen allzu oft politisch unter den Tisch. Jugendliche sind in Deutschland nicht im Fokus.

Die Studie bestätigt, was wir wissen: Die meisten Jugendlichen fühlen sich zuhause gut aufgehoben. Für fast 13 Prozent der Jugendlichen aber gilt das nicht. Sie sagen, dass sie in der Familie niemanden haben, der sich ausreichend um sie kümmert. Das wird durch die Krise und die soziale Distanzierung noch stärker. Auch bestätigt wird: Die Schule ist für Menschen zwischen 15 und 21 Jahren kein demokratischer Ort. Sie fühlen sich nicht wahrgenommen. Auch beim Corona-Krisenmanagement sind Jugendliche kaum bedacht worden. Schule, Jugendhilfe und Sozialarbeit sind planlos alleingelassen worden. Viele Jugendliche, die darauf angewiesen sind, wurden abgehängt.

Das ist skandalös in einem doch so reichen Land.

Wir fordern deshalb, die Perspektiven von jungen Menschen auch in der Coronakrise zu berücksichtigen. Kinder und Jugendliche müssen mit am Tisch sitzen, wenn es um ihren Alltag und ihre Zukunft geht. Ihre Beteiligungsrechte dürfen auch in Zeiten der Pandemie nicht übergangen werden. Jetzt gilt es, gemeinsam mit allen Ebenen Konzepte zu erarbeiten, die die spezifischen Bedürfnisse von Heranwachsenden vorrangig in den Blick nehmen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.05.2020

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages mahnt, die Bedürfnisse und die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Rechte von Kindern in der Corona-Pandemie nicht aus dem Blick zu verlieren, und erklärt hierzu:

„Jede politische Entscheidung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie muss letztlich mit einem Zielkonflikt zwischen Schutz der Gesundheit, Wahrung persönlicher Freiheiten und Folgen für die ökonomische Entwicklung umgehen. Dabei muss der Blick auch auf die Kinder gerichtet werden.

Kinder haben einen Anspruch auf soziale Kontakte, frühkindliche und schulische Bildung. Von Mitte März bis Anfang Mai waren Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen sowie Spiel- und Sportplätze weitestgehend geschlossen und Vereinsangebote gestrichen. Kinder konnten kaum persönliche Beziehungen zu Freunden und engen Verwandten unterhalten. Diese Situation kann nur in einem absoluten Ausnahmezustand gerechtfertigt werden.

Familien mit Kindern sind angesichts der Corona-bedingten Einschränkungen besonders belastet. Eltern müssen neben der Arbeit in Beruf und Haushalt das fehlende Betreuungs-, Bildungs- und Freizeitangebot ersetzen und sind angesichts der Krise nicht selten mit wirtschaftlichen Unsicherheiten konfrontiert. Gerade für Alleinerziehende bedeutet diese Situation eine gewaltige Belastung.

Für Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien wirken sich die fehlenden Bildungschancen bei einer länger andauernden Schließung von Schulen und Kindergärten langfristig besonders negativ aus. Familien mit Kindern, die aufgrund von körperlichen oder geistigen Behinderungen im Alltag besondere Unterstützung benötigen, sind auf funktionierende Strukturen sowohl bei Behörden als auch im Gesundheits- und Sozialsektor angewiesen.

Die Folgen des Shutdowns für Kinder, die in einem häuslichen Umfeld aufwachsen, in dem Alkoholismus, Gewalt oder Missbrauch eine Rolle spielen, sind sehr besorgniserregend. Hier fehlen Ausweich- und Fluchtmöglichkeiten. Gleichzeitig sind Hilfsangebote angesichts der Corona-Maßnahmen vielerorts nur eingeschränkt zugänglich.

Die Kinderkommission begrüßt grundsätzlich die Maßnahmen, die unter anderem die Jugend- und Familienministerkonferenz und die Kultusministerkonferenz sowie die Konferenz der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin mit Blick auf die schrittweise Öffnung von Bildungs- und Betreuungsangeboten in die Wege geleitet haben.

Die Kinderkommission unterstreicht, dass es nach einer begrenzten Übergangszeit einer echten Perspektive für Kinder und Familien bedarf, wann und wie Betreuungseinrichtungen, Schulen, außerschulische und sonstige Angebote einen regel-mäßigen Betrieb wieder aufnehmen können. Dabei muss um-sichtig, schrittweise, differenziert und kreativ vorgegangen werden. Es muss akzeptiert werden, dass gerade kleine Kinder – bei aller Bereitschaft – oft nicht in der Lage sind, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 07.05.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf einen erhöhten Schutz der Kinderrechte während der Corona-Pandemie. In einem Antrag (19/19146) fordert sie die Bundesregierung auf, den Schutz, die Bedürfnisse und die besondere Perspektive von Kindern in den bundesweiten Pandemieplan aufzunehmen. Zudem sprechen sich die Grünen dafür aus, einen monatlichen Zuschuss von 60 Euro als Kompensation für den Wegfall verschiedener Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie gestiegene Lebensmittelpreise an Kinder und Jugendliche zu zahlen. Gemeinsam mit den Bundesländern soll ein "Gerechtigkeitspaket für Bildungschancen" auf den Weg gebracht werden, um Kindern aus finanziell benachteiligten Familien zusätzliche Lernförderung, Schulsozialarbeit und Freizeit- und Ferienangebote zu gewährleisten. Ebenso soll sichergestellt werden, dass kein Kind vom digitalen Lernen ausgeschlossen wird.

Nach dem Willen der Grünen soll die im Infektionsschutzgesetz verankerte Lohnentschädigung für Eltern, die wegen einer behördlichen Schließung von Betreuungseinrichtungen ihre Kinder zuhause betreuen müssen, verlängert und zu einem "Corona-Elterngeld" weiterentwickelt und die umfassende Versorgung mit Gesundheits- und Vorsorgediensten für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf aufrecht erhalten werden. Zusätzlich soll die Novellierung des Jugendschutzgesetzes prioritär vorangetrieben werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.505 vom 14.05.2020

Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, im Bundeskanzleramt einen Kindergipfel zur Gewährleistung der Rechte und gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie einzuberufen. In ihrem entsprechenden Antrag (19/19145) spricht sie sich dafür aus, dass zu diesem Gipfel neben den Fachministern von Bund und Ländern auch Vertreter aus Jugendhilfeausschüssen, Kinder- und Jugendparlamenten, Schülervertretungen und Jugendverbänden sowie der Wohlfahrtsverbände, dem Deutschen Kinderhilfswerk, der Kinder- und Jugendhilfe und der Wissenschaft geladen werden. Zudem soll die Bundesregierung finanzielle Hilfen für die Kinder- und Jugendhilfe bereitstellen, um die Öffnung und Ausstattung deren Einrichtungen und Angebote zu gewährleisten.

Nach Ansicht der Linksfraktion wurden die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht ausreichend berücksichtigt. Grundlegende Rechte der UN-Kinderrechtskonvention seien missachtet worden. Durch die Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen sowie die Schließung von Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen seien Kinder und Jugendliche vielfach Zuhause eingesperrt worden, die Beziehungen zu Gleichaltrigen und Verwandten massiv beschränkt worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.504 vom 14.05.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert im Vorfeld der heutigen Bundestagsdebatte über die Rechte von Kindern in der Corona-Krise von allen Beteiligten eine ehrliche Debatte darüber, wie insbesondere die vollständige Öffnung von Kitas und Schulen mittelfristig gesichert werden kann. "In vielen Grundschulen kann das aktuell bis zu den Sommerferien ausgegebene Unterrichtsprogramm keinen relevanten Beitrag zur Bildung der Kinder geschweige denn Entlastung der Eltern leisten. Und so wie sich die Corona-Pandemie entwickelt, wird sich daran ohne Anpassung der Konzepte und geordneten Maßnahmen zum Gesundheitsschutz für Kinder und Fachkräfte auch nach den Sommerferien nichts ändern. Wir brauchen also jetzt eine offene, ehrliche und vor allem vorausschauende Debatte darüber, wie wir es mit dem Kinderrecht auf Bildung halten wollen. Das gilt auch für Kindertageseinrichtungen, die ja längst zu Bildungsinstitutionen geworden sind. Hier ist keinem Kind, und auch nicht Eltern und Fachkräften mit kinderrechtlichen Lippenbekenntnissen geholfen", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Wir sehen an vielen Stellen, dass sich Politik und Verwaltungen bemühen, in der Corona-Pandemie den Kinderinteressen gerecht zu werden. Gleichzeitig erleben wir aber auch eine grundlegende Geringschätzung gegenüber den Bedürfnissen von Kindern. Sie sind oftmals einfach nur Regelungsgegenstand von Politik. Hier zeigt sich ein bekanntes Muster: Wenn es um Entscheidungen mit Tragweite geht, wird die Meinung der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt. Ihr Beteiligungsrecht an den politischen Entscheidungen wird derzeit schlichtweg übergangen", so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes braucht es für Schulen und Kitas konkrete, aufeinander abgestimmte Konzepte auf allen föderalen Ebenen, die neben dem Gesundheitsschutz auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation ist es dazu zwingend erforderlich, bei allen Maßnahmen das Kindeswohl entsprechend der Festschreibung in Artikel 3 UN-Kinderrechtskonvention vorrangig mit abzuwägen. Dazu braucht es auch politische Zugänge für die Interessen von Kindern und Jugendlichen: Ihre Perspektive und die von anderen Expertinnen und Experten, wie etwa Kinder- und Jugendärzten, Pädagoginnen, Entwicklungspsychologen oder Bildungsforscherinnen, sollten in Beratungskreisen stärker als bisher mit einbezogen werden. Hier ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes für die Vorbereitung der Entscheidungen von Bundesregierung und Bundesländern ein entsprechend zugeschnittenes Gremium notwendig.

"Insbesondere Kinder mit besonderen Förderbedarfen dürfen jetzt nicht aus dem Blick verloren werden. Das betrifft etwa Kinder aus armen Familien, die oftmals nicht über die technische Ausstattung oder andere Lernunterstützungsmöglichkeiten verfügen. Das Problem könnte sich noch verschärfen, wenn es nach Wiederöffnung der Schulen in einem höheren Lerntempo weitergeht. Daher brauchen wir einen Sonderfonds für Kommunen, der Bildungsbegleitung für Kinder, die diese brauchen, finanziert. Die ohnehin schon ungleich verteilten Bildungschancen erst in den Blick zu nehmen, wenn die Krise ausgestanden ist, riskiert Kinder wissentlich abzuhängen", so Krüger abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 14.05.2020

Anlässlich der heutigen Beratung im Bundeskabinett über die häusliche Belieferung mit zubereitetem Mittagessen anspruchsberechtigter Kinder und Jugendlicher während der Kita- und Schulschließungen kritisiert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) diese Regelung scharf und fordert die Auszahlung des Essensgeldes als Soforthilfe.

Das Bundeskabinett will heute einen Gesetzesentwurf beraten, der u. a. vorsieht, den Wegfall des gemeinschaftlichen Mittagessens in Schule oder Kita mit einer häuslichen Essenslieferung zu kompensieren. Dieses soll Kindern und Jugendlichen zustehen, die zuvor Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) erhalten haben. Geplant ist, dass Kommunen die Lieferung mit den Caterern abstimmen und koordinieren, wobei die bisherigen Kostensätze nicht überstiegen werden dürfen. Die geplante Regelung soll rückwirkend ab März und bis Ende Juni gelten.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, zeigt sich entsetzt: „Dieser Regelungsentwurf ist an Misstrauen, Realitätsferne und Absurdität kaum zu überbieten! Es wird vor Ort kaum möglich sein, die Regelungen flächendeckend und zeitnah umzusetzen, denn es fehlt an Ressourcen und sicherlich auch an Anbietern, die unter diese Bedingungen ein warmes Mittagessen ausliefen. Kinder und Jugendliche, die in armutsgefährdeten Haushalten aufwachsen, brauchen aber gemeinsam mit ihren Familien dringend schnelle Unterstützung. Das Essensgeld, welches der Staat im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung pro Kind zur Verfügung stellt, muss daher schnell und unbürokratisch an die Familien ausbezahlt werden. Das letzte, was arme Familien brauchen, ist ein weiterer bürokratischer Aufwand in der Organisation des Mittagessens für ihre Kinder sowie ein Outing ihrer sozialen Situation gegenüber dem Caterer!“

Am 23.04.2020 hat sich das ZFF gemeinsam mit einem Bündnis aus Wohlfahrts- und Familienverbänden in einer gemeinsamen Erklärung angesichts der Corona-Krise für eine unbürokratische Aufstockung des Hartz-Regelsatzes für Kinder ausgesprochen. Den Wortlaut der gemeinsamen Erklärung finden Sie u>.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 29.04.2020

Anlässlich der heutigen Pressekonferenz von Bundesminister Heil zum Sozialschutzpaket II erklärt Dr.WolfgangStrengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Die von der Bundesregierung geplante Anhebung des Kurzarbeitergeldes kommt für viele zu spät und für Geringverdienende reichen 80% nicht aus. Die Alternative zu dem Vorschlag der Bunderegierung ist eine zielgenaue Anhebung des Kurzarbeitergeldes für untere und mittlere Einkommen, und zwar sofort.

Vorrangiges Ziel einer Anhebung des Kurzarbeitergeldes sollte sein, vor Armut zu schützen und ein Abrutschen in die Grundsicherung zu verhindern. So würden auch die Jobcenter entlastet. Das wird durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht erreicht. Mit dem grünen Kurzarbeitergeld Plus werden zielgenau kleine und mittlere Einkommen erhöht. Den Höchstsatz von 90 Prozent erhalten Beschäftigte mit einem Nettoentgelt von bis zu 1.300 Euro. Wie beim jetzigen Kurzarbeitergeld erhalten Beschäftigte mit Kindern jeweils 7 Prozentpunkte mehr.

Die im Gesetzentwurf geplante Verlängerung des Arbeitslosengeld I ist sinnvoll.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 29.04.2020

Regelungen zum Elterngeld werden angepasst

Am morgigen Donnerstag wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich Corona-bedingte Anpassungen der Elterngeldregelungen beschließen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön:

„Die Corona-Pandemie hat das Leben aller grundlegend verändert, insbesondere das Leben von Familien mit Kindern. Durch die Schließung von Kitas und Schulen sind ihre gewohnten Tagesabläufe durcheinandergewirbelt. Für viele Mütter und Väter ist die Dreifach-Aufgabe von Betreuen, Beschulen und Arbeiten eine enorme Herausforderung. Den Kindern fehlen Kontakte zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern und Freunden und sie vermissen ihre Großeltern. Gut, dass in dieser Woche die Spielplätze wieder öffnen und die Schulen damit begonnen haben, einzelne Klassen wieder zu unterrichten.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat Familien in dieser Situation unterstützt. Nach der Verabschiedung des ersten Rettungsschirms und den Verbesserungen beim Kinderzuschlag wollen wir den Eltern und werdenden Eltern jetzt eine weitere finanzielle Sorge nehmen. Daher schließt der Deutschen Bundestag diese Woche die gesetzlichen Änderungen beim Elterngeld ab: Zeiten der Kurzarbeit wegen der Corona-Krise werden nicht dazu führen, dass das Elterngeld niedriger ausfällt, als von den werdenden Eltern kalkuliert. Dazu kommt eine größere Flexibilität bei der Inanspruchnahme der Elterngeld- und der Partnerschaftsmonate für Eltern in systemrelevanten Berufen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 14.05.2020

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/18966) für das Sozialschutz-Paket-II geplante Erhöhung des Kurzarbeitergeldes wird von Experten grundsätzlich begrüßt. Während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag wurde aber auch Kritik an der konkreten Ausgestaltung der Regelungen laut.

Für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, soll der Betrag ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70 Prozent (77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem siebten Monat des Bezuges auf 80 Prozent (87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des pauschalierten Netto-Entgelts erhöht werden, sieht der Regierungsentwurf vor. Diese Regelung soll bis Ende 2020 gelten. Außerdem sollen für Beschäftigte in Kurzarbeit ab dem 1. Mai bis zum 31. Dezember 2020 die Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet werden.

Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist es "ausnahmsweise gerechtfertigt, das Kurzarbeitergeld anzuheben", wie DGB-Vertreter Johannes Jakob sagte. Allerdings habe sich der Gesetzgeber für eine relativ komplizierte Regelung entschieden, die durch die Bundesanstalt für Arbeit (BA) sehr aufwendig geprüft werden müsse. Vor allem mit Blick auf die derzeit stark betroffene Dienstleistungsbranche wie etwa das Gastgewerbe seien die Kurzarbeitergeldsätze zu niedrig, befand Jakob. Auch mit der geplanten Aufstockung kämen viele nicht über den Hilfebedarf der Grundsicherung.

Eva Strobel von der BA bestätigte, dass der Aufwand für die Kurzarbeitergeld-Abrechnung steigen werde. Es müsse "arbeitnehmerbezogen für jeden Monat und für jeden Kurzarbeiter nachträglich in den Abrechnungslisten der Abgleich mit den Arbeitszeit- und den Arbeitsentgeltunterlagen bei den Arbeitgeber geprüft werden". Bei potenziell bis zu zehn Millionen Kurzarbeitern sehe die BA trotz aller Bemühungen um eine Verschlankung des Verfahrens erhebliche Mehraufwendungen, sagte Strobel.

Jürgen Wuttke von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bezeichnete die Regelung als "sozialpolitisch fragwürdig". Die pauschalen Anhebungen des Kurzarbeitergeldes dienten nicht der gezielten Bekämpfung von Notlagen im Einzelfall, "sondern befeuern Erwartungshaltungen an den Sozialstaat, die ihn langfristig finanziell völlig überfordern werden", sagte Wuttke. Seiner Ansicht nach werden unerfüllbare Ansprüche an den Sozialstaat geweckt, wenn selbst besonders gut verdienende Facharbeiter bei 50 Prozent Arbeitsausfall auf Niveaus von mehr als 90 Prozent ihres normalen Nettoeinkommens abgesichert werden. Zudem werde die Liquidität der Arbeitgeber gefährdet, weil sie das Kurzarbeitergeld vorfinanzieren müssten.

Der Einzelsachverständige Stefan Sell forderte Verbesserungen insbesondere für kleine bis mittlere Einkommensbereiche. Ziel sollte sein, so schnell wie möglich die finanzielle Lage vor allem der überdurchschnittlich von Kurzarbeit betroffenen Niedriglöhner zu verbessern, "und eben nicht eine schrittweise Anhebung für alle, die aber erst nach einigen Monaten Wartezeit kommt", sagte er.

Bernd Fitzenberger vom Institut für Arbeits- und Berufsforschung hätte nach eigener Aussage "sehr viel Sympathie dafür gehabt, dass bei Betrieben, die jetzt in den Lockdown kommen und Kurzarbeit Null machen, kurzfristig die Einkommenssicherung stattfindet". Ein einheitlich höherer Kurzarbeitergeldsatz sei auch von der Administration her einfacher, sagte er.

Werner Hesse vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband forderte die Politik auf, sicherzustellen, dass sich Unternehmen nicht auf Kosten der Beitragszahler durch das Kurzarbeitergeld entlasten und gleichzeitig Dividenden und Vorstands-Boni weiter in gewohnter Größenordnung auszahlen. "Da muss eine Bremse eingezogen werden", sagte Hesse. Die geplante Unterstützung für bedürftige Familien mit 150 Euro für den Kauf eines Laptops bewertete er als zu niedrig. Sinnvoll seien 450 Euro, die über das Bildungs- und Teilhabepaket im SGB II finanziert werden könnten.

Auch aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes ist der Betrag zu gering. "Wir brauchen auf jeden Fall noch ergänzend einen Zuschuss", sagte Caritas-Vertreterin Birgit Fix. Wichtig sei auch eine schnell kommende Regelung. Bildungsungleichheit verschärfte die Situation der Familien immens, gab sie zu bedenken.

Rainer Schlegel, Präsident des Bundesarbeitsgerichts, ging auf die im Gesetz enthaltenen Regelungen ein, die die Arbeitsfähigkeit von Arbeits- und Sozialgerichten in der Corona-Pandemie sicherstellen sollen. Bezüglich des Vorhabens, in der mündlichen Verhandlung leichter mit Videokonferenzen arbeiten zu können, urteilte er: Es gehe jetzt nicht allgemein um die Förderung von Videotechnik, sondern um die Vermeidung von Infektionsgefahren. Die Gerichte hätten aktuell anderes zu tun, als sich mit der Beschaffung von Videotechnik zu befassen.

Eine ähnliche Bewertung kam von Christian Mecke, Richter am Bundessozialgericht. Die vorgesehenen Regelungen seien unnötig und würden die Arbeit der Gerichte sogar noch erschweren, befand er.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.488 vom 11.05.2020

Die Koalitionsfraktionen wollen die sozialen Folgewirkungen der Corona-Pandemie erneut mit weiteren sozialpolitischen Maßnahmen abfedern und haben dazu einen Gesetzentwurf (19/18966) für ein Sozialschutz-Paket-II vorgelegt.

Das Paket enthält unter anderem eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes: Es wird für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70 Prozent (77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem siebten Monat des Bezuges auf 80 Prozent (87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des pauschalierten Netto-Entgelts erhöht. Diese Regelung gilt bis Ende 2020. Außerdem werden für Beschäftigte in Kurzarbeit ab dem 1. Mai bis zum 31. Dezember 2020 die Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet.

Ferner soll das Arbeitslosengeld für diejenigen um drei Monate verlängert werden, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai 2020 und dem 31. Dezember 2020 enden würde.

Arbeits- und Sozialgerichte sollen in der mündlichen Verhandlung leichter mit Videokonferenzen arbeiten können. Zudem werden die Voraussetzungen für das schriftliche Verfahren beim Bundesarbeitsgericht und beim Bundessozialgericht modifiziert. Gleiches gilt für Sitzungen der Mindestlohnkommission, der Heimarbeitsausschüsse und des Tarifausschusses im Zusammenhang mit Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen.

Schüler sowie Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, sollen auch bei pandemiebedingten Schließungen dieser Einrichtungen mit Mittagessen im Rahmen des Bildungspakets versorgt werden können. Dies soll entsprechend auch für Leistungsberechtigte in Werkstätten für behinderte Menschen und bei vergleichbaren Angeboten gelten.

Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) soll nachgebessert werden. Dies betrifft unter anderem die Verpflichtung der Leistungsträger zur Gewährleistung des Bestandes der Interdisziplinären Frühförderstellen.

Mit Sonderregelungen im Sechsten und Siebten Buch Sozialgesetzbuch sowie im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte soll sichergestellt werden, dass Waisenrenten auch dann (weiter-)gezahlt werden, wenn bedingt durch die Corona-Pandemie Ausbildungen und Freiwilligendienste später als üblich beginnen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.470 vom 06.05.2020

Der Bundesrat hat am heutigen Freitag dem Sozialschutzpaket II zugestimmt. Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverband erklärt:

„Mit dem Sozialschutzpaket II wurden weitere wichtige Maßnahmen verabschiedet, um den wirtschaftlichen und sozialen Härten durch die Corona-Pandemie zu begegnen. Die schrittweise Anhebung des Kurzarbeitergeldes, die Ausweitung der Hinzuverdienstgrenzen und die Verlängerung des Arbeitslosengeld I sind insgesamt begrüßenswerte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Wir begrüßen außerdem Verbesserungen im Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG): Das Gesetz sieht nun auch den Schutz für soziale Dienstleister im Bereich der Frühförderung und Früherkennung vor.“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Aufgegriffen wurde außerdem die Kritik der AWO und vieler anderer Organisationen: Mehrkosten für das warme Mittagessen für bedürftige Kinder und Jugendliche werden nun übernommen. Gleichwohl sehen wir weiteren Handlungsbedarf. Insbesondere müssen die existenzsichernden und familienpolitischen Leistungen erhöht werden. Neben einem Corona-bedingten Zuschlag auf den Regelbedarf sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die Aufwendungen für die Mittagsverpflegung als Geldleistung direkt an die Familien auszuzahlen. Auch für den Erhalt der sozialen Infrastruktur in ihrer Vielfalt müssen weitere Schritte folgen.“

Zur Stellungnahme: https://www.awo.org/stellungnahme-zum-sozialschutzpaket-ii

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.05.2020

Je länger die Krise dauert, desto offensichtlicher werden die existenziellen Sorgen von Familien sichtbar. Angesichts der heutigen Bundestagsdebatte über soziale Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise fordert der Deutsche Familienverband ein Betreuungsbudget von 800 Euro pro Monat.

Kriselt die Wirtschaft, werden Rettungsschirme aufgespannt. Kommen Familien in enorme finanzielle Bedrängnisse, werden sie im Stich gelassen. „Dass viele Familien vergessen werden, können und wollen wir nicht akzeptieren“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV).

Der Deutsche Familienverband fordert ein Betreuungsbudget von 800 Euro pro Monat. Gerade in der Coronakrise zeigt sich, wie wichtig diese Unterstützung wäre. Familien sind derzeit am Rande ihrer Kraft und finanziellen Möglichkeiten. Existenzen stehen auf dem Spiel.

Der Ruf nach direkter Familienunterstützung wird in der Öffentlichkeit immer lauter. Die Not von Familien immer drängender. Mehrere Vorschläge zur finanziellen Unterstützung stehen derzeit in der Diskussion. „Es ist jetzt ganz besonders wichtig, Eltern und Kindern eine Perspektive zu geben. Andernfalls wird riskiert, dass Eltern aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten und einer beruflichen Überlastung anderweitige Möglichkeiten für die Kinder suchen. In solch selbstorganisierten Alternativen wären sicher auch Risikogruppen wie Großeltern vermehrt eingebunden. Das Corona-Kindergeld oder das im Thüringer Landtag eingebrachte Familiengeld sind daher Ideen, die in die richtige Richtung gehen“, sagt Franziska Schmidt, Landesvorsitzende des Deutschen Familienverbandes in Thüringen. „Eine gute, verlässliche Familienpolitik muss Eltern bei der Betreuung helfen. Das gelingt am besten mit einem Betreuungsbudget von 800 Euro. Es soll unbürokratisch und bedingungslos an alle Familien ausgezahlt werden.“

Der DFV macht sich dafür stark, dass das Betreuungsbudget nach der Coronakrise weitergeführt werden soll. Eltern können dann frei entscheiden, in welcher Form sie ihre Kinder während der dreijährigen Elternzeit betreuen wollen: Ob zuhause oder in einer anderen Betreuungsform. Mit dem Betreuungsbudget können sich Eltern die Art der Kinderbetreuung selbst aussuchen und zeitlich genau auf die Bedürfnisse ihres Kindes und der ganzen Familie zuschneiden.

„Die Coronakrise ist der absolute Lackmus-Test der Familienpolitik“, sagt Verbandspräsident Klaus Zeh. „Die Politik muss Eltern und Kinder mit einem Betreuungsbudget unterstützen. Familien sind das Rückgrat der Gesellschaft, ohne sie ist kein Staat zu machen. Vernachlässigen die Parteien auf Landes- und Bundesebene die Familienförderung, lässt man Familien in der Coronakrise ungeniert in die Armut abgleiten.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 14.05.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Auch das ZFF sieht in der Corona-Krise eine nie dagewesene Herausforderung für Familien. Mal wieder übernehmen in dieser Situation Frauen den Löwenanteil der Sorgearbeit, die durch Kita- und Schulschließungen sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen deutlich zunimmt. Aus unserer Sicht müssen bei Entscheidungen über anstehenden Maßnahmen, neben den zweifellos zentralen gesundheitspolitischen Erwägungen, aber sehr viel stärker die Auswirkungen auf Geschlechterverhältnisse und die Bedürfnisse von Familien und Kindern in ihrer Vielfalt in den Blick genommen werden, ansonsten tragen weiterhin Frauen und Mütter die Doppelbelastung aus Sorge- und Erwerbsarbeit. Wir setzen uns vor diesem Hintergrund für eine Familienleistung ein, die insbesondere eine Kombination von(parallelem) Elterngeldbezug und Teilzeittätigkeit unterstützt. Das Modell der Familienarbeitszeit mit Familiengeld bietet hier einen guten Ansatz für mehr Partnerschaftlichkeit.

Zur ausführlichen ZFF-Positionierung: https://www.zukunftsforum-familie.de/fileadmin/user_upload/pdf/pressemitteilungen/ZFF_Familien_entlasten_Gleichstellung_nicht_vergessen_29.04.2020.pdf

Heute wird das Sozialschutzpaket II vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Die Diakonie Deutschland fordert einen Krisenzuschlag für Menschen, die in Armut leben. Er ist im Sozialschutzpaket nicht vorgesehen.

Hierzu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"In der Corona-Krise gibt es Soforthilfen für die Wirtschaft und für Beschäftigte. Für arme Menschen und ihre Familien gibt es nur wenige Verfahrenserleichterungen und schwer umsetzbare wenig hilfreiche Sachleistungen.

So ist der Ersatz von Schul- oder Kitaessen durch Essen auf Rädern viel zu kompliziert. Lösungen zeichnen sich erst ab, wenn die ersten Kinder schon wieder in die Schule und in die Kita gehen. Familien, die staatliche Unterstützung (Hartz IV) erhalten, brauchen einen zeitlich begrenzten finanziellen Zuschuss anstelle von Sachleistungen", so Loheide.

Die Diakonie fordert gemeinsam mit anderen Verbänden einen Krisenzuschlag von 100 Euro für Alleinstehende, 90 Euro für zusammenlebende Erwachsene und 80 Euro pro Kind. Daneben braucht es ein ausreichendes EDV-Paket für Schülerinnen und Schüler.

Einkommensarme Menschen geraten in der Krise in existenzielle Notlagen – und werden von der Politik übersehen. Hilfsangebote (z.B. der Tafeln) und Sonderangebote in Supermärkten stehen kaum zur Verfügung und Zusatzkosten für Kinder im Homeschooling sind nicht zu schultern. Bildungsbenachteiligung verfestigt sich jetzt und ist kaum wieder aufzuholen.

Loheide weiter: "Unser Sozialsystem ist nicht krisenfest. Es muss jetzt sozialpolitisch nachgesteuert werden, damit unvorhersehbare Belastungen und Kosten für Menschen in Armut schnell, direkt und unkompliziert abgefedert werden können. Solche Regelungen müssen dauerhaft gesetzlich verankert werden, damit sie im Bedarfsfall kurzfristig wirken können. Schnelle Krisenhilfen für Arme gehören genauso auf die politische Agenda wie die Rettung der Wirtschaft."

