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ZFF-Info 02/2025

AUS DEM ZFF

Am Mittwoch, den 29. Januar 2025, hat die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss zu ihrer Berichterstattung im Rahmen der Europäischen Garantie für Kinder gefasst. Damit liegt nun, ein dreiviertel Jahr nach der eigentlichen Deadline, der erste Bericht für die Umsetzung der Kindergarantie und des Nationale Aktionsplans „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ vor. (Siehe: https://dserver.bundestag.de/btd/20/148/2014800.pdf)

Die deutsche Gesamtberichterstattung besteht aus einem ausführlichen und interessanten Analyseteil, der durch das Deutsche Jugendinstitut erstellt wurde. Zudem enthält sie die am Mittwoch beschlossene Stellungnahme der Bundesregierung zu dem DJI-Bericht sowie weitere Stellungnahmen, insbesondere von den beteiligten Kindern und Jugendlichen sowie eine gemeinsame Stellungnahme der am Prozess beteiligten zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Die AGF war an der zivilgesellschaftlichen Stellungnahme intensiv beteiligt und unterstützt deren Inhalte. Die hier beigefügte AGF-Stellungnahme ist vor allem als Ergänzung der zivilgesellschaftlichen Stellungnahme zu verstehen, da sie nun nach deren Veröffentlichung auch auf die Ausführungen der Bundesregierung Bezug nimmt und nicht nur auf den DJI-Berichtsteil.

Die Familienorganisationen bedauern, dass die Bundesregierung die Gelegenheit des Fortschrittsberichts nicht genutzt hat, die bisherige Armutspolitik kritisch zu hinterfragen. Nötig wäre es, eine langfristig gedachte, strategische Neuausrichtung der Politik gegen Kinderarmut anzugehen. Auch fehlt es weiterhin an klaren, messbaren, mit zeitlichen Meilensteinen versehenen Zielen für die Umsetzung der EU Kindergarantie in Deutschland.

Die nächste Bundesregierung steht nun in der Verantwortung, entscheidende Weichen im Kampf gegen Kinderarmut zu stellen und in der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen föderalen Ebenen sowie Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Akteuren deutliche Schritte zur Erreichung der Ziele der Kindergarantie zu gehen.

Die AGF-Stellungnahme findet sich anbei sowie unter: https://ag-familie.de/files/250131_AGF_Stellungnahme_NAP-Bericht_2025.pdf.

In diesem Zusammenhang weisen wir auch gern darauf hin, dass wir für unser letztjähriges Europäisches Fachgespräch eine Dokumentation veröffentlicht haben. In Zusammenarbeit mit dem europäischen Zusammenschuss der Familienorganisationen COFACE Families Europe fand am 9. Oktober 2024 das Gespräch zum Thema “Rolle der kommunalen Ebene bei der Umsetzung der Europäischen Kindergarantie” in Berlin statt. Die Dokumentation liegt bei und kann unter https://ag-familie.de/de/doku_europfg_komm_armutspraevention_cg_okt24/ heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 05.02.2025

Mit einem gemeinsamen Aufruf kritisiert ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, dem Mieterbund, Pro Asyl und Erwerbslosen-Initiativen Forderungen nach sozialen Kürzungen und verurteilt die aktuelle Stimmungsmache gegenüber schutz- und hilfebedürftigen Menschen scharf.

„Gegen unzureichendes Erwerbseinkommen hilft keine Stimmungsmache gegen die Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen, sondern höhere Löhne und bessere Honorare“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf. Die Unterzeichner*innen warnen eindringlich davor, dass der Sozialstaat aktuell bedroht ist. Dieser sei jedoch ein wesentliches Fundament der Gesellschaft in Deutschland, den es gerade in Zeiten des Umbruchs, der Transformation und der Verunsicherung brauche.

„Wir stellen uns allen Forderungen entgegen, die den Sozialstaat in einem seiner Bestandteile beschädigen. Wir stehen gemeinsam gegen die Prekarisierung von Arbeit, den Abbau von Leistungen der Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung, gegen Leistungskürzungen bei den Ärmsten unserer Gesellschaft und gegen
Kürzungen bei den sozialen Dienstleistungen“, wird in dem Aufruf betont. Solidarität dürfe nicht vor den Wohlhabenden Halt machen. „Starke Schultern müssen stärker in die Verantwortung genommen werden. Haushaltskonsolidierung darf nicht zu Lasten des Sozialen gehen.“

Zu den zentralen sozialpolitischen Erwartungen an eine kommende Regierung zählt das Bündnis höhere Löhne mittels mehr tariflicher Bezahlung und einem deutlich höheren Mindestlohn, bessere Grundsicherungsleistungen, die Gewährleistung von sozialer und beruflicher Teilhabe, die Schaffung von ausreichendem und
bezahlbarem Wohnraum sowie  Sozialversicherungen, die insbesondere verlässlich gegen Altersarmut schützen.

Der Aufruf in voller Länge, Zitate aus den beteiligten Organisationen und Gruppen und Gruppen
sowie ein gemeinsames Video sind hier abrufbar: https://www.derparitaetische.de/alle-meldungen/aufruf-fuer-soziale-sicherheit/

Dem Bündnis gehören an:
AWO Bundesverband e.V., Caritas, Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband, SoVD, VdK, Volkssolidarität, DGB, ver.di, IG Metall, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Bündnis AufRecht bestehen, Arbeitslosenhilfe Oldenburg e.V., Tacheles e.V., Sanktionsfrei, Deutscher Mieterbund, Pro Asyl, Tafel Deutschland e.V., Zukunftsforum Familie e.V.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.01.2025

Am 23. Februar sind Bundestagswahlen. Bis dahin möchte das ZFF mit einer Kampagne Wähler*innen und Politiker*innen darauf hinweisen, wie dringend notwendig es ist, Kinder, Jugendliche und Familien wieder in den Mittelpunkt der politischen Agenda zu rücken und was eine gute Familien- Sozial- und Gleichstellungspolitik beinhaltet. Die Kampagne wird in den nächsten Wochen auf unseren Social-Media-Kanälen Instagram, Facebook, LinkedIn oder Bluesky laufen und umfasst die vier Themenbereiche Kinder- & Familienarmut, Vereinbarkeit & Zeitpolitik, Pflege in Familien sowie Gleichstellung & Vielfalt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „In weniger als vier Wochen ist es soweit: Wir sind dazu aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Gerade jetzt ist es wichtig, gemeinsam für eine offene und vielfältige Gesellschaft einzutreten, die die vielfältigen Bedarfe aller Familien in den Mittelpunkt stellt und sich entschieden gegen Rassismus, Intoleranz und Diskriminierung positioniert. Gute Politik für Familien kann ein Grundpfeiler sozialer Gerechtigkeit sein. Sie fördert wirtschaftliche Stabilität, sichert Fachkräfte und entlastet die Sozialsysteme. Eine zukunftsorientierte Politik für Familien muss wieder das Kernanliegen der politischen Agenda werden, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine starke Demokratie zu gewährleisten. Setzen Sie Ihr Kreuz richtig und machen sich somit für eine solidarische Familienpolitik stark.“

Die Wahlforderungen des Zukunftsforum Familie e. V., die wir an alle demokratischen Parteien verschickt haben, finden Sie hier: https://www.zukunftsforum-familie.de/wp-content/uploads/ZFF_unsere_Wahlforderungen.pdf

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 29.01.2025

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) begrüßt den Schattenbericht der nak. Der Bericht setzt ein klares Zeichen: Die Stimmen von Menschen mit Armutserfahrungen müssen gehört werden, ihre Erwartungen an die Politik sichtbar gemacht und die Gesellschaft umfassend über die Folgen von Armut aufgeklärt werden. Diese Initiative gewinnt vor allem an Bedeutung, da der offizielle Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode nicht mehr erscheinen wird.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) erklärt dazu: „Armut grenzt aus und macht krank! Armut betrifft das Leben von Millionen von Menschen und nimmt ihnen Zukunftschancen. Gerade vor dem Hintergrund des Rückbaus sozialstaatlicher Leistungen der letzten Jahre ist es wichtig, Hintergründe, Zahlen, Daten und Fakten zur Armutserfahrung zu kennen und die Stimme der Armutsbetroffenen zu hören. Nur so können wichtige Lösungsansätze erarbeitet und gute Sozialpolitik gestaltet werden, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen orientiert und Armut verhindert. Wenn die Bundesregierung es nicht schafft, diese Zahlen vorzulegen, dann muss es die Zivilgesellschaft tun! Das ZFF ist Teil der AWO-Delegation der nak und ruft Politik und Gesellschaft dazu auf, sich aktiv für die Bekämpfung von Armut einzusetzen. Es braucht eine Sozialpolitik, die niemanden zurücklässt und den Betroffenen Perspektiven bietet.“

Hintergrund: Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist ein Zusammenschluss von Organisationen, Verbänden und Initiativen zur Armutsbekämpfung. Gegründet wurde sie 1991 als deutsche Sektion des Europäischen Armutsnetzwerks (EAPN). In der nak engagieren sich Verbände und Menschen mit Armutserfahrung, die ihre Perspektiven und Lösungsansätze einbringen. Der Schattenbericht der nak wurde in einer gemeinsamen Schreibgruppe von Menschen mit Armutserfahrung und Aktiven aus Organisationen und Verbänden erarbeitet. Er bündelt die Sicht von Menschen mit Armutserfahrung auf dieses Thema und ihre Erfahrungen. Mit dem Schattenbericht liegt eine Darstellung vor, was Armut in Deutschland bedeutet und wie sie erlebt wird. Der Bericht möchte aufklären und erklären.

Weitere Informationen:

Zum Zukunftsforum Familie e. V.: www.zukunftsforum-familie.de

Zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Zur Nationalen Armutskonferenz (nak): www.nationale-armutskonferenz.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.01.2025

SCHWERPUNKT I: Für Menschlichkeit und Demokratie gegen Hass und Hetze

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert eine Rückkehr zu einer europarechts- und grundgesetzkonformen Migrationspolitik und beteiligt sich am gemeinsamen Appell von 145 Bundes- und Landesorganisationen zum heutigen 37. Parteitag der CDU. Angesichts der anstehenden Bundestagswahlen warnt die AWO eindringlich vor den Folgen populistischer Symbolpolitik für die gesamte Gesellschaft. Dazu erklärt AWO Präsident Michael Groß:

„In der vergangenen Woche wurde die Brandmauer gegen Rechts allein aus wahltaktischen Motiven niedergerissen. Wir sind noch immer entsetzt und fassungslos, dass eine der wichtigsten Übereinkünfte nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes für etwas so Kurzsichtiges wie die Hoffnung auf persönlichen politischen Vorteil aufgekündigt wurde. Es ist beschämend, wie sehr Teile der Politik sich von rechten Brandstiftern treiben lassen.

Wir erwarten von allen Politiker*innen der demokratischen Parteien, sich dem entgegenzustellen. Statt auf Abschreckung und Ausgrenzung zu setzen, sollte Deutschland als Vorbild für Humanität und Pragmatismus vorangehen. Eine humane Migrationspolitik und der Ausbau öffentlicher Daseinsvorsorge sind keine Gegensätze, sondern unverzichtbare Bausteine für eine gerechte und zukunftsfähige Gesellschaft. Wozu der verantwortungslose Gesetzentwurf von CDU und CSU geführt hätte, wenn am Freitag eine Mehrheit zustande gekommen wäre, haben wir aufgeschrieben. Unser Faktencheck zeigt: Der Entwurf hätte kein Problem gelöst, aber viel verschlechtert.”

Die Arbeiterwohlfahrt hat zur Bundestagswahl 15 Kernforderungen an die nächste Bundesregierung formuliert, darunter ein gerechtes Asyl- und Aufnahmesystem in Deutschland und Europa und Regelleistungen für Geflüchtete. Mehr dazu hier: awowaehltdemokratie.awo.org

Zum gemeinsamen Appell: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2025_02_Gemeinsamer-Appell-zum-CDU-Parteitag.pdf

Zum Faktencheck Zustrombegrenzungsgesetz: https://awo.org/pressemeldung/awo-fordert-gerechte-migrationspolitik/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.02.2025

Wir sind erschüttert über die schreckliche Tat von Aschaffenburg, den Anschlag in Magdeburg und all die anderen Angriffe auf unsere freie Gesellschaft in der jüngsten Vergangenheit. Wir alle wollen in einer Gesellschaft leben, in der wir uns ohne Angst vor Terrorakten oder Amokläufen frei bewegen können. Und wir wünschen uns eine Gesellschaft, die sich nicht durch Rassismus und Rechtsextremismus spalten lässt. Gerade deshalb kommt es jetzt darauf an, umsetzbare und rechtsstaatliche Antworten auf Bedrohungen der freiheitlich demokratischen Gesellschaft zu finden.

Das Aushebeln des Rechtsstaats per Federstrich, wie jetzt von manchen gefordert, ist mit uns nicht zu machen. Grundrechte und europäisches Recht lassen sich nicht per Dekret beseitigen. Die dauerhafte Schließung der Grenzen, die grundsätzliche Zurückweisung von Asylsuchenden und die unbegrenzte Inhaftierung von Menschen ohne gerichtlich geprüften Straftatbestand sind Rechtsbrüche – sowohl national wie europäisch.

Das Recht auf Asyl und der Schutz von Geflüchteten sind für uns als Gewerkschaften nach wie vor zentrale Inhalte unserer Verfassung und internationaler Konventionen. Wir stellen sie auch dann nicht zur Disposition, wenn sie von Einzelnen in schrecklicher Art und Weise missbraucht werden.

Die Unterstellung vom Staatsversagen ist verantwortungsloser Politikstil und unterstützt ein Zerrbild, das bisher nur die AfD verbreitet hat. Richtig ist aber: Unsere Behörden bei Polizei, Justiz und Ämtern, aber auch die zuständigen Stellen im Gesundheitssystem, im Bund wie in den Ländern, müssen personell und technisch so ausgestattet sein, dass sie angemessen und zeitnah Gefahren abwehren und schreckliche Taten aufklären können. Dafür braucht es entsprechende öffentliche Mittel. Nur darüber lassen sich die innere Sicherheit und ein friedliches Zusammenleben aller in diesem Land und in Europa auf Dauer garantieren.

Wer gegen Gewalttaten von traumatisierten und psychisch kranken Menschen wirklich etwas tun will, muss die psychologische Betreuung dieser Menschen egal welcher Nationalität nachhaltig verbessern und die staatlichen Stellen im Umgang mit ihnen stärken.

Wirkliche Lösungen in der Migrationsfrage gibt es nur auf europäischer Ebene und nicht mit nationalen Alleingängen – das gilt auch für die Grenzsicherung. EU-Freizügigkeit und ungehinderter Warenverkehr ebenso wie das individuelle Recht auf Asyl sind Errungenschaften, die nicht durch populistische Schnellschüsse aufs Spiel gesetzt werden dürfen.

Wer jetzt flächendeckende und dauerhafte Grenzkontrollen fordert, widerspricht geltendem Europarecht und muss sagen, wie das personell gestemmt werden soll. Allein hierfür bräuchte es 10.000 neue Stellen bei der Bundespolizei, oder sie werden an anderen Orten wie Flughäfen und Bahnhöfen abgezogen und stehen dort zur Gefahrenabwehr nicht mehr zur Verfügung. Darauf haben die Kolleg*innen von der Gewerkschaften der Polizei hingewiesen.

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die DGB-Gewerkschaften haben viele Mitglieder 
mit Migrationshintergrund, darunter auch viele Geflüchtete. Gemeinsam setzen wir uns 
Tag für Tag in den Betrieben, Dienststellen und Bildungseinrichtungen für gute 
Arbeitsbedingungen, Vielfalt und Demokratie ein.

WIR LASSEN UNS NICHT SPALTEN. WIR STEHEN ZUSAMMEN FÜR DEMOKRATIE!

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 31.01.2025

Der Bundestag hat heute das von der Unionsfraktion vorgeschlagene „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgelehnt und damit eine Verschärfung der Migrationspolitik verhindert.

Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie, kommentiert die Entscheidung: „Dies ist ein Sieg der Vernunft und ein klares Signal gegen einen Dammbruch. Es ist nicht akzeptabel, die Unterstützung von Parteien einzukalkulieren, die unsere demokratische Grundordnung und eine rechtsstaatlich basierte Migrationspolitik ablehnen. Die bestehenden gesellschaftlichen Herausforderungen müssen von demokratischen Kräften gelöst werden, nicht von Extremisten, die Vernunft und Menschenwürde missachten und die Gesellschaft spalten wollen.“ Schuch warnte vor einer Politik, die lediglich Ängste und Rassismus schürt, ohne die tatsächliche Sicherheit zu verbessern. 
 
„Wir müssen uns ernsthaft mit der Migrations- und Sicherheitspolitik auseinandersetzen und dabei auch die ganz unterschiedlichen Sorgen und Ängste in unserer Einwanderungsgesellschaft ernst nehmen. Dabei sind aber stets die unveräußerliche Menschenwürde, die Rechtsstaatlichkeit und die Vernunft als Leitprinzipien zu wahren.“ 
 
Schuch rief alle demokratischen Parteien auf, insbesondere im Hinblick auf mögliche Koalitionsverhandlungen nach dem 23. Februar ihre politische Glaubwürdigkeit und Dialogfähigkeit zu bewahren. „Es ist an der Zeit, dass sich die demokratischen Parteien und die Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam den Herausforderungen stellen. Die Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände stehen mit ihrer Erfahrung beratend zur Verfügung. Auch Sicherheitsbehörden, Wissenschaft und Praktiker vor Ort sollten in diesen Prozess einbezogen werden.“ 

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  
Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.01.2025

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert den am 29. Januar 2025 zur Abstimmung gestellten Antrag zur Migrationspolitik, der unter anderem die umfassende Zurückweisung von Asylsuchenden an deutschen Grenzen fordert. Erstmals seit dem Ende des Nationalsozialismus wurde im Deutschen Bundestag ein Antrag durch die Stimmen einer in Teilen gesichert rechtsextremen Partei durchgesetzt.

Inhaltlich führt die immer weitere Verschiebung der Migrationsdebatte an den rechten Rand weg von einem menschenrechtsbasierten Verständnis von Flucht und Migration. „Dieser Beschluss, der mit Stimmen der AfD durchgesetzt wurde, geht zu Lasten von Frauen und Kindern auf der Flucht und zu Lasten des alltäglichen Miteinanders in unserer Gesellschaft“, so djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb kritisierte bereits die letzten Pläne zur Verschärfung des Asylrechts durch das „Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz)“ und forderte in seiner Stellungnahme umfassende Nachbesserungen zum Schutz Asylsuchender. „In der Debatte um das Asylrecht müssen wir menschenrechtliche und europäische gesetzte Standards hochhalten, um den besonderen Schutzbedürfnissen vulnerabler Gruppen gerecht zu werden, statt einer immer weiteren Verschiebung nach rechts tatenlos zuzuschauen“, so Valentina Chiofalo, die Vorsitzende der Kommission Europa- und Völkerrecht.

Der djb weist im Zusammenhang mit den jüngsten Entwicklungen erneut darauf hin, dass Frauen und Kinder in Flucht- und Migrationssituationen in besonderem Maße von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind. Wer legale Fluchtwege abschneidet und Schutzsuchende an der Grenze abweist, weist Frauen und Kinder ab, die auf der Suche nach einem besseren Leben oder auf der Suche nach Schutz vor Verfolgung ihre Heimat verlassen mussten. Die nun eingebrachten Verschärfungen würden internationale Schutzstandards weiter aufweichen und rechtsstaatliche Prinzipien aushebeln.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 30.01.2025

In einem eindringlichen Appell wenden sich 145 Bundes- und Landesorganisationen an die Teilnehmer*innen des heute in Berlin tagenden CDU-Parteitags. Die Unterzeichnenden fordern sie auf, sich zu ihren christlichen und demokratischen Werten zu bekennen sowie den Rechtsstaat und die Menschenrechte zu verteidigen.

„Der Kurs, den Friedrich Merz mit der CDU einschlägt, ist alarmierend – ja, brandgefährlich für unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“, erklärt Halima Gutale, Vorsitzende der Bundearbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL.

CDU-Mitglieder stehen in der Pflicht, umzukehren

„Heute stehen alle CDU-Mitglieder in der Pflicht, umzukehren. Verteidigen Sie die Menschenwürde aller Menschen! Die ermutigenden Proteste im ganzen Land zeigen doch: Wir alle müssen die Brandmauer sein – gegen Rechtsextreme und Völkische“, so Gutale.

Der gemeinsame Appell, der von PRO ASYL mitinitiiert wurde und unter anderem von Amnesty International, Brot für die Welt, dem Deutschen Caritasverband, dem Deutschen Frauenrat, dem Deutschen Kinderhilfswerk und dem Forum Menschenrechte unterzeichnet wurde, enthält eine klare Botschaft: „Wir appellieren an die Vertreter*innen der CDU: Bekennen Sie sich zur menschenrechtlichen Brandmauer und stehen Sie mit uns ein für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte. Bitte nehmen Sie auch im Wahlkampf Abstand von einer Rhetorik und von Forderungen, die unsere Gesellschaft weiter spalten und Menschen gegeneinander aufbringen.“

Die mit den Stimmen der johlenden AfD-Abgeordneten und der CDU am vergangenen Mittwoch im Bundestag verabschiedeten Anträge markieren eine dramatische Zäsur im Umgang der demokratischen Parteien mit den Rechtsextremen in der Bundesrepublik.

Organisationen gegen Inhalt der CDU-Anträge 

Mit ihrem Appell stellen sich die Organisationen entschieden gegen die Inhalte dieser Anträge – darunter die Zurückweisung von Schutzsuchenden an den Binnengrenzen, die Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete sowie die pauschale Inhaftierung aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen.

Weiter heißt es: „Wir haben die Wahl: Wollen wir ein offenes, vielfältiges und demokratisches Land bleiben, das die Rechte und Grundfreiheiten aller wahrt und die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit respektiert und schützt? Oder kehren wir zurück in eine düstere Zeit, in der Grund- und Menschenrechte nur noch für einige gelten und ganze Bevölkerungsteile für gesamtgesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht werden?“

Den Appell mit einer Liste der 145 unterzeichnenden Organisationen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Pro Asyl vom 03.02.2025

  • Die Parteien der demokratischen Mitte müssen dringend die sozialen Herausforderungen der Menschen in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stellen
  • Verena Bentele: Weniger Schlagzeilen, mehr Inhalte im Wahlkampf wichtig

VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Die Debatte der vergangenen Woche hat den Blick auf die sozialen Herausforderungen der Menschen in ihrem Alltag verstellt. Das Ringen um Konzepte für einen leistungsfähigen Sozialstaat, der vor Armut allen Alters schützt, eine stabile Gesundheits- und Pflegeinfrastruktur sichert, die Menschen qualifiziert und die Teilhabe aller Menschen verwirklicht, muss schnell in den Mittelpunkt des Wahlkampfs gestellt werden.

In den nächsten Wochen sollte es weniger um schnelle Schlagzeilen gehen als um die drängenden Fragen: Wie wird meine Rente gesichert? Wie bekomme ich einen Arzttermin, wer kümmert sich um mich, wenn ich Hilfe brauche?

Die Antwort auf all diese Fragen gibt ein starker Sozialstaat. Wie dieser resilient, gestärkt und zukunftsfähig werden kann, muss die zentrale Frage dieses wegweisenden Bundestagswahlkampfs sein. Wir sind überzeugt: Wer die besten Antworten gibt, wird die Wählerinnen und Wähler überzeugen.

Ein guter Sozialstaat ist die sicherste Brandmauer und stärkt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der politischen Mitte. Deshalb sagt der VdK: JASOZIAL.“

Der VdK sagt „Ja zum Sozialstaat“. Unsere Forderungen an die Politik zur Bundestagswahl: www.jasozial.de

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland e.V. vom 02.02.2025

SCHWERPUNKT II: Gewalthilfegesetz

Bundestag beschließt Entwurf eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt

Der Bundestag hat heute den Entwurf für ein Gewalthilfegesetz in 2./3. Lesung beschlossen. Das Gewalthilfegesetz stellt erstmals bundesgesetzlich sicher, dass gewaltbetroffene Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Damit schafft das Gesetz den Rahmen für ein verlässliches Hilfesystem. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat den Gesetzesentwurf in umfangreicher Abstimmung mit Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und der Zivilgesellschaft erarbeitet.

Bundesministerin Lisa Paus: „Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt.Jede dritte Frau – das heißt, wir alle kennen jemanden. Geprügelt wird durch alle Schichten und an allen Orten. Heute haben wir einen Meilenstein in diesem Kampf gegen Gewalt an Frauen erreicht: Mit dem heute beschlossenen Gesetz kann ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt in Deutschland entstehen. Erstmals wird der Bund sich daran beteiligen, ein kostenfreies Schutz- und Beratungsangebot für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder bereitzustellen. Mit der beharrlichen Unterstützung der Zivilgesellschaft haben wir es geschafft, das Thema Gewalt gegen Frauen sichtbarer zu machen. Ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Vorhaben nun geeint haben und im Bundestag beschließen konnten.“

Das Gewalthilfegesetz:

Das Gesetz stellt eine eigenständige fachgesetzliche Grundlage für ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen dar. Es konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention. Herzstück des Entwurfs ist ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt für Frauen und ihre Kinder. Dieser tritt am 1. Januar 2032 in Kraft. Damit sollen die Länder genug Zeit haben, ihre Hilfesysteme entsprechend auszubauen. Das Gesetz muss noch vom Bundesrat beschlossen werden.

Ziele:

  • Schutz von Frauen und ihren Kindern vor häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt
  • Intervention bei Gewalt
  • Milderung der Folgen von Gewalt
  • Prävention, um Gewalthandlungen vorzubeugen oder zu verhindern

Vorgesehene Maßnahmen:

  • Bereitstellung von ausreichenden, bedarfsgerechten und kostenfreien Schutz-, Beratungs- sowie Unterstützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder
  • Maßnahmen zur Prävention, einschließlich Täterarbeit und Öffentlichkeitsarbeit
  • Unterstützung der strukturierten Vernetzungsarbeit innerhalb des spezialisierten Hilfesystems und des Hilfesystems mit allgemeinen Hilfsdiensten

Bundesbeteiligung an der Finanzierung des Hilfesystems mit 2,6 Milliarden Euro bis 2036

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.01.2025

Nach langen, intensiven und konstruktiven Gesprächen haben wir heute zwischen SPD, Union und Grünen eine Einigung erreicht.

„Das Gewalthilfegesetz kommt und damit auch der Rechtsanspruch auf Schutzplätze und Beratung. Der Bund beteiligt sich erstmalig an der Finanzierung des Gewalthilfesystems in einer Höhe von 2,6 Milliarden Euro.
Der Rechtsanspruch bedeutet einen Paradigmenwechsel für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder. Der Bund übernimmt Verantwortung und wird die Länder in der Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen finanziell unterstützen. Explizit wird damit auch die Hilfestruktur und die Prävention gestärkt. Seit Jahren ist die Situation in den Frauenhäusern und Beratungsstellen angespannt. Der Handlungsbedarf ist extrem groß. Laut dem Lagebild ‚Geschlechtsspezifische Gewalt‘ von 2023 begeht in Deutschland fast jeden Tag ein Mann einen Femizid. Knapp 400 Frauen am Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt. In den vergangenen Jahren sind diese Zahlen deutlich gestiegen: Nun handeln die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Grünen mit einem historischen Schulterschluss und lösen ein, was Fachverbände, die Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten seit Jahren fordern.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 29.01.2025

Der heute endlich gelungene Durchbruch in den Verhandlungen zum Gewalthilfegesetz ist ein Grund zur Freude. Wir handeln jetzt – denn es ist höchste Zeit: Beinahe täglich wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. An jedem Tag gibt es 400 Fälle geschlechtsbezogener Gewalt; das nehmen wir nicht mehr hin. Und wir lassen Frauen und Kinder nicht im Stich, denen keine Schutzplatz angeboten werden kann und die zurückkehren müssen in eine Gewaltwohnung.

Erstmals beteiligt sich der Bund mit einem Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Euro am weiteren Ausbau der Schutzstruktur in den Ländern und sichert damit das verfassungsgemäße Recht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt ab – und das mit einem Rechtsanspruch und unabhängig von sozioökonomischem Status und Herkunft. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Baustein zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Neben dem flächendeckenden und bedarfsgerechten Ausbau von Schutzplätzen wird nun die seit Jahren unzureichend finanzierte Beratungsstruktur abgesichert und gestärkt. Zudem geben wir erstmals den systematischen Einstieg in die Präventionsarbeit vor, insbesondere auch die Täterarbeit.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:

„Ich bin sehr erleichtert, dass auf den letzten Metern noch eine Einigung gelungen ist. Das Ziel, Frauen und ihre Kinder zu schützen, hat parteipolitische Befindlichkeiten zurückstehen lassen. Das ist ein guter Tag für die Frauen in Deutschland.“

Ariane Fäscher, zuständige Berichterstatterin:

„Dieser Durchbruch wird Leben retten. Endlich bekommen alle von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder ein Recht auf Schutz. Das ist ein großer Erfolg und ein Paradigmenwechsel im Blick darauf, dass Partnerschaftsgewalt eben keine Privatsache ist, sondern alle angeht. Ein herzliches Dankeschön vor allem an die Zivilgesellschaft, die mit uns seit Jahren unermüdlich für dieses Ergebnis gekämpft hat.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 29.01.2025

Nach langen, intensiven und konstruktiven Gesprächen haben wir heute zwischen SPD, Union und Grünen eine Einigung erreicht. Dazu erklären Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ariane Fäscher, zuständige frauenpolitische Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Dorothee Bär, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, und Silvia Breher, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion:

Das Gewalthilfegesetz kommt und damit auch der Rechtsanspruch auf Schutzplätze und Beratung. Der Bund beteiligt sich erstmalig an der Finanzierung des Gewalthilfesystems in einer Höhe von 2,6 Milliarden Euro.

Der Rechtsanspruch bedeutet einen Paradigmenwechsel für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder. Der Bund übernimmt Verantwortung und wird die Länder in der Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen finanziell unterstützen. Explizit wird damit auch die Hilfestruktur und die Prävention gestärkt. Seit Jahren ist die Situation in den Frauenhäusern und Beratungsstellen angespannt. Der Handlungsbedarf ist extrem groß. Laut dem Lagebild „Geschlechtsspezifische Gewalt“ von 2023 begeht in Deutschland fast jeden Tag ein Mann einen Femizid. Knapp 400 Frauen am Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt. In den vergangenen Jahren sind diese Zahlen deutlich gestiegen: Nun handeln die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Grünen mit einem historischen Schulterschluss und lösen ein, was Fachverbände, die Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten seit Jahren fordern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 29.01.2025

Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen haben sich heute Vormittag auf das Gewalthilfegesetz geeinigt. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Dorothee Bär und die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Silvia Breher:

Dorothee Bär: „Mit dem nun ausgehandelten Gesetzesvorschlag ist uns ein frauenpolitischer Meilenstein gelungen. Keiner Frau, die von Gewalt betroffen ist, darf Schutz und Hilfe verwehrt bleiben. Friedrich Merz und die gesamte Union halten Wort – das Gewalthilfegesetz kommt.“

Silvia Breher: „​Diese Einigung ist ein echter Durchbruch und eine gute Nachricht für alle gewaltbetroffenen Frauen und deren Kinder in unserem Land. Zentral für uns als CDU/CSU ist, dass der Schutz von Frauen und Kindern bei diesem Vorhaben im Mittelpunkt steht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 29.01.2025

Bei einer Anhörung des Familienausschusses am Montag ist der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen „für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ (20/14025), der wortgleich mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist (20/14342), überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hält jedoch die Einführung eines in dem Gesetz geplanten individuellen Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung bei Gewaltbetroffenheit für derzeit nicht umsetzbar.

Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewaltbetroffenheit soll ab 2030 gelten. Die Länder sollen verpflichtet werden, ein Netz an zahlenmäßig ausreichenden und den Bedarf verschiedener Personengruppen berücksichtigenden Schutz- und Beratungsangeboten sicherzustellen. Der Bund will sich durch Verzicht auf ihm zustehende Steuereinnahmen zu Gunsten der Länder an der Finanzierung beteiligen.

Der Bundesrat begrüßt ausweislich seiner Stellungnahme (20/14437) die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Sicherstellung eines niederschwelligen Zugangs zu Schutz- und Beratungseinrichtungen bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zur weiteren Umsetzung der Istanbul-Konvention. Der Finanzierungsanteil des Bundes sollte aus Sicht der Länderkammer aber deutlich höher sein, als er im Gesetzentwurf vorgesehen.

Dilken Çelebi vom Deutschen Juristinnenbund (DJB) begrüßte die Einführung eines Gewalthilfegesetzes und sprach von einem sehr notwendigen Paradigmenwechsel. Das Gesetz „endlich“ zu verabschieden, sei dem DJB ein „prioritäres Anliegen“. Es brauche einen rechtlich verbindlichen Anspruch auf Hilfe. Die Stärke des Gesetzes, so Çelebi, liege in der umfassenden Betrachtung eines Hilfesystems. Damit aber auch „migrierte und geflüchtete Frauen und TIN-Personen“ das Hilfesystem beanspruchen können, müssten die Wohnsitzauflage und die Meldepflicht laut Aufenthaltsgesetz aufgehoben werden, forderte sie.

Die finanzielle Beteiligung des Bundes sei ein wichtiger Baustein „für die bundeseinheitliche Regelung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Menschen und für die entsprechend notwendige Ausgestaltung des Hilfesystems“, sagte Stefanie Fraaß vom AWO-Landesverband Bayern. Eine unbefristete finanzielle Beteiligung des Bundes wäre aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt wünschenswert, um eine langfristige finanzielle Absicherung gewährleisten zu können.

Katja Grieger, Geschäftsführerin beim Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, sprach von einer „eklatanter Unterfinanzierung“ der ambulanten Fachberatungsstellen, weshalb die Versorgung von Betroffenen nicht bedarfsgerecht erfolgen könne. Eine Veränderung wäre erstmalig durch das Gewalthilfegesetz in Aussicht gestellt. „Wir plädieren deshalb mit Nachdruck dafür, das Gesetz zeitnah zu verabschieden“, sagte sie und forderte zugleich, dass trans, inter und nicht-binäre Personen Beratung und Schutz erhalten müssten, „egal wo sie wohnen, welche Herkunft sie haben, egal welchen Aufenthaltstitel oder ob sie eine Behinderung haben oder nicht“.

Trotz wichtiger Kritik an Teilen des Gesetzentwurfes, so Sylvia Haller von der Zentrale Informationsstelle Autonome Frauenhäuser (ZIF), bräuchten die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder das Gesetz jetzt. „Jeder Moment, der vergeht, ist mehr Zeit in einer lebensgefährlichen Situation, weil Frauen mit ihren Kindern keinen Platz im Frauenhaus finden oder aus anderen Gründen nicht aufgenommen werden können“, sagte sie.

Barbara Kavemann, Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, nannte es überfällig, dass Angebote zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer Gewalt und häuslicher Gewalt „aus dem Bereich der freiwilligen Leistungen genommen und in einen Rechtsanspruch überführt werden“. Damit werde anerkannt, „dass die Gewalt im privaten Raum keine private Angelegenheit ist“. Das Gesetz müsse jetzt beschossen werden, um so einen maßgeblichen Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, gewaltfreiem Aufwachsen, sozialer Gerechtigkeit und damit sozialem Zusammenhalt auf den Weg zu bringen, forderte Kavemann.

Die gleiche Forderung erhob Erika Krause-Schöne vom Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei. Derzeit fehlten mehr als 14.000 Frauenhausplätze in Deutschland. Dies stelle die Polizei vor große Herausforderungen, Schutzbedürftige adäquat unterzubringen. Gewaltbetroffene und Kinder bräuchten niedrigschwellige Beratung und Hilfe, „unabhängig von der gesundheitlichen Verfassung, vom Wohnort, vom aufenthaltsrechtlichen Status oder den Sprachkenntnissen“, sagte Krause-Schöne.

Das jetzige Hilfesystem sie völlig unzureichend, sagte Sibylle Schreiber, Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung. Das Gesetz sei also dringend erforderlich und könne dafür sorgen, „dass spätestens 2030 alle Betroffenen von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt verlässlich und garantiert ein bedarfsgerechtes Angebot für Beratung und Schutz erhalten“. Die Bundesbeteiligung sei richtig und wichtig. Es gelte, eine Balance zu finden, „den Ländern die Regie über gewachsene Strukturen zu lassen, sie aber durch aktive Finanzunterstützung zu einem Mehr zu animieren“, befand Schreiber.

Monne Kühn vom Verein Frauen- und Kinderhaus Uelzen lehnt den Gesetzentwurf indes ab. Er schaffe nicht mehr Schutz von gewaltbetroffenen Frauen, urteilte sie. In seiner vorgeschlagenen Form würde das Gewalthilfegesetz „das Ende der Frauenhäuser als solche bedeuten“. Kühn kritisierte die „Gleichsetzung von Geschlecht und Geschlechtsidentität“ in dem Entwurf. Damit öffne er den Personenkreis der Betroffenen für Personen männlichen Geschlechts. Die Anwesenheit von Personen männlichen Geschlechts als „Mitbewohnerinnen“ in Frauenhäusern könne bei den Frauen zu großer Verunsicherung und zu Ängsten bis hin zu einer Retraumatisierung oder Reviktimisierung führen, warnte sie.

Dennis Triebsch, Leiter des Amtes für Soziale Leistungen, Senioren und Menschen mit Behinderung der Stadt Augsburg, begrüßte das finanzielle Engagement des Bundes zur Förderung von Frauenhäusern. Aus kommunaler Sicht sollte der Fokus nicht zuletzt aus Kostengründen aber auf die Stärkung der Schutzrechte von Frauen und deren Kinder gelegt werden, sagte er. Sie seien am meisten von Gewalt betroffen. Eine solche Fokussierung würde aus seiner Sicht auch der Intention der Istanbul-Konvention vollständig Rechnung tragen. Ein Rechtsanspruch „für alle möglichen Personengruppen“ sei hingegen nicht in angemessener Zeit und nur mit erheblichem Mitteleinsatz umzusetzen, sagte Triebsch.

Angélique Yumusak, Bundesfrauenbeauftragte der Deutschen Polizeigewerkschaft, begrüßte den Gesetzentwurf. Unter Einhaltung des Konnexitätsprinzips müsse aber sichergestellt werden, dass die Kommunen „eine vollständige finanzielle Ausstattung erhalten“. Sowohl investive als auch konsumtive Planungen seien unerlässlich, um eine langfristige und verlässliche Umsetzung der Maßnahmen im Gewaltschutz zu gewährleisten.

Die Einführung eines neuen individuellen Rechtsanspruchs ist aus Sicht der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „derzeit nicht umsetzbar“. Vertreterinnen und Vertreter vom Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund sprach sich daher für eine bundesgesetzliche Verankerung dahingehend aus, „dass dem Schutzinteresse von Betroffenen durch eine einzelfallunabhängige, institutionelle Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen Rechnung getragen wird“.

Sie verwiesen zudem darauf, dass die finanzielle Beteiligung des Bundes am Ausbau des Hilfesystems Anfang 2027 beginnen solle, während der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bereits zum 1. Januar 2030 in Kraft treten solle. Mit Blick auf den Fachkräftemangel sowie die Dauer von Bauvorhaben sei ein Zeitraum von drei Jahren zu kurz, „um die erforderlichen Kapazitäten zu schaffen, damit dann bestehende Rechtsansprüche erfüllt werden können“, befand die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 45 vom 27.01.2025

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt begrüßt das am Freitag verabschiedete Gewalthilfegesetz. Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner:

„Dieses Gesetz ist ein Meilenstein, auf den Aktivist*innen seit Jahrzehnten hingearbeitet haben. Bislang sind Schutz, Hilfe und Beratung freiwillige Leistungen und daher für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder nahezu ein Glücksfall – je nach Region und finanzieller Ausstattung der Kommune gibt es sie, oder eben auch nicht. Deswegen begrüßen wir nicht nur die geplante finanzielle Beteiligung des Bundes am Ausbau des Hilfesystems, sondern vor allem den Rechtsanspruch auf Schutz und Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder.“

Der Bund will sich für den Ausbau des Hilfesystems mit 2,6 Milliarden Euro in den Jahren 2027 bis 2036 finanziell engagieren, um zusätzliche Plätze und Beratungsangebote zu schaffen. Ein geplanter Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe soll ab Januar 2032 in Kraft treten.

Die AWO sieht dennoch weiter Handlungsbedarf: „Für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen gilt der Rechtsanspruch nicht, obwohl auch sie häufig Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt werden. Dass wir zudem auf den Rechtsanspruch noch mehr als ein halbes Jahrzehnt warten sollen, ist unverständlich. Schon jetzt reichen Frauenhäuser, Beratungsstellen und Schutzwohnungen nicht einmal ansatzweise für alle Betroffenen. Wir brauchen dringend einen sofortigen Ausbau – auch an Präventionsangeboten. Es ist gut, die Feuerwehr aufzustocken – noch besser wäre es, das Entstehen von Bränden einzudämmen“, so Sonnenholzner.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.02.2025

Deutscher Caritasverband und SkF werben für fraktionsübergreifende Einigung

„Was zu Beginn des Jahres für den Mutterschutz bei Fehlgeburten gelungen ist, muss sich für die Absicherung der Frauenhausinfrastruktur jetzt wiederholen: Rot-Grün und CDU sollten sich noch vor der Bundestagswahl beim Gewalthilfegesetz auf eine gemeinsame Linie verständigen“, wirbt Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes anlässlich der parlamentarischen Anhörung am Montag. Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) appellieren eindringlich an die politisch Verantwortlichen, die bundesgesetzliche Sicherung der Frauenhäuser nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben.

Bundesweiter Rechtsanspruch und Finanzierungssicherung

Caritas und SkF begrüßen den breiten politischen Konsens, der sich zwischen dem Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums und den verschiedenen Fraktionsanträgen abzeichnet. Zentrale Forderungen von ExpertInnen und PraktikerInnen beider Verbände werden aufgegriffen: Es geht um die Verpflichtung des Bundes zur finanziellen Unterstützung der Länder beim Ausbau der Angebote, um einen individuellen Rechtsanspruch sowie ein verbindliches Schutz- und Beratungsnetz.

„Die Türen der Frauenhäuser müssen verlässlich offenstehen, um den vielen Frauen und Kindern einen Schutzraum zu bieten, die im familiären Kontext von Gewalt betroffen sind,“ so Welskop-Deffaa. „Die steigenden Zahlen häuslicher Gewalt und die gravierenden Engpässe auf dem Wohnungsmarkt machen die Einrichtungen unverzichtbar.“

„Unsere Frauenhäuser sind oft die letzte Zuflucht für Frauen und Kinder in akuter Lebensgefahr. Doch vielerorts stoßen wir an unsere Grenzen – zu wenige Plätze, unzureichende Mittel und Personalmangel gefährden den Schutz der Betroffenen. Mit diesem Gesetz kann Deutschland endlich die Vorgaben der Istanbul-Konvention und der UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung umsetzen und ein verlässliches, flächendeckendes Schutznetz schaffen,“ betont Yvonne Fritz, Vorständin des SkF Gesamtvereins.

Der Deutsche Caritasverband und sein Fachverband SkF mahnen, den Zugang für Kinder mit familienrechtlichen Regelungen gut abzustimmen und zu bekräftigen. Die breite Übereinstimmung zwischen den Anträgen der Fraktionen muss genutzt werden.

„Das Gewalthilfegesetz ist nicht nur überfällig, es ist nun auch in greifbarer Nähe. Wer weiß, wie sehr seit der Corona-Zeit das Leiden unter häuslicher Gewalt angestiegen ist, muss jetzt entschlossen handeln,“ so Welskop-Deffaa.

Laut Umfrage für die Kosten- und Bedarfsstudie 2022 mussten 10.114 Frauen mit Kindern und 6.268 Frauen ohne Kinder abgewiesen werden (sogenannte Kienbaum-Studie 2022, FHK Statistik 2023). Die Fälle von häuslicher Gewalt sind alleine in diesem Jahr laut BKA um knapp 6% gestiegen – der Bedarf steigt also weiter. 28% der Frauen müssen ihren Aufenthalt teilweise oder vollständig selbst bezahlen und gehen mit Schulden aus dem Frauenhaus. Das darf so nicht bleiben!

Caritas und SkF betreiben gemeinsam aktuell 56 Frauenhäuser in Deutschland. Diese Einrichtungen bieten insgesamt mehr als 1.800 Plätze für schutzsuchende Frauen und ihre Kinder. Damit leisten die beiden katholischen Organisationen einen bedeutenden Beitrag zum Angebot von Frauenhäusern in Deutschland.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 26.01.2025

An einem der letzten Sitzungstage hat der Bundestag heute dem Gewalthilfegesetz zugestimmt.

„Dies ist ein bedeutender Tag für die Frauenbewegung in Deutschland,“ kommentiert Sylvia Haller, Vorstandsfrau im Deutschen Frauenrat und Mitarbeiterin in einem Frauenhaus. „Seit Jahrzehnten setzen wir uns dafür ein, dass Gewaltbetroffene geschützt und unterstützt werden. Ihre Würde und ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben treibt uns an. Deshalb war aufzugeben für uns nie eine Option.“

Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland sagt: „Die Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes ist ein Meilenstein im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Dem unermüdlichen Einsatz der Zivilgesellschaft ist dies zu verdanken. Das Recht auf ein Leben ohne Gewalt ist unantastbar und darf niemals parteipolitischen Erwägungen zum Opfer fallen oder von der Haushaltslage abhängen.“

Der Deutsche Frauenrat und UN Women Deutschland danken all den Partner*innen und den über 110.000 Unterzeichnenden des Brandbriefs für den gemeinsamen Erfolg.

„Dass wir in diesen verhärteten politischen Zeiten gemeinsam einen Erfolg für Frauenrechte erzielen konnten, macht mir Mut. Mit diesem Mut kämpfen wir weiter darum, dass alle Gewaltbetroffenen in Deutschland die gleichen Rechte erhalten,“ so Judith Rahner, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats. „Wir stehen an der Seite aller Betroffenen, insbesondere der Frauen mit prekärem Aufenthaltsstatus und der trans, inter und nicht-binären Personen. Unsere Solidarität ist so unteilbar, wie es die Menschenrechte sind.“

Das Gewalthilfegesetz markiert einen entscheidenden Schritt hin zu einer umfassenden Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen. UN Women Deutschland und der Deutsche Frauenrat fordern nun die Länder dazu auf, das Gesetz am 14. Februar 2025 im Bundesrat ebenfalls zu verabschieden und ein klares Zeichen für den Schutz von Frauen und Mädchen zu setzen.

„Nach der Verabschiedung im Bundesrat muss das Gewalthilfegesetz schnell und konsequent auf allen Ebenen umgesetzt werden. Und es muss sichergestellt werden, dass das Gewalthilfegesetz allen Frauen und Mädchen in all ihrer Vielfalt zugutekommt.“, so Elke Ferner.

Das Gewalthilfegesetz sieht einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder vor. Frauenhäuser und Beratungsstellen sollen ausgebaut und sicher finanziert werden. Der Bund beteiligt sich erstmals an der Finanzierung. Auch die wichtige Präventionsarbeit in Frauenhäusern und Beratungsstellen soll dieses Gesetz verstärken. Gleichzeitig kritisiert der Frauenrat im Vergleich zum Gesetzesentwurf eklatante Rückschritte: Geplant war ein Rechtsanspruch auf Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, der explizit auch trans, nicht-binäre und inter Personen einbeziehen sollte. Diese Gruppen sind besonders von Gewalt betroffen und bisher unzureichend geschützt. Bereits der Gesetzentwurf ignorierte zudem die prekäre Situation geflüchteter Frauen, die von Gewalt betroffen sind.

Der Deutsche Frauenrat, UN Women Deutschland und die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser hatten sich gemeinsam mit breiten Bündnissen für dieses Gesetz stark gemacht. Darunter waren neben Fachverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen, auch viele prominente Persönlichkeiten, wie Ursula Karven, Natalia Wörner, Ruth Moschner oder Hannes Jaenicke. Ein Brandbrief und eine Petition auf der Kampagnenplattform innn.it mobilisierten zudem über 110.000 Bürgerinnen und Bürger. Bildmaterial zur Kampagne finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 31.01.2025

Der Bundestag hat das Gewalthilfegesetz verabschiedet. Die Diakonie Deutschland begrüßt diesen wichtigen Schritt für mehr Schutz und Beratung bei häuslicher Gewalt.

Elke Ronneberger, Bundesvorständin der Diakonie Deutschland: „Endlich ist der Weg frei für einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewalt gegen Frauen und eine bedarfsgerechte Finanzierung. Damit wird der Bund endlich seiner Verantwortung für den Gewaltschutz von Frauen gerecht. Dafür hat sich die Diakonie seit vielen Jahren eingesetzt. Nach Zahlen des Bundeskriminalamtes erlebt in Deutschland alle vier Minuten eine Frau häusliche Gewalt, fast jeden zweiten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner oder Ehemann getötet. Gleichzeitig fehlen fast 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Die heutige Entscheidung zeigt auch: Ein Kompromiss zwischen demokratischen Parteien ist möglich!“ 
 
Hintergrund 
Die Diakonie Deutschland fordert seit Jahren zusammen mit Frauenverbänden eine bundesgesetzliche Finanzierungsregelung für Frauenhäuser. Nach dem Bruch der Ampelregierung hatte Familienministerin Lisa Paus einen Gesetzentwurf hierfür eingebracht. Diesen Mittwoch gelang endlich der Durchbruch im Familienausschuss. Mit dem Gewalthilfegesetz erhalten Frauen ein Recht auf Schutz und Beratung bei häuslicher Gewalt. Der Bund wird die Länder mit 2,6 Milliarden bei der Finanzierung von Frauenhäusern unterstützen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. 

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  
Diakonie und Entwicklung e.V. vom 01.02.2025

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert die Bundesregierung in einer aktuellen Stellungnahme auf, das Gewalthilfegesetz unverzüglich umzusetzen. Anlässlich der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Bundestag betont der djb die Dringlichkeit des Gesetzesvorhabens. Als Sachverständige für den djb ist Dilken Çelebi, LL.M., geladen.

„Wir brauchen eine klare Entscheidung für mehr Schutz und Unterstützung für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Politik darf nicht weiter zögern“, mahnt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder. Bereits Ende November hatte das Kabinett das Gewalthilfegesetz beschlossen. Damit es wirksam werden kann, muss der Bundestag es noch vor der anstehenden Neuwahl verabschieden. Ein weiteres Aufschieben der Entscheidung würde dringend notwendige Maßnahmen zum Schutz Betroffener weiter verzögern.

Die Notwendigkeit eines effektiven Gewaltschutzes zeigt sich in alarmierenden Statistiken: Jeden zweiten Tag wird eine Frau durch ihren (Ex-)Partner getötet, alle drei Minuten wird eine Frau Opfer häuslicher Gewalt. Trotz dieser erschreckenden Zahlen bestehen in Deutschland weiterhin gravierende Lücken im Beratungs- und Hilfesystem. Es fehlen tausende Frauenhausplätze, und viele Betroffene finden aufgrund diskriminierender Zugangshürden keinen Schutz.

Der djb unterstreicht daher die Bedeutung des im Gewalthilfegesetz vorgesehenen Rechtsanspruchs auf kosten-, barriere- und diskriminierungsfreien Zugang zu Schutzunterkünften und Beratungsstellen. Ein umfassender Schutz erfordert zudem, dass das Gesetz im Einklang mit der Istanbul-Konvention alle Formen geschlechtsspezifischer Gewalt – körperliche, sexualisierte, psychische, wirtschaftliche und digitale Gewalt – berücksichtigt. Besonders Menschen, die mehrfach diskriminiert werden, haben derzeit oft keinen Zugang zu Schutz- und Beratungsangeboten. Zudem ist eine verstärkte Täterarbeit notwendig, um geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt wirksam zu bekämpfen.

Mit der Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes könnte die Bundesregierung nicht nur ein zentrales Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen, sondern auch ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen. Das Gesetz sieht nicht nur einen Rechtsanspruch auf Schutz und Unterstützung vor, sondern auch eine langfristige und einheitliche Finanzierung der Schutz-, Unterstützungs- und Beratungsangebote durch eine Bundesbeteiligung.

„Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Unterstützung ist längst überfällig. Ohne eine gesicherte Finanzierung bleiben Schutzangebote unzureichend und für viele Betroffene unerreichbar“, betont Dilken Çelebi, LL.M., Vorsitzende der Strafrechtskommission im djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 27.01.2025

  • VdK warnt: Gewalt stellt das größte Gesundheitsrisiko für Frauen dar
  • Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für Betroffene muss jetzt schnell in den Bundesrat

Der Bundestag hat am heutigen Freitag dem Gewalthilfegesetz zum Schutz von Frauen zugestimmt. Dazu sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Ich bin froh, dass so viele demokratische Fraktionen dem Gewalthilfegesetz gemeinsam zugestimmt haben. Das zeigt, Kompromisse und einvernehmliche Beschlüsse in der demokratischen Mitte sind möglich und der richtige Weg. Jetzt ist es am Bundesrat, das dringend notwendige Hilfesystem für betroffene Mädchen und Frauen schnellstmöglich zu beschließen. Gewalt stellt das größte Gesundheitsrisiko für Frauen dar. Die Versorgung mit Frauenhaus-Plätzen und Beratungsstellen ist unzureichend. Das soll das Gesetz nun ändern.

Das Gesetz allein wird jedoch nicht ausreichen. Der VdK fordert daher ein umfassendes Gesamtkonzept gegen Gewalt an Frauen, das sowohl Bund und Länder als auch die Kommunen in die Pflicht nimmt. Vor allem die Finanzierung des Hilfesystems muss nach Ansicht des VdK dringend verbessert werden. Das ist für die Verwirklichung des im Gewalthilfegesetzes festgeschriebenen Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung unerlässlich.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland e.V. vom 31.01.2025

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Parlament beschließt Antimissbrauchsgesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (UBSKM-Gesetz)

Der Deutsche Bundestag hat heute ein wichtiges Vorhaben beschlossen: mit dem UBSKM-Gesetz wird ein starkes, durch das Parlament legitimiertes Amt einer oder eines Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen geschaffen. Auch der beim UBSKM-Amt angesiedelte Betroffenenrat und die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs werden damit auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Damit wird der Kinderschutz in Deutschland dauerhaft gestärkt.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Ich bin froh und erleichtert über die Einigung zum ‚Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen‘. Jeden Tag erleben über 50 Kinder in unserem Land sexuellen Missbrauch – eine unfassbare Zahl, die schockiert, wütend macht und tief berührt. Kein Kind sollte in seiner Familie, in der Schule oder im digitalen Raum dieses Leid durchmachen müssen. Mit dem UBSKM-Gesetz setzen wir ein klares Zeichen: Über Missbrauch darf nicht hinweggesehen werden, Betroffene müssen Gehör finden. Deshalb schaffen wir starke Hilfestrukturen, verbessern die Möglichkeiten zur Aufarbeitung und stärken den Betroffenenrat und die Aufarbeitungskommission, die Betroffene anhört und Institutionen unterstützt. Prävention ist der Schlüssel, um Kinder besser zu schützen. Deshalb geben wir der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den Auftrag, Eltern, Fachkräfte und auch Kinder selbst besser zu sensibilisieren – zum Beispiel in Schulen oder Sportvereinen. Verbindliche Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe sorgen dafür, dass Kinder sicher aufwachsen können. Dieses Gesetz ist ein starkes Signal an unsere Kinder: Ihr seid nicht allein. Ihr bekommt Hilfe, wenn Ihr Gewalt erfahrt. Und wir tun alles dafür, dass Missbrauch verhindert, aufgearbeitet und bekämpft wird.“

Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus: „Ich freue mich sehr, dass das UBSKM-Gesetz nun doch noch vor der Wahl im Bundestag beschlossen wurde, und danke dem Bundesfamilienministerium, das sich bis zuletzt dafür eingesetzt hat. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt von Kindern und Jugendlichen, das zeigt der heutige Tag, hat auch in Zeiten des Wahlkampfes fraktionsübergreifend Priorität. Gerade für Betroffene ist dies – exakt 15 Jahre nach dem Beginn des sogenannten Missbrauchsskandal – ein immens wichtiges Zeichen politischer Verantwortungsübernahme. Insbesondere die im Gesetz festgeschriebene regelmäßige Berichtspflicht gegenüber Bundestag und Bundesrat wird dazu beitragen, dass Politik durch das Gesetz künftig noch zielgerichteter agieren kann. Zudem wird die Bundesregierung verpflichtet, das UBSKM-Amt in alle relevanten Gesetzgebungsverfahren einzubeziehen. Mit dem Gesetz nimmt Deutschland auch international eine Vorreiterrolle ein – und setzt einen wichtigen Impuls, dem hoffentlich auch andere Länder folgen werden.“

Mit dem heute beschlossenen Gesetz stärken wir:

Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen: Mit einer oder einem vom Parlament gewählten Unabhängigen Bundesbeauftragten, einem dort eingerichteten Betroffenenrat und einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission sichert die Bundesregierung auf Dauer wichtige Strukturen, die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen verhindern beziehungsweise Betroffenen bessere Hilfen ermöglichen sollen. Das UBSKM-Amt ist die zentrale Stelle auf Bundesebene für die Anliegen von Betroffenen und deren Angehörige, für Fachleute aus Praxis und Wissenschaft sowie für alle Menschen in Politik und Gesellschaft, die sich gegen sexuelle Gewalt und Ausbeutung engagieren. Zukünftig werden Amt und Unabhängige Aufarbeitungskommission dem Parlament regelmäßig berichten.

Betroffene: Mit dem Gesetz werden die Beteiligung und die Belange von Betroffenen dauerhaft gestärkt. Der Betroffenenrat als politisch beratendes Gremium gewährleistet mit seiner Expertise und seinem Erfahrungswissen, dass die Anliegen von Betroffenen in die politischen Prozesse in Bund und Ländern einfließen können.

Aufarbeitung: Die wichtige Arbeit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission wird verstetigt. Sie führt weiterhin vertrauliche Anhörungen und öffentliche Hearings durch und unterstützt Institutionen bei der Aufarbeitung. Auch die individuelle Aufarbeitung von Betroffenen wird durch ein neues bundeszentrales Beratungssystem gestärkt, das Informationen, Erstberatung und Vernetzung bereitstellt. In der Kinder- und Jugendhilfe werden verbesserte Akteneinsichtsrechte und erweiterte Aufbewahrungsfristen geregelt.

Prävention und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz: Mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhält eine Bundesbehörde den Auftrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs. Durch Sensibilisierung, Aufklärung und Qualifizierung kann sexuelle Gewalt früher aufgedeckt und verhindert werden. In allen Aufgabenbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sollen Schutzkonzepte Fallanalysen zum verbindlichen Qualitätsmerkmal werden. So lässt sich aus problematischen Kinderschutzverläufen lernen. Um den Kinderschutz interdisziplinär zu stärken, wird ein telefonisches Beratungsangebot im medizinischen Kinderschutz verankert.

Das Gesetz muss noch vom Bundesrat beschlossen werden.

Weitere Informationen finden Sie auch auf:

https://beauftragte-missbrauch.de

https://beauftragte-missbrauch.de/betroffenenrat/betroffenenrat-bei-der-ubskm

https://www.aufarbeitungskommission.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.01.2025

Evaluation zeigt große Akzeptanz und Relevanz des Schulprogrammes für mentale Gesundheit – Breite Mehrheit  wünscht Fortsetzung

Seit Herbst 2023 stärkt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit dem Modellprogramm „Mental Health Coaches“ die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Parallel zur Umsetzung wurde das Programm von der Universität Leipzig evaluiert. Die Evaluation bestätigt nun den Erfolg des Programms und zeigt: die Mental Health Coaches treffen auf hohe Akzeptanz und bringen dringend benötigte Unterstützung direkt an die Schulen. Neunzig Prozent alle Beteiligten wünschen sich eine Fortsetzung des Programms.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Unsere Schülerinnen und Schüler stehen heute vor enormen Herausforderungen – die Belastungen wachsen, ihre psychische Gesundheit ist stark gefordert. Die Mental Health Coaches geben ihnen nicht nur Unterstützung, sondern auch den Raum, den sie brauchen: Sie hören zu, geben Halt und zeigen Wege, wenn alles zu viel wird. Schulleitungen, Träger, die Coaches, sowie die Schülerinnen und Schüler selbst  schätzen das Programm als enorm wichtig ein. Etwa 90 Prozent aller Beteiligten sprechen sich für eine Fortsetzung und Ausweitung des Programms aus. Daher ist es mehr als nur ein Appell an die nächste Regierung – es ist eine dringende Verantwortung, dieses Programm fortzusetzen und auszubauen. Die Förderung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen braucht Priorität in unserem Land.“

Das BMFSFJ hatte zu Beginn des Schuljahres 2023/24 als Antwort auf gestiegene psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen das Programm Mental Health Coaches ins Leben gerufen. In zahlreichen Studien hatte sich gezeigt, dass der bereits zuvor feststellbare Trend zu mehr psychischen Belastungen und Erkrankungen in der jungen Generation nach dem Ende der Corona-Pandemie deutlich zugenommen hatte. Die Nachwirkungen der Pandemie, der Krieg in Europa, die Klimakrise und weitere Faktoren wirkten und wirken bis heute verstärkend. Gleichzeitig müssen Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen oft monatelang auf einen Therapieplatz warten.

Umso wichtiger sind präventive Angebote, die leicht erreichbar sind und alle ansprechen. Dementsprechend wurden die Mental Health Coaches als lebensweltorientiertes, präventives Angebot an Schulen konzipiert.

Hohe Relevanz und breite Zustimmung

Die Evaluation liefert nun fundierte Erkenntnisse über die Etablierung des Programmes, die Qualität der Angebote, die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fachkräfte und die wahrgenommene Relevanz.

Dafür wurden Schulleitungen der an dem Programm beteiligten Schulen, die Mental Health Coaches als Umsetzende, Vertreterinnen und Vertreter der Trägerstrukturen (Arbeiterwohlfahrt, Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit, Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit und Internationaler Bund/freie Trägergruppe) sowie in einer Pilotstichprobe, Schülerinnen und Schülern befragt.

Wesentliche Ergebnisse der einzelnen Befragtengruppen sind:

  • Die Mehrheit der Schulleitungen (80%) schätzte die Akzeptanz der Mental Health Coaches bei den Schülerinnen und Schülern als hoch ein. Über 80 Prozent lobten die Qualifikation der Coaches, rund 90 Prozent waren mit der Zusammenarbeit zufrieden. Mehr als 80 Prozent wünschten sich eine Fortsetzung des Programmes an ihrer Schule, über 90 Prozent sprachen sich für eine flächendeckende Einführung von Mental Health Coaches an Schulen aus. In einer repräsentativen Befragung von Schulleitungen ohne Mental Health Coaches gaben über 80 Prozent an, dass sie dafür Bedarf an ihrer Schule hätten.
  • Die Mental Health Coaches nahmen mehrheitlich (knapp 80 Prozent) eine hohe Offenheit der Schülerinnen und Schüler gegenüber den von ihnen angebotenen Themen wahr. Ihre eigene Akzeptanz bei der Zielgruppe schätzten die allermeisten (90 Prozent) als hoch bis sehr hoch ein. Zwei Drittel gaben an, die Nachfrage nach ihren Angeboten sei hoch bis zu hoch. Genauso viele waren mit ihrer Arbeit ziemlich oder sehr zufrieden. Kritik gab es überwiegend an der zu kurzen Projektlaufzeit, viele Coaches äußerten dementsprechend den Bedarf an einer Ausweitung und festen Verankerung des Programms.
  • Die Vertreterinnen und Vertreter der Träger hoben insbesondere die hohe Relevanz des Programmes und seine gute Wirksamkeit positiv hervor. Der Schulkontext wurde als niedrigschwelliger und breiter Zugang zur Prävention und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen gelobt. Verbesserungsvorschläge betrafen insbesondere eine Verlängerung der Projektlaufzeit, verbunden mit mehr Planungssicherheit und einer Ausweitung der Angebote in der Fläche.
  • Die befragten Schülerinnen und Schüler bewerteten die Angebote der Mental Health Coaches als eher gut bis sehr gut. Neun von zehn Schülerinnen und Schülern, die bereits ein Angebot wahrgenommen hatten, würden dies auch ein weiteres Mal tun.

Langfristige Perspektiven gefordert: 90% wünschen sich Fortsetzung

Aktuell sind die Mental Health Coaches bundesweit an rund 80 Standorten in etwa 125 allgemein- und berufsbildenden Schulen ab der Sekundarstufe 1 im Einsatz. Im Schuljahr 2023/24 wurden mehr als 1.000 Angebote umgesetzt, an denen knapp 40.000 Schülerinnen und Schüler teilnahmen. 

Geleitet wurde die Evaluation von Prof. Dr. Julian Schmitz, der auch Mitglied im von Ministerin Paus initiierten Bündnis für die junge Generation ist. Die Förderung der psychischen Gesundheit ist ein wichtiges Thema für das Bündnis.

Prof. Dr.  Julian Schmitz: „Mentale Gesundheit ist derzeit ein zentrales Thema für Schulen und Schüler:innen, doch häufig fehlen wichtige niedrigschwellige Unterstützungs- und Präventionsangebote. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass das Modellvorhaben Mental Health Coaches erfolgreich an den teilnehmenden Schulen gestartet ist und eine hohe Akzeptanz erfährt. Besonders positiv bewertet werden die zusätzlichen Personalstellen sowie die hohe Flexibilität der Mental Health Coaches. Die Mehrheit der befragten Gruppen – darunter auch Schüler:innen – spricht sich deutlich für eine Fortsetzung und Ausweitung des Modellvorhabens aus. Dabei sollte besonders darauf geachtet werden, dass das Programm mit einer längerfristigen und verlässlichen Perspektive fortgeführt wird.“

Die Finanzierung der Mental Health Coaches ist bis Ende des Schuljahres 2024/25 gesichert. Das BMFSFJ setzt sich für eine Verstetigung und Ausweitung ein, um Kinder und Jugendliche in Deutschland nachhaltig zu unterstützen.

Den vollständigen Evaluationsbericht der Universität Leipzig finden Sie hier: https://www.mental-health-coaches.de/neuigkeiten/detail/evaluation-modellprogramm-mental-health-coaches#headline

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.01.2025

Der Haushaltschuss hat in seiner letzten Sitzung die Mittel für den sozialen Wohnungsbau und für die Städtebauförderung freigegeben. Damit erhalten Kommunen und Länder die notwendige Planungssicherheit.

„Die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus gehörte zu den Schwerpunkten der Wohnungspolitik der SPD. Auch wenn es bislang keinen Haushalt 2025 gibt, hat der Haushaltsausschuss mit seinem Beschluss dafür gesorgt, dass der bezahlbare Wohnraum weiter massiv unterstützt werden kann. Bundesseitig stehen damit 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die durch die Mittel der Länder um mindestens die gleiche Höhe aufgestockt werden.

Ähnliches gilt für die Städtebauförderung. Auch sie wird nach Freigabe der Mittel durch den Haushaltsausschuss in Rekordhöhe von 790 Millionen Euro in 2025 zur Verfügung stehen. Damit bleibt eine zentrale Leistung des Bundes zur Stärkung der kommunalen Infrastruktur, der Zentren und Quartiere erhalten. Eine gute Entscheidung für die Städte und Gemeinden im Land.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 31.01.2025

Nachdem die Reform des Aufstiegs-BAföG wegen Union und FDP nicht zustande kommen kann erklären Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Dr. Anja Reinalter, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Während Unternehmen verzweifelt nach qualifizierten Fachkräften suchen, setzen FDP und CDU die überfällige Reform des Aufstiegs-BAföG in den Sand. Obwohl wir zu weitreichenden Kompromissen bereit waren, nutzten FDP und CDU die Modernisierung der beruflichen Weiterbildungsförderung für parteipolitische Spielchen – und ließen unsere Angebote zu Verhandlungen unbeantwortet. Das ist sehr verwunderlich, schließlich wurde die Reform im BMBF unter FDP-Führung erarbeitet. Union und FDP geht es hier ganz offensichtlich nicht um die Sache.

Knapp 200.000 Weiterbildungen wurden in 2023 mit dem Aufstiegs-BAföG gefördert. Der Entwurf war beschlussreif und hätte konkrete Verbesserungen gebracht. Das Aus ist verantwortungslos gegenüber tausenden Menschen, die auf bessere Aufstiegschancen warten, und richtet der Wirtschaft leichtfertig weiteren Schaden an.

Bei allem Ärger und großer Enttäuschung bleiben wir Grüne dran. Wir brauchen mehr Menschen, die sich weiterbilden, und dafür eine bessere Förderung, zu der mehr Menschen Zugang haben.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.01.2025

Zur Einigung beim Mutterschutz nach Fehlgeburten erklären Franziska Krumwiede-Steiner, Bündnis 90/Die Grünen, Sarah Lahrkamp, SPD-Fraktion, und Silvia Breher, CDU/CSU-Bundestagsfraktion:

In dieser Sitzungswoche wird im Deutschen Bundestag fraktionsübergreifend der Mutterschutz bei Fehlgeburten verabschiedet. Es lagen zwei Gesetzesentwürfe vor – einer von CDU/CSU und einer von SPD und Grünen -, die das gleiche Ziel verfolgten und sich nur minimal unterschieden. Wir haben uns entschieden, den Gesetzentwurf von CDU/CSU zu verabschieden. Mit diesem Gesetz wird eine Schutzlücke geschlossen: Frauen, die eine Fehlgeburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erlitten, mussten sich bisher aktiv um eine Krankschreibung bemühen – mitunter ohne Garantie, diese auch zu erhalten. Durch die geplante Staffelung des Mutterschutzes ab der 13. Schwangerschaftswoche wird den körperlichen und seelischen Belastungen von Frauen in dieser Situation besser Rechnung getragen und Frauen in einer so schwierigen Lebenslage gezielt unterstützt.

Franziska Krumwiede-Steiner, Mitglied im Familienausschuss für Bündnis 90/Die Grünen:
Für viele Frauen zerbricht bei einer Fehlgeburt eine Welt. Es ist ein Erfolg, dass wir uns als Frauen fraktionsübergreifend zusammengeschlossen haben, um einen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten zu beschließen. Als Bündnisgrüne ist uns dabei besonders wichtig, dass wir damit die Lücke im Mutterschutzgesetz heilen und das Thema aus der Tabuzone holen. Jede dritte Frau in Deutschland ist betroffen und jede Fehlgeburt ist individuell. Frauen können fortan selbstbestimmt entscheiden, ob sie sich mit Mutterschutzleistungen körperlich und seelisch erholen, sich krankschreiben lassen oder weiterarbeiten.

Sarah Lahrkamp, Mitglied im Familienausschuss und Kinderbeauftragte der SPD-Fraktion:
Der Mutterschutz nach Fehlgeburten wird noch in dieser Legislaturperiode Realität. Frauen müssen in einer emotional und körperlich belastenden Situation nicht mehr um eine Krankschreibung bitten, sondern erhalten endlich einen gesetzlichen Anspruch auf die dringend benötigte Regenerationszeit. Diese gemeinsame Initiative aus der Mitte des Parlaments ist ein guter Tag für Frauenrechte und ein starkes Signal für unsere demokratische Kultur – sie zeigt, dass fraktionsübergreifend etwas Gutes gelingen kann.

Silvia Breher, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Mit dem gestaffelten Mutterschutz nach einer Fehlgeburt und der fraktionsübergreifenden Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf haben wir einen wichtigen frauenpolitischen Meilenstein erreicht. Künftig soll es einen Mutterschutz nach einer Fehlergeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche geben. Wir knüpfen damit an das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot, das nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche gilt, an. Eine Frau, die ihr Kind still geboren hat, muss sich insofern nicht mehr um eine Krankschreibung bemühen. Sie bekommt einen Schutzraum, um diesen schweren Verlust verarbeiten zu können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 29.01.2025

Zur Einigung über die Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes bei Fehlgeburten erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen:

„Eine empathische und bedarfsgerechte Unterstützung von Frauen nach Fehlgeburten muss in einer modernen Gesellschaft selbstverständlich sein. Mit der fraktionsübergreifenden Verabschiedung eines gestaffelten Mutterschutzes ab der 13. Schwangerschaftswoche schaffen wir endlich die politischen Rahmenbedingungen dafür. Ein derart traumatisches Erlebnis, das oft langanhaltende Folgen für die betroffenen Frauen und die Familien hat, erfordert nicht nur Zeit für die persönliche Verarbeitung, sondern auch den Zugang zu professioneller und umfassender Nachsorge. Für uns Freie Demokraten gilt: Keine Frau soll nach einer Fehlgeburt sofort wieder arbeiten müssen. Die dadurch entstehenden Mehrbelastungen sind überschaubar und für unsere Gesellschaft ohne Weiteres tragbar.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 29.01.2025

Armut ist ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, das sich einer eindeutigen und einfachen Messung entzieht. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (20/14826) auf eine Kleine Anfrage (20/14509) der Gruppe Die Linke. Oft werde in der Diskussion um das Ausmaß von Armut die sogenannte Armutsrisikoquote (ARQ) herangezogen. Diese messe den Anteil der Bevölkerung mit einem Nettoäquivalenzeinkommen unterhalb von 60 Prozent des mit der neuen OECD-Skala gewichteten Medianeinkommens (sogenannte Armutsrisikoschwelle). „Die ARQ misst aber keine Armut, sondern ist eine statistische Maßgröße für die Einkommensverteilung. Sie liefert insbesondere keine Information über individuelle Bedürftigkeit. Ihre Höhe hängt unter anderem von der zugrundeliegenden Datenbasis, der Bezugsgröße (50, 60 oder 70 Prozent des mittleren Einkommens), dem regionalen Bezug und der Gewichtung der Haushaltsmitglieder bei der Bestimmung des Nettoäquivalenzeinkommens ab. Der Indikator ist insbesondere für Teilpopulationen sehr volatil und kann je nach Datenquelle unterschiedlich ausfallen“, schreibt die Regierung weiter. Sie verweist außerdem darauf, dass aktuelle Daten zur Einkommens- und Vermögensverteilung voraussichtlich im Sommer 2025 mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 74 vom 05.02.2025

Asylbewerbern soll nach dem Wille den Bundesrates grundsätzlich bereits nach drei Monaten der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt eröffnet werden. Wie der Bundesrat in einem Gesetzentwurf „zur frühzeitigen Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt“ (20/14729) ausführt, ist die Bundesrepublik „durch die unkontrollierte Zuwanderung bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten in allen Bereichen an ihrer Belastungsgrenze angelangt“. Gleichzeitig trügen Migranten als Menschen und als Fach- und Arbeitskräfte zur Vielfalt und zum Wohlstand des Landes bei.

Um Asylbewerbern frühzeitig gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeitsmarktintegration zu ermöglichen und einen weiteren Anstieg der finanziellen Belastungen durch Asylbewerberleistungen zu vermeiden, sei es neben wirksamen Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration notwendig, arbeitsfähige Asylbewerber möglichst frühzeitig in Arbeit zu bringen, heißt es in der Vorlage weiter. Neben dem Wunsch von Asylbewerbern, schnell am Arbeitsleben teilhaben zu dürfen, erwarte auch die Migrationsgesellschaft, „dass diejenigen, die in Deutschland ein Asylverfahren durchlaufen und Solidarität erfahren, arbeiten“.

Die Möglichkeit eines frühzeitigen Zugangs von Asylbewerbern zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen spielt damit laut Bundesrat eine zunehmend wichtigere Rolle. Damit den genannten Gesichtspunkten Rechnung getragen werde, solle Asylbewerbern grundsätzlich nach drei Monaten Zugang zum regulären Arbeitsmarkt eröffnet werden.

Nach der derzeitigen Rechtslage unterliegen Asylbewerber indes den Angaben zufolge – je nachdem, ob sie dazu verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen – für drei beziehungsweise sechs Monate einem absoluten Beschäftigungsverbot. Um das angestrebte Ziel zu erreichen, sei eine Änderung von Paragraf 61 des Asylgesetzes unumgänglich.

Weiterhin ausgeschlossen bleiben soll der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt laut Vorlage für diejenigen Asylbewerber, bei denen die Gesetzeslage „ein absolutes Beschäftigungsverbot vorsieht, weil sie das Asylrecht missbrauchen“. Dies betreffe vor allem Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten und solche, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 71 vom 03.02.2025

Nach Angaben der Bundesregierung befinden sich derzeit 11.057 unbegleitete Minderjährige im Asylverfahren beziehungsweise im Asylklageverfahren. Davon seien 806 Personen unter 14 Jahre alt, die meisten Verfahren beträfen Minderjährige aus Syrien und Afghanistan, geht aus einer Antwort (20/14598) auf eine Kleine Anfrage (20/13997) der Gruppe Die Linke hervor.

Die Abgeordneten hatten sich nach der Situation beim Familiennachzug zu minderjährigen subsidiär Schutzberechtigten erkundigt. Dazu führt die Bundesregierung aus, der Gesetzgeber habe das Ziel, diese Gruppe besonders zu schützen. Zwar würden Termine zur Visumbeantragung grundsätzlich in chronologischer Reihenfolge abhängig vom Registrierungsdatum vergeben. Bei der möglichen Vergabe von Sonderterminen müsse jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, „dass dem Recht des minderjährigen Kindes, von seinen Eltern betreut zu werden, umso dringender Geltung verschafft werden muss, je jünger der oder die minderjährige Antragstellende beziehungsweise die Referenzperson ist“. Die Auslandsvertretungen seien aber auch angewiesen worden, grundsätzlich keine Sondertermine zu vergeben, wenn der einzig dafür vorgebrachte Grund das baldige Erreichen der Volljährigkeit sei. „Damit“,erklärt die Bundesregierung, „soll sichergestellt werden, dass der Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten von solchen Personen in Anspruch genommen werden kann, bei denen die vom Gesetz intendierten humanitären Gründe für den Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten in besonderem Maße vorliegen.“

Weiter weist sie darauf hin, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Asylanträge unbegleiteter Minderjähriger vorrangig bearbeite, um ihrem besonderen Unterstützungsbedarf im Asylverfahren Rechnung zu tragen. Die Bearbeitung erfolge durch speziell geschulte Entscheiderinnen und Entscheider, die mit den rechtlichen und praktischen Anforderungen dieser Fälle vertraut seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 69 vom 03.02.2025

Angesichts der steigenden Zahl wohnungsloser Menschen gibt es dringenden Handlungsbedarf, etwas gegen die Ursachen zu tun. Darüber bestand bei der Beratung des von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/14550) vorgelegten Wohnungslosenberichts 2024 am Mittwoch im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen Einigkeit unter den Mitgliedern. Laut Bericht sind mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland wohnungslos.

In der von der Vorsitzenden Sandra Weeser (FDP) geleiteten Sitzung nannte die Gruppe Die Linke die zunehmende Wohnungslosigkeit ein dramatisches Thema. Hauptursache für Wohnungslosigkeit seien Mietschulden. Angesichts steigender Mieten sei davon auszugehen, dass das Problem größer werde, warnte Die Linke.

Für die SPD-Fraktion zeigt der Bericht, dass bis zum Erreichen des Ziels, die Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden, noch viel zu tun ist. Bei Mietschulden hätten die Kommunen Möglichkeiten, zu helfen. Aber die Betroffenen würden oft zu spät über bestehende Hilfsmöglichkeiten informiert. Notwendig sei ein breiter parteipolitischer Konsens für weitere Maßnahmen, forderte die SPD-Fraktion.

Die CDU/CSU-Fraktion kritisierte, dass es keine konkreten finanziellen Mittel gebe. Auch sei in dem Bericht kein Fahrplan erkennbar, wie das Problem Wohnungslosigkeit gelöst werden solle. Der Bericht sei zu unkonkret, stellte die CDU/CSU-Fraktion fest. In diesem Zusammenhang forderte die CDU/CSU-Fraktion eine größere Unterstützung der Bahnhofsmissionen. Die Bahnhofsmissionen seien oft erste Anlaufstellen bei Wohnungslosigkeit.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte, dass sich erstmals eine Bundesregierung des Themas Wohnungslosigkeit angenommen habe. Der Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit sei ein wichtiges Zeichen, aber es fehle Geld für die Umsetzung.

Die AfD-Fraktion kritisierte, es würden zwar Maßnahmen in den Blick genommen, aber die Ursachen würden ignoriert. Diese Ursachen seien maßgeblich von der Politik verursacht, sagte ein Sprecher der Fraktion unter Hinweis auf die Migration. Durch Verringerung der Migrationszahlen könnten die Ursachen der Wohnungslosigkeit massiv verringert werden.

Die FDP-Fraktion verwies auf den Mangel an Wohnraum und vor allem an bezahlbarem Wohnraum. Der soziale Wohnungsbau müsse stärker gefördert werden. Auch müsse billiger und schneller gebaut werden.

Ein Vertreter der Bundesregierung zeigte sich erfreut, dass ein hoher parteiübergreifender Konsens bestehe. Wenn der Bund helfen wolle, müsse er das mit eigenen Finanzmitteln tun. Da sei die vorläufige Haushaltsführung suboptimal. Besonders wichtig sei Prävention. Man müsse alles tun, um zu verhindern, dass jemand in die Wohnungslosigkeit abrutsche.

Im Wohnungslosenbericht 2024 heißt es, Ende Januar/Anfang Februar 2024 seien rund 439.500 Personen im System der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht gewesen. Weitere rund 60.400 seien bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten untergekommen (verdeckt wohnungslose Personen), und rund 47.300 hätten auf der Straße oder in Behelfsunterkünften gelebt. Die Bundesregierung verweist in dem Bericht auf den Koalitionsvertrag, in dem das Ziel bekräftigt werde, die Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 in Deutschland zu überwinden. Hierfür sei am 24. April 2024 der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP W) im Bundeskabinett verabschiedet worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 59 vom 29.01.2025

Als Unterrichtung durch die Bundesregierung (20/14670) liegt der „Migrationsbericht 2023“ vor. Danach sind 2023 insgesamt 1.932.509 Menschen nach Deutschland zugewandert und 1.269.545 aus Deutschland fortgezogen, womit eine Nettomigration von plus 662.964 registriert wurde. Im Vergleich zu 2022 hat sich der Wanderungssaldo den Angaben zufolge mit minus 54,7 Prozent mehr als halbiert. Dies liege vor allem an der geringeren Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine, aus der im Vorjahr in Folge des russischen Angriffskrieges noch mehr als 1,1 Millionen Zuzüge verzeichnet worden seien, heißt es in dem Bericht weiter. 2023 kamen laut Vorlage rund 276.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland.

Das Migrationsgeschehen nach beziehungsweise aus Deutschland ist seit Jahren vor allem durch Zuwanderung aus beziehungsweise Abwanderung in andere europäische Staaten gekennzeichnet, wie die Autoren ausführen. Der Anteil der Zuwanderung aus den europäischen Staaten sei im Jahr 2023 mit 63,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken (2022: 76,2 Prozent), mache aber noch immer die deutliche Mehrheit der Zuzüge aus. Dabei kamen 32,7 Prozent der zugewanderten Personen aus Staaten der EU (2022: 24,6 Prozent). Auch bei den Fortzügen sei Europa die Hauptzielregion gewesen: 70,5 Prozent seien im Jahr 2023 aus Deutschland in ein anderes europäisches Land gezogen (2022: 71,0 Prozent). 45,5 Prozent seien in andere EU-Mitgliedstaaten abgewandert (2022: 47,2 Prozent).

Im Jahr 2023 stellte die Ukraine laut Vorlage mit 276.047 Zuzügen das Hauptherkunftsland von Zugewanderten, ihr Anteil an der Gesamtzuwanderung betrug 14,3 Prozent. An zweiter Stelle folgte dem Bericht zufolge Rumänien mit 189.321 Zuzügen und einem Anteil von 9,8 Prozent, an dritter Stelle die Türkei mit 126.487 beziehungsweise 6,5 Prozent aller Zuzüge nach Deutschland.

Bei der Abwanderung stand 2023 wie in den Vorjahren Rumänien an erster Stelle, wie aus der Unterrichtung ferner hervorgeht. Es seien 172.933 Personen in dieses Land fortgezogen (Anteil an der Gesamtabwanderung: 13,6 Prozent). Als weitere wichtige Zielländer werden die Ukraine (12,2 Prozent beziehungsweise 154.887 Fortzüge), Polen (7,2 Prozent beziehungsweise 91.431 Fortzüge) und Bulgarien (4,8 Prozent beziehungsweise 60.763 Fortzüge) genannt. Bei allen diesen Ländern sei somit ein hohes Wanderungsvolumen feststellbar, „das heißt, es ziehen sowohl viele Menschen nach Deutschland zu als auch wieder fort“.

Einen Asylerstantrag stellten im Jahr 2023 dem Bericht zufolge mit 329.120 deutlich mehr Menschen als noch 2022 mit 217.774. Dabei entfielen 22.603 oder 6,9 Prozent der im Jahr 2023 gestellten Asylanträge auf in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr.

Syrien nimmt laut Unterrichtung seit 2014 unter den zehn zugangsstärksten Staatsangehörigkeiten den ersten Rang ein.2023 wurden danach 102.930 Erstanträge von syrischen Staatsangehörigen gestellt, im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl die Zahl um 45,0 Prozent gestiegen (2022: 70.976). Die Zahl der gestellten Erstanträge von türkischen Staatsangehörigen sei von 2022 auf 2023 um 155,6 Prozent auf 61.181 gestiegen. An dritter Stelle folgten Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit mit 51.275 Asylanträgen (15,6 Prozent). Dies entspreche einem Anstieg von 41,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2022:36.358).

Wie aus der Unterrichtung des Weiteren hervorgeht, sind im Jahr 2023 insgesamt 72.400 Personen nach Deutschland eingereist, die einen Aufenthaltstitel zur Erwerbsmigration erhielten. Dies entspreche im Vergleich zum Vorjahr einer Abnahme um 0,9 Prozent.

2023 lebten dem Bericht zufolge nach Zahlen des Mikrozensus (auf Basis des Zensus 2011) in den deutschen Privathaushalten 24,9 Millionen Menschen, die selbst oder bei denen mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht seit der Geburt besitzen. Dies entspreche einem Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund von 29,7 Prozent. Ausländische Staatsangehörige mit eigener Migrationserfahrung – also Ausländer, die selbst zugewandert sind – stellten mit 10,7 Millionen Personen und einem Anteil von 42,9 Prozent die größte Gruppe unter den Menschen mit Migrationshintergrund dar. Insgesamt besitzen laut Vorlage 50,2 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 44 vom 27.01.2025

Das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ thematisiert die Gruppe Die Linke in einer Kleinen Anfrage (20/14575). Wie die Abgeordneten darin schreiben, fördert das Programm „ in ländlichen oder strukturschwachen Regionen Projekte für demokratische Teilhabe und gegen sogenannten Extremismus“. Wissen wollen sie unter anderem, wie viele Anträge auf Förderung für das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ für die aktuelle Förderperiode eingegangen sind und welche bewilligt beziehungsweise welche abgelehnt wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 44 vom 27.01.2025

Die Bundesregierung verteidigt in einer Antwort (20/14574) auf eine Kleine Anfrage (20/13982) der Gruppe Die Linke die Einschränkungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Zuge der Verabschiedung des Sicherheitspakets im vergangenen Herbst. Darin wurde geregelt, dass in sogenannten Dublin-Fällen, also wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Asylprüfung entsprechend der Dublin-III-Verordnung zuständig ist, kein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG mehr besteht. Eine Leistungseinstellung ist demnach „nach der Feststellung“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zulässig, wenn die Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat „rechtlich und tatsächlich möglich ist“.

Dieser Leistungsausschluss sei mit EU-Recht vereinbar, betont die Regierung in der Antwort. Weiter heißt es: „Die künftige Aufnahme-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2024/1346) und die neue Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung (Verordnung (EU) 2024/1351) sehen für bisherige Dublin-Fälle ab dem Zeitpunkt, in dem sie eine Überstellungsentscheidung erhalten haben, vor, dass sie nur noch in dem Land, in das sie überstellt werden sollen, Anspruch auf die in der künftigen Aufnahme-Richtlinie in den Artikeln 17 bis 20 enthaltenen Leistungen haben, unbeschadet der Verpflichtung, einen Lebensstandard im Einklang mit unions- und völkerrechtlichen Verpflichtungen vorzusehen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die künftige Aufnahme-Richtlinie bis zum Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen.“ Die Europäische Kommission habe hierzu erklärt, dass Maßnahmen der künftigen Aufnahme-Richtlinie, darunter auch der zuvor genannte Leistungsausschluss, schon vorzeitig zur Anwendung gebracht werden könnten. Die Bundesregierung teile diese Auffassung.„

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 42 vom 24.01.2025

Wenn von Betreuungsengpässen die Rede ist, denken viele zunächst an die vielen Familien, die keinen Platz in einer Kita, bei Tageseltern oder in der schulischen Ganztagsbetreuung bekommen haben. Doch auch ein großer Anteil der erwerbstätigen oder arbeitsuchenden Eltern, die offiziell für ihr Kind einen Betreuungsplatz haben, kann nicht mit einer zuverlässigen Betreuung planen. Knapp 60 Prozent von ihnen waren im vergangenen Herbst mit Kürzungen der Betreuungszeiten und/oder sogar kurzfristigen zeitweiligen Schließungen der Einrichtung konfrontiert. Rund 29 Prozent der Eltern mit Kindern in Betreuung berichteten dabei von zwei oder mehr ausgefallenen Betreuungstagen innerhalb von drei Monaten, knapp vier Prozent sogar von mehr als zehn Tagen. Das ist ein Ergebnis der neuen Welle der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung, für die im Dezember 2024 insgesamt mehr als 7.500 erwerbstätige und arbeitsuchende Personen online befragt wurden. Rund 1.000 Personen mit Kindern in Betreuungseinrichtungen erhielten Fragen zur Stabilität der Betreuung. Ein erheblicher Teil der Betroffenen, vor allem Mütter, mussten ihre eigene Erwerbsarbeitszeit reduzieren, um die Betreuungslücke zu schließen. 

„Die Mehrheit der befragten Eltern berichten von unzuverlässiger Betreuung. Das zeigt, dass der Staat vor einer doppelten Aufgabe steht. Er muss einerseits Betreuungsangebote ausbauen und andererseits die Qualität und Zuverlässigkeit der bestehenden Angebote sicherstellen. Ganz offensichtlich ist schon die personelle Ausstattung der bereits existierenden Angebote nicht ausreichend“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. „Die kommende Regierung muss den Ausbau und die Qualität von Kinderbetreuung und früher Bildung priorisieren. Es braucht dauerhafte und verlässliche Mehrinvestitionen in die Kinderbetreuung und den schulischen Ganztag“, so Kohlrausch, die die Befragung zusammen mit den WSI-Forschern Dr. Andreas Hövermann und Dr. Helge Emmler auswertet.

Von den insgesamt 1.023 befragten Müttern und Vätern, die ihre Kinder in einer Kita, bei einer/einem Tagesmutter/-vater oder einer Ganztagsschule in Betreuung gegeben haben, gaben 44 Prozent an, dass die Einrichtung in den drei Monaten vor der Befragung im Dezember kurzfristig und ungeplant geschlossen hatte, beispielsweise wegen Personalmangels bei Erkrankungen (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Bei ebenfalls 44 Prozent kam es zu Verkürzungen der vereinbarten Betreuungszeiten (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Da ein Teil der Eltern sowohl mit Kürzungen als auch mit Schließungen zurechtkommen musste, summiert sich die Quote der Betroffenen insgesamt auf 59,2 Prozent. Unter den von Schließungen betroffenen Eltern waren rund 15 Prozent mit Schließungen an einem Tag konfrontiert, fast 22 Prozent mussten Schließungen an zwei bis fünf Tagen ausgleichen und je knapp vier Prozent sogar an sechs bis zehn bzw. mehr als zehn Tagen.  

Viele Eltern stellen die Ausfälle vor große Probleme im Alltag: 32 Prozent der mit Schließungen oder Kürzungen der Betreuungszeiten Konfrontierten sagen, dass ihre Arbeitssituation von „starken“ oder „äußersten“ Belastungen geprägt sei gegenüber 24 Prozent unter Müttern und Vätern, die im Befragungszeitraum nicht davon betroffen waren. Dabei sind erwerbstätige Mütter noch deutlich stärker eingespannt als Väter. So gaben 64 Prozent der betroffenen Männer, die in heterosexuellen Partnerschaften leben, an, ihre Partnerin sei eingesprungen, um die Betreuungslücke zu schließen, unter den Frauen sagten das 48 Prozent über ihren Partner (siehe auch Abbildung 3). 48 Prozent der betroffenen Mütter und 43 Prozent der Väter haben während der Schließung oder Kürzung der Betreuungszeit Urlaub genommen oder Überstunden abgebaut, um die Betreuungslücke auszugleichen. 

33 Prozent der Väter und sogar 40 Prozent der Mütter mussten zeitweilig ihre Arbeitszeit reduzieren. Gerade Letzteres könne die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt vertiefen, warnt die Soziologin Kohlrausch: „Wir wissen zum Beispiel aus der Forschung, dass Personen mit geringerer Erwerbsarbeitszeit seltener Zugang zu Weiterbildung haben. Immer wieder Ausfälle in der Kinderbetreuung ausgleichen zu müssen, kann daher durchaus spürbare Konsequenzen auf den weiteren Erwerbsverlauf haben.“ Auch Verwandte und/oder Freunde spielen eine wichtige Rolle, um akute Betreuungskonflikte zu entschärfen. 

„Die Befragungsdaten zeigen, wie dringend die Infrastruktur der frühen Bildung und Betreuung und die Arbeitsbedingungen in Erziehungsberufen verbessert werden müssen“, analysiert WSI-Direktorin Kohlrausch. „Zu geringes Angebot und mangelnde Verlässlichkeit bei Kitas und Ganztagsschulen sind längst ein kritischer Engpass für die Berufstätigkeit von Millionen Eltern, insbesondere Müttern. Das passt schon gar nicht dazu, dass gleichzeitig gerne die Forderung erhoben wird, Erwerbstätige sollten ihre Erwerbsarbeitszeit erhöhen. Gerade Mütter, die die Hauptlast der unzureichenden Betreuungsangebote tragen, werden immer wieder als Gruppe genannt, die zu wenig Erwerbsarbeit leiste. Dafür müssen dann aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden – und eine wesentliche Voraussetzung ist ein verlässliches und qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot“, betont Kohlrausch. „Die dafür nötigen Investitionen sind groß, aber in jedem Fall gut angelegtes Geld. Neben den finanziellen Investitionen braucht es zudem eine Fachkräfteoffensive, da der Ausbau des Betreuungsangebots inzwischen häufig nicht mehr nur am Geld, sondern auch an den fehlenden Fachkräften scheitert.“

Hier geht es zur PM mit Abbildungen.

Informationen zur Befragung

Für die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung werden Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online zu ihrer Lebenssituation befragt. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.01.2025

Zahl und Anteil der Verheirateten binnen 30 Jahren nahezu kontinuierlich gesunken: 1993 waren noch 60 % der Bevölkerung ab 18 Jahren verheiratet

Jede zweite erwachsene Person in Deutschland ist verheiratet. Das entsprach 35,0 Millionen Menschen, die Ende 2023 in einer Ehe lebten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Welttag der Ehe am 9. Februar mitteilt, waren das gut 50 % der Bevölkerung ab 18 Jahren hierzulande. Zahl und Anteil der Verheirateten sinken jedoch seit Jahren nahezu kontinuierlich: 30 Jahre zuvor hatten noch rund 39,3 Millionen volljährige Menschen in einer Ehe gelebt, das waren 60 % aller Erwachsenen. 

Jede dritte erwachsene Person ist ledig – Anteil deutlich gestiegen

Im selben Zeitraum stieg die Zahl der volljährigen ledigen Personen und ihr Anteil an der Bevölkerung ab 18 Jahren deutlich. Ende 2023 waren 22,6 Millionen Menschen ab 18 Jahren ledig, also nicht verheiratet, verwitwet oder geschieden. 1993 waren gut 15,8 Millionen Erwachsene ledig. Der Anteil der Ledigen an der Bevölkerung ab 18 Jahren ist binnen 30 Jahren von 24 % auf rund 33 % gestiegen.

Durchschnittsalter bei der ersten Heirat auf neuem Höchststand

Dass der Anteil der Verheirateten seit Jahren schrumpft, geht auch damit einher, dass die Menschen bei ihrer ersten Heirat immer älter sind – sofern sie überhaupt heiraten. Das Durchschnittsalter bei der ersten Eheschließung ist binnen 30 Jahren um rund sechs Altersjahre gestiegen und hat einen neuen Höchststand erreicht: Im Jahr 2023 waren Frauen bei ihrer ersten Heirat im Schnitt 32,8 Jahre alt, Männer 35,3 Jahre. 1993 hatte das Durchschnittsalter bei der ersten Eheschließung für Frauen bei 26,8 Jahren und für Männer bei 29,2 Jahren gelegen. 

Zahl der Eheschließungen auf zweitniedrigstem Stand seit 1950

Die Zahl der Eheschließungen insgesamt ist langfristig rückläufig. 2023 wurden insgesamt 361 000 Ehen geschlossen, das war der zweitniedrigste Stand seit 1950. Mehr als drei Viertel (78 %) der 722 000 Eheschließenden heirateten zum ersten Mal, waren zuvor also weder geschieden noch verwitwet. Gut 97 % der Ehen schlossen Paare unterschiedlichen Geschlechts und knapp 3 % Paare gleichen Geschlechts. Nach der Einführung der Ehe für alle im Oktober 2017 gehen seit dem Berichtsjahr 2018 auch gleichgeschlechtliche Eheschließungen in die Statistik ein. 

Methodische Hinweise:

Seit dem 1. Oktober 2017 gibt es die Ehe für alle. Ab dem Berichtsjahr 2018 sind die gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in den Eheschließungsdaten enthalten. Eingetragene Lebenspartnerschaften konnten ab dem 1. Oktober 2017 nicht mehr eingegangen werden. 

Die Bevölkerungszahlen nach dem Familienstand für das Jahr 2023 sind Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2022, die Ergebnisse für das Jahr 2013 resultieren aus der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011. 

Weitere Informationen:

Abbildung der Bevölkerung nach Familienstand und Altersgruppen
Tabellen zur Bevölkerung in GENESIS-Online
Tabelle zu Eheschließungen seit 1950 in GENESIS-Online
Statistischer Bericht – Eheschließungen 2023

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 04.02.2025

Akademiker*innen wohnen häufiger zentral und profitieren von kurzen Wegen

Menschen mit Hochschulabschluss wohnen häufiger in großen Städten und dort in zentralen Wohnvierteln mit guter Infrastruktur. Ihre Alltagswege sind daher im Durchschnitt 17 Prozent kürzer als die von Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss. So haben sie mehr Zeit für Mobilitätsformen, die umweltfreundlicher, aber langsamer sind. Das zeigt eine Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die auf Daten zur Alltagsmobilität beruht.

Frühere Forschungen führten das umweltfreundliche Mobilitätsverhalten von Akademiker*innen oft auf ein höheres Umweltbewusstsein zurück – neben den besseren finanziellen Möglichkeiten. Die WZB-Studie zeigt nun erstmals, dass auch räumliche Vorteile, wie eine zentrale Wohnlage, einen entscheidenden Einfluss haben.

Für die Untersuchungen wurden Daten für die Jahre 2002 und 2017 ausgewertet. In diesem Zeitraum hat sich der Trend zu zentralem Wohnen unter formal höher Gebildeten weiter verstärkt. Menschen mit Hochschulabschluss wohnen im Jahr 2017 drei Mal häufiger als Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss in Großstädten (Abbildung 1).

In weiteren Analysen aller Städte mit mehr als 500.000 Einwohner*innen zeigt sich, dass Personen mit Hochschulabschluss im Vergleich zu Menschen ohne Abitur 1,37 Kilometer näher am Stadtzentrum wohnen (Abbildung 2). Dadurch sind ihre Alltagswege zwischen 11 und 20 Prozent kürzer als die von formal niedriger Gebildeten. Dies ermöglicht es ihnen, Alltagswege, etwa zu Besorgungen oder Freizeitaktivitäten, in kürzerer Zeit zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr zu erledigen, also nicht auf das Auto angewiesen zu sein. Bei Arbeitswegen zeigt die Studie keinen Unterschied. Doch auch dies könnte sich ändern: Mit Zunahme des Homeoffice könnten gerade für höhergebildete Personen Arbeitswege weniger werden, vermuten die Autor*innen.

„Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass nachhaltige Mobilität oft weniger eine bewusste Entscheidung ist, sondern schlicht mit dem privilegierten Zugang zu zentralen Stadtlagen zu tun hat, der sich aus der Wohnortwahl ergibt“, erklärt WZB-Forscherin Sarah George. Ihre Kollegin Katja Salomo gibt zu bedenken: „Wir sehen unterschiedliche Erfahrungswelten. Privilegierte können nachhaltige Mobilitätsentscheidungen mit geringeren zeitlichen Kosten leichter treffen, weniger Privilegierte jedoch nicht. Das erschwert einen gesellschaftlichen Konsens, den die Mobilitätswende braucht.“

Die Untersuchung basiert auf Daten zur Alltagsmobilität und umfasst 16.419 Wege von 4.168 Personen im Jahr 2002 sowie 102.774 Wege von 26.036 Personen im Jahr 2017. Die Daten sind repräsentativ für deutsche Bewohner*innen in großen Städten im Alter von 18 bis 59 Jahren.

Die Studie ist in der Zeitschrift Cities erschienen und hier frei zugänglich.

Quelle: Pressemitteilung Wissenschaftszentrum Berlin
für Sozialforschung vom 03.02.2025

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen des Neujahrsempfangs des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wurden gestern Abend drei außergewöhnliche Engagement-Projekte mit dem Lotte-Lemke-Engagementpreis (LLEP) 2025 ausgezeichnet. Der Abend mit über 200 Gästen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft beleuchtete zudem das Schwerpunktthema “Künstliche Intelligenz und Demokratie”.

In drei Kategorien erhielten die Preisträger*innen des LLEP für ihre Beiträge zum gelingenden Zusammenleben sowie zur Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenslagen die verdiente Würdigung: das Second-Hand-Geschäft AWO Fundgrube des Kreisverbands Rhein-Oberberg, das Projekt „SoliRADisch“ der Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt beim AWO-Landesjugendwerk Sachsen-Anhalt und das Kinderpat*innen-Projekt „AWO KiPa“ des AWO Kreisverbands Herford.

Über 70 Projekte aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich um den begehrten Preis beworben. „Die Entscheidung war nicht einfach, da alle eingereichten Projekte bemerkenswerte Ansätze und tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Gemeinschaften hatten. Doch die drei ausgezeichneten Projekte stehen stellvertretend für das Engagement, das uns in der AWO so wichtig ist: Sie zeigen auf kreative, nachhaltige und innovative Weise, wie ehrenamtliches Engagement das Zusammenleben stärken kann“, erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.

AWO-Präsident Michael Groß lenkte den Blick angesichts der anstehenden Bundestagswahl auf die Bedeutung von Gerechtigkeitsfragen: “Der Ungleichheitsbericht von Oxfam hat gerade erst wieder gezeigt, dass Deutschland eines der sozial ungerechtesten Länder ist. Das ist gefährlich für uns alle: Soziale Ungleichheit bringt die Demokratie in Gefahr. Wir müssen etwas dafür tun, dass wieder Kindergärten finanziert werden können statt privatem Luxus.”

Die stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, Klara Geywitz, betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung der freien Wohlfahrt für das demokratische Miteinander: „Die AWO ist seit ihrer Gründung stark darin, Demokratie und Vielfalt zu fördern. Die AWO stellt sich Rassismus und Ausgrenzung entgegen, sie steht ein für Solidarität.”

Das abschließende Panel unter Moderation von Holger Klein mit den Gästen Clara Helming von AlgorithmWatch Helming, Dr Alexander Löser vom Forschungszentrum Data Science an der BHT, Rainer Rehak vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft und Dr. Theresa Züger vom Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft führte diese Fragestellungen mit Blick auf Wechselwirkungen, Chancen und Risiken der Digitalisierung aus.

Impressionen vom Neujahrsempfang und mehr Informationen zu den Gewinner*innen des Lotte-Lemke-Engagementpreises gibt es hier: https://awo.org/artikel/neujahrsempfang-2025.  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 31.01.2025

Angesichts der jüngsten Warnungen vor einer existenziellen Krise der Pflegeversicherung fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) von der nächsten Bundesregierung sofortige Maßnahmen für eine nachhaltige Reform der Pflege in Deutschland. Dem Thema widmet der Wohlfahrtsverband auch einen Schwerpunkt in seiner Kampagne zur Bundestagswahl.

“Inzwischen sind mindestens drei Bundesregierungen in Folge an der Aufgabe gescheitert, die Pflege in Deutschland verlässlich solide aufzustellen – obwohl tragfähige Pläne für eine gute Reform lange auf dem Tisch liegen. Dieses politische Versagen darf sich auf keinen Fall fortsetzen”, erklärt dazu Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, “Wir erwarten von der nächsten Bundesregierung eine schnelle und nachhaltige Reform, damit die Menschen in Deutschland keine Angst mehr um ihre Pflege haben müssen.

Die notwendigen Maßnahmen und Konzepte liegen bereits vor, sie müssen nur endlich umgesetzt werden, vor allem: die Eigenanteile von pflegebedürftigen Menschen deckeln, die Länder bei der Finanzierung der Investitionskosten in die Pflicht nehmen, die Leistungen der Pflegeversicherung regelhaft und indexbasiert dynamisieren und die Pflegeversicherung von versicherungsfremden Kosten entlasten. Ein erster Schritt dahin – und eine schnelle finanzielle Entlastung – wäre die zeitnahe Rückzahlung der Pandemiekosten von 5,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln. Flankierend braucht es eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten und die Ausweitung und Flexibilisierung der Familienpflegezeit, wie vom unabhängigen Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf 2022 vorgelegt.“

Die Einführung einer Bürgerversicherung in der Pflege kann eine notwendige Ausweitung der Pflegeleistungen hin zu einer vollständigen Übernahme aller pflegebedingten Kosten finanzieren. Das belegen aktuelle Zahlen des Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Rothgang. Das Gutachten sowie weitere Informationen zu den Forderungen des Bündnisses sind hier abrufbar: www.solidarische-pflegevollversicherung.de

Die Arbeiterwohlfahrt hat angesichts der vorgezogenen Bundestagswahl 15 Kernforderungen an die nächste Bundesregierung formuliert. Sie setzt sich in diesem Rahmen unter anderem für eine Bürgerversicherung und gute Pflege für alle ein. Mehr dazu unter: https://awowaehltdemokratie.awo.org/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 29.01.2025

Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust legt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) am Montag, den 27. Januar einen Kranz in der Gedenkstätte Sachsenhausen nieder und gedenkt der millionenfach Verfolgten und Ermordeten. 

„Am heutigen Tag gedenken wir des unvorstellbaren Leids jener Menschen, die Opfer der Vernichtungsideologie des nationalsozialistischen Regimes wurden. Im 80. Jahr nach der Befreiung der Konzentrationslager erinnern wir aus historischer Verantwortung gegenüber den Getöteten, Überlebenden und Nachkommen. Zugleich ist das Erinnern auch eine Mahnung an uns alle im Hier und Jetzt, unsere Demokratien zu schützen und menschenverachtenden Ideologien mutig entgegenzutreten“, so die Präsidiumsvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Kathrin Sonnenholzner, „Zivilgesellschaftliche Organisationen mahnen seit Jahrzehnten an, die Gefahr von rechts, den immer unverfrorener auftretenden Antisemitismus und Rassismus nicht zu ignorieren. Es gilt mehr denn je, entschlossen und gemeinsam unser vielfältiges und demokratisches Miteinander zu schützen. Die Arbeiterwohlfahrt ruft alle Demokrat*innen dazu auf, gemeinsam ein deutliches Zeichen für Solidarität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu setzen. Wir rufen dazu auf, demokratische Rechte und Pflichten wahrzunehmen, und die Demokratie gegen Menschenfeinde zu verteidigen – bei Wahlen, auf der Straße, aber auch im Alltag. Menschen, die diskriminiert und verfolgt werden, benötigen unseren Schutz. Und sie werden ihn erhalten.“

Hintergrund:

Am 27. Januar 2025 ist der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Seit dem Jahr 2009 gibt es in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg ein AWO Mahnmal für die von den Nationalsozialisten verfolgten, inhaftierten und ermordeten Mitglieder der AWO. Die Arbeiterwohlfahrt nimmt regelmäßig an den Gedenkveranstaltungen teil und würdigt die Opfer des Nationalsozialismus. Mitgedenken – mitgestalten, so lautet das Thema der Veranstaltung in der Gedenkstätte in diesem Jahr. Die AWO wurde durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 zerschlagen, ihre Mitglieder verfolgt, inhaftiert und ermordet. Vor diesem Hintergrund engagiert sich der Verband gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für eine plurale, diverse, demokratische Gesellschaft.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.01.2025

Seit dem 1. Januar 2004 gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland. Der Deutsche Gewerkschaftsbund veranstaltet aus diesem Anlass eine Fachtagung am Mittwoch in Berlin. Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission sagte:

„Der Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte. Trotz der Horrorszenarien, die manche Ökonomen an die Wand malten, wurde er auch kein Job-Killer. Im Gegenteil: Seit er gilt, ist die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen, vor allem die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat sich gut entwickelt. Vom Mindestlohn profitieren über sechs Millionen Beschäftigte. Klar ist aber auch, dass wir den Mindestlohn weiterentwickeln müssen – er muss armutsfest werden. Im Juni dieses Jahres wird die Mindestlohnkommission einen neuen Beschluss zur künftigen Höhe des gesetzlichen Mindestlohns fassen. Dabei ist für die Gewerkschaften im Gremium ganz klar: Die EU-Mindestlohnrichtlinie, die neue Kriterien für einen angemessenen Mindestlohn umfasst, muss berücksichtigt werden. Demnach ist ein Mindestlohn angemessen, wenn er mindestens 60 Prozent des mittleren Durchschnittslohns von Vollzeitbeschäftigten beträgt. Übertragen auf Deutschland müsste die Lohnuntergrenze dann auf etwa 15 Euro steigen.

Klar ist aber auch, dass der Mindestlohn immer nur die unterste Haltelinie sein kann. Generell wollen wir Gewerkschaften bessere Löhne durch Tarifverträge erreichen. Die Tarifbindung in Deutschland sinkt jedoch seit Jahren. Ein Grund dafür ist, dass sich viele Arbeitgeber immer öfter aus der Verantwortung stehlen, indem sie aus Arbeitgeberverbänden austreten und keine Tarifverträge mehr abschließen.

Die nächste Bundesregierung sehen wir in der Pflicht, die Tarifbindung wieder zu stärken. Dafür brauchen wir ein wirksames Bundestariftreuegesetz. Zudem müssen Tarifverträge leichter für gesamte Branchen allgemeinverbindlich erklärt werden können. Auch ein digitales Zugangsrecht für die Gewerkschaften in die Betriebe muss endlich kommen.“ 

Mit einer Tarifbindung von nur noch knapp 50 Prozent liegt Deutschland unter den westeuropäischen EU-Mitgliedern auf dem vorletzten Platz. Nur noch Irland liegt hinter uns. (WSI 2024) https://www.wsi.de/fpdf/HBS-008844/p_wsi_studies_38_2024.pdf

Broschüre zum Download: 10 Jahre gesetzlicher Mindestlohn. Rückblick – Ausblick – Wirkungen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 29.01.2025

Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen hat in seinem heute veröffentlichten Gutachten erstmals die sozialen Folgen von Klimaschutzmaßnahmen untersucht. Die Diakonie Deutschland fordert, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und den Klimaschutz sozial gerechter zu gestalten.

Elke Ronneberger, Bundesvorständin der Diakonie Deutschland: „Das Gutachten zeigt: Klimaschutz ist zu oft eine Frage des Geldbeutels. Das muss sich ändern. Um unsere Klimaziele zu erreichen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken, müssen wir allen Einkommensgruppen den Umstieg auf eine klimaneutrale Lebensweise ermöglichen. Ein Weg dazu sind gezielte Förderprogramme wie der neue Einkommensbonus in der Bundesförderung für effiziente Gebäude. Auch ein bundesweites Sozialticket würde mehr Menschen eine nachhaltige Mobilität ermöglichen und zugleich ihre gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Wichtige Bausteine sind außerdem Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, zum Beispiel in kommunale Wärmenetze, den öffentlichen Nahverkehr und für mehr bezahlbaren und energieeffizienten Wohnraum.“ 
 
Hintergrund 
Die Diakonie Deutschland setzt sich seit Jahren dafür ein, dass ambitionierter Klimaschutz umgesetzt und soziale Fragen in der Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Dazu braucht es einen abgestimmten Instrumentenmix. Es braucht klare ordnungsrechtliche Regelungen, die den Rahmen für wirksamen Klimaschutz setzen. Umfassende Investitionen in eine nachhaltige öffentliche Infrastruktur, die für alle zugänglich ist, schaffen für viele erst die Voraussetzung, auf nachhaltige Alternativen umzusteigen. Dazu gehören der Erhalt und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ebenso wie der Ausbau kommunaler Wärmenetze oder erneuerbare Energien. Um unzumutbare finanzielle Belastungen zu vermeiden, die aus diesen Veränderungen entstehen könnten, braucht es zusätzlich sozial ausgerichtete Förderprogramme, die einen Umstieg auf nachhaltigere Lebensweisen auch für Menschen mit geringem Einkommen ermöglichen. 

Weitere Informationen:

Diakonie-Positionspapier „Die sozial-ökologische Transformation: Chancen für die Menschen, die Gesellschaft und die Demokratie“  
 
Soziale Transformation gerecht gestalten

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  
Diakonie und Entwicklung e.V.  vom 05.02.2025

Der Bundestag hat heute das von der Unionsfraktion vorgeschlagene „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgelehnt und damit eine Verschärfung der Migrationspolitik verhindert.

Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie, kommentiert die Entscheidung: „Dies ist ein Sieg der Vernunft und ein klares Signal gegen einen Dammbruch. Es ist nicht akzeptabel, die Unterstützung von Parteien einzukalkulieren, die unsere demokratische Grundordnung und eine rechtsstaatlich basierte Migrationspolitik ablehnen. Die bestehenden gesellschaftlichen Herausforderungen müssen von demokratischen Kräften gelöst werden, nicht von Extremisten, die Vernunft und Menschenwürde missachten und die Gesellschaft spalten wollen.“ Schuch warnte vor einer Politik, die lediglich Ängste und Rassismus schürt, ohne die tatsächliche Sicherheit zu verbessern. 
 
„Wir müssen uns ernsthaft mit der Migrations- und Sicherheitspolitik auseinandersetzen und dabei auch die ganz unterschiedlichen Sorgen und Ängste in unserer Einwanderungsgesellschaft ernst nehmen. Dabei sind aber stets die unveräußerliche Menschenwürde, die Rechtsstaatlichkeit und die Vernunft als Leitprinzipien zu wahren.“ 
 
Schuch rief alle demokratischen Parteien auf, insbesondere im Hinblick auf mögliche Koalitionsverhandlungen nach dem 23. Februar ihre politische Glaubwürdigkeit und Dialogfähigkeit zu bewahren. „Es ist an der Zeit, dass sich die demokratischen Parteien und die Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam den Herausforderungen stellen. Die Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände stehen mit ihrer Erfahrung beratend zur Verfügung. Auch Sicherheitsbehörden, Wissenschaft und Praktiker vor Ort sollten in diesen Prozess einbezogen werden.“ 

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  
Diakonie und Entwicklung e.V.  vom 31.01.2025

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat sich in einer aktuellen Stellungnahme gegen ein Sexkaufverbot ausgesprochen. „Sexarbeiter*innen brauchen Schutz, Rechte und Zugang zu sozialer Absicherung und keine Kriminalisierung“, betont die djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Nach Auffassung des djb ist wissenschaftlich nicht belegt, dass ein Sexkaufverbot die erheblichen Risiken von Prostitution, wie Ausbeutung oder Gewalt, verringert. Vielmehr geht die Verdrängung der Prostitution in weniger sichtbare Bereiche mit einem erhöhten Gesundheits- und Gewaltrisiko für Sexarbeiter*innen einher. Eine pauschale Kriminalisierung des Sexkaufs im Sinne des sogenannten Nordischen Modells greift schwerwiegend in die Grundrechte von Sexarbeiter*innen ein. Der djb lehnt ein pauschales Sexkaufverbot daher aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen ab.

Die Debatte um ein Sexkaufverbot berührt grundlegende Fragen der Menschenwürde, der Freiheitsrechte und des Autonomieverständnisses von Sexarbeiter*innen. Der djb erkennt an, dass Sexarbeit als hochgradig vergeschlechtlichtes Phänomen problematische Implikationen für das Geschlechterverhältnis und den staatlichen Gleichstellungsauftrag mit sich bringt. Nicht alle Formen von Sexarbeit dürfen indes pauschal als unfreiwillig eingestuft werden. Ein Sexkaufverbot, wie es beispielsweise von der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag gefordert wird, würde Nachfragende kriminalisieren und damit einen Markt zu regulieren versuchen, dessen Vielgestaltigkeit und Komplexität damit nicht erfasst wird.

„Eine Unterscheidung zwischen selbstbestimmter Sexarbeit und Zwangsprostitution ist nicht nur tatsächlich möglich, sondern auch rechtlich erforderlich, um den notwendigen Schutz zu gewährleisten, ohne Grundrechte zu beschneiden“, erklärt Dilken Çelebi, LL.M., Vorsitzende der Kommission für Strafrecht im djb.

„Wir erwarten, dass die für diesen Sommer angekündigte Evaluierung des Prostituierten-schutzgesetzes Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung des grundsätzlich sachgerechten Regulierungsmodells bieten wird“, unterstreicht Dr. Stefanie Killinger, LL.M. (Lond.), Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung im djb. Der djb bleibt im Austausch mit Politik, Wissenschaft und Praxis, um einen sachlichen und grundrechtskonformen Ansatz in der Regulierung von Sexarbeit zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 05.02.2025

Der Familienbund der Katholiken ruft die politischen Parteien auf, Bildung als zentrale Zukunftsaufgabe in den Mittelpunkt zu stellen. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl fordert der Verband mutige und zukunftsorientierte Weichenstellungen, um Chancengerechtigkeit und die bestmögliche Förderung für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.

„Kinder und Jugendliche brauchen verlässliche und hochwertige Bildungsangebote, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder dem Wohnort. Familien sind bereit, ihren Beitrag zu leisten. Dennoch brauchen sie eine Politik, die ihnen dabei den Rücken stärkt“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes.

Bildung ist weit mehr als ein individueller Erfolgsmotor. Sie ist die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Besonders Familien erleben täglich, wie entscheidend gute Bildungsangebote für die Entwicklung ihrer Kinder sind. Der Familienbund der Katholiken betont daher, dass Bildungspolitik nicht nur eine Frage der Kitas und Schulen, sondern eine der ganzen Gesellschaft ist.

Der Familienbund der Katholiken fordert von den politischen Parteien, dass die folgenden Punkte mit Priorität angegangen werden: Bildungsgerechtigkeit, Fachkräftegewinnung, Kooperation mit den Familien und zwischen den Institutionen.

„Die alarmierenden Ergebnisse der jüngsten Bildungsstudien zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Jeder vierte Jugendliche kann nicht ausreichend lesen, und die Kluft zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Kindern wächst stetig. Wir dürfen die Zukunft unserer Kinder und damit unserer Gesellschaft nicht aufs Spiel setzen“, betont Hoffmann.

Der Familienbund begrüßt insbesondere Maßnahmen zur Stärkung der frühen Hilfen, zur Verbesserung der Vorschul- und Sprachförderung bei Förderbedarf sowie zur besseren Zusammenarbeit zwischen Kitas und Grundschulen. „Es ist entscheidend, dass benachteiligte Kinder besonders gefördert werden, um Chancengerechtigkeit im Bildungssystem herzustellen“, so Hoffmann weiter.

Gleichzeitig mahnt der Familienbund, dass erfolgreiche Bildungspolitik nicht nur eine Frage von Finanzmitteln ist. Investitionen sind essenziell, doch ebenso wichtig ist eine langfristige Stärkung des Bildungssystems, die Gewinnung von qualifiziertem Fachpersonal und eine bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

„Bildung, Chancengerechtigkeit und Familienförderung müssen Hand in Hand gehen. Nur so können wir sicherstellen, dass alle Kinder in Deutschland die Möglichkeit haben, ihr Potenzial zu entfalten – unabhängig von ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Herkunft. Denn Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft unserer Gesellschaft“, resümiert Hoffmann.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 28.01.2025

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 27. Februar 2025

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Rahmen der Awareness-Kampagne #Mädchenperspektiven hat der SOS-Kinderdorf e.V. das ungleiche Aufwachsen von Mädchen und Jungen thematisiert. Der Verein möchte die Selbstbestimmung junger Frauen stärken und auf die Auswirkungen der Beziehungsqualität auf die mentale Gesundheit aufmerksam machen. Parallel wurde beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) die Studie „Beziehungen, Sexualität und Partnerschaftsgewalt bei Mädchen und jungen Frauen in der stationären Erziehungshilfe“ in Auftrag gegeben, die die Lebensrealitäten junger Frauen in der Kinder- und Jugendhilfe abbildet. In der Veranstaltung werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt und Empfehlungen für die Beziehungsarbeit und die Sexualpädagogik abgeleitet.

An der Veranstaltung wirken mit:
Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende von SOS Kinderdorf e. V.

Dr. Susanne Witte, Wissenschaftlerin beim DJI, Abteilung Familie, Familienpolitik

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 23. und 24. Mai 2025

Veranstalter: Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen (BAGE) e.V. und Dachverband der Brandenburger Eltern-Initiativ-Kitas und kleinen freien Träger (DaBEI e.V.)

Ort: Potsdam

Ihr habt Lust auf Austausch unter Gleichgesinnten, fachliche Inputs und tolle Workshops zum Thema „Vielfalt und Demokratie“? Dann laden wir euch am 23. und 24. Mai 2025 herzlich zur Fachtagung „Ene, mene muh – Dabei bist du! Außen vor oder mittendrin? Vielfalt und Demokratie in Elterninitiativen und kleinen freien Trägern leben“ nach Potsdam ein. Die Tagung ist offen für Eltern und Familien, Fachkräfte und alle Interessierte an Elterninitiativen und selbstorganisierter Kindertagesbetreuung.
Euch erwarten viele tolle Menschen, die sich in den unterschiedlichsten beruflichen und privaten Kontexten mit dem Thema unseres Fachtags auseinandersetzen, ihr Wissen mit uns teilen und in den gemeinsamen Austausch zu den Spannungsfeldern gehen möchten. Für den Fachvortrag zum Thema: „Vielfalt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede“ konnten wir Petra Wagner vom Institut Kinderwelten für diskriminierungskritische Bildung e.V. gewinnen. Außerdem haben wir vielfältige Formate zur Vertiefung verschiedener Aspekte aus dem Themenbereich Vielfalt und Demokratie und zum weiteren Austausch vorbereitet.
Die Fachtagung wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Der Teilnahmebeitrag beträgt 110€ inklusive Verpflegung (ohne Übernachtung).

Weitere Informationen, Programm, Workshopübersicht und Anmeldung hier: https://dabei-brandenburg.de/fachtagung-der-elterninitiativen-und-kleine-freie-traeger-2025-in-potsdam/

Termin: 04. Juni 2025

Veranstalter: Bundesforum Männer e.V.

Ort: Berlin

Gemeinsam mit Expert:innen, Praktiker:innen aus dem Feld und weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren möchten wir unter anderem folgende Fragen diskutieren:

  • Welche Rolle spielen Männer und Männlichkeitsbilder in Extremismus und Antifeminismus?
  • Welche Ansätze gibt es, Antifeminismus und Hass wirksam zu begegnen?
  • Wie können demokratische Werte, Gleichstellung und positive Männlichkeitsbilder gefördert werden?