Mehr Informationen:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.05.2020

Am vergangenen Freitag wurde das Sozialschutz-Paket II im Bundesrat verabschiedet. Gerwin Stöcken, Sprecher der nak kommentiert:

„Das Sozialschutz-Paket II enthält wichtige Maßnahmen wie die schrittweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes oder die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I, um die Situation vieler Menschen zu verbessern, deren wirtschaftliche und soziale Existenz durch die Corona-Pandemie erschüttert wurde. Aus Sicht der Nationalen Armutskonferenz sehen wir jedoch die Regelung zur Mittagsverpflegung für bedürftige Kinder und Jugendliche kritisch. Durch die Schließung von Schulen und KiTas fällt das gemeinsame Mittagessen weg, was im Gesetz durch eine Belieferung oder Abholung mit einem zubereiteten Mittagessen kompensiert werden soll. Wir warnen eindringlich vor dem stigmatisierenden Effekt, wenn die ganze Nachbarschaft Zeuge der Belieferung wird. Statt dieser zudem sehr bürokratisch und logistisch komplizierten Lösung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die Aufwendungen als Geldleistungen direkt an die Familien auszuzahlen.

Zudem möchte ich auf die allgemeine Situation von Menschen mit Armutserfahrung aufmerksam machen. Viele arme Menschen trifft die Pandemie in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht besonders hart. Wir brauchen daher dringend weitergehende Maßnahmen im Bereich der Grundsicherung, damit sich die Situation der Ärmsten nicht weiter verschärft. Bei aller Befürwortung von Maßnahmen, die im Moment verhindern, dass noch mehr Armut entsteht, dürfen wir auch diejenigen nicht aus Blick verlieren, die in verfestigter Armut leben.“

Quelle: PressemitteilungNationale Armutskonferenz (nak)vom 18.05.2020

,Anlässlich der anhaltenden Corona-Krise fordern der DF, der djb und das ZFF, Familien und Kinder nachhaltiger zu unterstützen und bei anstehenden Entscheidungen die Geschlechtergerechtigkeit im Blick zu behalten.

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor zunehmende Herausforderungen und verstärkt bestehende Ungleichheiten auch innerhalb von Familien. Frauen sind in dieser Krise weiter fast selbstverständlich für die Sorgearbeit zuständig und übernehmen die durch Kita- und Schulschließungen anfallende Betreuungs- und Erziehungsarbeit in deutlich größerem Umfang als Männer. Vor diesem Hintergrund fordern der Deutsche Frauenrat (DF), der Deutsche Juristinnenbund (djb) und das Zukunftsforum Familie (ZFF) Maßnahmen für eine nachhaltige Unterstützung von Familien mit Kindern, welche der ungleichen Arbeitsteilung von Männern und Frauen in Familie und Arbeitswelt entgegensteuern. Die Organisationen haben Handlungsempfehlungen zur Bewältigung der beschriebenen Herausforderung vorgelegt.

Mona Küppers, Vorsitzende des DF, erklärt: „Wegen der Kitaschließungen stecken vor allem Mütter beruflich zurück, um den Betreuungsbedarf aufzufangen. Frauen werden so in traditionelle Geschlechterrollen gedrängt. Dies kann zu langfristigen Nachteilen im Erwerbsleben für sie führen. Der Deutsche Frauenrat begrüßt die aktuellen Empfehlungen der Familienminister*innen von Bund und Ländern für einen Wiedereinstieg in die Kindertagesbetreuung. So lange bedarf es großzügigerer Regelungen bei der Notfallbetreuung in Kitas. Das gilt insbesondere für die 1,5 Millionen Alleinerziehenden, davon rund 90 Prozent Frauen.“

Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, fährt fort: „Da wir mit der Pandemie noch eine ganze Weile leben werden, müssen wir darauf achten, dass die Rechte von Kindern und Eltern bei der Gestaltung aller Maßnahmen bestmöglich umgesetzt werden. Familien sind vielfältig, es braucht deshalb ein Maßnahmenpaket für die kommende Zeit, das einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen entgegenwirkt, Alleinerziehende besonders stärkt, Bildung und Teilhabe für alle Kinder, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation, möglich macht und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Betreuung sichert.“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, ergänzt: „Die Corona-Pandemie setzt Familien und Kinder in diesem Land enorm unter Druck. Angesichts fortdauernder Kita- und Schulschließungen fehlen den Jüngsten zentrale Lern- und Sozialisationsorte. Gleichzeitig stehen insbesondere Frauen vor enormen Herausforderungen, denn sie übernehmen den Löwenanteil der anfallenden Sorgearbeit: Kleinkinder müssen betreut, Schulkinder bei Hausaufgaben begleitet werden und die Hausarbeit steht auch weiter an. Neben einer schrittweisen Öffnung von Kitas und Schulen, fordern wir die Politik auf, nachhaltige Maßnahmen für eine geschlechtergerechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Phase der Corona-Pandemie vorzulegen“.

Die Positionierungen der Organisationen finden Sie hier:

Deutscher Frauenrat (DF): „Frauen in der Corona Krise“ vom 06.04.2020 / Pressemitteilung „Erste Corona-Lockerungen: Rolle rückwärts ins Alleinernährer-Modell abwenden“ vom 17.04.2020.

Deutscher Juristinnenbund (djb): „Stellungnahme: Maßnahmen zur Unterstützung von Familien in der COVID-19-Pandemie“ vom 27.04.2020.

Zukunftsforum Familie (ZFF): Familien schnell entlasten – Kinder fördern – Gleichstellung nicht vergessen. Anmerkungen des ZFF zu den Debatten um ein Corona-Elterngeld und Kita-Öffnungen vom 29.04.2020.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V., Deutscher Frauenrat und Deutscher Juristinnenbund e.V.vom 29.04.2020

Der Deutsche Bundestag hat am 7. Mai 2020 beschlossen, das Elterngeld krisenfest zu machen. Mit den Änderungen wird sichergestellt, dass Eltern durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus keine Nachteile entstehen.

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben maßgeblich dafür gesorgt, dass Eltern jetzt im Hinblick auf das Elterngeld Planungssicherheit haben.

Die Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes ist für Eltern eine ganz besondere. Für viele wird diese aktuell allerdings von der Corona-Pandemie überschattet. Neben der Unsicherheit, inwiefern die Pandemie Auswirkungen auf Schwangerschaft und Geburt hat, kommen finanzielle Sorgen dazu. Pläne, die bereits vor der Krise gemacht wurden, lassen sich unter den neuen Vorzeichen nicht mehr umsetzen.

Wenn Eltern durch die Corona-Krise bedingt weniger Einkommen haben, zum Beispiel durch den Bezug von Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld I, verringert sich das Elterngeld nicht. Auch für werdende Eltern ergeben sich dadurch keine Nachteile. Bei der späteren Berechnung des Elterngeldes werden Monate mit Einkommenseinbußen ausgeklammert.

Pläne, wer wann und wie lange in Elternzeit geht, müssen vor dem Hintergrund der aktuellen Situation gegebenenfalls angepasst werden. Wer in einem systemrelevanten Beruf arbeitet und im Job dringend gebraucht wird, kann seine Elterngeldmonate verschieben. Eltern, die während des Elterngeldbezugs parallel in Teilzeit arbeiten und den sogenannten Partnerschaftsbonus beziehen, verlieren diesen nicht, auch wenn sie in der Krise weniger oder mehr als vorgegeben arbeiten.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die aktuell schwierigen Lebenslagen von Familien im Blick. Deshalb sind die maßgeblich von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten initiierten Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld, Kinderzuschlag und beim Elterngeld wichtige Bausteine zur Unterstützung von Familien. Weitere Hilfen werden folgen. Dabei werden wir darauf achten, dass die Unterstützungsleistungen von Kommunen, Ländern und dem Bund sinnvoll aufeinander abgestimmt und die zuständigen Verwaltungsstellen nicht überfordert werden.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 07.05.2020

Familienpolitiker der Union können Ministerpräsidenten von Fortsetzung der Lohnfortzahlung für Eltern überzeugen

Bislang können Eltern eine Lohnfortzahlung für sechs Wochen erhalten, wenn sie nicht arbeiten können, weil ihre Kinder wegen der Schließungen von Kitas und Schulen nicht betreut werden. Diese Regelung gilt seit dem 30. März dieses Jahres. Zu einer möglichen Verlängerung dieser Entschädigungsregelung erklärt der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg:

„Für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist die Verlängerung der Entschädigungszahlung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, unverzichtbar. Die Verlängerung der sechswöchigen Entschädigungsregelung für betroffene Eltern ist kein Gnadenakt, sondern eine absolute familienpolitische Notwendigkeit. Deshalb ist es ein ganz wichtiger Erfolg, dass wir als Familienpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in den letzten Tagen Ministerpräsidenten der Union davon überzeugen konnten, diese Regelung fortzusetzen. Eltern erwarten in dieser besonderen Situation die klare Botschaft, dass die Politik sie nicht im Stich lässt. Alles andere wäre realitätsfremd.

Jeder Politiker, der sich gegen eine Verlängerung einer Entschädigungszahlung stellt, muss sich dann auch die Frage gefallen lassen, ob er überhaupt noch einen Überblick über die tatsächlichen Bedarfe und Notwendigkeiten unserer Familien unmittelbar vor Ort hat. Denn eines ist klar: Auch wenn die Kitas schrittweise ihren Notbetrieb erweitern, so sind sie doch aufgrund der Einhaltung notwendiger Sicherheitsstandards und Auslastung des Fachpersonals von einem Regelbetrieb weit entfernt. Hinzu kommt, dass ein Teil des Fachpersonals zu den Risikogruppen gehört. Das bedeutet, die Betreuung kann nur für einen Teil der Kinder sichergestellt werden.

Ich bin sehr erfreut, dass sich der Bundessozialminister Hubertus Heil entgegen erster Äußerungen in der letzten Woche, die Entschädigungszahlung für Eltern nicht verlängern zu wollen, nun doch anders entschieden hat. Dieses Durcheinander verunsichert Eltern unnötigerweise. Wir arbeiten jetzt mit den Ländern konstruktiv an einer gemeinsamen Lösung und wollen die Entschädigungszahlung für die betroffenen Eltern je Elternteil zügig verlängern.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 19.05.2020

Zu einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung, wonach die Corona-Krise die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern vergrößert, können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Ein Blick in Online-Foren zeigt es deutlich: In der Corona-Krise werden in vielen Familien klassische Aufgabenteilungen gelebt. Natürlich gibt es auch Familien, in denen der Mann mehr Sorgearbeit übernimmt oder beide Partner sich Fürsorgeaufgaben teilen. Aber die Kita- und Schulschließungen haben dazu geführt, dass mehr Frauen als Männer bereit waren, die Kinderbetreuung zu übernehmen und ihre Arbeitszeit zu reduzieren. In manchen Familien natürlich auch deshalb, weil die Frauen weniger verdienen als der Mann. Frauen sind nach wie vor häufig in Berufen beschäftigt, die in der Bezahlung unterbewertet sind: in der Pflege, im Supermarkt, in der Dienstleistung. Wir müssen die Anerkennung, die diese Berufe in der Corona-Krise genießen, nutzen, um eine bessere Bezahlung der Frauen zu erreichen. Ich hoffe, dass Frauen jetzt Druck machen und in den kommenden Tarifverhandlungen höhere Löhne durchsetzen. Das ermöglicht auch in Krisenzeiten eine fairere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit und dient der Gleichberechtigung. Und der Bund kann mit gutem Beispiel vorangehen: Führen in Teilzeit muss stärker möglich sein und gelebte Praxis werden. Das wäre ein großer Schritt zu mehr Gleichberechtigung und zur Senkung der Lohnlücke.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 15.05.2020

Regelungen zum Elterngeld werden angepasst

Am morgigen Donnerstag wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich Corona-bedingte Anpassungen der Elterngeldregelungen beschließen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön:

„Die Corona-Pandemie hat das Leben aller grundlegend verändert, insbesondere das Leben von Familien mit Kindern. Durch die Schließung von Kitas und Schulen sind ihre gewohnten Tagesabläufe durcheinandergewirbelt. Für viele Mütter und Väter ist die Dreifach-Aufgabe von Betreuen, Beschulen und Arbeiten eine enorme Herausforderung. Den Kindern fehlen Kontakte zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern und Freunden und sie vermissen ihre Großeltern. Gut, dass in dieser Woche die Spielplätze wieder öffnen und die Schulen damit begonnen haben, einzelne Klassen wieder zu unterrichten.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat Familien in dieser Situation unterstützt. Nach der Verabschiedung des ersten Rettungsschirms und den Verbesserungen beim Kinderzuschlag wollen wir den Eltern und werdenden Eltern jetzt eine weitere finanzielle Sorge nehmen. Daher schließt der Deutschen Bundestag diese Woche die gesetzlichen Änderungen beim Elterngeld ab: Zeiten der Kurzarbeit wegen der Corona-Krise werden nicht dazu führen, dass das Elterngeld niedriger ausfällt, als von den werdenden Eltern kalkuliert. Dazu kommt eine größere Flexibilität bei der Inanspruchnahme der Elterngeld- und der Partnerschaftsmonate für Eltern in systemrelevanten Berufen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 06.05.2020

Die Kindertagesbetreuung soll in vier Stufen wieder geöffnet werden. Das haben die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder und das Bundesfamilienministerium jetzt in einem gemeinsamen Beschluss empfohlen. Dabei soll das Infektionsgeschehen kontinuierlich beobachtet werden. Hierzu können Sie den familienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, gerne wie folgt zitieren:

„Der konkrete Termin der Kita-Öffnung ist derzeit eine der drängendsten Fragen vieler Kinder und Eltern. Viele Familien haben durch die Corona-bedingten Kita-Schließungen schwierige Wochen hinter sich, die sie toll gemeistert haben. Doch mehr und mehr Familien hängen am seidenen Faden zwischen Kinderbetreuung, Homeschooling und Homeoffice. Kochlöffel, Mathebuch und Exceltabelle sind nicht dauerhaft vereinbar. Grundsätzliche Absichtserklärungen müssen, soweit gesundheitspolitisch vertretbar, jetzt durch klare und konkrete Ablaufprozesse unterlegt werden. Familien und Kinder brauchen keinen Konjunktiv bei der Frage der Terminplanung, sondern Planungssicherheit.

Deshalb ist es richtig, dass jetzt ein Plan für den strukturierten stufenweisen Einstieg in die Kita-Öffnung vorliegt. Familien sind systemrelevant. Wichtig ist auch, dass wir uns beim Wiedereinstieg in die Kita-Betreuung von der Frage leiten lassen: Wer hat den dringendsten Bedarf? Für die Zukunft müssen wir unsere politischen Entscheidungen bei der Kita-Betreuung in Zeiten der Corona-Pandemie unbedingt auf eine verlässliche wissenschaftliche Basis stellen: Es ist bislang nicht abschließend geklärt, welche Rolle Kitas im aktuellen Pandemiegeschehen für Krankheits-Übertragungen spielen. Deshalb begrüße ich die Initiative der Bundesregierung mit den Familienministerinnen und Familienministern der Länder, hier endlich konkret für Klarheit zu sorgen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 29.04.2020

Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern die Notbetreuung in Kindertageseinrichtungen während der Corona-Pandemie ausweiten. Neben Kindern von Eltern in systemrelevanten Berufen sollen auch Eingewöhnungskinder und deren Geschwister, Kinder von Alleinerziehenden und von Eltern, die beide berufstätig sind, in die Notbetreuung aufgenommen werden, fordern die Liberalen in ihrem Antrag (19/18954).

Als Vorbedingung für eine Öffnung von Kindertageseinrichtungen sollen umfangreiche Schnelltests von allen Kita-Mitarbeitern und der Kinder in den Einrichtungen eingeführt werden. Diese Schnelltests sollen bei Bedarf oder bei Anzeichen für eine Covid-19-Erkrankung wiederholt werden. Fachkräfte und auch Kinder, die nach Einschätzung von Experten gemeinhin als Risikogruppen zählen, sollen hingegen bis auf Weiteres nicht wieder in den Kita-Betrieb eingegliedert werden.

Die Fraktion tritt ferner für einen Infektionsschutz durch Kinderbetreuung in zeitlich versetzten Kleinstgruppen aus Kindern und Erziehern sowie Zugangsbeschränkungen von betriebsfremden Personen vor. Auch will sie einen Infektionsschutz durch Rahmenhygienepläne bei Kindern, Fachkräften und Elternkontakt. Für die Kita-Mitarbeitender müsse Schutzkleidung für den Umgang mit den Eltern und für Dienstbesprechungen bereitgestellt werden.

Zudem fordert die FDP für die Zeit der Pandemie befristet eine sogenannte Corona-Elternzeit, die einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung mit entsprechendem Kündigungsschutz umfasst. Sofern in der genommenen Elternzeit oder Corona-Elternzeit keine anderweitigen Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen bestehen, müsse eine Verdienstausfallentschädigung nach den bestehenden Regelungen des Infektionsschutzgesetzes auch über den bisher geltenden Maximalzeitraum von sechs Wochen hinaus gezahlt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.473 vom 06.05.2020

Auf dem ersten Treffen des Fachkräfte-Forums im Projekt FachkräfteZOOM sagte eine Teilnehmerin: "Wir brauchen eine Stimme, die uns eint!"

Ihre Expertise fände bislang wenig Gehör in den fachpolitischen Diskursen.

Das möchten die pädagogischen Fachkräfte, KiTa-Leitungen und Fachberatungen aus dem Fachkräfte-Forum nun ändern.

Mit zwei Stellungnahmen meldet sich das Fachkräfte-Forum aktuell zu Wort. Gerne möchten wir Sie auf beide Dokumente aufmerksam machen:

„Corona und KiTa: Stellungnahme der KiTa-Experten!“

„Wir mischen uns ein! Forderungen des Fachkräfte-Forums“

Bildung und Betreuung in KiTas unter den aktuell notwendigen – aber auch teilweise ungeklärten – Hygieneanforderungen durchzuführen, ist eine große Herausforderung. Die Situation verschärft sich durch – auch im Normalbetrieb – mangelnde Kapazitäten für pädagogisches Personal oder Leitungsaufgaben. Dass ein Teil der pädagogischen Fachkräfte selbst zu den gefährdeten Gruppen zählt, erschwert die Situation zusätzlich.

Das Fachkräfte-Forum ruft zu mehr Besonnenheit und ausgewogenem Handeln auf.

Die Stimme der KiTa-Praxis verdient es, wahrgenommen zu werden im Konzert der Expert*innen-Stimmen. Ihre fundierte Expertise zu KiTa-Themen ist in der aktuellen Situation gefragter denn je.

„Kommen Sie auf uns zu und suchen Sie das Gespräch mit uns!“ lautet daher das Angebot der Fachberater*innen, KiTa-Leitungen und pädagogischen Fachkräfte.

Quelle:Pressemitteilung Bertelsmann Stiftungvom 07.05.2020

Die Corona-Pandemie löst eine verheerende Wirtschaftskrise aus, die auch am deutschen Arbeitsmarkt gravierende Spuren in Form von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit hinterlässt. Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008/2009, in der Männer stärker vom Beschäftigungsrückgang betroffen waren, trifft es in der aktuellen Krise Wirtschaftssektoren wie das Gastgewerbe, in denen Frauen stärker repräsentiert sind. Außerdem zeigen erste Zahlen zu den Zugängen zur Arbeitslosigkeit allgemein und zum Beschäftigungsrückgang bei MinijoberInnen, dass Frauen momentan stärker von Arbeitsplatzverlust betroffen sind als Männer.

Durch die Corona-Pandemie zeichnet sich eine gewaltige Rezession[1] ab, deren Auswirkungen auch am Arbeitsmarkt deutlich zu spüren sind. Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass bereits für bis zu 10,1 Millionen ArbeitnehmerInnnen im Zeitraum März und April 2020 Kurzarbeit angezeigt wurde.[2]

Der wirtschaftliche Einbruch trifft die Wirtschaftssektoren unterschiedlich stark, je nachdem, wie sehr die Tätigkeiten beispielsweise von den Eindämmungsmaßnahmen eingeschränkt werden. Da sich die Geschlechterverteilung über die Wirtschaftssektoren unterscheidet, können Männer und Frauen in unterschiedlichem Ausmaß von der Krise und deren Folgen am Arbeitsmarkt betroffen sein.[3] Dieser Bericht zeigt anhand offizieller Arbeitsmarktzahlen für Deutschland auf, welche Sektoren besonders viele Anzeigen zu Kurzarbeit und hohe Zugänge in Arbeitslosigkeit im März und April 2020 aufweisen.[4] In Kombination mit Daten über Frauen- und Männeranteile in den einzelnen Sektoren können die geschlechtsspezifischen Auswirkungen auf die Arbeitsnachfrage in Deutschland abgeschätzt werden.

Gastgewerbe hat für 96 Prozent aller Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt

Insgesamt beläuft sich der Anteil der Beschäftigten, für die seit Anfang März 2020 in Deutschland Kurzarbeit angemeldet wurde, auf 30 Prozent. Wichtig ist hierbei, dass eine Anzeige über Kurzarbeit von Seiten der ArbeitgeberInnen nicht automatisch einer tatsächlichen Inanspruchnahme von Kurzarbeit gleichkommt.[5] Dennoch erlaubt die Anzahl der Anzeigen bereits eine Einschätzung, wie stark und unmittelbar die Wirtschaft und ihre einzelnen Sektoren von der Krise betroffen sind.

Das Gastgewerbe ist der Sektor, in dem mit 96 Prozent anteilsmäßig die meisten Beschäftigten seit März 2020 von Anzeigen über Kurzarbeit betroffen sind (Abbildung 1). Erheblich ist der Anteil mit 71 Prozent auch im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung. Diese Bereiche des öffentlichen Lebens leiden vermutlich mit am stärksten unter Kontaktbeschränkungen und vorübergehenden Schließungen. Daher ist es nicht überraschend, dass hier besonders viele Kurzarbeitsanzeigen registriert werden. Die Anteile in den weiteren stark von Kurzarbeit betroffenen Sektoren sind mit zwischen knapp 20 bis 40 Prozent deutlich niedriger, wenn auch immer noch erheblich.

Im Vergleich zum gesamten Krisenjahr 2009 ist bereits jetzt ein mehr als doppelt so großer Teil der Beschäftigten von Anzeigen zur Kurzarbeit betroffen.[6] Zudem waren damals die Auswirkungen zwischen den Wirtschaftssektoren anders verteilt. Während aktuell das Gastgewerbe, die Bereiche Kunst, Unterhaltung und Erholung im Fokus stehen, fielen im Jahr 2009 in diesen Sektoren nur sehr wenige Beschäftigte unter die Anzeigen von Kurzarbeit. Am stärksten reagierten im Jahr 2009 das verarbeitende Gewerbe und die Baubranche.

Abbildung 1: Von Anzeigen zu Kurzarbeit betroffene Personen nach Wirtschaftsbereichen in den Jahren 2009 und 2020
Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Prozent
Quellen: Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008), Zeitreihe Quartalszahlen (online verfügbar) und Angezeigte Kurzarbeit, Dezember 2009 (online verfügbar) und April 2020 (online verfügbar).

Mehr Wirtschaftsbereiche mit hohem Frauenanteil betroffen als im Jahr 2009

Üblicherweise sind die kurzfristigen negativen Arbeitsmarktauswirkungen von Wirtschaftskrisen für Männer ausgeprägter als für Frauen. Die Corona-Krise hebt sich davon mit einer vergleichsweise größeren Betroffenheit von Bereichen mit hohem Frauenanteil unter den Beschäftigten ab.[7]

Dieser Kontrast spiegelt sich auch in den Anzeigen zur Kurzarbeit wider: In fünf der zehn Wirtschaftsbereiche, für die im März und April 2020 besonders viele Personen zur Kurzarbeit angezeigt wurden, sind überdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt (Abbildung 2). In den besonders betroffenen Bereichen Gastgewerbe sowie Kunst, Kultur und Erholung liegt der Frauenanteil unter den Beschäftigten mit 54 beziehungsweise 51 Prozent über dem Anteil von 46 Prozent unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dies steht in deutlichem Kontrast zum Krisenjahr 2009, in dem mehrheitlich Wirtschaftsbereiche von Kurzarbeit betroffen waren, in denen unterdurchschnittlich viele Frauen arbeiteten. Im verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe, in denen 2009 relativ zur Beschäftigung besonders häufig Kurzarbeit angemeldet wurde, waren im Vorjahr nur 25 beziehungsweise 13 Prozent Frauen unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Abbildung 2: Kurzarbeit und Frauenanteile in den Jahren 2009 und 2020
Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Prozent

Geringfügig Beschäftigte nicht durch Kurzarbeit geschützt und mehrheitlich weiblich

Kurzarbeit soll die Effekte der Krise am Arbeitsmarkt abfedern, indem sie für viele Menschen die unmittelbare Arbeitslosigkeit verhindert. Es gibt jedoch, neben den Selbstständigen, auch abhängig Beschäftigte, deren drohender Arbeitsplatzverlust nicht durch Kurzarbeit abgefedert werden kann. Für ausschließlich geringfügig Beschäftigte können Unternehmen kein Kurzarbeitergeld beantragen. Weiterhin haben geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, da sie von deren Beiträgen befreit sind.

Unter den geringfügig Beschäftigten beträgt der Frauenanteil insgesamt etwa 61 Prozent und liegt damit 15 Prozentpunkte über dem Frauenanteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.[8] In den zwei im März und April 2020 am stärksten von Kurzarbeit betroffenen Wirtschaftssektoren, Gastgewerbe sowie Kunst, Kultur und Erholung, sind besonders viele Personen geringfügig angestellt. Auf etwa zwei sozialversicherungspflichtig Beschäftigte kommt in diesen beiden Bereichen etwa eine ausschließlich geringfügig beschäftigte Person.[9]

Nach Angaben der Minijob-Zentrale hat bereits zum Stichtag 31. März 2020 die Anzahl der geringfügigen Beschäftigten im gewerblichen Bereich im Vergleich zum Vorjahr stark abgenommen. Besonders betroffen war dabei das Gastgewerbe, in dem Ende März 2020 um 11,1 Prozent weniger MinijobberInnen beschäftigt waren als zur selben Zeit des Vorjahres. Über alle Sektoren hinweg war der Rückgang bei den Frauen in geringfügiger Beschäftigung mit vier Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Männern (2,3 Prozent).[10]

Auch Zuwachs an Arbeitslosen aus dem Gastgewerbe besonders hoch

Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Zugang an Arbeitslosen im April 2020 um 81.000 beziehungsweise 14 Prozent erhöht. Gleichzeitig konnten 300.000 beziehungsweise 46 Prozent weniger Personen als im Vorjahr ihre Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Beschäftigung oder durch die Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme beenden. Der Anstieg im Zugang zur Arbeitslosigkeit ist für Frauen mit 16 Prozent höher als für Männer mit zwölf Prozent, während der Rückgang in der Beendigung der Arbeitslosigkeit zwischen den Geschlechtern sehr ähnlich ist. Im gesamten Krisenjahr 2009 lag die Zunahme in den Zugängen zur Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr für Männer (15 Prozent) deutlich über der für Frauen (sechs Prozent).[11]

Der Anstieg in den Zugängen zur Arbeitslosigkeit kommt insbesondere durch Personen zustande, die sich im April 2020 arbeitslos meldeten und zuvor einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind. Trotz der Maßnahme Kurzarbeit beträgt die prozentuale Veränderung für diese Gruppe 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Anstieg der Anzahl derer, die ihre Beschäftigung im Gastgewerbe verloren und daher arbeitslos wurden, war besonders groß (Abbildung 3). Der Übergang von Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit war hier mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Auch der Bereich Kunst, Kultur und Erholung liegt mit einer Vorjahresveränderung von 85 Prozent deutlich über dem Durchschnitt aller Wirtschaftsbereiche.

Abbildung 3: Zugang von Arbeitslosen aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im April 2020
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in Prozent
Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Auswirkungen der Coronakrise auf den Arbeitsmarkt, Deutschland, Monatszahlen, April 2020 (online verfügbar)

Fazit: Konjunkturprogramme müssen Gender-Budgeting unterworfen werden

Im Unterschied zu vergangenen Krisen, die häufig männerdominierte Wirtschaftssektoren besonders getroffen haben, drohen infolge der Corona-Pandemie auch Sektoren mit einem hohen Frauenanteil unter den Beschäftigten Einschnitte. Im besonders stark von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit betroffenen Bereich Gastgewerbe sind beispielsweise mehr als die Hälfte aller Beschäftigten Frauen. Hinzu kommt, dass Frauen häufig ein niedrigeres Kurzarbeitergeld erhalten als Männer. Dies liegt daran, dass sich das Kurzarbeitergeld einerseits am Nettogehalt orientiert, das für viele verheiratete Frauen aufgrund der Lohnsteuerklasse V sehr niedrig ist.[12] Andererseits erhalten Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch die Arbeitgeber.[13] Unter den geringfügig Beschäftigten, die keine Ansprüche auf Kurzarbeitergeld haben und damit dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes noch stärker ausgesetzt sind, sind ebenfalls mehrheitlich Frauen vertreten.

Im Zusammenspiel mit der Tatsache, dass Frauen auch die Hauptlast der zusätzlichen Sorgearbeit aufgrund des eingeschränkten Kita- und Schulbetriebes tragen[14], lässt sich folgern, dass Frauen von der Corona-bedingten Wirtschaftskrise in besonderem Maße betroffen sind. Deswegen sollten sämtliche staatliche Maßnahmen wie Rettungspakete, Konjunkturprogramme und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung nach der Wirtschaftskrise einem Gender-Budgeting unterworfen werden. Damit sollten die sich abzeichnenden langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern abgefedert werden.