Programm-Highlights 

  • Begrüßung und Einführung durch Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender Bundesforum Männer
  • Keynote zu Männern und Männlichkeit:en im Extremismus
  • Paneldiskussion mit Expert:innen wie Matthias Heider (IDZ – Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft), Judith Rahner (Deutscher Frauenrat), Engin Karahan (Alhambra-Gesellschaft) und Dr. Dag Schölper (Bundesforum Männer)
  • Workshops zu weiteren Extremismusfeldern und Good Practices
  • Gesamtmoderation: Katharina Linnepe

Politischer Jahresempfang mit Ferda Ataman

Wir freuen uns, dass Ferda Ataman, unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, für den politischen Jahresempfang ab 17:30 Uhr einen fachlichen Impuls zugesagt hat. Im Anschluss haben Sie Gelegenheit, sich bei Finger Food und Getränken zu vernetzen und ins Gespräch zu kommen.  

Melden Sie sich jetzt für den Fachtag und/oder politischen Jahresempfang an – die Teilnahme ist kostenlos! 

Mehr Infos und Anmeldung

WEITERE INFORMATIONEN

Sehr geehrte Kolleg:innen,

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Weiterbildungs-Master „Angewandte Familienwissenschaften“ (M.A.) an der HAW Hamburg zum Wintersemester 2025 erneut Studierende aufnehmen wird. Ab sofort können Sie sich für einen Studienplatz bewerben.

Bewerbungsfrist: 30.04.2025

Das Master-Programm befasst sich mit Familie aus interdisziplinärer Sicht und richtet sich an alle, die sich berufsbegleitend zu Fach- und Führungskräften im Bereich der Arbeit mit Familien qualifizieren möchten. Auch Personen ohne ersten Hochschulabschluss können Zugang zum Studium erhalten.

Weitere Informationen zum Studiengang und zum Bewerbungsverfahren finden Sie im anhängenden Flyer und auf unserer Internetseite: https://familienwissenschaftenhamburg.wordpress.com/

Darüber hinaus findet am 20.02.2025 um 18.00 Uhr eine Online-Informationsveranstaltung statt.
Bei Interesse an einer Teilnahme oder bei Fragen nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf: familienwissenschaften@haw-hamburg.de

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung.

Mit freundlichen Grüßen aus der HAW Hamburg
Ihr Team der Angewandten Familienwissenschaften

Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Weiterbildungs-Master „Angewandte Familienwissenschaften“
Alexanderstraße 1
20099 Hamburg
Raum 9.20
Telefon: 040 42875 7157 oder 7155 oder 7154
mail: familienwissenschaften@haw-hamburg.de

Am kommenden Montag, den 10. Februar 2025, findet im Rechtsausschuss des Bundestags eine Anhörung zum Gesetzesentwurf „Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs“ (BT-Drucksache 20/13775) statt. Dies nimmt der pro familia Bundesverband zum Anlass, eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abzugeben.

Der Gesetzentwurf basiert auf einer umfassenden Diskussion über die aktuelle Regelung zum Schwangerschaftsabbruch, unter Einbeziehung neuer Forschung und praktischer Erfahrungen. Das Ergebnis ist eindeutig: Eine Reform ist dringend notwendig. Der Entwurf spiegelt die klare Erwartung der Gesellschaft wider, dass jetzt gehandelt wird.

pro familia fordert die Mitglieder des Deutschen Bundestags auf, den Gesetzentwurf noch in dieser Wahlperiode zur Abstimmung zu bringen und für den Gesetzentwurf zu stimmen. Eine Verzögerung der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ginge zu Lasten derjenigen, die Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch benötigen, und derjenigen, die sie als Ärzt*innen und Berater*innen dabei unterstützen.

Das aktuelle Gesetz verursacht große Hürden und erschwert die Entscheidungsfindung für ungewollt Schwangere beim Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch. Diese Probleme sind direkte oder indirekte Folgen des Gesetzes. Wenn die Gesellschaft Respekt und Verständnis für ungewollt Schwangere sowie eine gute Gesundheitsversorgung für sie möchte, muss das Gesetz geändert werden.

In der Stellungnahme setzen wir uns fachlich mit den verschiedenen Aspekten des Gesetzentwurfs auseinander, nennen fachlich begrüßenswerte Aspekte des Entwurfs, lassen aber auch fachlich problematische Aspekte des Gesetzentwurfs nicht außen vor.

Unser Fazit: Mit den Gesetzesänderungen kann das Minimum des Notwendigen für mehr sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beim Zugang zum sicheren Schwangerschaftsabbruch umgesetzt werden. Wir empfehlen den Mitgliedern des Deutschen Bundestags dringend, diese Gesetzesänderungen möglich zu machen.

Die Stellungnahme finden Sie auf der Homepage von pro familia. https://www.profamilia.de/

Die Regierung hat die geplante Reform des Kindschaftsrechts in der 20. Legislatur nicht abgeschlossen und das Bundesministerium der Justiz im Nachgang den Referentenentwurf als Diskussionsentwurf veröffentlicht.

Aus Sicht des VAMV enthält der Diskussionsentwurf durchaus gute und wichtige Regelungen, um den Gewaltschutz im Sorge- und Umgangsrecht zu verbessern. Allerdings setzt er an entscheidenden Stellen Weichen, die diese Verbesserungen konterkarieren und teilweise sogar eine Verschlechterung des Gewaltschutzes befürchten lassen.

Die Stellungnahme des VAMV finden Sie zur Kenntnis auf der Website.

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ZFF-Info 05/2024

AUS DEM ZFF

Konsens gesellschaftlicher Player bei Forderungen nach besserem Gewaltschutz, Nachbesserungen im Unterhaltsrecht und ergebnisoffener Beratung

Noch vor Ostern haben das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) zusammen mit dem Deutschen Frauenrat, dem Kinderschutzbund, dem Deutschen Juristinnenbund, dem Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung, dem Familienbund der Katholiken und dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter in einem gemeinsamen Brief an Justizminister Buschmann Kritikpunkte und Änderungsvorschläge benannt, die alle acht Verbände gemeinsam vertreten und im politischen Prozess berücksichtigt sehen wollen.

Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf: „Die Unterzeichnenden des Gemeinsamen Briefes vereint, dass wir uns in der gesamten Reform eine stärkere Berücksichtigung der Stimme der Kinder und des Kindeswohls wünschen. In Fällen häuslicher Gewalt fordern wir eine gesetzliche Vermutung, dass Umgang mit dem gewaltausübenden Elternteil in der Regel nicht dem Kindeswohl dient. Für eine einseitige Sorgeerklärung des nicht mit der Mutter verheirateten Vaters sehen wir keine Notwendigkeit, sondern die Gefahr, nicht kindeswohldienlich zu sein.“

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des ZFF: „Da wir alle die Einführung des Wechselmodells als Leitbild ablehnen, wollen wir verhindern, dass verschiedene Vorhaben, die in den Eckpunkten angekündigt werden, in der Gesamtschau zu einem solchen Leitbild „durch die Hintertür“ führen“. Insbesondere lehnen wir eine isolierte Unterhaltsregelung für das asymmetrische Wechselmodell ab und kritisieren die vorgesehene Schwelle für den Beginn eines erweiterten Umgangs.“

Konsens besteht im Gemeinsamen Brief auch bezüglich der Gleichwertigkeit aller Betreuungsmodelle und der Notwendigkeit einer ergebnisoffenen Beratung.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.04.2024

Heute berät der Bundestag in erster Lesung über einen Gesetzesentwurf, der die sogenannte Gehsteigbelästigung verbietet. Das Zukunftsforum Familie e.V. begrüßt dies.

In den vergangenen Jahren haben Proteste von Abtreibungsgegner*innen zugenommen, die teils mit rabiaten Methoden Beratungssuchende vor Beratungsstellen bedrängen, die eine Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, und Praxen und Kliniken, die Abbrüche vornehmen. Diese Art der Protesten sollen nun in einem Umkreis von 100 Metern um die Einrichtungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Birgit Merkel, Stellv. Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Schwangere haben ein Recht auf Beratung. Insbesondere da derzeit ein Schwangerschaftsabbruch an eine Pflichtberatung geknüpft wird, ist es dringend notwendig, den Zugang dazu auch ohne Hindernisse zu garantieren. Die Realität ist oft anders, Protestgruppen attackieren Frauen vor Beratungsstellen und versuchen sie massiv mit verstörenden Bildern und Beschimpfungen in ihrer Entscheidung zu beeinflussen. Dieser Gehsteigbelästigung von Beratungssuchenden durch Abtreibungsgegner*innen muss daher dringend ein Ende gesetzt werden. Schwangere werden durch diese eingeschüchtert, und unter Druck gesetzt. Der Gang zur Beratungsstelle wird ein Spießroutenlauf und das in einem Moment, in dem die Betroffenen eigentlich darin bestärkt werden sollten, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Wir begrüßen daher sehr, dass die Ampelkoalition Schwangere und Mitarbeiter*innen der Beratungsstellen vor Anfeindungen und Aggression schützen sowie diese Form des Protestes verbieten will.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.04.2024

Bündnis aus 20 Verbänden fordert, Bürokratie endlich aus Familiensicht zu denken. Familien und Kinder brauchen leicht verständliche Unterstützung statt Behördendschungel und Antragsbergen.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK und Sprecherin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Der Bürokratie-Wahnsinn erschwert enorm den Kampf gegen Kinderarmut. Familien mit wenig Einkommen müssen bis zu vier Behörden ablaufen, um ihre Kinder finanziell abzusichern. Die Anträge müssen in unterschiedlichen Abständen wiederholt eingereicht werden, und die meisten Leistungen werden mit unterschiedlichen Logiken miteinander verrechnet. Wenn dann das Einkommen auch noch schwankt, können sich die zuständigen Behörden sogar regelmäßig verändern. Das ist für Familien nicht mehr verständlich und viele wissen deswegen nicht, ob und welche Ansprüche sie haben. Es ist kein Wunder, dass Familien teilweise bewusst auf die oft kleinteiligen Unterstützungsleistungen verzichten, um nicht von der Bürokratielast erdrückt zu werden. Als Bündnis fordern wir hier einen vollumfänglichen Systemwandel!“

Professorin Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Selbstverständlich hat der Staat eine Bringschuld gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Die Bedürfnisse von Kindern dürfen nicht als Arbeitsanreize für ihre Eltern missbraucht werden, sondern müssen immer gedeckt sein. Familien dürfen von den Ansprüchen ihrer Kinder nicht mit Formularen und Papierbergen ferngehalten werden. Wir müssen vielmehr den Weg hin zu einer automatischen Auszahlung bereiten und es für Familien möglichst einfach machen. Jetzt das ganze Projekt zu blockieren und sich im Streit zu verzetteln, hilft absolut nicht gegen Kinderarmut. Alle Beteiligten sollten sich besinnen, worauf es ankommt: es für Familien und Kinder besser und einfacher zu machen!“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen für alle Kinder gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.

Weitere Infos zum Bündnis Kindergrundsicherung finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 02.04.2024

Wer pflegt, darf nicht in Armut rutschen: Die aktuellen Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf (Pflegezeit und Familienpflegezeit) sind unzureichend, mahnen die 31 Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen und fordern die Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforum Familie, erklärt dazu: „Derzeit sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Pflegende Angehörige verdienen daher nicht nur Anerkennung, sondern zügig zeitliche und finanzielle Entlastung! Diese Entlastung muss sozial gerecht ausgestaltet werden, vor Armut schützen und mehr Männer dazu motivieren, Pflegeaufgaben zu übernehmen.“ In der gemeinsamen Pressemitteilung heißt es weiter: „Die starke Zunahme vor allem älterer pflegebedürftiger Personen in den nächsten Jahrzehnten kann nicht allein über häusliche Pflege durch nahestehende Personen aufgefangen werden. Sorgearbeit in Gestalt informeller Pflege muss umverteilt werden: sowohl hin zu professionellen Unterstützungsangeboten als auch zwischen den Geschlechtern“, fordern die Bündnismitglieder. Dafür sind aus Sicht des Bündnisses Reformen und Erleichterungen zur flexibleren Inanspruchnahme von beruflichen Freistellungen zwingend erforderlich, damit Personen, die pflegen, nicht in die Armutsfalle geraten. Die Bündnismitglieder plädieren für eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung, die Einkommensverluste bei pflegebedingter Erwerbsunterbrechung bzw. Reduktion der Arbeitszeit kompensiert und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert. Diese Leistung soll zugleich auch ein Anreiz für Männer sein, mehr Pflegeverantwortung zu übernehmen. Die Einführung der Lohnersatzleistung für Pflegezeiten und die Zusammenführung und Vereinfachung der Pflegezeit-Ansprüche müssen von einem bedarfsgerechten Ausbau der professionellen Pflegeinfrastruktur begleitet werden. Wie eine aktuelle Studie des DIW zeigt, trägt der Ausbau der formellen Pflegeinfrastruktur wesentlich zur Entlastung vor allem von Frauen von der häuslichen Pflege und damit zur Reduzierung des Gender Care Gap bei. Häusliche Pflege kann nur mit einem bedarfsorientierten Mix aus Angehörigenpflege und professionellen Pflege- und Assistenzangeboten sowie Alltagshilfen sichergestellt werden. Die vollständige Positionierung des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen zu fair geteilter Sorgearbeit in der informellen Pflege ist hier zu finden: https://www.sorgearbeit-fair-teilen.de/wp-content/uploads/2024/03/BSFT-Position-Pflege.pdf Das Bündnis Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 31 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen. Weitere Informationen: Website: www.sorgearbeit-fair-teilen.de X: @sorgearbeit Instagram: @buendnis_sorgearbeit Dem Bündnis gehören an:
  • Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
  • Bundesforum Männer e.V.
  • Bundesverband der Mütterzentren e.V.
  • Business and Professional Women (BPW) Germany e.V.
  • Care.Macht.Mehr
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz
  • Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung
  • Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V.
  • Deutscher Frauenrat e.V.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
  • Deutscher Hauswirtschaftsrat e.V.
  • Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.
  • evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf)
  • Evangelischer Fachverband für Frauengesundheit e.V. (EVA)
  • Evangelische Frauen in Deutschland e.V.
  • Forum katholischer Männer (FkM)
  • Frauenwerk der Nordkirche
  • GMEI Gender Mainstreaming Experts International
  • Katholischer Deutscher Frauenbund e.V. (KDFB)
  • Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – Bundesverband e.V.
  • Männerarbeit der EKD
  • Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
  • SKM Bundesverband e.V.
  • Sozialdienst muslimischer Frauen e.V. (SmF-Bundesverband)
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • Sozialverband VdK Deutschland e.V.
  • Union deutscher Zonta Clubs
  • Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
  • Volkssolidarität Bundesverband e.V.
  • WIR! Stiftung pflegender Angehöriger
  • Zukunftsforum Familie e.V.
Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.03.2024

Am 25. März 1954 wurde die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) gegründet. Gestern, auf den Tag genau 70 Jahre später blickten die Mitglieder auf ihrer Mitgliederversammlung auf die Geschichte der AGF zurück und diskutierte vor allem die aktuellen familienpolitischen Herausforderungen.

Die konstituierende Sitzung der „Arbeitsgemeinschaft deutscher Familienorganisationen“ fand am 25. März 1954 in Königswinter statt und legte den Grundstein für eine koordinierte und engagierte Interessenvertretung der Familien auf Bundesebene und für die internationale Arbeit. Gemeinsam stellen die Familienorganisationen heute fest:

„Die AGF hat in den vergangenen 70 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Förderung und Unterstützung von Familien in Deutschland geleistet. Unser Einsatz für eine gerechte und wertschätzende Familienpolitik mit materieller Anerkennung der Leistungen von Familien, der Ausbau der familienunterstützenden Infrastruktur und der Zusammenhalt der Generationen waren, sind und bleiben zentrale Säulen unserer Arbeit.“

Die Familienorganisationen betonen, dass auf die aktuellen familienpolitischen Herausforderungen bezogen, dies für sie bedeutet, dass „Lösungen zur substanziellen Reduzierung der Kinderarmut sowie zur Sicherstellung von angemessenen und bezahlbaren Wohnraum gefunden werden müssen. Zudem müssen ein angemessenes Angebot der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit hoher Qualität gesichert sein und Menschen, die Pflegeaufgaben für Angehörige übernehmen gute Unterstützung hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sowie finanzieller Herausforderungen finden. Insgesamt gilt es, die gesellschaftliche Leistung aller Familienformen wertzuschätzen und Familien und Kinder in den Mittelpunkt der politischen Anstrengungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu stellen.“

Für die laufende Legislaturperiode fordert die AGF darüber hinaus die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen. Dazu gehören insbesondere die Einführung der „Familienstartzeit“ bzw. einer angemessenen Väterzeit nach der Geburt, die Einführung einer neuen Familienpflegezeit sowie die Anpassungen des Familienrechts an den gesellschaftlichen Wandel.

Zu den ersten Themen, denen sich die AGF widmete, gehörten der Familienlastenausgleich und die Bekämpfung der Wohnungsnot sowie die Organisation eines Kongresses für die „Internationale Union der Familienorganisationen“.

Letzteres verdeutlicht, dass die internationale Arbeit stets ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit der AGF war und ist. Dabei kooperiert die AGF mit zahlreichen familienpolitischen Verbänden und Organisationen aus anderen europäischen Ländern, allen voran dem europäischen Zusammenschluss COFACE Families Europe. Sie ist damit wichtige deutsche Ansprechpartnerin und Bindeglied zwischen deutscher und europäischer Familienpolitik.

Ursprünglich wurde die AGF von drei Familienverbänden gegründet, dem Deutschen Familienverband (DFV), dem Familienbund Deutscher Katholiken (heute Familienbund der Katholiken – FDK) und der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen (heute evangelische arbeitsgemeinschaft familie – eaf). Im Laufe der Zeit hat sie gesellschaftliche Entwicklungen aufgegriffen, ihre Arbeitsweise und die Mitgliedschaft weiterentwickelt und besteht heute aus sechs Mitgliedsverbänden. Neben den Gründungsmitgliedern sind hinzugekommen: der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf und das Zukunftsforum Familie (ZFF). Die Familienverbände setzen sich mit ihren jeweiligen Schwerpunkten für die Interessen und Rechte von Familien ein. Die AGF formuliert die gemeinsamen Anliegen ihrer Mitgliedsverbände und ist mit ihren Tätigkeiten eine aktive Partnerin in Politik und Gesellschaft. Sie leistet politische Lobbyarbeit für die Belange der Familien und fördert auf nationaler und internationaler Ebene den Dialog und die Kooperation zwischen den familienpolitischen Organisationen und den Verantwortlichen für Familienpolitik.

Bereits zum 60-jährigen Jubiläum hatte die AGF ihre Geschichte in einer Broschüre nachgezeichnet und eine Ausstellung zu den Meilensteinen der Familienpolitik herausgegeben. Diese wurde 2023 aktualisiert und kann bei der AGF ausgeliehen werden. Weitere Informationen: https://ag-familie.de/de/ausstellung-meilensteine-der-familienpolitik/

Weitere Informationen: https://ag-familie.de/

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 26.03.2024

SCHWERPUNKT I: Bezahlkarte für Geflüchtete

Die Ampelfraktionen haben sich auf eine gemeinsame Gesetzesgrundlage für eine Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. Damit wurde der Wunsch der Länder umgesetzt. Dazu erklären Dagmar Schmidt (SPD), Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) und Lukas Köhler (FDP):

Dagmar Schmidt, Stv. Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion:
„Wir stehen zu unserem Wort und setzen den MPK-Beschluss um. Bezahlkarten waren bisher auch schon möglich, aber wir haben nun noch einen gemeinsamen, rechtssicheren Rahmen geschaffen. Dieser sichert, dass alle notwendigen Bedarfe vor Ort frei gedeckt werden können – mit Karte oder als Geldleistung. Überweisungen ins Ausland sind jedoch nicht möglich. Ich bin froh, dass es uns nach langen Verhandlungen gelungen ist, die Länder wie verabredet bei der Umsetzung ihrer Bezahlkarten zu unterstützen.“

Andreas Audretsch, Stv. Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Das Taschengeld für den Schulausflug, das Busticket, um zum Ausbildungsplatz zu kommen, der Strom- oder Internetanschluss – all das muss bei der Einführung von Bezahlkarten vor Ort garantiert werden. Wir haben gesetzlich klar verankert, dass das Existenzminimum und die Teilhabe von Menschen garantiert ist. Gerade Kinder, die dauerhaft in Deutschland leben, müssen die Möglichkeit haben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Das gewährleistet die gesetzliche Regelung nun.“

Lukas Köhler, Stv. Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion:
„Mit dieser Einigung geben wir den Ländern die notwendige Rechtssicherheit, damit sie die Bezahlkarte für alle Asylbewerber einführen können. Damit setzen wir die von der Ministerpräsidentenkonferenz getroffenen und vom Kabinett beschlossenen Vereinbarungen ohne inhaltliche Änderungen um. Die Länder haben nun die Möglichkeit, ihren Beitrag zu einer neuen Migrations-Realpolitik zu leisten, indem sie einen der wesentlichen Pull-Faktoren für irreguläre Einwanderung ausschalten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 05.04.2024

Zur Verabschiedung des Gesetzes zur rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz im Deutschen Bundestag erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Lukas Köhler:

„Mit der Möglichkeit zur flächendeckenden Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber beseitigen wir einen wesentlichen Pull-Faktor für irreguläre Einwanderung. Dadurch haben die Länder und Kommunen nun die notwendige Rechtssicherheit, um aktiv an einer neuen Realpolitik in der Migration mitzuwirken. Durch die Bezahlkarte erschweren wir die Finanzierung illegaler Schleuserbanden und reduzieren Geldströme ins Ausland. Uns gelingt damit der Einstieg in eine moderne und effiziente Asylpolitik, die humanitäre Verantwortung und migrationspolitische Vernunft in Einklang bringt.“

Dazu erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle:

„Nach dem Gesetz zur Verbesserung der Rückführung setzt die Koalition heute mit dem Gesetz zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht sowie mit dem Bezahlkartengesetz weitere Punkte der Ministerpräsidentenkonferenz für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik um. Zusammen mit dem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, das in dieser Woche im Europäischen Parlament beschlossen wurde, leiten wir einen echten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik ein. Der deutsche Gesetzgeber muss die neuen europäischen Regeln nun schnell in nationales Recht umsetzen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 12.04.2024

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwoch den Gesetzentwurf (20/10722) der CDU/CSU-Fraktion zur rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowie einen Antrag (20/8729) der Fraktion mit der selben Zielrichtung abgelehnt. Dagegen votierten die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP und die Gruppe Die Linke. Dafür stimmten neben der Unionsfraktion die Gruppe BSW und die AfD-Fraktion.

Das AsylbLG soll nach dem Vorschlag von CDU/CSU so geändert werden, dass unabhängig von der Form der Unterbringung die Leistungserbringung auch in Form einer Bezahlkarte möglich sein soll. Angesichts des aktuellen Zustroms von Asylbewerbern, der die Kommunen überfordere, sei es angezeigt, Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Sachleistungen oder mittels Bezahlkarte zu erbringen. Werde hiervon nicht hinreichend Gebrauch gemacht, solle in Zukunft ein entsprechender Vorrang im AsylbLG festgeschrieben werden, „um Anreize für die ungesteuerte Asylmigration nachhaltig zu verringern“, schreiben die Abgeordneten zur Begründung in dem Gesetzentwurf.

In der Ausschussberatung verwiesen die Koalitionsfraktionen auf die am selben Tag im Innenausschuss verabschiedeten Änderungspläne der Bundesregierung für das AsylbLG. Diese waren dort im Rahmen eines sogenannten Omnibusverfahrens zusammen mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht“ (20/9470) beschlossen worden. Die Änderungen des AsylbLG sollen die bundesweite Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende rechtlich absichern (siehe Meldung aus dem Innenausschuss).

Die Unionsfraktion verteidigte ihre Initiativen dennoch als besser, unter anderem weil diese vorsehen, dass Asylsuchende ihre Bezahlkarte persönlich abholen sollen, um Missbrauch auszuschließen. Sie wies außerdem den Vorwurf aus den Koalitionsfraktionen zurück, die Bezahlkarte als das Allheilmittel in der Migrationspolitik zu betrachten. Die SPD-Fraktion hatte an den Unionsvorlagen kritisiert, diese seien zu 99 Prozent von der Formulierungshilfe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales abgeschrieben. Die AfD-Fraktion betonte, Geld- und Sachleistungen seien ein zentraler Faktor für Migrationsbewegungen, auch wenn sie nicht der einzige Faktor seien, dies habe die Anhörung des Ausschusses am 8. April gezeigt. Aus diesem Grund müsse es starke Begrenzungen für die Zahlung von Sozialleistungen an Ausländer geben, forderte die AfD.

Die Gruppe Die Linke lehnte die Bezahlkarte grundsätzlich als Gängelung und Stigmatisierung von Geflüchteten ab. Die Gruppe BSW warf der Bundesregierung vor, nicht die Kraft zu haben, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 222 vom 10.04.2024

Der Bundestag will heute den Weg für die Einführung einer Bezahlkarte freimachen. Die Diakonie Deutschland appelliert an Länder und Kommunen, die Bezahlkarte so auszugestalten, dass sie sinnvoll und diskriminierungsfrei genutzt werden kann.

Dazu erklärt Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland: „Es ist jetzt schon absehbar, dass die Bezahlkarte ebenso wie das Aushändigen von Sachleistungen mit erheblichen Kosten und Verwaltungsaufwand verbunden sind. Statt Millionen von Euro an Bezahldienstleister und hohe Gebühren zu zahlen, sollten Länder und Kommunen in Sprachkurse, Bildung und Migrationsfachdienste investieren. Dies kommt den Betroffenen und der Aufnahmegesellschaft zugute.

Die Bezahlkarte sollte nur zum Einsatz kommen, wenn dadurch der Verwaltungsaufwand sinkt oder es der Digitalisierung dient. Dies wird höchstens in der Phase der Erstaufnahme von Geflüchteten der Fall sein. Eine Bezahlkarte ohne Kontofunktionen und mit Auszahlungsbeschränkungen ist entmündigend und wirkt der Integration entgegen. Ein Einkauf auf dem Wochenmarkt oder ein Eis für die Kinder ist mit der Bezahlkarte nicht mehr drin. Für Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung oder Arbeit ausüben, bereits über ein eigenes Konto verfügen und in einer eigenen Wohnung leben, ist die Bezahlkarte erst recht ungeeignet. Spätestens nach 36 Monaten, wenn die Menschen keine reduzierten Leistungen mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sollte ohnehin klar sein: Konto vor Bezahlkarte.“

Hintergrund:

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/position-der-diakonie-deutschland-zur-bezahlkarte

Faktencheck Bezahlkarte

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/faktencheck-bezahlkarte

Position Bezahlkarte

https://www.diakonie.de/diakonie_de/user_upload/diakonie.de/PDFs/Publikationen/240301_Positionspapier_Faktencheck_Bezahlkarte.pdf

Checkliste Basiskonto

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/checkliste-basiskonto-fuer-alle

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.04.2024

Zwar gebe es einige Verbesserungen auf Initiative der Grünen, die Bezahlkarten seien dennoch schikanöse Symbolpolitik.

Der Paritätische Gesamtverband kritisiert das heute verabschiedete Gesetz zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete  als ein Instrument zur Gängelung, Kontrolle und Diskriminierung Geflüchteter im Asylbewerberleistungsbezug. Zwar enthält das Gesetz nun einige Verbesserungen gegenüber dem Gesetzesentwurf, die auf Drängen von Bündnis 90/Die Grünen aufgenommen wurden,  dennoch bleibt die grundsätzliche Kritik des Verbandes an der Einführung von Bezahlkarten bestehen. Mit der heute beschlossenen Regelung steht es Ländern und Kommunen frei, darüber zu entscheiden, ob und wie sie Bezahlkarten einführen. Der Paritätische appelliert an Vernunft und Pragmatismus vor Ort und fordert zum Verzicht auf die Einführung auf. 

“Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es handelt sich hier schlicht um schikanöse Symbolpolitik. Die Bezahlkarten lösen kein reales Problem, sondern sie sind ein Abschreckungsinstrument, das im Übrigen wirkungslos bleiben wird. Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

„Der Ball liegt nun bei Ländern und Kommunen. Diesen steht es frei, Bezahlkarten einzuführen, die bundesgesetzliche Regelung verpflichtet sie dazu nicht. In den meisten Fällen gibt es eine wenig aufwändige und inklusive Alternative: Die Überweisung auf das Konto der Leistungsbezieher*innen”, so Schneider. Der Paritätische warnt insbesondere vor dem enormen Verwaltungsaufwand und den drohenden Widersprüchen und Klagen der Betroffenen dort, wo Bezahlkarten mit Einschränkungen bei Bargeldabhebungen und Überweisungen eingeführt werden. Schneider: “Es ist schon erstaunlich, dass manche sich bei der Bekämpfung von Kinderarmut über 5000 zusätzliche Stellen in der Verwaltung erregen, aber wenn es um die Drangsalierung von Flüchtlingen geht, keine Kosten und Mühen gescheut werden sollen.”

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.04.2024

SCHWERPUNKT II: Selbstbestimmungsgesetz

Rechtsunsicherheit und Missbrauch drohen

Der Deutsche Bundestag debattiert am heutigen Freitag in 2./3. Lesung das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die zuständige Berichterstatterin Mareike Lotte Wulf:

Dorothee Bär: „Die Ampel handelt verantwortungslos und bar jeder Vernunft. Das Gesetz richtet so mehr Schaden an als Nutzen. Die Anpassungen, die die Ampel nach dem Aufschrei von besorgten Eltern und der Fachwelt nun als Beitrag zum Minderjährigenschutz verkauft, sind keine Verbesserung. Wenn ein 14-Jähriger nur per Selbstauskunft versichern soll, dass er zu seinem Geschlechtswechsel von wem auch immer beraten wurde, ist das lächerlich. Wenn ein 5-jähriges Kind einverstanden sein soll, wenn seine Eltern seinen Geschlechtswechsel beantragen, ist das absurd. Eine nachweislose Alibiberatung ist kein Schutz für Jugendliche! Das Gesetz ist gerade für diese vulnerable Gruppe gefährlich. Viele Jugendliche fühlen sich in der Pubertät in ihrem Körper unsicher, söhnen sich dann aber in den allermeisten Fällen mit ihrem Geburtsgeschlecht aus. Deshalb bestehen wir auf einer Begutachtungspflicht bei Kindern und Jugendlichen. Nicht aus Bevormundung, sondern aus Fürsorge. Nach wie vor soll außerdem Eltern, die nicht einverstanden sind, der Entzug des Sorgerechts drohen. Das ist ein gemeiner Keil, den die Ampel gerade bei diesem sensiblen Thema zwischen Eltern und ihre Kinder treibt.“ 

Mareike Lotte Wulf: „Das Selbstbestimmungsgesetz bleibt in seiner Grundanlage falsch. Die Regierungsfraktionen haben allenfalls kosmetische Änderungen vorgenommen. Völlig voraussetzungslos kann zukünftig jeder und jede das gewünschte Geschlecht beim Standesamt eintragen lassen. Diese Entkoppelung des rechtlichen vom biologischen Geschlecht sorgt nicht nur für Kopfschütteln bei vielen Menschen in unserem Land. Sie führt zu Rechtsunsicherheit – etwa, wenn es um den Zugang zu Frauenschutzräumen oder gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Frauenquoten geht. Zudem wurde das ohnehin bereits sehr weitgehende Offenbarungsverbot noch einmal verschärft. Darüber hinaus wurde die Frage, wie ein möglicher Missbrauch des Gesetzes verhindert werden kann, nicht beantwortet. So steht die Frage nach wie vor im Raum, wie eine Identitätsverschleierung ausgeschlossen werden kann. Das zeigt, worum es der Ampel in den abschließenden Verhandlungen eigentlich ging: um ein notdürftiges Übertünchen der Streitigkeiten innerhalb der Koalition. Das ist keine ausgewogene und verantwortungsvolle Lösung. Für die Ampel gilt offenbar: kurzzeitiger Burgfrieden vor Rechtssicherheit und Jugendschutz.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 12.04.2024

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am Mittwoch den Plänen der Bundesregierung für ein „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“(20/9049) in geänderter Fassung zugestimmt. Für den Gesetzentwurf stimmten neben den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auch die Gruppe Die Linke. Dagegen votierten die CDU/CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion und die Gruppe BSW.

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) möchte die Koalition einen Kerngedanken des Grundgesetzes, den Schutz der geschlechtlichen Identität, umsetzen, indem Menschen künftig die Möglichkeit haben sollen, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen diskriminierungsfrei ändern zu können.

Volljährige Menschen sollen ihren Geschlechtseintrag (männlich, weiblich, divers oder keine Angabe) und ihre Vornamen künftig per Selbstauskunft beim Standesamt ändern können. Dies soll nun für trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen einheitlich geregelt werden, also nicht mehr in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Änderung des Geschlechtseintrags muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Nach der Änderung soll für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Für Minderjährige bis 14 Jahre gilt: Nur die Sorgeberechtigten können die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Ab dem Alter von 14 Jahren können es die Minderjährigen selber tun, benötigen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Diese dürfen nicht über den Kopf des Minderjährigen hinweg einen Geschlechtseintrag ändern, in einem solchen Streitfall würde ein Familiengericht nach Maßgabe des Kindeswohls entscheiden.

Die nachträglichen Änderungen beziehen sich unter anderem auf Vorgaben zur Beratungspflicht. So soll die Versicherung einer beschränkt geschäftsfähigen minderjährigen Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, auch die Erklärung enthalten, dass sie beraten worden ist. Vor Vollendung des 14. Lebensjahres muss die Versicherung des gesetzlichen Vertreters eine Erklärung über die Beratung enthalten.

Für die Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags des gesetzlichen Vertreters einer minderjährigen Person, die geschäftsunfähig ist oder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soll außerdem das Einverständnis des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat, nötig sein. Deshalb wird im Personenstandsrecht geregelt, dass die minderjährige Person bei dieser Erklärung im Standesamt anwesend sein muss.

Es wird außerdem sichergestellt, dass bereits zu amtlichen Registern eingereichte Dokumente erhalten bleiben und nicht neu ausgestellt und eingereicht werden müssen. Gleichzeitig wird der Anspruch auf Neuausstellung von Dokumenten zukunftsoffen ausgestaltet. Die Regelung zur automatisierten Datenweitergabe wird ersatzlos gestrichen. Dadurch sollen unterschiedliche Regelungen insbesondere im Vergleich zu sonstigen Namensänderungen vermieden werden.

Das Offenbarungsverbot, also die Weitergabe von Informationen zum geänderten Geschlechtseintrag ohne Zustimmung der betreffenden Person, wird auf die in Paragraf 13 genannten privilegierten Familienangehörigen ausgeweitet, für den Fall, dass sie in Schädigungsabsicht handeln.

Es wird ferner möglich sein, dass Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können und im Geburtseintrag mit der Geschlechtsangabe „divers“ oder ohne Geschlechtsangabe eingetragen sind, einen Pass mit der Angabe „männlich“ oder „weiblich“ erhalten können. Durch ein zweistufiges Inkrafttreten des Gesetzes soll sichergestellt werden, dass bereits ab dem 1. August 2024 eine Anmeldung der Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen abgegeben werden kann, sodass die dreimonatige Anmeldefrist zu laufen beginnt. Ab 1. November 2024 löst das SBGG dann das Transsexuellengesetz von 1980 endgültig ab.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 223 vom 10.04.2024

LSVD begrüßt lange überfällige Abschaffung des Transsexuellengesetzes

Heute hat der Bundestag endlich das lange erwartete Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet. Damit können trans- und intergeschlechtliche* sowie nicht-binäre Menschen künftig ihren Personenstand durch Erklärung gegenüber dem Standesamt korrigieren lassen und sind nicht mehr auf langwierige, teure und demütigende Gerichts- und Begutachtungsverfahren angewiesen. Dazu erklärt Julia Monro aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Endlich löst die Bundesregierung ihr wichtiges queerpolitisches Koalitionsversprechen ein und ersetzt das Transsexuellengesetz (TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz. Das TSG wurde in seiner ursprünglichen Fassung in großen Teilen immer wieder als verfassungswidrig eingestuft. Übrig geblieben waren demütigende Sachverständigengutachten und ärztliche Atteste, um den richtigen Geschlechtseintrag zu bekommen. Diese gehören nun endlich der Vergangenheit an. Selbstbestimmung ist ein hohes Gut einer Demokratie und mit der geschlechtlichen Selbstbestimmung kommt Deutschland endlich seiner ethischen Verpflichtung nach, auch einer Minderheit diese demokratischen Grundrechte zu gewähren! Zum ersten Mal hat eine Bundesregierung die rechtliche Lage zum Geschlechtseintrag von trans*, inter* und nicht-binären aus Eigeninitiative verbessert und damit ein demokratisches Kernanliegen umgesetzt!

Deutschland ist damit das dreizehnte Land in Europa, in dem ein selbstbestimmter Geschlechtseintrag auf Basis einer Selbsterklärung und ohne Begutachtungen durch Psycholog*innen, Ärzt*innen oder Jurist*innen möglich ist. In Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg, Malta, Norwegen und Portugal geht das schon seit vielen Jahren, Island, Finnland und die Schweiz haben ihre Gesetze erst kürzlich angepasst. Begutachtungen der Geschlechtsidentität sind nicht nur unnötig, sondern greifen auch massiv und unzulässig in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein. Sie sind geprägt von grenzüberschreitenden Befragungen und körperlichen Untersuchungen mit erniedrigendem Charakter. Es war mehr als überfällig, diese menschenrechtswidrige Begutachtungspraxis auch in Deutschland endlich abzuschaffen und trans- und intergeschlechtliche* sowie nicht-binäre Menschen übereinstimmend mit medizinischen Erkenntnissen zu entpathologisieren.

Der selbstbestimmte Geschlechtseintrag findet in der Zivilgesellschaft entgegen Unkenrufen aus rechtskonservativen und „genderkritischen“ Kreisen große Zustimmung. Die Verbesserung der Rechte für trans* und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen ist schon immer Teil feministischer emanzipatorischer Kämpfe. In der Verbändeanhörung hat sich ein überwältigender Teil der Zivilgesellschaft für geschlechtliche Selbstbestimmung ausgesprochen. Darunter waren Sozial-, Jugend- und Frauenverbände, kirchliche Organisationen, die Bundespsychotherapeutenkammer, der Deutsche Gewerkschaftsbund und mehrere große Arbeitgeber*innen sowie das Deutsche Institut für Menschenrechte und die Amadeu-Antonio-Stiftung.

Das nun vorliegende Gesetz gewährleistet nicht alles, was die Zivilgesellschaft seit Jahren fordert. Es gibt zum einen den im Gesetzgebungsprozess von rechten und Akteur*innen gezielt mobilisierten Ängsten unverhältnismäßig viel Raum, statt sie auszuräumen, etwa mit dem Verweis auf das Hausrecht. Zum anderen bleiben viele Regelungen weit hinter den im Juni 2022 vorgestellten Eckpunkten und den Forderungen der queeren Verbände zurück. Das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung besonders vulnerabler Personen wie Minderjähriger, Geschäftsunfähiger und Staatenloser wird nur unzureichend gewährleistet. Wir begrüßen es sehr, dass der Gesetzgeber einige kritische Stellen im Kabinettsentwurf wie die Datenweitergabe an Sicherheitsbehörden entschärft bzw. gestrichen hat. Dennoch gilt es, die noch vorhandenen Schwachstellen des Gesetzes auf dem Rechtsweg und durch rechtspolitische Arbeit anzugehen und zu beseitigen. Darüber hinaus müssen weitere Reformbedarfe für die Gleichstellung trans*, inter* und nicht-binärer Personen wie die rechtliche Absicherung von Gesundheitsleistungen und die Entschädigung für diejenigen, die sich nach dem alten TSG-Verfahren scheiden oder sterilisieren lassen mussten, dringend auf die politische Agenda gesetzt werden.

Weiterlesen:

 

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) e.V. vom 12.04.2024

SCHWERPUNKT III: Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin

Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat ihren Abschlussbericht an die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, den Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach, und den Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann, übergeben.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Kommission hat sich ein Jahr lang ehrenamtlich mit den Fragen der Bundesregierung zum Schwangerschaftsabbruch und im Bereich Fortpflanzungsmedizin beschäftigt. Ich danke den 18 Expertinnen und Experten sehr für ihre intensive Arbeit. Ihre Empfehlungen bieten eine gute Grundlage für den nun notwendigen offenen und faktenbasierten Diskurs. Denn diesen braucht es bei den Themen Schwangerschaftsabbruch und unerfüllter Kinderwunsch – wir alle wissen, wie emotional diese sein können.“

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Die Kommission hat hervorragende Arbeit geleistet. Ihre wissenschaftliche Expertise ist eine wesentliche Hilfe, um die komplexen ethischen Fragen zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin zu beantworten. Am Ende braucht es dafür aber einen breiten gesellschaftlichen und natürlich auch parlamentarischen Konsens. Danke der Kommission für die Arbeit und für die Anregungen zur Debatte.“

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: „Inwieweit es möglich wäre, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln, ist eine äußerst anspruchsvolle rechtliche, aber vor allem auch ethisch äußerst sensible und bedeutsame Frage. Ich danke der Kommission dafür, dass sie sich dieser Herausforderung gestellt hat und uns heute einen unabhängigen und wissenschaftlich fundierten Bericht übergibt. Als Bundesregierung werden wir den Bericht gründlich auswerten, insbesondere die verfassungs- und völkerrechtlichen Argumente werden wir prüfen. Diesen Auftrag nehmen gerade wir in unserem Hause als Verfassungsressort sehr ernst. Das gebietet uns nicht zuletzt das Verantwortungsbewusstsein für den sozialen Frieden in unserem Land.“

Die Kommission empfiehlt:

  • Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft sollten rechtmäßig sein. Für Abbrüche in der mittleren Phase der Schwangerschaft steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Außerdem sollten wie bisher Ausnahmeregelungen vorgesehen sein, zum Beispiel bei einer Gesundheitsgefahr der Schwangeren.
  • Die Eizellspende könnte unter engen Voraussetzungen ermöglicht werden.
  • Aufgrund ethischer, praktischer und rechtlicher Überlegungen sollte die altruistische Leihmutterschaft verboten bleiben oder lediglich unter sehr engen Voraussetzungen (z.B. nahes verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis zwischen Wunscheltern und Leihmutter) ermöglicht werden.  

Hintergrund

Die Kommission wurde als interdisziplinär zusammengesetztes Gremium berufen und hatte sich am 31. März 2023 konstituiert. Die Kommission bestand aus 18 Expertinnen und Experten unter anderem aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht.

In zwei Arbeitsgruppen sollten Möglichkeiten der Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft geprüft werden.

Den vollständigen Bericht sowie den Kurzbericht finden Sie unter:

www.bmfsfj.de/Kom-rSF

www.bmfsfj.de/Kurzbericht-Kom-rSF

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.04.2024

Zur Vorstellung der Ergebnisse der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat am Montag ihren Abschlussbericht vorgestellt. Dieser Abschlussbericht stellt das Ergebnis eines einjährigen Prozesses dar, in dem die interdisziplinäre, plural zusammengesetzte Gruppe aus unabhängigen Sachverständigen intensiv und ehrenamtlich gearbeitet hat. Für dieses Engagement gilt der Kommission unser ausdrücklicher Dank!

Das Votum der Kommission zur Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches in der Arbeitsgruppe 1 ist einstimmig ergangen, was, vor dem Hintergrund der Pluralität der Kommissionsmitglieder, das Gewicht dieser Empfehlung als starkes Signal noch einmal unterstreicht.

Es geht um eine ethisch bedeutsame Frage, mit der alle sorgsam umgehen sollten. Zugleich haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse seit der Gesetzgebung von vor 30 Jahren weiterentwickelt.

Die grüne Position ist bekannt: Wir wollen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken und haben uns schon lange für eine differenzierte Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches stark gemacht.

Gleichzeitig muss das Schutzniveau für das werdende Leben je nach Phase der Schwangerschaft gewahrt werden. In dieser Haltung sehen wir uns grundsätzlich durch die Empfehlung der Kommission bestätigt. Wir teilen die Einschätzung der Kommission, dass Abbrüche in der fortgeschrittenen Phase der Schwangerschaft, wenn der Fötus eigenständig lebensfähig ist, grundsätzlich nicht erlaubt sein sollen. Auch nicht selbstbestimmte oder unsichere Abbrüche müssen weiter unter Strafe stehen.

Der Abschlussbericht der Kommission ist aufgrund seiner Ausgewogenheit auch Auftakt für die dringend notwendige Debatte über die Verbesserung der Versorgungslage für ungewollt Schwangere, da die Versorgungssituation bei Schwangerschaftsabbrüchen nicht mehr flächendeckend gegeben ist. Darauf verweist die gerade vorgelegte ELSA-Studie erstmalig und unmissverständlich.

Frauen müssen sich in einer so belastenden Situation auf eine gute und erreichbare Versorgung verlassen können. Die Kommission gibt wichtige Hinweise zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und Verhütung, die ernsthaft diskutiert werden müssen. In jedem Fall muss die Versorgung und die Selbstbestimmung von ungewollt Schwangeren in Deutschland langfristig verbessert werden.

Die Kommission hat auch das Thema Beratung analysiert. Wir haben uns als Grüne schon lange für ein Recht auf Beratung stark gemacht. Wie dieses genau ausgestaltet werden kann, wollen wir intensiv beraten. Der Vorschlag der Kommission hierzu einen Rechtsanspruch vorzusehen, zeigt einen gangbaren Weg auf. Für uns ist in jedem Fall klar: es muss sichergestellt sein, dass ungewollt Schwangere die Beratung und Unterstützung erfahren, die sie brauchen.

Alle Fraktionen, auch die Union, tragen politische Verantwortung dafür, dass die Versorgungslücke geschlossen und dem erheblichen Rückgang der Ärztinnen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen können, entgegengewirkt wird.

Die Versuche in der letzten Woche, die Kommission und ihre Mitglieder zu diskreditieren, noch bevor die Ergebnisse und die zugrundeliegenden Erwägungen vollständig bekannt und von der Kommission erläutert worden sind, waren völlig unangemessen und werden der Bedeutung dieses Themas nicht gerecht.

Durch die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 2 der Kommission zu den Themen Leihmutterschaft und altruistische Eizellspende werden eine Reihe von ethischen, rechtlichen und praktischen Fragen aufgeworfen, die eine breite gesellschaftliche Debatte erfordern. Wir danken der Kommission für ihre differenzierten Überlegungen und werden diese gewissenhaft prüfen.

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 15.04.2024

Zur Vorstellung der Ergebnisse der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat am Montag ihren Abschlussbericht vorgestellt. Dieser Abschlussbericht stellt das Ergebnis eines einjährigen Prozesses dar, in dem die interdisziplinäre, plural zusammengesetzte Gruppe aus unabhängigen Sachverständigen intensiv und ehrenamtlich gearbeitet hat. Für dieses Engagement gilt der Kommission unser ausdrücklicher Dank!

Das Votum der Kommission zur Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches in der Arbeitsgruppe 1 ist einstimmig ergangen, was, vor dem Hintergrund der Pluralität der Kommissionsmitglieder, das Gewicht dieser Empfehlung als starkes Signal noch einmal unterstreicht.

Es geht um eine ethisch bedeutsame Frage, mit der alle sorgsam umgehen sollten. Zugleich haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse seit der Gesetzgebung von vor 30 Jahren weiterentwickelt.

Die grüne Position ist bekannt: Wir wollen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken und haben uns schon lange für eine differenzierte Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches stark gemacht.

Gleichzeitig muss das Schutzniveau für das werdende Leben je nach Phase der Schwangerschaft gewahrt werden. In dieser Haltung sehen wir uns grundsätzlich durch die Empfehlung der Kommission bestätigt. Wir teilen die Einschätzung der Kommission, dass Abbrüche in der fortgeschrittenen Phase der Schwangerschaft, wenn der Fötus eigenständig lebensfähig ist, grundsätzlich nicht erlaubt sein sollen. Auch nicht selbstbestimmte oder unsichere Abbrüche müssen weiter unter Strafe stehen.

Der Abschlussbericht der Kommission ist aufgrund seiner Ausgewogenheit auch Auftakt für die dringend notwendige Debatte über die Verbesserung der Versorgungslage für ungewollt Schwangere, da die Versorgungssituation bei Schwangerschaftsabbrüchen nicht mehr flächendeckend gegeben ist. Darauf verweist die gerade vorgelegte ELSA-Studie erstmalig und unmissverständlich.

Frauen müssen sich in einer so belastenden Situation auf eine gute und erreichbare Versorgung verlassen können. Die Kommission gibt wichtige Hinweise zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und Verhütung, die ernsthaft diskutiert werden müssen. In jedem Fall muss die Versorgung und die Selbstbestimmung von ungewollt Schwangeren in Deutschland langfristig verbessert werden.

Die Kommission hat auch das Thema Beratung analysiert. Wir haben uns als Grüne schon lange für ein Recht auf Beratung stark gemacht. Wie dieses genau ausgestaltet werden kann, wollen wir intensiv beraten. Der Vorschlag der Kommission hierzu einen Rechtsanspruch vorzusehen, zeigt einen gangbaren Weg auf. Für uns ist in jedem Fall klar: es muss sichergestellt sein, dass ungewollt Schwangere die Beratung und Unterstützung erfahren, die sie brauchen.

Alle Fraktionen, auch die Union, tragen politische Verantwortung dafür, dass die Versorgungslücke geschlossen und dem erheblichen Rückgang der Ärztinnen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen können, entgegengewirkt wird.

Die Versuche in der letzten Woche, die Kommission und ihre Mitglieder zu diskreditieren, noch bevor die Ergebnisse und die zugrundeliegenden Erwägungen vollständig bekannt und von der Kommission erläutert worden sind, waren völlig unangemessen und werden der Bedeutung dieses Themas nicht gerecht.

Durch die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 2 der Kommission zu den Themen Leihmutterschaft und altruistische Eizellspende werden eine Reihe von ethischen, rechtlichen und praktischen Fragen aufgeworfen, die eine breite gesellschaftliche Debatte erfordern. Wir danken der Kommission für ihre differenzierten Überlegungen und werden diese gewissenhaft prüfen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 15.04.2024

Die vor rund einem Jahr von der Ampelkoalition eingesetzte unabhängige Kommission für sexuelle Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin stellt am Montag den 15. April in Berlin ihre Arbeitsergebnisse vor. Die AWO setzt sich seit ihrer Gründung für sexuelle Selbstbestimmung und Geschlechtergerechtigkeit ein und plädiert daher für eine außerstrafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Von der Bundesregierung fordert die Arbeiterwohlfahrt eine flächendeckende, wohnortnahe und niedrigschwellige Beratungs- und Versorgungsinfrastruktur, kombiniert mit einem Recht auf Beratung, sowie eine Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche über den Leistungskatalog der Krankenkassen.  

Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Täglich erleben wir in unseren Schwangerschaftsberatungsstellen, dass die Versorgung von ungewollt Schwangeren erschwert wird, weil der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland durch das Strafgesetzbuch geregelt wird. Das Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich strafbar sind, ist eine klare Diskriminierung von Frauen, Mädchen und allen Menschen, die schwanger werden können. Wir fordern, den Paragrafen 218 StGB zu streichen und den Schwangerschaftsabbruch neu zu regeln. Die aktuelle restriktive Gesetzgebung stehen völkerrechtlichen Verpflichtungen und reproduktiver Gerechtigkeit entgegen.“ 

„Das hat ganz reale Folgen für Betroffene,“ so Kathrin Sonnenholzner weiter. „Beratungspflichten, Wartezeiten und Fristenregelungen bringen die Schwangeren in unwürdige Situationen und schaffen Hürden, die einen Schwangerschaftsabbruch verzögern oder verunmöglichen. Der Gesetzgeber muss endlich anfangen, schwangeren Personen in ihrer Entscheidung für oder gegen die Fortführung einer Schwangerschaft zu vertrauen. Als AWO fordern wir, dass die staatliche Einmischung und Diskriminierung bei dieser höchst persönliche Entscheidung von schwangeren Menschen endlich der Geschichte angehören muss.“ 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.04.2024

Caritas-Präsidentin: Wir müssen die Menschenwürde des Kindes von Anfang an schützen

er Deutsche Caritasverband lehnt die Vorschläge zur Reform des Paragraphen 218 ab, die heute von der Regierungskommission zur reproduktiven Selbstbestimmung vorgelegt worden sind. Der Verband appelliert an die Politik, den Kommissionsempfehlungen nicht zu folgen, denn ihre ethischen, lebenspraktischen und gesellschaftlichen Implikationen seien außerordentlich weitreichend. „Wer das Selbstbestimmungsrecht der Mutter und das Lebensrecht des Kindes im Schwangerschaftskonflikt gleichermaßen respektieren und in ihrer spannungsreichen Beziehung überzeugend schützen will, darf nicht die Menschenwürde des ungeborenen Kindes zur Disposition stellen,“ betont die Präsidentin des Verbandes Eva Maria Welskop-Deffaa.

„Der Bericht der Kommission bietet eine breite Sammlung juristischer Informationen, die das geltende deutsche Recht einordnen und bewerten “, kommentiert Welskop-Deffaa. „Es ist gut, dass dabei auch Fragen aufgeworfen werden, die lange wenig zu interessieren schienen: etwa wie wirksam verhindert werden kann, dass die schwangere Frau zur Abtreibung gegen ihren Willen genötigt wird.“

„Das passt einfach nicht zusammen“

Die Schlussfolgerungen der Kommission zum Schwangerschaftskonfliktrecht sind allerdings nach Einschätzung des Caritasverbandes polarisierend und lebensfremd. Sie versuchen, den Schwangerschaftskonflikt einseitig aufzulösen, indem für das ungeborene Kind nur ein eingeschränkter und dazu willkürlich gestufter Schutz seiner Menschenwürde angenommen wird.

„Ein solcher Vorschlag ignoriert die guten Erfahrungen, die wir seit 30 Jahren mit der geltenden Regelung in Deutschland gemacht haben“, sagt die Caritas-Präsidentin. Das Schwangerschaftskonfliktgesetz stellt die Beratung und Begleitung Schwangerer in Not- und Konfliktsituationen sowie werdender Eltern in den Mittelpunkt, es setzt auf Aufklärung und Verhütung. Konzeptionell ist es eingebettet in ein System umfänglicher psychosozialer und praktischer Unterstützung wie finanzieller Hilfen und Betreuungsangebote, etwa den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. „So schützt das geltende Recht die Selbstbestimmung der Frau und das Leben des Kindes gleichermaßen“, so Eva Maria Welskop-Deffaa weiter.

„In einer Zeit, in der Schwangere vom ersten Ultraschall an das Herz ihres Babys auf dem Monitor schlagen sehen, widerspricht es nicht nur ethischen Grundsätzen, sondern der lebensweltlichen Erfahrung, dem Embryo den Menschenrechtsschutz vorzuenthalten“, ergänzt sie. „Das passt einfach nicht zusammen.“

Beratungspflicht erhalten

„Die Politik muss übereilte Entschlüsse vermeiden und in der Diskussion, die uns bevorsteht, die Expertise aus der Praxis einbeziehen. Diese gibt es nicht zuletzt in der Begleitung und Beratung von Frauen und jungen Familien in Beratungsstellen und anderen sozialen Diensten.“, unterstreicht Yvonne Fritz, Vorständin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Der SkF ist der für Fragen von Schwangerschaft und Schwangerschaftsberatung zuständigen Fachverband der verbandlichen Caritas.

„Die Beratung kann Frauen auch schützen, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, wenn sie von ihrem Umfeld unter Druck gesetzt werden. Die Beratungspflicht muss daher unabdingbar erhalten bleiben“, so Yvonne Fritz.

Lebenspraktische Hilfen stärken

Mit besonderer Sorgfalt sei das Unterkapitel „Gesellschaftliche und psychosoziale Aspekte beim Schwangerschaftsabbruch“ im Bericht zu lesen, so SkF und Caritas. Es wird dort sichtbar, dass sich Menschen in vulnerablen und prekären Lebenslagen bei ungewollten Schwangerschaften häufiger für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Eva Maria Welskop-Deffaa unterstreicht: „Im Caritasverband setzen wir uns mit Nachdruck dafür ein, dass umfassende Hilfen angeboten werden. Es macht einen Unterschied, ob der schwangeren Frau in schwieriger Lebenslage direkt zu Beginn der Schwangerschaft Türen und nach der Geburt geöffnet werden – etwa mit praktischen Hilfen wie den Babylotsen, mit Angeboten zur Stärkung der Erziehungskompetenz und Gewaltprävention.“

Weiterer Diskussionsbedarf bei Leihmutterschaft

Der zweite Teil des Kommissionsberichts beschäftigt sich mit dem Thema ungewollte Kinderlosigkeit. SkF und Deutscher Caritasverband begrüßen, dass die Kommission Fragen von Eizellspende und Leihmutterschaft abwägend beantwortet. Die Risiken, die in einer global kommerziell agierenden Fortpflanzungsmedizin mit diesen Eingriffen verbunden sind, werden deutlich benannt. Die Frage, ob es faire altruistische Formen der Leihmutterschaft geben kann, wird weiter zu diskutieren sein.

„Ungewollte Kinderlosigkeit kann wie eine ungewollte Schwangerschaft zu einer tiefen Lebenskrise führen. Die ethische Bewertung und rechtliche Regelung medizinischer Angebote sind daher immer wieder neu zu prüfen,“ meint SkF-Vorständin Yvonne Fritz.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 15.04.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Ergebnisse des Abschlussberichts zum Schwangerschaftsabbruch der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. Der Abschlussbericht ebnet den Weg zu einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs und eröffnet nach vielen Jahren eine breite gesellschaftliche Debatte. Er stellt einen notwendigen und längst hinfälligen Paradigmenwechsel im Bereich des Schwangerschaftsabbruchs dar. Zu Recht betont die Kommission, dass das grundsätzliche strafrechtliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten 12 Wochen verfassungs-, europa- und völkerrechtlich nicht haltbar ist. Nun wird dem reproduktiven Selbstbestimmungsrecht schwangerer Personen endlich Rechnung getragen. Die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder, konstatiert: „Es ist längst überfällig, dass wir uns mit einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs befassen. Der Abschlussbericht der Kommission macht erneut deutlich, dass schnellstmöglich eine Neuregelung erfolgen sollte.“

Zugleich mahnt der djb an, den gesetzgeberischen Spielraum, den die Kommission für Fragen der Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen zwischen der 12. und 22. Woche vorsieht, in der Gestalt auszuschöpfen, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zur 22. Woche zulässig sind. Außerdem hält der djb an seiner Forderung fest, dass Abbrüche unabhängig vom Fortschritt der Schwangerschaft grundsätzlich nicht in das Strafgesetzbuch gehören, sondern im Sozialrecht zu verorten sind. Auch eine Beratungspflicht oder die dreitägige Wartezeit werden dem reproduktiven Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Person nicht gerecht und sind europa- sowie völkerrechtlich nicht haltbar.

„Die Bundesregierung muss diesen Moment nutzen und endlich dazu beitragen, dass die Rechte schwangerer Personen auch durch eine Verbesserung der derzeit defizitären Versorgungslage nachhaltig und effektiv gestärkt werden,“ so die Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe zum Schwangerschaftsabbruch des djb, Céline Feldmann.

Des Weiteren sieht der Abschlussbericht die Kriminalisierung bestimmter Handlungen zur Verhinderung von unsicheren Abbrüchen vor; wie die Vornahme von Abbrüchen durch nicht medizinisch geschultes Personal sowie Schädigungen des Fötus durch Dritte. Der djb sieht hier weiteren Diskussionsbedarf. Bei der Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs sollte stets das Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Person im Zentrum stehen. Eine extensive strafrechtliche Regelung birgt die Gefahr der Stigmatisierung von Abbrüchen und Unklarheiten für das medizinische Personal, wie es bereits bei der derzeitigen Regelung der Fall ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 16.04.2024

LSVD begrüßt die Vorschläge zur Legalisierung von Eizellabgaben

Die vor einem Jahr von der Regierung eingesetzte Expert*innen-kommission zur Prüfung einer möglichen Legalisierung von Eizellabgaben und Leihmutterschaft hat heute ihren Abschlussbericht vorgelegt. Grundsätzlich hält sie eine Legalisierung von Eizellabgaben für zulässig, bei der Frage nach einer Legalisierung der Leihmutterschaft sind die Expert*innen zurückhaltender. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands:

Der LSVD fordert seit langem eine Überprüfung der geltenden Verbote von Eizellspende und Leihmutterschaft. Mit Bezug auf die Eizellabgabe muss die Legislative nun zügig einen Gesetzesentwurf vorlegen und einen klaren rechtlichen Rahmen schaffen, der die reproduktive Selbstbestimmung und den notwendigen Schutz der abgebenden Personen sowie die Rechte der betroffenen Kinder sicherstellt.

Aktuell reisen viele queere Paare ins Ausland, um einander zur eigenen Familiengründung eine Eizelle zu spenden – ein in der Regel teures Unterfangen. Der LSVD spricht sich daher klar dafür aus, dass dies auch in Deutschland möglich sein muss. Das Risiko von Ausbeutung ist hier als gering einzuschätzen. Das gleiche gilt für jene Fälle, in denen Eizellen gespendet werden, die im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung entstanden und überzählig sind.  Auch hier spricht sich der LSVD für eine Legalisierung der Spende in Deutschland aus.

Zugleich herrschen in den Strukturen des globalen Reproduktionsmarktes jedoch häufig starke Machtunterschiede zwischen den Eizellen abgebenden und den sie empfangenden Personen. Die Abgabe von Eizellen berührt nicht nur das Recht auf körperliche Unversehrtheit, sondern angesichts der Weitergabe genetischer Zellen auch das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung. Eine gesetzliche Grundlage muss Selbstbestimmung und Schutz gewährleisten. Dazu gehört für alle Szenarien die Finanzierung umfassender medizinischer und rechtlicher Aufklärung und Beratung aller Beteiligten (auch der Wunscheltern etwa im Hinblick auf Aufklärung ihrer eigenen Kinder). Zusätzlich ist ebenfalls eine hinreichende Dokumentation notwendig. Diese Standards müssen auch dann sichergestellt werden, wenn Kliniken in Deutschland auf Eizellen aus dem EU-Ausland zurückgreifen.