Quelle: Publikation DIW aktuell -Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 15.05.2020

Studie auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) – Auswertungen zur Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit sowie zum Home-Office-Potential vor Beginn der Corona-Pandemie erlauben Rückschlüsse für aktuelle Situation – Millionen Familien umso stärker belastet, je länger Kitas und Schulen nicht zu Normalbetrieb zurückkehren – Corona-Elternzeit und -Elterngeld können erwerbstätige Eltern entlasten

Seit Wochen weitgehend geschlossene Kitas und Schulen, eine Rückkehr zum Normalbetrieb nicht in Sicht: Die Folgen der Corona-Pandemie stellen in Deutschland mehr als vier Millionen Familien mit erwerbstätigen Eltern und Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren vor große Probleme, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht. Wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, dürften von den Mehrbelastungen in Sachen Kinderbetreuung und Hausarbeit in erster Linie die Mütter betroffen sein. Den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zufolge hat zudem ein großer Teil der Haushalte nicht einmal theoretisch die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten. Und selbst wenn diese Möglichkeit besteht, sind die Vereinbarkeitsprobleme noch nicht dauerhaft gelöst. Viele Familien benötigten dringend unmittelbar eine Entlastung und mittelfristig eine Perspektive, schlussfolgern Kai-Uwe Müller, Claire Samtleben, Julia Schmieder und Katharina Wrohlich aus der Abteilung Staat und der Forschungsgruppe Gender Economics des DIW Berlin. Helfen könnte die Einführung einer Corona-Elternzeit verbunden mit einem Corona-Elterngeld.

Erwerbs- und Sorgearbeit schon vor Beginn der Corona-Pandemie sehr ungleich verteilt

Repräsentative Informationen zur Frage, wie viele erwerbstätige Eltern derzeit von zu Hause arbeiten können und wie sie sich die Erwerbs- und Sorgearbeit aufteilen, liegen bisher kaum vor. Die StudienautorInnen haben daher SOEP-Daten aus Vorkrisenzeiten analysiert und daraus Erkenntnisse mit Blick auf die gegenwärtige Situation abgeleitet. Demnach sind in zwei Drittel aller Paarhaushalte mit Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren beide Elternteile erwerbstätig. Allerdings hat nur in etwas mehr als der Hälfte dieser Haushalte zumindest eine Person theoretisch die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten. Unter den besonders betroffenen Alleinerziehenden, von denen ebenfalls etwa zwei Drittel erwerbstätig sind, gilt das sogar nur für rund 35 Prozent.

„Das vielfach als Vereinbarkeitswunder gepriesene Arbeiten im Home-Office ist also für einen Großteil der betroffenen Eltern schlicht keine Option – ganz abgesehen davon, dass wirklich produktives Arbeiten parallel zur Kinderbetreuung oftmals auch nicht möglich ist“, sagt Studienautorin Claire Samtleben. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der Kontaktbeschränkungen – und weil sie durch das Corona-Virus besonders gefährdet wären – Großeltern bei der Betreuung nicht wie gewohnt helfen können. In normalen Zeiten nehmen rund 30 Prozent der Haushalte mit Kindern im Alter von bis zwölf Jahren regelmäßig Betreuung durch Verwandte in Anspruch, unter den Alleinerziehenden sind es sogar 40 Prozent.

Den Hauptteil der zusätzlichen Last tragen vermutlich die Mütter. Schon in normalen Zeiten leisten sie den größten Teil der Kinderbetreuung, selbst wenn sie wie ihr Partner in Vollzeit erwerbstätig sind und noch umso mehr, wenn sie teilzeitbeschäftigt sind. Auch andere Haushaltstätigkeiten wie Einkaufen, Kochen und Putzen, die in Corona-Zeiten verstärkt anfallen, dürften wie zuvor allen voran Mütter übernehmen. „Wenn in einer Familie jemand die Arbeitszeit reduzieren oder den Job zumindest zeitweise ganz aufgeben muss, um Zeit freizuschaufeln, dann dürften es am ehesten die Mütter sein“, so Studienautorin Julia Schmieder, „denn sie sind oft teilzeitbeschäftigt und haben mehrheitlich ein geringeres Gehalt als ihre Partner. Die Gefahr eines gleichstellungspolitischen Backlashs ist daher nicht abwegig, sondern sogar sehr real.“

Corona-Elternzeit könnte auch gleichstellungspolitischen Impuls geben

Nach Ansicht der StudienautorInnen sollte die Politik das Vereinbarkeitsproblem von Beruf und Familie dringend adressieren – zumal es umso größer wird, je länger der gegenwertige Zustand anhält. „Jahresurlaub und Überstunden sind nach einer Weile abgebaut, Einkommensersatzleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz laufen nach sechs Wochen aus und sind zudem an die Bedingung geknüpft, dass Eltern ihrem Beruf nicht im Home-Office nachgehen können“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Die Erfahrung vieler Eltern nach zwei Monaten Heimarbeit verdeutlicht jedoch die Grenzen der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und produktivem Arbeiten zu Hause. Deshalb müssen erwerbstätige Eltern schnell entlastet werden, etwa mit einer Corona-Elternzeit und einem Corona-Elterngeld“, so Wrohlich.

Dieser Vorschlag sieht vor, dass erwerbstätige Alleinerziehende sowie Familien, in denen beide Eltern gemeinsam mehr als 40 Stunden arbeiten, jeweils eine Reduzierung der individuellen Arbeitszeit beantragen können, um ihre Kinder zu betreuen. Dafür gäbe es dann eine staatliche Einkommensersatzleistung, ähnlich wie im Falle des Elterngeldes. Sofern die Eltern nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten, sollte die Leistung bei Paaren an die Bedingung geknüpft werden, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren. „So könnte vermieden werden, dass bestehende Geschlechterungleichheiten bei der Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit im Zuge der Corona-Krise noch verschärft werden“, sagt Wrohlich. „Damit würde auch ein gleichstellungspolitischer Impuls gesetzt.“

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Quelle: Publikation DIW aktuell -Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 05.05.2020

92 ÖkonomInnen aus dem Bereich der Bildungsforschung in Deutschland unterzeichnen bildungsökonomischen Aufruf – Gravierende Folgen der Kita- und Schulschließungen, Bildungsungleichheiten könnten steigen – Maßnahmen nötig, um auch zu Hause alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen – Kita- und Schulbesuch sollte für alle Gruppen zumindest zeitweise wieder möglich sein – Klare Kommunikation erforderlich, um Unsicherheit zu reduzieren

Mit einem Appell unter dem Motto „Bildung ermöglichen!“ wenden sich namhafte deutsche ÖkonomInnen aus dem Bereich der Bildungsforschung im Vorfeld des morgigen Bund-Länder-Treffens an die Politik. C. Katharina Spieß vom DIW Berlin, Ludger Wößmann vom Münchener ifo Institut und vier weitere ProfessorInnen von der FU Berlin, KU Eichstätt-Ingolstadt und JMU Würzburg fordern „umfassende Maßnahmen, um frühkindliche und schulische Bildung in Deutschland sofort in angepasstem Format für alle Altersgruppen anzubieten“. Vor dem Hintergrund des auch in den kommenden Wochen allenfalls eingeschränkt möglichen Kita- und Schulbetriebs wird in dem sechsseitigen Papier auch dargelegt, wie konkrete Maßnahmen aussehen könnten – von der Optimierung des Distanzlernens bis zur Überarbeitung von Bildungs- und Lehrplänen.

„Geschlossene Schulen und Kitas haben gravierende Folgen: Es wird nicht nur weniger neues Wissen vermittelt. Der Verlust bereits erworbener Fähigkeiten fällt auch umso größer aus, je länger ein normaler Schul- und Kitabetrieb nicht möglich ist. Dies hat langfristig deutliche negative Effekte auf die Gesamtwirtschaft“, sagt Ludger Wößmann, Leiter des Zentrums für Bildungsökonomik am ifo Institut.

C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), sagt: „Sozial benachteiligte Kinder und solche mit Lernschwierigkeiten sind von den Schließungen besonders betroffen – ihnen werden Orte der Fürsorge, Förderung und Verpflegung mit ausgewogenen Mahlzeiten entzogen, zudem fallen sie beispielsweise beim Erlernen der deutschen Sprache zurück, wenn zu Hause kein Deutsch gesprochen wird. Auf diese Weise vergrößern Kita- und Schulschließungen die Unterschiede in Lerngruppen und darüber hinaus werden soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft verstärkt. Das Humankapital von morgen kann sich nicht optimal entwickeln.“

Maßnahmen erstrecken sich über drei Phasen

Deshalb muss dem Aufruf zufolge schnell gegengesteuert werden. In einem ersten Schritt komme es darauf an, allen SchülerInnen das Lernen zu Hause mit entsprechender technischer Ausstattung und fachlicher Unterstützung zu ermöglichen. Gleichzeitig müssten pädagogische Fachkräfte inklusive der LehrerInnen mit Blick auf die Konzeption digitalen Unterrichts und Lernens schnellstmöglich geschult werden. Sollte Distanzlernen in einzelnen Haushalten nicht möglich sein, müssen die Kinder in eine Notbeschulung aufgenommen werden. Auch in Kitas ist es angezeigt, altersgerechtes Fördermaterial zum Vorlesen, Malen und Spielen zur Verfügung zu stellen und über Videoanrufe oder Telefonate regelmäßig Kontakt zwischen Fachkräften sowie Kindern und Eltern herzustellen.

Im zweiten Schritt müsse umgehend der Besuch von Kitas und Schulen allen Kindern und Jugendlichen, also unabhängig etwa von der Altersgruppe oder dem Beruf der Eltern, zumindest zeitweise wieder ermöglicht werden. Kleingruppen, die sich tage- oder wochenweise abwechseln, seien dafür geeignet. Zudem brauche es Konzepte für Zusatzförderungen, die es vor allem leistungsschwächeren Kindern und Jugendlichen erlaubten, Boden gut zu machen. Schließlich sollten im dritten Schritt die Bildungs- und Lehrpläne von Kitas und Schulen für das kommende Jahr angepasst werden, auch auf Basis erster wissenschaftlicher Evaluierungen des Lernens von zu Hause.

In jedem Fall, so die InitiatorInnen des Aufrufs, müsse schnell und umfassend gehandelt und zudem klar zu Strategien und Konzepten kommuniziert werden, um Kindern, Jugendlichen, Eltern und PädagogInnen eine klare Perspektive zu geben und sie nicht länger zu verunsichern.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 05.05.2020

Die Coronakrise stellt eine enorme Belastung dar für das Gesundheitswesen, die Volkswirtschaft, den Sozialstaat – und für die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern nehmen momentan zu, Fortschritte bei der Aufteilung von Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit werden in vielen Familien zumindest zeitweilig zurückgenommen. Diese Tendenz ist in Haushalten mit niedrigeren oder mittleren Einkommen stärker ausgeprägt als bei höheren Einkommen, auch weil Personen mit höheren Einkommen generell während der Pandemie seltener ihre Erwerbsarbeit einschränken müssen. Das zeigen Ergebnisse einer aktuellen Online-Befragung, für die im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung 7677 Erwerbstätige interviewt wurden.* Die Anfang bis Mitte April von Kantar Deutschland durchgeführte Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. „Die Pandemie legt nicht nur problematische Ungleichheiten in den wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten offen, sie verschärft sie oft noch“, warnt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Neben Beschäftigten mit niedrigeren Einkommen, in Betrieben ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat seien Frauen derzeit überproportional belastet. Kohlrausch hat die Befragung gemeinsam mit WSI-Forscherin Dr. Aline Zucco ausgewertet.

Generell erleben Erwerbstätige ihre Lage angesichts der Pandemie noch deutlich häufiger als belastend, wenn sie Kinder unter 14 Jahren haben. 48 Prozent der Eltern in Paarbeziehungen bewerten ihre Gesamtsituation als „äußerst“ oder „sehr belastend“. Unter den Alleinerziehenden sind es knapp 52 Prozent – gegenüber knapp 39 Prozent unter den Befragten ohne Kinder bis maximal 14 Jahre (siehe auch Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Wenn Eltern in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen einspringen müssen, tragen Mütter die Hauptlast: Der Auswertung zufolge haben in Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten – also ein Unterschied von 11 Prozentpunkten. Bei Haushalten mit geringerem oder mittlerem Einkommen fällt die Diskrepanz größer aus (rund 12 bzw. 14 Prozentpunkte; siehe Grafik 2 in der pdf-Version). Das spreche dafür, dass finanzielle Überlegungen bei der Entscheidung, wer von den Eltern Arbeitszeit reduziert, eine wesentliche Rolle spielen, so Kohlrausch und Zucco. Familien mit wenig Geld könnten es sich häufig nicht leisten, auf das – meist höhere – Gehalt des Mannes zu verzichten.

„Paare, die sich so verhalten, handeln individuell unter dem Druck der Krisensituation kurzfristig oft rational. Sie sehen ja derzeit keine Alternative“, sagt Soziologin Kohlrausch. Die Forscherinnen warnen aber vor langfristigen Gefahren für die Erwerbsverläufe von Frauen. Da die ökonomischen Folgen der Krise noch länger spürbar sein werden, könnte eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit unter Umständen nicht möglich sein. Somit drohten auf längere Sicht drastische Folgen für das Erwerbseinkommen von Frauen: Die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern dürfte sich dann durch die Coronakrise noch weiter vergrößern.

Aus den Daten lasse sich ableiten, dass Eltern mit geringerem Einkommen von der Krise noch stärker betroffen sind. Denn erstens müssen sie ihre Arbeitszeit häufiger reduzieren, um sich um ihre Kinder zu kümmern (Grafik 2, Werte jeweils für Frauen und Männer zusammengenommen). Die Forscherinnen führen das unter anderem darauf zurück, dass Geringverdienende seltener die Gelegenheit haben dürften, im Homeoffice zu arbeiten. Zweitens ist bei Beschäftigten mit kleineren oder mittleren Einkommen Kurzarbeit häufiger (z.B. gut 17 Prozent in Kurzarbeit bei Befragten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1300 Euro) als bei jenen, die relativ viel verdienen (knapp zehn Prozent bei einem Haushaltsnetto von mindestens 4500 Euro Prozent). Damit müssten insbesondere jene Haushalte finanzielle Einbußen hinnehmen, die davor schon am unteren Ende der Einkommensverteilung lagen. Das heißt: Die Ausfälle von Schulen und Kitas könnten bestehende Einkommensungleichheiten weiter verstärken.

Nicht selten Rückkehr zu traditioneller Arbeitsteilung

Bei der Arbeitsteilung innerhalb von Partnerschaften komme es oft tendenziell zu einer „Retraditionalisierung“, stellen Kohlrausch und Zucco fest. Auch wenn sich die Angaben von Männern und Frauen geringfügig unterscheiden, werde deutlich, dass die zusätzlich anfallende Sorgearbeit auch in Familien mit einer vormals gleichberechtigten Verteilung unbezahlter Arbeit nun vor allem die Frauen übernehmen (siehe Grafik 3). Nur rund 60 Prozent derjenigen Paare mit Kindern unter 14 Jahren, die sich die Sorgearbeit vor der Coronakrise fair geteilt haben, tun dies auch während der Krise. Bei den übrigen übernehmen in knapp 30 Prozent der Fälle die Frauen und in gut 10 Prozent der Fälle die Männer den Hauptteil der Sorgearbeit. Bei Paaren mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2000 Euro und zuvor ausgeglichener Arbeitsteilung praktizieren aktuell sogar nur 48 Prozent weiterhin dieses Modell. Das zeige, dass Eltern, die finanziell stark unter Druck stehen, weniger Spielräume für eine faire Arbeitsteilung bleiben.

Dieser Befund sei auch insofern besorgniserregend, als viele Beschäftigte ihre finanzielle Situation zurzeit als prekär wahrnehmen, erklären die WSI-Forscherinnen. Das gelte insbesondere bei Kurzarbeit, die zwar Beschäftigung sichert aber für die Betroffenen oft mit harten finanziellen Einbußen verbunden ist. Unabhängig von ihrer aktuellen Arbeitssituation schätzen etwa 32 Prozent aller Befragten, bei Kurzarbeit Null mit dem zum Zeitpunkt der Befragung gesetzlich vorgesehenen Kurzarbeitergeld von maximal 67 Prozent ohne Aufstockung höchstens drei Monate auskommen zu können. „Das zeigt, dass die von der Bundesregierung beschlossene Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bei längerem Bezug ein Fortschritt ist“, sagt Kohlrausch. „Allerdings ist fraglich, ob dieser Schritt insbesondere im Niedriglohnbereich ausreicht.“

Frauen erhalten seltener Aufstockung beim Kurzarbeitergeld

Besser stünden Beschäftigte da, deren Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstocken, so Kohlrausch und Zucco. Hier hätten Tarifbeschäftigte einen klaren Vorteil: Befragte, die in einem tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, erhalten zu 45 Prozent eine Aufstockung, die übrigen Befragten nur zu 19 Prozent. Auch hier beobachten die Forscherinnen Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen (28 Prozent) erhalten seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes als Männer (36 Prozent). Ein möglicher Faktor dabei: Frauen arbeiten häufiger in kleinen Betrieben und werden seltener nach Tarif bezahlt als Männer.

Als Fazit halten die Sozialwissenschaftlerinnen fest, dass die zusätzlich anfallende Sorgearbeit durch die Schließung von Kitas und Schulen Familien enorm unter Druck setzt und dabei Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verfestigen kann. Um dem entgegenzuwirken, brauche es zumindest für die unteren Einkommensgruppen mehr finanzielle Unterstützung, wenn wegen Kinderbetreuung Arbeitszeit reduziert werden muss, und eine generelle Entlastung bei der Sorgearbeit. Deshalb sollte aus Sicht der Familien – insbesondere der Kinder und der Frauen – eine schrittweise Öffnung der Kitas Priorität haben. Zudem gelte es, die Möglichkeiten für digitalen Unterricht auszubauen, wozu gehöre, auch ärmere Haushalte mit der nötigen Technik auszustatten, und über innovative Betreuungsmodelle nachzudenken.

Hier finden Sie die PDF: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_pb_40_2020.pdf

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.05.2020

  • 78 % der Mütter in Paarfamilien mit Schulkindern waren 2018 erwerbstätig
  • In Ostdeutschland arbeiteten Mütter häufiger in Vollzeit als in Westdeutschland
  • In Sachsen-Anhalt arbeiteten 50% der Mütter in Paarfamilien mit Kindern ab 6 bis unter 18 Jahren in Vollzeit – mehr als in jedem anderen Bundesland
  • Bis auf Mecklenburg-Vorpommern sind die Anteile vollzeiterwerbstätiger Müttern zwischen 2008 und 2018 in allen Bundesländern gestiegen

Wegen des stark eingeschränkten Schulbetriebs aufgrund der Corona-Pandemie müssen die meisten Eltern schulpflichtiger Kinder weiterhin einen Spagat zwischen Kinderbetreuung und Berufsalltag vollführen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Muttertag am 10.Mai 2020 mitteilt, ist der Anteil der Mütter, die in einer Partnerschaft und mindestens einem Kind ab 6bis unter 18 Jahren zusammenleben und zugleich erwerbstätig sind, zwischen 2008 und 2018 von gut zwei Dritteln (69%) auf mehr als drei Viertel (78%) gestiegen.

Knapp ein Viertel (23%) der Mütter in Paarfamilien mit Kindern von 6 bis unter 18 Jahren waren im Jahr 2018 vollzeiterwerbstätig (2008: 18%). Die Tendenz zur höheren Erwerbsbeteiligung von Müttern in Paarfamilien ist nicht in allen Bundesländern gleich: In Sachsen-Anhalt arbeitet mittlerweile die Hälfte der Mütter in Vollzeit (2018:50%, 2008: 40%), während der Anteil in Bremen bei 15% liegt. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, in dem die Vollzeit-Erwerbsbeteiligung zwischen 2008 und 2018 gesunken ist (von 41% auf 39%), wenngleich der Anteil der vollzeiterwerbstätigen Mütter dort noch immer wesentlich höher ist als in den westdeutschen Bundesländern.

Erwerbstätige Mütter arbeiten überwiegend in Teilzeit

Mehr als die Hälfte (55%) der Mütter in Paarfamilien mit Kindern ab 6 bis unter 18 Jahren arbeitete 2018 allerdings in Teilzeit (2008: 51%). In Baden-Württemberg (62%), Bayern (61%) und Rheinland-Pfalz (59%) waren die Anteile der teilzeiterwerbstätigen Mütter am höchsten, während die Anteile in Sachsen-Anhalt (35%), Berlin (37%) und Brandenburg (39%) am geringsten ausfielen. Nur in Sachsen-Anhalt und Brandenburg lagen die Anteile der vollzeiterwerbstätigen Mütter höher als die Anteile der Mütter in Teilzeiterwerbstätigkeit.

Methodischer Hinweis:

In dieser Pressemitteilung ist zum Teil verkürzt von „erwerbstätigen Müttern“ die Rede. Wichtig ist: Für diese Auswertung wurden ausschließlich Mütter betrachtet, die in einer Partnerschaft und mindestens einem Kind ab 6 bis unter 18 Jahren zusammenleben.

Weitere Informationen:

Fast 700 000 Alleinerziehende mit Kindern unter 13 Jahren im Jahr 2018 erwerbstätig
Im Jahr 2018 waren verheiratete Mütter bei der Geburt des ersten Kindes im Schnitt 31,3 Jahre alt
Realisierte Erwerbstätigkeit zur Messung des Vereinbarkeitsarrangements von Familie und Beruf
Daten zu Kinderlosigkeit, Geburten und Familien – Ergebnisse des Mikrozensus 2018 – Ausgabe 20197

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 07.05.2020

Bei Kita-Öffnungen darf nicht nur auf Sicht gefahren werden

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk Thüringen, und der Familienverband NaturFreunde Thüringen e.V. begrüßen die ersten Schritte der stufenweisen Kita-Öffnung in Thüringen. Nach dem Beschluss des Landeskabinetts vom 6. Mai 2020 ist es ein notwendiger Beitrag, sowohl zur frühkindlichen Bildung, als auch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf unzähliger Beschäftigter.

Gleichzeitig fordern sie, bei der Weiterentwicklung der Maßnahmen, Vertreter*innen von Gewerkschaften, Familienverbänden, Elternbeiräten und Jugendverbänden in die Planungen einzubeziehen.

„Niemand weiß, wie sich die Infektionsraten entwickeln und welche erneuten Einschränkungen potentiell notwendig sind. Vor diesem Hintergrund braucht es ein tragfähiges Konzept zur Kinderbetreuung, insbesondere für berufstätige Eltern und Kita-Beschäftigte, das Planungssicherheit nicht nur für einige Tage und Wochen ermöglicht. Sowohl die Interessen und die besondere Schutzwürdigkeit von Kindern, als auch der Schutz der Beschäftigten in diesem Bereich, müssen Berücksichtigung finden", so Corinna Hersel, Geschäftsführerin von ver.di Thüringen.

Kristine Müller, Geschäftsführerin der NaturFreunde Thüringen e.V., unterstreicht die Priorität der Kinderbetreuung: „Mit der Corona-Krise hat sich das Leben aller Familien schlagartig und in nie geahnter Weise verändert. Familie, Beruf und neu auch Bildung zu vereinbaren, gelang Familien bisher mehr oder weniger erfolgreich. Dass im Mai Biergärten, Autohäuser, Frisöre und Co. wieder öffnen dürfen, stellt für die angestellten Eltern eine neue Unsicherheit dar. Denn auf Betreuung ihrer Kinder dürfen sie erst im Juni wieder hoffen. Diese zeitliche Lücke verdeutlicht, dass Bedarfe nicht systematisch angegangen werden, sondern Wirtschaftsinteressen unabhängig von sozialen Notwendigkeiten diskutiert werden und zudem die Bedürfnisse von Kindern nicht ausreichend in Betracht gezogen werden."

„Eltern, Kinder und Erzieher*innen brauchen Planungssicherheit", so Corinna Hersel weiter. „Schon vor der Corona-Pandemie sahen wir uns mit einer problematischen Fachkräftesituation im Bereich der Kitas konfrontiert. Corona verschärft diese Situation, u.a. mit Blick auf das Alter und gesundheitliche Vorbelastungen vieler Beschäftigter. Bei den Kita-Öffnungen muss der infektions- und arbeitsrechtliche Schutz der Erzieher*innen, die zur Risikogruppegehören, ebenso oberste Priorität genießen, wie derjenigen Kolleg*innen, die Sorge haben, die zusätzlichen Belastungen stemmen zu müssen. Vordiesem Hintergrund sind Bestrebungen zur Kurzarbeit für Kindertageseinrichtungen und Jugendeinrichtungen absurd. Diese müssen im Interesse der Sicherheit und der gestiegenen Anforderungen der Beschäftigten ausgeschlossen werden."

Familienverband und Gewerkschaft fordern, die stufenweise Öffnung aller Bereiche des öffentlichen Lebens nach sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten gut aufeinander abzustimmen.

Zum Hintergrund:

Ende April 2020 hatte ver.di ein Positionspapier veröffentlicht, in dem Kriterien für die Ausweitung der Betreuung in Kindertagesstätten während der Corona-Pandemie dargelegt werden. Dabei geht es vornehmlich um Maßnahmen, die notwendig sind, um den Arbeits- und Gesundheitsschutzder Beschäftigten zu gewährleisten und die Gesundheit der Kinder und Familien nicht zu gefährden.

Dieses ist nachzulesen unter: https://mehr-brauchtmehr.verdi.de/++co++3f5203bc-8ae2-11ea-8ff0-525400940f89

Quelle: Pressemitteilung Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk Thüringen, und Familienverband NaturFreunde Thüringen e.V. vom 12.05.2020

Symptomfreiheit aller Haushaltsmitglieder als erweitertes Konzept zum Gesundheitsschutz

Die Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg werden ab dem 18. Mai über die erweiterte Notbetreuung hinaus geöffnet. Doch nach wie vor gelten Einschränkungen – lediglich maximal 50 Prozent der Kinder dürfen gleichzeitig anwesend sein. „Welche Kinder in den Genuss der Förderung kommen, darf nicht allein vom Bedarf der Eltern abhängen. Kinder haben ein Recht auf den Besuch in ihrer Kita, um sich die Welt kindgemäß aneignen und ihre Persönlichkeit entwickeln zu können“, betont das Bildungsträger-Netzwerk Konzept-e. Der Träger mit Einrichtungen in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen führt ein Wechselsystem ein, dass es allen Kindern er-möglichen soll, stunden- bzw. tagesweise wieder in die Kita zu gehen. Ein erweitertes Hygienekonzept, das den Gesundheitszustand aller Haushaltsmit-glieder einbezieht, gewährleistet den Gesundheitsschutz.

„Kinder haben ein Recht auf gute Bildung und eine gesunde persönliche Entwicklung“, betont Carola Kammerlander, pädagogische Geschäfts-führerin des Bildungsträgernetzwerks Konzept-e aus Stuttgart. „Unabdingbar dafür ist das Spiel mit anderen Kindern ähnlichen Alters, indem sie Ideen austauschen, Regeln aushandeln, Erlebnisse verarbeiten und sich gegenseitig Orientierung geben.“

Der Besuch einer Kita als kindgerechtem, freudigem Sozialisations- und Lernort, der ihnen dies in einem anregungsreichen Umfeld ermöglicht, sei aus diesem Grund von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Mädchen und Jungen. „Das Recht auf den Besuch einer Kindertagesstätte darf nicht nur vom Bedarf der Eltern abhängen. Es ist das ureigene Recht jedes Kindes selbst.“

Kita-Zeiten für jedes Kind

Das Konzept-e Netzwerk, zu dem rund 40 element-i Kinderhäuser in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen gehören, entwickelt daher ein Wechselkonzept. Es ermöglicht allen Kindern jeweils in reduziertem zeitlichen Umfang (zum Beispiel in einem rollierenden System oder einem „Schichtbetrieb“) den Zugang zur Kita-Betreuung. Und: Das Konzept verschafft ihren Rechten auf Bildung und Gesundheit gleichermaßen Geltung. Folgende Gesundheitsschutzmaßnahmen stellen das sicher:

Betreuung in festen Kleingruppen (Kohorten)

In den element-i Kinderhäusern betreuen künftig zwei pädagogische Fachkräfte fünf bis maximal zehn alters- und entwicklungsähnliche Kinder. Sie bilden eine sogenannte Kohorte und bleiben von anderen im Haus streng räumlich getrennt. Ihnen stehen Räume zur Verfügung, die doppelt so groß sind, wie es die Vorgaben in der Vor-Corona-Zeit vorsahen. Die regelmäßig gereinigten Gemeinschaftsflächen nutzen sie abwechselnd mit den anderen Gruppen.

Voraussetzung: Symptomfreiheit

Um die Sicherheit der Kleingruppen zu gewährleisten, dürfen nur Kinder und Fachkräfte in die Kita kommen, die möglichst sicher Corona-frei sind. „Da die Unterscheidung zu anderen grippalen Erkrankungen nur schwer zu treffen ist und Corona-Tests nicht immer erhältlich sind, schließen wir die Haushalte, in denen die Kinder leben, in die Betrachtung ein“, erklärt Konzept-e Geschäftsführerin Waltraud Weegmann. Das bedeutet: Die Kinder selbst und auch alle Mitglieder ihres Haushaltes dürfen seit mindestens 48 Stunden keine über 37 Grad erhöhte Köpertemperatur haben oder an Husten bzw. Atemnot leiden. Eltern müssen dies schriftlich zusichern und sich verpflichten, bei auftretenden Symptomen ihr Kind zuhause zu behalten und die Kita sofort zu informieren.

Dokumentation der Anwesenheitszeiten

Das Kita-Team dokumentiert nicht nur die Anwesenheit der Kinder in der Einrichtung genau. Personen, die die Kinder bringen und abholen, werden einbezogen. So lässt sich in einem Corona-Verdachtsfall nachvollziehen, welche Kontakte stattgefunden haben.

Spagat zwischen kindgerechter Gemeinschaft und Sicherheit

„Wir sind überzeugt, dass wir möglichst vielen Kinder wieder die Möglichkeit geben müssen, ihre Freunde in ihrer Kitaumgebung treffen zu können“, sagen Waltraud Weegmann und Carola Kammerlander. „Dafür ist ein Spagat zwischen Freiheit, erweiterten Sozialkontakten und Sicherheit nötig. Mit unserem Konzept, denken wir, ist er in verantwortbarer Weise gelungen.“

Weitere Informationen und das Positionspapier finden Sie hier: www.element-i.de/corona.

Quelle: Pressemitteilung Konzept-e für Bildung und Betreuung gGmbH vom 11.05.2020

Die Arbeiterwohlfahrt fordert zum heutigen Tag der Kinderbetreuung sichere Arbeitsplätze für Erzieherinnen und Erzieher, die ihnen verlässliche Rahmenbedingungen bieten.