Leihmutterschaft kann insbesondere für zwei cisgeschlechtliche Männer einen Weg zur Familiengründung darstellen, gleichzeitig herrschen auch hier oft starke Machtgefälle. Der LSVD spricht sich daher für die Zulassung der altruistischen Leihmutterschaft und für die Möglichkeit aus, die Rahmenbedingungen in einer Kinderwunschvereinbarung rechtsverbindlich zu regeln. Als Menschenrechtsverband stellt der LSVD dabei hohe Anforderungen an Aufklärung, Beratung und Verrechtlichung des Verhältnisses zwischen austragender Person und Wunscheltern, sollte eine Legalisierung von Leihmutterschaft politisch diskutiert werden.

Dabei darf die Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Leistungen keine Voraussetzung für die rechtliche Anerkennung queerer Familien sein. Queere Familiengründungen sind vielfältig; in vielen Fällen ist keine medizinische Assistenz notwendig. Wichtig ist, dass der Zugang zu reproduktionsmedizinischen Maßnahmen und eine etwaige finanzielle Förderung diskriminierungsfrei unabhängig von Geschlecht, Familienstand oder Sexualität der Personen sichergestellt wird. Queere Familien müssen jedoch auch dann rechtlich anerkannt werden, wenn sie privat entstanden sind. Der LSVD setzt sich daher seit vielen Jahren für die Implementierung von Elternschaftsvereinbarungen und die Anerkennung von freiwillig gewählten Mehrelternschaften ein.

Hintergrund:

Reziproke Eizellspenden sowie die Inanspruchnahme von Eizellen Dritter oder sogenannter Leihmutterschaft können ein Weg zu queeren Familiengründungen sein.

Die Durchführung von Eizellspenden und Leihmutterschaft ist in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz von 1991 strafrechtlich verboten. Das für die Verbote maßgebliche Argument, eine „gespaltene Mutterschaft“ schade dem Kindeswohl, ist wissenschaftlich nicht haltbar und angesichts der Akzeptanz von Samenspenden abzulehnen. Zugleich wirft insbesondere die Leihmutterschaft in einem globalen Reproduktionsmarkt wesentliche rechtliche und ethische Fragen auf.

Weiterlesen:

 

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) e.V. vom 15.04.2024

Würde der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts geregelt, wäre endlich die Stigmatisierung ungewollt Schwangerer beendet.

Als wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Selbstbestimmung von Schwangeren bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die heute vorgestellten Empfehlungen der “Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin” für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Durch eine rechtliche Verortung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts sowie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Beratung, wie von der Kommission alternativ zur Beratungspflicht empfohlen, würde endlich die unsägliche Stigmatisierung beendet, denen ungewollt Schwangere bisher ausgesetzt sind. Der Verband fordert die Bundesregierung auf, die Empfehlungen der Kommission schnellstmöglich umzusetzen.

“Die Autonomie der Schwangeren und der Schutz des ungeborenen Lebens können nicht mit den Mitteln des Strafrechts verwirklicht werden. Statt Schwangere in schwieriger Lebenslage zu kriminalisieren und durch die Androhung von Strafen zusätzlich unter Druck zu setzen, braucht es Zugang zu Informationen, Hilfe und Unterstützung. Keine Schwangere darf allein gelassen werden und es muss Schluss sein mit Stigmatisierung. Der Schwangerschaftsabbruch muss enttabuisiert werden, um den Weg frei zu machen zu aufgeklärten, selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Entscheidungen, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Schwangeren”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. 

Die Forderung der Kommission nach einem flächendeckenden, niedrigschwelligen, barrierefreien und vielsprachigen Beratungsangebot, das kostenfrei und im Wege eines Rechtsanspruches zur Verfügung steht, sei unbedingt zu unterstützen. Auch die Stärkung von Präventionsmaßnahmen wie u.a. der kostenfreie Zugang zu Verhütungsmitteln für Menschen im Transferleistungsbezug und mit geringem Einkommen ist eine langjährige Forderung des Paritätischen und seiner Mitgliedsorganisationen. Darüber hinaus fordert der Verband die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen für alle selbstbestimmten Schwangerschaftsabbrüche.

Der Verband spricht sich dafür aus, dass der §218 gestrichen und der selbstbestimmte Schwangerschaftsabbruch und alle damit im Zusammenhang stehenden Regelungen außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden. Der Schwangerschaftsabbruch gegen den Willen der schwangeren Person dagegen muss nach Ansicht des Paritätischen Straftatbestand bleiben und hier der Strafrahmen vom Vergehen zum Verbrechen verschärft werden. “Für den Verband ist es Haltung und Auftrag zugleich, dass das historische Erbe Deutschlands vor allem aus der Zeit des Nationalsozialismus, in der u.a. Zwangsabtreibungen und -sterilisationen legitimiert wurden, nicht vergessen werden darf. (…) Das damit verbundene Unrecht darf sich niemals wiederholen”, heißt es in der verbandlichen Positionierung zum Thema.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 15.04.2024

Unsere Verbände und Organisationen begrüßen den Bericht der AG 1 der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin.

Wir wenden uns heute an die Bundesregierung und fordern jetzt zügig eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Einklang mit Grundgesetz und internationalen Menschenrechten und Gesundheitsrichtlinien.

Die ELSA-Studie zeigt, dass die Versorgungslage und -qualität vielenorts und die Erfahrungen vieler ungewollt schwangerer Menschen problematisch sind. Der Kommissionsbericht zeigt vom geltenden Gesetz geschaffene Probleme auf und bietet Lösungsansätze an.

Auf dieser Grundlage muss die Regierung notwendige Gesetzesänderungen noch in dieser Wahlperiode umsetzen.

Amnesty International Deutschland

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft

AWO Bundesverband

Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Deutscher Juristinnenbund

Doctors for Choice Germany

Evangelische Frauen in Deutschland

Familienplanungszentrum Berlin – BALANCE

GEW Berlin

Medical Students for Choice

Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit

pro familia Bundesverband

TERRE DES FEMMES

UN Women

Verein demokratischer Ärzt*innen

Women in Exile

Zentralrat der Konfessionsfreien

Zitate und Stellungnahmen

Amnesty International

Dr. Julia Duchrow, Generalsekretärin: „Schwangerschaftsabbrüche müssen vollständig entkriminalisiert werden. Das erfordern menschenrechtliche Standards und die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation. Und auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt eine Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches. Alle Fakten liegen auf dem Tisch, jetzt müssen Regierung und Parlament endlich handeln!“

https://www.amnesty.de/deutschland-schwangerschaftsabbruch-abtreibung-entkriminalisieren-forschungsprojekt-elsa
https://www.amnesty.de/schwangerschaftsabbruch-deutschland

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft

https://www.arbeitskreis-frauengesundheit.de/2024/04/15/pressemitteilung-zur-veroeffentlichung-des-berichts-der-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzungsmedizin-ag-1/

AWO Bundesverband

https://awo.org/weg-mit-paragraf-218-stgb-awo-fordert-legalisierung-von-schwangerschaftsabbruechen

Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

Dr. Ines Scheibe, Mitbegründerin: „Schwangerschaftsabbrüche sollen endlich keine Straftat mehr sein, sondern ein Recht von ungewollt Schwangeren. Das ist möglich und dringend notwendig, wie die Expert*innen und die Ergebnisse der ELSA – Studie deutlich zeigen. Jetzt erwarten wir rasches Regierungshandeln.“

https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/19064/pressemitteilung-buendnis-fuer-sexuelle-selbstbestimmung-begruesst-erste-ergebnisse-der-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzung/

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe

https://dgpfg.de/wp-content/uploads/2024/04/Pressemitteilung-zu-den-Empfehlungen-der-Expertinnenkommission-zur-Neuregelung-des-Paragraph-218-StGB-download.pdf

Deutscher Juristinnenbund

https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st22-26

Doctors for Choice

https://doctorsforchoice.de/2024/04/ergebnisse-der-kommission-als-handlungsauftrag-an-regierung/

Evangelische Frauen in Deutschland

Angelika Weigt-Blätgen, Vorsitzende des Präsidiums: „Die Empfehlungen der Kommission werden der Tatsache gerecht, dass das aktuelle Strafrecht im Rahmen des §218 keine angemessene Lösung für die Verhinderung von Abtreibungen darstellt. Ein kostenloser und barrierefreier Zugang zu Verhütungsmitteln sowie umfassende Beratungsdienste sind deutlich wirksamere Ansätze.“

https://evangelischefrauen-deutschland.de/pressemitteilung-16-april-2024-evangelische-frauen-in-deutschland-fordern-umfassende-unterstuetzung-fuer-reproduktive-freiheit/

Familienplanungszentrum Berlin – BALANCE

Taleo Stüwe, Assistenzarzt im medizinischen Fachteam: „Die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist längst überfällig. Die Bundesregierung hat die Chance, den Empfehlungen der Kommission zu folgen und ihren gesetzgeberischen Spielraum zu nutzen. Für eine gute, bedarfsorientierte Versorgung ungewollt schwangerer Personen brauchen wir eine außerstrafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs – ohne Stigmatisierung und Pflichtberatung, mit Kostenübernahme und flächendeckenden Angeboten.“

https://www.fpz-berlin.de

GEW Berlin

https://www.gew-berlin.de

Medical Students for Choice

„Die gesellschaftliche Tabuisierung und rechtliche Kriminalisierung steht einer würdigen und gesundheitsfördernden Versorgung von ungewollt Schwangeren seit Jahren im Weg. Wir benötigen kompetente Ärzt*innen und einen legalen Schwangerschaftsabbruch mit niederschwelligem Zugang, um sichere Schwangerschaftsabbrüche und reproduktive Gesundheit zu wahren.“

Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit

www.nationales-netzwerk-frauengesundheit.de/downloads/NNW_Stellungnahme_AG1_Kommission_final.pdf

pro familia Bundesverband

Monika Börding, Vorsitzende: „Es gab nie einen guten Kompromiss zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Denn er hat zu schwierigen Erfahrungen und einer schlechten Versorgungslage geführt, die die ELSA-Studie jetzt bestätigt hat. Mit der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs kann die Regierung endlich gute Rahmenbedingungen für eine gute Gesundheitsversorgung schaffen. Dazu gehört, Schwangeren einen Rechtsanspruch auf professionelle Beratung geben, und zwar zu allen Fragen zu Sexualität und Fortpflanzung.“

https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/pressemitteilungen/pm_empfehlungen_der_Kommission_zur_Schwangerschaftsabbruchregelung_2024-4-9.pdf

TERRE DES FEMMES

Sina Tonk, Bereichsleiterin Referate: „Es ist lange überfällig, dass der frauenfeindliche §218 gestrichen wird. Dafür kämpfen TERRE DES FEMMES und viele andere seit Jahrzehnten. Jede Frau muss frei entscheiden können, ob, wann und mit welcher Methode sie einen Abbruch durchführen möchte. Dafür braucht es jetzt einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der Schwangerschaftsabbrüche legalisiert. Der im Kommissionsbericht vorgestellte Gestaltungsspielraum ist dabei nicht nur vollständig auszuschöpfen, sondern es muss darüber hinausgegangen und die aktuelle WHO Richtline umgesetzt werden!“

https://event.ptj.de/lw_resource/datapool/systemfiles/elements/files/07E4DD824EA758A0E0637E695E860EEF/current/document/Terre_Des_Femmes_Stellungnahme.pdf

UN Women

Elke Ferner, Vorsitzende: „Schwangere, die sich zu einem Abbruch entschließen und Arzt*innen, die ihnen helfen, dürfen nicht länger mit dem Strafrecht bedroht werden. Eine Entkriminalisierung ist möglich und muss noch in dieser Wahlperiode erfolgen!“

https://event.ptj.de/lw_resource/datapool/systemfiles/elements/files/07E4DE60E7185ACEE0637E695E86C4DF/current/document/UN_Women_Stellungnahme.pdf

Verein demokratischer Ärzt*innen

Elisabeth Furian, Mitglied des erweiterten Vorstands: „Unser Platz als Ärzt*innen ist an der Seite der ungewollt schwangeren Person. Leider wird das Thema Schwangerschaftsabbruch jedoch in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung ausgespart. Die fehlende Ausbildung ist eine der Ursachen für die ungenügenden Versorgungsstrukturen. Deshalb fordern wir: Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetzbuch und rein in die Lehre!“

https://www.vdaeae.de/2024/04/12/pm-vom-12-4-2024-legal-einfach-fair-fuer-eine-entkriminalisierung-des-schwangerschaftsabbruchs/

Women in Exile

“We believe women should be given the choice of making a decision on whether they want kids or not.”

Zentralrat der Konfessionsfreien

„Der Zentralrat der Konfessionsfreien begrüßt die Empfehlung der Kommission, den Schwangerschaftsabbruch zu entkriminalisieren. Das Selbstbestimmungsrecht aller ungewollt schwangeren Frauen wird nur durch eine weltanschaulich neutrale Regelung sichergestellt.“

https://konfessionsfrei.de

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 17.04.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesministerin Paus und die Jugend- und Familienministerinnen und -minister der Länder wollen die Qualität in der Kindertagesbetreuung gemeinsam weiter voranbringen

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, und der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma in Deutschland, Dr. Mehmet Daimagüler, haben zum Internationalen Tag der Roma am 8. April auf die Situation der in Deutschland lebenden Roma aufmerksam gemacht. Mit einem Empfang zum Welt-Roma-Tag setzten sie dabei ein Zeichen für Vielfalt und Zugehörigkeit der Sinti und Roma.

Bundesministerin Lisa Paus: „Zum Welt-Roma-Tag rufe ich alle Bürgerinnen und Bürger auf, nicht weg zu schauen bei antiziganistischen Vorfällen im Alltag. Ich bin dem Beauftragten der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma, Dr. Mehmet Daimagüler sehr dankbar für die wichtige Arbeit und seinen unermüdlichen Einsatz gegen Antiziganismus und Rassismus. Diskriminierung und Rassismus zu bekämpfen ist und bleibt aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Antiziganismus hat keinen Platz in Deutschland.“

Dr. Mehmet Daimagüler, Antiziganismusbeauftragter der Bundesregierung: „Der 8. April würdigt die historischen Verdienste der Bürgerrechtsbewegung sowie das Leben und die Vielfalt der Communitys. Aber es erinnert uns auch daran, dass noch viel zu tun ist.“

Dr. Daimagüler nannte als wichtigste bevorstehende Aufgabe seines Amtes die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung des Unrechts an den Sinti und Roma in der Nachkriegszeit.

Der Aktivist und Autor Gianni Jovanovic führte als Moderator durch das Programm zum Internationalen Tag der Roma im BMFSFJ, bei dem auch der Jugendclub des „Romplay Theaters“ aus Hamburg eine Szene spielte. Vor den zahlreichen Gästen, darunter Mitglieder von Selbstorganisationen von Sinti und Roma, erinnerte Ministerin Lisa Paus daran, dass der Welt-Roma-Tag auf den Jahrestag des ersten Welt-Roma-Kongresses 1971 in London zurückgeht – einem Meilenstein der Selbstorganisation und der Bürgerrechtsbewegung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.04.2024

Bundesministerin Paus und die Jugend- und Familienministerinnen und -minister der Länder wollen die Qualität in der Kindertagesbetreuung gemeinsam weiter voranbringen

Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung und Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK), Sascha Karolin Aulepp, haben heute einen „Letter of Intent“ zum weiteren gemeinsamen Qualitätsprozess in der Kindertagesbetreuung unterzeichnet. Der Letter of Intent würdigt den bisherigen Qualitätsprozess von Bund und Ländern und verdeutlicht das gemeinsame Ziel, die Qualität der Kindertagesbetreuung weiterzuentwickeln und bundesweit anzugleichen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Qualität der Kinderbetreuung ist von zentraler Bedeutung. Zusammen mit den Ländern leistet der Bund einen entscheidenden Beitrag für deren Weiterentwicklung. Wir unterstützen die Länder und Kommunen bei ihrer wichtigen Aufgabe und bekräftigen mit dem Letter of Intent, dass wir die KiTa-Qualität im ganzen Land stärker angleichen möchten. Unser gemeinsames Ziel ist ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards. Es ist mir ein zentrales Anliegen, dass der Bund die Länder auch über 2024 hinaus bei der KiTa-Qualität weiter unterstützt.“

Senatorin für Kinder und Bildung der Freien Hansestadt Bremen und Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder Sascha Karolin Aulepp: „Wir müssen allen Kindern in Deutschland ein Angebot der Kindertagesbetreuung machen, um sie in ihrer frühkindlichen Entwicklung zu fördern. Nach wie vor sind es vor allem die Kinder, die besonders von frühkindlicher Bildung profitieren würden, die noch nicht versorgt sind. Für den Ausbau der Kindertageseinrichtungen braucht es auch weiter die Unterstützung des Bundes. Darauf aufsetzend bleibt die Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung ein vorrangiges Ziel.“

Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht vor, das KiTa-Qualitätsgesetz in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards zu überführen. Bundesministerin Paus und die Jugend- und Familienministerinnen und -minister der Länder stellen im Letter of Intent klar, dass verbindliche und auf Dauer angelegte Qualitätsstandards nur mit einem auskömmlichen und unbefristeten finanziellen Engagement des Bundes und mit einer ausreichenden Zahl an Fachkräften umsetzbar sind.

Vorschläge für ein Qualitätsentwicklungsgesetz
Auf Grundlage des Koalitionsvertrags und mit dem Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz vom Mai 2022 traten der Bund und die Länder in einen strukturierten und ergebnisoffenen Prozess ein. Vertreterinnen und Vertreter des BMFSFJ und der Fachministerien der Länder kamen dazu ab August 2022 in der Arbeitsgruppe Frühe Bildung zusammen, um Vorschläge für ein Qualitätsentwicklungsgesetz zu erarbeiten. Dabei wurden die Kommunalen Spitzenverbände eng einbezogen. Die Arbeitsgruppe wurde zudem durch einen Expertendialog aus Verbänden und Organisationen aus der Praxis sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern begleitet.

Mit dem Letter of Intent wird der Bericht „Gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland – Kompendium für hohe Qualität in der frühen Bildung“ veröffentlicht. Er enthält unter anderem die von der Arbeitsgruppe Frühe Bildung entwickelten Handlungsziele mit Vorschlägen für bundesweite Standards in den Qualitätsbereichen „Verbesserung der Betreuungsrelation“, „Sprachliche Bildung und Sprachförderung“, „Bedarfsgerechte (Ganztags-)Angebote“ sowie für die Steuerung im System und das Monitoring.

In der Anlage zum Bericht werden Umsetzungsaspekte beleuchtet, wie zum Beispiel der Personalbedarf oder die Kosten von Qualitätsstandards, die mögliche rechtliche Ausgestaltung oder Vorschläge für ein zeitlich gestuftes Vorgehen.

Langjähriger Qualitätsprozess von Bund und Ländern
Bereits im Jahr 2014 haben sich Bund und Länder darauf verständigt, in einem gemeinsamen Prozess die Qualität der Kindertagesbetreuung bundesweit weiterzuentwickeln und die Finanzierung zu sichern. Die AG Frühe Bildung wurde erstmals damit beauftragt, gemeinsame Qualitätsziele für die Kindertagesbetreuung zu entwickeln.

Diese bildeten eine Grundlage für das Gute-KiTa-Gesetz (2019-2022), das in dieser Legislaturperiode mit dem KiTa-Qualitätsgesetz (2023-2024) fortgesetzt und weiterentwickelt wurde.
Für die Umsetzung des KiTa-Qualitätsgesetzes stellt der Bund den Ländern insgesamt rund 4 Mrd. Euro zur Verfügung.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Letter of Intent

Bericht AG Frühe Bildung

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.03.2024

Zu den Ergebnissen der ELSA-Studie zur Versorgungslage ungewollt Schwangerer erklärt Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:

„Die Ergebnisse der ELSA-Studie enthalten wichtige Hinweise für den Weg zu einer besseren Versorgung ungewollt Schwangerer.

Die Bundesländer haben die Aufgabe, eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Was das genau bedeutet, ist allerdings bisher nicht gesetzlich klar definiert. Das erschwert Einschätzungen zur Versorgungslage.

Durch die wissenschaftliche Befragung von Betroffenen können wir nun die Versorgungssituation besser einschätzen. Es wird deutlich, dass eine angemessene Erreichbarkeit von Einrichtungen zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs nicht flächendeckend gegeben ist. Insbesondere in den südlichen und westlichen Bundesländern bestehen erhebliche Versorgungslücken.

Eine ungewollte Schwangerschaft ist immer auch eine belastende Situation. Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass Versorgungsbarrieren und Stigmatisierungen einen Einfluss auf die psychische Lage von ungewollt schwangeren Frauen haben.

Wir wollen, dass Frauen in dieser schwierigen Entscheidung die bestmögliche Unterstützung und medizinische Versorgung erhalten. Schwangerschaftsabbrüche wird es immer geben. Die Ergebnisse der Studie zeigen uns deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. Es ist unsere Aufgabe Frauen im Schwangerschaftskonflikt nicht allein zu lassen, egal wie sie sich entscheiden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.04.2024

Zum Beschluss der Reform des Namensrechts erklärt die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Katrin Helling-Plahr:

„Mit dem heutigen Beschluss setzen wir um, was wir als FDP-Fraktion bereits in den vergangenen Jahren aus der Opposition heraus angestoßen haben: Eine gezielte Liberalisierung des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts, die neue Freiheiten bringt, ohne das Namensrecht dabei beliebig zu machen. Der Name hat nicht nur Identifikations- und Zuordnungsfunktionen, sondern ist Teil der eigenen Identität und Ausdruck persönlicher Individualität. Dem trägt die heute verabschiedete Namensrechtsreform Rechnung. Sie ermöglicht außerdem, flexibler auf sich ändernde Lebenssituationen zu reagieren. Mit der Reform besteht künftig etwa die Möglichkeit von Doppelnamen für beide Ehepartner sowie für Kinder. Auch die Namenstraditionen von nationalen Minderheiten und die Situation von Stiefkindern, Scheidungskindern und Adoptierten finden besser Berücksichtigung. Damit reagieren wir auf die Bedürfnisse vieler Menschen in unserem Land und machen einen großen Schritt zu mehr individueller Freiheit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 12.04.2024

Montag, 22. April 2024 , 14.00 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E.200

Öffentliche Anhörung zum

Antrag der Fraktion der CDU/CSU
Arbeitszeit flexibilisieren – Mehr Freiheit für Beschäftigte und Familien
BT-Drucksache 20/10387

Detaillierte Informationen zur Sitzung finden Sie auf der Internetseite des Ausschusses: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a11_arbeit_soziales/Anhoerungen/998002-998002

Hinweise:
Alle Medienvertreter benötigen zum Betreten der Gebäude des Deutschen Bundestages eine gültige Akkreditierung (www.bundestag.de/akkreditierung).

Die Sitzung wird live im Internet unter www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen. Am Folgetag ist sie unter www.bundestag.de/mediathek abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 15.04.2024

Der Petitionsausschuss unterstützt mehrheitlich die mit dem Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP anvisierte Absenkung des aktiven Wahlalters für Bundestagswahlen auf 16 Jahre. Eine Petition, die sich gegen eine solche Absenkung ausspricht, fand bei der Sitzung am Mittwoch keine Mehrheit. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der Gruppe Die Linke wurde eine Beschlussempfehlung an den Bundestag verabschiedet, die vorsieht, das entsprechende Petitionsverfahren abzuschließen. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD hatten hingegen für eine Überweisung der Petition an die Bundesregierung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ votiert.

In der aus dem Januar 2023 stammenden öffentlichen Petition (ID 144196) heißt es, mit Blick auf die Ereignisse in Berlin-Neukölln an Silvester 2022 könne nicht angenommen werden, dass Wählerinnen und Wähler mit 16 Jahren schon genügend Umsicht und gesellschaftliche Kenntnisse entwickelt hätten, um eine verantwortliche Wahlentscheidung treffen zu können. Die Gefahr der Verbreitung durch sich explizit auf diese Wähler einstellende neue Parteien mit demokratiezersetzenden Narrativen sei zudem zu groß, schreibt der Petent.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss unter anderem darauf, dass das aktive Wahlalter für Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) bereits auf 16 Jahre gesenkt worden sei. Hintergrund der entsprechenden Entscheidung des Bundestages im Jahr 2022 sei gewesen, „dass das frühere aktive Wahlalter von 18 Jahren Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen hat, die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen“. Zudem habe sich der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für eine Absenkung des Wahlalters für die Wahlen zum EP auf die positiven Erfahrungen mit einer entsprechenden Absenkung bei Landtags- und Kommunalwahlen in mehreren Ländern gestützt.

Für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Absenkung des aktiven Wahlalters für Bundestagswahlen auf 16 Jahre sprechen aus Sicht der Ausschussmehrheit im Wesentlichen dieselben Gesichtspunkte wie für die bereits vollzogene Absenkung des Wahlalters auf europäischer Ebene. Auch auf nationaler Ebene sollten 16-jährige nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, wenn sie an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen. Zudem gelte auch hier, dass gerade die junge Generation durch aktuelle politische Entscheidungen, insbesondere auf den Feldern des Klimaschutzes, der sozialen Sicherungssysteme, der öffentlichen Investitionen und der Regulierung des Internets, in besonderer Weise betroffen sein werde.

Der Ausschuss hebt außerdem hervor, dass auch die Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit in ihrem Abschlussbericht vom 12. Mai 2023 (20/6400) dem Bundestag mehrheitlich empfohlen habe, das aktive Wahlalter bei Bundestagswahlen von 18 auf 16 Jahre abzusenken.

Was den Einwand des Petenten angeht, es könne nicht angenommen werden, dass Wählerinnen und Wähler mit 16 Jahren schon genügend Umsicht und gesellschaftliche Kenntnisse entwickelt hätten, und die Gefahren der Beeinflussung durch demokratiezersetzende Narrative zu groß seien, so widersprächen dem sowohl empirische Befunde als auch rechtliche Wertungen, heißt es in der Vorlage. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, ethisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. „Wenn dies für 14-Jährige gilt, dann muss es für 16-Jährige erst recht gelten“, urteilt der Petitionsausschuss.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 220 vom 10.04.2024

Die Höhe von Sozialleistungen ist nicht entscheidend für Migrationsbewegungen. Das betonte in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag eine Mehrheit der geladenen Sachverständigen. Mehrere Wissenschaftlerinnen wiesen in der Anhörung darauf hin, dass die These von dem einen entscheidenden Pull-Faktor für Migration schon seit Jahrzehnten als wissenschaftlich überholt gilt. Entscheidender seien die Community vor Ort, Arbeitsperspektiven und die demokratische Verfasstheit des Ziellandes.

Grundlage der Anhörung waren zwei Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag (20/9740) unter anderem eine Absenkung der Leistungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), eine vorrangige Ausgabe von Sach- statt Geldleistungen und eine Bezahlkarte für Asylsuchende. Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag (20/4051), dass Geflüchtete aus der Ukraine Leistungen nach dem AsylbLG anstatt Bürgergeld erhalten.

Noa Kerstin Ha, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), kritisierte die These von den Pull-Faktoren als „bestenfalls unvollständig“. Aktuelle Studien würden die Evidenz sogenannter Wohlfahrtsmagneten eindeutig widerlegen, sagte sie. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wies Vera Egenberger darauf hin, dass die Ablehnung von Migration selten auf Fakten basiere. Auch sie bekräftigte, eine Absenkung von Leistungen werde Migration nicht reduzieren, denn die primären Gründe dafür seien andere, wie zum Beispiel Kriegs- und Krisensituationen oder Klimakatastrophen. Hier müsse man ansetzen, wolle man Wanderungsbewegungen stoppen, betonte Egenberger. Den Ruf nach Sachleistungen kritisierte Katharina Voss von der Diakonie Deutschland als „Ladenhüter“, denn die Debatte sei eigentlich längst abgeschlossen. Die Praxis in den Kommunen hätte gezeigt: „Es ist personalintensiv, teuer und unpraktisch und geht für die Betroffenen oft am Bedarf vorbei.“ Demgegenüber böte ein Bezahlkarte Vereinfachungen, wenn sie diskriminierungsfrei ausgestaltet werde. Dies sei aber derzeit mit der willkürlichen Festlegung auf einen verfügbaren Betrag von zum Beispiel 50 Euro, über den die Asylsuchenden frei verfügen können sollen, nicht der Fall.

Zustimmend zur Bezahlkarte äußerte sich dagegen Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag: „Wir machen damit gute Erfahrungen.“ Die Betroffenen könnten überall damit einkaufen, sogar online, aber es sei natürlich abhängig vom Betrag, der auf der Karte verfügbar ist, ergänzte sie. Daniel Thym, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Universität Konstanz, bezeichnete Sozialleistungen als den „nicht relevantesten Faktor“ für Migrationsströme, gleichwohl könnte deren Absenkung einen „symbolisch sichtbaren Effekt“ haben. Er äußerte sich darüber hinaus zustimmend zu der Forderung der Unionsfraktion nach einer Absenkung von Leistungen für ausreisepflichtige Menschen und nach schnelleren Sanktionsverfahren im AsylbLG. Derzeit seien Sanktionen in der Praxis kaum relevant, weil die Verfahren viel zu kompliziert seien, sagte Thym.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 211 vom 08.04.2024

Die CDU/CSU-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (20/10674) zur Wohnungslosigkeit in Deutschland gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, welche präventiven Maßnahmen bestehen, um Wohnungslosigkeit zu verhindern und welche Maßnahmen es gibt, um bestehende Wohnungslosigkeit in Kontexten wie Überschuldung, Arbeitsplatzverlust und Scheidung zu bekämpfen. Zudem wollen die Abgeordneten wissen, was die Bundesregierung unternimmt, um Staaten „dazu zu bewegen, damit sie sich um ihre Wohnungslosen“ aus dem EU-Ausland und dem Nicht-EU-Ausland kümmern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 196 vom 24.03.2024

Das durchschnittliche Alter von Vätern bei der Geburt eines Kindes ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen: Lag es 1991 noch bei 31,0 Jahren, waren Väter 2022 bei der Geburt ihrer Kinder im Schnitt 34,7 Jahre alt. Dieser Trend ist weltweit in vielen Ländern zu beobachten. Er wird von Teilen der Wissenschaft mit Sorge gesehen, da Kinder älterer Väter ein höheres biologisches Risiko haben, gesundheitlich beeinträchtigt zu sein. Eine neue Studie von Forschern des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Universität Oldenburg in der Fachzeitschrift „Human Reproduction“ zeigt nun erstmals auf, dass das heute verzeichnete Alter der Väter bei Geburt im historischen Vergleich nicht ungewöhnlich ist.

Bei allen Ländern, für die Daten über die letzten 100 Jahre vorliegen, zeigt sich ein ähnliches Bild: Trotz hoher Anstiege in den letzten Jahrzehnten liegt das heutige Durchschnittsalter der Väter bei Geburt von Kindern unter oder nur leicht über den zu Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichneten Werten. So waren etwa in Frankreich um 1900 die Väter bei Geburt im Durchschnitt 34 Jahre alt, was dem heutigen Niveau entspricht. Bis in die 1970er Jahre ging das Durchschnittsalter dann stark zurück und lag Anfang der 1970er um die 30 Jahre, bevor es ab 1980 wieder anstieg. Ähnliche Verläufe zeigen sich für Schweden, die USA, Japan und eine Reihe weiterer Länder. Für Deutschland sind Aussagen zu Langzeitentwicklungen nicht möglich, da Daten zum Alter der Väter bei Geburt ihrer Kinder erst seit 1991 durchgängig vorliegen.

Langfristig betrachtet sind niedrige Geburtsalter ungewöhnlich

„Unsere Analysen vermitteln den Eindruck, dass eher die niedrigen Werte in den 1960er und 1970er Jahren ungewöhnlich waren“, erklärt Dr. Sebastian Klüsener vom BiB, Mitautor der Studie. Die hohen Alter zu Beginn des 20. Jahrhunderts erklären sich dadurch, dass die Familiengründung aus wirtschaftlichen Gründen relativ spät erfolgte. Damals gab es auch noch viele kinderreiche Familien, bei welchen die letzten Kinder in einem relativ hohen Alter geboren wurden.  Dies änderte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als viele Gesellschaften sehr industriell geprägt waren. Damals konnten Erwerbstätige früh im Arbeitsleben höhere Einkommen erzielen, was für eine frühzeitige Familiengründung förderlich war. Gleichzeitig sank der Anteil kinderreicher Familien, so dass viele Eltern ihre Familienplanung früh abschlossen.  Der für das Einkommen sorgende Ehemann und die sich um Haushalt und Kinder kümmernde Ehefrau waren das stark verbreitete Rollenbild dieser Zeit. Dies änderte sich ab den 1970er Jahren. Im Zuge des Übergangs von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft entstanden neue attraktive Karrieremöglichkeiten für Frauen. In dieser Zeit begannen sich auch die Rollenverständnisse von Frauen und von Männern zu ändern. Zusätzlich führten höhere Anforderungen an die berufliche Qualifikation und bessere Bildungsangebote zu längeren Ausbildungszeiten bei Männern und Frauen. Diese Entwicklungen trugen neben anderen Einflussfaktoren letztlich zu einem steigenden Geburtsalter bei.

Einen älteren Vater zu haben kann auch von Vorteil sein

Ob der Anstieg des Alters von Vätern bei der Geburt von Kindern tatsächlich Anlass zu Besorgnis ist, hängt von verschiedenen zum Teil noch wenig erforschten Faktoren ab. Während die mit dem Geburtsalter steigenden biologischen Gesundheitsrisiken für das Kind gut belegt sind, kann es auch von Vorteil sein, einen älteren Vater zu haben. Da ältere Väter in der Regel bereits mehr im Arbeitsmarkt etabliert sind, können sie ihren Kindern potenziell einen finanziell besser abgesicherten Start ins Leben ermöglichen. Außerdem gilt es die gestiegene Lebenserwartung und die Folgen des Fortschritts in der Medizin zu berücksichtigen: Ein heute 35 Jahre alter Mann ist im Durchschnitt gesünder als ein 35 Jahre alter Mann vor 50 Jahren. Durch den medizinischen Fortschritt werden zudem gesundheitliche Folgen abgemildert, die eine späte Vaterschaft für das Kind hat. „Wenn die bestehenden Forschungslücken weiter gefüllt sind, ist eine noch bessere Einschätzung der Vor- und Nachteile möglich“, meint Klüsener. „Die aktuellen oft als drastisch hoch bezeichneten Durchschnittsalter sind jedenfalls weder neu noch ungewöhnlich.“

Die gesamte Publikation finden Sie hier:

https://doi.org/10.1093/humrep/deae067

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 09.04.2024

Nach knapp vier Jahren Krisensituation sind Erfahrungen und Stimmungen unter den Erwerbspersonen in Deutschland stark gemischt, zeigt die aktuelle Welle der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung vom November 2023: Mehr als ein Viertel der befragten Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden berichtete von starken finanziellen Belastungen. 60 Prozent aller Befragten äußerten geringes oder gar kein Vertrauen in die Bundesregierung. Bei einer relevanten Gruppe besteht ein erheblicher Zuspruch zu antidemokratischen Kräften. Andererseits zeigten sich aber auch Stabilisierungstendenzen beim Vertrauen in andere staatliche und gesellschaftliche Institutionen und oft eine etwas günstigere Einschätzung der eigenen Gesamtsituation als während der Corona-Krise und kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Der vertiefte Blick auf in der Befragung geäußerte negative Weltsichten zeigt, dass sie sich bei einem Teil der Befragten zu verfestigen und ein Stück weit zu verselbständigen scheinen. Das ergibt sich beim Vergleich von Personen in vergleichbarer wirtschaftlicher Lage, differenziert nach politischen Präferenzen: Während AfD-Wähler*innen eine besonders ausgeprägte Verunsicherung und starke Sorgen zu Protokoll geben, äußern sich Wähler*innen anderer Parteien auch bei ähnlicher finanzieller Situation im Mittel deutlich seltener besorgt. Sehr groß sind auch die Unterschiede bei der Haltung zu Menschen, die vor dem Ukraine-Krieg geflohen sind: Im November 2023 gaben beispielsweise lediglich 42 Prozent der Befragten mit Präferenz für die AfD an, das Schicksal der Geflüchteten bewege sie. Unter den Befragten, die andere Parteien wählen wollen, äußerten hingegen 79 Prozent Mitgefühl.

„Die aktuelle Erhebung der Erwerbspersonenbefragung zeigt eine von multiplen Krisen verunsicherte, aber nicht erschütterte Gesellschaft“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung das Bild zusammen. Die Soziologin wertet die Wiederholungsbefragung, die sich seit Frühjahr 2020 im Abstand von vier bis sechs Monaten an dasselbe Panel aus aktuell rund 5.200 Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden richtet, zusammen mit den WSI-Forschern Dr. Andreas Hövermann und Dr. Helge Emmler aus.

Es gelingt der AfD, krisenbedingte Unsicherheiten und Belastungen zu mobilisieren und zu verstärken

Die beobachtete Verunsicherung resultiere aus den großen finanziellen Belastungen durch die hohe Inflation 2022/2023, die vor allem die unteren Einkommensgruppen stark getroffen haben – auch wenn die Teuerungsrate mittlerweile deutlich gesunken ist, analysiert Kohlrausch. Aus diesen Belastungen und den Sorgen, die damit einhergehen, speise sich auch zu einem beträchtlichen Teil das nur noch geringe Vertrauen in die Bundesregierung und die Zustimmung zur AfD, die unter Erwerbspersonen zwischen den Befragungswellen im Juli und November 2023 erneut gestiegen war (Details und Zahlen zu allen Befunden unten). Mögliche Veränderungen, die sich mit den Berichten des Recherche-Netzwerks Correctiv und den großen Demonstrationen zum Schutz der Demokratie ab Januar 2024 ergeben haben, sind in den Daten nicht erfasst.

Gleichzeitig sei es sehr wichtig, jenseits dieser generellen Zusammenhänge auf signifikante Unterschiede individueller Krisenreaktionen zu schauen, betont WSI-Experte Andreas Hövermann: „Unabhängig von ihrer tatsächlichen finanziellen Situation fühlen sich AfD-Wähler*innen durch die aktuellen Krisen stärker betroffen und verunsichert als die Wähler*innen anderer Parteien. Ganz offensichtlich gelingt es der AfD besonders gut, krisenbedingte Unsicherheiten und Belastungen zu mobilisieren und zu verstärken. Dies ist ein beunruhigender Befund, weil ein derartiges Erstarken anti-demokratischer Kräfte eine ernsthafte Bedrohung für unsere demokratische Gesellschaftsordnung darstellt.“

Debatten um Rückzug des Staates, etwa im Sozialen, sind kontraproduktiv

Gleichwohl zeige sich in den Befragungsergebnissen aber auch, dass sich das Vertrauen in andere staatliche und gesellschaftliche Institutionen bei vielen Menschen stabilisiert hat, ebenso wie der Sorgenhaushalt – auch wenn die Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation bei einem Viertel der Befragten weiter hoch sind. „Auch in turbulenten Zeiten sollte man also nicht aus den Augen verlieren, dass die Gesellschaft über Ressourcen verfügt, die sie stabilisieren. Es gilt, diese Ressourcen zu stärken und destabilisierenden Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, insbesondere der starken Belastung der unteren Einkommensgruppen, die trotz sinkender Inflation nachwirkt“, sagt Kohlrausch. „Dafür ist es auch notwendig, dass deutlich wird, dass die Krisen durch staatliches Handeln gestaltbar sind. Debatten um einen Rückzug des Staates, zum Beispiel in der Sozialpolitik, sind hier kontraproduktiv.“  

Details und Zahlen zu den Befunden
(siehe auch die Abbildungen in der pdf-Version dieser PM; Link unten)

Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) mit niedrigen Haushaltseinkommen berichtete im November 2023 von starken oder äußerst starken finanziellen Belastungen. Der Wert ist gegenüber der vorherigen Befragungswelle von Juli 2023 um 5 Prozentpunkte angestiegen. Auch in mittleren und höheren Einkommensgruppen hat die finanzielle Belastung bis zum Jahresende 2023 zugenommen – allerdings auf niedrigerem Niveau, insbesondere bei Befragten mit hohen Einkommen (Anstieg von 11 auf 14 Prozent; Abbildung 1 in der pdf-Version). Generell fühlen sich Erwerbspersonen mit niedrigeren Einkommen derzeit stärker von Krisen betroffen.

Befragte, die der AfD zuneigen, konstatieren weitaus häufiger als Wähler*innen anderer Parteien, sie selbst und Deutschland insgesamt seien stark von den Krisen der letzten Jahre betroffen. AfD-Wähler*innen fühlen sich auch besonders häufig unsicher. Die Differenz bei den verschiedenen Fragestellungen liegt bei 25 bis 30 Prozentpunkten (Abbildung 2).

Dass Befragte mit Tendenz zur Wahl der AfD bei wahrgenommener Krisenbetroffenheit und Verunsicherung weit vorne liegen, hängt auch damit zusammen, dass Personen mit niedrigeren Einkommen generell überdurchschnittlich oft AfD wählen. Allerdings erklärt das nur einen Teil der Differenz, wie die verfeinerte Auswertung in unterschiedlichen Einkommensgruppen deutlich macht: Auch bei vergleichbaren Einkommen sehen sich AfD-Wählende viel häufiger durch die Krisen betroffen und sind öfter verunsichert als Wählende anderer Parteien (Abbildung 3). „Die Unterschiede sind auch bei ähnlichem Einkommen nicht nur statistisch signifikant, sondern teilweise geradezu enorm. Die von der AfD verbreiteten Untergangsszenarien verfangen beim Personenkreis, der AfD wählen will, offenbar nicht nur besonders gut, sie zeigen auch ihre Wirkung und verstärken die Verunsicherung in ihrer Wählerschaft“, sagt Forscher Hövermann. Der gleiche Trend zeigt sich auch, wenn verglichen wird, ob Wählende über finanzielle Rücklagen verfügen oder nicht.

Gleichzeitig zeichnet sich in Bezug auf das Vertrauen in wichtige staatliche und gesellschaftliche Institutionen im Gesamtsample eher eine Stabilisierung ab. Nachdem das Vertrauen gegenüber fast allen Institutionen unmittelbar nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine zurückgegangen war, hat es sich anderthalb Jahre später, im November 2023, stabilisiert. Lediglich das Vertrauen in die Bundesregierung befindet sich mit 11 Prozent aller Befragten, die ein großes, beziehungsweise sehr großes Vertrauen in die Bundesregierung haben, auf dem niedrigsten Stand, der im Rahmen der Erwerbspersonenbefragung bisher gemessen wurde. 60 Prozent äußerten im November 2023 wenig oder kein Vertrauen zur Regierung, der bislang höchste Wert (Abbildung 4 in der pdf-Version).

Anhänger*innen der AfD zeichnen sich generell durch ein stark unterdurchschnittliches Institutionenvertrauen aus. Das gilt auf unterschiedlichem Niveau, für Polizei, Justiz oder Bundeswehr ebenso wie für Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände. Extrem niedrig sind die Werte beim Vertrauen zu öffentlich-rechtlichen Medien und zur Bundesregierung – nur 4 bzw. 1 Prozent der AfD-Wähler*innen äußern hier großes oder sehr großes Vertrauen. Dagegen ist das Vertrauen in die präferierte Partei bei AfD-Wähler*innen überdurchschnittlich: 51 Prozent äußern hier großes oder sehr großes Vertrauen in die AfD – Unter Wählenden anderer Parteien sind es im Durchschnitt 41 Prozent, die ein solch großes Vertrauen in die Partei äußern, der sie ihre Stimme geben. „Hier zeigt sich die Abwendung und ausgeprägte Entfremdung vieler AfD-Anhänger*innen von zentralen demokratischen Institutionen, während die AfD von ihnen als einzige Institution mehrheitlich Vertrauen zugesprochen bekommt. Daran lässt sich zum einen die erhebliche Unzufriedenheit von AfD-Anhänger*innen ablesen. Zum anderen wird aber auch ersichtlich, wie erfolgreich die AfD bei ihren Wählenden darin ist, das Bild eines chaotischen und versagenden Systems zu zeichnen und sich selbst als einzigen Heilsbringer zu positionieren“, sagt WSI-Experte Hövermann.

Schaut man wieder auf alle Befragten, scheinen sich die Erwerbspersonen in Deutschland in mehreren wichtigen Kategorien jenseits der finanziellen Situation tendenziell eher weniger belastet zu fühlen als während der akuten Corona-Krise und im ersten Jahr des Ukraine-Kriegs. Das gilt für die familiäre Situation und für die Arbeitssituation. Die wahrgenommenen Belastungen im Hinblick auf die Gesamtsituation sind zuletzt zwar wieder leicht gestiegen, liegen aber ebenfalls deutlich unter dem Niveau der Jahre 2020 bis 2022 (Abbildung 5).

Weniger uneinheitlich ist die Entwicklung bei den Sorgen, die sich die Befragten machen. Sorgen um die Preisentwicklung liegen weiterhin auf hohem Niveau und die Besorgnis um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung steigt wieder. Gesellschaftsbezogene Sorgen, beispielsweise zum Zusammenhalt im Land oder zur sozialen Ungleichheit, nahmen bis Ende 2023 weiter zu, sodass zuletzt rund die Hälfte der Befragten hier große Sorgen äußert (Abbildung 6). Die Anstiege der letzten Jahre bei diesen Sorgen gehen auf weite Teile der Gesellschaft zurück und sind somit nicht auf einzelne gesellschaftliche Gruppen begrenzt – ebenfalls ein Anzeichen für eine zunehmend verunsicherte Gesellschaft.​

Die Einstellungen zu Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, sind zwischen Kriegsbeginn und November 2023 deutlich kritischer geworden. So waren zuletzt unter allen befragten Erwerbspersonen 68 Prozent der Meinung, Deutschland könne nicht noch mehr Geflüchtete aufnehmen – 30 Prozentpunkte mehr als kurz nach dem russischen Überfall. Nachdem direkt nach Kriegsbeginn noch zwei von drei Befragten optimistisch waren, dass Deutschland die Integration der Geflüchteten gelänge, geben dies zuletzt nur noch 40 Prozent an (Abbildung 7/1).

Bei allen abgefragten Items sind Wähler*innen der AfD geflüchteten Ukrainer*innen gegenüber weitaus ablehnender eingestellt als Wähler*innen anderer Parteien (Abbildung 7/2). Unter ihnen fordern vier von fünf, dass sich Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland „erstmal hintenanstellen sollten“ und über 90 Prozent finden, dass Deutschland keine weiteren Geflüchteten mehr aufnehmen könne. „Die anhaltenden Debatten über eine härtere Gangart im Umgang mit Geflüchteten schlagen sich also zunehmend auch in Entsolidarisierungsprozessen nieder. Gleichzeitig scheint das Gefühl unter AfD-Wähler*innen, gegenüber Geflüchteten zu kurz zu kommen und Etabliertenvorrechte, im Sinne von „wir zuerst“ einzufordern, enorm Verbreitung zu finden. Insgesamt zeigt das Einstellungsmuster der AfD-Wähler*innen hier, wie sehr die Themen Geflüchtete und Integration sie emotionalisieren und mobilisieren“, fasst Andreas Hövermann die Befunde zusammen.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.04.2024

Die gedämpfte wirtschaftliche Entwicklung ist auch auf den regionalen Arbeitsmärkten spürbar. Während die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung 2024 nicht mehr überall in Deutschland steigt, nimmt die Arbeitslosigkeit hingegen in allen Bundesländern zu. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

 

Die größten relativen Anstiege bei den Arbeitslosenzahlen gibt es der Prognose zufolge in Baden-Württemberg mit 6,6 Prozent, in Hamburg mit 6,1 Prozent und in Bayern mit 5,8 Prozent. Dies entspricht in Bayern und Baden-Württemberg einem Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,1 beziehungsweise 0,2 Prozentpunkte gegenüber 2023, in Hamburg um 0,3 Prozentpunkte. Somit werden in Baden-Württemberg mit 4,1 Prozent und in Bayern mit 3,5 Prozent weiterhin die niedrigsten Arbeitslosenquoten erwartet. Für Hamburg zeigt sich hingegen ein anderes Bild – hier wird eine Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent erwartet. In Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen fällt der Anstieg der Arbeitslosigkeit mit 2,9 Prozent beziehungsweise mit 3,0 Prozent am geringsten aus. Die höchste Arbeitslosenquote verzeichnet Bremen mit 11,0 Prozent, gefolgt von Berlin mit 9,4 Prozent.

In Westdeutschland dürfte die Zunahme der Zahl der Arbeitslosen mit 4,4 Prozent etwas geringer ausfallen als in Ostdeutschland mit 4,9 Prozent. Für Ostdeutschland liegt dabei die Arbeitslosenquote mit 7,4 Prozent höher als für Westdeutschland mit 5,5 Prozent, was einem Anstieg von 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozentpunkten gegenüber 2023 entspricht. „Insgesamt hängen die Dynamik und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Jahr 2024 entscheidend vom Fortgang der momentan recht unsicheren Wirtschaftsentwicklungen ab“, fasst IAB-Forscher Christian Teichert zusammen.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung dürfte 2024 nur ein leichtes Plus verzeichnen – in Westdeutschland steigt sie um 0,8 Prozent, in Ostdeutschland um 0,3 Prozent. Am stärksten steigt die Beschäftigung in Hamburg mit 1,5 Prozent, in Berlin mit 1,2 Prozent und in Bayern mit 1,0 Prozent. Die größten Rückgänge in der Beschäftigung werden für Thüringen mit 0,4 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit 0,3 Prozent erwartet.

„Chancen für die regionalen Arbeitsmärkte in Deutschland bieten sich durch sich weiter stabilisierende und wachsende Volkswirtschaften, insbesondere von China und den USA, aber auch eine Lockerung der Zinspolitik der EZB sowie eine Verbesserung der Kaufkraft“, erklärt IAB-Forscherin Anja Rossen. „Risiken hingegen ergeben sich unter anderem, falls die schwachen Entwicklungen im Bau und im Produzierenden Gewerbe weiter anhalten.“

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-08.pdf. Ein begleitendes Interview zur Regionalprognose mit IAB-Forscherin Anja Rossen finden Sie hier: https://www.iab-forum.de/arbeitslosigkeit-wird-2024-in-allen-bundeslaendern-ansteigen.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 05.04.2024

Die Teilnahme junger Erwachsener in der Grundsicherung an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei einem Träger oder einem Arbeitgeber erhöhen längerfristig im Schnitt nicht nur deren Beschäftigungswahrscheinlichkeit, sondern auch die Beschäftigungswahrscheinlichkeit mit einem höheren monatlichen  Erwerbseinkommen. Das zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ein-Euro-Jobs hingegen wirken sich im Schnitt negativ aus.

Maßnahmen bei einem Arbeitgeber (MAG), die einem Praktikum in einer Firma ähneln, erhöhen im Schnitt bis fünf Jahre nach Förderbeginn die Jobchancen junger Erwachsener im Alter von 20 bis 22 Jahren. Zwar nehmen die Geförderten zunächst kurzfristig insbesondere eine Beschäftigung mit geringerem monatlichen Erwerbseinkommen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung auf. Über die Zeit erhöht sich jedoch die Wahrscheinlichkeit, einer Beschäftigung mit höherem monatlichen Erwerbseinkommen nachzugehen.

Maßnahmen bei einem Träger (MAT) zielen darauf ab, Vermittlungshemmnisse zu verringern und arbeitsmarktrelevante Fähigkeiten zu stärken. Diese Programme verbessern im Schnitt ebenfalls die Jobchancen und die Beschäftigungsqualität, wenngleich die Wirkungen verglichen mit Maßnahmen bei einem Arbeitgeber (MAG) etwas schwächer sind. Dennoch spielen sie eine wesentliche Rolle: „Sie umfassen eine Bandbreite von Aktivitäten, von der Vermittlung an private Bildungsträger für spezialisierte Trainings bis hin zu Unterstützungsleistungen bei der Jobsuche“, erklärt IAB-Forscherin Veronika Knize. Demgegenüber verringern Ein-Euro-Jobs im Schnitt die Jobchancen von jungen Erwachsenen. Zudem mindern sie längerfristig die Chancen auf eine Beschäftigung mit höherem Erwerbseinkommen.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Maßnahmen umso eher zu einer verbesserten Beschäftigungsqualität beitragen, je näher sie am ersten Arbeitsmarkt verankert sind“, fasst IAB-Forscher Markus Wolf die Ergebnisse zusammen. „Solche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen können längerfristig dazu beitragen, dass häufiger Beschäftigung mit einem vergleichsweise höherem Erwerbseinkommen zustande kommt“.

Die Daten basieren auf den administrativen Personendaten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Untersucht wurde eine Bestandsstichprobe von erwerbsfähigen Beziehenden von Grundsicherungsleistungen, die zum Stichtag 31. Juli 2014 Leistungen bezogen und zwischen 20 und 22 Jahre alt waren.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-07.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 25.03.2024

  • 1,3 Millionen Frauen und 462 000 Männer bezogen 2023 Elterngeld; Väteranteil mit 26,2 % nahezu unverändert
  • 50 400 Personen der insgesamt 1,8 Millionen Elterngeldbeziehenden waren alleinerziehend; 97,8 % davon waren Frauen
  • Durchschnittliche Dauer des geplanten Elterngeldbezugs 2023 bei Frauen mit 14,8 Monaten deutlich länger als bei Männern mit 3,7 Monaten

Rund 1,8 Millionen Frauen und Männer in Deutschland haben im Jahr 2023 Elterngeld erhalten. Das waren 79 500 oder 4,3 % weniger als im Jahr 2022. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ging die Zahl der Männer mit Elterngeldbezug im Vorjahresvergleich um 20 000 oder 4,1 % auf 462 000 zurück, während die Zahl der leistungsbeziehenden Frauen sogar um 59 600 oder 4,4 % auf 1,3 Millionen zurück ging.

614 000 Bezieherinnen und Bezieher von Elterngeld planten im Jahr 2023 die Inanspruchnahme von Elterngeld Plus, und zwar 40,9 % der berechtigten Mütter und 17,7 % der Väter. Insgesamt betrug der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Elterngeld, die bei ihrem Elterngeldbezug zumindest anteilig auch Elterngeld Plus einplanten, 34,8 % (2022: 32,8 %). Seit seiner Einführung wird das Elterngeld Plus somit immer stärker nachgefragt. Zum Vergleich: 2016, im ersten Jahr nach seiner Einführung, entschieden sich 20,1 % der Mütter und 8,2 % der Väter Elterngeld Plus. Zwar fällt das Elterngeld Plus in der Regel monatlich niedriger aus als das sogenannte Basiselterngeld, wird dafür aber länger gezahlt.

Erstmals seit der Einführung der Statistik wurden Zahlen zu den alleinerziehenden Elterngeldbeziehenden veröffentlicht. Demnach waren im Jahr 2023 unter den 1,8 Millionen Müttern und Vätern, die Elterngeld erhalten haben, rund 50 400 Personen alleinerziehend. 49 300 oder 97,8 % davon waren Frauen.

Väteranteil in Sachsen am höchsten, im Saarland am niedrigsten

Der Väteranteil bleibt im Jahr 2023 nahezu unverändert bei 26,2 % (2022: 26,1 %). Seit 2015 ist der Väteranteil kontinuierlich angestiegen, damals hatte er noch bei 20,9 % gelegen.

Der Väteranteil gibt den Anteil der männlichen Bezieher an allen Elterngeldbeziehenden an. Er würde also genau 50 % betragen, wenn bei allen Kindern sowohl der Vater als auch die Mutter gleichermaßen Elterngeld beziehen würde.

Spitzenreiter im Bundesländervergleich mit einem Väteranteil von 30,1 % im Jahr 2023 war – wie im Vorjahr – Sachsen, gefolgt von Baden-Württemberg (28,4 %), Bayern (28,2 %) und Thüringen (28,1 %). Am niedrigsten lag der Väteranteil 2023 – ebenfalls wie im Vorjahr – im Saarland (20,4 %).

Nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der geplanten Bezugsdauer

Die durchschnittliche Dauer des geplanten Elterngeldbezugs lag bei den Frauen im Jahr 2023 bei 14,8 Monaten und stieg damit weiter an (2021 und 2022: 14,6 Monate, 2020: 14,5 Monate, 2019: 14,3 Monate). Die von Männern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 3,7 Monaten dagegen deutlich kürzer. Die geplanten Bezugsdauern der Väter blieben in den vergangenen Jahren praktisch konstant (2022: 3,6 Monate; 2019 bis 2021: 3,7 Monate).

Weitere Informationen:

Diese und weitere Ergebnisse zum Elterngeld für das Jahr 2023 sowie für das 4. Quartal 2023 sind auf der Themenseite Eltern- und Kindergeld verfügbar.

Umfangreiches Datenmaterial zur Elterngeldstatistik ist zudem in der Datenbank GENESIS-Online unter dem Suchwort „Elterngeld“ verfügbar. Daten zum Jahresergebnis 2023 finden Sie in den Tabellen 22922-0101 bis 22922-0125, darunter auch Quartalsergebnisse sowie Elterngelddaten auf Kreisebene.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 27.03.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am 25. März 1954 wurde die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) gegründet. Heute, auf den Tag genau 70 Jahre später blickten die Mitglieder auf ihrer Mitgliederversammlung auf die Geschichte der AGF zurück und diskutierte vor allem die aktuellen familienpolitischen Herausforderungen.

Die konstituierende Sitzung der „Arbeitsgemeinschaft deutscher Familienorganisationen“ fand am 25. März 1954 in Königswinter statt und legte den Grundstein für eine koordinierte und engagierte Interessenvertretung der Familien auf Bundesebene und für die internationale Arbeit. Gemeinsam stellen die Familienorganisationen heute fest:

„Die AGF hat in den vergangenen 70 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Förderung und Unterstützung von Familien in Deutschland geleistet. Unser Einsatz für eine gerechte und wertschätzende Familienpolitik mit materieller Anerkennung der Leistungen von Familien, der Ausbau der familienunterstützenden Infrastruktur und der Zusammenhalt der Generationen waren, sind und bleiben zentrale Säulen unserer Arbeit.“

Die Familienorganisationen betonen, dass auf die aktuellen familienpolitischen Herausforderungen bezogen, dies für sie bedeutet, dass „Lösungen zur substanziellen Reduzierung der Kinderarmut sowie zur Sicherstellung von angemessenen und bezahlbaren Wohnraum gefunden werden müssen. Zudem müssen ein angemessenes Angebot der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit hoher Qualität gesichert sein und Menschen, die Pflegeaufgaben für Angehörige übernehmen gute Unterstützung hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sowie finanzieller Herausforderungen finden. Insgesamt gilt es, die gesellschaftliche Leistung aller Familienformen wertzuschätzen und Familien und Kinder in den Mittelpunkt der politischen Anstrengungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu stellen.“

Für die laufende Legislaturperiode fordert die AGF darüber hinaus die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen. Dazu gehören insbesondere die Einführung der „Familienstartzeit“ bzw. einer angemessenen Väterzeit nach der Geburt, die Einführung einer neuen Familienpflegezeit sowie die Anpassungen des Familienrechts an den gesellschaftlichen Wandel.

Zu den ersten Themen, denen sich die AGF widmete, gehörten der Familienlastenausgleich und die Bekämpfung der Wohnungsnot sowie die Organisation eines Kongresses für die „Internationale Union der Familienorganisationen“.

Letzteres verdeutlicht, dass die internationale Arbeit stets ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit der AGF war und ist. Dabei kooperiert die AGF mit zahlreichen familienpolitischen Verbänden und Organisationen aus anderen europäischen Ländern, allen voran dem europäischen Zusammenschluss COFACE Families Europe. Sie ist damit wichtige deutsche Ansprechpartnerin und Bindeglied zwischen deutscher und europäischer Familienpolitik.

Ursprünglich wurde die AGF von drei Familienverbänden gegründet, dem Deutschen Familienverband (DFV), dem Familienbund Deutscher Katholiken (heute Familienbund der Katholiken – FDK) und der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen (heute evangelische arbeitsgemeinschaft familie – eaf). Im Laufe der Zeit hat sie gesellschaftliche Entwicklungen aufgegriffen, ihre Arbeitsweise und die Mitgliedschaft weiterentwickelt und besteht heute aus sechs Mitgliedsverbänden. Neben den Gründungsmitgliedern sind hinzugekommen: der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf und das Zukunftsforum Familie (ZFF). Die Familienverbände setzen sich mit ihren jeweiligen Schwerpunkten für die Interessen und Rechte von Familien ein. Die AGF formuliert die gemeinsamen Anliegen ihrer Mitgliedsverbände und ist mit ihren Tätigkeiten eine aktive Partnerin in Politik und Gesellschaft. Sie leistet politische Lobbyarbeit für die Belange der Familien und fördert auf nationaler und internationaler Ebene den Dialog und die Kooperation zwischen den familienpolitischen Organisationen und den Verantwortlichen für Familienpolitik.