Dazu erklärt AWO-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Stadler: „Angesichts der aktuellen Situation zeigt sich, wie wichtig gute Arbeitsbedingungen und eine gerechte und faire Entlohnung und Wertschätzung sind. Gerade jetzt möchten wir den Erzieher*innen in den Einrichtungen und ihren Leitungen einen großen Dank aussprechen. Dabei darf es aber nicht bleiben: In der Diskussion im Umgang mit dem Virus wurden Kitas lange kaum berücksichtigt, die besondere Situation kaum beachtet. Dabei leisten die Fachkräfte eine gesellschaftlich über alle Maßen relevante Aufgabe und helfen, die Daseinsversorgung, Pflege und kritische Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Zeitgleich zeigt sich die immense Bedeutung von Kindertageseinrichtungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Es darf nicht vergessen werden, dass in Kindertageseinrichtungen keine absoluten Schutzvorkehrungen getroffen werden können. Deshalb muss es für die Öffnung vernünftige Schutzkonzepte für die Mitarbeitenden in Kindertagesstätten geben. Es darf nicht sein, dass Menschen, die für uns alle ihre Gesundheit auf’s Spiel setzen, nicht nach bestem Wissen und Gewissen geschützt und unterstützt werden. Wir müssen uns auch in der Zeit nach Corona an die jetzige Situation erinnern und dafür sorgen, dass dieser Beruf auch finanziell die Anerkennung bekommt, die er verdient.“

Die Arbeiterwohlfahrt hat Voraussetzungen und konkrete Forderungen zu Schutzstandards und Arbeitsorganisation der Kita-Mitarbeitenden formuliert. Zum Forderungspapier (PDF).

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 11.05.2020

In der Corona-Krise drohen erhebliche Rückschritte in der Gleichstellung von Frauen und Männern. Denn die politischen Maßnahmen zum Umgang mit dem Virus vernachlässigen die Lebenswirklichkeiten von Frauen und Mädchen und setzen auf längst überholt geglaubte Geschlechterrollen. Damit unsere Gesellschaft aus dieser Krise gerechter und sensibilisierter hervorgeht, als sie hineingeraten ist, fordert der DF tiefgreifende wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische Veränderungen. Ziel ist ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel, der Menschen und nicht Märkte in den Mittelpunkt politischen Handelns stellt.

Was aus Sicht der größten Frauenlobby dafür getan werden muss, beschreibt eine neue Textreihe unter dem Titel „Geschlechtergerecht aus der Krise“. Teil1startet heutemit grundsätzlichen Überlegungen und Forderungen für eine geschlechtergerechte Krisenpolitik: gerechte Verteilung von Finanzhilfen, gleichberechtigte Teilhabe an politischen Entscheidungen und eine zukunftsweisende Gleichstellungsstrategie.

Konkret fordert der DF:

  • Überprüfung jeder Finanzausgabe auf ihre unterschiedlichen Auswirkungen auf das Leben von Frauen und Männern und ob sie zur tatsächlichen Gleichstellung beiträgt.
  • Geschlechtergerechte Besetzung aller entscheidungsgebenden wissenschaftlichen und politischen Gremien der Krisenbewältigung.
  • Berufung von Bundesfrauenministerin Giffey als festes Mitglied in das Corona-Kabinett.
  • Umsetzung aller gleichstellungspolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag: z.B. Abstimmung einer verbindlichen ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie, Gründung eines Bundesinstituts für Gleichstellung und Reform des Führungspositionengesetzes.

Dazu Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats: „Ohne konsequente Gleichstellungspolitik gibt es keine dauerhafte Lösung für diese Krise. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung und gehört als Aufgabe und Ziel in den Mittelpunkt der Krisenbewältigung. Aus Corona lernen, heißt, die herrschende Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern abzubauen. Damit die Krisenzeit nicht zur neuen Männerzeit wird.“

Die Textreihe „Geschlechtergerecht aus der Krise“ können Sie ab sofort auf unserer Website www.frauenrat.de/corona verfolgen. Unser Newsletter hält sie über neu erschienene Beiträge informiert.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Frauenratvom 14.05.2020

Zwanzig bundesweit aktive Frauenverbände und Gewerkschaften haben sich heute mit gleichstellungspolitischen Forderungen in einem gemeinsamen Aufruf an die Bundesregierung und Arbeitgeber gewendet.

Corona hat das Leben in Deutschland und in der Welt grundlegend verändert. Deutlich wird, dass die wirtschaftlichen und sozialen Kosten Frauen wesentlich stärker treffen. Die Pandemie vergrößert alle gleichstellungs- und frauenpolitischen Probleme/Schieflagen, auf die wir bereits seit Jahrzehnten hinweisen. Angesichts der existenziellen Krise wird deutlich, wie lebensbedrohlich sich die über Jahre privatisierte und eingesparte öffentliche soziale Infrastruktur und die falschen Arbeitsbewertungen jetzt auf unseren Lebensalltag auswirken.

Wann, wenn nicht jetzt werden unsere frauen- und gleichstellungspolitischen Forderungen anerkannt und umgesetzt. Wir erwarten von Politik, Arbeitgeber*innen und allen Verantwortungsträger*innen ein ebenso mutiges, sachbezogenes und schnelles Handeln wie jetzt in der Zeit von Corona.

Deshalb fordern wir u.a.:

  • finanzielle Aufwertung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, im Gesundheitswesen, der Erziehung und im Einzelhandel,
  • Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs,
  • Rahmenbedingungen und Arbeitszeiten, die es Eltern ermöglichen, sich die Care-Arbeit gereicht zu teilen,
  • eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Frauenratvom 29.04.2020

Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten beraten heute über Lockerungen der Corona-Auflagen. Diskutiert wird auch der Beschluss der Familienministerkonferenz, die sich auf einen gemeinsamen Rahmen für eine stufenweise Öffnung der Kindertagesbetreuung in Deutschland verständigt hat. Danach soll in den kommenden Wochen und Monaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Corana-Situation ein behutsamer Wiedereinstieg in die Kindertagesbetreuung in vier Phasen ermöglicht werden – von der aktuell bestehenden Notbetreuung (1), über eine erweiterte Notbetreuung (2), einen eingeschränkten Regelbetrieb (3) bis zurück zum vollständigen Regelbetrieb

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: "Es ist enorm wichtig, dass Schritt für Schritt wieder mehr Kinder und ihre Familien die gewohnte Erziehung, Bildung und Betreuung in Tageseinrichtungen wahrnehmen können. Leider sorgen die Vorschläge nicht für eine klare Perspektive für Familen. Es bleibt in der Hand der Länder, die Maßnahmen der vier Phasen konkret umzusetzen. Damit droht ein bundesweiter Flickenteppich. Wann und welche Kinder wieder in die Tagesbetreuung gehen können steht noch in den Sternen.

Hier muss deutlich nachgebessert werden. Für Familien muss transparent und nachvollziehbar sein, wie die nächsten Schritte aussehen. Länder und Kommunen sollten sehr schnell, in engem Austausch mit den örtlichen Trägern und Einrichtungen Festlegungen zu treffen."

Maria Loheide begrüßt, die Öffnung von Spielplätzen: "Kinder brauchen dringend wieder Spiel- und Bewegungsräume und Familien Entlastung. Viele sind im Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung mit ihren Kräften am Ende.

Selbstverständlich müssen auch auf den Spielplätzen Abstands- und Hygieneregeln gelten, die insbesondere die Erwachsenen, aber auch die Kinder selbst beachten."

Die nächsten konkreten politischen Maßnahmen müssen insbesondere den Bedarf von Kindern und Familien, die im Pandemie-Alltag stark belastet sind, berücksichtigen. Die Diakonie Deutschland fordert ein Corona-Familienpaket: ein Rettungsschirm für Familien, dass neben der Ausweitung der Kindertagesbetreuung die besondere Situation von Familien in Armutslagen berücksichtigt. Dazu zählt mehr finanzielle und soziale Unterstützung in der aktuellen Situation.

Mehr Infos:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Blog von Diakonie-Präsident Ulrich Lilie "Die Würde der Kinder": https://praesident.diakonie.de/2020/04/30/die-wuerde-der-kinder/

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.04.2020

Das DJI veröffentlicht erste Ergebnisse einer Online-Befragung von Eltern

Die Coronavirus-Pandemie hat insbesondere den Alltag von Familien und Kindern vollkommen verändert. Zwar scheinen viele Kinder die damit einhergehenden Herausforderungen eher gut oder sehr gut zu bewältigen, jedoch berichtet ein Drittel der vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) befragten Eltern, dass ihr Kind Schwierigkeiten hat, mit der aktuellen Situation zurechtzukommen. Das zeigen erste Ergebnisse einer Online-Befragung, an der sich zwischen dem 22. April und dem 4. Mai 2020 deutschlandweit mehr als 8.000 Eltern von Kindern im Alter von drei bis 15 Jahren beteiligt haben.

Familien mit einer angespannten finanziellen Situation schätzen die Belastung ihrer Kinder deutlich höher ein als diejenigen, die ihre finanzielle Lage positiver beurteilen (51 Prozent vs. 30 Prozent). Auch Eltern mit maximal mittlerem formalem Bildungsabschluss geben zu einem höheren Anteil an, dass ihre Kinder nicht gut mit der Situation zurechtkommen (41 Prozent vs. 29 Prozent der Kinder von Eltern mit hohem Bildungsabschluss). „Die Daten zeigen, dass Eltern, die selbst unter der aktuellen Situation leiden, auch eher Belastungen bei ihren Kindern wahrnehmen“, sagt Dr. Alexandra Langmeyer, die die Studie zusammen mit vier weiteren Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern am DJI durchgeführt hat. „Das macht deutlich, wie wichtig es für das Wohlbefinden der Kinder ist, dass es auch den Eltern gut geht“. Außerdem deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass Eltern die Belastung ihres Kindes höher einschätzen, wenn sie ihr Kind in der aktuellen Situation als einsam beschreiben, und wenn es häufiger zu Konflikten und chaotischen Situationen in der Familie kommt.

Ein konflikthaltiges Klima herrscht in jeder fünften befragten Familie (22 Prozent) zur Zeit der Krise häufig oder sehr häufig. Gleichzeitig gelingt mehr als Dreiviertel der Familien das ungewohnte ständige Zusammensein überwiegend gut. Langmeyer gibt zu bedenken: „In unserer Stichprobe sind überdurchschnittlich viele Familien mit formal hohem Bildungsgrad und ohne finanzielle Sorgen. Das lässt vermuten, wie schwierig die Situation für Familien in schwierigeren Lebenslagen ist, die mit dieser Studie bislang nicht erreicht werden konnten“.

Trotz digitaler Technik bricht der Kontakt zu Kita-Fachkräften erst einmal ab
Viele Kinder erleben während der Kontaktbeschränkungen offenbar Gefühle der Einsamkeit: Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der befragten Eltern stimmen der Aussage eher oder ganz zu, dass sich ihr Kind zurzeit einsam fühlt. Fachkräfte und Lehrkräfte aus Kitas und Schulen tragen der Befragung zufolge nur wenig zur Abmilderung dieser Situation bei. Denn obwohl in nahezu allen befragten Haushalten zahlreiche Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen, werden diese nach Einschätzung der Eltern nur in geringem Umfang durch die pädagogischen Fachkräfte und Lehrkräfte genutzt. Dies betrifft vor allem die Kindergartenkinder in den befragten Familien, von denen mehr als ein Viertel während der Krise gar nichts von ihren Bezugspersonen in der Kita gehört haben. Zwischen Lehrkräften und Schulkindern gibt es offenbar wesentlich mehr Austausch und hauptsächlich über E-Mails, Video-Chats und Textnachrichten; dieser bleibt jedoch in den meisten Fällen sporadisch.

Einige Familien beziehen die Großeltern weiterhin in die Betreuung der Kinder ein
Der Studie zufolge werden nahezu alle Kinder aufgrund der Schul- und Kitaschließungen in erster Linie von ihren Eltern betreut (98 Prozent) und verbringen mehr Zeit mit ihnen und ihren Geschwistern. Die Daten weisen darauf hin, dass Mütter häufiger als Väter die Kinderbetreuung übernehmen. Deutlich weniger sehen alle Altersgruppen ihre Freundinnen und Freunde, wobei die befragten Eltern glauben, dass das am stärksten auf die Jüngsten zutrifft. Auch der Austausch mit den Großeltern ist nach Auskunft der Eltern für einen Großteil (89 Prozent) deutlich weniger geworden. Besonders bei kleineren Kindern helfen Oma und Opa allerdings trotz anderslautender Empfehlung bei der Betreuung aus (18 Prozent der Kita-Kinder, 13 Prozent der Grundschulkinder, 7 Prozent der Kinder der Sekundarstufe I). „Unter dem Druck, Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig nachkommen zu müssen, sahen sich möglicherweise einige Eltern dazu gezwungen, auf die Unterstützung der Großeltern zurückzugreifen“, erklärt Langmeyer.

Weitere Studien-Ergebnisse

Studienbericht "Erste Ergebnisse zum veränderten Alltag und Wohlbefinden von Kindern" (PDF)

Zur Online-Befragung (noch bis 20.Mai 2020)

Bericht in der Süddeutschen Zeitung, 18.05.2020

Interview mit Dr. Alexandra Langmeyer im Deutschlandfunk, 18.05.2020

Bericht auf ZEIT-Online, 18.05.2020

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V.vom 18.05.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert angesichts der Corona-Pandemie, insbesondere in Großstädten alternative Spielflächen für Kinder zu schaffen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlen in verdichteten Innenstadtquartieren, in Gebieten mit sozialen Problemlagen und städtebaulichen Missständen häufig große, grüne Freiflächen und damit Möglichkeiten zur Kompensation von derzeit nur eingeschränkt zugänglichen Spiel- und Sportstätten. Gerade in diesen Gebieten muss eine weitere Öffnung dieser Anlagen und Ergänzung der bisherigen Angebote vorrangig vorangetrieben und begleitet werden.

In einer Stellungnahme, die das Deutsche Kinderhilfswerk zusammen mit Expertinnen und Experten des Bündnisses "Recht auf Spiel" erarbeitet hat, werden dazu Kommunalpolitik und Verwaltung zahlreiche Vorschläge unterbreitet. So braucht es vor allem ein kommunales Gesamtkonzept, das neben den eingeschränkt zugänglichen Spielplätzen ebenso Sportplätze und Bolzplätze, die Außengelände von Schulen, Kitas und Freizeiteinrichtungen, verkehrsberuhigte Bereiche und Spielstraßen, Abenteuerspielplätze, Kinder- und Jugendfarmen, Naturstationen und Naturerfahrungsräume, Parkanlagen, öffentliche Grünflächen, Zoos, Botanische Gärten sowie Fußgängerzonen in das bespielbare Angebot aktiv einbezieht und zu ganzheitlichen Spiel- und Bewegungskonzepten zusammenzuführt.

"Politik und Verwaltung in den Kommunen sind dazu angehalten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das vielfältige Spielen von Kindern wieder zu ermöglichen, Spielplatzöffnungen und Vereinssport allein genügen aufgrund der nur eingeschränkten zahlenmäßigen Nutzungsmöglichkeiten auf Dauer nicht. Es sollte geprüft werden, wo auch Sporthallen und andere Vereinsflächen geöffnet und in Kooperation mit Schulen, Kitas und Vereinen genutzt werden können. Hier braucht es kreative und mutige Lösungen, bei deren Entwicklung professionelle Hilfe aus der Spielraumszene eingeholt werden sollte", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Bereits vor der Corona-Pandemie mussten wir bei vielen Kindern und Jugendlichen einen erheblichen Bewegungsmangel konstatieren. Diese Defizite haben sich aktuell vielfach verschärft. Besonders Benachteiligungen in den Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten in Stadtquartieren mit städtebaulichen Missständen kommen nun verstärkt zum Tragen. Hier braucht es schnelle Abhilfe. Zudem sollten Eltern über die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für Kinder auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen informiert und mit entsprechenden Angeboten, zum Beispiel seitens der Kommunen in Zusammenarbeit mit den Sportvereinen, aktiv unterstützt werden", so Hofmann weiter.

Als konkrete Möglichkeiten fordert das Deutsche Kinderhilfswerk beispielsweise die Öffnung von Sporthallen, wo durch Absperrung von kleineren Bewegungsräumen die Nutzung nur von einer festen Gruppe oder einer Familie möglich wäre. Als flexible Lösung bietet sich auch an, temporäre Spielstraßen auszuweisen, also regelmäßige Sperrungen von ruhigen Wohnstraßen zu bestimmten Tageszeiten, um Kindern Gelegenheit zum Spiel trotz Abstandsgebot zu bieten. Grundsätzlich braucht es aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes in jeder Kommune eine ämterübergreifende Steuerungsrunde aus Grünflächenamt, Jugendamt, Straßenverkehrsbehörde, Ordnungsamt und Polizei, die gemeinschaftlich an einer Lösungsstrategie für mehr Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten für Kinder arbeitet. Einzubeziehen sind dabei auch die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, wie beispielsweise die von pädagogisch betreuten Spielplätzen oder Jugendfreizeiteinrichtungen sowie die Sportvereine.

Die Stellungnahme "Das Recht auf Spiel in Zeiten der Pandemie" kann unter www.dkhw.de/Spiel-Corona heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 13.05.2020

Zur Verlängerung der Lohnfortzahlung für Eltern, die derzeit von Schul- und Kitaschließungen betroffen sind, erklärt Dr. Insa Schöningh, Bundesgeschäftsführerin der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf):

"Die Verlängerung der Lohnfortzahlung ist eine gute Nachricht für Familien.Auch die Verdoppelung des Anspruchs für Alleinerziehende war dringend notwendig.Noch besser wäre es, den Anspruch auf den gesamten Zeitraum auszudehnen, in dem der Regelbetrieb in Kitas und Schulen noch nicht wieder aufgenommen ist. Sonst muss die Bundesregierung in einigen Wochen womöglich erneut nachbessern. Zudem muss es einen Kündigungsschutz für Eltern geben, die von der Regelung Gebrauch machen.Viele Kinder können weiterhin nicht regelmäßig Kita und Schule besuchen und müssen zuhause betreut werden. Solange dies so bleibt, solltenbetroffeneEltern keine Angstum ihren Arbeitsplatz oder Lohn haben müssen."

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) vom 20.05.2020

Zur Ankündigung der Bundesregierung, die Lohnfortzahlung für von Schul- und Kitaschließungen betroffene Eltern nicht fortsetzen zu wollen, erklärt Dr. Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf):

"Die Beendigung der Lohnfortzahlung für Eltern ist ein verheerendes Signal für Familien – und das ausgerechnet am Tag der Familie. Viele Eltern können ihre Kinder weiterhin nicht oder nur 1-2 Tage die Woche zur Schule und in die Kita schicken. Ihnen eine Lohnfortzahlung zu verweigern, während man Wirtschaftsunternehmen mit Steuergeldern in Milliardenhöhe unterstützt, zeigt den geringen Stellenwert, den Familien bei der Politik in der Corona-Krise haben. Der Hinweis, dass die Verlängerung nicht nötig sei, weil beide Elternteile ja nacheinander sechs Wochen pausieren könnten, geht an der Realität vorbei: Alleinerziehende und Familien, in denen ein Partner in einem systemrelevanten Beruf, wie beispielsweise der Pflege arbeitet, haben diese Möglichkeit nicht. Viele Mütter und Väter sind überlastet, am Limit und haben existenzielle Sorgen. Eine Beendigung der Lohnfortzahlung ist für sie ein Schlag ins Gesicht.

Die bisherige Regelung muss verlängert werden oder, noch besser, durch eine Corona-Familienarbeitszeit ersetzt werden, die die eaf schon länger fordert. Diese Corona-Familienarbeitszeit beinhaltet einen Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung mit teilweisem Lohnausgleich für Mütter und Väter von Kindern unter 12 Jahren, der gerade für niedrige und mittlere Einkommen essenziell ist. Diese hilft nicht nur denen, die derzeit die Lohnfortzahlung in Anspruch nehmen, sondern wäre auch ein Rettungsanker für die Millionen Mütter und Väter, die zurzeit auf dem Zahnfleisch gehen. Oft würde eine temporäre Arbeitszeitreduzierung beider Elternteile eine entscheidende Entlastung für die Familien darstellen."

Näheres im Positionspapier: www.eaf-bund.de/gallery/news/news_298/200430_corona_familienpolit_vorschlaege.pdf

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) vom 15.05.2020

Die Verbreitung des Coronavirus hat unser Alltagsleben grundlegend verändert. Das gilt insbesondere für Familien mit Kindern. Ihre Tagesabläufe wurden völlig durcheinandergeworfen. Viele Eltern betreuen und beschulen ihre Kinder ganztags zusätzlich zum Beruf und sind schon seit Wochen an der Belastungsgrenze. Zudem fehlt ihnen gegenwärtig jegliche Perspektive, wann es wie besser gehen wird. Bei Kindern betreffen die Auswirkungen eine für das Leben grundsätzliche Dimension: Kontakte zu Gleichaltrigen sind nahezu unmöglich, was für Einzelkinder faktisch eine Isolierung von anderen Kindern bedeutet. Auch viele vertraute Erwachsene sind für sie nicht mehr greifbar. Gerade für kleinere Kinder ist das schwer zu verkraften.

„Es verwundert, dass Öffnungen von Baumärkten oder Profifußball eine höhere Priorität eingeräumt bekommen als die Bildung und Betreuung kleiner Kinder. Die eaf fordert die Politik dazu auf, stärker als bisher die Interessen von Familien bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen“, sagt Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf. Die frühzeitig eingerichteten finanziellen Nothilfen für Familien sind hilfreich, helfen aber nicht gegen die derzeit drohenden Entwicklungs- und Bildungsnachteile von Kindern und gegen die Dauerüberlastung von Eltern.

Die eaf macht vier Vorschläge zu den offenbar doch länger dauernden Einschränkungen:

  1. Digitaler Unterricht muss mit einer persönlichen Ansprache von Lehrkräften an Schülerinnen und Schüler verknüpft werden
  2. Tageweise Betreuung für Kita-Kinder sukzessive wieder einführen
  3. Corona-Familienarbeitszeit für Mütter und Väter von Kindern unter 12 Jahren
  4. Wirtschaftlich benachteiligte Familien durch BuT-Aufschlag unterstützen.

Näheres im Positionspapier: www.eaf-bund.de/gallery/news/news_298/200430_corona_familienpolit_vorschlaege.pdf

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) vom 30.04.2020

Der Familienbund der Katholiken begrüßt die von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey vorgeschlagene finanzielle Unterstützung aller Eltern in der CoronaKrise. „Es sindalle Eltern, die in der Corona-Krise ganz besonderen finanziellen, körperlichen und mentalen Belastungen ausgesetzt sind", erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. „Es ist deshalb dringend geboten, auchalle Eltern schnell finanziellangemessen zu unterstützen." Die von der Bundesfamilienministerin ins Gespräch gebrachte Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro pro Kind hält Hoffmann jedoch mit Hinweis auf die monatelangen zusätzlichen Ausgaben von Familien für unzureichend. Hoffmann bekräftigte stattdessen seine Forderung nach einem Corona-Elterngeld: „Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld angelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, gezahlt über die gesamte Dauer der Krise." Darüber hinaus fordert Hoffmann die Einführungeiner Corona-Elternzeit.

„Familien werden mittelfristig auch weiter in besonders hohem Maße in ihren Lebensbedingungen unter der Corona-Krise leiden", sagte Hoffmann weiter. „Ein Ende des Krisenmodus in Kitas und Schulen ist ebenso wenig absehbar, wie das deutlich erschwerte Arbeiten vieler Eltern im Homeoffice. Denn Homeoffice ist kein Betreuungsmodell. Da die Belastungen von Familien voraussichtlich bis weit ins nächste Jahr reichen werden,ist eine Einmalzahlung bestenfalls ein Tropfen auf einem heißen Stein. Familien brauchen in dieser Krise jedoch eine kontinuierliche Unterstützung. Andernfalls kommt der Staat seiner selbst erklärten Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie nicht nach. Familien sind für unsere Gesellschaft mindestens genauso wichtig wie Lufthansa, Deutsche Bahn und Co."

„Eszeigt sich aber dieser Tage auch, wie unverzichtbar die kleinsten gesellschaftlichen Einheiten wie Familiensind, wenn der Staat an seine Grenzen stößt"

„Genauso wichtig ist für Eltern aber auch die Einführung einer Corona-Elternzeit", sagte Hoffmann weiter, „die ihnen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht gibt, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Denn Eltern, insbesondere Mütter, leisten derzeit nicht nur ihre Erwerbsarbeit, sondern einen kaum zu bewältigenden Spagat zwischen Home-Office, Home-Schooling und Home-Work." 

Der Staat sei zweifellos zur Bewältigung der Corona-Krise unverzichtbar, sagte Hoffmann. „Es zeigt sich aber dieser Tage auch, wie unverzichtbar die kleinsten gesellschaftlichen Einheiten wie Familien sind, wenn der Staat an seine Grenzen stößt und die Betreuung und Bildung für Kinder nicht mehr gewährleisten kann."

Quelle: PressemitteilungFamilienbund der Katholiken – Bundesverbandvom 19.05.2020

Der Familienbund der Katholiken appelliert eindringlich an die Bundesregierung, die Lohnfortzahlung für Eltern, die wegen geschlossener Kitas und Schulen nicht arbeiten können, zuverlängern. Die Unterstützung läuft dieser Tage aus.

„Solange der Schul- und Kitabetrieb aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen nur im eingeschränkten Krisenmodus arbeiten, muss es einebegleitende Lohnfortzahlung für berufstätige Eltern geben, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen", sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heutein Berlin. „Nebender nach wie vor ausstehenden Einführung eines Corona-Elterngeldes ist dieLohnfortzahlung für Eltern eine der wichtigsten Leistungen, um Familiennicht in eine dramatische finanzielle Schieflage geratenzu lassen. Die Politik ist aufgerufen, unter Beweis zu stellen,wie ernst sie die Unterstützung von Familiennimmt, die in dieser Zeit außerordentlichen familiären Belastungen ausgesetzt sind."

Die Bundesregierung zögertderzeit, die auslaufende Regelung fortzusetzen. Eltern können bislang bis zu 67 Prozent ihres Lohns vom Staat erhalten,wenn sieKinder unter zwölf Jahren während der Pandemie wegen geschlossener Kitas und Schulen zu Hause betreuen müssen und deshalbEinkommensverluste haben. Die Leistung ist aber begrenzt auf 2016 Euro für einen vollen Monat und wird bisher höchstens sechs Wochen lang gezahlt. Zeiten, in denen die Kita oder Schule ohnehin wegen Ferien geschlossen wäre, werden nicht mitgerechnet.

Quelle: PressemitteilungFamilienbund der Katholiken – Bundesverbandvom 15.05.2020

Die Selbsthilfeinitiative SHIA e. V. – Bundesverband – unterstützt die Forderungen vom Deutschen Kinderschutzbund und vom Deutschen Kinderhilfswerk nachGeldzahlungen an Familien.

Die aufgrund von Schul- und Kita-Schließungen nicht genutzten Mittel des Bildungs- und Teilhabepaketes sollen unbürokratisch in Höhe von 90 Europro Monat und Kind an alle Familien ausgezahlt werden, deren Kinder Ansprüche auf das Bildungs- und Teilhabepaket haben. Und zwar rückwirkend ab dem 1.4.2020.

Ebenso fordern wir mit dem Deutschen Kinderhilfswerk die Erhöhung des Regelsatzes für Kinder und Jugendliche nach dem SGB II um 100 Euro, solange Kitas und Schulengeschlossen sind. Die Sanktionen für Familien im Grundsicherungsbezug sind ebenfalls für 6 Monate auszusetzen und ganz zu streichen.

Birgit Uhlworm, SHIA-Bundesvorstandsvorsitzende: "Familien brauchen einen Dreiklang aus Geld, Zeit und Infrastruktur. Gerade Alleinerziehende leistenmomentan Herausragendes. Sie verdienen Respekt und Wertschätzung, auch durch finanzielle Unterstützung.

Im Rahmen des Konjunkturpaketes wurde 2009 auch an die Familien gedacht- das sollte heute ebenfalls möglich sein.

Der Notfall-Kinderzuschlag ist zwar ein Weg, aber leider viel zu bürokratisch ist, wenn die Bearbeitungsdauer über 6 Wochen liegt.

Familien brauchen das Geld jetzt."

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V – Landesverband Brandenburg vom 30.04.2020

Angesichts der Debatte um die Verlängerung der Entschädigungszahlungen für Eltern, die ohne Kinderbetreuung in der Corona-Krise nicht arbeiten können, fordert der VAMV die Politik auf, schnellstmöglich eine Perspektive für die finanzielle Absicherung von Alleinerziehenden zu schaffen.

Die Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), Daniela Jaspers, erklärt hierzu: „In Paarfamilien haben zwar zwei die Möglichkeit, Entschädigungszahlungen je sechs Wochen und damit für die doppelte Zeit zu erhalten. Für Alleinerziehende laufen die sechs Wochen jetzt aber ersatzlos aus.
Einelternfamilien, die keine erweiterte Notbetreuung nutzen können oder deren Vereinbarkeitsprobleme trotz Notbetreuung nicht gelöst sind, wissen damit nicht, wie sie in den kommenden Wochen über die Runden kommen sollen. Fehlende Kinderbetreuung, Homeoffice, Homeschooling und Einkommenseinbußen sind schon jetzt für Alleinerziehende die ultimative Zerreißprobe.“

„Angesichts der nur schrittweisen Wiedereröffnung von Kitas und Schulen appelliere ich an die Politik, umgehend eine Anschlusslösung für Alleinerziehende zu schaffen, damit Einelternfamilien nicht in Armut abrutschen. Besonders wichtig ist dabei, wenigstens Geringverdiener*innen mit 100 Prozent des bisherigen Entgelts abzusichern. Unterstützungsleistungen sollten außerdem so flexibel ausgestaltet sein, dass sie auch Eltern erreichen, die im Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung/Homeschooling vorübergehend auf Teilzeit gehen wollen. Es gibt bereits gute Vorschläge, wie beispielsweise ein Corona-Elterngeld. Ich appelliere an die Politik, hier schnell zu einer Lösung zu kommen“, fordert Daniela Jaspers.

Seit Ende März können Mütter und Väter, bei denen wegen der Kita- und Schulschließungen in der Corona-Pandemie das Einkommen wegfällt, eine Entschädigung in Höhe von 67 Prozent ihres Nettoverdienstes erhalten. Der Entschädigungsanspruch ist allerdings für jeden auf sechs Wochen begrenzt und schließt Eltern im Home Office sowie Ferienzeiten a

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 15.05.2020

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) begrüßt die Empfehlung der Familienminister*innenkonferenz, stufenweise und behutsam die Kindertagesbetreuung wieder zu öffnen. Anlässlich der morgigen Bund-Länder-Beratungen zur Eindämmung des Coronavirus bekräftigt der VAMV seine Forderung nach einem bundesweiten Anspruch auf Notbetreuung für Alleinerziehende. Eine vom VAMV dazu gestartete Petition unterstützen inzwischen mehr als 42.000 Menschen.

Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV, erklärt dazu:

„Es ist richtig, bei der stufenweisen Öffnung die Belange der Eltern und der Kinder zu berücksichtigen wie auch den Infektionsschutz. Die hohe Resonanz auf unsere Petition zeigt jedoch, wie existenziell wichtig die Notbetreuung für berufstätige Alleinerziehende ist. Wir begrüßen die Initiativen vieler Bundesländer, die Notbetreuung für Kinder aus Einelternfamilien zu öffnen. Es darf jedoch nicht vom Wohnort abhängen, ob Alleinerziehende ihre Arbeit wieder aufnehmen können oder ob die Haushaltskasse angesichts auslaufender Entschädigungszahlungen bald leer bleibt. Wir fordern deshalb in allen Bundesländern einen Anspruch auf Notbetreuung für berufstätige Alleinerziehende, auch wenn sie nicht in einem unmittelbar systemrelevanten Beruf arbeiten. Wichtig ist auch: Im Homeoffice die volle Arbeitsleistung zu bringen und gleichzeitig Kinder zu betreuen oder zu beschulen, ist für Alleinerziehende eine ultimative Zerreißprobe. Der Zugang zur Notfallbetreuung muss auch im Homeoffice und unabhängig von der Sorgerechtsform bestehen.“

Die Petition des VAMV Bundesverbandes läuft seit Mitte März auf der Petitionsplattform „WeAct“ von Campact. Die Vielzahl der Unterzeichnenden zeigt, wie groß die Sorge um die eigene finanzielle und berufliche Zukunft bei Alleinerziehenden in Folge der Corona-Maßnahmen ist:
https://weact.campact.de/petitions/berufstatige-alleinerziehende-in-der-corona-krise-nicht-vergessen.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) vom 29.04.2020

Bundesseniorenministerin Giffey hat sich erfolgreich für bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf eingesetzt

Die Corona-Krise belastet die Familien von Pflegebedürftigen schwer. In dieser Situation benötigen pflegende Angehörige akute Hilfe und flexible Unterstützungsangebote. Daher wird die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bis Ende September vereinfacht. Angehörige, die Pflegebedürftige in der Corona-Krise zu Hause betreuen und zugleich erwerbstätig sind, werden so besser unterstützt.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Angehörige sind der größte Pflegedienst unseres Landes. Rund 2,5 Millionen Berufstätige pflegen und betreuen Familienmitglieder zu Hause. Ihre Leistung wird zu selten gesehen – obwohl sie das Funktionieren der Pflege sichern. Denn sie leisten Enormes: Sie leben zwischenmenschliche Solidarität und stärken unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dafür gebührt ihnen unser Dank, unsere Anerkennung und in der Corona-Krise zusätzliche Hilfe. Besonders dann, wenn sie Beruf und Pflege in Einklang bringen müssen.“

Die notwendigen gesetzlichen Anpassungen hat der Deutsche Bundestag mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ heute verabschiedet. Das BMFSFJ hat sich intensiv und in Zusammenarbeit mit BMG und BMAS für die Aufnahme von Erleichterungen für pflegende Angehörige eingesetzt.

Dazu erklärt Franziska Giffey: „Mit dem heute verabschiedeten Gesetz verbessern wir die Unterstützung in akuten Pflegesituationen: Wer coronabedingt Angehörige pflegt oder die Pflege neu organisieren muss, kann bis zu 20 Arbeitstage der Arbeit fernbleiben. Das Pflegeunterstützungsgeld kann ebenfalls bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden, wenn die Pflege aufgrund von coronabedingten Versorgungsengpässen zu Hause erfolgt. Außerdem gestalten wir Pflegezeit und Familienpflegezeit flexibler. Pflegende Angehörige sollen leichter eine Freistellung von 6 Monaten (Pflegezeit) beziehungsweise 24 Monaten (Familienpflegezeit) in Anspruch nehmen oder nach einer Unterbrechung wieder aufnehmen können, sei es vollständig oder wenn sie in Teilzeit arbeiten. Mit diesen Regelungen reichen wir pflegenden Angehörigen die Hand und helfen ihnen dabei, durch diese schwere Zeit zu kommen.“

Der Gesetzentwurf regelt im Einzelnen:

1. Bessere Unterstützung zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in einer akuten Pflegesituation

a)Pflegeunterstützungsgeld

Bisher erhalten Beschäftigte für bis zu 10 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung, wenn sie vor einer akuten Pflegesituation stehen, in der sie die Pflege sicherstellen oder organisieren müssen. Die Neuregelung sieht einen vereinfachten Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld vor. Es wird bis zum 30. September 2020 auch gewährt, wenn ein Engpass in der pflegerischen Versorgung entstanden ist, den die Angehörigen im Zuge der COVID-19-Pandemie nur selbst auffangen können. Bis zum 30. September 2020 sollen Beschäftigte darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, das Pflegeunterstützungsgeld insgesamt für bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch zu nehmen. Bereits genutzte Tage mit Pflegeunterstützungsgeld werden angerechnet.

b) Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Bisher haben Beschäftigte in einer akut auftretenden Pflegesituation die Möglichkeit, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben. Die Neuregelung sieht eine Inanspruchnahme von bis zu 20 Tagen vor. Voraussetzung ist, dass eine pandemiebedingte akute Pflegesituation besteht, die bewältigt werden muss. So wird pflegenden Angehörigen mehr Zeit eingeräumt, um die Pflege zu Hause sicherzustellen oder neu zu organisieren, wenn z. B. wegen der COVID-19-Pandemie Tagespflegeeinrichtungen geschlossen wurden oder ambulante Pflegedienste nicht mehr in dem gewohnten Umfang arbeiten. Die Regelung ist bis 30. September 2020 befristet.

2. Flexibilisierungen bei Familienpflegezeit und PflegezeitBeschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, werden befristet bis zum 30. September die Möglichkeit erhalten, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen. Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (6 Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, soll kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen können, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend nur 10 Tage (statt 8 Wochen) betragen. Die Mindestarbeitszeit der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden kann vorübergehend unterschritten werden. Die Ankündigung in Textform genügt. Auch wird der unmittelbare Anschluss zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit befristet entfallen.

3. Berücksichtigung von Einkommenseinbußen bei der finanziellen Förderung durch zinslose Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz

Auch das Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz wird den aktuellen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt angepasst. Monate mit pandemiebedingten Einkommensausfällen können bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag unberücksichtigt bleiben. Die Rückzahlung der Darlehen wird für die Betroffenen im Verwaltungsverfahren erleichtert.

Zahlen zu pflegenden Angehörigen

Gut 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, drei Viertel davon werden zu Hause versorgt. Wegen der Krise haben die rund 4.500 Tagespflegeeinrichtungen in Deutschland geschlossen. Insgesamt übernehmen etwa 2,5 Millionen Angehörige in Deutschland die Pflege und Betreuung ihrer pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause. Zu 70% sind es Frauen, die diese Aufgabe schultern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.05.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Einigung der Koalitionsfraktionen zugunsten von pflegenden Angehörigen. Sie bekommen in Zukunft doppelt so lange Pflegeunterstützungsgeld und können leichter Pflegezeit und Familienpflegezeit in Anspruch nehmen.

„Drei von vier Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt. Ihre Angehörigen leisten Herausragendes für die Pflegebedürftigen und unsere Gesellschaft insgesamt. Von den Auswirkungen der aktuellen Corona-Pandemie sind sie besonders betroffen. Um pflegende Angehörige in dieser Zeit zu unterstützen, haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wichtige Verbesserungen bereits bestehender Instrumente erreicht.

Das Pflegeunterstützungsgeld soll befristet für bis zu zwanzig Arbeitstage pro Pflegebedürftigen in Anspruch genommen werden können.

Für die Ankündigung von Pflegezeit und Familienpflegezeit soll eine einheitliche Ankündigungsfrist von zehn Arbeitstagen gelten. Wird oder wurde eine Freistellung in der Vergangenheit für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommen, soll der verbleibende Zeitraum auch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können. Ein vorübergehendes Unterschreiten der wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden soll bei der Familienpflegezeit möglich sein.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben die schwierigen Lebenslagen der mehr als 2,5 Millionen pflegenden Angehörigen fest im Blick. Weil ohne sie Pflege in Deutschland undenkbar wäre, arbeiten wir langfristig an weiteren Lösungen, zum Beispiel an einem Familienpflegegeld, als Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 13.05.2020

Spätestens mit der vom SARS-CoV-2-Virus verursachten Pandemie ist klar geworden, wie wichtig die Arbeit der Pflege für unsere gesamte Gesellschaft ist – sie ist systemrelevant. Während andere Branchen in den Lockdown gingen, machten die Pflegenden unter hohem persönlichem Risiko für sich und ihre Angehörigen weiter.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Die AWO dankt am heutigen Tag all ihren Mitarbeiter*innen und allen in der Pflege tätigen Menschen, die nach wie vor tagtäglich, ob im ambulanten Dienst, in der stationären Einrichtung oder als Angehörige zu Hause, mit vollem Einsatz und kreativen Lösungen für die Menschen da sind, die auf Hilfe und Fürsorge angewiesen sind. Ohne diese Menschen sind die Herausforderungen, vor die uns diese Pandemie stellt, nicht zu bewältigen.

Die nächste große Herausforderung steht uns bevor. Die Lockerungen in stationären Pflegeheimen sind nur mit großer Umsicht und Sachverstand der Pflegenden vor Ort umzusetzen. Um den Menschen, die das höchste Risiko der Pandemie tragen, weiterhin größtmöglichen Schutz zukommen lassen zu können, bedarf es mit Sorgfalt durchdachter, fundierter Konzepte, aber auch aller notwendigen Ressourcen unter Hinzuziehung der Akteure vor Ort.

Die Anerkennung der Öffentlichkeit mit Applaus von Balkons und einer schwer abgerungenen einmaligen Pflegeprämie muss über die Krise hinaus Bestand haben. Die AWO fordert daher für die Mitarbeiter*innen der professionellen Pflege angemessene und damit ihre Systemrelevanz anerkennende Löhne, die nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen. Die hoffentlich nach Corona anstehende Reform der Pflegeversicherung muss dies berücksichtigen und die Eigenanteile deckeln, damit Pflegende und Pflegebedürftige nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 12.05.2020

Dringende Empfehlungen der BAGSO an die Politik

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen appelliert an Bund, Länder und Kommunen, pflegende Angehörige in der aktuellen Corona-Situation besser zu unterstützen. Rund drei Viertel der Pflegebedürftigen und zwei Drittel der demenziell Erkrankten leben zu Hause. Die meisten von ihnen werden allein durch Angehörige versorgt. Die bisher ergriffenen Maßnahmen zum Schutz der Pflegebedürftigen in der häuslichen Pflege und zur Entlastung pflegender Angehöriger reichen nicht aus.

„Viele Millionen Menschen sind von der Situation in der häuslichen Pflege betroffen“, so BAGSO-Vorsitzender Franz Müntefering. „Wie sie besser unterstützt werden können, muss auf dem anstehenden Bund-Länder-Treffen behandelt werden – ebenso wie die Situation der Menschen in Pflegeeinrichtungen.“

In ihren dringenden Empfehlungen an die Politik fordert die BAGSO unter anderem, dass alle an der häuslichen Pflege Beteiligten in ausreichendem Umfang mit Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung ausgestattet werden. In den Kommunen muss eine Notbetreuung sichergestellt sein, um die pflegerische Versorgung auch beim Ausfall der Pflegeperson sicherzustellen. Pflegende Angehörige benötigen zudem ein frei verfügbares Budget, um flexibel Unterstützung organisieren zu können. Vor dem Hintergrund der außergewöhnlichen Belastungssituation müssen psychosoziale Beratungsangebot sieben Tage die Woche erreichbar sein.

Stellungnahme: Pflegende Angehörige in Corona-Situation besser unterstützen!

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 05.05.2020

Jahresbericht 2019: Zahl der Beratungen stieg im Jahresvergleich um 6,5 Prozent

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist in Zeiten von Corona besonders gefragt – aber auch schon vor der Pandemie sind Nachfrage und Bekanntheit weiter gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht 2019 hervor, der heute veröffentlicht worden ist. Demnach wurden seit dem Start des Hilfetelefons im März 2013 insgesamt fast 230.000 Beratungen, sowohl telefonisch als auch online, durchgeführt. 44.700 davon fanden 2019 statt. Damit verzeichnete das bundesweite Beratungsangebot auch im siebten Jahr einen weiteren Anstieg der Beratungen um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Rund 24.700 von Gewalt betroffene Personen nutzten das niedrigschwellige Angebot – per Telefon, Chat und E-Mail. Mehr als 9.400 Personen aus dem sozialen Umfeld Betroffener und Fachkräfte wurden beraten.

„Das Hilfetelefon kann ein Rettungsanker sein, es ist für viele betroffene Frauen buchstäblich die erste Hilfe, um der Gewalt zu entgehen“, betont Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey. „Die Zahlen für 2019 zeigen aufs Neue, wie wichtig diese erste Anlaufstelle für die Betroffenen ist und dass das Hilfetelefon in seiner Rolle als Vermittler zwischen Ratsuchenden und Beratungseinrichtungen vor Ort ankommt. In der aktuellen Corona-Krise ist die Bedeutung dieses europaweit einzigartigen Beratungsangebots sogar noch gewachsen. Umso wichtiger ist es, dass die Erreichbarkeit des Hilfetelefons rund um die Uhr auch in diesen schwierigen Zeiten aufrechterhalten werden kann.“

Mit rund 3.500 Beratungen stieg auch die Nachfrage nach fremdsprachiger Beratung deutlich: um mehr als 29 Prozent. Am häufigsten wurde 2019 in Arabisch, Farsi/Dari und Russisch beraten.

„Der deutliche Zuwachs bei den Beratungen in einer Fremdsprache zeigt, wie wichtig gerade auch für Migrantinnen ein niedrigschwelliges anonymes Beratungsangebot wie das Hilfetelefon ist“, so Edith Kürten, die Präsidentin des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. „In der eigenen Sprache mit einer Beraterin vertrauensvoll über das Erlebte reden zu können, ist für viele Betroffene oftmals der erste Schritt aus der Gewalt.“

Häusliche Gewalt bleibt häufigster Grund für Beratung

Fast 20.000 Beratungen drehten sich 2019 um das Thema häusliche Gewalt. Zweithäufigstes Thema war sexualisierte Gewalt mit rund 4.400 Beratungen. In mehr als 60 Prozent aller Beratungen konnten Ratsuchende an Beratungsstellen vor Ort und in rund 22 Prozent an Frauenhäuser weitervermittelt werden.

Den vollständigen Jahresbericht 2019 des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ zum Herunterladen finden Sie hier: www.hilfetelefon.de/presse

Die Infografik „Sieben Jahre Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick“ finden Sie hier.

Zum Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ steht betroffenen Frauen rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr zu allen Formen von Gewalt zur Seite – ob Gewalt in der Partnerschaft, Mobbing, Stalking, Zwangsheirat, Vergewaltigung oder Menschenhandel. Unter der Rufnummer 08000 116 016 und über die Online-Beratung unter www.hilfetelefon.de können sich Betroffene, aber auch Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie Fachkräfte, beraten lassen – anonym, kostenlos, barrierefrei und in 17 Fremdsprachen. Auf Wunsch vermitteln die Beraterinnen an eine Unterstützungseinrichtung vor Ort. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelt.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.05.2020

Rund 26.000 Märkte informieren über Hilfsangebote im Rahmen der Initiative „Stärker als Gewalt“

Das eigene Zuhause ist in der Corona-Krise nicht für alle ein sicherer Ort. Kontaktbeschränkungen und Existenzängste belasten Familien und Partnerschaften – in dieser Ausnahmesituation können Konflikte und häusliche Gewalt zunehmen. Zugleich wird es für Betroffene schwieriger, sich zu informieren, wo es Hilfe gibt und diese Unterstützung auch in Anspruch zu nehmen. Auch Familien, Freunde oder Nachbarn sind in dieser herausfordernden Zeit unsicher, an wen sie sich wenden können. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene und ihr Umfeld gerade jetzt auf alternativen Wegen außerhalb der eigenen vier Wände erreicht werden und aufgezeigt bekommen, wo sie Hilfsangebote finden und was sie gegen Gewaltsituationen tun können.

Aus diesem Grund startet Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey heute die bundesweite Aktion „Zuhause nicht sicher?“: Gemeinsam mit Deutschlands großen Einzelhandelsketten Aldi Nord und Aldi Süd, Edeka, Lidl, Netto Marken-Discount, Penny, Real und Rewe will die Initiative „Stärker als Gewalt“ des Bundesfrauenministeriums Menschen unterstützen, die in der aktuellen Corona-Situation von häuslicher Gewalt betroffen sind oder die Betroffenen helfen wollen. Bundesweit werden in etwa 26.000 Supermärkten Plakate im Kassenbereich, an den Ein- und Ausgängen und an den Schwarzen Brettern aufgehängt, die über die Initiative und Hilfsangebote informieren. Auch auf der Rückseite vieler Kassenzettel finden sich Informationen über „Stärker als Gewalt“.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „In der Corona-Zeit spielt sich bei den meisten Menschen fast das gesamte Leben zu Hause ab. Im eigenen Zuhause nicht sicher zu sein ist ein unerträglicher Zustand, den wir nicht hinnehmen dürfen. Es gibt Wege aus der Gewalt, es gibt Hilfe – und ich ermutige alle Frauen und auch Männer, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sich Unterstützung zu holen. Bei der Information über diese Hilfsangebote spielen Supermärkte eine wichtige Rolle, denn sie gehören zu den wenigen öffentlichen Orten, die zurzeit regelmäßig aufgesucht werden. Im Rahmen unserer Initiative „Stärker als Gewalt“ haben wir daher eine starke Allianz mit acht großen Einzelhandelsketten geschmiedet. Ab sofort werden in etwa 26.000 Supermärkten in ganz Deutschland Plakate der Aktion „Zuhause nicht sicher?“ über Hilfsangebote informieren. Auch auf Displays, Kassenzetteln oder auf Eigenmarken der Unternehmen finden die Kundinnen und Kunden Informationen über die Aktion. Ich bedanke mich bei den Märkten, die mitmachen, bei deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und auch bei allen Partnerinnen und Partnern der Initiative. Außerdem rufe ich jede und jeden dazu auf, die Aktion zu unterstützen und sich aktiv gegen Gewalt einsetzen. Wir dürfen die Betroffenen nicht allein lassen. Alle interessierten Unternehmen, Verwaltungen, Vereine oder Besitzerinnen und Besitzer kleinerer Läden können sich beteiligen. Menschen, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, können die Plakate beispielsweise im Hausflur aushängen. Jede und jeder kann etwas tun, damit Gewalt beendet wird. Die ganze Gesellschaft ist jetzt mehr denn je gefragt. Denn gemeinsam sind wir stärker als Gewalt.“

Unterstützer können Poster und Infoblätter runterladen

Alle, die die Aktion „Zuhause nicht sicher?“ unterstützen wollen, finden die Postervorlage und ein Infoblatt mit allem Wissenswerten rund um „Stärker als Gewalt“ direkt zum Download auf der Internetseite der Initiative:https://staerker-als-gewalt.de/initiative/poster-aktion-haeusliche-gewalt

Die Aktion soll auch Nachbarinnen und Nachbarn erreichen, die in dieser Zeit besonders aufgefordert sind, auf Alarmsignale für häusliche Gewalt zu achten und dagegen aktiv zu werden. Über die Initiativen-Website können sie sich darüber informieren, wie sie Anzeichen von häuslicher Gewalt erkennen, wie sie selbst helfen und wo sie Unterstützung erhalten können. Außerdem gibt es Aushänge für den Hausflur, über die Betroffene und ihre Nachbarschaft direkt über die Hilfsangebote informiert werden können.

Beratung beim Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"

Eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene von häuslicher Gewalt und Menschen, die helfen wollen, ist das vom BMFSFJ geförderte Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen". Das Hilfetelefon ist unter der kostenlosen Nummer 08000 116 016 rund um die Uhr zu erreichen – anonym und barrierefrei – und bietet in deutscher Sprache und in 17 Fremdsprachen telefonische Beratung für gewaltbetroffene Frauen, für Menschen aus dem sozialen Umfeld und für Fachkräfte an. Über www.hilfetelefon.de ist außerdem eine Onlineberatung möglich.

Über die Initiative „Stärker als Gewalt“

Bundesfrauenministerin Giffey hat die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ im November 2019 gestartet. Die Initiative ist Teil des Bundesförderprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“. Bislang haben sich 13 Partnerinnen und Partner zusammengeschlossen, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt machen. Gemeinsam mit den beteiligten Organisationen setzt sich „Stärker als Gewalt“ außerdem dafür ein, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das Gewalt an Frauen und Männern verurteilt und Menschen, die eingreifen und helfen wollen, unterstützt.

Bürgerinnen und Bürger sollen dadurch motiviert werden, sich gegen Gewalt einzusetzen.

Die Internetseite www.staerker-als-gewalt.de bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten.

Die Partnerorganisationen der Initiative sind: Das „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen“, die Frauenhauskoordinierung e.V., der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Weibernetz e.V., das Bundesforum Männer e.V., die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., der Dachverband der Migrantinnenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.04.2020

Zu dem von der bundesweiten Kinderschutzhotline gemeldeten deutlichen Anstieg der Beratungsgespräche in den ersten zwei Maiwochen erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Der Anstieg der Beratungsgespräche bei der bundesweiten Kinderschutzhotline ist Anlass zu großer Besorgnis. An diese Hotline wendet sich medizinisches Personal bei Verdacht auf Kindesmisshandlung, um mögliche weitere Schritte zu besprechen. Dabei geht es in der Regel um Kinder, die oft massive Verletzungen aufweisen und etwa bei Arzt- oder Krankenhausbesuchen aufgefallen sind. Betroffene Kinder und Jugendliche benötigen dringend Hilfe und Unterstützung. Der sprunghafte Anstieg der Beratungsgespräche weist darauf hin, dass die Dunkelziffer misshandelter Kinder und Jugendlicher deutlich höher liegt.

Gerade jetzt muss deshalb dringend Vorsorge getroffen werden, um von Gewalt und Missbrauch betroffene Kinder und Jugendliche auch in der Coronakrise effektiv zu schützen. Beratungsstellen und digitale oder telefonische Beratungsangebote müssen auch für Kinder und Jugendlichen weiter ausgebaut und aufgestockt werden. Und die Kinder- und Jugendhilfe benötigt bundesweit eine dem Pandemieschutz angemessene Ausstattung und Vorbereitung.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 15.05.2020

Zum morgigen Tag der gewaltfreien Erziehung erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Gewalt gegen Kinder hat viele Gesichter. Und oftmals geschieht sie zuhause im Verborgenen. Von häuslicher Gewalt betroffene Kinder benötigen Hilfe und Unterstützung. Das galt schon vor der Coronakrise. Es ist zu befürchten, dass mit den Mehrfachbelastungen und Sorgen des Corona-Alltags vieler Familien auch die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ansteigt. Ohne regelmäßigen Kontakt zu Lehrerinnen und Lehrern, Schulfreundinnen und -freunden, Betreuerinnen und Betreuern, die Gewaltanzeichen erkennen und denen sich Kinder anvertrauen können, ist es momentan besonders schwierig, Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen. Hier muss aktiv mit Beratungs- und Hilfsangeboten gegengesteuert werden, digital und vor Ort.

Es gilt, Kinderrechte stark zu machen. Kinder haben seit dem Jahr 2000 auch in Deutschland Recht auf eine gewaltfreie Erziehung, auf eine Erziehung ohne physische Strafen, ohne seelische Verletzungen, ohne Vernachlässigung. Die damalige Gesetzesänderung war ein immens wichtiger Schritt. Die schwierige Situation der Jüngsten in der Coronakrise macht deutlich, dass wir die Rechte von Kindern politisch ernst nehmen müssen. Bei allen staatlichen Entscheidungen muss das Kindeswohl eine maßgebliche Rolle spielen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben ein besonderes Recht auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung. Auch deshalb gehören die Rechte von Kindern mit einer starken Formulierung ins Grundgesetz.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 29.04.2020

Bundesweit große Beteiligung bei der Aktion #keinkindalleinelassen

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs(UBSKM) der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, warnt davor, die schrittweise Öffnung der Schulen ab heute als Rückkehr in eine behütete Normalität für Kinder und Jugendliche misszuverstehen:

„Wir dürfen nicht den Fehler machen und glauben, dass Missbrauch und andere Gewalt in Familien beendet ist, nur weil jetzt die Schulen langsam wieder öffnen," sagt Rörig. „Gewalt in der Familie hat auch schon vor Corona zur gesellschaftlichen Realität gehört. Aber jetzt werden die Bedrohung von Kindern und Jugendlichen durch familiäre Gewalt und ihre Hilflosigkeit sehr deutlich. Die aktuelle Krise wirkt hier wie ein Brennglas."

Der Missbrauchsbeauftragte rief dazu auf, gerade jetzt auf Kinder zu achten, die in den vergangenen sechs Wochen aufgrund der Ausgangsbeschränkungen wenig sichtbar waren:

„Zumindest einige Kinder und Jugendliche haben nun wieder die Chance im sozialen Umfeld ‚Schule‘ unmittelbaren Kontakt zu Lehrkräften zu haben, wenn auch weiterhin sehr eingeschränkt. Ich appelliere an alle Lehrerinnen und Lehrer gerade jetzt bei ihren Schülerinnen und Schülern auf Verhaltensänderungen zu achten. Ich weiß, dass alle stark gefordert sind, um den Lehrbetrieb unter widrigen Bedingungen wieder anlaufen zu lassen. Die Mithilfe aller wird jedoch gebraucht, um Kinder zu schützen und ihnen Hilfe zu ermöglichen."

Der Missbrauchsbeauftragte zeigt sich beeindruckt von der großen Resonanz auf die Aktion „Kein Kindalleine lassen", die er vor knapp drei Wochen mit dem Portal www.kein-kind-alleine-lassen.de und einerdamit verbundenen Plakat- und Flyer-Aktion gestartet hat. Über 60.000 Menschen haben bisher dieSeite besucht, 30.000 Unterstützer*innen haben Plakate und Flyer heruntergeladen.

Der Unabhängige Beauftragte und sein Team reagieren mit der Aktion auf die zunehmenden Sorgen und Berichte über Gewalt in der Familie während der Ausgangsbeschränkungen:

„Wir haben innerhalb kurzer Zeit eine starke Verbreitung erreicht und wichtige Hilfsangebote für Menschen, die von Missbrauch und anderer familiärer Gewalt betroffen sind, bekannt gemacht", sagt der Unabhängige Beauftragte. „Ich bin besonders beeindruckt vom großen Engagement vieler Einzelner und vieler Initiativen, Organisationen und Einrichtungen die bei unserer Aktion #keinkindalleinelassen mitmachen und trotz der restriktiven Corona-Regeln Wege suchen und finden, wie sie "ihre" Kinder erreichen können."

Gerade auch hinsichtlich der noch nicht schulpflichtigen Kinder besteht weiterhin dringenderHandlungsbedarf. Auf der Website www.kein-kind-alleine-lassen.de finden sich im Bereich#keinkindalleinelassen Ideen und Projekte von A wie „Arche Berlin" bis Z wie „Zuper-Q", die zeigen, wie der Kontakt mit Kinder trotz Ausgangsbeschränkungen aufrechterhalten werden kann.

Bundesweite Organisationen unterstützen die Aktion #keinkindalleinelassen ebenfalls. So bringt bspw. der Deutsche Städtetag die Aktion in 3.400 Städte, die 6.500 Mitglieder des Jugendrotkreuzes Rheinland-Pfalz plakatieren in ihrem Bundesland und Wohnungsbaugesellschaften verteilen die Flyer in Mietshäusern. Lehrerinnen und Lehrer werden digital angesprochen, #keinkindalleinelassen ist zentral auf einem Portalserver, der momentan an rund 3.500 Schulen zur Kommunikation eingesetzt wird und ca. 1,6 Millionen Benutzer erreicht. Auch auf Twitter, Instagram und anderen Social Media Kanälen findet die Aktion breite Unterstützung und wird von hunderten Bürgerinnen und Bürgern, Kinderschutzorganisationen und -verbänden geteilt und verlinkt. Prominente wie der Pianist Igor Levit oder Influencer*innen wie Barbara Sophie retweeten oder weisen auf die Aktion hin. Auch der Deutsche Olympische Sportbund, der über seine Social Media Kanäle 90.000 örtliche Sportvereine erreicht, unterstützt die Aktion, ebenso die Caritas, die Diakonie oder die Polizei.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Zahl der Hilfegesuche bei einigen Beratungshotlines angestiegen. Andere Hilfsangebote dagegen melden keinerlei Veränderungen in der Nutzung. Kinderschutzexpert*innen wie Silke Noack vom „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch" befürchten, dass gerade das ein Indiz für die Zunahme familiärer Gewalt in der Corona-Krise sein könnte: Täter und Täterinnen sind ganztägig zuhause, Kinder können so nicht heimlich telefonieren.

Berater*innen von Hilfetelefonen kennen das als den sogenannten „Feiertags-Effekt": Immer nachZeiten des „verordneten Familienlebens" wie zum Beispiel Weihnachten, steigt die Zahl der Kinder, die anrufen und Hilfe suchen, stark an.