Bereits zum 60-jährigen Jubiläum hatte die AGF ihre Geschichte in einer Broschüre nachgezeichnet und eine Ausstellung zu den Meilensteinen der Familienpolitik herausgegeben. Diese wurde 2023 aktualisiert und kann bei der AGF ausgeliehen werden. Weitere Informationen: https://ag-familie.de/de/ausstellung-meilensteine-der-familienpolitik/.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 25.03.2024

Die Mitwirkenden der Denkwerkstatt Jugendgerechte Mobilitätspolitik appellieren anlässlich der
Verkehrsministerkonferenz am 17./18. April 2024 an die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen,
künftig Jugendinteressen in der Verkehrspolitik stärker als bisher zu berücksichtigen und
Jugendliche selbst an Planung und Umsetzung zu beteiligen.
„Junge Menschen sind stärker als viele andere Altersgruppen darauf angewiesen, dass ihre
Mobilitätsbedarfe politisch mitgedacht werden. Wer Verkehrspolitik plant und umsetzt, muss
daher junge Menschen beteiligen, um nachhaltige, sichere und bezahlbare Mobilität zu
ermöglichen!“, so die AGJ-Vorsitzende Prof. Dr. Karin Böllert.
Die Mitwirkenden der Denkwerkstatt haben Herausforderungen und Lösungsansätze für
jugendrelevante Mobilitätsthemen festgehalten. Jugendliche erwarten, dass die Mobilitätspolitik im
Einklang mit den planetaren Grenzen gestaltet wird und die deutschen Klimaziele auch im
Verkehrssektor eingehalten werden. Zudem wollen sie sicher, selbstständig und zuverlässig ihre
Wohn- und Freizeitorte erreichen – unabhängig von ihren Eltern.
Dafür braucht es einen kostengünstigen und zweckdienlichen ÖPNV ebenso wie eine gut
ausgebaute Rad- und Fußwegeinfrastruktur, klug verschränkte Mobilitätssysteme und die
Berücksichtigung der Interessen aller Jugendlicher in Stadt und Land. Unerlässlich hierfür ist die
Beteiligung junger Menschen an den Planungs- und Umsetzungsprozessen in Stadt, Land und Bund,
wenn die Weichen für die kommenden Jahrzehnte gestellt werden.
Der vollständige Appell „Jugendinteressen in der Verkehrspolitik berücksichtigen: Mobil sein und
ankommen – jetzt und in Zukunft!“ ist dem Anhang dieser Pressemitteilung beigefügt und online
verfügbar unter www.jugendgerecht-mobil.de.
Zum Start der Begleitkampagne jugendgerecht mobil findet am 10.4.um 11:00 Uhr eine digitale
Diskussionsveranstaltung statt. Programminformationen und eine Anmeldemöglichkeit finden
sich auf www.jugendgerecht.de.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 09.04.2024

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) legte heute eine Stellungnahme zum Entwurf des Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit 2024 – Gemeinsam für ein Zuhause vor. Die AWO begrüßt darin die Erstellung des Aktionsplans als wichtigen Schritt, sieht aber weiterhin massiven Handlungsbedarf.

 

AWO-Präsident Michael Groß kommentiert: „Bis 2030 wollen Deutschland und die anderen EU-Staaten Wohnungslosigkeit überwunden haben. Aber erst vor wenigen Tagen wurde Deutschland vom Europarat dafür kritisiert, zu wenig gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit vorzugehen. Gut also, dass es endlich einen Nationalen Aktionsplan und damit einen bundesweiten Fahrplan für die kommenden Jahre gibt. Dieser muss nun richtig umgesetzt werden, wenn er mehr sein soll als nur geduldiges Papier.“

An vielen Stellen bliebe der Aktionsplan zu unkonkret, so der Wohlfahrtsverband. Beispielsweise würden keine menschenwürdigen Mindeststandards für die ordnungsrechtliche Unterbringung festgelegt, zudem müssten wohnungslose EU-Bürger*innen als besondere Bedarfsgruppe Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen erhalten. Auch beim Mietrecht habe der Aktionsplan Defizite.

„Das Mietrecht ist eine wichtige Stellschraube bei der Prävention von Wohnungslosigkeit,” so Michael Groß dazu, „Deshalb ist es wichtig, dass die Verlängerung der Mietpreisbremse und die Absenkung der Kappungsgrenze Teil des Aktionsplans sind! Darüber hinaus halten wir es für dringend geboten, dass die Schonfristzahlungen, die derzeit nur für fristlose Kündigungen gelten, auch auf ordentliche Kündigungen ausgeweitet werden. Zudem brauchen wir endlich eine neue Gemeinnützig im Wohnungsbau. Und vor allem: Das Recht auf Wohnen gehört endlich ins Grundgesetz.“

Zur Stellungnahme: https://awo.org/awo-stellungnahme-zum-nationalen-aktionsplan-wohnungslosigkeit

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.03.2024

Zum anhaltenden Streit in der Koalition über das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am Donnerstag in Berlin:

„Anhaltende Verweigerungshaltung und mangelnder Kooperationswille einzelner in der Ampel dürfen am Ende des Tages nicht zum Schaden für die soziale Sicherheit aller im Land werden.

Die aktuellen Debatten über Bürgergeld und Kindergrundsicherung, mit der eigentlich die Armut bekämpft werden soll, spalten die Gesellschaft, verunsichern und vergiften das gesellschaftliche Klima. Die Menschen erwarten von ihrer Regierung zurecht anderes, nämlich dass Lösungen und Interessensausgleich gefunden werden, statt wichtige soziale Projekte zu blockieren. 

Menschen brauchen Lösungen für die harten Herausforderungen des Alltags wie gestiegene Mieten und Nebenkosten, Lebensmittel oder Energiepreise.

Sie brauchen diese Lösungen besonders, wenn sie ihren Kindern als Alleinerziehende und Alleinverdiener*innen Chancen bieten wollen, wenn sie einen niedrigen Lohn aufstocken müssen oder aber kranke Angehörige pflegen und deshalb nur stundenweise arbeiten können.

Die permanente Stimmungsmache gegen Sozialstaat, Bürgergeld und Kindergrundsicherung muss solchen Menschen wie Hohn in den Ohren klingen und ist schäbig.

Wer die Empörung von Geringverdiener*innen schürt gegen solche, die zu ihrem noch geringeren Verdienst noch Bürgergeld erhalten, der will doch nur von den eigentlichen Ungerechtigkeiten ablenken:

In den Polykrisen sind die Reichen noch reicher geworden. Trotzdem zahlen sie auf ihre Vermögen und Erbschaften immer noch keine gerechten Steuern. Trotzdem arbeiten immer noch viel zu viele Menschen ohne gute tarifgebundene Löhne.

Arbeitgeber, deren Geschäftsmodell auf prekärer und niedrig entlohnter Arbeit beruht, dürfen nicht Profiteure solcher Debatten werden: Kein Beschäftigter hat deshalb mehr im Portemonnaie, wenn der Aufstocker eine Nullrunde beim Bürgergeld erleiden muss. 

Auch bei der Kindergrundsicherung muss sich die Koalition zusammenraufen. Noch offene Fragen müssen so geklärt werden, dass das Gesetz funktioniert. Familien mit wenig Einkommen brauchen dringend mehr Unterstützung. Es geht um nicht weniger als  die Zukunftschancen unserer Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 04.04.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat einen Alternativvorschlag zur geplanten Kindergrundsicherung vorgelegt. Zur geplanten Kindergrundsicherung hat der djb bereits eine Stellungnahme im September 2023 sowie eine weitere Stellungnahme im November 2023 abgegeben. Da die Kindergrundsicherung politisch nicht einigungsfähig zu sein scheint, regt der djb in der aktuellen Stellungnahme an, noch in dieser Legislaturperiode ein Kindermindestsicherungsgesetz zu verabschieden. Darüber hinaus werden weitere kurzfristige sowie langfristige Maßnahmen empfohlen.

Ursula Matthiessen-Kreuder, die Präsidentin des djb, hebt hervor: „Die Existenzsicherung für Kinder muss dringend und noch in der aktuellen Legislaturperiode verbessert werden. Dazu unterbreiten wir konkrete Vorschläge, die ohne komplexe Systemumstellung jetzt umsetzbar sind.“ So fordert der djb u.a. die spürbare Erhöhung des Existenzminimums für Kinder, die dauerhafte Gewährung eines Startchancenzuschlags auch für Kinder, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, und beim Kindergeld einen eigenen Auszahlungsanspruch für volljährige Kinder. Maßnahmen wie die Verbesserung der Beratung für Leistungsberechtigte oder eine breite Informationskampagne sind einfach und kurzfristig umsetzbar.

Langfristig regt der djb an, zu prüfen, inwieweit Leistungen wie Bürgergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld zusammengelegt werden können. Dies würde das Potenzial für eine Vereinfachung enorm erhöhen. Ein solcher Schritt könnte das Leistungssystem für einkommensschwache Familien transparenter gestalten und zu einer klareren Strukturierung von Gesetzgebungszuständigkeit, Aufsicht, Verwaltung, Gerichtsbarkeit sowie der Finanzierung der Leistungen und deren Umsetzung führen.

„Trotz aller parteipolitischer Differenzen braucht es zur Vermeidung von Kinderarmut für die Familie insgesamt auskömmliche Leistungen, ein transparentes Angebot und das klare Signal, dass die Gemeinschaft den Zugang zu den Leistungen unterstützt“, so die Vorsitzende der djb-Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich Dr. Franziska Vollmer.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 10.04.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ruft in einem eindringlichen Appell dazu auf, am 9. Juni 2024 an der Europawahl teilzunehmen und startet heute eine neunwöchige Social-Media-Kampagne.

Die anstehende Wahl bietet die Chance, die gleichstellungspolitische Vorreiterrolle des Europäischen Parlaments zu stärken. „Wir müssen uns dem Rechtsruck dringend auch auf europäischer Ebene entgegenstellen, um eine nachhaltige Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik sicherzustellen“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Der djb veröffentlicht bis zur Europawahl jede Woche auf Instagram ein Video und informiert auf seinen Social-Media-Kanälen, warum es wichtig ist, wählen zu gehen und was für das Thema Geschlechterpolitik auf dem Spiel steht. Der djb wünscht sich deshalb eine hohe Wahlbeteiligung von Frauen, gerade auch von Erstwählerinnen. Für den djb steht fest, dass ein Zuwachs rechtsextremer Parteien im Europäischen Parlament verhindert werden muss, um auch in Zukunft Fortschritte in der Geschlechtergleichstellung erreichen zu können.

„Diese Wahl ist von immenser Bedeutung, um auf ein Ende von geschlechtsspezifischer Gewalt hinzuarbeiten und reproduktive Rechte abzusichern, um Geschlechtergerechtigkeit beim Entgelt, bei der Sorgearbeit und in der Alterssicherung herzustellen und um umfassende gesellschaftliche und politische Teilhabe gerade auch von Frauen in einer zunehmend digitalen Welt zu gewährleisten!“, so die Vorsitzende der djb-Kommission Europa- und Völkerrecht Valentina Chiofalo.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 08.04.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) befürwortet eine Legalisierung der Eizellabgabe bei sorgfältiger Regulierung zum Schutz aller beteiligten Personen. Bisher ist die Eizellabgabe in Deutschland verboten. In einem Policy Paper diskutiert der djb die Rechtslage und stellt Eckpunkte für eine mögliche Legalisierung vor.

„Die Eizellabgabe wirft schwierige gleichstellungspolitische, rechtliche, medizinische und ethische Fragen auf, die insbesondere Frauen und Kinder in fundamentaler Weise berühren“, betont djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder. „Eine Legalisierung muss die körperliche Unversehrtheit, reproduktive Selbstbestimmung, Schutz vor Ausbeutung, das Kindeswohl und das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung sicherstellen.“

Gegenstand des veröffentlichten Papiers ist nicht die sog. Leihmutterschaft oder Surrogacy, sondern der Fall, dass die eizellempfangende Person das Kind, das mit der Eizelle der eizellabgebenden Person gezeugt wird, selbst austragen und mit dieser eine Familie gründen will. Dies kann durch eine spezielle Abgabe der Eizellen erfolgen oder indem jemand, der seine eigenen Eizellen kryokonserviert hat (Social Freezing), diese nach Abschluss seiner eigenen Familienplanung anderen Paaren zur Verfügung stellt. Eine Eizellabgabe kann damit eine fremde Familiengründung unterstützen. Sie kann aber auch Teil eines gemeinsamen Familiengründungsprojekts, z.B. eines lesbischen Paares sein.

Eizellabgaben können für viele Frauen mit Kinderwunsch Hoffnung bedeuten, finden jedoch nicht selten in einem Kontext sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit statt. Des Weiteren sind medizinische Risiken zu beachten. Daher ist eine unabhängige ärztliche Aufklärung von zentraler Bedeutung, ebenso wie effektiver Schutz vor Ausbeutung.  

Außerdem plädiert der djb für niederschwellige psycho-soziale Beratungsangebote für die eizellabgebende Person und für Wunscheltern, um diese über die Erfolgsaussichten einer reproduktionsmedizinischen Behandlung und die möglichst frühe, altersgerechte Aufklärung des Kindes über dessen Zeugung zu informieren.

„Ein Kind muss nicht notwendig mit den Menschen aufwachsen, von denen es genetisch abstammt. Wichtig ist aber, dass keine Geheimnisse über seine Abstammung in der Familie bestehen. Ausgangspunkt der Diskussionen könnten die bestehenden Regelungen für die Samenspende sein“, so Prof. Dr. Anne Sanders, M.Jur., mit Viktoria Piekarska und Ronja Westermeyer Co-Vorsitzende der kommissionsübergreifenden Arbeitsgruppe Reproduktive Selbstbestimmung im djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 04.04.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) setzt sich im Rahmen der Initiative „Frauen in die Roten Roben“ seit Jahren für eine erhöhte Präsenz von Richterinnen an den obersten Bundesgerichten ein. Es ist bedauerlich, dass das Ergebnis der Bundesrichter*innenwahl 2024 nicht die angestrebte Parität aufweist.

„Der positive Trend der letzten beiden Jahre hin zu Parität setzt sich mit Ergebnis der Bundesrichter*innenwahl 2024 leider nicht fort“, kommentiert djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder die Wahl von drei Bundesrichterinnen und fünf Bundesrichtern durch den Richterwahlausschuss am 21. März 2024.

Erfreulich ist, dass die Wahl für den Bundesgerichtshof mit drei Richterinnen und drei Richtern paritätisch ausfiel, obwohl Frauen auf der Vorschlagsliste – erneut – deutlich unterrepräsentiert waren. Andererseits verdeutlicht die Wahl von zwei Richtern für die beiden beim Bundesverwaltungsgericht zu besetzenden Positionen, dass eine selbstverständliche, gleichberechtigte Berücksichtigung selbst hochqualifizierter Kandidatinnen auf der Vorschlagsliste im Jahr 2024 immer noch nicht gewährleistet ist. Damit wird der Frauenanteil von weniger als 40 % an diesem Gericht weiter zementiert.

Der djb fordert daher den Bundesrichterwahlausschuss, dessen Mitglieder vorschlagsberechtigt sind, auf, rechtzeitig vor den nächsten Bundesrichter*innenwahlen sicherzustellen, dass bei zukünftigen Wahlvorschlägen und der Wahl selbst Frauen und Männer paritätisch berücksichtigt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 22.03.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die stärkere Verankerung von Demokratiebildung als Bildungs- und Erziehungsauftrag in den Bildungs- und Rahmenplänen von Grundschulen und Kitas. Dafür müssen Kinderrechte und Partizipation in der organisationalen Entwicklung der Bildungseinrichtungen festgeschrieben werden. Diese dürfen nicht nur von der Initiative engagierter Lehr- und Fachkräfte abhängig sein. Zudem braucht es die Implementierung der Themen Demokratiebildung, Kinderrechte und gesellschaftliche Vielfalt als Aus- und Fortbildungsinhalte für das pädagogische Personal im Bildungsbereich. Die Forderungen basieren auf Ergebnissen einer Studie zu Demokratiebildungsprozessen bei Kindern im Übergang von der Kita zur Grundschule, die das Deutsche Kinderhilfswerk heute veröffentlicht hat.

„Kinder müssen bereits in der Kita und dann nachfolgend in der Grundschule ab der ersten Klasse Partizipationserfahrungen machen können und an Gremien beteiligt werden. Sie dürfen keinen Bruch in ihren Demokratiebildungserfahrungen beim Übergang von der Kita in die Grundschule erleben. Frühe Partizipationserfahrungen in der Kita werden in Schule und Hort viel zu wenig aufgegriffen und weiterentwickelt. So wie wir beim Kinderschutz in Präventionsketten denken, gilt es auch das Thema Demokratieerfahrungen in ineinandergreifenden Konzepten verschiedener Bildungseinrichtungen zu etablieren. Die qualitative Studie hat auch gezeigt, dass zwar an allen untersuchten Schulen formelle Beteiligungsformate wie Klassensprecherinnen und Klassensprecher und zum Teil Formate wie Klassenrat oder Essensausschuss etabliert sind, aber in fast allen Fällen waren Kinder der ersten Klassenstufen hiervon ausgeschlossen. Hier braucht es ein Umdenken, Kindern dürfen in den ersten Schuljahren keine Beteiligungskompetenzen abgesprochen und damit einhergehend Beteiligungsmöglichkeiten verwehrt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Schul-, Kita-, und Hortkonzepte müssen Demokratiebildung als wesentlichen Bestandteil ihrer alltäglichen pädagogischen Praxis begreifen. Zudem braucht es eine stärkere Verzahnung und Kooperation von Grundschule, Hort und Kita, um im multiprofessionellen Team ein gemeinsames Bildungsverständnis zu entwickeln und Partizipation von Kindern sowie die Umsetzung der Kinderrechte sicherzustellen. Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass in Kitas und Schulen, in denen umfangreiche demokratiebildende Konzepte zum Einsatz kommen, die Kinder wichtige Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Selbstbewusstsein, Kompromissfähigkeit sowie die Fähigkeit zur Aushandlung und Empathie stärken konnten. Das schließt an die Ergebnisse des Kinderreports 2012 des Deutschen Kinderhilfswerkes an, dass frühe Beteiligung von Kindern den Kreislauf der Vererbung von Armut durchbricht. Der Kinderreport hatte gezeigt, dass Kinder durch Mitbestimmung schon in jungem Alter soziale Kompetenzen entwickeln, die sie stark machen. Dadurch können die Kinder erfolgreich mit aversiven Reizen umgehen. Für Kinder aus benachteiligten sozialen Lagen ist es also von besonderer Bedeutung, schon im jungen Alter in der Kita und der Grundschule entsprechende Erfahrungen machen zu können“, so Holger Hofmann.

Zum Hintergrund der Studie: Im Rahmen des Kompetenznetzwerkes Demokratiebildung im Kindesalter untersuchte die InterVal GmbH im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes, wie sich Demokratiebildungsprozesse von Kindern im Übergang von der Kita zur Grundschule entwickeln. Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung lag dabei auf den Erfahrungen und dem Erleben der Kinder in den Bereichen Kinderrechte, Partizipation, Inklusion und Persönlichkeitsentfaltung sowie der Entwicklung von hiermit zusammenhängenden Kompetenzen. Zudem wurden die Einflüsse institutioneller Eigenschaften von Kita und Grundschule und die der pädagogischen Fachkräfte und Eltern bzw. Erziehungsberechtigten in den Blick genommen. Das mehrjährige qualitative Forschungsvorhaben (2020-2023) stellte die Perspektive der Kinder in den Mittelpunkt und war partizipativ angelegt. Die Studie wurde im Rahmen des Projekts Kompetenznetzwerk Demokratiebildung im Kindesalter umgesetzt. Als Träger des Kompetenznetzwerkes erhält das Deutsche Kinderhilfswerk eine Förderung im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Studie „Demokratiebildungsprozesse bei Kindern im Übergang von der Kita in die Grundschule“  kann unter http://www.dkhw.de/studie-demokratiebildungsprozesse heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.04.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht im heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine Stärkung des Kinderrechts auf eine gesunde Umwelt. Auch wenn die Klage der sechs Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Portugal gegen 32 Staaten des Europarats aus formalen Gründen als nicht zulässig betrachtet wurde, wird das Urteil des Gerichts hinsichtlich der Schweizer „Klimaseniorinnen“ aus Sicht der Kinderrechtsorganisation positive Auswirkungen auf die Umwelt- und Klimapolitik der deutschen Bundesregierung haben müssen.

„Wir setzen uns als Kinderrechtsorganisation für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ein. Dafür braucht es auch eine gesunde Umwelt. Dass die Klage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen an die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verwiesen und dort verhandelt wurde, zeigt deutlich auf, dass die Richterinnen und Richter auch dieser Klage besondere Bedeutung beimaßen. Das unterstreicht noch einmal nachdrücklich, dass die deutsche Bundesregierung gemäß den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention das Recht der Kinder auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wesentlich umfangreicher als bisher in die nationale Gesetzgebung und das politische Handeln aufnehmen sollte“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Bundesverfassungsgericht hat bereits vor zwei Jahren einen neuen Maßstab für Klima- und Grundrechtsschutz gesetzt, indem es feststellte, dass die heute unzureichende Klimaschutzpolitik Freiheits- und Grundrechte von morgen beeinträchtigt. Die verfassungsrechtlich notwendige Reduktion von Treibhausgasen darf nicht länger in die Zukunft und damit einseitig zu Lasten junger Generationen hinausgezögert werden. Kinder sind verletzlicher als Erwachsene, wenn sie Umweltbelastungen ausgesetzt sind. Darauf muss die Politik insgesamt entschiedener als bisher reagieren und gemeinschaftlich agieren, trotz allem die Verantwortung in jedem Ressort anerkennen und den entsprechenden Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaziele leisten“, sagt Holger Hofmann.

„Ein Großteil der Bevölkerung spricht sich dafür aus, dass der Staat mehr Geld für einen stärkeren Schutz von Umwelt und Klima ausgeben sollte. Unser Kinderreport 2022 zeigt auf, dass 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland und sogar 89 Prozent der Erwachsenen dieser Ansicht sind. Wir wissen aus Studien, dass Kinder aus armen Familien in Deutschland aufgrund ihrer Wohnverhältnisse beispielweise stärker von Umweltbelastungen betroffen sind als Kinder aus gut situierten Haushalten. Damit hat Umweltschutz auch eine starke armutspolitische Komponente, die in der Stadt-, Verkehrs- und Freiflächenplanung berücksichtigt werden muss“, so Hofmann.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hatte im vergangenen Jahr mit dem General Comment Nr. 26 ein Dokument verfasst, das den Regierungen Orientierung über den Zusammenhang von Kinderrechten, Umwelt und Klimawandel gibt und konkrete Handlungsempfehlungen aufzeigt. Umweltzerstörung stellt demnach eine erhebliche Bedrohung der Kinderrechte dar. Deshalb ist es dem Deutschen Kinderhilfswerk ein besonderes Anliegen, junge Menschen in ihren Forderungen nach mehr Umweltschutz zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 09.04.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche kritisieren nachdrücklich, dass auch nach der Reform des Familienverfahrensgesetzes im Jahr 2021 die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen bundesweit noch immer nicht gerichtlicher Standard ist. Eine aktuelle Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass zwar in vielen Bundesländern ein diesbezüglicher Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, aber lediglich in vier Bundesländern (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) in der Mehrzahl der Verfahren in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen Verfahrensbeistände vom Gericht bestellt werden. Gleichzeitig ist diese Quote in fünf Bundesländern aktuell sogar rückläufig. Die bundesweite Quote lag bei 45,6 Prozent.

„Alle Kinder brauchen in Justizverfahren eine professionelle Begleitperson, dies ist zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Regelfall erforderlich. In familiengerichtlichen Verfahren ist dies ein qualifizierter Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll, und nicht die der Eltern. Er soll unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. Leider wird in vielen Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionsverfahren kein Verfahrensbeistand bestellt. Die Quote für die Bestellung liegt derzeit in nur vier Bundesländern knapp über 50 Prozent, in vielen anderen teils deutlich darunter. Hier muss das Familienverfahrensgesetz besser umgesetzt werden und es zu einem Umdenken bei den Richterinnen und Richtern kommen. Die Bestellung von Verfahrensbeiständen muss zum Regelfall werden. Bisher besteht zudem keine generelle Begründungspflicht, wenn außerhalb der im Gesetz aufgeführten Fälle von einer Bestellung abgesehen wird. Es wird bei der Quote auch nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird. Auch das muss sich ändern. Zudem brauchen Kinder auch in Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren Begleitung und Unterstützung. Bisher gibt es in diesem Bereich aber keine speziellen Regelungen zur kindgerechten Verfahrensgestaltung und keine Unterstützungspersonen“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche begrüßt ausdrücklich, dass eine Weiterbildung zum Verfahrensbeistand durch die Änderung des Familienverfahrensgesetzes endlich abgesichert ist und auch regelmäßige Fortbildungen nachzuweisen sind. Allerdings lässt das Gesetz viele Fragen offen und bleibt hinter den Erwartungen des Berufsverbandes zurück. Es bräuchte strengere Qualifikationsrichtlinien. Der Stundenumfang der Zertifikatweiterbildungen zum Verfahrensbeistand beginnt bei 10 Stunden (online) und endet bei 300 Unterrichtseinheiten (überwiegend Präsenz). Auch bezüglich der Inhalte sowie bei der Vorbildung der Lehrenden gibt es große Unterschiede. Zudem wäre die Einführung bundeseinheitlicher Standards zur Weiterbildung zum Verfahrensbeistand wichtig. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Mitgliederbefragung des BVEB´s Defizite in der Rechtsanwendung. Nur 74 Prozent der Befragten mussten dem Gericht einen Nachweis über eine Fortbildung zum Verfahrensbeistand vorweisen. 62 Prozent der Mitglieder gaben an, dass sie bisher nicht aufgefordert worden seien, in regelmäßigen Abständen Fortbildungsnachweise zu erbringen. Letztlich erschwert die Aufgabe der Kindesinteressenvertretung auch der Umstand, dass seit nunmehr 15 Jahren keine Anpassung der Vergütungspauschale für Verfahrensbeistände erfolgte, und diese mit der Gesetzesänderung mehr Aufgaben übertragen bekommen haben. Viele Mitglieder ,wandern‘ deshalb momentan in andere Berufszweige ab“, sagt Katja Seck, Vorsitzende des Berufsverbandes der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche.

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche bemängeln zudem, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren vielerorts in Deutschland weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. So erfolgt die Bestellung von Verfahrensbeiständen ohne Beteiligung des Kindes und ohne transparente Kriterien, die belegen, dass der Verfahrensbeistand nach den Bedarfen des Kindes im konkreten Fall ausgewählt wurde. Das ist problematisch, da es keinerlei Möglichkeit für das Kind gibt, auf die Auswahl durch die Nennung bestimmter Kriterien, wie beispielsweise Sprache oder kulturelle Hintergründe, Einfluss zu nehmen und im Zweifel den Verfahrensbeistand zu wechseln oder abzulehnen. Dies birgt die Gefahr, dass der Verfahrensbeistand eher der Richterin oder dem Richter gefallen möchte, als die Rechte des Kindes wahrzunehmen. Problematisch ist aus Sicht der Verbände zudem, dass es keine Standards und keine Daten zur Qualifikation und Fortbildung der Verfahrensbeistände in Deutschland gibt. Die durch die Reform des Familienverfahrensgesetzes normierten Änderungen zu den fachlichen Anforderungen sind nicht ausreichend, um zu garantieren, dass nur noch qualifizierte Begleitpersonen für Kinder bestellt werden können.

Die kompletten Daten zur Bestellung von Verfahrensbeiständen in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen – berechnet auf Grundlage der letzten veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2022 – finden sich unter http://www.dkhw.de/verfahrensbeistaende.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.03.2024

Konfessionelle Familienverbände beobachten familienrechtliche Reformideen zur Elternschaftsvereinbarung mit Sorge

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) und der Familienbund der Katholiken lehnen eine Legalisierung von Leihmutterschaft ab und halten eine gesellschaftliche Debatte, insbesondere zu den Folgen für Leihmütter und von Leihmüttern zur Welt gebrachten Kindern, für elementar.

Vor dem Hintergrund des im April 2024 erwarteten Abschlussberichts der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin fordern Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes, und Martin Bujard, Präsident der eaf, gemeinsam ein be­sonnenes Vorgehen: „Wir wünschen uns eine gesellschaftliche Debatte zum Thema Leih­mutterschaft, bevor durch eine Familienrechtsreform ein generelles Umdenken bezüglich vertraglicher Eltern-Kind-Zuordnungen beginnt, das möglicherweise später schwer wieder einzufangen ist.“

Durch die geplanten Eltern(schafts)vereinbarungen soll die Elternautonomie gestärkt werden, indem Eltern-Kind-Zuordnungen und Umgangs- und Sorgerechte vertraglich festgelegt werden können. Ob das Kindeswohl dann zentraler Maßstab bleibt, bezweifeln die Verbände. Die beiden konfessionellen Verbände stellen fest, dass die Interessen des Kindes in den aktuellen Eckpunkten des Justizministeriums (BMJ) zum Kindschafts- und Abstammungsrecht nicht ausreichend berücksichtigt werden. Das steht im Widerspruch zum erklärten Willen der Regierung, Kinder zu stärken und deren Anliegen in den Mittelpunkt zu stellen.

Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes: „Kinder und die Rechte an Kindern sollten kein Vertragsgegenstand sein, über den die an der Entstehung des Kindes beteiligten Erwachsenen frei verfügen können. Bei der Eltern-Kind-Zuordnung sollte das Kindeswohl das oberste Kriterium sein. Kinder sollten dort zugeordnet werden, wo eine dauerhafte und krisenfeste Verant­wortungsübernahme zu erwarten ist.“

Gleichzeitig ist die erfolgende vertragliche Zuordnung eines Kindes zu den Wunscheltern unter Umgehung der Geburtsmutter das Kennzeichen der Leihmutterschaft.

Deshalb fordert Martin Bujard, Präsident der eaf, die Ergebnisse der Kommission zur Legalisierung von Leihmutterschaft abzuwarten und sich Zeit für eine breite gesellschaftliche Debatte zu nehmen. „Wenn künftig die Besetzung der zweiten Elternstelle durch Elternschaftsvereinbarungen üblich wird, bereitet dies den Boden dafür, um im nächsten Schritt auch die gesetzliche Besetzung der ersten Elternstelle durch die Geburtsmutter in Frage zu stellen. Konsequenzen für die Leihmutterschaft sind daher bei der geplanten Elternschaftsvereinbarung der Elefant im Raum.“

Links:

Stellungnahme der eaf zu den Eckpunkten für Reformen des Kindschafts- und des Ab­stammungsrechts.

Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken zu den Eckpunkten für eine Reform des Abstammungsrecht sowie zu den Eckpunkten für eine Reform des Kindschaftsrecht.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf)  und Familienbund der Katholiken (FDK) vom 26.03.2024

Anlässlich des aktuellen Koalitionsstreits zur Umsetzung der Kindergrundsicherung fordert der Familienbund der Katholiken eine klare Zäsur: Im Interesse der Kinder und Familien sollte die Koalition die vereinbarten Mittel auf eine gute Reform des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen konzentrieren und die parallel geplante Reform von Verwaltungszuständigkeiten hintenanstellen. Kompromiss statt öffentlich ausgetragenem Streit lautet das Gebot der Stunde. Anderenfalls droht das Vorhaben zulasten der Familien vollends zu scheitern.

„Der aktuelle Konflikt über Mehrbedarfe beim Verwaltungspersonal im Rahmen der Kindergrundsicherung zeigt, dass es in der Regierung derzeit keine Einigkeit über die Umsetzung der Kindergrundsicherung zu geben scheint. Doch Kinder und Familien brauchen die angekündigte Unterstützung – insbesondere jene, die mit kleinen Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherung liegen. Die Regierung sollte daher endlich den Teil der Reform umsetzen, der bereits Konsens ist: Leistungsverbesserungen und Vereinfachungen für Kinder und Familien beim Kinderzuschlag“, erläutert Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes die Position des Verbands.

Der Familienbund der Katholiken plädiert dafür, die im Rahmen der Kindergrundsicherung vereinbarten Mittel auf Anpassungen beim Kinderzuschlag zu konzentrieren. So käme das Geld direkt denjenigen Familien zugute, die wegen der Inflation der letzten Jahre auf finanzielle Unterstützung besonders angewiesen sind. Dieser Schritt würde deutlich zur Armutsreduzierung beitragen und dem grundlegenden Ziel der Armutsbekämpfung entsprechen. Derzeit sind allein für die Verwaltungsreform bei der Kindergrundsicherung Mindestkosten in Höhe von 408 Millionen Euro pro Jahr geplant, rund ein Fünftel des Gesamtbudgets. Sie sind vom Etat des Familienministeriums zu tragen, werden absehbar weiter steigen und reduzieren damit zukünftige Handlungsspielräume.

„Aus Sicht des Familienbundes ließe sich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln am meisten erreichen, wenn der Kinderzuschlag zielgenau gestärkt würde: Eine Erhöhung des Maximalbetrags, eine Reform der Mindesteinkommensgrenzen und günstigere Regeln bei der Anrechnung von Kindeseinkommen sowie beim Abschmelzen der Leistung würden die Situation armutsgefährdeter Familien sofort spürbar verbessern“, rät Ulrich Hoffmann. So ließen sich gute Gedanken aus dem aktuellen Kindergrundsicherungskonzept bewahren. „Die Regierung muss sich jetzt zusammenraufen.“

Obwohl der Familienbund die Ziele der Leistungserhöhung und Leistungsbündelung im Sinne einer möglichst einfachen und unbürokratischen Inanspruchnahme teilt, erscheint ihm das aktuelle Konzept für eine Kindergrundsicherung nicht gelungen. Finanziellen Besserstellungen, besonders für Familien im Bürgergeldbezug und für Alleinerziehende, stehen Verschlechterungen an anderer Stelle gegenüber, die vor allem jüngere Kinder und ebenfalls Alleinerziehende treffen. Kinder unter 14 Jahren sind zwar im Zeitpunkt der geplanten Einführung der Kindergrundsicherung durch eine Bestandsschutzregelung geschützt, würden aber langfristig schlechter gestellt als bisher. Auf Verwaltungsebene wird deutlich, dass die Umsetzung komplex bleibt und sich teils weiter verkompliziert. Die Zusammenführung des Grundsicherungssystems mit dem Familienförderungssystem ist hauptverantwortlich für die zahlreichen Unstimmigkeiten und Probleme. Sie sollte daher unterbleiben. Mit unterschiedlichen Anlaufstellen für Kinder und Eltern entsteht zudem deutlicher Mehraufwand für Familien im Bürgergeldbezug. Das widerspricht dem Ziel der Kindergrundsicherung, die Familienleistungen zu vereinfachen.

„Mit einer beherzten Reform des Kinderzuschlags ist den Familien mehr geholfen als mit einer halbherzigen Umsetzung der Kindergrundsicherung. Das gilt besonders dort, wo Eltern für wenig Geld an der Grenze der Grundsicherung arbeiten gehen. Gerade diese Familien verdienen bei begrenzten finanziellen Mitteln politische Priorität“, so Ulrich Hoffmann.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 11.04.2024

Die Armut in Deutschland verharrt auf hohem Niveau, so das Ergebnis des neuen Paritätischen Armutsberichts: 16,8 Prozent der Bevölkerung leben nach den jüngsten Zahlen in Armut, wobei sich im Vergleich der Bundesländer große regionale Unterschiede zeigen.

Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gehen entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension, ein Fünftel der Armen sind Kinder. Der Paritätische sieht wesentliche armutspolitische Stellschrauben daher insbesondere in besseren Erwerbseinkommen, besseren Alterseinkünften und einer Reform des Kinderlastenausgleichs.

„Die Befunde sind durchwachsen, aber einen Grund zur Entwarnung gibt es nicht“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. So scheine der Trend stetig wachsender Armut auf Bundesebene zwar auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht. Nach dem Armutsbericht müssen 14,2 Millionen Menschen in diesem reichen Land zu den Armen gezählt werden. 2022 waren damit fast eine Million Menschen mehr von Armut betroffen als vor Pandemie, Energie- und Preiskrise im Jahr 2019 und 2,7 Millionen mehr als 2006. Insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind von Armut betroffen. Auf einen neuen traurigen Rekordwert ist nach der Studie zudem die Kinderarmut gestiegen: Mehr als jedes fünfte Kind ist mittlerweile von Armut betroffen (21,8 Prozent). Unter Alleinerziehenden lag die Armutsquote bei 43,2 Prozent.

Im Vergleich der Bundesländer zeigen sich große regionale Unterschiede. Während in Bayern jede achte Person von Armut betroffen ist, ist es in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg jede fünfte Person, in Bremen sogar fast jede dritte. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Armut in Berlin besonders stark gesunken (von 20,1 auf 17,4 Prozent), während sie in Hamburg, in Schleswig-Holstein und im Saarland besonders stark gestiegen ist.

Der Paritätische fordert die Bundesregierung zu einer entschlossenen Armutspolitik auf. Dazu gehört aus Sicht des Verbandes unter anderem die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, der Ausbau der Kinderbetreuung, eine Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt und eine solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung.

Dokumente zum Download

Paritätischer Armutsbericht 2024: Armut in der Inflation. (1 MB)

Statement von Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, anlässlich der Präsentation des Paritätischen Armutsberichtes 2024 am 26. März 2024 in der Bundespressekonferenz (85 KB)

Weiterführende Links

Weitere Informationen zum Paritätischen Armutsbericht

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.03.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 22. April 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In einem internationalen Verbundprojekt wurde die mHealth Intervention I-PREGNO (https://www.i-pregno.org) entwickelt und in Studien auf ihre Wirksamkeit überprüft. Sie soll Familien mit hohen psychosozialen Belastungen im ersten Jahr nach der Geburt bei der Förderung und Aufrechterhaltung von Gesundheitsverhalten (z.B. Bewegung, Ernährung) unterstützen. Mittels evidenzbasierten behavioral-kognitiven Methoden sollen Wohlbefinden und Resilienz sowie ein gesundes Gewichtsmanagement begünstigt werden. Das Projektteam der Otto-Friedrich-Universität Bamberg stellt erste Ergebnisse der Studien vor.

Mit

Prof. Dr. Jörg Wolstein, Projektleiter

Carmen Henning (M.Sc. Psych.), Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin
Natalie Schoemann (M.Sc. Psych.), Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 24. April 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache. Der Schutz der Betroffenen muss aus verbindlichen Rechtsnormen und aus der Gesellschaft selbst heraus erfolgen, dies besagen auch die 81 Artikel der sogenannten „Istanbul-Konvention“. Die unterzeichnenden Staaten sind angehalten, nicht nur mehr Opferschutz zu gewährleisten, sondern auch Repression und Prävention zu intensivieren. Täter müssen bestraft, sie müssen auch von Gewalttaten abgehalten werden. Die Chance auf ein gewaltfreies Leben für alle Frauen zu erhöhen, sollte zu den hohen Aufgaben sowohl der Exekutive als auch der Zivilgesellschaft gehören.

Mit dem Diktum „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an!“ fordert die Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu auf, Frauen besser vor Gewalt zu schützen und dafür zu sorgen, dass die Hemmschwelle von Betroffenen, Hilfe zu suchen, gesenkt wird. Mit welchen Ansätzen können Sicherheitsbehörden hier einen Beitrag leisten, wie kann polizeiliche Präventionsarbeit aussehen und mit welchen neuen Ansätzen kann dem Thema begegnet werden? Welche repressiven Mittel sind sinnvoll? Wie wirken aktuelle juristische Kontroversen und was können Perspektiven sein?

Die Fragen diskutieren wir mit der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, weiteren Gästen und Ihnen!

Programm:

18.00 Uhr • Einlass

18.30 Uhr • Begrüßung: Dr. Sabine Fandrych, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung

Gewaltschutz als innenpolitische Aufgabe: Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat und Prof. Dr. Monika Schröttle, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Auf dem Radar: Fallbeispiele von Asha Hedayati, Juristin und Autorin

Gewalt gegen Frauen geht uns alle an! Podiumsdiskussion mit Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat, Stefanie Knaab, Gewaltfrei in die Zukunft e. V., Renate Schwarz-Saage, Stiftung deutsches Forum für Gewaltprävention

20.30 Uhr • Empfang

Moderation: Shanli Anwar

ZUR ANMELDUNG

Termin: 24. April 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In der Veranstaltung werden unterschiedliche Erscheinungsformen von rassistischem Handeln und mögliche Gegenstrategien vorgestellt. Damit wird ein umfassender Blick auf die subtilen und offensichtlichen Weisen geworfen, wie rassistische Muster und Verhaltensweisen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen verankert sein können. Vielfach handelt es sich dabei um eine unbeabsichtigte Form der Diskriminierung, die von Personen, die nicht von Rassismus betroffen sind, nicht als problematisch wahrgenommen werden.

Mit Dr. Seyran Bostancı, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Demokratieförderung und demokratische Praxis im Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) e.V.

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Termin: 30. April 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

In einer weiteren Ausgabe unserer Reihe „Feminism and Bookmarks!“ widmen wir uns dem Thema der Gendermedizin und zeigen am Beispiel von AD(H)S warum eine geschlechterspezifische Medizin auch für unser mentales Wohlbefinden wichtig ist. Bei betroffenen Frauen und Mädchen äußern sich die Symptome anders, sie sind weniger hyperaktiv, dafür verträumt, unaufmerksam und vergesslich. Die zu späte oder fehlende Diagnose kann weitreichende Folgen haben: Der Leidensdruck bleibt meist über Jahrzehnte bestehen, schadet ihrem Selbstwertgefühl und zieht Folgeerkrankungen nach sich.

Die AD(H)S Expertin Dr. Swantje Matthies liest aus ihrem Buch, und im anschließenden Gespräch mit Barbara Rohm vom culture change hub wird die Frage beleuchtet, wie Betroffene ihre vielen Stärken entdecken und mit ihrer Besonderheit Frieden schließen können.

Informationen zum Buch gibt es hier.

Termin: 06. Mai 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Es sind herausfordernde Zeiten – auch im Bildungssystem. Ein Lösungsvorschlag im politischen Raum für das Versagen der schulischen Bildung ist ausgerechnet die Einführung einer Vorschule. Aus einem frühpädagogischen Bildungsverständnis heraus irritiert diese Idee: Denn so werden die (als ungenügend attestierten) schulischen Lehr-, Lern- und Trainingsmethoden den Kindern noch früher zugemutet.

In der Veranstaltung wollen wir den Fragen nachgehen, warum sich manche durch die schulischen Lern- und Trainingsmethoden so beeindrucken lassen, wie pädagogische Fachkräfte darin unterstützt werden können, die komplexen und intensiven Bildungsprozesse von Kindern zu begleiten und zu erweitern und welche Ziele wir eigentlich für Kinder haben, die heute in unserer Welt aufwachsen.

Mit Katrin Macha, Direktorin ista – Institut für den Situationsansatz

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Termin: 15. Mai 2024

Veranstalter: Bundesforum Männer

Ort: Berlin

Ob Gesundheit, Arbeit und Wirtschaftswachstum, Bildung, Klimaschutz oder Konsum – die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vereinen ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen. Doch welche Rolle spielen dabei die Kategorien Geschlecht und Männlichkeit?

Im gegenwärtigen Diskurs wird – oft zurecht – auf negative Männlichkeitsnormen und klimaschädliche, Lebens- und Verhaltensweisen von Männern aufmerksam gemacht. Aus unserer Sicht darf die Diskussion hier jedoch nicht enden. Jetzt geht es darum, Alternativen zu entwickeln und nachhaltige, sorgsame Männlichkeit zu fördern. Nur so kann der Wandel hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Gesellschaft gelingen.  

Im Anschluss an den Fachtag richten wir unseren politischen Jahresempfang aus.

Wir freuen uns über die Zusage von Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus, im Rahmen des Jahresempfangs ein Grußwort zu sprechen.  

Termin: 15. Mai 2024

Veranstalter: Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Ort: Berlin

Am Tag der Familie diskutieren wir, wie Vereinbarkeit von Anfang an partnerschaftlich gestaltet werden kann u.a. mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus, DGB-Vize Elke Hannack, Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, Prof. Dr. Katja Nebe, Prof. Dr. Anja Abendroth.

Neben den politischen Rahmenbedingungen stellen wir die Handlungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten in den Mittelpunkt. Wir tauschen uns mit euch in Fachforen aus, wo wir in Betrieben und Dienststellen ansetzen können, damit #VereinbarkeitJetzt gelingt.

Dabei legen wir einen Schwerpunkt auf die frühen Weichenstellungen für mehr Vereinbarkeit und blicken insbesondere auf den Mutterschutz am Arbeitsplatz, die Planung der Elternzeit und den Wiedereinstieg sowie Fragen der Arbeitszeitgestaltung.

Anmeldung
Bitte meldet euch unter folgendem Link zur Fachtagung an: 
https://vereinbarkeit.dgb.de/veranstaltungen

Freistellung
Die Teilnahme ist kostenlos.
Betriebsräte § 37 Abs. 6 BetrVG | Schwerbehindertenvertretung §179 Abs. 4 Satz 3 SGB IX | Personalräte § 54 Abs. 1 BPersVG (entsprechende Regelungen der LPersVG). Für die Kostenerstattung und Freistellung durch den Arbeitgeber ist es notwendig, die Teilnehmer*innen durch einen ordentlichen Beschluss ihres Gremiums zu entsenden und den Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen.

Kontakt

Bei Fragen zur Veranstaltung wendet euch gerne an vereinbarkeit@dgb.de

Termin: 16. Mai 2024

Veranstalter: Europäische Bewegung Deutschland e. V.

Ort: Berlin

Lange Zeit galt die Gleichstellungspolitik der Europäischen Union als Erfolgsgeschichte und hatte Vorbildwirkung für nationale Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten. Seit einigen Jahren mobilisieren demokratiefeindliche Bewegungen gezielt gegen gleichstellungspolitische Vorhaben – auf europäischer und nationaler Ebene. Viele Errungenschaften stehen auf dem Spiel. Vor diesem Hintergrund ist die anstehende Europawahl am 9. Juni 2024 eine besonders wichtige.

Wir bitten Sie, sich den Termin vorzumerken und freuen uns, wenn Sie diese Vorankündigung an Interessierte weiterleiten. Weitere Informationen folgen in Kürze.

Kooperation der Bundesstiftung Gleichstellung, der Europäischen Bewegung Deutschland e. V., dem Deutschen Frauenrat e. V. und dem Deutschen Juristinnenbund e. V.

Melden Sie sich bitte bis Donnerstag, 9. Mai 2024 hier an, da die Teilnehmendenzahl begrenzt ist. Alternativ haben Sie die Möglichkeit, die Veranstaltung über einen Live-Stream auf der Webseite der Bundesstiftung Gleichstellung zu verfolgen.

Bei Fragen zur Teilnahme und Veranstaltung können Sie den dafür zuständigen Kooperationspartner Europäische Bewegung Deutschland e. V. (EBD) per E-Mail oder telefonisch kontaktieren (info@netzwerk-ebd.de, Tel. 030 303 620 110).

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 16. Mai 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

Lilly Schön, Referentin des ZFF, wird einen Input halten

Mit der Einführung der Verantwortungsgemeinschaft wird Familie in Deutschland künftig auch politisch und juristisch größer gedacht. Von nun an sollen zwei und mehr Menschen rechtlichen Schutz erhalten, die sich füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen möchten. Zur Ausgestaltung der Verantwortungsgemeinschaft macht das BMJ mit seinem Eckpunktepapier erste Vorschläge. Während damit auch alternative Sorgekonzepte einfacher umsetzbar werden, weisen die Vorschläge jedoch in einigen Punkten, so z.B. der Absicherung der geleisteten Sorgearbeit, noch Leerstellen auf.

Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie einladen, die Eckpunkte zur Verantwortungsgemeinschaft gemeinsam mit uns und mit Expert*innen aus Recht, Wissenschaft und Verbänden zu diskutieren. Wir wollen uns dabei fragen:

In welchen Bereichen kann die Verantwortungsgemeinschaft eine rechtliche Erweiterung darstellen? Wo muss nachgeschärft werden, um Familienkonzepte besser rechtlich abzusichern? Wer ist Zielgruppe des Eckpunktepapiers – und wer wird bisher nicht oder zu wenig bedacht?

Wir freuen uns, wenn Sie sich unsere Veranstaltung vormerken. Das detaillierte Programm erhalten Sie in Kürze mit der offiziellen Einladung.

Termin: 30. Mai 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband in Kooperation mit Bundesverband der Volkssolidarität

Ort: Online

Die Zahl der neugeborenen Kinder sinkt in den östlichen Bundesländern deutlich mit spürbaren und absehbaren Folgen für die Kindertagesbetreuung. Welche Risiken bedeutet das für die familiäre Infrastruktur in vielen Regionen? Und welche Chancen ergeben sich daraus auch für die pädagogische Qualität im Arbeitsfeld? Dieser Frage wollen wir gemeinsam im Austausch mit Akteuer*innen aus der Praxis der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe nachgehen und notwendige Handlungsanforderungen für Bund, Länder und Kommunen formulieren.
Mit Antje Springer, Jugendamtsleitung Saalekreis, Sven Krell, Geschäftsführer Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen
Moderation: Dr. Sophie Koch
(Volksolidarität Bundesverband) & Niels Espenhorst (Paritätischer Gesamtverband)

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 15. – 17. September 2024

Veranstalter: Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen

Ort: Würzburg

Die 28. Bundeskonferenz in Würzburg ist eine besondere, denn die Bundesarbeitsgemeinschaft wird 40 Jahre alt und wird das Jubiläum im Rahmen der BUKO feiern. Dazu haben wir uns ein abwechslungsreiches Programm ausgedacht. Mit Blick zurück und nach vorne. Das Thema der Konferenz: Armut.

Armut ist weiblich: Das zeigen die unterschiedlichsten Studien der vergangenen Jahre. Frauen haben im Schnitt immer noch weniger Einkommen und deutlich niedrigere Altersrenten als Männer. Alleinerziehende, Migrantinnen und Frauen mit Behinderungen sind besonders von Armut betroffen. Die Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen, Frauen besser zu stellen. Doch die Politik muss radikalere Lösungen in den Blick nehmen, damit die soziale Ungleichheit und damit auch die Frauenarmut endlich gestoppt werden. Armut ist ein Armutszeugnis für unser Land und Armut ist eine Gefahr für die Demokratie. Mit der Bundeskonferenz wollen wir die aktuelle Situation beleuchten und Forderungen an die Politik formulieren.

Den Programmflyer finden Sie im Anhang. Eine ausführliche Beschreibung der Foren und Referent*innen, die Links zu den Anmeldungen und alle Informationen zur 28. Bundeskonferenz sind auf der Website der BAG veröffentlicht.

Zur Feier des 40-jährigen Jubiläums der BAG laden wir am 15.09.2024 um 21 Uhr im Anschluss an den Empfang der Stadt Würzburg zum Tanzen im Club „Alter Ego“ ein.

Anmeldung
Über die Website der BAG können Sie sich verbindlich für die Bundeskonferenz in Würzburg anmelden. Hier finden Sie zunächst eine Beschreibung der Foren und im Anschluss finden Sie das Anmeldeformular.

Der Teilnahmebeitrag incl. Tagungsverpflegung für die Bundeskonferenz beträgt 190,00 Euro. Darin enthalten ist ein Ticket für die zwei Konferenztage für den Öffentlichen Nahverkehr. Wir haben den Preis für die Bundeskonferenz leicht erhöhen müssen. Leider ist es uns anders nicht möglich, die gestiegenen Kosten aufzufangen.

Im Anschluss an die Anmeldung erhalten Sie automatisch eine Rechnung und eine Anmeldebestätigung. Sollten Sie keine automatische Anmeldebestätigung erhalten, melden Sie sich bei der Geschäftsstelle unter bag@gleichberechtigt.org

Anmeldeschluss ist der 1. August 2024. Ab diesen Tag kann der Teilnahmebetrag bei einer Stornierung nicht mehr erstattet werden.

Kulturelles Begleitprogramm
Die Anmeldung zu den kulturellen Begleitprogrammpunkten erfolgt ebenfalls über die Internetseite der BAG. Vor Ort ist eine Anmeldung nicht mehr möglich.

Einzelne Angebote haben eine Anmeldefrist bis zum 10.05.2024 und müssen voll belegt sein, damit sie stattfinden können. Eine ausführliche Beschreibung des kulturellen Begleitprogramms sowie das Anmeldeformular finden sie verlinkt auch auf unserer Website. Bitte beachten Sie, dass für das kulturelle Begleitprogramm eine Rechnung nur auf Nachfrage bei der Geschäftsstelle ausgestellt wird. Sie erhalten lediglich eine Anmeldebestätigung via Email.

Wir bitten, die Kosten für das Begleitprogramm getrennt und im Vorfeld der Konferenz auf folgendes Konto zu überweisen:

Verein zur Förderung der Frauenpolitik in Deutschland e.V.
Berliner Sparkasse, IBAN DE97 1005 0000 0073 7277 17 BIC BELADEBEXXX
Bitte als Verwendungszweck angeben: Nachname Begleitprogramm

Übernachtung
Übernachtungen aus den Hotelkontingenten für die Teilnehmer*innen der 28. Bundeskonferenz, sind über CTW-Congress Tourismus Würzburg zu buchen.
Über dessen Buchungsseite können Sie Zimmer aus dem Kontingent buchen.

Wenn sie Unterstützung bei der Hotelbuchung benötigen, wenden Sie sich bitte direkt an CTW-Congress Tourismus Würzburg unter 0931-37 23 71 oder service@wuerzburg.de.

WEITERE INFORMATIONEN

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben wir am ifb die Einrichtungen der Familienbildung und Beratung in Bayern mit dem Forschungsprojekt kontakt.los! Bildung und Beratung von Familien während der Corona-Pandemie begleitet. Die dafür erhobenen Daten basieren auf der Expertise der pädagogischen Fachkräfte und sind so eine wertvolle Ergänzung zu den Erkenntnissen aus Bevölkerungsbefragungen während der Pandemie.

Unsere Auswertungen zeigen, welche Unterstützungsbedarfe Eltern und Schwangere während der Pandemie hatten, wie Familienbildung und Beratung in dieser herausfordernden Zeit begleiten, beraten und unterstützen konnten und welche Hindernisse den Kontakt von Fachkräften mit Eltern und Schwangeren erschwert haben. Die Ergebnisse wurden im Rahmen wissenschaftlicher Vorträge und Publikationen veröffentlicht und darüber hinaus für die Konzeption von praxisorientierten Fortbildungen zum Thema Digitalisierung in der Erwachsenenbildung genutzt.

Wir freuen uns, Sie auf die jüngste Veröffentlichung im Zusammenhang mit diesem Projekt hinzuweisen, den neuen ifb/Familienreport. Sie können ihn im Broschürenportal des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales und hier von der Website des ifb / Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg herunterladen. Weitere Informationen zum kontakt.los!-Projekt finden Sie hier.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 04/2024

AUS DEM ZFF

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleg*innen,

wir möchten Sie auf unsere Veranstaltung aufmerksam machen:

„Ohne Netz und doppelten Boden – Drahtseilakt Familie mit Pflegebedürftigen Kindern“

Termin: 12. Juni 2024

Ort: Centre Monbijou, Oranienburger Straße 13-14, 10178 Berlin

– Eine Fachtagung des Zukunftsforum Familie e.V. –

Pflege betrifft über kurz oder lang alle – und findet weiterhin vor allem in Familien statt. Wir wollen auf unserer Fachtagung das Licht auf einen blinden Fleck werfen, denn eine Gruppe von Pflegenden wird häufig übersehen, steht aber besonderen Herausforderungen gegenüber: Familien mit pflegebedürftigen Kindern. Zudem hat diese Gruppe eine beachtliche Größe: Es gibt allein 160.000 pflegebedürftige Kinder in Deutschland. Eltern mit pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen stehen häufig vor der Aufgabe, nicht nur einige Jahre zu pflegen, sondern ein Leben lang besondere Verantwortung zu tragen – und das unter erschwerten Bedingungen. Weder die Unterstützungsangebote für Familien mit Kindern sind auf ihre besondere Situation zugeschnitten, noch passen sie mit ihren Bedarfen in das reguläre Pflegesystem, das vor allem auf die Altenpflege ausgerichtet ist.

Wir wollen Rahmenbedingungen, Leistungen und Rechtsansprüche insgesamt auf den Prüfstand stellen und fragen, welche Verbesserungen Familien mit pflegebedürftigen Kindern benötigen. Wir vertreten die These, dass solche Nachbesserungen und Lösungswege allen Familien zugutekommen, in denen gepflegt wird.

Gemeinsam mit Mareice Kaiser (Journalistin und Autorin), Dr. Johannes Geyer (DIW Berlin), Svenja Pfahl (SowiTra), Jana Schuschke (wir pflegen e.V.), Dag Schölper (Bundesforum Männer) u.v.m. wollen wir daher in unterschiedlichen Formaten der Frage nachgehen, wo bestehende Leistungen und Ansprüche für pflegende Angehörige zu kurz greifen. Außerdem diskutieren wir, welche politischen Ansatzpunkte es braucht, damit Pflege nicht mehr vorrangig von Frauen übernommen wird und was geschehen muss, damit sie für Familien nicht zur vollständigen finanziellen, psychischen, körperlichen und zeitlichen Überlastung wird.

Wir bitten Sie, sich den Termin vorzumerken und freuen uns, wenn Sie diese Vorankündigung an Interessierte weiterleiten. Die weiteren Details und Informationen, insbesondere zum Programm und zur Anmeldung, werden Ihnen rechtzeitig vor der Veranstaltung zugehen.

SCHWERPUNKT: Internationaler Frauentag

Am 8. März feiern wir den Internationalen Frauentag. Nicht nur an diesem Tag machen wir deutlich: Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist unumstößliches Ziel sozialdemokratischer Politik.

„Die SPD-Bundestagsfraktion kämpft für eine gerechte Zukunft, in der die Gleichstellung von Frauen und Männern eine nicht verhandelbare Realität ist. Hierzu gehören die faire Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit, mehr Frauen in Führungspositionen, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und eine gute Rente, die nicht vom Ge-schlecht abhängt. Wir wollen, dass Frauen selbstbestimmt über ihre Familienplanung entscheiden und ihr Leben frei von Gewalt gestalten können.

Wir stärken die gemeinsame Verantwortung privater Sorgearbeit, indem wir eine Familienstartzeit einführen, die eine zweiwöchige Freistellung des Partners oder der Partnerin nach der Geburt eines Kindes umfasst. Außerdem setzen wir uns für verbesserte Mutterschutz- und Elterngeldregelungen ein. Wir werden sogenannte Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnern gesetzlich unterbinden und so das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung stärken. Die Kommission der Bundesregierung zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin prüft unter anderem Regulierungen von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafrechts. Im April wird sie ihre Ergebnisse vorlegen. Die politische und gesellschaftliche Debatte dazu ist längst überfällig. Hier ist uns Frankreich einen Schritt voraus. Dort wurde die Debatte bereits geführt und mündete darin, dass das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch jüngst in der Verfassung verankert wurde.

Konsequent bekämpfen wir Gewalt gegen Frauen und werden einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt einführen. Das Bundesfrauenministerium erarbeitet aktuell ein entsprechendes Gewalthilfegesetz.

Rechtsextreme, Antifeminist:innen und Ewiggestrige versuchen, gleichstellungspolitische Erfolge zurückzudrehen. Das werden wir nicht dulden. Indem wir Geschlechtergerechtigkeit fördern, stärken wir auch unsere Demokratie – und umgekehrt. Wir verteidigen den gleichstellungspolitischen Fortschritt. Wir kämpfen für eine moderne Gesellschaft, in der die Gleichberechtigung von Frauen selbstverständlich und unumstößlich ist.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 07.03.2024

Zum Internationalen Frauenkampftag am 08. März erklärt Denise Loop, Obfrau im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Weltweit schränken autoritäre Regime Menschenrechte von Mädchen und Frauen massiv ein oder haben sich dies zum Ziel gesetzt. Auch in Deutschland wird versucht, lange erkämpfte Erfolge in Frage zu stellen. Der Rechtsruck ist eine Gefahr für die Gleichstellung. Als Grüne Bundestagsfraktion zeigen wir uns solidarisch mit allen Frauen, unter anderem auf den vielen Demonstrationen zum internationalen Frauentag. Gleichzeitig arbeiten wir in der Regierung weiter an mehr Gleichberechtigung.
So wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote und durch ein Familienpflegezeitgesetz verbessern. Wir wollen die partnerschaftliche Aufteilung der Sorgearbeit durch eine Familienstartzeit fördern. Wir sorgen endlich für eine rechtliche Gleichstellung von lesbischen Eltern durch ein reformiertes Abstammungsrecht und gehen durch die vollständige Umsetzung der Istanbul Konvention entschieden gegen Gewalt an Frauen vor. Außerdem wollen wir mit dem Entgelttransparenzgesetz endlich zu einer Verringerung des Gender Pay Gaps beitragen.
Beim Bürgergeld und der Kindergrundsicherung ist uns ein Paradigmenwechsel gelungen. Entscheidend ist nun, die erreichten Verbesserungen konsequent weiterzuführen. Denn ein Rückgang von Sozialleistungen würde Frauen mit am härtesten treffen.
Am internationalen Frauentag finden bundesweit viele Veranstaltungen und Demonstrationen statt. Eine internationale, deutschlandweite und regionale Solidarisierung für die Rechte von Mädchen und Frauen bleibt wichtig, denn es gibt noch viel zu tun.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.03.2024

Zum Weltfrauentag erklärt die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Nicole Bauer:

„Frauen inspirieren zu neuen unternehmerischen Initiativen und prägen insbesondere in der Selbstständigkeit wirtschaftliche Impulse und innovative Ideen. Damit übernehmen sie eine Vorbildfunktion und motivieren andere, nachzuziehen. In zahlreichen Studien zeigt sich, dass unternehmerisches Vorantreiben von Gleichstellung und Diversität zur Bekämpfung von Armut beiträgt und das Wirtschaftswachstum fördern kann. Dafür setzen sich die Freien Demokraten auch in Zukunft ein. Die Stärkung von Frauen ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich von großer Bedeutung. Frauenrechte sind zum einen ein Schlüssel für eine prosperierende Welt und zum anderen eine ethische Pflicht. Deshalb dürfen wir nicht müde werden, die weltweit stattfindende Unterdrückung und sexualisierte Gewalt an Frauen zu ahnden. Frauen müssen weltweit, auch in den Kriegs- und Krisenregionen der Welt, in Freiheit und Sicherheit leben können. Denn Frauenrechte sind Menschenrechte. Sie sind nicht verhandelbar.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 07.03.2024

Am morgigen Freitag, 8. März 2024, ist Internationaler Frauentag. Dazu können Sie die frauen- und familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, wie folgt zitieren:

„Die Ampel-Regierung hat einen frauenpolitischen Stillstand in unserem Land erzeugt. Weder bei der ökonomischen Gleichberechtigung noch beim Schutz von Frauen vor Gewalt sind wir mit dieser Bundesregierung in den letzten Jahren vorangekommen. Die Ankündigungen und Versprechen der Bundesfamilienministerin sind immer wieder groß, am Ende bleibt die Umsetzung aber aus. Diese Bundesregierung wirbt mit feministischer Außenpolitik, während sie im eigenen Land frauenpolitische Themen vernachlässigt. Mit besonderer Sorge betrachten wir den Bereich des Gewaltschutzes. Es fehlen in Deutschland immer noch mindestens 14.000 Frauenhausplätze, um die Istanbul-Konvention zu erfüllen. Wir müssten die Kapazitäten mehr als verdoppeln und die Bundesregierung kann immer noch nicht konkret sagen, wie wir dieses Ziel erreichen und vor allem finanzieren wollen. 