Corona wird vermutlich ähnlich wirken: Im Kinder- und Jugendschutz Engagierte gehen davon aus, dass nach Lockerung der Ausgangsbeschränkungen, wenn Kinder und Jugendliche wieder einfacher Zugang zu Hilfsangeboten haben und in den Institutionen erlebt werden, die Nutzung – auch von Fachkräften – stark zunehmen wird.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung bittet deshalb darum, bei der Aktion „Kein Kindalleine lassen" mitzuwirken und die Materialien von der Seite www.kein-kind-alleine-lassen.de zuverbreiten, damit Kinder und auch Erwachsene erfahren, wie sie Hilfe finden können.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 04.05.2020

Aufgrund der Kontaktbeschränkungen müssen die Menschen während der Corona-Krise überwiegend zuhause bleiben. Das erhöht das Risiko für häusliche Gewalt. Die Diakonie Deutschland begrüßt daher die neue bundesweite Aktion "Zuhause nicht sicher?" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Kooperation mit Einzelhandelsketten, die in Supermärkten auf Beratungsangebote und Hilfen bei häuslicher Gewalt aufmerksam macht. Zwingend notwendig sei allerdings im Moment, dass zügig ausreichend Beratungsangebote und Schutzplätze geschaffen und langfristig die öffentliche Aufmerksamkeit für häusliche Gewalt und die Finanzierung der Hilfsangebote gesichert werden, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie-Deutschland:

"Häusliche Gewalt ist und war in Deutschland schon vor der Corona-Pandemie ein großes und in allen Gesellschaftsschichten verbreitetes Problem. Wie durch ein Brennglas werden jetzt die Lücken im Hilfesystem sichtbar. Personell und räumlich sind die Hilfen für betroffene Frauen und deren Kinder viel zu schlecht ausgestattet. Die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Schutzangebote für Frauen bekannt zu machen ist in der aktuellen gesellschaftlichen Stresssituation, die sich oft im häuslichen Umfeld entlädt, enorm wichtig. Ohne das Personal aufzustocken und die Beratungsangebote sowie Schutzplätze auszubauen geht es allerdings nicht. Derzeit gibt es 6.800 Plätze in Deutschland. Nötig wären mindestens mehr als doppelt so viele Frauenhausplätze.

Wir brauchen dringend einen bundesweit verbindlichen Rechtsrahmen und eine einheitlich geregelte Finanzierung durch Länder und Kommunen. Betroffene Frauen müssen jederzeit – in und nach der Corona Krise – Zugang zu Schutz und Beratung haben. Durch die Anforderungen des Infektionsschutzes und Quarantänebestimmungen arbeiten die Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser unter erschwerten Bedingungen. Was vorher schon knapp war, wird – bei zunehmendem Risiko für häusliche Gewalt -augenscheinlich. Wir brauchen eine nachhaltige Verbesserung der Versorgungsstrukturen für betroffene Frauen und deren Kinder, damit häusliche Gewalt auch als das anerkannt wird, was es ist – eine Menschenrechtsverletzung und ein gesellschaftliches Problem."

Zum Hintergrund:

Die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen setzen alles daran, Schutz und Beratung suchende Frauen auch jetzt zu unterstützen. Das tun sie derzeit unter erschwerten Bedingungen: Quarantäne-Maßnahmen und Anforderungen an den Infektionsschutz gelten auch für Frauenhäuser. Das ist wichtig zum Schutz von Bewohnerinnen, ihrer Kinder und der Mitarbeiterinnen. Das führt in einigen Frauenhäusern zu Aufnahmestopps oder Verringerung der Belegung, um so social distance zu ermöglichen. Hier ist ein hohes Maß an Organisation und Krisenmanagement erforderlich. Es fehlt an Schutzausrüstungen, Desinfektionsmaterial und technischer Ausstattung für eine datensichere Beratung, aber auch an Räume und Personal.

Vielerorts werden alternative Schutzunterkünfte eingerichtet. Unterkünfte in Ferienwohnungen, Hotels und Gemeinschaftsunterkünften werden auch mit Unterstützung von Ländern und Kommunen gefunden. Für die Beratung und Betreuung der Frauen und Kinder sind aber zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich.

Mit der bereits vorher zu dünnen Personaldecke in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen und zusätzlichen Ausfällen bei Mitarbeitenden durch fehlende Kinderbetreuung, Erkrankungen, Quarantäne ist das nicht zu realisieren.

Die mit dem derzeitigen Gebot des Daheimbleibens einhergehenden Belastungen wie Kinderbetreuung zu Hause, Homeoffice, fehlende soziale Kontakte und Ausweichmöglichkeiten sind verstärkende Faktoren für Konflikte und häusliche Gewalt, keine ursächlichen Faktoren. Häusliche Gewalt ist und war in Deutschland auch vor der Corona-Pandemie ein großes und in allen Gesellschaftsteilen verbreitetes Problem.

Mehr Informationen:

– Nachgefragt: Mehr häusliche Gewalt in der Corona-Krise? https://www.diakonie.de/journal/nachgefragt-mehr-haeusliche-gewalt-in-der-corona-krise

– Ratgeber der Diakonie zu Gewalt gegen Frauen: https://hilfe.diakonie.de/gewalt-gegen-frauen

– Initiative "Stärker als Gewalt": https://staerker-als-gewalt.de/

– Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 29.04.2020

Bund und Länder haben heute eine Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt Schule auf den Weg gebracht: Es gibt zusätzlich 500 Millionen Euro für die digitale Ausstattung von Schülerinnen und Schülern. Digitaler Unterricht zu Hause wird den Präsenzunterricht noch länger ergänzen müssen. Der Bund unterstützt jetzt Kinder und Jugendliche, bei denen Online-Unterricht aus Mangel an Geräten bislang keine Option war. Sie sollen mit Tablets oder Laptops ausgestattet werden.

„Es darf nicht der Geldbeutel der Eltern darüber entscheiden, ob Schülerinnen und Schüler am digitalen Fernunterricht teilhaben können. Das ist eine entscheidende soziale Frage. Für dieses Programm hat die SPD-Fraktion hart gekämpft und es ist gut, dass es jetzt an den Start geht. Schulträger können jetzt flexibel auf die besonderen Herausforderungen vor Ort reagieren.

Wir wissen, dass das alles nur wirklich helfen kann, wenn im Haushalt auch ein notwendiger Internetanschluss vorhanden ist. Der Bund sucht hierfür zurzeit mit den Mobilfunkanbietern nach guten Lösungen. Die SPD-Bundestagsfraktion erwartet, dass das Bildungsministerium dies engagiert vorantreibt. Es ist wichtig, dass die Hilfen jetzt schnell dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Kein Kind darf zurückgelassen werden.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 15.05.2020

Auch angesichts der Coronavirus-Pandemie gelte, dass Kinder selbstverständlich Kontakt zu beiden Eltern behalten sollen. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/19046) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zum Umgangsrecht angesichts von COVID-19 (19/18569). Erkenntnisse über diesbezügliche Probleme lägen der Bundesregierung nicht vor. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehe sich nicht auf die Kernfamilie, auch wenn die Eltern nach einer Trennung in zwei getrennten Haushalten leben, heißt es in der Antwort. Die bisherigen Vereinbarungen, Regelungen oder gerichtlichen Entscheidungen zum Umgang gälten weiterhin. Bei der Frage, wie man die persönliche Begegnung zwischen Eltern und Kind in Zeiten der Coronavirus-Pandemie am besten organisiert, sollten die Eltern sich, wie sonst auch, immer am Kindeswohl orientieren und beachten, dass grundsätzlich eine gute emotionale Bindung und der Kontakt zu beiden Eltern dem Kindeswohl dient.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.515 vom 19.05.2020

„Die Corona-Krise deckt die Schwächen des Bildungssystems in Deutschland gnadenlos auf. Sie macht deutlich, welche Probleme die Globalisierung mit sich bringt und wie tief gespalten die Gesellschaften sind“, sagte Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am „Tag der Arbeit“ in Frankfurt a.M. „Solidarisch ist man nicht alleine“, lautet das Motto am 1. Mai. „Gesundheit first – solidarisch zu sein, heißt in Corona-Zeiten, Abstand zu halten“, betonte Tepe. Weltweit feiere die Gewerkschaftsbewegung diesen „Tag der Arbeit“ zum ersten Mal digital. In Deutschland verzichteten die DGB-Gewerkschaften auf Demonstration. Tepe stellte fest, dass 2020 eine Ausnahme sei und bleiben werde.

„Bildung wird seit mindestens 20 Jahren sträflich vernachlässigt. Jetzt holen uns die Versäumnisse der Vergangenheit ein. Probleme, Hygiene und Infektionsschutz sicherzustellen, hängen auch mit den 43 Milliarden Euro Investitionsstau allein an den Schulen zusammen. Die Reinigung der Bildungseinrichtungen wurde outgesourced. Bildung für das digitale Zeitalter fit zu machen, ist zu spät und zu zögerlich angegangen worden. Zudem sind wir sehenden Auges in einen dramatischen Lehrkräfte- und Fachkräftemangel in den Kitas hineingesteuert“, betonte die GEW-Vorsitzende. Platzmangel führe zu überfüllten Kitas, Schulklassen und Hörsälen an den Hochschulen.

Der Mangel an Erzieherinnen, Erziehern und Lehrkräften stelle die Kitas und Schulen auf dem Weg einer schrittweisen Öffnung vor große Probleme. Auch weil der Altersschnitt hoch sei und viele Lehrende zu den Risikogruppen zählten und deshalb nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden dürften. „Die soziale Spaltung in Deutschland verschärft sich durch den Fernunterricht. Kinder aus armen Familien sind schlechter mit digitalen Medien ausgestattet, sie müssen in beengten Wohnverhältnissen lernen. Dieses Problem muss unverzüglich gelöst werden. Wir brauchen weitere zusätzliche Ressourcen, die nach Sozial-Index vergeben werden“, unterstrich Tepe.

Die Gewerkschaften kämpften gemeinsam für einen besseren Schutzschirm der Beschäftigten gegen die Folgen der Wirtschaftskrise. Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent (87 Prozent für Familien) sei ein richtiger Schritt, auch wenn er spät gekommen sei. „Sorgen bereiten die prekär Beschäftigten in der Weiterbildung und der Hochschule sowie die Studierenden. Ihre Existenz ist bedroht, sie dürfen nicht ins Bodenlose fallen. Hier muss die Politik kräftig nacharbeiten“, verlangte die GEW-Vorsitzende. „Auffällig ist, dass viele Frauen zwar auf wichtigen Arbeitsplätzen tätig sind, aber schlecht bezahlt werden. Ihre Arbeit muss dringend aufgewertet werden.“

Info: Die Gewerkschaften verzichten in diesem Jahr zum ersten Mal seit der Gründung des DGB 1949 auf die traditionellen „Tag der Arbeit“-Demonstrationen und -Feiern auf den Straßen und Marktplätzen der Republik. Der DGB bietet einen Livestream mit einem bunten Mix aus Politik und Kultur an.

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hauptvorstandvom 01.05.2020

Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Seehofer,

am 9. Mai wird der Europatag gefeiert. Dieser Tag steht für ein gemeinsames Europa in Frieden und Freiheit. Die Grundrechtscharta der Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon ist das Herzstück der Europäischen Union und mit ihr die Freizügigkeit und die damit einhergehenden offenen Grenzen. Diese Freizügigkeit dient nicht nur dem freien Warenverkehr. Sie gibt den Menschen in Europa die Möglichkeit, in andere Mitgliedstaaten zu reisen, sich niederzulassen, zu studieren und zu arbeiten. Die europäischen Staaten wuchsen zusammen, die Grenzen fielen, ein gemeinsames europäisches Zusammenleben entstand und mit ihnen vielfältige europäische familiäre Konstellationen. Diese Paare und Familien leben den europäischen Gedanken und für sie war bisher die Freizügigkeit ein selbstverständlicher Teil ihrer Lebensplanung. Die Corona Pandemie stellt nun diesen Gedanken der Freiheit vor eine Zerreißprobe. Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, fielen als erstes die Schlagbäume.

In Europa leben Millionen binationaler Paare. Allein in Deutschland ermittelte der Mikrozensus 2017 eine Zahl von 1,5 Millionen. Viele Paare kommen zahlenmäßig hinzu, da sie nicht miteinander verheiratet sind. Sie konnten bislang ihre Beziehung innerhalb Europas auch ohne Trauschein gut leben, wie tausende andere Paare auch.

Die Wiedereinführung nationaler Grenzen, die uns zurückwerfen in eine schon fast vergessene Zeit, führte für unverheiratete binationale Paare zu einer plötzlichen Trennung. Das Fallen der Schlagbäume ging durch die Paare hindurch, unterbrach unvermittelt ihre Beziehung, beendete abrupt über Wochen ihre gemeinsame Lebensplanung. Gerade in Krisenzeiten sind Menschen auf Nähe und Unterstützung angewiesen. Die Grenzschließungen verwehren diesen Paaren den emotionalen Rückhalt, den eine Liebesbeziehung geben kann. Und sie sind in einem Europa der offenen Grenzen für diese Paare extrem belastend und nicht nachvollziehbar.

„Ich bin im Badischen aufgewachsen – verbunden im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich. Für uns hier gibt es keine Grenzen mehr. Mein Partner ist Schweizer, wohnhaft in Basel. Uns trennen 15 Minuten S-Bahnfahrt. Wir sind nicht verheiratet, bisher war das kein Thema. Dies ist uns nun zum Verhängnis geworden. Wir dürfen uns seit Wochen nicht sehen. Und auch wenn wir nun kurzfristig heiraten wollten, wäre dies nicht möglich, denn laut Bundesgrenzschutz-Seite, darf ein Ausländer nicht einmal zur eigenen Hochzeit einreisen, da eine Hochzeit keinen triftigen Grund darstellt. Wie uns geht es vielen: Deutsche mit Partnern in der Schweiz oder Frankreich. Aus der Traum.

Hunderttausende Grenzgänger können tagtäglich pendeln. Dass einerseits Einreisen aus beruflichen Gründen möglich sein sollen, während elementare soziale Strukturen mit Füßen getreten werden, ist ein Schlag ins Gesicht, nicht nur für Personen in der Grenzregion. Dahinter stehen Menschen, die zutiefst verzweifelt sind. Grenzen die kaum mehr existierten ziehen sich nun quer durch das Leben der Betroffenen und trennen sie ausgerechnet in dieser schwierigen Zeit von ihren wichtigsten Bezugspersonen. Die psychischen Folgen sind immens. In Frankreich gab es schon Suizide und auch hier ist spürbar, dass Depressionen und Angstzustände zunehmen. Geben Sie diesen Menschen wieder ihren Halt zurück, den sie jetzt mehr denn je brauchen. Bitte ignorieren Sie diese Menschen nicht und vertrösten sie auf Juni oder gar noch länger.“ Gudrun F.

Sehr geehrter Herr Minister Seehofer, dieses Beispiel steht stellvertretend für zahlreiche andere, die unseren Verband seit März erreichen. Je länger die Corona Pandemie anhält, je länger die innereuropäischen Grenzen geschlossen sind, desto schwieriger gestaltet sich die Situation für diese Paare. Selbstverständlich gilt es, das Infektionsgeschehen einzudämmen, das versteht auch jedes Paar. Keines dieser Paare will zur Ausbreitung des Virus beitragen. Sie wollen verantwortlich und unter Berücksichtigung bestehender Schutzmaßnahmen mit ihren Partner*innen zusammen sein. In der gesamten Debatte um die Bekämpfung des Virus Covid 19 werden leider Paare und Familien viel zu wenig in den Blick genommen. Ihre Belastungen werden kaum thematisiert.

Wir möchten betonen, dass es sich bei den hier angesprochenen Paaren um langfristige Beziehungen handelt, die füreinander einstehen und gegenseitig Verantwortung übernehmen. Ebenso wie verheiratete Paare. Eine junge Frau beispielsweise hat ihre Wohnung und ihre Arbeitsstelle gekündigt, um zu ihrem Partner in die Schweiz zu ziehen. Dann kam die Corona Pandemie und schloss die Grenzen. Diese junge Frau hat ihre Lebensgrundlage in Deutschland aufgegeben, sie steht ohne Arbeit und ohne Wohnung in Deutschland da, kann aber ihr “neues Leben” in der Schweiz nicht realisieren.

Herr Minister Seehofer, es sind viele einzelne Schicksale, die hinter der großen Anzahl der europäischen Paare stehen, auf die an dieser Stelle nicht vertieft eingegangen werden kann.

In einem vereinten Europa sollte es aber doch möglich sein, trotz der Krise, diesen Paaren die Möglichkeit zu geben, zusammen zu kommen.

So könnten nach dem Beispiel Schweiz und Österreich Passierscheine ausgestellt werden, die auf einer Selbstauskunft basieren. Mit einer entsprechenden Anweisung an die Grenzbeamten. Dies wäre eine unbürokratische, sofort umsetzbare Möglichkeit auch für Deutschland – unabhängig von einer allgemeinen Grenzöffnung.

Wir bitten Sie daher im Interesse zahlreicher europäischer Paare und als Zeichen für den Europatag, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Herr Minister Seehofer: Bitte lassen Sie binationale unverheiratete Paare innerhalb Europas wieder zusammenkommen!

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 08.05.2020

Anlässlich des 1. Mai, dem Tag der Arbeit, erklärt Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz:

„Die Corona-Pandemie macht aktuell vor dem 1. Mai nicht halt. Auch wenn wir morgen nicht auf den Straßen sein können, geht unser Engagement für eine solidarische Gesellschaft ohne Armut weiter. Untersuchungen zeigen immer wieder, wie wichtig Arbeit für die meisten Menschen ist. Gesellschaftliche Teilhabe in unserer Gesellschaft muss daher bedeuten, Zugang zu guter und existenzsichernder Erwerbsarbeit zu haben, verlässliche soziale Sicherheit bei Arbeitslosigkeit zu erfahren und eine fördernde und unterstützende Arbeitsmarktpolitik vorzufinden, die immer wieder Brücken baut.

Mit diesem Anspruch auf Teilhabe und einen solidarischen Sozialstaat blicken wir auf die Gesellschaft, erleben jedoch eine andere Realität: Der Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse bleibt hoch. Neun Millionen Menschen arbeiten zu Niedriglöhnen, über eine Million Menschen müssen ihren Lohn mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken. Ein Jahrzehnt des Aufschwungs, steigender Ungleichheit und Vermögenskonzentration ist an armutsbetroffenen Menschen und unteren Einkommensgruppen vorbei gegangen. Besonders bitter ist die Situation der Millionen Beschäftigten in den systemrelevanten Berufen, die verlässlich und verantwortungsvoll für andere Menschen da sind und die Gesellschaft nicht nur während der Corona-Pandemie zusammenhalten. Diese systemrelevanten Berufe in den Branchen Gesundheit, Pflege, Erziehung und Einzelhandel vereint, dass sie mehrheitlich schlecht bezahlt und unter schwierigen Bedingungen ausgeübt werden.

Wir treten daher gemeinsam für eine andere Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ein – für höhere Mindestlöhne und Regelbedarfe, für eine Stärkung der Tarifbindung, für Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur und für einen wirksamen Ausgleich zwischen Arm und Reich. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, aber unsere Solidarität bleibt!“

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak)vom 30.04.2020

Angesichts der Kosten für eine sozial gerechte Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie bei gleichzeitigem Einbruch der Steuereinnahmen fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Vermögensabgabe zur solidarischen Krisenbewältigung. Der Verband warnt vor einer gefährlichen Verschärfung der sozialen Spaltung, sollte die Große Koalition jetzt nicht zu einem sozial ausgewogenen, solidarischen Krisenmanagement finden. Dazu gehöre zwingend ein sofortiges armutspolitisches Notprogramm sowie die Heranziehung sehr großer Vermögen zur Finanzierung der Krisenbewältigung.

„Es steht völlig außer Frage, dass die Folgen dieser Krise nur bewältigt werden können, wenn diejenigen, die über sehr großen Reichtum verfügen, zur solidarischen Finanzierung der Kosten herangezogen werden“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Angesichts der aktuellen Steuerschätzung, die von Mindereinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe ausgeht, seien entschlossene steuerpolitische Maßnahmen zwingend. „Es darf auch in dieser Koalition keine steuerpolitischen Tabus mehr geben. Auf den Kabinettstisch gehören genauso gut Konzepte für eine Vermögensabgabe wie für eine Reichensteuer. Wenn jetzt die falschen Maßnahmen ergriffen werden, droht unsere Gesellschaft auseinanderzubrechen“, warnt Schneider.

Corona wirke wie ein „Brennglas“, das soziale Schieflagen verschärfe. Überhaupt kein Verständnis zeigt der Verband daher für die bisherige Weigerung der Großen Koalition, armen Menschen in der Krise eine finanzielle Soforthilfe zu gewähren. Der Paritätische kritisiert vor diesem Hintergrund das so genannte Sozialschutzpaket II, das heute im Bundestag beraten wird, als „armutspolitische Enttäuschung“. Der Verband bekräftigt seine Forderung nach finanzieller Soforthilfe für alle Menschen, die existenzsichernde Sozialleistungen wie Hartz IV, Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Konkret fordert der Paritätische einen monatlichen Zuschlag in Höhe von 100 Euro sowie eine Einmalzahlung für krisenbedingte Zusatzausgaben von 200 Euro.

Gemeinsam mit Vertreter*innen aus DGB, Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Verbraucherschutzorganisationen, dem Deutschen Kinderschutzbund und dem Deutschen Kinderhilfswerk hat der Paritätische unter dem Motto #100EuroMehrSofort einen Aufruf für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und für Solidarität gerade auch mit den Ärmsten vorgelegt. Zwischenzeitig haben sich weitere Bundesorganisationen und auch Bündnisse auf Landesebene hinter die Forderung gestellt.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 14.05.2020

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag der Familie

Zum internationalen Tag der Familie (15. Mai) betonen Familienministerin Ur-sula Nonnemacher und die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienver-bände in Brandenburg (LAGF) Bedeutung und zentrale Funktion der Familie. „Als Rückgrat der Gesellschaft leisten Familien in diesen besonderen Zeiten Herausragendes: Mütter und Väter betreuen ihre Kinder, unterstützen sie bei den Schulaufgaben und arbeiten von zu Hause aus. Es zeigt sich einmal mehr: die Gesellschaft kann sich auf die Familien verlassen, dafür mein herzlicher Dank!“, so Ministerin Nonnemacher.

Mit der frühen Erweiterung der Notfallbetreuung hat Brandenburg die in der Corona-Pandemie besonders geforderten Alleinerziehenden entlastet.

Die 32 vom Land geförderten Familienzentren stehen weiterhin beratend zur Seite, wenn auch vorübergehend telefonisch oder digital.

Die Landesregierung will Familien aber auch langfristig finanziell entlasten und das System familienbezogener Leistungen bündeln. Daher wird die bundesweite Ein-führung einer Kindergrundsicherung unterstützt, denn nur hierüber kann es zu-friedenstellend gelingen, Familien die ihnen zustehenden Leistungen zukommen zu lassen.

Ursula Nonnemacher: „Familien verdienen nicht nur während der derzeitigen Pandemie unsere Anerkennung und Wertschätzung. Sie sorgen dafür, dass die Gesellschaft funktioniert! Ich freue mich, dass wir am Tag der Familie im Bundesrat die Sonderregelungen bei der Inanspruchnahme von Elterngeld beschließen, die für viele Eltern Corona-bedingte finanzielle Härten verhindern.“ Birgit Uhlworm von der LAGF: „Familien brauchen keine Almosen, sondern ge-zielte Unterstützung sowie Anerkennung und Wertschätzung. Die vom Land Brandenburg finanzierten Einrichtungen und Verbände sind in diesen Zeiten ver-lässliche Ansprechstellen und stehen den Familien zur Seite.

Diese Infrastruktur für Familien muss erhalten und ausgebaut werden.“

Quelle: PressemitteilungMinisterium für Soziales, Gesundheit, Integration undVerbraucherschutzvom 14.05.2020

Viele Familien erleben durch die Pandemie große Belastungen. Zum Internationalen Tag der Familie betont die Arbeiterwohlfahrt, dass viele davon nicht neu seien – sondern die Krise nur das Brennglas auf bestehende Probleme hält. Familien müssten endlich besser unterstützt werden, fordert der Verband.

„In diesen Krisenzeiten zeigt sich besonders deutlich, dass wir Familien wieder in die Lage versetzen müssen, Raum für Entwicklung und Geborgenheit geben zu können“, so Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, „Viele Familien hatten schon vor der Krise zu kämpfen, weil sie von Armut bedroht waren, Beruf und Familie vereinen mussten oder die Pflege von Angehörigen organisierten. Die jetzige Belastungssituation zeigt nur, wie sträflich wir als Gesellschaft Familien mit diesen Herausforderungen allein gelassen haben. Das muss sich ändern! Damit Familien Schutz und Fürsorge für alle Familienangehörigen bieten und Teilhabe organisieren können, brauchen sie deutlich bessere Rahmenbedingungen und eine stärkere Beachtung, als das derzeit der Fall ist.

Durch die Schließung von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege steht nur ausgewählten Familien eine eingeschränkte Kinderbetreuung zur Verfügung. Viele Eltern müssen im Moment nicht nur die Lernwege ihrer Kinder begleiten, sondern ihnen schulrelevanten Lernstoff selbst vermitteln – oft genug neben der Erwerbsarbeit im Homeoffice und weiteren Pflichten. Homeschooling und Homeoffice als neue Realität in den Familien sind das Einfallstor für neue Bildungsungerechtigkeiten. Insbesondere in armutsbetroffenen Haushalten und für Alleinerziehende droht die Corona-Krise zu einer fundamentalen Chancen-Krise zu werden!“

Grundsätzlich fordert die AWO daher ein verständliches und am Lebensverlauf orientiertes Gesamtkonzept, das Menschen und Familien ermöglicht, ein Leben nach ihren Vorstellungen selbstbestimmt und ohne Angst zu leben und dabei Fürsorge erbringen und empfangen zu können. Wissenschaftler*innen haben hierfür schon Vorschläge, wie zum Beispiel das Optionszeitenmodell für atmende Lebensläufe, erarbeitet. Diese müssen aus Sicht der AWO endlich einer gesamtgesellschaftlichen Debatte zugeführt und umgesetzt werden, damit Familien ihre Funktionen – auch für die Stabilität unserer Gesellschaft – wieder erfüllen können.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.05.2020

Durch Kurzarbeit und Lohnausfälle wegen der Corona-Pandemie hat sich die finanzielle Situation von Familien verschärft. „Eine Senkung der Mehrwertsteuer für Kinderprodukte würde Familien schnell helfen und ist einfach umzusetzen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern und Familien mit geringem Einkommen würden besonders profitieren.

Der DFV fordert, dass die Mehrwertsteuer für Produkte wie Babynahrung, Windeln und Kinderkleidung von 19 auf sieben Prozent gesenkt wird. Anstoß ist der Gesetzentwurf zur Senkung der Umsatzsteuer für die angegriffene Gastronomie, der heute im Bundestag beraten werden soll. „Was für Restaurants möglich ist, muss auch für Familien zu machen sein. Kinderprodukte gehören zum familiären Grundbedarf und sollten wie Milch, Mehl und Tee günstiger zu konsumieren sein“, so Zeh.

Schon in gewöhnlichen Zeiten haben Familien hohe Ausgaben beim Verbrauch. Allein aufgrund ihres Wachstums benötigen Kinder in manchen Lebensphasen mehrmals im Jahr neue Kleidung und Schuhe. „Die Entlastung von Familien über den ermäßigten Mehrwertsteuersatz ist ein längst überfälliger, notwendiger Schritt“, sagt der DFV-Präsident. Perspektivisch müsse es für Familien eine Rückerstattung aller Verbrauchsteuern geben, die auf den Kindesunterhalt bzw. das Existenzminimum des Kindes entfallen.

Die Senkung der Mehrwertsteuer für Kinderprodukte ist eine jahrelange Forderung des DFV. „Der Deutsche Familienverband hat die Bedürfnisse von Familien im Blick. Kinder und ihre Eltern müssen bei allen Gesetzen und Verordnungen berücksichtigt werden, bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie besonders“, so Zeh. „Familien tragen wesentlich zur Überwindung dieser Krise bei. Sie sollten in erster Linie ermutigt und unterstützt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 15.05.2020

Jedes Jahr am 15. Mai findet der Internationale Tag der Familie statt. Mit diesem Gedenktag erinnert die UN an die Bedeutung und den Wert von Familie. In diesem Jahr erinnert die UN in ihrem Aufruf daran, dass die Reaktion auf die Corona-Krise eine echte Gelegenheit bietet, die Art und Weise, wie Volkswirtschaften und Gesellschaften funktionieren, zu überdenken und zu verändern, um eine größere Gleichheit für alle zu fördern.

Dazu sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Hinter den Familien liegt ein Marathon an Zumutungen wegen der Corona-Pandemie: Geschlossene Schulen und Kitas, Home-Office und Home-Schooling, kein direkter Kontakt mit Großeltern oder Freunden – all das sind enorme Belastungen für alle, die mit Kindern leben.

Zugleich zeigt die Krise eindrucksvoll: Familien sind der Anker, der unsere Gesellschaft nach wie vor stabilisiert. Deshalb brauchen Familien dringend mehr politisches Gehör: für eine familiengerechte Arbeitswelt mit fairen und gleichen Löhnen für Frauen und Männer, für beste Kinderbetreuung, bezahlbaren Wohnraum und wirksame Hilfe, wenn es Probleme gibt.

Auch jetzt in der Krise stimmen die Prioritäten wieder nicht: Viele Eltern und noch mehr Kinder würden sich freuen, wenn sich die Politik genauso viele kreative Gedanken über die Öffnung weiterer Schulen und Kitas machte wie über den Spielbetrieb des Milliardengeschäfts Bundesliga."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.05.2020

In der Corona-Pandemie wird deutlich wie nie, dass die Rechte von Kindern keine Priorität besitzen.

„Die Kinderrechte werden in der Pandemie zur Privatsache der Familien erklärt. Es bleibt den Eltern, vor allem den Müttern, überlassen, für die Gewährleistung etwa des Rechts auf Bildung zu sorgen. Ich bin überzeugt: Stünden die Kinderrechte schon heute im Grundgesetz, die Pandemiepläne hätten eine andere Prioritätensetzung – zugunsten der Kinder und ihren Familien. Nie wurde deutlicher, dass Kinderrechte Rechte gegen den Staat sind, nicht gegen die eigenen Eltern“, erklärt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers.

Kinder haben ein Recht auf Bildung, sie haben ein Recht auf Spielen und ein Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Diese Rechte spielen in der öffentlichen Debatte kaum eine Rolle.

„Lange Zeit gab es keinen Plan dafür, wie eine schrittweise Öffnung von Kitas und Schulen aussehen könnte. Stattdessen wurde viel Energie und Kreativität für die Entwicklung von Hygieneplänen für den Spielbetrieb der Fußballbundesliga aufgewendet. Erst nach heftigem Protest von Eltern und Kinderschutzorganisationen gibt es nun etwas Bewegung,“ so Heinz Hilgers weiter.