Das Problem ist lange bekannt und im Koalitionsvertrag wurden große Versprechungen dazu gemacht. Wir müssen das Thema Gewalt gegen Frauen insgesamt stärker in den Fokus nehmen. Gewalt passiert mitten in unserer Gesellschaft, jeden Tag. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Neben einem Ausbau der Gewalt- und Hilfeschutzeinrichtungen und der Absicherung ihrer Finanzierung, muss die Präventions- und Aufklärungsarbeit in diesem Bereich verstärkt werden. Gleichzeitig müssen wir den Opfern mehr und besseren Schutz bieten, in dem wir unter anderem stärker gegen die Täter vorgehen und bei Wegweisungen direkt ein Antiaggressionstraining anordnen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 07.03.2024

Anlässlich des morgigen Internationalen Frauentages fordert die AWO ein Bundesgesetz mit einem Recht auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt.

Der Schutz insbesondere von Frauen vor diesen Gewaltformen ist in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Nach wie vor fehlen rund 14.000 Schutzplätze in Frauenhäusern und Schutzwohnungen. In rund 90 Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es gar keine Schutzeinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Mehr als ein Viertel aller gewaltbetroffenen Frauen, die Schutz und Sicherheit, Beratung und Begleitung in einem Frauenhaus in Anspruch nehmen, müssen die Kosten anteilig oder sogar vollständig selbst bezahlen – für sich und für die mitbetroffenen Kinder. Diese Hürde hält viele Frauen davon ab, Hilfe und Sicherheit überhaupt in Anspruch zu nehmen. Kostenerstattungsstreitigkeiten zwischen Kommunen belasten Frauenhäuser finanziell jedes Jahr in erheblichem Maße.

Die AWO verurteilt alle Formen geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Hilfebedarfe müssen besser erfasst werden und spezifische Hilfeangebote – insbesondere auch für Frauen mit multiplen Problemlagen – ermöglicht werden.

Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: „Es braucht endlich ein Bundesgesetz, dass das Recht auf Schutz und Beratung für jede gewaltbetroffene Frau und ihre mitbetroffenen Kinder gewährleistet und die auskömmliche Finanzierung des Hilfesystems mit Frauenhäusern, Schutzwohnungen, Fachberatungsstellen bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, Interventionsstellen und Täterarbeit regelt.

Wir brauchen ein Gewalthilfegesetz, das bestehenden Missständen und Schutzlücken bundesweit entgegen wirkt – Der Staat muss Gewaltschutz garantieren. Dabei sind alle staatlichen Ebenen in der Pflicht. Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen im Bundestag, hier Verantwortung zu übernehmen und sich für ein Gewalthilfegesetz stark zu machen“.

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes für Frauen und deren mitbetroffene Kinder bietet bundesweit in mehr als 40 Frauenhäusern und Schutzwohnungen sowie in Fachberatungs- und Interventionsstellen Beratung, Notfallhilfe und Schutz an.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.03.2024

Jedes Jahr Anfang März finden die Global Open Data Days statt, die auf die gesellschaftliche Bedeutung offener Daten hinweisen. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) sieht Chancen von Open Data für Geschlechtergerechtigkeit, insbesondere für digitale Tools, deren Anwendung geschlechtsspezifische Ungleichheiten gezielt verringern kann. Seit Langem weist der djb jedoch auf geschlechtsspezifische Datenlücken hin. Bei keiner der für 2024 angekündigten deutschen Open-Data-Day-Veranstaltungen findet sich das Thema Gender Data Gap. 

„Die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Datenlücken werden völlig unterschätzt“, so die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder. „Es besteht ein dringender Bedarf an nach Geschlechtern aufgeschlüsselten Daten.“

Open Data sollen frei zur Verfügung stehen, um Produkte und Dienstleistungen mittels digitaltechnischer Systeme im Sinne des Gemeinwohls innovativ zu gestalten. Fehlt es hier an Datenqualität, besteht die Gefahr diskriminierender Ausschlüsse. Die aktuelle rechtspolitische Diskussion thematisiert primär den Datenfluss. Die EU-Datenstrategie beinhaltet dazu den Data Governance Act für den öffentlichen Sektor, bereits seit September 2023 in Kraft, den Data Act für die Datenweitergabe in der Privatwirtschaft, Inkrafttreten ab September 2025, und die KI-Verordnung zur allgemeinen Regulierung algorithmischer Systeme, die kurz vor Verabschiedung steht. Regelungen zur Datenqualität fehlen weitgehend.

Die Studie „The impact of the gender data gap on consumer protection“ des EU-Parlaments vom April 2023 zeigt klar auf, dass Frauen zwar durch EU-Rechtsvorschriften besonders geschützt sind, die Vorschriften aber nicht in den Prozessen der digitalen Produkt- und Dienstleistungsgestaltung berücksichtigt werden. Ohne eine geschlechterspezifische Aufschlüsselung von Daten und genderkompetente Datenqualitätsanalysen wird es unmöglich, die besonderen Bedürfnisse von Frauen zu identifizieren und zu beachten. Diese Problematik potenziert sich im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Entwicklung entsprechender Systeme.

„Frauen sind in der Regel von den Prozessen der Gestaltung und Bereitstellung digitaler Produkte ausgeschlossen“, so die Vorsitzende der Kommission Digitales Anke Stelkens. „Fehlende Datenqualität verschärft diese Situation noch.“

Der djb fordert, dass im weiteren Dialog sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Gesetzgebungsebene Maßnahmen zur Schließung geschlechtsspezifischer Datenlücken priorisiert werden und verweist auf seine Stellungnahmen zum Data Act und zur KI-Verordnung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 07.03.2024

Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2024 ruft der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) dazu auf, gemeinsam für Geschlechtergerechtigkeit zu kämpfen und gegen Antifeminismus und Rechtsextremismus einzustehen. Sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und wirtschaftliche Unabhängigkeit sind Grundvoraussetzungen einer gerechteren und einer gleichberechtigten Gesellschaft. Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache, sondern ein strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem, das es endlich – auch rechtspolitisch – zu lösen gilt. Europaweit gibt es jedoch einen Aufschwung autoritärer und rechtspopulistischer Bewegungen, die zentrale feministische und menschenrechtliche Errungenschaften in Frage stellen. Stereotype und reaktionäre Frauen- und Familienbilder werden in Parteiprogrammen beworben, reproduktive Freiheiten werden eingeschränkt und Lebensmodelle abseits traditioneller Vorstellungen systematisch angegriffen. „Das Erstarken patriarchaler Machtstrukturen in antidemokratischen Bewegungen steht dem Ziel einer umfassenden Gleichberechtigung diametral entgegen“ so Lucy Chebout, Vizepräsidentin des djb.

Der drohende Rechtsruck bei den bevorstehenden Europa-Wahlen im Juni 2024 gefährdet die effektive Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt auf nationaler und europäischer Ebene. Der Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention und die Verabschiedung einer EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sind insofern nicht nur zentrale Instrumente zur Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. Sie sichern auch das bereits Erreichte auf dem Weg zu einem europaweiten einheitlichen Schutzstandard für die Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Verteidigung bereits erkämpfter Rechte von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen, insbesondere ihrer reproduktiven und sexuellen Selbstbestimmung, wichtiger denn je. Dabei gilt es, der Instrumentalisierung von ihren Rechten durch rechtspopulistische Bewegungen entschieden entgegenzutreten: Unter dem Deckmantel des scheinbaren Schutzes von Frauen und Familien werden ihre Rechte und die Rechte anderer marginalisierter Gruppen ausgehöhlt bzw. angegriffen. Systematisch wird Hass gegen vielfältige Lebensmodelle und Menschen mit Migrationsgeschichte geschürt. „Aus Anlass auch des Weltfrauentages solidarisiert der djb sich mit den zivilgesellschaftlichen Bewegungen gegen rechts und unterstützt ein aktives gesellschaftliches und politisches Vorgehen gegen Angriffe auf fundamentale Grund- und Menschenrechte sowie die Errungenschaften zur Geschlechtergerechtigkeit“, betont Dilken Çelebi, die Vorsitzende der djb-Strafrechtskommission.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 07.03.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ganztagskongress zu multiprofessioneller Zusammenarbeit

Unter dem Motto „Ganztag multiprofessionell gestalten“ veranstalten das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) heute und morgen zum zweiten Mal gemeinsam einen Ganztagskongress. Im Zentrum des Ganztagskongresses 2024 steht die Zusammenarbeit von Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern sowie Quereinsteigerinnen und -einsteigern in Ganztagsschulen und Horten.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Eine Voraussetzung erfolgreicher Bildung und Erziehung sind ganztägige Angebote, die Bildungsnachteile verringern, zu einer höheren Erwerbstätigkeit, insbesondere von Müttern führen und bei der Fachkräftesicherung in unserem Land helfen. Kinder im Grundschulalter können im Ganztag viele, positive Erlebnisse haben, mit Lehrkräften, pädagogischen Fachkräften oder Erwachsenen mit anderen Kompetenzen. Bis zum Start des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung bleibt die Personalgewinnung allerdings ein zentrales Thema. Wir wollen multiprofessionelle Zusammenarbeit stärken. Hierfür lassen wir ein Fortbildungscurriculum entwickeln, eine fachliche Grundlage für die Qualifizierung von Menschen, die ohne pädagogische Ausbildung bereits im Ganztag arbeiten.“

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger: „Eltern wünschen sich Ganztagsangebote für ihre Kinder. Sie stecken voller Chancen: für individuelle Förderung, mehr Teilhabe und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Um sie zu nutzen und Kinder über den gesamten Schultag hinweg bestmöglich zu fördern, setzen wir auf die multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und weiterem pädagogischen Personal. Das betrifft gerade auch außerschulische Kooperationspartner und Quereinsteiger. So kann jeder seine Perspektive und Expertise einbringen. Daher ist auch im Startchancen-Programm die Stärkung multiprofessioneller Teams vorgesehen.“

Hintergrund

Der Ganztagskongress soll zusammen mit Wissenschaft und Verbänden fachliche Impulse und Denkanstöße für Schulverwaltung und Kinder- und Jugendhilfe geben, wie multiprofessionelle Zusammenarbeit für ganztägige Bildung und Betreuung gestaltet werden kann.

Der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter wurde 2021 im Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) geregelt, um Teilhabechancen von Kindern zu verbessern und um Familien in der Organisation ihres Alltags besser zu unterstützen. Ab dem Schuljahr 2026/27 gilt der Rechtsanspruch für Kinder ab der ersten Klasse. Danach geht es schrittweise weiter, bis im Schuljahr 2029/30 alle Kinder der Klassenstufen eins bis vier einen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung haben.

Der Bund beteiligt sich an den Investitionskosten (3,5 Milliarden Euro) sowie an den Betriebskosten (ab 2026 aufsteigend; ab 2030 mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr).

Weitere Informationen

www.ganztagsschulen.org

www.recht-auf-ganztag.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.03.2024

Bundesministerin Paus dankt Engagierten im größten Präventionsprogramm des Bundes

Bundesgesellschaftsministerin Lisa Paus hat den zweiten Konferenztag des größten Präventionsprogrammes des Bundes „Demokratie leben!“ in Berlin eröffnet. In Ihrer Rede vor rund 1000 Teilnehmenden aus den im Programm geförderten Projekten dankte sie den Engagierten für ihren täglichen Einsatz gegen jede Form von Extremismus. In ihrem Grußwort richtete die Ministerin den Blick auf die aktuelle gesellschaftspolitische Situation in Deutschland und bot zugleich einen Ausblick auf die Förderperiode ab 2025.

Bundesministerin Lisa Paus: „Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass unsere Grundwerte durch Demokratiefeinde angegriffen werden. Gleichzeitig haben die Demonstrationen der letzten Monate verdeutlicht: Millionen treten für unsere Demokratie ein. Wir haben eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Es sind die Menschen, die sich vor Ort engagieren, die unsere Demokratie tagtäglich gestalten und mit Leben füllen. Sie tun dies zum Teil unter widrigen Umständen. Einige sind regelmäßig mit Widerständen bis hin zu Anfeindungen konfrontiert. Um unsere demokratischen Werte zu schützen und zu bewahren, unterstützen wir die zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren in unserem Land. Das Programm ‚Demokratie leben!‘ leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Mit einem Demokratiefördergesetz wollen wir die Zivilgesellschaft künftig noch besser unterstützen: Denn das Gesetz schafft die gesetzliche Grundlage, um zivilgesellschaftliches Engagement langfristig und bedarfsgerecht zu fördern.“

In Zeiten zunehmender rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Hetze und Gewalt braucht es eine starke und engagierte Zivilgesellschaft. Mit „Demokratie leben!“, dem größten und weitreichendsten Präventionsprogramm des Bundes, fördert das Bundesgesellschaftsministerium seit 2015 bundesweit mehr als 700 zivilgesellschaftliche Projekte. Diese engagieren sich vor Ort und digital für eine starke Demokratie, für ein friedliches Zusammenleben in unserer vielfältigen Gesellschaft und für die Prävention von Extremismus.

Damit diese Projekte ihre wichtige Arbeit fortsetzen können, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erreicht, dass die Programmmittel für „Demokratie leben!“ von rund 115 Millionen Euro im Jahr 2020 auf aktuell 182 Millionen Euro erhöht werden. Das Interessenbekundungsverfahren für Projektträger für die Förderung ab 2025 startet voraussichtlich im zweiten Quartal 2024.

Mehr Informationen zum Bundesprogramm „Demokratie leben!“ ab 2025 sind abrufbar unter: https://www.demokratie-leben.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.03.2024

Bundesfrauenministerin Paus fordert ökonomische Gleichstellung von Frauen und Männern

Bundesfrauenministerin Lisa Paus ist zur 68. Sitzung der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen nach New York gereist, um sich für die ökonomische Gleichstellung von Männern und Frauen stark zu machen. Das Jahresthema der „Fachkommission für Gleichstellung der Geschlechter und für die Förderung von Frauenrechten der Vereinten Nationen“ ist der Kampf gegen Armut. Besonders sensibilisieren möchte Paus hier für die Herausforderungen von Alleinerziehenden. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), der Deutsche Frauenrat e.V. und der Caritasverband sowie weitere große Frauenorganisationen aus Deutschland begleiten die Ministerin nach New York.

Die Bundesministerin wird neben dem offiziellen Sitzungsprogramm verschiedene Regierungsvertreter*innen u. a. aus G7- und G20- Mitgliedsstaaten treffen. Am Dienstag (12. März) wird Ministerin Paus für Deutschland in der Generaldebatte vor der Staatengemeinschaft sprechen. Am Freitag und Samstag (15./16. März) nimmt sie zudem hochkarätige Termine in Washington wahr.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Frauen auf der ganzen Welt sollten ihr Menschenrecht auf ein selbstbestimmtes Leben frei von Armut und Gewalt wahrnehmen können. Das gelingt nur, wenn Frauen über weite Strecken auf eigenen Beinen stehen. Ich freue mich auf den Austausch vieler internationaler Perspektiven auf ein und dieselbe Frage: Wie können wir als Staatengemeinschaft besser und schneller erreichen, dass Frauen ökonomisch gleichgestellt sind? Denn wirtschaftliche Eigenständigkeit ist die Grundlage für Freiheit, für Selbstbestimmung und für Sicherheit. Das gilt für Frauen in Deutschland wie für alle Frauen weltweit. Armut und unfreiwillige Abhängigkeiten sind Bremsklötze für die Gleichstellung der Geschlechter.“

Die Frauenrechtskommission ist das zentrale Beratungsgremium der Vereinten Nationen im Bereich der Gleichstellung und die zweitgrößte ständige VN-Konferenz. Die Kommission diskutiert aktuelle gleichstellungspolitische Fragen und legt die Grundlage für internationale Übereinkommen (z. B. die VN-Frauenrechtskonvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau im Jahr 1979). Die Frauenrechtskommission findet vom 11. bis 22. März statt. Bundesfrauenministerin Paus nimmt vom 11. bis 14. März teil und wird am Donnerstag (14. März) weiter nach Washington D. C. reisen.

Schwerpunktthema Armut
Bei der diesjährigen Kommission geht es um den weltweiten Kampf gegen Armut, insbesondere von Frauen in all ihrer Vielfalt, sowie um die Stärkung der Finanzarchitektur und eine geschlechtergerechte Finanzpolitik mit dem Ziel der Armutsbekämpfung. Die VN-Mitgliedsstaaten werden über das Thema in der Generaldebatte diskutieren. Dafür stehen insgesamt sechs Verhandlungstage zur Verfügung. Mit der Verabschiedung der Schlussfolgerungen endet die Generaldebatte am 22. März.

Side-Event zu Armutsrisiken von Alleinerziehenden
Am Montagvormittag (11. März) lädt Bundesfrauenministerin Paus Regierungsvertreterinnen und -vertreter, NGOs und internationale Gäste zu einem Side-Event zum Thema „Die Armutsfalle von Alleinerziehenden durchbrechen // Breaking the Single Parent Poverty Trap“ ins VN- Hauptgebäude ein. Gemeinsam mit Prof. Janet C. Gornick von der City University New York, Lydia Opiyo, Gründerin und CEO der „Passion to Share Foundation“ aus Kenia, Cecilia Mena Carrera, Multiplikatorin des UNIDAS-Netzwerk aus Ecuador, und VAMV-Vorsitzender Daniela Jaspers wird Paus über die Ursachen und Folgen von Armut von Alleinerziehenden, insbesondere von Müttern, sprechen. Auf dem Podium sollen Armutsrisiken und wirksame politische Maßnahmen zur Armutsprävention und -bekämpfung diskutiert werden. Moderiert wird die Veranstaltung von Monika Remé vom Deutschen Frauenrat e. V.

Kinderschutz-Themen in Washington D.C.
Im Anschluss an die FRK-Sitzung reist Ministerin Paus weiter nach Washington, D.C., und wird sich dort bei einem bilateralen Gespräch mit Frau Jennifer Klein, Executive Director and Co-Chair of the White House Gender Policy Council, über Gleichstellungsfragen austauschen. In Washington informiert sich Ministerin Paus im Rahmen von Projektbesuchen und Gesprächen auch über die Themen Jugendmedienschutz, Kampf gegen Kinderpornografie, sowie Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.03.2024

Bundesfamilien- und Bundesinnenministerium fördern Beratung und Prävention gegen Verschwörungsideologien

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) starten das gemeinsame Projekt zur Weiterentwicklung der Prävention von sowie Beratung zu Verschwörungsideologien im Zusammenhang mit extremistischen Einstellungen. Umgesetzt wird es ab dem 1. März 2024 durch einen Trägerverbund von Violence Prevention Network, Amadeu Antonio Stiftung und modus – Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung.
 
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: Verschwörungsideologien sind Gift für unsere Demokratie und unseren Zusammenhalt. Ihre Verbreitung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Umso wichtiger ist es, dass wir die Arbeit und Angebote gegen Verschwörungsdenken mit diesem gemeinsamen Projekt von BMI und BMFSFJ stärken und unterstützen. Das Projekt wird im Bundesprogramm Demokratie leben! umgesetzt. Es gibt im gesamten Bundesgebiet bereits zahlreiche Präventions- und Beratungsangebote, die hier von vornherein mitgedacht werden. Insgesamt soll das Projekt einen wesentlichen Beitrag leisten zur Vernetzung und Weiterentwicklung der Beratungs- und Informationsangebote im Themenfeld Verschwörungsdenken. Über den Aufbau einer bundesweit erreichbaren Verweisberatung soll eine leicht zugängliche und niedrigschwellige erste Orientierung und Hilfestellung geboten werden und der Zugang zu passenden Unterstützungsangeboten vor Ort erleichtert werden. Damit wollen wir Verschwörungsnarrativen und den davon ausgehenden Gefahren aktiv entgegenwirken.“
 
Bundesinnenministerin Nancy Faeser:Verschwörungsideologien prägen viele extremistische Strömungen und können zu gefährlicher Radikalisierung und Gewalt führen. Judenfeindlichkeit war und ist tief von Verschwörungsideologien geprägt. Im Rechtsextremismus werden rassistische Verschwörungsideologien von einem angeblichen ‚Bevölkerungsaustausch‘ propagiert. Wir dürfen nicht erst eingreifen, wenn hieraus strafbare Hetze wird oder Gewalttaten begangen werden. Wir müssen deutliche Stopp-Zeichen senden und die Prävention dort stärken, wo Menschen drohen abzudriften. Radikalisierungsprozesse gilt es, wo immer möglich, aufzuhalten. Genau dies nehmen wir uns mit unserem Projekt vor. Wir unterstützen Betroffene und vor allem auch deren Angehörige stärker: mit Ansprechpartnern, mit Informationen, mit konkreten Angeboten. Dass wir dieses Projekt gemeinsam mit dem Familienministerium entwickelt haben, zeigt wie wichtig uns als Bundesregierung dieses Thema ist.“
 
Judy Korn, Trägerverbund Violence Prevention Network, Amadeu Antonio Stiftung und modus|zad: Wir freuen uns sehr, dass wir mit der Aufgabe betraut worden sind, dieses Projekt gemeinsam umzusetzen. Verschwörungsdenken ist eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Gesellschaft und entsprechende Präventions- und Beratungsmaßnahmen sind eine wichtige Säule der gemeinschaftlichen Bemühung zum Erhalt unserer Demokratie. Im Zentrum des neuen Projekts steht deshalb die Vernetzung und der Aufbau von Verweisberatungsprozessen mit den bundesweit etablierten und erfahrenen Angeboten. Deshalb werden wir intensiv mit allen Akteurinnen und Akteuren auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sprechen, um zu erfahren was diese in ihrer täglichen Arbeit bewegt – und die neuen Angebote gemeinsam passgenau zu gestalten. Aktuelle Entwicklungen rund um die Nutzung künstlicher Intelligenz in Desinformationskampagnen verdeutlichen die Bedrohung durch Verschwörungsdenken noch zusätzlich. Daher ist es so wichtig, dass die Politik nicht nur Interesse zeigt, sondern auch Ressourcen für zivilgesellschaftliche Träger bereitstellt, um diese wichtige Arbeit langfristig zu sichern.“
 
Das Vergabeprojekt wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ durchgeführt und wird mit einem Gesamtvolumen in Höhe von voraussichtlich rund 1,1 Million Euro gefördert.
 
Wenn Menschen in Verschwörungsglauben abdriften, stellt dies für Angehörige und Freunde eine große Belastung dar. Hier möglichst passgenaue Hilfsangebote bereitzustellen, leistet einen Beitrag zur Extremismusprävention, zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, aber auch zur Linderung individueller Nöte. Zunächst soll eine Bestandsaufnahme der bestehenden Angebote unternommen werden, mit dem Ziel ein möglichst klares Bild der Anforderungen und Herausforderungen zu erhalten.
 
Das Projekt soll zudem die Vernetzung der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Beratungs- und Informationsangebote fördern. Unter den relevanten Akteuren im Themenfeld soll ein steter Austausch und Wissenstransfer sichergestellt werden, der sich an dem neuesten Stand der Wissenschaft orientiert und den Austausch über Qualitätsstandards einschließt. Danach soll eine bundesweit erreichbare Anlaufstelle für Betroffene und insbesondere deren soziales Umfeld entstehen, die Hinweise gibt und Kontakte vermittelt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.03.2024

Für die Verwaltung des Deutschen Bundestages ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiger Baustein als moderner und attraktiver Arbeitgeber. Um ihre Angebote weiter zu verbessern, hat die Bundestagsverwaltung im vergangenen Jahr das Auditierungsverfahren berufundfamilie durchlaufen und erfolgreich absolviert. Am Mittwoch, 13. März 2024, hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas das Zertifikat zum audit berufundfamilie vom Geschäftsführer der berufundfamilie Service GmbH, Oliver Schmitz, entgegengenommen.

„Als Bundestagspräsidentin freue ich mich sehr, dass die Bundestagsverwaltung schon heute als familienfreundlich bezeichnet werden kann“, sagt Bärbel Bas. „Die Beschäftigten können vielfältige Unterstützungsangebote nutzen: flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten oder die Betriebskita, die an die Anforderungen des Parlamentsbetriebs angepasst ist. Aber uns ist auch klar, dass dies nur ein erster Meilenstein ist. Wir können für eine familienfreundliche Personalpolitik in allen Lebensphasen noch mehr tun. Zeitgemäße Arbeitsbedingungen, eine unterstützende Haltung der Führungskräfte und ein gutes Geben und Nehmen im Team sind entscheidende Faktoren und wirken sich gut auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben aus.“

Auf der Grundlage des Auditverfahrens, an dem sowohl die Hausleitung und die Führungskräfte, als auch Beschäftigte und Interessenvertretungen teilnahmen, wurde eine Zielvereinbarung erarbeitet, die ein Handlungsprogramm für die Verwaltung des Deutschen Bundestages für die nächsten drei Jahre darstellt. Ziel ist die Schaffung verbindlicher Rahmenbedingungen, die Beschäftigten und Führungskräften im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen des Parlamentsbetriebs ein möglichst hohes Maß an Flexibilität der Arbeitsbedingungen ermöglicht. So sollen die gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig gebunden und auch künftig die besten Köpfe für die Bundestagsverwaltung gewonnen werden. 

Die berufundfamilie Service GmbH ist Dienstleister und Think Tank im Themengebiet Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Ihr zentrales Angebot ist das audit berufundfamilie, das von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung initiiert wurde.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 13.03.2024

Die Unionsfraktion fordert eine Offensive zur Stärkung der frühkindlichen Bildung. Bildungsstudien zeigten alarmierende Ergebnisse und einen Kompetenzverlust von Schülern, heißt es in einem Antrag (20/10727) der Fraktion. Nach wie vor bestehe eine hohe Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der Unterstützung durch das Elternhaus.

In der jüngsten PISA-Studie 2022 seien die schlechtesten jemals für Deutschland ermittelten Ergebnisse berechnet worden. Es sei nicht damit getan, dass Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) im März 2023 eine Fachtagung zur empirischen Bildungswissenschaft zum Bildungsgipfel erklärt habe.

Haushaltskürzungen, auslaufende Bildungsprogramme und fehlende Bekenntnisse zu versprochenen Bildungsmaßnahmen führten zu einer dramatischen Planungsunsicherheit in Ländern, Kommunen, Kitas und Schulen. Bund, Länder und Kommunen seien gefordert, die bildungspolitischen Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Ein Fokus gelte der frühkindlichen Bildung. Startchancen müssten bereits vor der Einschulung sichergestellt werden. Kein Kind dürfe verloren gehen.

Die Abgeordneten fordern unter anderem mehr Planungssicherheit für Länder, Kommunen, Kindertageseinrichtungen und Schulen sowie eine Stärkung der Zusammenarbeit der Systeme Kita und Grundschule.

In enger Abstimmung mit den Ländern sollten einheitliche Standards zur Einführung einer frühen Diagnostik des Entwicklungsstands von drei- bis vierjährigen Kindern entwickelt werden. Auch sollten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um alle Kinder vor der Einschulung auf einen zusätzlichen Förderbedarf zu testen.

Zudem sollte ein verpflichtendes einjähriges vorschulisches Programm in Kita, Kindergarten oder Grundschule für alle Kinder mit Förderbedarf eingeführt werden. Dabei sollte neben schulischen Vorläuferfertigkeiten und Motorik auf eine Stärkung der Deutschkenntnisse gesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 179 vom 20.03.2024

Die CDU/CSU-Fraktion fordert die Bundesregierung beim Thema Kinderehen zum Handeln auf. Vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 1. Februar 2023 verlangen die Abgeordneten in einem Antrag (20/10725), dass die Bundesregierung „unverzüglich“ einen Gesetzentwurf vorlegt, um die Rechtslage dergestalt verfassungskonform anzupassen, „dass ein Verbot von Kinderehen auch nach dem 30. Juni 2024 erhalten bleibt und somit eine Entstehung von unzulässigen Doppelehen ausschließt“.

Die Vorlage steht am Donnerstag, 21. März 2024, erstmalig auf der Tagesordnung des Bundestages.

Mitte 2017 hatte der Bundestag das Gesetz „zur Bekämpfung von Kinderehen“ verabschiedet. Es sieht vor, dass im Ausland geschlossene Ehen nach deutschem Recht unwirksam sind, wenn der oder die Verlobte zum Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil laut Antrag gerügt, dass eine Regelung der Folgen unwirksamer Ehen fehle. „Es bedürfe jedoch einer Regelung der Folgen unwirksamer Ehen. Hierbei sollen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ’nacheheliche Ansprüche‘ für die sozio-ökonomisch schlechter gestellten Betroffenen geschaffen werden“, heißt es in dem Antrag weiter. Die Nachbesserung hatte das Bundesverfassungsgericht mit einer Frist zum 30. Juni 2024 versehen.

Die Unionsabgeordneten warnen, dass durch ein Versäumen der Frist die Gefahr bestehe, dass Frühehen dann nicht mehr verboten sind. Zudem könnte es zu „unzulässigen Doppelehen“ komme, da die für unwirksam erklärten Frühehen nunmehr wieder wirksamen wären. Für Betroffene, die in der Zwischenzeit bereits eine neue Ehe im Inland geschlossen haben, würde laut Union nun eine mit dem deutschen Recht unvereinbare doppelte Ehe vorliegen. „Handelt die Bundesregierung nicht sofort, läuft sie Gefahr, dass selbstbestimmt geschlossene Ehen aufgehoben werden und vormals unwirksame Kinderehen zulasten der Benachteiligten wieder aufleben“, heißt es weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 177 vom 20.03.2024

Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Entwurf (20/10722) eines Gesetzes zur rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vorgelegt. Die Unionsfraktion verweist darin auf die Besprechungen von Bund und Ländern vom 6. November 2023, bei denen Einigkeit darüber bestanden habe, Barauszahlungen an Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG weiter einzuschränken und damit den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen zu minimieren. Hierzu sollten bundesweit Leistungen durch die Ausgabe von Bezahlkarten gewährt werden können. Notwendigen gesetzlichen Anpassungsbedarf im AsylbLG wollte die Bundesregierung zeitnah auf den Weg bringen, schreibt die Fraktion und kritisiert, dass dies bis heute nicht geschehen ist.

Das AsylbLG soll nach dem Vorschlag der Abgeordneten so geändert werden, dass unabhängig von der Form der Unterbringung die Leistungserbringung auch in Form einer Bezahlkarte möglich sein soll. Angesichts des aktuellen Zustroms von Asylbewerbern, der die Kommunen überfordere, sei es angezeigt, Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Sachleistungen oder mittels Bezahlkarte zu erbringen. Werde hiervon nicht hinreichend Gebrauch gemacht, solle in Zukunft ein entsprechender Vorrang im AsylbLG festgeschrieben werden, „um Anreize für die ungesteuerte Asylmigration nachhaltig zu verringern“, schreibt die CDU/CSU-Fraktion.

Der Gesetzentwurf steht am Donnerstag, 21. März 2024, zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 171 vom 20.03.2024

Frühkindliche Bildung, Lösung des Fachkräftemangels an Kitas und Schulen und eine verbesserte Ganztagsbetreuung im Grundschulalter: Das sind drei der Maßnahmen, die sich in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/8399) mit dem Titel „Kinderzukunftsprogramm starten und mit zehn Maßnahmen zum Erfolg führen“ finden und die von den zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag geladenen Sachverständigen begrüßt wurden. Mehrfach gefordert wurde bei der Anhörung auch eine Beteiligung des Bundes an den Kitakosten, die Stärkung von Sprach-Kitas und eine Beachtung regionaler Unterschiede bei den zu treffenden Maßnahmen. Kritisiert wurde indes, dass die von der Union aufgeführten Maßnahmen unter einem Finanzierungsvorbehalt stünden.

Ziel der Bildungspolitik von Bund und Länder müsse es sein, „Ungleichheiten durch besser Bildungschancen zu reduzieren“, sagte Thorsten Alsleben von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Je früher damit angefangen werde, desto wirkungsvoller sei dies, sagte er. Schon vor der Schulzeit gelte es zu erkennen, wo die Kinder besondere Bedarfe hätten. Für diese müsse es Angebote aber auch Verpflichtungen geben, „wenn die Eltern nicht freiwillig mitmachen“.

Professor Yvonne Anders von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg machte deutlich, dass bereits im Alter von zwei Jahren nachweisbar sei, das Kinder aus Familien mit schwachem sozio-ökonomischen Status „deutlich geringere Kompetenzen aufweisen als Kinder aus anderen Familien“. Die soziale Schere gehe also schon in diesem Alter auf. In der Grundschule zeige sich dann, dass 25 Prozent der Schüler nicht die Mindeststandards erwerben – überwiegend Kinder aus „schwachen Familien“ oder Kinder „mit einer anderen Familiensprache als Deutsch“. Daher liege großes Potenzial in der frühen Bildung.

Für Familien sei ein zuverlässiges und qualitativ hochwertiges Bildungssystem „eines der wichtigsten Themen überhaupt“, sagte Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken. „Trotz der angespannten Haushaltslage darf hier keinesfalls gespart werden“, betonte er. Schließlich zeigten Studien, dass sich die Investitionen in die Bildung von Kindern und Jugendlichen wirtschaftlich auszahlten. Als besonders wichtig benannte Dantlgraber verstärkte Bemühungen zur Fachkräftegewinnung.

In Deutschland gebe es ein sehr gutes System der Kindertagesbetreuung, sagte Niels Espenhorst vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. „Das System ist aber unter Druck und kann sein Potenzial nicht ausschöpfen“, fügte er hinzu. Seiner Auffassung nach müsse es nicht darum gehen, alles neu zu machen. Vielmehr gehe es darum, das Vorhandene zu stärken. Espenhorst forderte eine relevante und dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes. Bevor bundespolitisch neue Perspektiven diskutiert werden, müsse erstmal geklärt sein „wie viel Geld im Topf ist“.

Die Kinder- und Jugendhilfe sei an vielen Stellen unterfinanziert, sagte Sophie Koch vom Volkssolidarität Bundesverband. „Das Tischtuch, an dem alle ziehen, wird von Jahr zu Jahr kleiner.“ Gerade in Ostdeutschland sei die Infrastruktur für Kinder und Familien zunehmend gefährdet – auch in städtischen Ballungsräumen. Grund sei der starke Geburtenrückgang. Arbeitsplätze in der Kindertagesbetreuung seien in Gefahr. Familien müssten längere Wege zur Kita in Kauf nehmen. Bund und Länder müssten hier gemeinsam Lösungswege entwickeln, sagte Koch.

Heiko Krause vom Bundesverband für Kindertagespflege ging auf den im Antrag enthaltenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ein. Ausdrücklich zu begrüßen sei, dass darin gefordert werde, dass auch Kindertagespflegepersonen in die Betreuung einbezogen werden können, sagte er. Das sei aktuell nicht der Fall.

Professor Nele McElvany von der Technischen Universität (TU) Dortmund nannte die Einführung einer bundesweit einheitlichen Diagnostik des Entwicklungsstands von Kindern „ein wesentliches Element“. Die daraus folgende verbindliche Förderung mit evidenzbasierten Maßnahmen in Abhängigkeit von den Ergebnissen sollte ebenso direkt mitgeregelt werden, wie die weitere systematische Diagnostik in Verbindung mit verbindlicher Förderung im Grundschulbereich, sagte sie.

Bei Doreen Siebernik von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stieß die Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Diagnostik auf Ablehnung. Das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung benötige keine additiven verpflichtenden Maßnahmen, um Kinder individuell zu fördern und zu begleiten. Ein diskriminierungsfreies Heranwachsen in einer Gesellschaft, die jedem Kind gleichwertige Lebensverhältnisse ermöglichen soll, „ist mit Diagnostikverfahren nicht vereinbar“, sagte sie.

Der Bund müsse sich auch weiterhin anteilig an den Kosten einer guten Qualität in der Kindertagesbetreuung beteiligen, forderte Maria-Theresia Münch vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge. Schließlich sei es der Bund, der für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen könne und müsse. Er sei auch – mit Blick auf die Einzahlung beispielsweise von Sozialversicherungsbeiträgen – der größte Nutznießer eines bedarfsgerechten und qualitätvollen Angebots.

Alexander Nöhring vom AWO Bundesverband kritisierte, dass in dem Antrag die Forderung nach einem „Kinderzukunftsprogramm“ von vornherein eingeschränkt werde durch den Zusatz, dies alles sei nur „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“ umzusetzen. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, für die dafür notwendigen Haushaltsmittel zu sorgen, sei es durch Maßnahmen der finanziellen Umverteilung oder durch Steuern, sagte er.

Burkhard Rodeck von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin bemängelte, dass die Gesundheitspolitik bei dem Themenfeld nicht mitgedacht werde. Er schlug den Bogen zum Cannabis-Gesetz. Dort sei im Referentenentwurf das „Mitrauchen“ des minderjährigen Kindes im Pkw der rauchenden Eltern verboten gewesen. Im verabschiedeten Gesetz stehe das aber nicht mehr. „Das ist die Haltung unserer Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Rodeck.

Es sei unstreitig, dass die Infrastruktur der Kindertagesbetreuung quantitativ und qualitativ verbessert werden müsse, sagte Regina Offer vom Deutschen Städtetag. Gleichzeitig müsse aber der regionale Blick sehr ernst genommen werden. „Es gibt sehr große regionale Unterschiede bei der Bedarfsentwicklung und der Notwendigkeit qualitativer Verbesserungen“, machte sie deutlich. Daher müssten Länder und Kommunen in die Planung einbezogen werden. Man könne nicht bundesweit eine Diskussion führen, „weil wir nicht bundesweit eine einheitliche Situation haben“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 164 vom 18.03.2024

Die Bundesregierung wird vorerst kein weiteres Investitionsprogramm für den Ausbau von Kitaplätzen aufsetzen. Das schreibt sie in einer Antwort (20/10572) auf eine Kleine Anfrage (20/10307) der CDU/CSU-Fraktion, in der diese nach der Vorhabenplanung des Bundesfamilienministeriums für die kommenden zwei Jahre gefragt hatte.

Die Regierung verweist zur Begründung einerseits auf die aktuelle Haushaltslage und zum anderen auf die grundsätzliche Verantwortung der Bundesländer, die für den Ausbau der Kinderbetreuung zuständig seien. Außerdem seien seit 2008 insgesamt fünf Investitionsprogramme „Kinderbetreuungsfinanzierung“ mit insgesamt mehr als 5,4 Milliarden Euro aufgelegt worden, aus denen mehr als 750.000 zusätzliche Plätze für Kinder bis zum Schuleintritt geschaffen worden seien. „Aktuell wird mit dem 5. Investitionsprogramm insgesamt eine Milliarde Euro für den bedarfsgerechten Ausbau von zusätzlichen 90.000 Betreuungsplätzen unter Berücksichtigung von Neubau-, Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen sowie notwendiger Ausstattungsinvestitionen bereitgestellt, die noch bis Ende Juni 2024 abgerufen werden können“, heißt es in der Antwort weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 147 vom 13.03.2024

Fast alle Jobcenter schreiben Dolmetscherdiensten eine hohe Bedeutung in der Kommunikation mit Geflüchteten zu. Gleichzeitig geben 85 Prozent der Jobcenter an, dass mindestens eine Fachkraft neben Deutsch noch eine oder mehrere Sprachen spricht, die auch Muttersprache von vielen Geflüchteten ist. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. 

Nahezu alle Jobcenter greifen bei der Beratung von Geflüchteten auf übersetzende Dritte zurück. Dies können Ehrenamtliche, Privatpersonen oder professionelle Dolmetscher*innen sein, die vor Ort oder telefonisch übersetzen. Dabei ist die Übersetzung durch Personen, die dies privat oder ehrenamtlich tun, wie etwa Verwandte oder Bekannte, nicht immer unproblematisch: „Auch wenn diese Variante oft einfach und naheliegend erscheint, können gerade die Übersetzung von komplexen rechtlichen und institutionellen Informationen oder die Thematisierung von sensiblen Aspekten wie Schulden oder psychischen Erkrankungen problematisch sein“, erklärt IAB-Forscherin Franziska Schreyer. Die Bundesagentur für Arbeit empfiehlt und fördert den Einsatz professioneller Dolmetscherdienste. Ein Drittel der Jobcenter hat aber nach eigenen Angaben keinen ausreichenden Zugang zu Dolmetschenden für wichtige Sprachen.

Knapp jedes fünfte befragte Jobcenter erachtet die Kommunikation mit Geflüchteten als eher oder sehr einfach. „Es fällt auf, dass dies häufig Jobcenter mit mindestens einem auf die Betreuung von Geflüchteten spezialisierten Team sind“, sagt IAB-Forscher Christopher Osiander. In der Beratung von Geflüchteten kommen auch sogenannte Brückensprachen wie Englisch, Französisch oder Türkisch zum Einsatz.

Die Studie basiert auf Daten aus dem IAB-Projekt „Jobcenter und psychische Gesundheit von Menschen mit Fluchterfahrung (PsyF)“. Hierfür wurden im ersten Quartal 2023 256 Jobcenter mit einem standardisierten Online-Survey befragt.

Die Studie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/kommunikation-mit-gefluechteten-wie-jobcenter-mit-sprachlicher-diversitaet-umgehen.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 13.03.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich des heutigen Internationalen Tages der Sozialen Arbeit mahnt die AWO eine Modernisierung der Strafprozessordnung an. Diese sieht bislang kein Zeugnisverweigerungsrecht für Fachkräfte der Sozialen Arbeit vor.

„Die Soziale Arbeit stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Sie braucht daher auch rechtliche Rahmenbedingungen, die dieser Aufgabe entsprechen. Hinsichtlich des Zeugnisverweigerungsrechts im Strafprozess muss die Soziale Arbeit anderen Berufsgruppen wie Ärzt*innen und Rechtsanwält*innen  gleichgestellt werden. Die Menschen, die sich an Sozialarbeiter*innen wenden, sollen sich auf Vertrauensschutz verlassen können“, erläutert Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt.

Wer als Zeug*in in einem Strafprozess geladen wird, muss vor Gericht erscheinen und aussagen. Bestimmten Berufsgruppen steht aber das Recht zu, im Strafprozess das Zeugnis zu verweigern. Zu Ihnen gehören unter anderem Geistliche, Ärzt*innen und Psychologische Psychotherapeut*innen. Aus den Berufsfeldern der Sozialen Arbeit gehören bislang lediglich die Mitarbeiter*innen von anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen und Berater*innen aus Suchtberatungsstellen dazu. Diese Berufsgruppen können im Strafprozess über das schweigen, was ihnen in ihrer beruflichen Funktion von Klient*innen anvertraut wurde. So wird ein Interessenskonflikt der Berufsgeheimnisträger*innen vermieden.

„Es ist an der Zeit, dass das Vertrauensverhältnis, das im professionellen sozialarbeiterischen Kontext grundlegend ist, eine entsprechende Berücksichtigung im Strafprozess findet“, so Sonnenholzner weiter. Auch Berater*innen aus dem Bereich Gewaltschutz, Sozialarbeiter*innen aus den Bereichen der Jugendarbeit, der Straßensozialarbeit usw. müsse ein Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt werden.

Der AWO Bundesverband hat sich als erster Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege für das ZVR für Fachkräfte der Sozialen Arbeit positioniert und ist dem Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht (www.zeugnis-verweigern.de) beigetreten. Das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht ruft zur Kundgebung vor dem Bundesjustizministerium am 19.03.2024 in Berlin auf. 

Weitere Informationen sowie ein vom AWO Bundesverband veröffentlichtes Rechtsgutachten: https://awo.org/fuer-ein-zeugnisverweigerungsrecht-der-sozialen-arbeit

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.03.2024

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) zeigt sich erleichtert über das Rentenpaket, das Bundessozialminister Hubertus Heil vorgelegt hat. Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß:

“Es ist gut und wichtig, dass die Bundesregierung das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert. Angesichts des demografischen Wandels und der großen Transformationen der nächsten Jahrzehnte sendet der Sozialminister ein Signal der Sicherheit, das dringend nötig war. Die Kosten der Stabilisierung werden jedoch künftige Generationen tragen. Ob das angekündigte “Generationenkapital” sich lohnen wird, bleibt aber fraglich: Im Idealfall kann der Rentenbeitrag damit um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden – ein großer Wurf wäre das nicht. Eine stärkere Reform wäre es, endlich eine solidarische Bürgerrente einzuführen, in die auch Beamt*innen, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. So könnten das umlagefinanzierte Rentensystem dauerhaft stabilisiert und positive Umverteilungseffekte erreicht werden.”

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 12.03.2024

Unter dem Motto Zusammen für Demokratie. Im Bund. Vor Ort. Für Alle. wurde am heutigen Donnerstag ein breites gesellschaftliches Bündnis zur Stärkung der Demokratie ins Leben gerufen. 

Die rund fünfzig teilnehmenden Organisationen, darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund, die beiden großen christlichen Kirchen, Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie Kultur- und Sportverbände werden sich durch konkrete Maßnahmen vor Ort für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Denn, so heißt es in dem veröffentlichten Statement: „Es geht uns alle an: Wir treten ein für die unteilbaren Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und eine klimagerechte Zukunft. Wir stehen für eine vielfältige, freie und offene Gesellschaft. Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie und alle, die hier leben, gegen die Angriffe der extremen Rechten.“

Ziel des Bündnisses sei es, das Engagement der Zivilgesellschaft zu unterstützen, zu verstetigen und durch konkrete Maßnahmenpakete zu unterstützen. So heißt es in dem veröffentlichten Maßnahmenplan: „Wir machen die Herausforderungen von Engagierten vor Ort zu unseren eigenen. Wir gehen mit ihnen ins Gespräch und orientieren uns an ihren Bedarfen. Wir unterstützen sie zielgenau, mit direkter und unbürokratischer Hilfe mittels eines Dreiklangs aus Paketen für Bildung, Kultur und Infrastruktur, die abgerufen werden können. Wir vernetzen uns mit ihnen und unterstützen bei der Vernetzung untereinander.“

Mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Deutschland und Europa drohe, dass die AfD und andere extrem rechte Parteien weiter gestärkt würden. „Noch können wir diese Entwicklung stoppen. Wir haben die Wahl.“, so der Trägerkreis.

Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds:
„Wir wollen zeigen: Unser Land ist wehrhaft gegen extreme Rechte und die Feinde der Demokratie. Unser Land hat so viel Potenzial – weil es so vielfältig ist. Aber es ist unsere Verantwortung, dass das so bleibt. Dafür brauchen wir Menschen vor Ort, die machen – und mitmachen. Deshalb stellt sich unser Bündnis langfristig, nachhaltig und mit dem Blick auf das praktische und das konkrete Handeln auf.“

Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD):
„Zusammen mit anderen wollen wir als Evangelische Kirche in Deutschland für die unverlierbare Würde eines jeden Menschen, für die Demokratie und unser Gemeinwesen einstehen. Wir können uns nicht neutral verhalten, wenn Menschen ausgegrenzt, verachtet, verfolgt oder bedroht werden.“

Matthias Keussen (Vorstand, Athletic Sonnenberg e.V., Vertreter für die Deutsche Sportjugend im DOSB):
„Sportvereine, Initiativen und lokale Akteur*innen, die sich für die Stärkung des demokratischen Zusammenlebens vor Ort einsetzen, brauchen Handlungssicherheit. Sie müssen vor Angriffen auf ihre Arbeit für eine bunte und offene Gesellschaft geschützt werden und benötigen unbürokratisch zugängliche Unterstützungsangebote. Besonders junge Menschen müssen vor Ort dazu befähigt werden, unter gefestigten und sicheren Rahmenbedingungen, für demokratische Werte einzustehen. Darum begrüße ich es sehr, dass das Bündnis von der Bundesebene aus gezielte Maßnahmen vor Ort unterstützen wird.“

Eter Hachmann, Vorsitzende Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland (DaMOst):
„Wir sind Teil des Bündnisses, weil wir eine kollektive und solidarische Antwort auf Rassismus und völkisch-nationalistischen Populismus geben möchten. Insbesondere migrantische Communities werden die Auswirkungen der Ergebnisse der bevorstehenden Wahlen im Osten spüren. Darum wollen wir gemeinsam für demokratische Werte und eine Gesellschaft der Vielfalt kämpfen.“

Alle weiteren Informationen finden Sie unter: www.zusammen-fuer-demokratie.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 21.03.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche kritisieren nachdrücklich, dass auch nach der Reform des Familienverfahrensgesetzes im Jahr 2021 die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen bundesweit noch immer nicht gerichtlicher Standard ist.

Eine aktuelle Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass zwar in vielen Bundesländern ein diesbezüglicher Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, aber lediglich in vier Bundesländern (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) in der Mehrzahl der Verfahren in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen Verfahrensbeistände vom Gericht bestellt werden. Gleichzeitig ist diese Quote in fünf Bundesländern aktuell sogar rückläufig. Die bundesweite Quote lag bei 45,6 Prozent.

 

„Alle Kinder brauchen in Justizverfahren eine professionelle Begleitperson, dies ist zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Regelfall erforderlich. In familiengerichtlichen Verfahren ist dies ein qualifizierter Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll, und nicht die der Eltern. Er soll unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. Leider wird in vielen Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionsverfahren kein Verfahrensbeistand bestellt. Die Quote für die Bestellung liegt derzeit in nur vier Bundesländern knapp über 50 Prozent, in vielen anderen teils deutlich darunter. Hier muss das Familienverfahrensgesetz besser umgesetzt werden und es zu einem Umdenken bei den Richterinnen und Richtern kommen. Die Bestellung von Verfahrensbeiständen muss zum Regelfall werden. Bisher besteht zudem keine generelle Begründungspflicht, wenn außerhalb der im Gesetz aufgeführten Fälle von einer Bestellung abgesehen wird. Es wird bei der Quote auch nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird. Auch das muss sich ändern. Zudem brauchen Kinder auch in

Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren Begleitung und Unterstützung. Bisher gibt es in diesem Bereich aber keine speziellen Regelungen zur kindgerechten Verfahrensgestaltung und keine Unterstützungspersonen“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche begrüßt ausdrücklich, dass eine Weiterbildung zum Verfahrensbeistand durch die Änderung des Familienverfahrensgesetzes endlich abgesichert ist und auch regelmäßige Fortbildungen nachzuweisen sind. Allerdings lässt das Gesetz viele Fragen offen und bleibt hinter den Erwartungen des Berufsverbandes zurück. Es bräuchte strengere Qualifikationsrichtlinien. Der Stundenumfang der Zertifikatweiterbildungen zum Verfahrensbeistand beginnt bei 10 Stunden

(online) und endet bei 300 Unterrichtseinheiten (überwiegend Präsenz). Auch bezüglich der Inhalte sowie bei der Vorbildung der Lehrenden gibt es große Unterschiede. Zudem wäre die Einführung bundeseinheitlicher Standards zur Weiterbildung zum Verfahrensbeistand wichtig. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Mitgliederbefragung des BVEB´s Defizite in der Rechtsanwendung. Nur

74 Prozent der Befragten mussten dem Gericht einen Nachweis über eine Fortbildung zum Verfahrensbeistand vorweisen. 62 Prozent der Mitglieder gaben an, dass sie bisher nicht aufgefordert worden seien, in regelmäßigen Abständen Fortbildungsnachweise zu erbringen. Letztlich erschwert die Aufgabe der Kindesinteressenvertretung auch der Umstand, dass seit nunmehr

15 Jahren keine Anpassung der Vergütungspauschale für Verfahrensbeistände erfolgte, und diese mit der Gesetzesänderung mehr Aufgaben übertragen bekommen haben. Viele Mitglieder ,wandern‘ deshalb momentan in andere Berufszweige ab“, sagt Katja Seck, Vorsitzende des Berufsverbandes der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche.

 

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche bemängeln zudem, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren vielerorts in Deutschland weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. So erfolgt die Bestellung von Verfahrensbeiständen ohne Beteiligung des Kindes und ohne transparente Kriterien, die belegen, dass der Verfahrensbeistand nach den Bedarfen des Kindes im konkreten Fall ausgewählt wurde. Das ist problematisch, da es keinerlei Möglichkeit für das Kind gibt, auf die Auswahl durch die Nennung bestimmter Kriterien, wie beispielsweise Sprache oder kulturelle Hintergründe, Einfluss zu nehmen und im Zweifel den Verfahrensbeistand zu wechseln oder abzulehnen. Dies birgt die Gefahr, dass der Verfahrensbeistand eher der Richterin oder dem Richter gefallen möchte, als die Rechte des Kindes wahrzunehmen. Problematisch ist aus Sicht der Verbände zudem, dass es keine Standards und keine Daten zur Qualifikation und Fortbildung der Verfahrensbeistände in Deutschland gibt. Die durch die Reform des Familienverfahrensgesetzes normierten Änderungen zu den fachlichen Anforderungen sind nicht ausreichend, um zu garantieren, dass nur noch qualifizierte Begleitpersonen für Kinder bestellt werden können.

 

Die kompletten Daten zur Bestellung von Verfahrensbeiständen in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen – berechnet auf Grundlage der letzten veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr

2022 – finden sich unter https://eur04.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.dkhw.de%2Fverfahrensbeistaende&data=05%7C02%7Cj.oers%40awo.org%7C4165938248274f509eb108dc498eeef3%7Cf026a523d5334b919b617289d1a292c3%7C0%7C0%7C638466126286106670%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C60000%7C%7C%7C&sdata=hx2wf4fMulk%2F4pboZmVxcAd8%2Bzp1kOh2w%2BPZmNJc6oM%3D&reserved=0.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.03.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt die Bundesregierung dringend an, die nach Medienberichten eindeutige Kritik des Europarates an den unzureichenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland ernst zu nehmen. Das gilt auch für die Kritik an der mangelnden Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation ist es wichtig, das durch die UN-Kinderrechtskonvention garantierte Recht auf soziale Sicherheit endlich für alle Kinder in Deutschland zu gewährleisten. Es ist die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr Aufwachsen notwenigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen, insbesondere wenn ihre Familien nicht dazu in der Lage sind. Deshalb muss die geplante Kindergrundsicherung zu einer echten Sozialreform zum Wohle der Kinder werden. Zudem sollten in Deutschland endlich die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Diese sind ein unverzichtbarer Baustein, um die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zu stärken, und damit einhergehend kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle jungen Menschen zu schaffen.

 

„Wir brauchen einen Paradigmenwechsel bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und im Ergebnis eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient. Ziel muss es sein, dass von Armut betroffene Familien mit wenigen bürokratischen Hürden Hilfen aus einer Hand erhalten und eine klare Anlaufstelle haben. Zudem muss die Kindergrundsicherung in ihrer Höhe Teilhabe für alle Kinder ermöglichen. Mit einer reinen Zusammenfassung der bisherigen Unterstützungsleistungen kommen wir bei der Bekämpfung der Kinderarmut nicht den entscheidenden Schritt voran“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Auch bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und speziell bei der verfassungsrechtlichen Normierung der Kinderrechte muss es endlich Bewegung geben. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich im Grundgesetz verankert werden. Es ist höchste Zeit für eine rechtliche Normierung, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Dafür braucht es im Grundgesetz einen eigenen Passus für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Die Bundesregierung ist hier zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht“, sagt Holger Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 19.03.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt bei der Diskussion über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Anpassung der Mindeststrafen bei der Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder eine sehr sorgfältige Debatte an. „Die im Jahre 2021 beschlossenen Strafverschärfungen haben sich bei der Frage des Mindeststrafmaßes als nicht praktikabel genug und nicht ausreichend differenziert erwiesen. Trotzdem sollte jetzt keine komplette Rolle rückwärts erfolgen, sondern es braucht eine kluge Regelung, um unterschiedliche Situationen tat- und schuldangemessen zu erfassen. Die Verbreitung von Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch muss weiterhin ausnahmslos bestraft werden. Gleichzeitig darf das alterstypische und einvernehmliche Teilen von Darstellungen unter Jugendlichen nicht kriminalisiert werden. Weiterhin sind Differenzierungen nötig, damit Handlungen zum Schutz der Betroffenen, wie die Speicherung zur Beweissicherung und Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden durch Eltern oder Lehrkräfte, straffrei möglich ist“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Bei der Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche braucht es kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Gleichzeitig darf aber auch hier nicht übers Ziel hinausgeschossen werden. So müssen Jugendliche ihrem Alter angemessen die Möglichkeit bekommen sich selbst, auch in ihrer Sexualität, einvernehmlich auszudrücken und dürfen dafür nicht ins Fadenkreuz der Justiz geraten. Ein klarer Rechtsrahmen für einvernehmliches Sexting unter Jugendlichen ist notwendig“, so Lütkes weiter.

 

„Die Verbreitung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs muss effektiv bekämpft werden. Hier ist ein Markt entstanden, der unnachgiebig ausgetrocknet werden muss. Hierfür müssen alle erforderlichen Ressourcen für Prävention und Strafverfolgung eingesetzt werden. Die zu erwartende Strafe müssen eine generalpräventive Wirkung entfalten, um potenzielle Täterinnen und Täter von der Begehung einer Tat abzuhalten. Der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt muss steigen, die personellen Ressourcen bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes sollten massiv aufgestockt werden. Alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen genutzt werden, dazu gehört auch das Ausschöpfen des zur Verfügung stehenden Strafmaßes in schweren Fällen“, sagt Anne Lütkes.

 

„Bei allen Handlungen der Strafverfolgungsbehörden müssen zudem die kinderrechtlichen Anforderungen zum Schutz der Kinder umfassend umgesetzt werden, hierzu gehört auch die frühzeitige Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung. Ein weiterer wichtiger Baustein in diesem Bereich ist die Prävention. Auch dafür brauchen wir eine finanziell abgesicherte, funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Vorschläge zur Ausgestaltung einer differenzierten Lösung für eine tat- und schuldangemessene Reaktion im Einzelfall, muss zudem sichergestellt werden, dass die Gesetzesänderungen den Normzweck umfassend erfüllen. Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert deshalb eine Evaluierung der Gesetzesänderungen zu verankern, um aussagekräftige Informationen über die Anwendung und Wirkung des Gesetzes zu erhalten“, so Lütkes abschließend.

Die vollständige Stellungnahme kann unter http://www.dkhw.de/stellungnahme heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 14.03.2024

Statt satt gehen in Deutschland sehr viele Kinder abends hungrig ins Bett. Für Hunderttausende gehört es zum Alltag, sich nicht ausreichend ernähren zu können. Zum Tag der gesunden Ernährung am 07. März startet das Deutsche Kinderhilfswerk deshalb eine Social-Media-Initiative, um auf das Thema verstärkt aufmerksam zu machen.

„Es ist erschreckend, dass sich in einem reichen Land wie Deutschland viele Kinder und Jugendliche in Deutschland nicht ausreichend und ausgewogen ernähren können. Durch falsche oder mangelnde Ernährung drohen lebenslange physische, soziale und psychische Folgeschäden. Dagegen wollen wir auch mit dieser Social-Media-Initiative etwas tun! Wir freuen uns sehr, dass wir so viele Unterstützerinnen und Unterstützer für dieses wichtige Thema gewinnen konnten. Wir hoffen, dass wir die Menschen noch mehr als bisher auf die Kinderarmut in Deutschland aufmerksam machen können und sie im besten Fall zum Spenden motivieren. Gemeinsam können wir etwas gegen den Hunger bewirken“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Social-Media-Initiative startet am Tag der gesunden Ernährung

Mit der Social-Media-Initiative #stattsatt sollen Aufmerksamkeit und Spenden für die bundesweiten Hilfsangebote des Deutschen Kinderhilfswerkes, insbesondere im Ernährungsbereich, generiert werden. Außerdem soll sich die Initiative als Challenge über soziale Medien verbreiten. Im Zentrum steht ein Video, das das beliebte Format von Kochvideos auf Social Media aufgreift, jedoch mit einer unerwarteten Wendung überrascht: www.dkhw.de/stattsatt.

So werden die Zuschauenden in ihrem Alltag angesprochen und zum Nachdenken angeregt, im besten Fall zum Spenden motiviert. Die Initiative kann damit nachhaltig etwas bewirken.

Enie van de Meiklokjes und weitere Prominente unterstützen die Kampagne

Als Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes unterstützt Enie van de Meiklokjes die Aktion: „Als Botschafterin für das Deutsche Kinderhilfswerk freue ich mich, dass ich heute – zum Tag der gesunden Ernährung – den Start dieser bundesweiten Social-Media-Initiative des Deutschen Kinderhilfswerks unterstützen kann. Eine gesunde Ernährung ist ein wichtiger Grundstein für ein gesundes Leben. Deshalb bin ich sehr gerne Teil dieser Initiative.“ Weitere Prominente wie Tim Raue, Cornelia Poletto, Jan Hartwig, Regina Halmich, Christiane Stenger und Ingo Dubinski oder die Food-Influencer*innen anna.antonje, emmikochteinfach, eatwithsarah, marliesjohanna, nadine_sobotzik und schmaleschulter unterstützen das Projekt.

Für die Initiative konnten zusätzlich Partner aus Wirtschaft und Medien gewonnen werden: So bietet PayPal im Aktionszeitraum die Möglichkeit, am Ende des Bezahlvorgangs Geld an das Deutsche Kinderhilfswerk zu spenden.

Hilfen für Kinder in Armut durch das Deutsche Kinderhilfswerk

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf. Hier hilft das Deutsche Kinderhilfswerk mit seinen Förderfonds. So wurde bisher über den Kindernothilfefonds des Deutschen Kinderhilfswerkes mit Einzelfallhilfen in Not geratenen Familien mit mehr als vier Millionen Euro geholfen.

Hunger und schlechte Ernährung können lebenslange Folgen haben, von eingeschränkter körperlicher Entwicklung bis hin zu verminderten Lernleistungen in Schule und Beruf. Gerade von Armut betroffene Kinder ernähren sich häufig unzureichend und ungesund. Das prägt ein Leben lang.