Die Große Koalition hatte sich im Koalitionsvertrag auf die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz verständigt. Sowohl Union als auch SPD hatten diese Forderung in ihren Wahlprogrammen formuliert. Die Parteien brechen damit nicht nur den Koalitionsvertrag, sondern auch ihre Wahlversprechen.

„Das ist ein enttäuschendes Signal an die Familien und Kinder in unserem Land“, ergänzt Hilgers.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverbande.V.(DKSB) vom 15.05.2020

Der 15. Mai ist der Internationale Tag der Familie.

Aus diesem Grund hat sich der Verband binationaler Familien und Partnerschaften in einem Offenen Brief an die Minister Maas und Seehofer gewandt.

Der Internationale Tag der Familie bekräftigt die Bedeutung von Familie auch und gerade in Krisenzeiten. Ihr gebührt Anerkennung und Zuspruch.

In diesem Offenen Brief wird auf die prekäre Lage binationaler Paare in der Corona-Zeit hingewiesen und um eine unbürokratische Erleichterung der Einreise der Partner*innen gebeten.

Offener Brief

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 15.05.2020

Im Corona-Jahr 2020 zeigen Familien täglich, was sie leisten. Sie synchronisieren die Erfordernisse von Beruf und Schule, Hobby und Alltag. Alles, was sonst wohlgeordnet nebeneinander funktioniert, wird nun von einer Einheit getragen und treuhänderisch weitergeführt. „Die Gesellschaft hat sich stillschweigend auf die Familien verlassen, wohl in der unerschütterlichen Annahme, dass sie verlässlich sind“, erklärt Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD).

„Wenn wir jetzt beginnen, unsere Gesellschaft wieder zu aktivieren, dürfen wir die Familien nicht bloß mitdenken, sondern alle Pläne müssen von der Familie ausgehen. Sie muss wieder ein relevanter Maßstab gesellschaftlichen Denkens werden“, so Müller. „Mütter und Väter haben ihre Qualitäten gezeigt und jetzt ist es eine Frage der Verantwortung und wirtschaftlichen Weitsicht, Müttern und Vätern auf dem Arbeitsmarkt mit Flexibilität, Kulanz und Wertschätzung entgegen zu kommen.“
Familie bedeutet auch Zusammenhalt über Generationen hinweg, Sorge und Fürsorge, geteilte Freude und schmerzliches Vermissen – besonders zwischen ganz Jungen und Älteren. Für Familien stellt sich deshalb gar nicht die Frage, ob sie eine Generation „unbequem“ finden. Sie würden sich nie in eine Konkurrenz von Jung und Alt treiben lassen, denn sie sind verbunden als Enkel, Töchter, Söhne, Väter, Mütter und Großeltern.

Die von manchem als „spießig und einengend“ beargwöhnte Familie zeigt sich als verlässliches Sprungtuch für so viele Menschen, die innerhalb kürzester Zeit aus beruflichen und sozialen Bezügen gerissen wurden. „Dass es die in Familien gelebten Softskills sind, die eine Gesellschaft in der Krise stabil halten, dürfte nun jedem klar geworden sein“, so Müller.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e. V. vom 15.05.2020

SCHWERPUNKT III: Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie/ Regenbogenfamilientag

Zum diesjährigen Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie am 17.05., kurz IDAHOT, werden die meisten geplanten Aktionen auf Grund der aktuellen Vorsichtsmaßnahmen nicht oder nur eingeschränkt stattfinden können. Umso wichtiger ist es daher aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt, an diesem Tag Solidarität mit allen Opfern von Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie zu zeigen.

In Deutschland identifizieren sich rund 7,5 % der Menschen ab 14 Jahren als LGBTI*. Nach wie vor erleben viele von ihnen ein diskriminierungsfreies und anerkennendes Umfeld eher im Freundeskreis sowie in Szene- und Gruppenzusammenhängen, statt in der Herkunftsfamilie.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Durch den fast kompletten Wegfall vieler sozialer Angebote auf Grund der aktuellen Kontaktbeschränkungen sind beispielsweise ältere allein lebende LGBTI* stärker isoliert. Auch für Jugendliche in ihrer Outing-Phase kann eine besondere Belastung entstehen, wenn sie sich nicht mit anderen austauschen können. Benachteiligte Gruppen, wie trans*- und inter Personen, die sowieso schon in höherem Maße sozialer Ablehnung ausgesetzt sind, könnten durch die weitere Abnahme sozialer Kontakte von zusätzlicher Einsamkeit und Isolation betroffen sein. Daher rufen wir dazu auf, Beratungsstellen und Begegnungsorte für LGBTI* bei den gegenwärtigen Diskussionen um Wiedereröffnungen nicht zu übersehen und die Bereitstellung ihrer wichtigen Angebote auch während der Corona-Krise weiterhin zu gewährleisten.“

Nach wie vor werden auch in Deutschland Menschen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität diskriminiert oder werden Opfer physischer oder psychischer Gewalt. So ist in den vergangenen Jahren nicht nur die Zahl direkter Angriffe auf Lesben, Schwulen, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen deutlich gestiegen. Ebenfalls häufen sich die Fälle bewusster Provokationen im öffentlichen Raum, unter anderem wird das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin regelmäßig beschmiert und beschädigt.

Brigitte Döcker: „Wir lassen es nicht zu, dass queere Menschen in Deutschland an vielen Orten weiterhin einem Klima der Angst und Ablehnung oder absichtlichen Anfeindungen ausgesetzt sind. Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich insbesondere in ihren Einrichtungen mit gezielten Projekten, Maßnahmen, Angeboten und Schulungen für eine Willkommenskultur der Vielfalt ein.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.05.2020

Am internationalen Tag gegen Homosexuellen-, Bisexuellen-, Inter- und Trans*feindlichkeit am 17. Mai 2020 mahnen weltweit Organisationen, Institutionen, Netzwerke und Initiativen der LSBTIQ*-Communities durch verschiedenste Aktionen, um darauf aufmerksam zu machen, dass Diskriminierungen, Gewalt und Ablehnung gegenüber Lesben, Schwulen, Trans*personen, Bisexuellen, Interpersonen und Queers beendet werden müssen.

Nach wie vor werden weltweit Menschenrechte verletzt, wenn Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität verfolg, eingesperrt und getötet werden. Auch in Deutschland werden jährlich viele LSBTIQ*-Menschen nach wie vor angepöbelt, geschlagen, gedemütigt. Ebenso strukturelle Benachteiligungen und das Ignorieren der Lebensrealitäten von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen und Trans*personen widerspricht den Grundrechten auf ein selbstbestimmtes Leben und Gleichstellung.

Constanze Körner, Leiterin und Projektkoordinatorin von Lesben Leben Familie (LesLeFam) e.V. sagt dazu:

„Gerade in diesen Zeiten der Kontakteinschränkungen und fehlender öffentlicher Bilder von Vielfalt müssen wir mit Kreativität und Stolz sichtbar und verbunden bleiben und solidarisch miteinander sein. Denn egal ob im Coming-out, wartend im Stiefkindadoptionsverfahren oder einsam zu Hause, wir müssen füreinander da sein, weiter für unsere Rechte kämpfen und sichtbare Zeichen für eine vielfältige Gesellschaft setzen.“

Hissen der Regenbogenfahne zum IDAHOBIT

Am Dienstag, den 12. Mai 2020 um 12 Uhr wird vor dem Rathaus Hellersdorf, Alice-Salomon-Platz 3, 12627 Berlin, die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf Dagmar Pohle zusammen mit der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirkes Maja Loeffler und Vertreter*innen von Lesben Leben Familie (LesLeFam) e.V. als Trägerin des neuen Projektes im Bezirk „Lesben* in Marzahn-Hellersdorf stärken!“ die Regenbogenfahne hissen.

Am Freitag, den 15. Mai 2020 um 12 Uhr wird vor dem Rathaus Lichtenberg, Möllendorfstr. 6, 10367 Berlin, der Bezirksbürgermeister von Lichtenberg Michael Grunst zusammen mit Vertreter*innen von Lesben Leben Familien (LesLeFam) e.V. als Trägerin verschiedener Projekte für Lesben*, Regenbogenfamilien und die queere Community im Bezirk die Regenbogenfahne hissen.

Bei beiden Fahnenhissungen werden die Kontakt- und Hygienevorschriften beachtet.

Informationen zum IDAHOT

Immer am 17. Mai wird seit 2005 der internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie (englisch: International Day Against Homophobia and Transphobia, IDAHOT, später IDAHOBIT) mit verschiedensten Aktionen weltweit begangen, um an den 17. Mai 1990 zu erinnern. An diesem Tag hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel der Krankheiten gestrichen. Für Transsexualität folgte die Streichung erst 2018.

Informationen zu Lesben Leben Familie (LesleFam) e.V.

Lesben Leben Familie (LesLeFam) e.V. wurde im Februar 2018 in Berlin gegründet und unterstützt lesbische* Frauen* und Regenbogenfamilien in unterschiedlichen Lebensmodellen und Lebenslagen und vertritt ihre Interessen in Gesellschaft und Politik. Durch Vernetzung, konkrete Maßnahmen und Angebote will LesLeFam die gesellschaftliche Sichtbarkeit und Akzeptanz von lesbischen* Frauen* und ihren Familien verbessern – über Generationen hinweg und unabhängig von Identitäts- und Lebensentwürfen sowie Familienformen.
Alle weiteren Informationen: www.leslefam.de

Quelle: PressemitteilungLesben Leben Familie (LesLeFam) e.V.vom 11.05.2020

Am 3. Mai 2020 begehen Regenbogenfamilien aus vielen Ländern und Städten auf der ganzen Welt den International Familiy Equality Day (IFED), um sich als Familien stolz zu zeigen und auf die Vielfalt von Familien hinzuweisen. Sie stehen zusammen für gleiche Rechte, mehr Teilhabe und Sichtbarkeit.

In diesem Jahr lautet das Motto des IFED „Family Diversity in Education“, um darauf aufmerksam zu machen, dass Kinder zum Beispiel in Kindertagesstätten und Schulen diese Familienvielfalt erleben und entdecken können und Regenbogenfamilien in Materialien, Büchern und Aufgabenstellungen berücksichtigt werden müssen.

Dazu sagt Constanze Körner, Leiterin von Lesben Leben Familie (LesLeFam) e.V.:

„Immer mehr Menschen, die sich der LSBTIQ*-Community zugehörig fühlen, gründen überall auf der Welt Familien. Doch längst werden sie nicht überall als gleichwertige Familien anerkannt. Auch in Deutschland haben Regenbogenfamilien noch immer nicht die Rechte, die sie brauchen, um von Anfang an als Familien abgesichert zu sein und diskriminierungsfrei zu leben. Diese Rechte fordern wir jeden Tag – nicht nur am IFED! Kinder mit zwei Müttern oder zwei Vätern kommen zudem nur selten in Kinderbüchern vor und in Schulbüchern fehlen sie ganz. Das muss sich ändern!“

Malaktion von Lesben Leben Familie e.V. zum IFED

Aufgrund der weltweiten Covid-19-Pandemie fallen zum IFED 2020 viele Aktionen von Organisationen und Gruppen für Regenbogenfamilien aus oder werden ins Internet verlegt. So hat LesLeFam alle Regenbogenfamilien aufgerufen an einer Malaktion teilzunehmen. Eltern, Kinder, Verwandte und Freund*innen sind eingeladen Bilder von ihrer Regenbogenfamilie zu gestalten und dem, was sie sich für die Zukunft wünschen.
Die Bilder können direkt an info@leslefam.de geschickt werden oder direkt am 3. Mai 2020 auf der Facebookseite Lesben Leben Familie hochgeladen werden.

Informationen zum International Family Equality Day (IFED)

Der International Family Equality Day (IFED) wurde zum ersten Mal im Jahr 2012 ausgerufen und immer auf den ersten Sonntag im Mai festgelegt. Die Tatsache, dass weltweit immer mehr Regenbogenfamilien geründet werden und sich Organisationen und Netzwerke für ihre Interessen einsetzen, hat dazu geführt, dass es den Wunsch nach einem Zusammenschluss gab, um die Anliegen und Sichtbarkeit von Regenbogenfamilien hervorzuheben.
Alle weiteren Informationen unter: https://internationalfamilyequalityday.org/

Quelle: PressemitteilungLesben Leben Familie (LesLeFam) e.V.vom 30.04.2020

Bundesregierung muss Nationalen Aktionsplan und LSBTI-Inklusionskonzept vorlegen

Am Sonntag, den 17.05. ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT). An diesem Tag erinnern Menschen weltweit an den 17. Mai 1990, der Tag, seit dem die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität nicht länger als Krankheit einstuft. Anlässlich des IDAHOBIT erklärt Alfonso Pantisano, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

In Polen rufen Städte LSBTI-freie Zonen aus. Ungarn möchte transgeschlechtlichen Personen faktisch die Existenz absprechen und in Uganda diskutiert die Regierung immer wieder über die Einführung der Todesstrafe für Homosexuelle. Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) wird weltweit die Existenz und das Recht auf ein offenes und selbstbestimmtes Leben verweigert. In vielen Ländern drohen ihnen Gefängnisstrafen, Folter und mitunter sogar die Todesstrafe. Ihr Recht auf persönliche Sicherheit, auf Privatsphäre, auf Meinungs-, Presse-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ist oftmals nicht einmal ansatzweise gewährleistet. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert einen glaubwürdigen und konsequenten Kampf gegen Kriminalisierung und Diskriminierung. Deutschland hat aus seiner Geschichte heraus eine besondere Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen an LSBTI entschieden entgegenzutreten.

Die Bundesregierung bekennt sich zur Achtung und Förderung der Menschenrechte und zum Kampf gegen die Diskriminierung von LSBTI. Den hehren Worten müssen noch stärker Taten folgen und das längst versprochene LSBTI-Inklusionskonzept für die Entwicklungszusammenarbeit und Auswärtigen Beziehungen verabschiedet werden. Viele mutige Aktivist*innen riskieren tagtäglich ihr Leben und ihre Sicherheit für die Anerkennung und den Schutz ihrer Communities. Sie brauchen Unterstützung.

Auch in Deutschland werden Grundrechte von LSBTI eingeschränkt oder nicht vollständig garantiert. Ohne Frage: In jahrzehntelangen Kämpfen wurden Fortschritte bei der rechtlichen Anerkennung und gesellschaftlichen Akzeptanz von LSBTI erkämpft und gewonnen. Aber: Gleichzeitig werden sie im Alltag auch heute noch benachteiligt, verleugnet, beleidigt oder angegriffen. Diese Fälle alltäglicher LSBTI-Feindlichkeit werden auch unterstützt durch gesellschaftliche Autoritäten und staatliche Politik. Daher fordert der LSVD einen wirksamen und auf die Zukunft gerichteten Nationalen Aktionsplan gegen LSBTI-Feindlichkeit. Das wäre ein staatliches Bekenntnis, dass LSBTI als gleichwertiger Teil zu Deutschland gehören und ein Recht darauf haben, angst- und diskriminierungsfrei zu leben.

#MutigGegenHass: Anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) am 17. Mai, ab 18:00 Uhr spricht LSVD-Bundesvorstand Alfonso Pantisano mit LSBTI-Aktivist*innen aus dem In- und Ausland. Die Konferenz streamen wir live auf unserer Facebook-Seite

Auf der LSVD-Homepage haben wir hier auch einen Überblick über Veranstaltungen der LSVD-Landesverbände zum IDAHOBIT2020 zusammengestellt.

Hintergrund

Nachhaltigen Schutz für die Menschenrechte von LSBTI umsetzen! Bundesregierung muss LSBTI-Inklusionskonzept in den internationalen Beziehungen endlich verabschieden

Menschenrechte schützen, Diskriminierungen beseitigen. Zivilgesellschaftliche Anforderungen an den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus, Homophobie und Transfeindlichkeit der Bundesregierung

Quelle: PressemitteilungLesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 15.05.2020

Verheiratete Zwei-Mütter-Familien sollten aus Anwendungsbereich des geplanten Adoptionshilfegesetzes ausgeklammert werden

Am Sonntag, den 03. Mai 2020, ist der Internationale Regenbogenfamilientag. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern. Eine dramatische Verschärfung der Situation durch das geplante Adoptionshilfegesetz muss zudem unbedingt verhindert werden.

Mit dem Adoptionshilfegesetz soll das Verfahren der Stiefkindadoption erschwert werden. Der LSVD hat den Familien- und den Rechtsausschuss des Bundestages gebeten, Zwei-Mütter-Familien vom Anwendungsbereich des Adoptionshilfegesetzes auszuklammern und einen konkreten Formulierungsvorschlag unterbreitet. Sie würden damit von der geplanten Beratungspflicht und Erfordernis einer fachlichen Äußerung ausgenommen.

Die Stiefkindadoption ist für Zwei-Mütter-Familien mangels Alternativen die einzige Möglichkeit, die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundene Absicherung zu erreichen. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen.

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung, Anpassungen des Abstammungsrechts versprochen. Vor knapp einem Jahr gab es aus dem Bundesjustizministerium einen ersten Diskussionsentwurf zum Abstammungsrecht. Doch bislang gibt es laut Bundesjustizministerium weder einen Zeitplan, noch hat sich Justizministerin Christine Lambrecht zu diesem Thema jemals geäußert. Die Zeit drängt aber.

53.000 Menschen fordern: Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien. Petition des LSVD gemeinsam mit allout.

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier "Regenbogenfamilien im Recht"

Stellungnahme des LSVD zum geplanten Adoptionspflegegesetz

Quelle: PressemitteilungLesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 02.05.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundeskabinett beschließt Stellungnahme der Bundesregierung zum Dritten Engagementbericht

Das Bundeskabinett hat sich heute mit dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorgelegten Dritten Engagementbericht befasst. Der Bericht besteht aus dem Gutachten einer unabhängigen Sachverständigenkommission und der Stellungnahme der Bundesregierung. Der Dritte Engagementbericht trägt den Titel „Zukunft Zivilgesellschaft: Junges Engagement im digitalen Zeitalter“. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich gesellschaftliche Teilhabe und freiwilliges Engagement durch die Digitalisierung verändern und welche Folgerungen sich daraus für die Engagementpolitik ergeben. Untersucht wurde, wie sich junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren auch digital freiwillig einbringen.

„Wie wertvoll und bereichernd digitales Engagement ist, sehen wir gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise“, betont Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey. „Digitale Möglichkeiten helfen dabei, dass sich – vor allem auch junge – Menschen trotzdem für andere und den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen können, indem sie zum Beispiel Nachbarschaftsinitiativen oder Einkaufshilfen digital organisieren oder aber Vereine verstärkt Online-Beratungen anbieten. Der Bericht zeigt, wie groß das Potential ist und dass es noch besser ausgeschöpft werden kann. Das digitale Engagement ersetzt die traditionellen Formen nicht, aber es kann sie wirksam ergänzen. Es geht deshalb auch darum, analoges und digitales Engagement besser miteinander zu verknüpfen. Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die wir in diesem Jahr gründen ist dafür wie geschaffen. Auch in Zukunft wird es auf das Engagement ankommen, denn es macht unsere Gesellschaft stärker und lebenswerter“, so Franziska Giffey.

Der Dritte Engagementbericht bildet den Auftakt einer Reihe von fünf Berichten, mit denen das BMFSFJ bis zum Ende der Legislaturperiode ein umfassendes Bild der Gesellschaft zeichnen wird: Im Sommer folgt der Altersbericht, im Herbst werden der Familienbericht und der Kinder- und Jugendbericht vorgestellt und im Frühjahr 2021 der Gleichstellungsbericht.

Der heute vorgelegte Engagementbericht macht deutlich, welche Rolle die Digitalisierung im Engagement junger Menschen einnimmt und analysiert neue Themen, Praktiken und Typen des Engagements, die durch die Digitalisierung entstehen. Formuliert werden zudem konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Zivilgesellschaft.

"Junge Menschen nutzen zunehmend digitale Medien für ihr Engagement, unabhängig davon, in welchen Organisationsformen sie sich einbringen. Viele junge Engagierte betrachten die Digitalisierung als eine gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe. Laut der Jugendbefragung des Dritten Engagementberichts verfolgen heute rund 30 Prozent der jungen Engagierten das Ziel, die digitale Welt zu einem besseren Ort zu machen,“ erklärt die Vorsitzende der Sachverständigenkommission, Prof. Dr. Jeanette Hofmann.

Der Dritte Engagementbericht bietet eine gute Wissensbasis zum Thema „Engagement und Digitalisierung“ sowie Anregungen für die Engagementpolitik.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt unter anderem:Bessere Verbindung etablierter und digitaler Engagementformen und Wertschätzung des (jungen) digitalen Engagements,Förderprogramme zur Entwicklung digitaler Beteiligungstools, damit Organisationen leichtere Einstiegswege für junge Menschen anbieten können,Vermeidung von neuen Bildungsunterschieden und Abbau bestehender Spaltungen,Verbindung von politischer Bildung mit Medienbildung und entsprechende Förderung der Akteure und Einrichtungen,Beratungs- und Vernetzungsangebote für Organisationen bei Digitalisierungsprozessen.

Das BMFSFJ wird die Empfehlungen der Sachverständigenkommission bei der Planung künftiger engagementpolitischer Maßnahmen mit bedenken.

Bereits jetzt fördert das BMFSFJ eine Reihe von Maßnahmen und Projekten, die sich mit der Digitalisierung befassen, z.B. das Programm „Zukunftssicherung der freien Wohlfahrtspflege – Digitalisierung“ und mehrere Modellprojekte mit digitalem Schwerpunkt im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ).

Zusätzlich wird sich die von der Bundesregierung dieses Jahr errichtete Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt dieses Themas annehmen. Neben eigenen Angeboten wie etwa der Beratung und Qualifizierung im Bereich der Digitalisierung für freiwillig Engagierte oder Unterstützung im Kontext der Digitalisierung von Engagement-Organisationen kann die Stiftung Innovationen im Bereich des freiwilligen digitalen Engagements auch finanziell fördern.

Die Bundesregierung ist durch Bundestagsbeschluss vom 19. März 2009 aufgefordert, in jeder Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag einen wissenschaftlichen Bericht einer unabhängigen Sachverständigenkommission mit Stellungnahme der Bundesregierung vorzulegen, der auf einen Schwerpunkt konzentriert die Entwicklung des Engagements in Deutschland darstellt.

Mitglieder der Sachverständigenkommission Dritter Engagementbericht sind:Prof. Dr. Jeanette Hofmann (Vorsitzende), Leiterin der Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsdirektorin am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft und Professorin für Internetpolitik an der Freien Universität BerlinProf. Dr. Christoph Bieber, Universität Duisburg-EssenJun.-Prof. Dr. Sascha Dickel, Johannes Gutenberg-Universität MainzProf. Dr. Martin Emmer, Freie Universität BerlinProf. Dr. Cathleen Grunert, FernUniversität in HagenProf. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft KölnProf. Dr. Gesche Joost, Universität der Künste BerlinProf. Dr. Heinz Reinders, Julius-Maximilians-Universität WürzburgProf. Dr. Wibke Riekmann, MSH Medical School Hamburg

Der Dritte Engagementbericht inklusive der Stellungnahme der Bundesregierung ist dem Deutschen Bundestag zugeleitet worden. Interessierten steht eine Kurzfassung des Berichts auf der Internetseite des BMFSFJ zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.05.2020

Die Sendung „Männerwelten“ setzt ein Ausrufezeichen hinter die alltägliche und dadurch umso erschütternde Situation vieler Frauen in unserem Land. Sexueller Missbrauch, Beleidigungen und Gewalt sind kein Randproblem, sondern tief in unserer Gesellschaft verankert. Dem stellen wir uns mit aller Kraft entgegen.

„Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf haben die mediale Reichweite ihrer Sendung genutzt, um sexistische Belästigung und sexuelle Gewalt schonungslos zu thematisieren. Wer schon einmal Opfer von Gewalt oder Beleidigungen geworden ist, kann nachempfinden wie schwer es ist, diese Erfahrungen öffentlich anzusprechen. Gerade deshalb möchten wir Frauen weiter Mut machen, sich zu wehren und unterstützen sie mit der Stärkung ihrer Rechte. So gilt unter anderem seit 2016 der Grundsatz ‚Nein heißt Nein‘.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns für die Gleichstellung der Geschlechter ein. Grundvoraussetzung dafür ist ein Zusammenleben ohne Angst und Gewalt. Deshalb gilt: Null Toleranz gegenüber Sexismus und physischen und psychische Angriffen.

Am 25. November vergangenen Jahres – dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Kampagne www.staerker-als-gewalt.de ins Leben gerufen. Die Seite soll Opfern und Dritten erleichtern, Gewalt zu erkennen, gegebenenfalls einzuschreiten und Hilfe zu finden. Darüber hinaus erreicht man unter der kostenlosen Telefonnummer 08000 116 016 das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Seit 2013 werden Frauen dort vertraulich und anonym in über 17 Sprachen beraten und weitervermittelt. Wir haben auch in dieser Legislaturperiode zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um Frauen und auch ihre Kinder zu schützen. Aktuell machen wir mit der Initiative ‚Zuhause nicht sicher?‘ Opfer von Gewalt niedrigschwellig auf das Hilfsangebot des Bundes aufmerksam. Bereits vergangene Woche haben wir das sogenannte ‚Upskirting‘, die unbefugte Bildaufnahme des Intimbereichs, endlich unter Strafe gestellt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 15.05.2020

Zu den Ergebnissen der zweiten Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zur Lage von LGBTI in Europa erklären SvenLehmann und UlleSchauws, Sprecher und Sprecherin für Queerpolitik:

Die Ergebnisse der aktuellen Studie sind mehr als alarmierend. In Europa, aber auch hier in Deutschland. Die Diskriminierung im Alltag besteht fort – am Arbeitsplatz und in der Schule; in Cafés, Restaurants, Bars und Diskotheken; bei der Wohnungssuche; beim Zugang zu Gesundheits- oder Sozialdienstleistungen; und in Geschäften. Die Folge davon: Über 40 Prozent der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen (LGBTI) in Deutschland leben ihre sexuelle Orientierung aus Angst vor Diskriminierung nicht offen aus, für Europa insgesamt sehen die Umfragewerte noch schlechter aus.

Versteckt zu leben bringt eine ständige psychische Anspannung mit sich, kann zu Depressionen führen und macht krank. Das Ringen um Akzeptanz in der Familie, am Arbeitsplatz, im Sportverein kostet Kraft.

Auch der heute von der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) veröffentlichte Rainbow Index zeigt den politischen Handlungsbedarf auf: Laut dem Index der Rainbow Map erfüllt Deutschland aktuell 51 Prozent der von ILGA aufgestellten Kriterien für eine komplette Gleichstellung von LSBTI+ Personen.Die Ergebnisse der FRA zeigen auch, dass LGBTI-Personen in der gesamten EU – und darüber hinaus – glauben, dass Recht und Politik sowie das Verhalten von Politikern, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, von Führern der Gemeinschaft und der Zivilgesellschaft ihr Leben stark beeinflussen.

Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen und deutlich stärker als bisher gegen Diskriminierung vorgehen. Nicht nur mit Lippenbekenntnissen am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) oder auf den CSD-Bühnen. Wir haben immer wieder einen bundesweiten Aktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt gefordert.

Wir werden mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft weiterhin dafür kämpfen. Denn unsere Gesellschaft braucht eine politische Antwort auf anhaltende LSBTI-Feindlichkeit, auf den zunehmenden Hass und die Hetze – im Netz und auf der Straße – auf die Worte, aus denen immer wieder auch Taten folgen. Nicht nur sicherheitspolitisch und strafrechtlich, sondern gerade im Bereich Prävention und Demokratieförderung.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.05.2020

Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (19/19082) zur Ermittlung der Regelbedarfe im Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, ob sie die Einsetzung einer Sachverständigenkommission zur Regelbedarfsermittlung plant, bestehend aus Wissenschaftlern, Vertretern von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie Gewerkschaften und Betroffenenorganisationen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.518 vom 19.05.2020

Männer haben ein erheblich höheres Vermögen als Frauen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/18921) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/18127) unter Verweis auf Berechnungen eines Wirtschaftsforschungsinstituts mitteilt, soll das durchschnittliche Nettogesamtvermögen von Männern im Jahr 2017 124.000 Euro betragen haben. Das Nettogesamtvermögen von Frauen habe bei 90.000 Euro gelegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.510 vom 18.05.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Familien in Deutschland sind von Armut bedroht. Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) legen dar, dass das selbst erwirtschaftete Einkommen durch Sozialabgaben bereits beim Durchschnittseinkommen nicht mehr zum Leben reicht.

Der Staat muss seinen Bürgern das nötige Mindesteinkommen zur Bestreitung ihrer Existenz belassen. Das wurde 1990 vom Bundesverfassungsgericht festgestellt. Mit dem Existenzminimum wird für jeden Menschen die gesellschaftliche Teilhabe gesichert. Einer Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 35.000 Euro fehlen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bereits 270 Euro pro Monat am Existenzminimum. Mit jedem zusätzlichen Kind vergrößert sich die finanzielle Lücke. „Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Lage für Familien 2020 erneut verschlechtert“, sagt DFV-Präsident Klaus Zeh. „Durch eine familienblinde Abgabenregelung verschärfen die Sozialabgaben das Armutsrisiko von Eltern und ihren Kindern.“

Die seit Jahren enorme finanzielle Belastung von Familien durch Sozialabgaben zeigen der DFV und der FDK im Horizontalen Vergleich. Ihre Berechnungen gehen vom jährlichen Durchschnittsentgelt in Deutschland aus. Zusätzlich untersucht der Horizontale Vergleich Jahreseinkommen von 30.000 und 50.000 Euro sowie die Entwicklung über mehrere Jahre. „Der Horizontale Vergleich deckt die dramatische Ungerechtigkeit bei Sozialabgaben auf, mit der Familien zu kämpfen haben. Die Sozialversicherung muss endlich sozial werden“, so Zeh.

DFV und FDK treten dafür ein, dass Familien in Abhängigkeit der Kinderanzahl bei den Beiträgen zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung entlastet werden. Wie beim Einkommensteuerrecht muss ein Kinderfreibetrag – in Höhe des steuerlichen Existenzminimums von Erwachsenen – bei den Sozialversicherungen eingeführt werden. „Der Kinderfreibetrag muss während der aktiven Familienphase greifen und ist auf die Dauer der Unterhaltspflicht für Kinder beschränkt“, sagt der DFV-Präsident. Dies stelle klar, dass der Kinderfreibetrag keine Belohnung für das Kinderhaben ist, sondern die wirtschaftliche Bedeutung der Kindererziehung für das gesamte System der Sozialversicherungen widerspiegelt.