Der Ernährungsfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes bietet eine Lösung: Schulen, Vereine und andere Einrichtungen werden bei Kochkursen finanziell gefördert. So lernen die Kinder gut und ausgewogen zu kochen und das Wichtigste: Sie bekommen etwas zu essen. Durch Spenden an den Ernährungsfonds kann dem Hunger also aktiv entgegengewirkt werden.

Weitere Informationen:

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 07.03.2024

Breites ökosoziales Bündnis fordert sofortige Einführung des Klimagelds und startet beispielhaft mit der Auszahlung an 1.000 Personen.

139 Euro Klimageld an 1.000 Personen zahlt der Verein Sanktionsfrei gemeinsam mit einem breiten ökosozialen Bündnis aus. Laut Berechnungen stünde diese Summe jeder Person in Deutschland als Ausgleich für die CO₂-Bepreisung der vergangenen Jahre zu. Für eine vierköpfige Familie wären das 556 Euro – eine spürbare finanzielle Entlastung. Mit steigendem CO₂-Preis wächst dieser Betrag jedes Jahr entsprechend und könnte einen notwendigen sozialen Ausgleich schaffen. Deswegen macht das Bündnis aus Sanktionsfrei, dem Paritätischen Gesamtverband, Fridays for Future, Campact, 9 € Fonds, Robin Wood, BUND, Attac, Klima-Allianz, Mein Grundeinkommen, Fondament und anderen Organisationen nun Druck. Das Bündnis fordert die Bundesregierung auf, die CO₂-Einnahmen in Form eines Klimageldes an die Menschen zurückzuzahlen.

Das Geld dafür ist bereits vorhanden: Einen zweistelligen Milliardenbetrag nimmt der Staat durch den CO₂-Preis jährlich ein. Zwar gilt der CO₂-Preis bisher nur für Unternehmen, indirekt wird er jedoch überwiegend von der Bevölkerung bezahlt, da er an die Verbraucher*innen weitergegeben wird. Die Einnahmen sollen laut Vereinbarung im Koalitionsvertrag als Klimageld an die Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt werden, um gestiegene Kosten von Privathaushalten zu kompensieren. Vor allem Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen würden davon profitieren. Tatsächlich gibt die Bundesregierung das Geld stattdessen aber zu großen Teilen für die Wirtschaft aus. Zum Beispiel für eine Chip-Fabrik des Konzerns Intel bei Magdeburg. „Das Klimageld ist längst da! Nur gehen die staatlichen CO₂-Einnahmen zum Beispiel an die Industrie statt an Menschen, die mit den gestiegenen Preisen zu kämpfen haben“, erklärte Sanktionsfrei-Gründerin Helena Steinhaus auf einer Pressekonferenz. „Wer wenig verdient oder Bürgergeld bezieht, lebt schon heute konform mit dem 1,5 Grad Ziel von Paris. Diese Menschen verursachen die wenigsten Emissionen, aber tragen die höchste Last der Transformation. Das ist in jeder Hinsicht ungerecht. Diese Menschen müssen wir entlasten.“

Zu Jahresbeginn ist der CO₂-Preis von 30 auf 45 Euro pro Tonne gestiegen, nächstes Jahr steigt er weiter auf 55 Euro. „Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen grundsätzlich deutlich stärker durch den CO₂-Preis belastet werden als Wohlhabende. Das Klimageld setzt hier gezielt an und kann für eine proportional stärkere Entlastung von niedrigen Einkommen sorgen,“ betont Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), den sozialen Effekt des Kilmagelds auf der gemeinsamen Pressekonferenz. „Dieser Ausgleich wird mit einem steigenden CO₂-Preis immer wichtiger.“

Doch Finanzminister Lindner (FDP) hat trotz allem bereits angekündigt, dass in dieser Legislaturperiode kein Klimageld mehr eingeführt werden soll. „Die Klimawende ist kein Luxusprojekt. Sie gelingt nur, wenn sie sozial gerecht gestaltet wird”, protestiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die Bundesregierung müsse endlich eine soziale Perspektive in ihrer Klimapolitik schaffen, damit die gesellschaftlichen Spannungen nicht weiter zunehmen. “Deswegen braucht es das Klimageld jetzt sofort!“

Diese Forderung setzt das Bündnis beispielhaft um. Einmalig 139 Euro werden an 1.000 Menschen verteilt, die Bürgergeld, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. Informationen, ob und wie man das Geld bekommt und wie sich der Druck auf die Politik erhöhen lässt, gibt es auf: www.sanktionsfrei.de/klimageld.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 21.03.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 17. April 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Online

Angesichts sich wandelnder Anforderungen an schulisches Lernen und Lehren ist die Lehrkräftebildung in den Fokus der (fach-)öffentlichen Debatte gerückt. Wachsende Ansprüche an die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen beziehen sich u.a. auf den pädagogisch reflektierten Einsatz digitaler Technologien, die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität und die erfolgreiche Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen. Gefordert sind darüber hinaus aber auch neue und zeitgemäße Ansätze mit Blick auf bestehende Herausforderung wie die Reduzierung von Bildungsbenachteiligung, den Umgang mit Heterogenität und Inklusion und die Stärkung von Demokratieerziehung.

Um diesen Anforderungen in einem zunehmend komplexen Umfeld pädagogisch sinnvoll begegnen zu können, müssen Lehrkräfte in der ersten und zweiten Phase ihrer Ausbildung ausreichend qualifiziert werden und durch fortführende Angebote kontinuierlich weiter- und fortgebildet werden. Angesichts des gravierenden Lehrkräftemangel wird es auf absehbare Zeit darüber hinaus auch zusätzlicher Wege ins Lehramt bedürfen, die mit Blick auf Professionalisierung und Qualifizierung weiter ausgestaltet werden müssen.

Auf dem Prüfstand stehen vor diesem Hintergrund sowohl die Struktur als auch zentrale Inhalte der Lehrkräftebildung. In welchem Verhältnis sollten Theorie und Praxis in den ersten Phasen der Lehrkräfteausbildung stehen? Benötigen angehende Lehrpersonen mehr und frühere Praxiserfahrungen? Wie kann eine Ausbildung aus einem Guss gestaltet werden und wie kann der phasenübergreifende Kompetenzaufbau gelingen? Welche alternativen Wege ins Lehramt erscheinen sinnvoll und wie sollten Seiten- und Quereinsteiger_innen qualifiziert werden? Und nicht zuletzt: Wie sollten Angebote der Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte weiterentwickelt werden?

Wir laden Sie herzlich ein, sich an der Diskussion via Zoom mit Vertreter_innen aus Bildungspolitik, Wissenschaft und Schulpraxis zu beteiligen.

Das komplette Programm finden Sie hier: Programm

Anmelden können Sie sich noch bis zum 16. April hier: Anmeldung

Den Einwahllink zur Veranstaltung erhalten Sie am Vormittag des 17. April.

Termin: 24. April 2024

Veranstalter: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Ort: Online

Nach der Verständigung von Bund und Ländern auf das Startchancen-Programm (Startchancen-Programm – BMBF) gilt es nun, den Programmstart zum nächsten Schuljahr bestmöglich vorzubereiten. Hierbei möchten wir die Kräfte bündeln, Bewährtes in den Transfer bringen und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen, Ebenen und Professionen befördern. Gemeinsam wollen wir die Weichen für einen erfolgreichen Programmstart und eine wirkungsvolle Programmumsetzung stellen.

Ich freue mich, Ihnen in einer Informationsveranstaltung zum Startchancen-Programm gemeinsam mit Ulrich Wehrhöfer, Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, und Katja Zimmermann, Ministerium für Bildung in Rheinland-Pfalz, einen Überblick über den aktuellen Stand der Vorbereitungen zu geben.

Bund und Länder sind überzeugt, dass die Zivilgesellschaft einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Startchancen-Programms leisten kann und laden Sie daher ein, sich mit Ihrer Expertise und Erfahrung einzubringen.

Die Veranstaltung wird im Online-Format stattfinden. Gegen Ende dieses Jahres möchten wir die Zivilgesellschaft erneut einladen; dann in Präsenz und mit einem stärkeren Fokus auf Austausch und Vernetzung.

Um die Vernetzung bereits im Vorfeld zu befördern, wird Ihnen in Kürze die offizielle Einladung zugehen, in der Sie neben der Agenda und den Details zur Anmeldung für den 24. April 2024 auch einen Registrierungslink finden. Über diesen Link haben Sie die Möglichkeit, der Aufnahme Ihrer Kontaktdaten in eine Verteilerliste zuzustimmen, die dem Teilnehmerkreis im Nachgang zur Informationsveranstaltung zur Verfügung gestellt wird. Außerdem können Sie uns auf diesem Weg im Vorfeld der Veranstaltung auf Aspekte hinweisen, die Sie in besonderer Weise interessieren. Wir werden uns bemühen, in unseren Beiträgen hierauf einzugehen.

Bei Rückfragen senden Sie bitte eine E-Mail an startchancen-progamm@bmbf.bund.de.

Termin: 24. April 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In der Veranstaltung werden unterschiedliche Erscheinungsformen von rassistischem Handeln und mögliche Gegenstrategien vorgestellt. Damit wird ein umfassender Blick auf die subtilen und offensichtlichen Weisen geworfen, wie rassistische Muster und Verhaltensweisen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen verankert sein können. Vielfach handelt es sich dabei um eine unbeabsichtigte Form der Diskriminierung, die von Personen, die nicht von Rassismus betroffen sind, nicht als problematisch wahrgenommen werden.

Mit Dr. Seyran Bostancı, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Demokratieförderung und demokratische Praxis im Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) e.V.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 06. Mai 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Es sind herausfordernde Zeiten – auch im Bildungssystem. Ein Lösungsvorschlag im politischen Raum für das Versagen der schulischen Bildung ist ausgerechnet die Einführung einer Vorschule. Aus einem frühpädagogischen Bildungsverständnis heraus irritiert diese Idee: Denn so werden die (als ungenügend attestierten) schulischen Lehr-, Lern- und Trainingsmethoden den Kindern noch früher zugemutet.

In der Veranstaltung wollen wir den Fragen nachgehen, warum sich manche durch die schulischen Lern- und Trainingsmethoden so beeindrucken lassen, wie pädagogische Fachkräfte darin unterstützt werden können, die komplexen und intensiven Bildungsprozesse von Kindern zu begleiten und zu erweitern und welche Ziele wir eigentlich für Kinder haben, die heute in unserer Welt aufwachsen.

Mit Katrin Macha, Direktorin ista – Institut für den Situationsansatz

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 30. Mai 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Bundesverband der Volkssolidarität statt.

Die Zahl der neugeborenen Kinder sinkt in den östlichen Bundesländern deutlich mit spürbaren und absehbaren Folgen für die Kindertagesbetreuung. Welche Risiken bedeutet das für die familiäre Infrastruktur in vielen Regionen? Und welche Chancen ergeben sich daraus auch für die pädagogische Qualität im Arbeitsfeld? Dieser Frage wollen wir gemeinsam im Austausch mit Akteuer*innen aus der Praxis der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe nachgehen und notwendige Handlungsanforderungen für Bund, Länder und Kommunen formulieren.

Mit Antje Springer, Jugendamtsleitung Saalekreis, Sven Krell, Geschäftsführer Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen
Moderation: Dr. Sophie Koch (Volksolidarität Bundesverband) & Niels Espenhorst (Paritätischer Gesamtverband)

Hier geht es zur Anmeldung.

WEITERE INFORMATIONEN

Die von der Bundesregierung beschlossene Kindergrundsicherung hat trotz erheblicher Schwächen deutliche positive Effekte sowohl für benachteiligte Kinder und ihre Familien als auch für Gesellschaft und Wirtschaft insgesamt. Das zeigt eine neue Studie der Wirtschaftswissenschaftler Prof Dr. Tom Krebs und Prof. Dr. Martin Scheffel, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird.* Wenn rund 1,5 Millionen Kinder mehr als bisher ihnen zustehende Leistungen auch wirklich erhalten und sich die finanzielle Lage ihrer Familien verbessert, sinkt die Kinderarmut nach Einführung der Kindergrundsicherung relativ rasch um knapp zwei Prozentpunkte. Das entspricht rund 282.000 Kindern, die nicht mehr unterhalb der Grenze der Armutsgefährdung (Haushaltseinkommen von höchstens 60 Prozent vom mittleren Nettoeinkommen in Deutschland) leben müssen. Noch bedeutsamer sind langfristige Effekte, die die Forscher aus gut gesicherten Erkenntnissen der Bildungsforschung ableiten: Ein erheblicher Teil der Kinder aus Familien, die durch die Grundsicherung finanziell bessergestellt werden, erreicht später höhere Bildungsabschlüsse. Im Jahr 2050, auf das die Ökonomen ihre Modellberechnungen beziehen, wäre die Zahl der Personen in Deutschland, die ein mittleres bis höheres statt einem niedrigen Bildungsniveau haben, dadurch um 840.000 höher als in einem Szenario ohne Grundsicherung. Nach Abschluss der Ausbildung können viele dieser Personen höher qualifiziert, besser bezahlt und besser abgesichert arbeiten. Das verbessert die Situation der direkt betroffenen heutigen Kinder spürbar: Die so genannte „Chancenlücke“, die benachteiligte Kinder mit Blick auf ihr zu erwartendes Lebenseinkommen haben, wird durch die langfristige Wirkung der Kindergrundsicherung bis 2050 um 6,8 Prozentpunkte reduziert. Das entspricht einem Rückgang der Chancenungleichheit um gut 15 Prozent (Details unten).

Auch Gesellschaft und Wirtschaft insgesamt profitieren. So steigt die Beschäftigung spürbar: 2050 liegt das gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsvolumen, umgerechnet auf Vollzeitstellen („Vollzeitäquivalente“), um rund 155.000 Stellen höher als ohne Einführung einer Kindergrundsicherung. Die gesamtwirtschaftliche Produktion wächst ebenfalls stärker: 2050 ist sie als Folge der Grundsicherung um 11,3 Milliarden Euro höher als in einem Szenario ohne deren Einführung. Die Zahl der Erwerbspersonen, die unter der Armutsgefährdungsgrenze leben müssen, liegt 2050 um gut 841.000 niedriger als in einem Szenario ohne Kindergrundsicherung, was einer Reduzierung der Armutsquote für Erwerbspersonen um gut 1,8 Prozentpunkte entspricht (siehe auch die Tabelle in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Die Zahl der armutsgefährdeten Kinder ist 2050 mit Kindergrundsicherung um 440.000 niedriger als ohne, was einem Rückgang bei der Kinder-Armutsquote um knapp drei Prozentpunkte entspricht.

Durch diese positiven Effekte wächst auch das Aufkommen an Steuern und Sozialabgaben stärker als ohne die Reform. Daher übersteigen ab 18 Jahren nach Einführung die zusätzlichen Einnahmen der öffentlichen Hand die jährlichen Ausgaben für die Kindergrundsicherung. „Die Kindergrundsicherung ist nicht nur ein effektives Instrument zur Bekämpfung von Kinderarmut, sondern auch gut für die Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen“, lautet das Fazit der Forscher.

Tom Krebs, Professor für Makroökonomie an der Universität Mannheim, und Martin Scheffel, VWL-Professor an der Hochschule für Finanzwirtschaft und Management in Bonn, nutzen ein makroökonomisches Modell, mit dem sie die gesamtwirtschaftlichen langfristigen Auswirkungen einer Kindergrundsicherung kalkulieren können. Dabei legen sie den Schwerpunkt bei den langfristigen Bildungseffekten, denn aus der Forschung ist gut belegt, dass im Durchschnitt mit größeren finanziellen Möglichkeiten eines Haushalts auch die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Kinder höhere Bildungsabschlüsse erwerben. Dieser Zusammenhang lässt sich auf Basis der bildungsökonomischen Forschung zu „Bildungsrenditen“ und des repräsentativen sozio-ökonomischen Panels (SOEP) für Deutschland abschätzen. Für ihre Kalkulationen setzen Krebs und Scheffel konservativ einen Wert an, der „am unteren Ende“ der dabei möglichen Spannweite liegt. Für die Berechnung der Effekte wählen die Wissenschaftler das Jahr 2050, weil sich dann auch für heute sehr junge Kinder prognostizieren lässt, wie ihre Arbeitsmarktsituation nach Abschluss der Ausbildung aussehen wird.

Bei der Modellierung der zukünftigen Wirkungen beziehen die Forscher auch den – insgesamt kleinen – Effekt ein, dass einige der heutigen Eltern ihre schlecht bezahlte Erwerbsarbeit reduzieren, wenn die Familie durch die Kindergrundsicherung etwas mehr Geld zur Verfügung hat. Die kurzfristige Steigerung des privaten Konsums in Deutschland durch erhöhte Haushaltseinkommen beziehen sie hingegen nicht ein. „In diesem Sinne bietet die Studie eine vorsichtige Abschätzung (untere Grenze) der positiven Effekte der Kindergrundsicherung“, schreiben Krebs und Scheffel daher.

Die Wissenschaftler gehen in ihrer Modellrechnung von den aktuell im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltenen finanziellen Größen für die Kindergrundsicherung aus: Für jedes Kind wird ein Garantiebetrag von 250 Euro im Monat gezahlt. Für Kinder aus einkommensschwachen Familien gibt es darüber hinaus einen Zusatzbetrag von maximal 247 bis 361 Euro monatlich, je nach Alter.

Konzept der Regierung „eher eine Verwaltungsreform als eine echte Kindergrundsicherung“

Dieser Zusatzbeitrag wurde im vergangenen Herbst in einer Bundestagsanhörung von verschiedenen Expert*innen als nicht „armutsfest“, da zu niedrig kritisiert. Auch Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, konstatiert in ihrer Stellungnahme neben einigen Fortschritten erhebliche Defizite: „Es ist begrüßenswert, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein Schritt in die Richtung einer Kindergrundsicherung gegangen wird, in der viele Leistungen für Kinder und Jugendliche in einem Instrument zusammengeführt werden. Die aktuell genannten Vorhaben entsprechen aber eher einer Verwaltungsreform als einer echten Kindergrundsicherung.“

Dass selbst diese „Rumpfversion“ einer Grundsicherung in Krebs´ und Scheffels Modellrechnungen deutlich positive Effekte erzeugt, hat denn auch in erster Linie mit der prognostizierten Wirkung der Verwaltungsvereinfachung zu tun. Im aktuellen System scheitern viele Eltern daran, etwa den Kinderzuschlag zu beantragen als einkommensabhängige Leistung für Familien, die zwar ein niedriges Einkommen haben, aber kein Bürgergeld bekommen. Nach Schätzungen der Bundesregierung gibt es derzeit rund 2,3 Millionen Kindern, bei denen die Eltern Anspruch auf Kinderzuschlag haben. Aber Ende 2022 wurde nur für 800.000 von ihnen die Leistung auch wirklich bezahlt. Diese Zahl stieg bis Herbst 2023 um rund 200.000. Oft, weil die öffentliche Debatte um die Kindergrundsicherung Eltern mit Anspruch auf den Zuschlag dafür sensibilisierte, dass sie diesen aktiv beantragen müssen, schätzen die Forscher, die darin gewissermaßen eine positive Vorabwirkung der Reform sehen.  

Durch die mit der Einführung der Grundsicherung avisierte Vereinfachung, durch die Digitalisierung des Antragsverfahrens und vor allem durch den „Kindergrundsicherungs-Check“, bei dem der zuständige Familienservice automatisch prüft, ob eine Familie Anspruch auf den Zusatzbeitrag der Kindergrundsicherung hat, werde sich das weiter fundamental verbessern, erwarten Krebs und Scheffel: Wenn so „aus der Holschuld der Bürger*innen eine Bringschuld des Staates“ werde, könnten fast alle Kinder das ihnen zustehende Geld bekommen – und daraus die berechneten individuellen und gesamtwirtschaftlichen Verbesserungen bei Bildung, Beschäftigung, Wirtschaftsleistung und Armutsbetroffenheit entstehen.

WSI-Direktorin Kohlrausch attestiert der Kindergrundsicherung ebenfalls ein großes Potenzial, die bislang enorme Lücke beim Abruf der Leistungen für Kinder zu schließen. „Wichtig ist, dass die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes die Zugänge berechtigter Familien tatsächlich erleichtert und alle Familien tatsächlich das erhalten, was ihnen rechtlich zusteht. Die Kindergrundsicherung ist eine große Chance und die Studie zeigt, dass nicht nur die jeweiligen Empfänger*innen, sondern die Gesellschaft als Ganzes von angemessenen Sozialleistungen profitiert. Sie sind eine gute Investition in die Zukunft.“                    

Das betonen auch die Studienautoren Krebs und Scheffel: „Konkret trägt die Reform dazu bei, die Armut zu senken und die Chancengleichheit zu erhöhen“, schreiben die Wissenschaftler im Fazit ihrer Untersuchung. Dabei heben sie auch die prognostizierte langfristige Reduzierung der „Chancenlücke“ hervor, die sie beziffern, indem sie das durchschnittliche Lebenseinkommen eines Kindes mit geringqualifizierten Eltern mit dem vergleichen, das ein Kind aus einer durchschnittlich qualifizierten Familie erzielen kann. Ohne Kindergrundsicherung ist eine Lücke von gut 44 Prozent zu erwarten, mit Kindergrundsicherung von gut 37 Prozent – ein Rückgang um knapp 7 Prozentpunkte oder gut 15 Prozent.

„Neben diesen positiven Verteilungseffekten zahlt sich diese Reform in der langen Frist auch fiskalisch aus“, konstatieren die Wissenschaftler angesichts eines prognostizierten „fiskalischen Break Even“ 18 Jahre nach Einführung der Grundsicherung. Und das, obwohl sie für das aktuell vorliegende Konzept der Kindergrundsicherung mit etwas höheren Ausgaben rechnen als die Bundesregierung: 2,75 Milliarden Euro im Jahr, wovon 500 Millionen auf die Verwaltung entfallen.

*Tom Krebs, Martin Scheffel, WSI Study Nr. 36, März 2024

Auswirkungen der Kindergrundsicherung auf Armut, Beschäftigung und Wachstum.

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Die Pressemitteilung mit Tabelle

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 03/2024

AUS DEM ZFF

Zum morgigen Equal Care Day fordert das Zukunftsforum Familie (ZFF) die Bundesregierung auf, geplante Rahmenbedingungen, die Familien eine fairere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit erleichtern, endlich umzusetzen.

In Deutschland übernehmen Frauen immer noch deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Vor allem Mütter sind stark belastet – nach einer Erhebung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung nimmt dies sogar wieder zu, nachdem es in den Corona-Jahren einen positiven Trend zur stärkeren Beteiligung von Vätern gab.

ZFF-Vorsitzende Britta Altenkamp kommentiert: „Obwohl Männer immer wieder angeben, dass sie sich mehr um die Familie kümmern und Verantwortung tragen möchten, geht der Trend von Vätern, die familiale Sorgearbeit übernehmen, zurück. Um diese Tendenz der Retraditionalisierung zu stoppen, brauchen wir dringend bessere Rahmenbedingungen, die es beiden Eltern ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und eine faire Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu organisieren. Damit sich Familien ohne Zeitnot und Überlastung umeinander kümmern können, ist aber eine entsprechende finanzielle Absicherung notwendig. Die Bundesregierung macht an dieser Stelle viel zu wenig und bleibt weit hinter ihren Versprechen im Koalitionsvertrag zurück. Insbesondere die zweiwöchige Freistellung für zweite Elternteile nach der Geburt – zu der es seit über einem Jahre bereits einen Referent*innenentwurf gibt – muss schnellstens auf den Weg gebracht werden. Sie ist leicht umzusetzen und ermöglicht dem zweiten Elternteil, in den ersten Lebenswochen für ihr Kind, aber auch die Gebärende da zu sein. Auch der versprochene Ausbau der nicht übertragbaren Elterngeldmonate wäre ein wichtiger nächster Schritt hin zu mehr Partnerschaftlichkeit und Gleichberechtigung bei der Kinderbetreuung.“

Außerdem fordert Britta Altenkamp: „Auch für Pflege brauchen Angehörige mehr Unterstützung. Zuletzt zeigte eine Studie des DIW Berlin, dass unser Pflegesystem ohne die unbezahlte Pflegearbeit von Frauen zusammenbrechen würde. Sich darauf zu verlassen, dass diese Arbeit weiterhin ohne monetäre Wertschätzung erledigt wird, ist enttäuschend. Wir fordern daher von der Bundesregierung dringend die Weiterentwicklung der Pflegezeitgesetze und die Einführung eines Familienpflegegeldes, das pflegende Angehörige entlastet und Männern Anreize gibt, mehr Pflege zu übernehmen.“

Links zu Hintergrundinformationen:

Auswertung zu Equal-Care-Day und Frauentag des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung

DIW Wochenbericht „Ausbau der Pflegeversicherung könnte Gender Care Gap in Deutschland reduzieren“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.02.2024

In einem gemeinsamen Workshop haben das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) am 22. Februar 2023 mit zahlreichen Vertreter:innen aus Wissenschaft, Interessenvertretung, Politik und Beratung über die vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegten Eckpunkte für eine Familienrechtsreform diskutiert. Der Schwerpunkt lag auf den Themen Umgang, Sorge und Unterhalt und der Austausch zeigte, dass neben Zustimmung und Kritik auch noch viel Klärungsbedarf besteht.

Beide Verbände haben auch Stellungnahmen zu den aktuellen Eckpunkten des BMJ zum Kindschafts- und Abstammungsrecht abgegeben. Deren Kernaussagen umreißen die Geschäftsführerinnen wie folgt:

Sophie Schwab, ZFF: „Es ist längst überfällig, dass das Familienrecht der Vielfalt der Familienrealitäten angepasst wird und alle Familienkonstellationen für ihr Recht – Sorge zu tragen und Verantwortung füreinander zu übernehmen – eine gesetzliche zukunftsfeste Grundlage erhalten. Allerdings sehen wir einige Änderungsvorschläge im Bereich Sorge- und Umgangsrecht sehr kritisch, u.a. den Versuch, das Wechselmodell als Norm zu verankern.“

Svenja Kraus, eaf: „In den Vorschlägen werden die Interessen von Kindern bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Wir fordern, diese stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und Erwachseneninteressen gegebenenfalls dahinter zurücktreten zu lassen. Insgesamt sehen wir, dass die Reform vermehrten Unterstützungsbedarf in den Familien auslösen wird. Eine Stärkung der Beratungslandschaft ist daher unerlässlich.“

Beide Verbandsvertreterinnen sind sich abschließend einig: „Auf jeden Fall ist zu begrüßen, dass der Gewaltschutz im Sorgerecht verankert wird. Das muss auch im Umgangsrecht geschehen! Uns ist wichtig, das parlamentarische Verfahren intensiv zu begleiten, denn die konkrete Ausgestaltung wird ausschlaggebend sein. Wir zählen auf weiteren konstruktiven Austausch!“

Links:
Stellungnahme der eaf zu den Eckpunkten für Reformen des Kindschafts- und des Abstammungsrechts

Stellungnahmen des ZFF zu den Eckpunkten: Zur Reform des AbstammungsrechtZur Reform des Kindschaftsrecht

Weitere Informationen:

evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eafhttps://www.eaf-bund.de/

Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF)www.zukunftsforum-familie.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 27.02.2024

SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Zum Equal Pay Day am 6. März erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen:

„Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bleibt eine der größten Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsmarkt und in unserer Gesellschaft. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum die gleiche Arbeit vielerorts immer noch abhängig vom Geschlecht und damit unterschiedlich bezahlt wird. Die finanzielle und ökonomische Unabhängigkeit von Frauen ist ein wesentlicher Bestandteil eines attraktiven Wirtschaftsstandorts Deutschland, des Schutzes vor Altersarmut und persönlicher Freiheit. Der diesjährige Fokus des Equal Pay Day ist der Faktor Zeit. Er thematisiert zentrale gesellschaftliche Fragen im familiären Alltag: wie Care-Arbeit gewichtet und Gleichberechtigung bei der Organisation von Alltagsaufgaben geschaffen wird, welche Entlastung digitales Arbeiten schafft und der Umgang mit „mental load“. Zur Entgeltgerechtigkeit gehören auch faire Steuermodelle und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die bundesweite Umsetzung der Ganztagsschule und eine flächendeckende, gute frühkindliche Betreuung sind ebenfalls wichtige Bestandteile, um besonders Frauen berufliche Wahlfreiheit zu ermöglichen und letztlich die Erwerbstätigkeit von Frauen zu stärken. Für die notwendige Wirtschaftswende in unserem Land müssen wir auch an besseren Bedingungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen arbeiten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 05.03.2024

Am morgigen Mittwoch, 6. März, ist Equal Pay Day. Dazu können Sie die frauen- und familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, wie folgt zitieren:

„Seit 2020 liegt der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen fast unverändert bei 18 Prozent. Damit liegen wir im europäischen Vergleich weit hinten. Wenn wir diese Lohnlücke endlich deutlich verringern wollen, brauchen wir vor allem eine gerechtere Verteilung der Sorgearbeit. 72 Milliarden Stunden leisten Frauen in Deutschland im Schnitt pro Jahr unbezahlte Care-Arbeit. Um dies zu leisten, nehmen sie oft auch ungewollt berufliche Einschränkungen in Kauf. Laut einer aktuellen Yougov-Umfrage benennen 47 Prozent der befragten Frauen die Themen Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen als größte Karrierehindernisse. 

Es ist unsere Aufgabe, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jede Frau ihre Karriere und ihr Familienleben so gestalten kann, wie sie es möchte. Wir sprechen immer wieder von einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wir müssen dieses Versprechen auch endlich einhalten. Dazu brauchen wir flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle für verschiedene Lebensphasen, eine gute und zuverlässige Kinderbetreuung und mehr Unterstützungen bei der Pflege von Angehörigen. Gleichzeitig müssen wir die gesellschaftlichen Stigmata aufbrechen. Unsere Gesellschaft muss die Care-Arbeit für Männer genauso akzeptieren wie für Frauen. Equal Pay und Equal Care sind unmittelbar miteinander verbunden. Wir hören auch in diesem Bereich seit zwei Jahren nur Ankündigungen von der Bundesfamilienministerin. Es müssen endlich Taten folgen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 05.03.2024

Durchschnittlich rund 4,50 Euro je Arbeitsstunde haben Frauen im vergangenen Jahr weniger verdient als Männer. Darauf macht der Deutsche Gewerkschaftsbund anlässlich des Equal Pay Day am 6. März aufmerksam. Die statistische Lohnlücke zwischen Männern und Frauen liegt unverändert noch bei 18 Prozent.

Bei einer Gewerkschaftsaktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin forderte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi die Bundesregierung zum Handeln auf. Sie müsse endlich liefern, was sie in puncto Gleichstellung im Koalitionsvertrag versprochen habe: „Viele Frauen wollen mehr arbeiten, aber dafür müssen die Rahmenbedingungen besser werden. Die zwischen Männern und Frauen ungerecht aufgeteilte Sorgearbeit führt immer noch dazu, dass Frauen gar nicht oder nur reduziert arbeiten. Das ist auch im Hinblick des allseits beklagten Fachkräftemangels kein haltbarer Zustand. Es braucht endlich flächendeckend mehr Kitas und Ganztagsschulen sowie öffentlich geförderte Haushaltsdienstleistungen. Außerdem muss die Bundesregierung Anreize setzen, um Erwerbsarbeit attraktiver zu machen: Das Ehegattensplitting muss ersetzt werden durch ein Familiengeld, anstatt steuerliche Anreize für weniger Arbeit eines Partners zu setzen. Und generell müssen frauendominierte Berufe besser bezahlt werden – gerade im Handel und in der Gastronomie, aber auch im Gesundheitswesen, im Erziehungs- und im Bildungsbereich.“

Ein weiterer Hemmschuh sei die ungleiche Bezahlung, für die die Bundesregierung endlich das lange angekündigte Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen müsse: „Wir brauchen ein wirksames Gesetz, dass ohne Wenn und Aber auch für kleinere Unternehmen, Start-ups und Sozialeinrichtungen gilt. Denn mit Tarifverträgen verdienen Frauen und Männer rund ein Viertel mehr als ohne Bezahlung nach Tarif und haben obendrein kürzere Arbeitszeiten.“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf positive Weichenstellungen, die durch EU-Richtlinien zu erwarten sind – wenn sie in nationales Recht umgesetzt werden: „Dazu gehört die Familienstartzeit, mit der Väter und zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes 10 Tage bezahlt freigestellt werden. Dies wäre ein Baustein für einen wichtigen Kulturwandel. Denn wenn Väter und zweite Elternteile sich frühzeitig um ihr Kind kümmern, werden sie sich auch später engagieren. Geregelt ist die Familienstartzeit in der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die Deutschland vollständig umsetzen muss.

Ein weiteres Vorhaben ist die EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die bis 2026 in nationales Recht umzusetzen ist. Mit ihr würden Unternehmen verpflichtet, ihre Gehaltsstrukturen regelmäßig auf Diskriminierungsfreiheit zu überprüfen. Das wäre eine echte Weiterentwicklung für das deutsche Lohntransparenzgesetz, das sich als unwirksam erwiesen hat.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 06.03.2024

Mit dem Anspruch, der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern endlich zur Praxis zu verhelfen, hat der Gesetzgeber 2017 ein Gesetz erlassen, dessen zweimalige Evaluation ergeben hat, dass es völlig wirkungslos ist. Nun aber kann er sich nicht weiter vor seiner Verantwortung drücken! Die EU-Kommission hat einen ambitionierten Vorschlag zur Schließung des Gender Pay Gap in Europa vorgelegt, der einige auch vom Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) seit Langem geforderte Maßnahmen aufgreift.

Die europäische Richtlinie 2023/970 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen, kurz Entgelttransparenzrichtlinie, vom 10. Mai 2023 verpflichtet den Gesetzgeber zum Handeln. „Das klare Ziel der Entgelttransparenzrichtlinie lässt keinen Umsetzungsspielraum. Geschlechtsspezifische Verzerrungen in den Entgeltstrukturen müssen systematisch und nachhaltig beseitigt werden“, sagt Prof. Dr. Isabell Hensel, Vorsitzende der djb-Kommission Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht.

Die Richtlinie macht präzise und verbindliche Vorgaben zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots und der Entgelttransparenz sowohl im öffentlichen als auch privaten Sektor. Proaktive Instrumente wie Berichtspflichten für Arbeitgeber*innen und betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit sind dem nationalen Recht nicht fremd, müssen aber endlich effektiv ausgestaltet und durchgesetzt werden. Der djb begrüßt diese kollektive Ausrichtung des Vorschlags, der die maßgeblichen Akteur*innen der Entgeltpolitik, nämlich Arbeitgeber*innen und Sozialpartner*innen in die Verantwortung nimmt. Damit können endlich die strukturellen Ursachen für Entgeltbenachteiligungen beseitigt werden.

Doch es besteht die Gefahr, dass erneut alles verwässert wird. Das zurzeit so viel beschworene Monster Bürokratie wird sicher bemüht werden. Schon werden Stimmen laut, die eine generelle Überforderung der deutschen Wirtschaft anmahnen, wenn sie gar das Grundrecht auf Entgeltgleichheit achten soll. Dabei sind die Unternehmen gut beraten, wenn sie die Umsetzung unterstützen und sich schon jetzt auf den Weg machen – nicht nur um Rechtssicherheit zu erlangen, sondern auch um Frauen zu gewinnen.

„Das wird ein Jahr der Entscheidungen. Es besteht aller Anlass, dem Gesetzgeber auf die Finger zu schauen und diejenigen zu unterstützen, die mithilfe des neu zu erlassenden Gesetzes weitere Equal Pay Days überflüssig machen wollen“, so die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder. Der djb gibt dazu ein Forderungspapier an die Hand, mit dem der Umsetzungsdruck auf den Gesetzgeber hochgehalten werden muss.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 05.03.2024

  • Indikator berücksichtigt neben Unterschieden in Bruttostundenverdiensten auch jene bei Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern
  • Gender Pay Gap und Gender Hours Gap bei 18 %, Gender Employment Gap bei 9 %
  • Verdienstungleichheit geht langfristig zurück

Der Gender Pay Gap gilt als der zentrale Indikator für Verdienstungleichheit zwischen Frauen und Männern. Diese ist jedoch nicht nur auf Bruttostundenverdienste begrenzt. Auch Phasen der Teilzeitarbeit oder Zeiten ohne Erwerbstätigkeit wirken sich langfristig auf die Verdienste aus. Der Gender Gap Arbeitsmarkt als Indikator für erweiterte Verdienstungleichheit betrachtet daher neben der Verdienstlücke pro Stunde (Gender Pay Gap) zusätzlich die Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day mitteilt, lag der Gender Gap Arbeitsmarkt im Jahr 2023 bei 39 % und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Langfristig nahm die Verdienstungleichheit ab: Gegenüber dem Jahr 2014 sank der Gender Gap Arbeitsmarkt um sechs Prozentpunkte. 

Hauptursachen für erweiterte Verdienstungleichheit ist neben niedrigeren Stundenverdiensten die geringere Arbeitszeit von Frauen

Der unbereinigte Gender Pay Gap lag im Berichtsjahr 2023 bei 18 %. Das heißt, Frauen verdienten 18 % weniger pro Stunde als Männer. Ausgehend vom unbereinigten Gender Pay Gap lassen sich knapp zwei Drittel der Verdienstlücke durch die für die Analyse zur Verfügung stehenden Merkmale erklären. Demnach ist ein Großteil der Verdienstlücke darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Auch die häufigere Teilzeit geht mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einher. Das verbliebene Drittel des Verdienstunterschieds kann nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden. Dieser unerklärte Teil entspricht dem bereinigten Gender Pay Gap von 6 %.  

Eine wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern ist also die höhere Teilzeitquote von Frauen. Während Männer 2023 im Monat 148 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen nur 121 Stunden. Damit brachten Frauen 18 % weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer (Gender Hours Gap). 

Auch in der Erwerbsbeteiligung gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Aktuelle Zahlen zur Erwerbstätigkeit aus dem Jahr 2022 zeigen, dass 73,0 % aller Frauen einer bezahlten Arbeit nachgingen. Bei den Männern waren es 80,5 %. Damit lag der Gender Employment Gap im Jahr 2022 bei 9 %. 

Aus den drei genannten Gender Gaps wird der Gender Gap Arbeitsmarkt berechnet. Je höher der Gender Gap Arbeitsmarkt, desto stärker ist die Verdienstungleichheit auf dem Arbeitsmarkt ausgeprägt. Die einzelnen Gender Gaps geben dabei Aufschluss über strukturelle Ursachen von Verdienstungleichheit. Besonders im Zeitverlauf oder im Vergleich zwischen Regionen lässt der Gender Gap Arbeitsmarkt interessante Einblicke in die verschiedenen Ursachen und Entwicklungen von Verdienstungleichheit zu. 

Im langfristigen Vergleich sank der Gender Gap Arbeitsmarkt um sechs Prozentpunkte

Im Berichtsjahr 2014 lag der Gender Gap Arbeitsmarkt noch bei 45 %. In den vergangenen Jahren näherte sich die Verdienst- und Beschäftigungssituationen von Frauen und Männern somit aneinander an. Wie auch 2023 waren die Hauptursachen die geringeren Stundenverdienste (Gender Pay Gap 2014: 22 %) und Arbeitszeiten von Frauen (Gender Hours Gap 2014: 21 %). 

Dass der Gender Gap Arbeitsmarkt kleiner geworden ist, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bruttostundenverdienste der Frauen stärker stiegen als die der Männer. Dies führte zu einem Rückgang des Gender Pay Gap um vier Prozentpunkte, von 22 % auf 18 %. Zusätzlich verringerte sich der Gender Hours Gap um drei Prozentpunkte, von 21 % auf 18 %. Das lag vor allem an einem Rückgang von Männern geleisteten Arbeitsstunden. Sie sanken von 154 Stunden im Jahr 2014 auf 148 im Jahr 2023. Bei den Frauen blieben die bezahlten Stunden mit 121 im Jahr 2023 nahezu konstant (2014: 122 Stunden). 

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen nahm zudem stärker zu als die der Männer. Im Jahr 2014 waren 69,3 % aller Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig, neun Jahre später waren es 73,0 %. Bei den Männern stieg die Erwerbstätigenquote um knapp drei Prozentpunkte. Der Gender Employment Gap sank damit von 11 % auf 9 %. 

Methodische Hinweise:

Die Berechnungen von 2014 und 2018 zu den einzelnen Gender Gaps basieren auf der vierjährlichen Verdienststrukturerhebung (VSE), die letztmalig für das Berichtsjahr 2018 durchgeführt und anschließend fortgeschrieben wurde. Ab dem Berichtsjahr 2022 wurde die VSE durch die neue monatliche Verdiensterhebung abgelöst. Die Ergebnisse des Gender Pay Gap und des Gender Gap Arbeitsmarkt basieren auf den Erhebungen eines repräsentativen Monats. Dabei handelt es sich um den April. Die zur Berechnung des Gender Employment Gap verwendeten Erwerbstätigenquoten stammen aus dem Mikrozensus

Allgemeine Hinweise zur Berechnungsweise des Gender Gap Arbeitsmarkt liefert der Glossareintrag zum Indikator. Einen EU-Vergleich liefert die Datenbasis von Eurostat. Weitere Informationen zum Gender Pay Gap sind in der Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ auf der Themenseite „Gender Pay Gap“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zu finden. 

Weitere Informationen:

Unser Gender Gap Simulator ermöglicht interessierten Nutzenden verschiedene Ursachen von Verdienstungleichheit anhand von simulierten Szenarien kennenzulernen. Dabei können Nutzende verschiedene Komponenten auf dem Arbeitsmarkt verändern und die damit verbundenen Auswirkungen auf Verdienstungleichheit beobachten. Neben dem Gender Pay Gap stehen hier insbesondere die Themen Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung im Fokus. 

Weitere Ergebnisse zum unbereinigten Gender Pay Gap in Deutschland bieten die Tabellen auf der Themenseite „Verdienste und Verdienstunterschiede„. Ergebnisse nach EU-Mitgliedstaaten bietet die Grafik auf der Themenseite „Europa in Zahlen“ oder sind in der Eurostat-Datenbank verfügbar. 

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 05.03.2024

SCHWERPUNKT II: Equal Care Day

Heute ist Equal Care Day, der ein Schlaglicht auf die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern wirft. Frauen leisten in Deutschland viel mehr unbezahlte Arbeit als Männer, vor allem in der klassischen Hausarbeit und in der Pflege.

„Ohne private Sorgearbeit, sei es die Betreuung der Kinder oder die Pflege von Angehörigen, würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Die Care-Arbeit ist existenziell, erfährt aber nicht die Anerkennung, die sie verdient. Nach wie vor sind es Frauen, die den Großteil privater Care-Arbeit leisten. Dies hat gravierende Auswirkungen auf ihre Erwerbstätigkeit, Karrierechancen, wirtschaftliche Unabhängigkeit, finanzielle Absicherung im Alter und nicht zuletzt wegen Mehrfachbelastungen die Gesundheit. Das ist nicht gerecht und muss sich ändern.

Mit zahlreichen Maßnahmen stärken wir die gemeinsame Verantwortung für die Familie. Wir wollen eine Familienstartzeit einführen und planen eine zweiwöchige bezahlte Freistellung für den Partner oder die Partnerin nach der Geburt eines Kindes. Das Elterngeld soll weiterhin ein bewährtes Modell für Familien bleiben. Zudem unterstützen wir die Länder bei der qualitativen Verbesserung der Kindertagesbetreuung. Für pflegende Angehörige streben wir eine größere Flexibilität in der Zeiteinteilung an und werden hierzu die Gesetze zur Pflegezeit und Familienpflegezeit weiterentwickeln. Fehlanreize, wie das Ehegattensplitting, gehören abgeschafft.

Langfristig gilt es, Vollzeitarbeit neu zu definieren. Denn wenn Frauen nicht einen Teil ihrer Sorgearbeit an den Partner abgeben, wird das nichts mit der Gleichberechtigung. Ich bin froh, dass es den Equal Care Day gibt, denn er weist auf die ungleiche Verteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern hin. Das Erkennen von Nachteilen schafft öffentliche Akzeptanz für notwendige Veränderungen, etwa bei Steuerklassen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 29.02.2024

Studie untersucht Aufteilung von Sorgearbeit bei Paaren während und rund um Corona-Pandemie – Retraditionalisierung nicht eingetreten, Gender Care Cap inzwischen wieder auf Vorpandemieniveau – Lücke in Deutschland im internationalen Vergleich aber nach wie vor sehr hoch – Mehr Partnermonate beim Elterngeld könnten entgegenwirken

Der Gender Care Gap, also der geschlechtsspezifische Unterschied in der Aufteilung unbezahlter Sorgearbeit, hat sich in Deutschland infolge der Corona-Pandemie nicht nachhaltig erhöht. Zwar übernahmen im Zuge der Kita- und Schulschließungen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 deutlich mehr Mütter als zuvor (fast) vollständig die Kinderbetreuung und Hausarbeit. Schon knapp ein Jahr später hatte sich der Anstieg aber wieder zurückgebildet. Neueste Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam aus dem Winter 2021/22, die Forscher*innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) nun ausgewertet haben, bestätigen diesen Befund. „Die zu Pandemiebeginn zunächst noch ungleichere Aufteilung der Sorgearbeit war relativ bald Geschichte“, sagt Jonas Jessen, Gastwissenschaftler am DIW Berlin. „Die Befürchtung, dass es durch die Pandemie zu einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen kommt, hat sich nicht bestätigt.“ Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gender Care Gap in Deutschland schon vor der Pandemie – auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark – sehr hoch war und nach wie vor ist.

Ähnlich wie beim Gender Pay Gap, also der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, steigt auch der Gender Care Gap in der Phase der Familiengründung stark an. Während sich vor der Geburt des ersten Kindes etwa die Hälfte der Paare die Hausarbeit annähernd gleich aufteilt, liegt dieser Anteil nach der Familiengründung um bis zu 27 Prozentpunkte niedriger. In der Gruppe der erwerbstätigen Personen im Alter von 35 bis 39 Jahren beträgt der Gender Care Gap sogar über 100 Prozent – Frauen in dieser Altersgruppe übernehmen also mehr als doppelt so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Wenn das erstgeborene Kind zehn Jahre alt ist, kümmert sich in rund 75 Prozent der Familien die Mutter überwiegend oder (fast) ausschließlich um die Hausarbeit. Mit Blick auf die Kinderbetreuung trifft das auf 62 Prozent der Familien zu. „Mit der Familiengründung nimmt nicht nur der Umfang der Sorgearbeit deutlich zu, sondern auch die Ungleichheit dahingehend, wie Frau und Mann sie sich aufteilen“, erklärt Lavinia Kinne, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin.

Auch Reformen bei Ehegattensplitting und Minijobs könnten Gender Gaps reduzieren

Geschlechtsspezifische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt und bei der Sorgearbeit beeinflussen sich wechselseitig: Dass Frauen so viel mehr Kinderbetreuung und Hausarbeit übernehmen als Männer, benachteiligt sie auf dem Arbeitsmarkt, was sich nicht zuletzt im Gender Pay Gap niederschlägt. Umgekehrt sorgen die Nachteile auf dem Arbeitsmarkt beziehungsweise fehlende Anreize für eine stärkere Erwerbstätigkeit von Frauen aber auch dafür, dass der Gender Care Gap so hoch ist. „Wenn die Politik arbeitsmarktbezogene Ungleichheiten wie den Gender Pay Gap reduzieren möchten, dann muss sie auch den Gender Care Gap in den Fokus nehmen“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. Ansatzpunkte gäbe es genügend, so Wrohlich: Beispielsweise könnte die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld erhöht werden, um dem stark zunehmenden Gender Care Gap insbesondere in der Phase der Familiengründung entgegenzuwirken. Bisher beschränken sich die Väter mehrheitlich auf das Minimum von zwei Monaten Elternzeit. Außerdem könnte eine Reform des Ehegattensplittings sowie der Minijob-Besteuerung verheirateten Frauen den Weg aus der „Teilzeitfalle“ ebnen und somit zu einer gleichmäßigeren Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit beitragen.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 04.03.204

Um Kinder kümmern sich nach wie vor überwiegend die Mütter, auch wenn sie erwerbstätig sind. Der Beitrag von Vätern, die sich vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie stärker engagiert hatten, hat wieder abgenommen. In der Theorie stimmen Frauen und Männer zwar weitgehend darin überein, dass in einer Partnerschaft Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung gleichberechtigt aufgeteilt werden sollten. In der Realität sieht es aber meist anders aus – und gleichzeitig sind sich Mütter und Väter häufig uneinig darüber, wer wie viel Sorgearbeit übernimmt. Das gilt auch beim so genannten Mental Load, bei dem es darum geht, sich um die Organisation des familiären Alltags zu kümmern. Frauen sind in vielen Fragen zur Rollen- und Arbeitsverteilung etwas egalitärer eingestellt als Männer. Vor allem beim Thema Frauen in Führungspositionen gehen die geschlechtsspezifischen Ansichten sogar deutlich auseinander. Das zeigt eine neue Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.    

Wenn es um Kinderbetreuung geht, weist die Arbeitsteilung in heterosexuellen Paarbeziehungen eine klare Unwucht auf: Bei der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung gaben im November letzten Jahres mehr als zwei Drittel der Mütter, aber nur vier Prozent der Väter an, selber den überwiegenden Teil dieser Sorgearbeit zu leisten. Während der Coronakrise hatte es vorübergehend nach mehr Gleichstellung in den Familien ausgesehen: Im April 2020 hatten zwölf Prozent sowohl der Mütter als auch der Väter zu Protokoll gegeben, dass in ihrem Haushalt der Mann für den Löwenanteil der Kinderbetreuung zuständig ist – knapp viermal so viele wie vor Corona. Inzwischen liegt dieser Anteil wieder ungefähr beim Vorkrisenniveau. Von dauerhaften Fortschritten könne also nicht gesprochen werden, erklärt WSI-Direktorin Prof. Bettina Kohlrausch. „In Bezug auf die Verteilung der Kinderbetreuung hat die Pandemie kaum etwas verändert. Die Hauptlast liegt immer noch bei den Frauen.“

Kohlrausch und die WSI-Expertin für Geschlechterungleichheit auf dem Arbeitsmarkt Dr. Eileen Peters haben für ihre Analyse im Vorfeld von Equal-Care-Day und internationalem Frauentag zur Kinderbetreuung die Antworten von 476 Müttern und 693 Vätern ausgewertet, die erwerbstätig oder arbeitsuchend sind und die minderjährige Kinder im Haushalt haben. Bei den Themen Geschlechterrollen sowie Mental Load bezogen sie zusätzlich die Antworten von 1787 Frauen und 2118 Männern ohne betreuungspflichtige Kinder ein. Die Befragung fand im November 2023 statt. Die befragten Mütter und Väter leben nicht in spezifischen Haushalten zusammen, sondern es handelt sich um Einzelinformationen der Befragten und deren Einschätzung darüber, wie die Kinderbetreuung in ihrem Haushalt zwischen Ihnen und dem/der Partner*in aufgeteilt ist. Im Rahmen der Erwerbspersonenbefragung wurden die gleichen Personen seit April 2020 in mehreren Untersuchungswellen befragt.  

Wenn man die Ergebnisse der Erwerbspersonenbefragung zur Verteilung der Kinderbetreuung im Zeitverlauf betrachtet, fällt auch auf, dass die Einschätzungen von Vätern und Müttern in den letzten zwei Jahren und insbesondere seit April 2022 stark auseinandergedriftet sind. So waren im November letzten Jahres 54 Prozent der Väter der Auffassung, dass die Mutter sich überwiegend um die Kinder kümmert. Von den Müttern sagten dies 68 Prozent. Von einer weitestgehend gleichberechtigten Arbeitsteilung berichteten 42 Prozent der Väter und 30 Prozent der Mütter. „Eine mögliche Erklärung für diese sehr ungleiche Einschätzung der Verteilung der Sorgearbeit, die wir während der Pandemie so nicht beobachten konnten, ist, dass in dem Moment, in dem Erwerbsarbeit wieder stärker außer Haus stattfindet, Sorgearbeit wieder unsichtbar wird“, so Kohlrausch.

Dafür sprechen laut der Soziologin auch Befunde zum sogenannten Mental Load aus der neuen Befragung. Dabei geht es um die Organisation von Sorgearbeit im Alltag und die Verantwortung dafür, also zum Beispiel darum, an das Geschenk für den nächsten Geburtstag, den Elternabend oder Vorsorgetermine zu denken. Während nur 33 Prozent der Frauen meinen, dass diese Arbeit gleich verteilt sei, sind es 66 Prozent der Männer. Frauen fühlen sich durch den Mental Load auch deutlich stärker belastet als Männer, was darauf hindeutet, dass auf sie tatsächlich der größere Teil dieser Arbeit entfällt.

Hartnäckige Vorurteile gegenüber Frauen in Führungspositionen

Auch bei der Einstellung zu geschlechtsspezifischen Rollenbildern tun sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf. Der Aussage, dass Männer als Führungskräfte in der Wirtschaft besser geeignet seien als Frauen, stimmen zum Beispiel 13 Prozent der weiblichen, aber immerhin 34 Prozent der männlichen Befragten „eher“ oder „voll und ganz“ zu. „In den vergangenen Jahrzehnten hat es langsame, aber spürbare Fortschritte bei der Zahl der Frauen in höheren und vor allem mittleren Führungspositionen gegeben. Umso problematischer ist, dass geschlechtsspezifische Vorurteile zu den Führungsqualitäten bei einem erheblichen Teil der Befragten dennoch so hartnäckig sind“, sagt WSI-Forscherin Peters. „Solche Geschlechterstereotypen benachteiligen Frauen, und sie können den Fachkräftemangel verschärfen.“

Wenn es um die Einstellungen zur idealen Arbeitsteilung geht, scheinen zunächst geschlechterübergreifend egalitäre Vorstellungen vorzuherrschen. Dass beide Partner*innen gleich viel im Erwerbsjob arbeiten und sich gleichermaßen um den Haushalt und die Kinder kümmern, stellt nach Ansicht von 84 Prozent der Männer und knapp 89 Prozent der Frauen die beste Arbeitsteilung in einer Familie dar. Gleichzeitig stimmten allerdings nur 16 Prozent der Frauen, aber 24 Prozent der Männer der Aussage: „Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert.“ „eher“ oder „voll und ganz“ zu. Noch größer ist der Unterschied im Hinblick auf die Aussage: „Auch wenn beide Eltern erwerbstätig sind, ist es besser, wenn die Verantwortung für den Haushalt und die Kinder hauptsächlich bei der Frau liegt.“ Dieser Aussage stimmten 29 Prozent der Männer, aber nur 18 Prozent der Frauen „eher“ oder „voll und ganz“ zu.  

„Aus Studien wissen wir, dass die Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Frauen und insbesondere Müttern zwar in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, dies aber nicht im selben Maße zu einer egalitäreren Einstellung hinsichtlich der Verteilung von Sorgearbeit geführt hat. Somit sehen sich Frauen und vor allem Mütter mit einer Doppelbelastung konfrontiert: Sie sollen zum Haushaltseinkommen beitragen, aber weiterhin die Hauptverantwortung der Sorgearbeit übernehmen“ so Peters. 

„Frauen haben tendenziell egalitärere Vorstellung im Hinblick auf Geschlechterrollen als Männer. Hier herrscht Nachholbedarf, denn nur, wenn auch die Männer mitziehen, kann eine faire Verteilung der Sorgearbeit erreicht werden. Positiv ist, dass sich sowohl unter den Männern als auch den Frauen eine klare Mehrheit dieses wünscht,“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. Die große Diskrepanz zur Realität verdeutliche allerdings, dass die meisten von ihnen ihre Idealvorstellung nicht umsetzen können. Daher müsse über politische und betriebliche Rahmensetzungen nachgedacht werden.

Kita-Ausbau, Reformen bei Elterngeld und Steuern, kürzere Vollzeit

Auf der politischen Ebene zählt die WSI-Direktorin dazu unter anderem den Ausbau von Kitas und Kindergärten, der Hand in Hand gehen müsse mit verbesserten Arbeitsbedingungen der – meist weiblichen – Fachkräfte in diesem Bereich. Zudem kann nach Kohlrauschs Analyse eine Elterngeldreform mit einem Ausbau der Partnermonate und einer Anhebung der minimalen und maximalen Lohnersatzleistung gerade Vätern ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und so ihrem Wunsch nachzukommen, mehr Kinderbetreuung zu übernehmen. Weiterhin müsse das Ehegattensplitting abgeschafft werden, da es steuerliche Anreize für eine unausgewogene Erwerbsarbeitsteilung in Paaren bietet. Eine Individualbesteuerung, so wie es beispielweise in Schweden schon seit 1971 umgesetzt wurde, würde eine egalitärere Arbeitsteilung forcieren. Auf betrieblicher Ebene spielen laut Kohlrausch flexible Arbeitszeit- und Arbeitsplatz-Arrangements eine wichtige Rolle, um vor allem Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie eine höhere Arbeitsmarktbeteiligung zu ermöglichen. Eine kürzere Vollzeit mit 35 oder 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich sei grundsätzlich eine wesentliche Voraussetzung, um Paaren mehr Spielräume für eine faire Verteilung der Sorgearbeit zu ermöglichen.

Weitere Informationen

PRESSEMITTEILUNG MIT ABBILDUNGEN (pdf)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 26.02.204

  • Laut Zeitverwendungserhebung 2022 verbringen Frauen im Durchschnitt knapp 30 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit, Männer knapp 21 Stunden
  • Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit von Frauen besteht aus klassischer Hausarbeit wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen
  • Jede vierte erwerbstätige Mutter empfindet ihre Zeit für Erwerbsarbeit als zu knapp bemessen – jeder vierte Vater findet, dass er zu viel Zeit im Job verbringt
  • Jede sechste Person in Deutschland fühlt sich oft einsam – besonders betroffen sind junge Erwachsene, Alleinerziehende und Alleinlebende 

WIESBADEN – Frauen in Deutschland haben im Jahr 2022 pro Woche durchschnittlich rund 9 Stunden mehr unbezahlte Arbeit geleistet als Männer, das entspricht 1 Stunde und 17 Minuten pro Tag. Der Gender Care Gap lag damit bei 43,8 %. Diese Kennziffer zeigt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer ab 18 Jahren für unbezahlte Arbeit durchschnittlich aufbringen. Unbezahlte Arbeit setzt sich dabei aus „Sorgearbeit“ in der Haushaltsführung, Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen, aber auch freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement sowie der Unterstützung haushaltsfremder Personen zusammen. Dieses und weitere Ergebnisse der Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022 hat das Statistische Bundesamt (Destatis) am 28. Februar 2024 in einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Bei der vorausgegangenen ZVE 2012/2013 hatte der Gender Care Gap noch bei 52,4 % gelegen.

„Die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Arbeit wurde im Zeitvergleich kleiner, sie ist aber nach wie vor beträchtlich“, sagt Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. „Dabei hat sich die Zeit, die Frauen wöchentlich mit unbezahlter Arbeit verbringen, im Zehnjahresvergleich sogar um knapp 20 Minuten erhöht. Allerdings stieg der Zeitaufwand bei den Männern noch stärker, nämlich um gut 1 Stunde und 20 Minuten“, so Brand weiter. Insgesamt verbringen Frauen nach den Ergebnissen der ZVE 2022 durchschnittlich knapp 30 Stunden und Männer knapp 21 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit.

Hausarbeit, Einkaufen, Betreuung und Pflege übernehmen noch immer vor allem Frauen

Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit setzt sich bei Frauen aus Tätigkeiten der klassischen Hausarbeit wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen zusammen. Fast 2 Stunden pro Tag oder mehr als 13 Stunden pro Woche wenden Frauen im Durchschnitt für diese Tätigkeiten auf. Männer verbringen mit weniger als 1 Stunde pro Tag und knapp 6,5 Stunden pro Woche nur halb so viel Zeit damit. Auch mit der Betreuung, Pflege und Unterstützung von Kindern und erwachsenen Haushaltsmitgliedern verbringen Frauen fast doppelt so viel Zeit wie Männer. Pro Woche wenden sie hierfür mehr als 3,5 Stunden auf, Männer nur knapp 2 Stunden. Mit Einkaufen und Haushaltsorganisation verbringen Frauen fast 5 Stunden pro Woche, Männer knapp 4 Stunden. Für die weiteren Bereiche der unbezahlten Arbeit wie handwerkliche Tätigkeiten, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement sowie die Unterstützung anderer Haushalte wenden Frauen gut 5 Stunden und Männer knapp 6 Stunden pro Woche auf.

Frauen arbeiten pro Woche insgesamt rund 1,5 Stunden mehr als Männer

Wenn bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen betrachtet werden, arbeiteten Frauen im Jahr 2022 mit durchschnittlich fast 45,5 Stunden pro Woche mehr als Männer, die im Schnitt knapp 44 Stunden arbeiteten. Auch zehn Jahre zuvor haben Frauen mehr gearbeitet als Männer. Allerdings vergrößerte sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Im Jahr 2022 arbeiteten Frauen rund 1,5 Stunden mehr als Männer, 2012/2013 hatte der Unterschied nur etwa 1 Stunde betragen.

Eltern leisten pro Woche rund 11 Stunden mehr Arbeit als Personen ohne Kinder

Der Umfang an insgesamt geleisteter Arbeit von Erwachsenen im Erwerbsalter von 18 bis 64 Jahren unterscheidet sich je nachdem, ob sie in einem Haushalt mit oder ohne Kinder leben. Betrachtet man Haushalte mit Kindern – also sowohl Haushalte von Alleinerziehenden als auch von Paaren mit Kindern – zeigt sich, dass die Elternteile im Schnitt 57 Stunden pro Woche arbeiten. Damit leisten Väter und Mütter etwa 11 Stunden mehr Arbeit als 18- bis 64-jährige Erwachsene, die in einem Haushalt ohne Kinder leben. Die Mehrarbeitszeit ist in erster Linie durch einen größeren Umfang an unbezahlter Arbeit bedingt – schließlich fallen zusätzliche Aufgaben wie Kinderbetreuung an und die Haushaltsführung erfordert in einem größeren Haushalt ebenfalls mehr Zeit. 