Auf der Website des DFV ist der Horizontale Vergleich 2020 frei verfügbar.

DFV und FDK unterstützen Familien, die gegen familienblinde Sozialversicherungen den Rechtsweg beschritten haben. Hintergründe dazu liefert die gemeinsame Kampagnen-Webseite: www.elternklagen.de

Weiterführende Informationen

Verbändepositionierung zu den Beratungsergebnissen der Rentenkommission der Bundesregierung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 09.05.2020

Heute begrüßte der DGB-Bundesvorstand sein neues Mitglied, Anja Piel. Damit übernimmt Piel nach ihrer Wahl im März jetzt formal die Amtsgeschäfte für die Themen Arbeitsmarkt, Soziales, Recht sowie Antirassismus und Migration in der DGB-Spitze. Piel folgt auf Annelie Buntenbach, die 14 Jahre lang Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstands gewesen ist und das Amt aus Altersgründen niedergelegt hat. Vor ihrem Wechsel zum DGB war Piel Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im niedersächsischen Landtag. Zu ihrem Dienstantritt sagte sie am Dienstag in Berlin:

„Die Welt nach der Corona-Pandemie wird eine andere sein als bisher. Die Krise hat Wirtschaft und Arbeitsmarkt unter enormen Druck gesetzt. Wir müssen uns daher darauf vorbereiten, im Herbst zahlreiche harte Debatten über soziale Fragen zu führen. Dabei ist klar: Das gegebene Versprechen solidarischen Handelns müssen wir einlösen – denn die Krise wird mit den ersten Lockerungen der Verhaltensregeln nicht vorbei sein.

Obwohl sich die Bundesregierung nach viel zu langem Zögern dazu durchgerungen hat, das Kurzarbeitergeld zu erhöhen, bleiben soziale Verwerfungen. Das gilt ganz besonders für die Familien, da muss noch etwas passieren. Gleichzeitig müssen wir die Weiterbildung ausbauen, damit sich die zu erwartende Arbeitslosigkeit nicht verfestigt. Mit einem breiten Investitionsprogramm für die öffentliche Infrastruktur müssen wir die Konjunktur stützen, denn der Umbau unserer Wirtschaft für eine sozial-ökologische Zukunft wartet nicht.

Die Krise hat nicht nur gezeigt, wie wichtig unsere sozialen Sicherungssysteme sind. Sie hat auch deutlich gemacht, wer in diesem Land unverzichtbare Arbeit leistet. All den Pflegerinnen, den Müllwerkern, Reinigungskräften, Paketboten und LKW-Fahrern sind wir endlich mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen schuldig. Dazu gehört zuallererst, dass die verkürzten Ruhe- und die verlängerten Arbeitszeiten in diesen Bereichen schnell wieder rückgängig gemacht werden.“

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann begrüßte Anja Piel herzlich: „Es ist keine einfache Zeit, in der Anja Piel ihr Amt im DGB antritt. Aber in den kommenden Wochen und Monaten kommt es auf die Gewerkschaften an. Wir werden uns im Epizentrum dieses Bebens stark machen für Solidarität und Gerechtigkeit. Wir werden ein Auge darauf haben, dass die Kosten und Lasten der Krise gerecht verteilt werden. Deshalb freuen wir uns sehr, mit Anja Piel einer versierte Sozialpolitikerin für den geschäftsführenden Bundesvorstand gewonnen zu haben. Unser besonderer Dank und unsere große Anerkennung gilt Annelie Buntenbach und ihrer hervorragenden langjährigen Arbeit – für die sozialen Fragen, für die Beschäftigten und für den DGB.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 05.05.2020

"Mehr als 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts und angesichts des fehlenden politischen Willens zu vieler Parteien, ausreichende Chancen für Teilhabe von Frauen an politischen Ämtern zu ermöglichen, war die Entscheidung des demokratischen Gesetzgebers für ein Thüringer Paritätsgesetz ein immens wichtiger Schritt. Das Ziel war und ist, die gleichberechtigte politische Teilhabe von Frauen und Männern voran zu bringen. Dem Thüringer Verfassungsgerichtshof kommt die wichtige Aufgabe zu, die Entscheidung des demokratisch-legitimierten Gesetzgebers gegen den Angriff der AfD zu verteidigen und das Frauenfördergebot des Art. 3 Abs. 2 GG geschichtsbewusst zu interpretieren.", kommentiert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig die anstehende mündliche Verhandlung vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof.

Durch eine Änderung des Thüringer Wahlgesetzes war (mit Wirkung ab 2020) die Anforderung eingeführt worden, die Landeslisten für die Wahlen zum Thüringer Landtag abwechselnd mit Frauen und Männern zu besetzen. Hiergegen hat die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag ein Normenkontrollverfahren vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof beantragt. Am 13. Mai 2020 wird hierüber mündlich verhandelt.

"Der Landesgesetzgeber hat zu Recht Handlungsbedarf gesehen.", so Wersig. Der djb hat in mehreren Veröffentlichungen die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen von Paritätsgesetzen beleuchtet und setzt sich seit Jahren für wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung von Parität in den Parlamenten ein.

In Thüringen – wie in anderen Ländern – geht es darum, die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Politik endlich auch bei der Listenaufstellung zu den Landtagswahlen umzusetzen. Die Notwendigkeit des neuen Thüringer Wahlrechts hat die letzte Landtagswahl auf der Grundlage des früheren Rechtszustandes gezeigt: Von den 90 Abgeordneten im Thüringer Landtag sind nur noch 28 Frauen. Dies entspricht einem Anteil von nur 31 Prozent der Abgeordneten. Wersig: "Eine Aufhebung des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof wäre ein großer Rückschritt. Und zugleich ein trauriges Signal in Hinblick auf das bemerkenswerte Engagement vieler Parlamentarierinnen und den entsprechenden Teilen der Zivilgesellschaft im gesamten Bundesgebiet. In mehr als 100 Staaten dieser Welt gibt es frauenfördernde Quoten im Wahlrecht. Thüringen hätte die Chance, die Geschichte in diesem Sinne fortzuschreiben."

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 12.05.2020

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) weist anlässlich der derzeitigen Koalitionsverhandlungen in Hamburg auf den dringenden Reformbedarf des Gleichstellungsrechts hin. Das Hamburgische Gremienbesetzungsgesetz und das Gleichstellungsgesetz leiden unter einem grundlegenden Konstruktionsfehler. Die Regelungen sehen bei Stellenbesetzungen (im Falle des Leistungspatts) sowie bei der Zusammensetzung von Gremien eine vorrangige Berücksichtigung des jeweils unterrepräsentierten Geschlechts vor. Dies führt in der Praxis auch zu Männerquoten und Männerbevorzugungsklauseln, die sich z.B. in den Stellenausschreibungen der Justiz finden. Die Männerquote steht nicht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG. Danach ist es im Grundsatz verboten, Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen von dem Geschlecht der Bewerber*innen abhängig zu machen.

"Förderquoten zugunsten von Frauen können zur Verwirklichung des Gleichberechtigungsgebots aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG zulässig sein, Männerquoten hingegen nicht", erklärt die Vorsitzende des djb-Landesverbandes Hamburg Dana-Sophia Valentiner. "Soweit im Falle eines Leistungspatts Frauen bevorzugt berücksichtigt werden, entspricht dies dem staatlichen Auftrag aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken."

Fördermaßnahmen zum Ausgleich einer bloßen Unterrepräsentanz, die nicht aus struktureller Benachteiligung resultiert, sind aber von Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG nicht gedeckt.

Auch bei der Einteilung der Ressorts und der Aufgabenverteilung besteht Nachholbedarf, um die Gleichstellung in Hamburg zu stärken. Die Zuständigkeit für das Gleichstellungsrecht liegt seit der letzten Legislaturperiode in der Freien und Hansestadt nicht mehr im Ressort Gleichstellung, sondern bei dem Personalamt. Diese eigentümliche Stellung steht der Fortentwicklung der Gleichstellungsgesetze entgegen. Der djb fordert daher, diese Hamburgensie aufzugeben und die Kompetenz für das Gleichstellungsrecht wieder im Gleichstellungsressort zu verankern. Um die Strategie des Gender Mainstreaming erfolgreich zu implementieren, ist es zudem erforderlich, Gleichstellung nicht nur in einem eigenen Ressort, sondern als Querschnittsthema auch in allen Fachressorts zu berücksichtigen. Dies kann durch die Einsetzung von Spiegelreferaten in den Fachressorts sichergestellt werden.

"Die Parteien haben jetzt in den Koalitionsgesprächen die Möglichkeit, die Grundlagen für eine erfolgreiche Gleichstellungspolitik in den nächsten Jahren zu schaffen", so Dana-Sophia Valentiner. "Auch in Krisenzeiten ist die Gleichberechtigung der Geschlechter kein Luxus, sondern gerade für ein Bundesland wie Hamburg, das sich in seiner Verfassung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gleichberechtigung in der Demokratie verpflichtet, besonders bedeutsam."

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 05.05.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über die Qualität der familiengerichtlichen Verfahren und Fortbildung der Familienrichterinnen und -richter eine Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Justizverfahren an. Dazu gehört aus Sicht der Kinderrechtsorganisation eine bundesweite Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben. Bisher gibt es eine Fortbildungspflicht lediglich in vier Bundesländern (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und seit Kurzem Hamburg). Gerade das Kinderrecht auf Beteiligung durch kindgerechte Anhörungen sowie Berücksichtigung der Kindesinteressen kommt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes in vielen Verfahren viel zu kurz. Hier braucht es kompetente Familienrichterinnen und -richter, um ein Verständnis für die Wichtigkeit der Kinderrechte im Verfahren zu stärken.

"Die Anhörung von Kindern vor Gericht muss vor allem kindgerecht sein. Dafür brauchen Familienrichterinnen und -richter Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit und Respekt den Kindern gegenüber, oder auch einen Blick auf eine Zeiteinteilung in Verfahren adäquat für das Alter des Kindes. Richterinnen und Richter müssen in der Lage sein, einen altersgerechten Einstieg in das Gespräch zu finden und eine Vertrauensbasis mit dem Kind aufzubauen. Auch der richtige Abschluss des Verfahrens ist enorm wichtig. Es muss sichergestellt sein, dass dem Kind die Entscheidung kindgerecht erklärt wird. Deshalb sollten das Familienrecht und die Kinderrechte viel stärker bereits in der juristischen Ausbildung eine Rolle spielen, und das Recht und die Pflicht zu Fortbildungen für alle Familienrichterinnen und -richter gesetzlich verankert werden", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Richterinnen und Richter müssen auch in der Lage sein, mit involvierten Akteuren anderer Fachrichtungen wie Jugendämtern, Verfahrensbeiständen und Sachverständigen zusammenzuarbeiten, um das Kindeswohl zu ermitteln und die Aussagen des Kindes richtig zu bewerten. Hierzu braucht es beispielsweise Kenntnisse zur Entwicklungspsychologie. Psychiatrische und medizinische Grundkenntnisse sind ebenfalls wünschenswert. Dies ist erforderlich, um Verhaltensweisen des Kindes richtig deuten und beispielsweise durch Sachverständige festgestellte Verletzungen eines Kindes richtig einordnen zu können", so Lütkes weiter.

Neben den familiengerichtlichen Verfahren sollte aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch das Kindeswohl in Strafverfahren stärker in den Blick genommen werden. Dafür sollte ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen. Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen in Ermittlungsverfahren mit ersetzender Wirkung für das Hauptverfahren zum bundesdeutschen Standard werden, damit Kinder nicht öfter als nötig zu traumatischen Erlebnissen befragt werden müssen.

Neben der bundesweiten Verpflichtung zur und Ermöglichung von Fortbildungen für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Schwerpunktgerichte für Jugendschutzverfahren bei der Strafjustiz zu schaffen. Denn bei mehr als 750 Amts- und Landgerichten kann nicht jede Richterin oder jeder Richter in allen Spezialgebieten zu Hause sein. Durch die Spezialisierung bestimmter Gerichte muss nicht jedes einzelne Amts- und Landgericht die Ressourcen für die Videovernehmung und die Schulungen der Richterinnen und Richter zur Vernehmung von Kindern aufbringen. Daher wäre es ratsam, diese Verfahren über Gerichtsbezirksgrenzen hinweg zu konzentrieren – wie man es aus dem Wirtschaftsstrafrecht oder bei Staatsschutzsachen kennt.

Weitergehende Informationen zum Thema "Kindgerechte Justiz" können unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/kindgerechte-justiz/ heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.05.2020

Heute startet die Anmeldephase für die Aktionstage "Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten", die im September bundesweit stattfinden. VCD und Deutsches Kinderhilfswerk wollen gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) Kinder ermutigen, zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller zur Grundschule oder in die Kita zu kommen.

Nachdem wegen der Corona-Krise bundesweit sämtliche Bildungseinrichtungen wochenlang schließen mussten, läuft der Schul- und Kitabetrieb nun schrittweise wieder an. In dem Papier, das die Kultusministerkonferenz als Rahmenbeschluss für die Schulöffnungen verabschiedet hat, wird explizit empfohlen, "nach Möglichkeit verstärkt zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren." Die Mobilität zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller ist daher unbedingt zu fördern.

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der ökologische Verkehrsclub VCD rufen gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) Grundschulen und Kitas in ganz Deutschland auf, sich zu den Aktionstagen "Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten" anzumelden. Los geht es dann im Herbst. Vom 21. September bis 2. Oktober können Kinder zwei Wochen ausprobieren wie es ist, selbstständig zur Schule oder in die Kita zu kommen: egal ob zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Roller.

Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende: "Gerade Corona hat uns die Wichtigkeit einer krisenfesten Mobilität vor Augen geführt. Das empfohlene Verkehrsmittel erster Wahl: das Fahrrad oder die eigenen Füße. Aber auch unabhängig von der Krise hat diese Art der Fortbewegung viele Vorteile: Besonders für Kinder ist Bewegung an der frischen Luft gesund, außerdem lernen sie, sich gut und sicher im Verkehr zu bewegen und tun der Umwelt etwas Gutes."

Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes: "Die Aktionstage bieten Kindern die Chance, die vielen positiven Effekte zu entdecken, die es mit sich bringt, wenn sie den Schulweg eigenständig bewerkstelligen. Die Bewegung tut ihrer Gesundheit gut, außerdem können sie gemeinsam mit Mitschülerinnen und Mitschülern, mit Freundinnen und Freunden zur Schule oder Kita gehen. Das macht Spaß und nebenbei gewinnen sie langfristig Sicherheit im Straßenverkehr."

Udo Beckmann, VBE-Bundesvorsitzender: "Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher und die Schulleitungen können im Rahmen der Aktionstage gemeinsam mit den Eltern und Schülerinnen und Schülern erproben, welche Auswirkungen es hat, wenn die Kinder selbstständig zu Fuß, mit dem Roller oder dem Rad zur Schule kommen. Gleich morgens körperlich aktiv zu sein, hilft ihnen dabei, im Unterricht konzentriert zu bleiben, sie werden ausgeglichener und aufnahmefähiger. Außerdem können so gefährliche Situationen, die immer wieder durch das Bringen der Kinder mit dem Auto entstehen, vermieden werden."

Im Rahmen der Aktionstage "Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten" vom 21. September bis 2. Oktober 2020 können Kinder mit ihren Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern eigene Projekte rund um das Thema zu Fuß zur Schule und zur Kita entwickeln. Die Aktionstage richten sich gezielt an Grundschulen und Kindertageseinrichtungen. Viele Materialien wie kostenlose Aktionsposter, Infoflyer und Projektideen gibt es unter: www.zu-fuss-zur-schule.de.

Quelle: Pressemitteilungökologischer Verkehrsclub VCD, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.und Verband Bildung und Erziehung (VBE)vom 18.05.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 27.Mai 2020

Veranstalter: DIE LINKE.im Bundestag und im Abgeordnetenhaus von Berlin

Die Linksfraktionen im Bundestag und im Abgeordnetenhaus von Berlin laden Sie und Euchherzlich zum Queer-Livestream aus dem Berliner aquarium (Südblock) ein.

Vor Ort muss in diesem Jahr leider auf Publikum verzichtet werden, Ihr könnt Euch aber online an der Diskussion beteiligen.

Doris Achelwilm und Carsten Schatz

https://www.facebook.com/events/694928311309020

Termin: 28.Mai 2020 / 18.00 – 19.30 Uhr

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Corona-Krise betrifft uns alle, wenn auch nicht alle in gleichem Ausmaß. Die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie werden uns nach Beendigung der Krise begleiten und auch lange nachwirken. Viele Menschen sind unsicher und möchten stetig transparente Informationen über die Entwicklungen in der Krise und über Möglichkeiten der Bewältigung. Die aktuelle Situation bietet aber auch Chancen, vorhandene Missstände in unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Wir wollen online mit Expert_innen den folgenden Fragen nachgehen: Wie sind die Bundesregierung und die Länder mit ihren Kommunen auf die Krise vorbereitet? Welche Weichen müssen in gesundheitlichen und sozialen Bereichen gestellt werden, um besser auf künftige Krisen vorbereitet zu sein? Welche Lehren können Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus der Krise ziehen?

Sie sind herzlich eingeladen, sich an der Debatte zu beteiligen.Bitte melden Sie sich bis zum 27.05. an. Am Morgen des 28.05. erhalten Sie den Link, um sich ins zoom-Meeting einzuloggen.

Hier geht es direkt zur Anmeldung
Hier geht es zum Einladungsflyer

Bedingt durch die aktuellen Corona-Beschränkungen haben wir uns mit Bedauern entschieden, die Bundeskonferenz Forum Familienbildung am 8./9. Juni 2020 in Magdeburg abzusagen.

In der Hoffnung, dass sich im kommenden Jahr die Situation entspannt haben wird und Tagungen wieder möglich sein werden, möchten wir den Fachtag „Familienbildung für ALLE?! Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ mit leicht verändertem Programm auf den 14./15. Juni 2021 verschieben. Bitte merken Sie sich dieses Datum bereits jetzt vor.

Ausschließlich für die Mitgliedseinrichtungen des Forums Familienbildung werden wir am 8. und am 9. Juni 2020 zwei unterschiedliche Veranstaltungsformate online anbieten. Insbesondere am 9. Juni werden wir als Alternative zur Mitgliederversammlung die Möglichkeit bieten, sich zur gegenwärtigen Situation in einer Videokonferenz auszutauschen. Am 8. Juni wird es ein Fortbildungsangebot für die Fachkräfte in den Mitgliedseinrichtungen geben.

Nähere Informationen folgen für die Mitglieder des Forums Familienbildung in den nächsten Tagen.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis und freuen uns, Sie im kommenden Jahr zur Fachtagung in Magdeburg begrüßen zu dürfen.

VERSCHIEBUNG des Bundesfachkongresses 2020 „Kita im System der Kinder- und Jugendhilfe – eine kritische Standortbestimmung" im Tagungszentrum des ZDF in Mainz

nach sehr sorgfältiger Abwägung aller möglichen und letztlich nicht vorhersehbaren Entwicklungen in diesen herausfordernden Zeiten der Corona-Epidemie haben der PestalozziFröbel-Verband e.V., der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. und das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz beschlossen, den für den 25./26. September 2020 geplanten

Bundesfachkongress

„Kita im System der Kinder- und Jugendhilfe – eine kritische Standortbestimmung"

auf den

24./25. September 2021

zu verschieben.

Der Tagungsort konnte bereits gesichert werden und wir gehen heute davon aus, das Programm unter Berücksichtigung der dann aktuellen Situation im nächsten Jahr durchführen zu können.

Das Thema des Bundesfachkongresses büßt durch die Verschiebung unserer Ansicht nach nicht an Aktualität ein. Im Gegenteil – z. B. die Befassung mit den Ergebnissen der Reichsschulkonferenz 1920, dieser wegweisenden historischen Situation, an die wir mit dem Bundesfachkongress inhaltlich anknüpfen, bleibt auch im Jahr 2021 relevant.  

Auch im nächsten Jahr soll nach der gemeinsamen Vergewisserung mit Ihnen aus historischer, gesellschaftlicher, rechtlich-struktureller und fachlicher Perspektive am zweiten Tag der Blick in die Zukunft gerichtet werden.  

Die aktuelle Situation zeigt mit großer Wucht und Deutlichkeit die herausragende Bedeutung des Systems der öffentlichen Erziehung, Bildung und Betreuung. Gleichzeitig zeichnen sich diverse Entwicklungenab, die 2021 in den Blick zu nehmen sind. Dies gilt nicht nur für die Kindertageseinrichtungen, sondern auch für das gesamte System, in das sie eingebettet sind. Dies wollen wir gemeinsam mit Ihnen tun!

Wir würden uns freuen, Sie alle am 24./25. September 2021 zum Bundesfachkongress„Kita im System der Kinder- und Jugendhilfe – eine kritische Standortbestimmung" in Mainz begrüßen zu dürfen.

Bitte notieren Sie sich den Termin für den Bundesfachkongress schon heute in Ihrem Kalender.

AUS DEM ZFF

Das ZFF unterstützt zusammen mit zahlreichen Privatpersonen, Organisationen, Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen das EQUAL CARE Manifest, das gestern veröffentlicht wurde. Care-Arbeit istfundamental für unsere Gesellschaft und gemeinsam setzen wir uns für eine „faire Verteilung von Sorgearbeit, Einkommen und Vermögen und entsprechende Rahmenbedingungen“ ein.

https://equalcareday.de/manifest/

Im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) wollen Bund und Länder die Vereinfachung der Antrags- und Bearbeitungsprozesse von Familienleistungen durch die Nutzung des einwilligungsbasierten Datenaustausches schaffen. Es hat sich gezeigt, dass für eine weitere Verknüpfung und Digitalisierung von Familienleistungen die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden müssten. Der Referentenentwurf sieht deshalb vor, Rechtsgrundlagen zum Datenabruf zwischen Behörden im Bereich der Familienleistungen zu schaffen.

Die Stellungnahme des ZFF bezieht sich weniger auf die in dem Gesetzesentwurf intensiv diskutierten Fragen der Verwaltungsvereinfachung. Allerdings war es uns ein Anliegen v.a. auf zwei Punkte aufmerksam zu machen:

  • Nicht die Verwaltungsvereinfachung an sich sollte Ziel einer Digitalisierung von Leistungen sein, sondern die Erhöhung der Inanspruchnahme, die dadurch gelingen kann.
  • Neben Kindergeld und Elterngeld sollte auch der Kinderzuschlag in die Digitalisierungsverfahren stärker als bisher einbezogen werden.

Die Stellungnahme des ZFF finden Sie hier.

AKTUELLES

Der 15. Mai ist der Internationale Tag der Familie. Dazu passend hat der Berliner Beirat für Familienfragen heute den Familienbericht 2020 an die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres, stellvertretend für den Senat von Berlin übergeben. Im Mittelpunkt des mehr als 200 Seiten umfassenden Berichts steht die Frage, wie Familienleben in der wachsenden Stadt gelingen kann und welche Unterstützung Familien in Berlin benötigen.

Bei der Übergabe des Berichts, die aufgrund der Corona-Maßnahmen nur in einem kleineren Rahmen stattfinden konnte, dankte Senatorin Scheeres dem Beiratsvorsitzenden Karlheinz Nolte sowie allen 30 Mitgliedern des überparteilichen und unabhängigen Gremiums für ihre Arbeit. „Der Bericht stellt die Situation von Familien in Berlin sehr kenntnisreich dar und gibt dem Senat wertvolle Impulse, um Berlin weiter zu einer familiengerechten Metropole zu entwickeln“, so die Senatorin.

Senatorin Sandra Scheeres betonte weiter: „Der Familienbericht 2020 zeigt, dass Berlin für Familien sehr attraktiv ist. Viele junge Paare entscheiden sich bewusst für die Stadt und gründen hier eine Familie. Sie schätzen die Möglichkeiten zur Vereinbarung von Familie und Beruf, dass es in der fast jeder Nachbarschaft zahlreiche Angebote für sie gibt und dass sich das Familienleben individuell gestalten lässt. Es leben in Berlin aber auch viele Familien in schwierigen Lebenslagen, die wir stärken und in unserem politischen Handeln besonders im Blick haben müssen. Der rot-rot-grüne Berliner Senat steht für eine moderne, familienfreundliche und solidarische Politik. Der Mietendeckel, beitragsfreie Kitas, flächendeckende Ganztagsschulen und das kostenfreie Schulmittagessen sind hierfür konkrete Beispiele.“

Karlheinz Nolte, Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen, unterstrich: „Berlin wächst und wird als europäische Metropole immer vielfältiger. Die große Herausforderung besteht für den Senat und alle familienpolitischen Akteure darin, diesen Prozess weiter familienfreundlich zu gestalten. Das Zusammenleben und die Teilhabe von Kindern, Jugendlichen, Eltern und Großeltern muss immer wieder neu unterstützt werden. Der Familienbericht 2020 zeigt an vielen guten Beispielen auf, wo in gemeinsamer Anstrengung von Senatsverwaltungen, Bezirken und freien Trägern die Angebote für Familien ausgebaut und weiterentwickelt wurden. Er benennt aber auch die Themen, bei denen Familien sich wünschen, dass sie künftig noch stärker in den Fokus der politischen Entscheidungen rücken. Die Schaffung von familiengerechtem und bezahlbarem Wohnraum, verbunden mit dem Angebot an wohnortnaher Infrastruktur für Kinder und Familien steht bei den Wünschen ganz vorne an. Ebenso der Ausbau der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die in den zurückliegenden Jahren große Fortschritte gemacht hat, auch dank des Zusammenwirkens von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern.“

Der Berliner Familienbericht 2020 „Familien in der wachsenden, vielfältigen Stadt“ ist in fünf thematischen Kapitel gegliedert: die familienfreundliche Stadt, Infrastruktur für Familien, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familie und Bildung sowie Gesundheit und Pflege. Er enthält Daten, Analysen und Handlungsempfehlungen sowie Aussagen von Familien in Berlin. Jedes Kapitel schließt mit guten Beispielen aus der Praxis. Die Kernforderungen des Berichts sind die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Familien, der Ausbau der Infrastruktur für Familien, Chancengleichheit und Teilhabe stärken sowie die Familienpolitik noch stärker in den Blick zu nehmen.

Der Berliner Beirat für Familienfragen ist ein von der Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie berufenes, unabhängiges, ehrenamtliches, gesellschaftlich repräsentatives Gremium mit 30 Mitgliedern, das sich aus den verschiedenen Akteuren der Gesellschaft zusammensetzt. Der Familienbericht erscheint alle fünf Jahre.

Zahlreiche Anregungen aus dem vorherigen Bericht von 2015 wurden vom Senat umgesetzt. Dazu zählen unter anderem der Beschluss der gesamtstädtischen Strategie zur Armutsprävention, die digitale Kita-Suche, der erleichterte Zugang zu Leistungen, ein höheres Budget für die Jugendarbeit und die Etablierung von Babylotsen und Stadtteilmüttern.

Der komplette Familienbericht 2020 steht auf der Homepage des Berliner Beirats für Familienfragen www.familienbeirat-berlin.de zum Download zur Verfügung oder kann auch als kostenfreie Printversion zugesandt werden.

Wir freuen uns, Ihnen eine aktuelle Veröffentlichung aus unserem Projekt „Kinder als Akteure der Qualitätsentwicklung in KiTas“ vorstellen zu dürfen: den Methodenschatz „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“.

Die Perspektiven, Meinungen und Wünsche von Kindern werden bisher nicht selbstverständlich und nicht systematisch in die Qualitätsentwicklung von KiTas einbezogen. Kinder haben aber ein Recht darauf, dass ihren verschiedenen Ausdrucksformen aufmerksam Gehör geschenkt wird, dass ihre Erfahrungen und Perspektiven ernst genommen werden und ihnen die Möglichkeit geboten wird, an der Entwicklung von KiTa-Qualität mitzuwirken. Um dies zu unterstützen, wurden im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vom Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann im Projekt verschiedene Methoden entwickelt und erprobt, die Kindern vielfältige Möglichkeiten eröffnen, sich dazu zu äußern, was für sie eine „gute“ KiTa ausmacht.

Die Veröffentlichung besteht aus zwei Teilen: Der Methodenschatz I „Qualitätsdimensionen“ enthält Materialien zur Reflexion und Diskussion der Qualitätsdimensionen aus Kinderperspektive. Der Methodenschatz II umfasst die konkreten Methoden, um die Kinderperspektiven in der KiTa selbst zu erheben, auszuwerten, zu dokumentieren und im Qualitätsentwicklungsprozess der KiTa zu berücksichtigen. Die Praxismaterialien wurden gemeinsam mit Fachkräften im Rahmen der Weiterbildung „Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln: Fachkraft für Kinderperspektiven“ im pädagogischen Berufsfeld erprobt.

Der Methodenschatz kann von Pädagog*innen, KiTa-Leiter*innen, Fachberater*innen, Trägervertreter*innen im KiTa-Alltag genutzt werden, um die Perspektiven von Kindern kontinuierlich in Qualitätsentwicklungsprozesse einzubeziehen.

Weitere Informationen zur Bestellung des Methodenschatzes „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“ erhalten Sie unter den nachfolgenden Links:

Methodenschatz I „Qualitätsdimensionen“

Methodenschatz II „Erhebung, Auswertung und Dokumentation“

Kombipaket zum Sonderpreis: Methodenschatz I und II

Aufgrund der Corona-Krise kann aktuell der Großteil aller Pädagog*innen, KiTa-Leiter*innen, Fachberater*innen und Trägervertreter*innen nicht ihrem normalen beruflichen Alltag nachgehen. Um die Inhalte des Methodenschatzes für alle zeitnah nutzbar zu machen, erhalten sie mit dem Kauf des Methodenschatzes bis Ende Juni 2020 eine PDF-Version gratis dazu. Wir hoffen, dadurch vielen Pädagog*innen die Möglichkeit geben zu können, sich während der Zeit außerhalb der KiTa bei Interesse mit den Materialien vertraut machen zu können.

Darüber hinaus werden im Laufe dieses Jahres der Forschungsbericht zum Projekt und der Leitfaden zur Weiterbildung „Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln: Fachkraft für Kinderperspektiven“ veröffentlicht. Alle Informationen hierzu finden Sie unter: www.achtung-kinderperspektiven.de