Mütter mit Kindern unter 6 Jahren im Haushalt sind pro Woche 9,5 Stunden weniger erwerbstätig als Frauen ohne Kinder

Der Umfang der bezahlten Arbeit von 18- bis 64-jährigen Frauen mit Kindern im eigenen Haushalt hängt stark vom Alter des jüngsten Kindes ab: Mütter von Kindern unter 6 Jahren leisten pro Woche durchschnittlich rund 13 Stunden und damit 9,5 Stunden weniger Erwerbsarbeit pro Woche als Frauen ohne Kinder im Haushalt. Dieser Abstand ist gegenüber 2012/2013 um 1 Stunde kleiner geworden. Mütter mit Kindern im Alter von 6 bis 17 Jahren im Haushalt gehen demgegenüber im Schnitt rund 21,5 Stunden und damit nur 1 Stunde weniger bezahlter Arbeit nach als Frauen ohne Kinder. Der Abstand hat sich hier gegenüber der ZVE 2012/2013 um 3,5 Stunden verringert. Insgesamt verbringen Mütter mit Kindern unter 18 Jahren nach den Ergebnissen der ZVE 2022 durchschnittlich gut 17,5 Stunden pro Woche mit bezahlter Arbeit.

Bei Männern mit minderjährigen Kindern im eigenen Haushalt liegt der Umfang der Erwerbsarbeit dagegen unabhängig vom Alter des jüngsten Kindes bei durchschnittlich rund 32 Stunden pro Woche. Damit leisten 18- bis 64-jährige Väter pro Woche 4,5 Stunden mehr Erwerbsarbeit als 18- bis 64-jährige Männer ohne Kinder.

Die Ergebnisse zeigen: Die Kinderbetreuung und Haushaltsführung wird in Deutschland nach wie vor verstärkt von Frauen übernommen. Während Väter mehr Erwerbsarbeit leisten als Männer ohne Kinder und ihre mit Erwerbsarbeit verbrachte Zeit unabhängig vom Alter der Kinder hoch ist, leisten die Mütter von Kindern unter 6 Jahren nicht einmal halb so viel Erwerbsarbeit wie die Väter. Diese Rollenaufteilung, bei der Mütter sich vorrangig um den Haushalt und die Kinder kümmern und Väter die Haupterwerbstätigen sind, hat sich im Vergleich zu 2012/2013 kaum verändert.

Jede vierte Mutter empfindet Zeit für Erwerbsarbeit als zu knapp bemessen

Gefragt nach ihrem Zeitempfinden schätzt jede vierte erwerbstätige Mutter (24,1 %) die für Erwerbsarbeit zur Verfügung stehende Zeit als zu knapp bemessen ein. Zugleich findet jeder vierte erwerbstätige Vater (25,5 %), dass er zu viel Zeit mit Erwerbsarbeit verbringt. Anders formuliert: Eine von vier erwerbstätigen Müttern würde gerne mehr Zeit für Beruf und Karriere haben, einer von vier erwerbstätigen Vätern würde demgegenüber gerne weniger Zeit damit verbringen und sich stattdessen lieber anderen Dingen widmen. Demgegenüber gibt nur jede siebte erwerbstätige Mutter (15,1 %) an, dass ihre Erwerbstätigkeit zu viel Zeit beansprucht, und nur jeder sechste erwerbstätige Vater (17,6 %) findet, dass ihm zu wenig Zeit für Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht.

Jede sechste Person fühlt sich oft einsam – besonders betroffen sind junge Erwachsene

Erstmals bei einer Zeitverwendungserhebung wurden im Jahr 2022 die Personen ab 10 Jahren zum Thema „Einsamkeit“ befragt. Demnach fühlt sich jede sechste Person häufig einsam. Im Altersgruppenvergleich sind junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29 Jahren am stärksten von Einsamkeit betroffen. Jede vierte Person (24 %) dieses Alters fühlt sich oft einsam. Am wenigsten ausgeprägt ist das Gefühl der Einsamkeit nach den Ergebnissen der ZVE 2022 bei Personen ab 65 Jahren. In dieser Gruppe fühlt sich nur jede zehnte Person (10 %) oft einsam. Bei diesem Ergebnis für die ab 65-Jährigen ist allerdings zu beachten, dass Hochbetagte in der Stichprobe unterrepräsentiert sind und Personen in Alten- und Pflegeheimen nicht in die Befragung einbezogen wurden.

Das Gefühl der Einsamkeit hängt neben dem Alter auch von der Haushaltssituation der Befragten ab. Demnach fühlen sich 40 % der Alleinerziehenden und gut ein Viertel (26 %) der Alleinlebenden einsam, aber nur knapp ein Zehntel (9 %) der Personen in Paarhaushalten ohne Kinder.

Methodische Hinweise:

Bei der ZVE 2022 haben vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 rund 10 000 Haushalte mit 20 000 Personen ab 10 Jahren auf freiwilliger Basis an drei vorgegebenen Tagen, davon zwei Wochentage und ein Tag am Wochenende, ihre verbrachte Zeit in 10-Minuten-Schritten in einem Zeit-Tagebuch oder in einer App protokolliert. Jede Angabe wurde für die Auswertung einer von insgesamt 174 Aktivitäten zugeordnet, die wiederum in 9 Hauptkategorien gegliedert sind. Die ZVE ist eine Quotenstichprobe, bei der durch eine differenzierte Quotierung und Hochrechnung anhand des Mikrozensus ein höchstmöglicher Grad an Repräsentativität der Ergebnisse für die Gesamtheit der privaten Haushalte in Deutschland sichergestellt wird. Die ZVE 2022 war die vierte Erhebung dieser Art – nach 1991/1992, 2001/2002 und 2012/2013.

Der Gender Care Gap ergibt sich, indem die Differenz beim Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit von Frauen und Männern ins Verhältnis zum Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit der Männer gesetzt wird. Die Kennziffer zeigt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer für unbezahlte Arbeit aufbringen. Damit ist sie ein wichtiger Indikator zum Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse der ZVE 2022 bietet die Themenseite „Zeitverwendung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes (www.zve2022.de). Die Seite bietet neben Tabellen, Grafiken, Angaben zur Methodik und einem Statistischen Bericht mit detaillierten Ergebnissen auch einen ausführlichen Webartikel mit vielen Grafiken zu den ZVE-Ergebnissen. Das Angebot auf der Themenseite wird schrittweise ausgebaut.

Im Laufe des Jahres werden die ZVE-Ergebnisse auch in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar sein. Außerdem wird demnächst der Zugang zu den anonymisierten Mikrodaten über das Forschungsdatenzentrum der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder ermöglicht, sodass die ZVE-Daten zum Beispiel in wissenschaftlichen Projekten vertiefend analysiert werden können.

Daten zur unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen sowie der geschlechterspezifischen Verteilung von Sorgearbeit enthält die Themenseite „Gleichstellungsindikatoren“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Sie bietet einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland. 

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 28.02.204

Anlässlich des Equal-Care-Day betont die Arbeiterwohlfahrt, dass Care-Arbeiten in den Fokus einer zukunftsfähigen Gesellschaft gehören. Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner: „Nach wie vor werden Care-Arbeit und Sorgeverantwortung vor allem Frauen zugewiesen; mit der Folge, dass ihre Teilhabechancen in unserer erwerbs- und wachstumsfixierten Gesellschaft bedeutend schlechter sind als die von Menschen, die keinerlei Care-Arbeit übernehmen bzw. sie an andere delegieren. Die ungleiche Verteilung und systematische Abwertung von Care-Arbeit schaffen eine Ungleichheit in Einkommen, Vermögen, Zeit und Einfluss.“

Die AWO erinnert die Bundesregierung daher konkret an ihre Vereinbarung im Koalitionsvertrag, pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität zu ermöglichen, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten. Sonnenholzner: „Wir fordern angesichts der steigenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen, die zu Hause versorgt werden, dass dieses Versprechen endlich eingelöst wird. Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat hierfür ein Modell vorgelegt und Handlungsempfehlungen formuliert. Die AWO erwartet nun endlich einen Gesetzentwurf, der sich an diesen Empfehlungen orientiert.“

Viele pflegende Angehörige, d.h. überwiegend Frauen, sind besonderen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt und stehen vor der Herausforderung, diese Verantwortungsübernahme mit anderen familiären Verpflichtungen, mit dem Beruf bzw. der Erwerbstätigkeit vereinbaren zu müssen.

„Die Belastungen müssen in Zukunft auf mehr Schultern verteilt werden. Daher braucht es Rahmenbedingungen, die allen Menschen Entscheidungsspielräume eröffnen“, so Sonnenholzner, „Familien und Sorgebedürfnisse sind vielfältig. Gleichwohl sind alle Menschen mehr oder weniger existenziell darauf angewiesen, dass sich andere Menschen verlässlich und verbindlich um sie kümmern. Langfristig braucht es aus Sicht der AWO ein verständliches und am Lebensverlauf orientiertes Gesamtsystem, das Menschen ermöglicht, ein Leben nach ihren Vorstellungen selbstbestimmt zu leben und dabei Fürsorge erbringen und empfangen zu können.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 29.02.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ob für Sport, Kultur, ein Freizeitprojekt oder einfach eine Aktion in der Nachbarschaft: Mit dem Zukunftspaket sind Kinder und Jugendliche unter 27 Jahren eingeladen, ihr Umfeld nach ihren eigenen Ideen zu gestalten und zu verändern. Der Fokus des Förderprogramms liegt dabei auf der direkten Beteiligung junger Menschen: Kinder und Jugendliche können sich in Projekten verwirklichen, die sie selbst planen und umsetzen.

Bundesministerin Lisa Paus: „Ob Fußballturnier, Jugendkulturfestival, Escape Game oder Gemeinschaftsgarten: Ich freue mich, dass wir das Bundesprogramm „Das Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“ 2024 fortsetzen können. Das Programm wurde weiterentwickelt: Noch mehr als im Vorjahr liegt der Fokus auf Kinder- und Jugendbeteiligung. Junge Menschen planen, beantragen und verwirklichen ihre Vorhaben in Eigenregie. So stärken wir das Recht auf Beteiligung.“

Seit dem 15. Februar können sich Kinder und Jugendliche über die Website des Zukunftspakets für digitale Sprechstunden anmelden. In den Sprechstunden beantworten die Berater:innen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) alle Fragen zum Zukunftspaket. Sie erklären, wie und wofür junge Menschen Fördermittel beantragen können und wie sie einen Träger finden. Anschließend füllen die Kinder und Jugendlichen einen Steckbrief zu ihrer Projektidee aus. In einem weiteren Beratungstermin unterstützt das Team der DKJS die jungen Menschen dabei, ihren Steckbrief fertigzustellen und ihren Antrag vorzubereiten.

Insgesamt stehen sieben Millionen Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Anträge können junge Menschen seit dem 22. Februar 2024 gemeinsam mit einem Träger – z. B. einem Jugendzentrum oder einem Sportverein – bei der Servicestelle „Das Zukunftspaket“ einreichen. Um eine angemessene Verteilung der bewilligten Projekte im Bundesgebiet zu gewährleisten, gibt es in der ersten Antragsphase bis zum 15. April 2024 Länderkontingente: Innerhalb dieser Kontingente werden die Projektmittel im Windhundverfahren vergeben. In der zweiten Antragsphase ab dem 15. April 2024 ist die Länderkontingentierung aufgehoben.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website:
www.das-zukunftspaket.de

Das Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit ist ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Es wird umgesetzt von der Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (gsub) und der Stiftung SPI. Der Programmteil „Jugendgerechte Kommunikation und Antragsberatung“ wird verantwortet von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS).

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.02.2024

Am heutigen Donnerstag wurde der Jahreswirtschaftsbericht im Bundestag debattiert. Dazu können Sie die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, wie folgt zitieren:

„Der Jahreswirtschaftsbericht belegt einmal mehr, dass die Bundesregierung außer große Ankündigungen im vergangenen Jahr nichts für die Verbesserung der ökonomischen Gleichberechtigung von Frauen getan hat. Viele junge Frauen mit Kindern arbeiten weithin unter ihrem Potential. Immer noch ist die Teilzeitquote von Frauen fast vier Mal höher als jene der Männer. Und auch der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen stagniert seit 2020 weiter bei 18 Prozent. Wir sind in diesem Bereich kein Stück vorangekommen. Wenn die Bundesfamilienministerin diesen Jahreswirtschaftsbericht zum Anlass nimmt, um eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen zu fordern, dann muss sie endlich ihren Beitrag leisten und entsprechende Maßnahmen auf den Weg bringen. Dazu zählen aber sicher nicht ihre Pläne für eine Familienstartzeit, die nichts mit der Erwerbstätigkeit von Frauen zu tun hat und kleine und mittlere Unternehmen zusätzlich belasten würde. Es braucht gezielte Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir brauchen flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle für verschiedene Lebensphasen, einen qualitativen und quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung und endlich deutlich bessere Schritte hin zu einer paritätischen Aufteilung der häuslichen Care-Arbeit. Ich bin mir sicher, wenn wir den vielen klugen und talentierten Frauen die notwendigen Möglichkeiten bieten, um entsprechend ihrem Potential zu arbeiten, wird unsere deutsche Wirtschaft insgesamt davon profitieren.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 22.02.2024

Mieter sollen vor Kündigungen geschützt werden, wenn sie wegen Nachzahlungsforderungen für Heizkosten aus dem Jahr 2022 die Rechnungen verzögert oder gar nicht zahlen. Das fordert die Gruppe Die Linke in einem Antrag (20/10461), indem sie die Bundesregierung auffordert, einen „Heizkostennotfallplan“ vorzulegen.

Konkret geht es darin um die Einführung „eines sofortigen Kündigungsmoratoriums“, das Kündigungen in der Folge von Mietschulden aufgrund erheblicher Heizkostennachzahlungen verbietet und langfristige Stundungen der Zahlungen ermöglicht. Zudem soll der CO-Preis für Wärme gestrichen werden, „da er das Heizen weiter verteuert und keine ökologische Lenkungswirkung entfaltet“. Strom- und Gassperren für Privathaushalte aufgrund von Zahlungsunfähigkeit sollten verboten werden. Darüber hinaus wird die Einrichtung eines Härtefallfonds für Energieschulden und Heizkostennachzahlungen vorgeschlagen sowie die „dauerhafte Verlängerung der Antragsfrist für Bürgergeld zur Übernahme von Heizkostennachzahlungen von einem auf drei Monate nach Zahlungsfrist, wie es 2023 durch die Sonderregelung galt“, schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 117 vom 26.02.2024

Die CDU/CSU-Fraktion fordert in einem Antrag (20/10387) eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Unter Bezug auf die Erfahrungen während der Corona-Pandemie stellt die Unionsfraktion fest: „Eine individuelle Einteilung der Arbeitszeiten trägt erheblich zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz bei und hilft gerade Familien mit kleinen Kindern und zu pflegenden Angehörigen bei der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Das deutsche Arbeitszeitgesetz mit seiner Festlegung auf einen in der Regel Acht-Stunden-Tag stehe den Wünschen der Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität jedoch entgegen, so die Fraktion. Sie kritisiert die Bundesregierung unter anderem dafür, dass diese die Ziele des Koalitionsvertrages nicht einhält, wonach es schon 2022 einen Gesetzentwurf für mehr flexible Arbeitszeiten hätte geben sollen.

Die Abgeordneten verlangen deshalb von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf, „der die Wünsche nach stärkerer Arbeitszeitflexibilisierung aufgreift und der zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle für verschiedene Lebensphasen ermöglicht“. Auch solle damit eine wöchentliche statt der täglichen Höchstarbeitszeit eingeführt und diese im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) ausgestaltet werden. Besondere Schutzerfordernisse bei „gefahrgeneigten Tätigkeiten“ müssten beachtet werden, heißt es in dem Antrag.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 111 vom 22.02.2024

Mit der Anpassung des Bevölkerungsstatistikgesetzes im Jahr 2023 können Geschlechtseintragsänderungen erst ab November 2023 statistisch erhoben und nach dem Zensus 2022 laufend fortgeschrieben werden, jedoch ohne Untergliederung nach Staatsangehörigkeit. Das erläutert die Bundesregierung in einer Antwort (20/10340) auf eine Kleine Anfrage (20/10231) der AfD-Fraktion zum Thema Diversgeschlechtlichkeit in Deutschland.

Die Regierung schreibt außerdem, dass weder eine statistische Erfassung erfolge, ob einem Antrag auf Streichung oder Wechsel des Geschlechtseintrags stattgegeben oder nicht stattgegeben wurde, noch auf welcher Grundlage die Entscheidungen beruhen. Die Ergebnisse zum Zensus 2022 würden voraussichtlich im Sommer 2024 veröffentlicht, so die Regierung. Die Fraktion wird zudem auf die Webseite www.personenstandsrecht.de verwiesen, um Zahlen darüber nachzulesen, bei wie vielen Neugeborenen der Geschlechtseintrag „divers“ eingetragen beziehungsweise der Eintrag geändert wurde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 94 vom 21.02.2024

Die CDU/CSU-Fraktion möchte wissen, mit welchen Vorhaben das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in die zweite Halbzeit dieser Legislaturperiode geht. In einer Kleinen Anfrage (20/10307) fragen die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem nach Maßnahmen, die die Qualität der Ganztagsangebote für Grundschulkinder verbessern und nach der beschlossenen Streichung des Elterngeldes für Paare, die ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von mehr als 175.000 Euro haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 91 vom 20.02.2024

Bei einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses ist die von der Bundesregierung geplante Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in Freiwilligendiensten begrüßt worden. Die Wirksamkeit der in dem Gesetzentwurf „zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen“ (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) (20/9874) enthaltenen Ausweitung der Taschengeldobergrenze wurde indes von den geladenen Sachverständigen in Zweifel gezogen. Große Sorgen äußerten sie hinsichtlich möglicher Kürzungen für die Freiwilligendienste im Bundeshaushalt für 2025.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Menschen unter 27 Jahren Freiwilligendienste auch ohne ein berechtigtes Interesse in Teilzeit absolvieren können. Voraussetzung für die Ableistung der Dienste in Teilzeit soll jeweils sein, dass einerseits eine Reduzierung der täglichen oder der wöchentlichen Dienstzeit vorliegt, wobei die Dienstzeit jedoch wöchentlich mehr als 20 Stunden beträgt. Bislang müssen für einen Teilzeitdienst familiäre, erzieherische oder pflegerische Verpflichtungen, physische oder psychische Beeinträchtigungen oder andere schwerwiegende Gründe vorliegen.

Aus Sicht von Marie Beimen, Sprecherin der Kampagne „Freiwilligendienst stärken!“, bleibt die Erhöhung der Taschengeldobergrenze „ohne die ausreichende Refinanzierung durch Bundesmittel eine Erhöhung auf dem Papier“. Für sehr viele Träger und Einsatzstellen werde es in der angespannten Haushaltslage nicht möglich sein, das Taschengeld zu erhöhen. Was die geplante Auszahlung von Mobilitätszuschlägen angeht, so sprach sich Beimen stattdessen für die Bereitstellung von Deutschlandtickets aus.

Kira Bisping vom Internationalen Bund (IB) verwies darauf, dass Freiwilligendienste in der Breite der Bevölkerung nicht ausreichend bekannt und ihr Potenzial nicht ausgeschöpft sei. Daher müssten Maßnahmen zur Akquise und Öffentlichkeitsarbeit für die Träger förderfähig werden und refinanziert werden, sagte sie. Gleichzeitig gelte es, die Freiwilligendienste als Angebot in der Breite besser zu bewerben.

Barbara Caron vom Malteser Hilfsdienst sieht mit dem Gesetzentwurf keine finanzielle Besserstellung der Freiwilligen erreichbar. Die Einsatzstellen könnten sich Anhebungen sowohl beim Taschengeld als auch beim Mobilitätszuschuss angesichts ihrer prekären finanziellen Situation und der unklaren Haushaltssituation schlichtweg nicht leisten. „Schon heute wird die Obergrenze so gut wie nie ausgeschöpft“, sagte sie. Das werde sich nur ändern, wenn der Bund dafür Gelder bereitstellt.

Diese Einschätzung bestätigte auch Jaana Eichhorn von der Deutschen Sportjugend. Für Sportvereine könne die Regelung sogar nachteilig sein. Interessierte könnten sich eine Einsatzstelle suchen, bei der das Taschengeld über den in Sportvereinen gezahlten 300 Euro liegt. „So könnten unsere Einsatzstellen Freiwillige verlieren, die sehr gerne ihren Dienst bei uns ableisten wollen“, sagte Eichhorn.

Da das bezahlte Taschengeld immer noch in großen Teilen abhängig von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Einsatzstelle sei, plädierte Jonathan Fehr vom Bundesfreiwilligendienst Mönchengladbach dafür, die Untergrenze des Taschengeldes anzuheben. Dies sei wichtiger und effektiver. So könne gewährleistet werden, dass es eine tatsächliche Taschengelderhöhung bei zahlreichen Freiwilligen gibt.

Stefanie Ladewig von der Deutschen Bläserjugend wies darauf hin, dass Freiwillige gerade in ehrenamtlich geführten Einsatzstellen nur dann von einer höheren Taschengeldhöchstgrenze profitieren könnten, „wenn zugleich der Zuschuss des Bundes für die pädagogische Begleitung angehoben wird“. Ladewig forderte zudem, wie sämtliche Sachverständige, ein klares und schnelles Zeichen der Politik, „dass auch im Haushaltsjahr 2025 genügend Kontingente für die Freiwilligendienste zur Verfügung stehen“.

Gregor Podschun, Bundesvorsitzender beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), betonte, der Freiwilligendienst müsse auch in Teilzeit primär ein Bildungs- und Orientierungsjahr für junge Menschen bleiben. Daher brauche es die professionelle pädagogische Begleitung durch die Träger. Angesichts dessen unterstütze er die Regelung, dass bei der Anzahl der Seminartage nicht nach Voll- und Teilzeitdienst unterschieden werde.

Auch Susanne Rindt von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte die gesetzliche Klarstellung, dass bei einem Freiwilligendienst in Teilzeit die Seminartage in vollem Umfang wie bei Freiwilligen im Vollzeit-Freiwilligendienst zu leisten sind. Die pädagogische Begleitung sei das entscheidende Merkmal eines Freiwilligendienstes als Bildungs- und Orientierungszeit und sichere unter anderem, dass Freiwillige nicht zu „günstigen Arbeitskräften“ in den Einsatzstellen degradiert werden können, sagte sie.

Martin Schulze vom Bundesarbeitskreis Freiwilliges Soziales Jahr kritisierte, dass mit dem Gesetz die Einführung eines Rechtsanspruches auf Förderung für einen Freiwilligendienst versäumt worden sei. Auch wenn die mit dem Gesetzentwurf geplanten Änderungen grundsätzlich zu begrüßen seien, würden diese in der Praxis erst dann in der Breite zum Tragen kommen, „wenn die Träger, Einsatzstellen und die Freiwilligen selbst durch den Gesetzgeber eine bessere finanzielle Refinanzierung erhalten“, sagte er.

„Ich habe noch keinen einzigen Freiwilligen kennengelernt, der ein Taschengeld gezahlt bekommt, das am Höchstsatz orientiert ist“, sagte Jasmin Becker, Bundessprecherin Freiwilliges Ökologisches Jahr. Eine erhöhte Untergrenze sei deutlich sinnvoller, weil damit die Freiwilligen, die am wenigsten Taschengeld bekommen, einen größeren Mehrwert hätten, befand sie.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 88 vom 19.02.2024

Zum Jahreswechsel sind die gesetzlichen Mindestlöhne in der Europäischen Union kräftig gestiegen: Die 22 EU-Staaten mit einem allgemeinen Mindestlohn erhöhten diesen vor dem Hintergrund hoher Inflationsraten im Mittel (Median) um 9,7 Prozent. Besonders stark fielen die nominalen Zuwächse in vielen osteuropäischen Ländern aus, aber auch die Niederlande (+12,9%) und Irland (+12,4%) haben ihren jeweiligen Mindestlohn deutlich angehoben. In Deutschland fiel die Anhebung zum Jahreswechsel mit einem nominalen Plus von nur 3,4 Prozent auf nun 12,41 Euro hingegen deutlich kleiner aus; EU-weit stieg der Mindestlohn nur in Belgien (+2,0%) noch langsamer. Das ergibt der neue internationale Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Die schwache Entwicklung in Deutschland fällt in eine Zeit, in der die Bundesregierung die EU-Mindestlohnrichtlinie in nationales Recht umsetzen muss – dazu haben die Mitgliedsstaaten nur noch bis zum 15. November 2024 Zeit. Die Richtlinie nennt als Referenzgrößen für einen angemessenen Mindestlohn unter anderem mindestens 60 Prozent vom Medianlohn im jeweiligen Land oder 50 Prozent vom Durchschnittslohn. Die Schwelle von 60 Prozent des Medians erreicht oder überschritten haben in der EU lediglich Portugal, Slowenien und Frankreich. Weitere Staaten orientieren sich bei Mindestlohnanhebungen aber bereits explizit an diesem Niveau, zeigt die Studie von Dr. Malte Lübker und Prof. Dr. Thorsten Schulten. Der Mindestlohn in Deutschland hat sich durch die geringfügige Anhebung und die Entwicklung des allgemeinen Lohnniveaus wieder von dieser Zielmarke entfernt und liegt erheblich darunter. Bereits 2023 wäre zur Erfüllung des 60-Prozent-Kriteriums ein Mindestlohn von 13,61 Euro nötig gewesen, im laufenden Jahr von rund 14 Euro, so Berechnungen der Forscher auf Basis von aktuellen Eurostat-Daten.

Bei ihrer jüngsten Entscheidung hat die deutsche Mindestlohnkommission die Vorgaben der Europäischen Mindestlohnrichtlinie – gegen das Votum der Gewerkschaften – außen vorgelassen und angekündigt, auch in Zukunft nur die im Mindestlohngesetz explizit genannten Kriterien zu berücksichtigen. Dies macht nach Analyse der Wissenschaftler deutlich, dass die fortschrittlichen Regelungen der EU-Richtlinie möglichst konkret und bindend in das deutsche Recht übertragen werden müssten: „Damit zukünftig auch in Deutschland ein angemessenes Mindestlohnniveau im Sinne der Europäischen Mindestlohnrichtlinie existiert, sollte der Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns explizit als Untergrenze für den Mindestlohn in das Mindestlohngesetz aufgenommen werden“, empfehlen Lübker und Schulten.

Preisentwicklung relativiert Mindestlohnanhebungen

Die jüngsten Mindestlohnanhebungen relativieren sich, wenn die gestiegenen Lebenshaltungskosten gegengerechnet werden. Der WSI-Mindestlohnbericht verwendet hierfür die jahresbezogene Inflationsrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) als auf EU-Ebene üblichen Maßstab. Real stiegen die Mindestlöhne in 14 EU-Ländern nach dieser Rechenweise gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt um 1 Prozent oder mehr, in sieben davon sogar um mindestens 5 Prozent. Im EU-Mittel lag der Kaufkraftgewinn des Mindestlohns bei 2,5 Prozent. Deutschland gehört zu einer Gruppe von nur sechs Ländern, in denen der Mindestlohn real um 1 Prozent oder mehr fiel (siehe auch die Tabelle in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Auch wenn für Deutschland der nationale Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet wird, schafft die jüngste Anhebung hierzulande keinen Inflationsausgleich. Gemessen am VPI stiegen die Preise zwischen Oktober 2022, dem Zeitpunkt der vorangegangenen Anpassung, und Januar 2024 um 3,6 Prozent und damit stärker als der Mindestlohn. Auch bei der längerfristigen Entwicklung schneidet Deutschland vergleichsweise schwach ab: Seit 2015 legte der deutsche Mindestlohn real um 15,2 Prozent zu. Dieser Kaufkraftgewinn ist aber fast vollständig der außerordentlichen Erhöhung auf 12 Euro durch den Gesetzgeber im Oktober 2022 zu verdanken.

Aktuelle Mindestlöhne in der EU

Mit einem Mindestlohn von aktuell 12,41 Euro steht Deutschland unter den EU-Ländern an Position vier, nachdem die Bundesrepublik im Vorjahr durch die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro noch den 2. Rang innehatte. Ein deutlich höherer Mindestlohn gilt in Luxemburg (14,86 Euro) und den Niederlanden (13,27 Euro), auch Irland (12,70 Euro) liegt vor Deutschland (siehe die Abbildung in der pdf-Version). Mit geringem Abstand folgt Belgien (12,09 Euro). Dort wird, wie in Frankreich (11,65 Euro), die Lohnuntergrenze auch unterjährig erhöht, sodass beide Länder weiter aufschließen dürften.

Kein gesetzlicher Mindestlohn existiert in Österreich, den nordischen Ländern und Italien. In diesen Staaten besteht aber eine sehr hohe Tarifbindung, die auch vom Staat stark unterstützt wird. Faktisch ziehen dort also Tarifverträge eine allgemeine Untergrenze. Parallel zu den Kriterien für gesetzliche Mindestlöhne fordert die EU-Richtlinie von Staaten, in denen für weniger als 80 Prozent der Arbeitnehmer*innen Tarifbindung besteht, Aktionspläne zur Stärkung der Tarifbindung. Das betrifft auch Deutschland, wo lediglich rund die Hälfte der Beschäftigten mit Tarifbindung arbeiten. „Diese Doppelstrategie ist sehr klug. Denn Tarifverträge sind der beste Schutz gegen Niedriglöhne, und sie sind passgenauer als staatliche Regelungen. So sorgen sie auch insgesamt für ein angemessenes Lohnniveau“, sagt WSI-Experte Lübker.

Osteuropäische Länder haben aufgeholt

Die Mindestlöhne in den süd- und den osteuropäischen EU-Staaten liegen niedriger als in Westeuropa. Anders als noch vor einigen Jahren unterscheiden sich die süd- und die osteuropäischen Länder nicht mehr so stark voneinander. So reichen die Lohnuntergrenzen von 7,25 Euro in Slowenien, 6,87 Euro in Spanien und umgerechnet 6,10 Euro in Polen über beispielsweise 5,65 Euro in Litauen, 4,85 Euro in Portugal oder 4,69 Euro in Tschechien bis zu 4,51 Euro in Griechenland. Die EU-weit niedrigsten Mindestlöhne gelten in Ungarn mit umgerechnet 4,02 Euro, Rumänien mit 3,99 Euro und Bulgarien mit 2,85 Euro. Insgesamt hat sich die Spreizung innerhalb der EU trotz weiterhin erheblicher Unterschiede beträchtlich verringert, konstatieren Lübker und Schulten: Während der luxemburgische Mindestlohn im Jahr 2015 noch fast zehnmal so hoch war wie der bulgarische, ist die Spannweite Anfang 2024 auf den Faktor 5,2 zurückgegangen, weil Bulgarien und andere osteuropäische Staaten aufgeholt haben.

Zudem spiegeln die Niveauunterschiede teilweise unterschiedliche Lebenshaltungskosten wider. Legt man Kaufkraftstandards (KKS) zugrunde, reduziert sich der Abstand zwischen den EU-Ländern mit niedriger und relativ hoher Untergrenze spürbar auf knapp das 2,5-fache (siehe Abbildung 2 im Mindestlohnbericht; Link unten). Polen (in KKS 8,38 Euro), Slowenien und Litauen liegen bei dieser Betrachtungsweise beispielsweise vor allen südeuropäischen Mitgliedsstaaten. Das Preisniveau in Deutschland liegt über dem europäischen Durchschnitt, sodass der Mindestlohn in KKS niedriger ausfällt und 9,94 Euro beträgt. Bei den westeuropäischen Nachbarn ist dieser Effekt noch größer, sie fallen entsprechend zurück.

Mindestlöhne außerhalb der EU

Auch außerhalb der EU sind Mindestlöhne weit verbreitet. Exemplarisch betrachtet das WSI die Mindestlöhne in 16 Nicht-EU-Ländern mit ganz unterschiedlichen Mindestlohnhöhen. Sie reichen von, jeweils umgerechnet, 14,26 Euro in Australien, 12,88 Euro in Neuseeland, 11,98 Euro in Großbritannien oder 10,88 Euro in Kanada über 6,98 Euro in Korea oder 6,59 im japanischen Landesdurchschnitt bis zu 3,98 Euro in der Türkei, 2,44 Euro in Argentinien, 1,20 Euro in Russland, 1,19 Euro in Brasilien bis zu 1,08 Euro in der Ukraine. Auch außerhalb Europas fallen die Unterschiede in KKS häufig etwas weniger groß aus.

„Praktisch obsolet“ ist der landesweite Mindestlohn nach Einschätzung der WSI-Experten in den USA, weil er seit 2009 nicht mehr erhöht wurde und mit umgerechnet 6,70 Euro oder gerade einmal 4,51 Euro in KKS nicht zum Überleben reicht. Daher gibt es daneben in rund 30 US Bundesstaaten und Washington DC höhere regionale Untergrenzen. So beträgt der Mindestlohn in der Hauptstadt umgerechnet 15,72 Euro, in Kalifornien umgerechnet 14,80 Euro und im Bundesstaat New York 13,87 Euro.

Besonders interessant ist nach Analyse der WSI-Forscher der Mindestlohn in Neuseeland. Mit umgerechnet 12,88 Euro liegt er auf westeuropäischem Niveau. Gemessen am Medianlohn im Land weist er mit 70,5 Prozent im Jahr 2022 die höchste Quote im internationalen Vergleich auf. Das Beispiel Neuseeland zeige, dass „auch ein deutlich höher im nationalen Lohngefüge angesiedelter Mindestlohn möglich ist“, schreiben Lübker und Schulten. Und: „Die regelmäßig durchgeführten Evaluationsstudien zeigen keine nennenswerten negativen Effekte auf Beschäftigung und Inflation.“

WSI-Mindestlohnbericht 2024:
Reale Zugewinne durch die Umsetzung der Europäischen Mindestlohnrichtlinie

WSI-Report Nr. 93, Februar 2024 ›

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 22.02.204

Vollzeitbeschäftigte Frauen wenden weniger Zeit auf als Männer, um von ihrem Wohnort zum Arbeitsort zu pendeln. Im Mittel pendelten Frauen im Jahr 2017 11,6 Minuten und Männer 13,4 Minuten. Dabei spielt unter anderem die Berufswahl eine wesentliche Rolle. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Die Pendelzeiten sind in Berufen mit einem hohen Frauenanteil kürzer. Frauen üben demnach eher Berufe aus, die geringere Pendelzeiten erfordern. So weisen beispielsweise medizinische und nicht-medizinische Gesundheitsberufe mit einem Frauenanteil von 73 Prozent eine unterdurchschnittliche Pendelzeit von Frauen wie von Männern mit 10,6 beziehungsweise 12,4 Minuten auf. „Erwarten Frauen schon bei der Berufswahl, später vorrangig Familienverpflichtungen zu übernehmen, ist es aufgrund der damit einhergehenden stärkeren räumlichen Gebundenheit rational, Berufe zu wählen, die in nahezu allen Regionen vorhanden sind“, erklärt IAB-Forscherin Antje Weyh.

Das Pendelverhalten von Frauen unterscheidet sich auch in weiterer Hinsicht von dem der Männer: Während die Pendelzeit bei den vollzeitbeschäftigten Frauen mit dem Alter sinkt, steigt sie bei den Männern an. Frauen arbeiten zudem öfter in Kleinbetrieben, bei deren Beschäftigten die Pendelzeit allgemein kürzer ist als für diejenigen in größeren Betrieben. Darüber hinaus besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Pendeldauer und erzieltem Entgelt. Dieser ist für Männer jedoch ausgeprägter.

Zudem leben und arbeiten mehr Frauen innerhalb einer städtischen Region, während mehr Männer innerhalb einer ländlichen Region pendeln. Die Pendellücke ist zwischen Frauen und Männern bei einem Wohnort im ländlichen Raum größer als bei einem Wohnort in der Stadt. „Viele Frauen übernehmen im Vergleich zu Männern mehr Verpflichtungen für Kinder, ältere Familienangehörige und Haushalt zu Lasten des Berufslebens. Als Folge sind Frauen außerberuflich stärker regional gebunden als Männer. Dies gilt vor allem für ländliche Räume, da hier die Jobauswahl kleiner ist als in städtischen Räumen“, so Ramona Jost, Mitautorin der Studie.

„Um Frauen die Annahme von Stellen bei weiter entfernten Betrieben zu ermöglichen, sind bessere Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehören beispielweise eine flächendeckende Ganztagsbetreuung in Kitas und Grundschulen, die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können, und nicht zuletzt die gezielte Unterstützung der Mobilität von Frauen, die auf dem Land wohnen“, so IAB-Forscherin Michaela Fuchs.

Die Studie basiert auf der IAB-Beschäftigten-Historik (BeH) und umfasst eine Stichprobe von rund 6 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland für die Jahre 2000 bis 2017. Mithilfe geografischer Koordinaten von Wohnort- und Arbeitsortadressen wurde eine hypothetische einfache Pendelzeit bestimmt.

Zum Download stehen bereit:

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-04.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 26.02.204

Frauen sind weltweit in nationalen Parlamenten in aller Regel nach wie vor unterrepräsentiert. Zum Stichtag 1. Februar 2024 lag der Frauenanteil im Deutschen Bundestag bei 35,3 %, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März mitteilt. Im weltweiten Ranking der Interparlamentarischen Union (IPU) nahm Deutschland damit Platz 47 von 184 ein. Spitzenreiter war der ostafrikanische Staat Ruanda mit einem Frauenanteil von 61,3 % im Parlament. In Kuba (55,7 %), Nicaragua (53,9 %) und Mexiko (50,4 %) waren ebenfalls mehr Frauen als Männer im Parlament vertreten. Geschlechterparität erreichten die Parlamente von Andorra und den Vereinigten Arabischen Emiraten (jeweils 50,0 %). In den Parlamenten des Oman, des Jemen und des pazifischen Inselstaates Tuvalu saßen hingegen keine weiblichen Abgeordneten.

Frauenanteil in Parlamenten weltweit nimmt zu

In den vergangenen Jahren ist der Frauenanteil in den nationalen Parlamenten nach und nach gestiegen. Laut IPU war zum Stichtag 1. Februar 2024 im globalen Durchschnitt gut ein Viertel (26,8 %) aller Parlamentsabgeordneten weiblich. Zum 1. Februar 2014 hatte der Anteil bei 22,1 % gelegen, zum 30. Januar 2004 bei 15,2 %.

Methodische Hinweise:

Grundlage des IPU-Rankings bildet die Zahl der Abgeordneten nach Geschlecht im Parlament. In Zweikammersystemen beziehen sich die Daten auf das Unterhaus bzw. die direkt vom Volk gewählte, in aller Regel mächtigere Kammer. Veränderungen des Frauenanteils in Parlamenten während einer Legislaturperiode können sich unter anderem durch Mandatsverzichte oder Sterbefälle und das damit verbundene Nachfolgen von Abgeordneten ergeben.

Weitere Informationen:

Weiterführende Informationen zum Frauenanteil in Parlamenten weltweit finden Sie auf der Themenseite Internationales im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. 

Einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland bieten zudem unsere Gleichstellungsindikatoren.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 05.03.2024
  • Ein Viertel spricht zu Hause ausschließlich Deutsch, gut die Hälfte neben Deutsch noch weitere Sprachen
  • Deutliche Unterschiede zwischen Eingewanderten der ersten Generation und Nachkommen
  • Knapp vier Fünftel der Bevölkerung insgesamt sprechen zu Hause ausschließlich Deutsch

Deutsch wird in Deutschland auch von den meisten Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Kommunikation im eigenen Haushalt genutzt: auf mehr als drei Viertel von ihnen trifft das zu. Knapp ein Viertel (knapp 24 %) der rund 20,2 Millionen Personen mit Einwanderungsgeschichte sprachen im Jahr 2022 ausschließlich Deutsch zu Hause, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Tages der Muttersprache am 21. Februar auf Grundlage von Ergebnissen des Mikrozensus 2022 mitteilt. Mehr als die Hälfte (knapp 54 %) griff neben Deutsch noch auf mindestens eine weitere Sprache zur Verständigung mit Haushaltsangehörigen zurück. Weitere knapp 23 % der Personen mit Einwanderungsgeschichte sprachen zu Hause ausschließlich eine oder mehrere andere Sprachen als Deutsch. Eine Person hat eine Einwanderungsgeschichte, wenn sie selbst oder beide Elternteile seit dem Jahr 1950 nach Deutschland eingewandert sind.

Eingewanderte sprechen seltener zu Hause Deutsch als ihre Nachkommen

Von den Personen, die selbst nach 1950 nach Deutschland eingewandert sind, sprachen im Jahr 2022 knapp drei Viertel (73 %) zu Hause Deutsch. Für ein gutes Fünftel der Eingewanderten (21 %) war Deutsch dabei zu Hause die einzige Sprache, gut die Hälfte (52 %) nutzte neben dem Deutschen noch eine weitere Sprache. Bei 27 % der Eingewanderten wurde Deutsch im eigenen Haushalt nicht zur Kommunikation genutzt.

Mehr als 90 % der direkten Nachkommen dieser Eingewanderten sprachen zu Hause Deutsch. Ein Drittel der Nachkommen (34 %) benutzte dabei ausschließlich Deutsch, während gut die Hälfte (58 %) Deutsch und eine andere Sprache zur Kommunikation einsetzte. Weniger als jede und jeder Zehnte der Nachkommen sprach zu Hause gar kein Deutsch (knapp 9 %). Als Nachkommen werden in Deutschland geborene Personen bezeichnet, bei denen beide Elternteile seit 1950 eingewandert sind. 

Knapp drei Viertel (72 %) der Personen, bei denen nur ein Elternteil eingewandert ist, sprachen ausschließlich Deutsch zu Hause. 27 % sprachen zu Hause neben Deutsch noch eine weitere Sprache.

Türkisch ist nach Deutsch die am häufigsten gesprochene Sprache im Haushalt

Unter den Personen, die zu Hause vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch zur Kommunikation nutzten, war Türkisch mit 14 % die am häufigsten gesprochene Sprache. Danach folgten Russisch (12 %), Arabisch (10 %), Polnisch (7 %), Englisch (6 %) und Rumänisch (5 %).

79 % der Bevölkerung insgesamt sprechen zu Hause ausschließlich Deutsch

Die Menschen mit Einwanderungsgeschichte machten 2022 knapp ein Viertel der Bevölkerung in Privathaushalten hierzulande aus. Von diesen insgesamt rund 83,1 Millionen Menschen sprachen knapp 79 % ausschließlich Deutsch in den eigenen vier Wänden. Weitere knapp 16 % waren mehrsprachig und nutzen zu Hause neben Deutsch noch mindestens eine weitere Sprache. Während für knapp ein Drittel von ihnen Deutsch die vorwiegend gesprochene Sprache im Haushalt war, verständigten sich gut zwei Drittel hauptsächlich mit Hilfe einer anderen Sprache. Die restlichen knapp 6 % sprachen im Haushalt kein Deutsch, sondern ausschließlich eine oder mehrere andere Sprachen. 

Methodische Hinweise:

Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten. Um aus den erhobenen Daten Aussagen über die Gesamtbevölkerung treffen zu können, werden die Daten an den Eckwerten der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet. Dargestellt sind Personen in privaten Hauptwohnsitzhaushalten.

Eine Person hat eine Einwanderungsgeschichte, wenn sie selbst oder beide Elternteile seit dem Jahr 1950 nach Deutschland eingewandert sind. Angaben zur im Haushalt vorwiegend gesprochenen Sprache werden seit 2017 im Mikrozensus erhoben. Der Mikrozensus gibt jedoch keine Auskunft darüber, wie gut die Befragten eine Sprache beherrschen oder welche Sprachen sie ggf. zusätzlich zu den im Haushalt vorwiegend gesprochenen Sprachen beherrschen. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Bevölkerung in privaten Hauptwohnsitzhaushalten (2022: 83,1 Millionen Personen) und nicht auf die Bevölkerung in Gemeinschaftsunterkünften (zum Beispiel dort lebende Geflüchtete), da für Personen in Gemeinschaftsunterkünften die gesprochene Sprache gemäß Mikrozensusgesetz (MZG) nicht erhoben wird.

Dargestellt sind Endergebnisse des Berichtsjahres 2022. Der Mikrozensus wurde technisch und methodisch im Berichtsjahr 2020 neugestaltet. Ausführliche Informationen sind auf einer Sonderseite im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar.

Beim Mikrozensus 2022 ist insgesamt zu berücksichtigen, dass sich die verstärkte Zuwanderung im Jahr 2022, vor allem in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine, auf die Ergebnisse auswirken kann: Bei der Hochrechnung werden ausgewählte Merkmale des Mikrozensus an Eckwerte der Bevölkerungsfortschreibung angepasst, unter anderem an die Staatsangehörigkeit. Aufgrund des starken Zuzugs wurden 2022 Schutzsuchende aus der Ukraine im Mikrozensus nicht vollständig erfasst. In der laufenden Bevölkerungsfortschreibung werden diese Personengruppen hingegen über die Meldungen der Meldeämter berücksichtigt. Bei der Interpretation der Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit sollte deshalb beachtet werden, dass die unterschiedlichen ausländischen Staatsangehörigkeiten (vor allem EU-Drittstaaten) gegebenenfalls überschätzt werden und insbesondere die ukrainische Staatsangehörigkeit unterschätzt wird.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen zur Bevölkerung nach Einwanderungsgeschichte bietet der Statistische Bericht „Bevölkerung nach Einwanderungsgeschichte“. Dieser liefert einen Überblick zur Situation von Eingewanderten und ihren (direkten) Nachkommen in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 22.02.204

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Jetzt Anmeldebeginn für Aussteller*innen und Veranstalter*innen!

Vom 13. bis 15. Mai 2025 wird der 18. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) seine Pforten in Leipzig öffnen. Der größte Jugendhilfegipfel in Europa steht unter dem Leitgedanken „Weil es ums Ganze geht: Demokratie durch Teilhabe verwirklichen!“. Die Krisen der letzten Jahre und der Gegenwart stellen viele Selbstverständlichkeiten in Frage, legen gesellschaftliche Konflikte offen oder befördern sie sogar. Aktuell wird neu verhandelt, in welcher Gesellschaft wir leben wollen – es geht ums Ganze. Die Kinder- und Jugendhilfe ist hier klar positioniert und wirkt als Demokratiemotor, in dem sie jungen Menschen Beteiligung und Teilhabe ermöglicht, Vielfalt fördert und auf den Abbau sozialer Ungleichheiten hinwirkt.

In diesem Sinne soll der DJHT einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie leisten und gemeinsam mit jungen Menschen Lösungsansätze für die aktuellen Herausforderungen entwickeln.  Ziel ist, dass die Generation U 27 mit über 22 Millionen jungen Menschen in Deutschland eine gerechte und lebenswerte Zukunft hat. Voraussetzung dafür ist die Teilhabe aller Menschen an dieser Gesellschaft.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

„Wer sich als Teil einer Gesellschaft fühlt, sagt ‚Ja‘ zu dieser Gesellschaft. Wenn der Wunsch nach Teilhabe hingegen enttäuscht wird, trägt das dazu bei, dass sich Menschen von der Demokratie abwenden. Um besonders die Teilhabe junger Menschen zu fördern, sind viele gesellschaftliche Kräfte aktiv. Der Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe ist dabei immens, insbesondere in der frühkindlichen, außerschulischen und politischen Bildung. Gleichzeitig ist das Motto des 18. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages ‚Weil es ums Ganze geht: Demokratie durch Teilhabe verwirklichen!‘ vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungen für unsere Demokratie brandaktuell. Junge Menschen wachsen unter ganz verschiedenen Bedingungen auf, sie haben vielfältige Interessen und gehen unterschiedliche Wege. Das gute Aufwachsen von allen jungen Menschen auch in Krisenzeiten steht im Zentrum meiner Arbeit als Bundesjugendministerin. Ich freue mich auf den 18. DJHT in Leipzig – ein wichtiges Signal für Demokratie und Teilhabe!“

Petra Köpping, Sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt:

„Ich freue mich, dass es mit unserer Unterstützung gelungen ist, erstmals seit 1996 wieder einen DJHT nach Sachsen und damit nach Ostdeutschland zu holen. Wir leben in Zeiten großer Verunsicherungen und einer gesellschaftlichen Spaltung, die auch vor den Familien, den Kindern und den Jugendlichen nicht haltmacht. Gerade auch bei uns in Sachsen ist es daher wichtig, den kommenden Generationen den Wert unserer Demokratie zu vermitteln und zu zeigen, dass es sich lohnt, aktiv an unserem Gemeinwesen mitzuarbeiten. Die Kinder- und Jugendhilfe hat hier eine wichtige Multiplikatorenrolle. Wir wollen ermöglichen, dass alle gleichberechtigt an unserer Gesellschaft teilhaben und selbstbestimmt ihren Weg im Leben gehen können. Der DJHT knüpft daran an. Er zeigt nicht nur die vielfältigen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, sondern ist ein Ort der Weiterbildung, der Vernetzung und der Ermutigung. Mit unserem Beitrag zum Kongress und der Messe zeigen wir bewusst eine ostdeutsche Perspektive auf die vielfältigen Themen.“

Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig:

„Ich freue mich, dass sich der 18. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag zum Thema „Demokratie durch Teilhabe verwirklichen“ in Leipzig trifft. In unserer familienfreundlichen Stadt wirkt auch die Kinder- und Jugendhilfe als Demokratiemotor. Sie vermittelt Kompetenzen, die für eine pluralistische, offene Gesellschaft entscheidend sind. Es werden Maßnahmen gefördert, die Zivilcourage stärken, und demokratische Werte und Fähigkeiten, wie Toleranz, Dialogbereitschaft und Respekt, vermitteln. Frühe positive Bildungserfahrungen wirken lebenslang und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig.“

Mit dem 18. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag 2025 wird der Demokratiemotor Kinder- und Jugendhilfe weiter Fahrt aufnehmen. Von der Kitaleiterin bis zum Schulsozialarbeiter, vom Jugendamtsleiter bis zur Kinderpsychologin, von der Heimerzieherin bis zum Erziehungsberater und der Streetworkerin: Insgesamt arbeiten mehr als eine Million Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Gesamtzahl entspricht ungefähr 2,8 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland. Für sie ist der DJHT mit seinem Kongress und der Fachmesse das Top-Event der Branche – er ist Innovationsbörse und Ideenschmiede.

Franziska Porst, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

„Beim 18. DJHT erwarten wir an den drei Veranstaltungstagen ca. 30.000 Besucher*innen. Im Rahmen des Fachkongresses wird es rund 250 Fachveranstaltungen für mehrere tausend Menschen zeitgleich geben. Darüber hinaus werden sich auf der Fachmesse auf 30.000 m² verschiedenste Organisationen und Institutionen der Zukunftsbranche Kinder- und Jugendhilfe präsentieren. Ein besonderes Highlight ist das Forum Berufseinstieg als Informations- und Netzwerkangebot für angehende Fachkräfte, Neu- und Quereinsteiger*innen. Auch Europa wird eine starke Rolle spielen, hierzu gibt es zahlreiche Veranstaltungen und einen Marktplatz Europa. Die AGJ freut sich, nach fast 30 Jahren den DJHT wieder nach Leipzig bringen zu dürfen. Werden Sie als Aussteller*in oder Mitveranstalter*in Teil des DJHT! Anmeldungen sind bis zum 3. Mai 2024 unter www.jugendhilfetag.de möglich.“

Hintergrund

Seit 1964 veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ alle drei bis vier Jahre den Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT). Der DJHT ist das größte Branchentreffen der Kinder- und Jugendhilfe und ihrer Schnittstellenbereiche in Europa. Mit seinen vielseitigen und kreativen Angeboten im Fachkongress und auf der Fachmesse ist er Kommunikationsplattform, Ideenbörse und Zukunftsschmiede. Der DJHT leistet so einen wesentlichen Beitrag, damit junge Menschen gut aufwachsen können, und er befördert zudem die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe.

Der 18. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) und die Stadt Leipzig.

Weitere Infos zum DJHT erhalten Sie unter: https://www.jugendhilfetag.de/.

Ansprechpartnerinnen für den Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 22.02.2024

Der AWO Bundesverband und der Paritätische Gesamtverband haben anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz am 6.3.24 in Offenen Briefen dazu aufgerufen, ihre Forderungen bei den Beratungen zu berücksichtigen. Der Brief warnt u.a. vor negativen Auswirkungen der restriktiven Politik auf die Aufnahme von Geflüchteten und plädiert für eine lösungsorientierte und soziale Flüchtlingspolitik. Bedenken bestehen vor allem gegenüber der Prüfung einer Auslagerung von Asylverfahren und der geplanten Einführung einer diskriminierenden Bezahlkarte. Der offene Brief betont anstelle von Symbolpolitik die Notwendigkeit umfassender Investitionen in die soziale Infrastruktur und erinnert an die Bedeutung von Einwanderung für Deutschland.

Zum Offenen Brief: https://awo.org/offener-brief-mit-fluechtlingspolitischen-anliegen-zur-ministerpraesidenten-konferenz-am-63

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 06.03.2024

In über 100 Städten gehen heute Klimaaktivist*innen, Gewerkschaften und Verbände gemeinsam mit Fahrgästen und Beschäftigten für eine sozial gerechte und klimafreundliche Mobilitätswende auf die Straße. Vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin nehmen Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge und der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Detlev Müller, eine Petition für einen sozial verträglichen ÖPNV-Ausbau mit über 150.000 Unterschriften entgegen. Anschließend startet ein Protestzug durch das Regierungsviertel.

Die Beschäftigten des Nahverkehrs befördern täglich 28 Millionen Fahrgäste und vermeiden dadurch 9,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. Während die Fahrgastzahlen stetig steigen, sinkt die Zahl der Menschen, die den Betrieb im ÖPNV aufrechterhalten. Viele Beschäftigte gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand, während der Nachwuchs fehlt, der bereit ist, in Schichtarbeit mit wenigen Pausen und hohen Krankenständen zu arbeiten.

Tina Nowak, Straßenbahnfahrerin aus Berlin:

„Wir haben teilweise neun Stunden Dienst ohne längere Pause. Viele Kolleg*innen sind krank oder geben den Beruf ganz auf. So kann das nicht weitergehen! Wir haben gelernt, dass einfache Appelle nicht reichen, um wirklich etwas zu verändern. Wir tun uns jetzt zusammen, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.“

Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende:

“Die Beschäftigten haben ihren Teil zur Mobilitätswende beigetragen. Politiker auf allen Ebenen müssen nun die Herausforderungen der Klimakrise ernst nehmen und Maßnahmen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Mobilität umsetzen. Es ist jetzt an der Zeit, den Nahverkehr besser zu finanzieren und seine Sanierung und Weiterentwicklung anzugehen. Die Schuldenbremse muss reformiert werden und es müssen neue Fondslösungen geschaffen werden.”

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands:

“In der Mobilitätspolitik gibt es sozial-ökologisch viel zu gewinnen. Doch dafür muss die Politik endlich die Weichen richtig stellen: Für einen inklusiven und ökologischen öffentlichen Nahverkehr mit guten Arbeitsbedingungen – in der Stadt und auf dem Land. Dabei muss die Barrierefreiheit für alle und der kostenlose Zugang für arme Menschen unbedingt ermöglicht werden.”

Michael Groß, Vorsitzender des Präsidiums der Arbeiterwohlfahrt (AWO):
„Mobilität ist ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, der allen Menschen, auch den ganz jungen und ganz alten, gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. Mobilität für alle ist aber ein Versprechen, das nur der ÖPNV einlösen kann. Die Verkehrsministerien in Bund und Ländern müssen einen flächendeckend leistungsstarken ÖPNV endlich als den entscheidenden Faktor einer klimagerechten Verkehrspolitik für alle Menschen im Land begreifen und dementsprechend eindeutig und mit den nötigen Finanzmitteln gegenüber dem Neubau von Autobahnen priorisieren.“

Liv Manthey, Sprecherin von Fridays for Future:

„Eine sozial-ökologische Verkehrswende ist möglich – und hilft uns allen. Mit dem Klimastreik am 1. März zeigen wir, dass der Kampf um Entlastungen für die BVG-Beschäftigten, für die Fahrgäste und für das Klima nur gemeinsam zu gewinnen ist. Dieser Kampf macht deutlich, dass uns mehr eint, als uns trennt und das lässt uns zusammen hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.“

Marissa Reiserer, Verkehrsexpertin von Greenpeace e.V.:

“Die Streiks im ÖPNV gehen auf das Konto von Verkehrsminister Wissing und Finanzminister Lindner. Statt schädlicher Kürzungspolitik sind verlässliche und höhere Investitionen in den öffentlichen Verkehr erforderlich. Lindner schafft es nicht, den Druck aus den Verhandlungen zu nehmen und streicht auch noch die Förderung für Elektrobusse und ÖPNV-Modellprojekte. Damit lässt er nicht nur Beschäftigte und Fahrgäste im Stich, sondern auch seinen Kollegen Volker Wissing, der bereits zum dritten Mal in Folge an den Klimazielen im Verkehr scheitert.”

Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des BUND:

“Der ÖPNV ist das Rückgrat der Mobilitätswende. Nur mit einem verbesserten Angebot bei Bussen und Bahnen lassen sich die gesetzlichen Klimavorgaben im Verkehr einhalten. Engere Taktungen und zusätzliche Linien lassen sich aber nur einführen, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen. Hier ist auch Volker Wissing gefragt, nicht weiter den Bau teurer und klimaschädlicher Autobahnen voranzutreiben, sondern die Attraktivität des ÖPNV zu verbessern.”

Achim Heier, Kampagne einfach.umsteigen von Attac Deutschland:

“Um den Klimakollaps zu verhindern, muss der Autoverkehr drastisch zurückgebaut und der öffentliche Verkehr bis 2030 verdoppelt werden. Die dafür erforderlichen etwa 20 Milliarden Euro pro Jahr sind eine unverzichtbare Investition und müssen von der Politik bereitgestellt werden. Wir müssen jetzt radikal umsteuern und dafür gehen wir am 1. März auf die Straße.”

Alexander Kaas Elias, Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD:
„Dank des Deutschlandtickets ist Bus- und Bahnfahren so einfach wie nie zuvor. Aber ohne Personal nützt das beste Ticket nichts. Deshalb fordern wir gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in den Verkehrsbetrieben. Denn sie sorgen tagtäglich dafür, dass die Fahrgäste von frühmorgens bis spätabends klimafreundlich und sicher ans Ziel kommen. Bund und Länder müssen die Investitionen in einen barrierefreien und guten Nahverkehr massiv erhöhen, damit noch mehr Menschen endlich umsteigen können.“

Zu den Verbänden, die gemeinsam mit ver.di und FFF zum Klimastreik aufrufen, zählen Attac, AWO, BUND, BUND Jugend, Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Greenpeace e.V., NABU, Verkehrsclub Deutschland e. V. (VCD) und der Paritätische Gesamtverband.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. und andere vom 01.03.2024

Die humanitäre Lage im Gaza-Streifen ist katastrophal. Inzwischen muss von über 30.000 Toten ausgegangen werden, dazu mehr als 69.000 Verletzte und die Zerstörung der Lebensgrundlagen von rund 2 Millionen Menschen. 85 Prozent der Palästinenser*innen im Gaza-Streifen sind vertrieben.

Der AWO Bundesverband fordert aus diesem Grund eine sofortige Feuerpause und die Sicherstellung der humanitären Versorgung in Gaza. Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: „Es ist klar, dass die Bundesrepublik eine besondere Verantwortung für den Staat Israel hat. Ebenso klar ist, dass sie auch auf die Einhaltung von Normen zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung pochen muss. Diese ist im Gaza-Streifen mit einer humanitären Krise in einem nicht dagewesenen Ausmaß konfrontiert!“

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert bereits vier Monate an. Am 7. Oktober 2023 griff die Hamas im Süden Israels überraschend Militärstützpunkte und kleinere Ortschaften an und ermordete dabei rund 1.200 Menschen, die Mehrheit von ihnen Zivilist*innen, darunter auch Kinder. Über 200 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: „An keinem Tag nach der Shoah wurden mehr Jüdinnen und Juden aus antisemitischem Hass ermordet als am 07. Oktober 2023. Der Überfall der Hamas ist eine Zäsur – und nach wie vor befinden sich circa 130 Geiseln in Gefangenschaft der Hamas. Leidtragende des Terrors sind Zivilist*innen auf beiden Seiten. Ihre Schicksale dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.02.2024

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt hat eine neue Webseite zur Stärkung von Sozialräumen entwickelt. Ziel der Seite awo-aktiv-im-quartier.de ist es, über die bundesweiten Aktivitäten der AWO im Bereich Quartiersarbeit und sozialräumliche Arbeit zu informieren, die Vernetzung der AWO intern und extern zu befördern und so die Weiterentwicklung im Sozialraum zu stärken. Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt:

„Unsere Gesellschaft verändert sich grundlegend. Zum Beispiel durch den demografischen Wandel, aber auch Klimakrise, weltpolitische Krisen und Kriege haben Einfluss auf das Leben der Menschen hier und jetzt. Ihre Lebensqualität und Teilhabechancen werden dadurch aber unterschiedlich beeinflusst, je nachdem, ob und inwiefern es grundlegende Infrastrukturen, Arbeits- und Versorgungsmöglichkeiten, Hilfe-, Beratungs- und Unterstützungs- oder auch Teilhabe- und Begegnungsmöglichkeiten in erreichbarer Nähe gibt. Im besonderen Ausmaß gilt das für Bevölkerungsgruppen, die bedingt durch Belastungsfaktoren, Diskriminierungs- oder Ausgrenzungserfahrungen als vulnerabel bezeichnet werden. Sie stehen im Fokus der Sozialen Arbeit der AWO. Quartiersentwicklung und sozialräumliche Versorgungskonzepte sind dabei zentral, um gesellschaftlichen Herausforderungen und veränderten Bedarfslagen zu begegnen und nachteiligen Effekten entschieden entgegenzuwirken. Im Zentrum sozialräumlicher Arbeit stehen die Entwicklung und Ausgestaltung von Sozialräumen und Quartieren, um so die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu verbessern. An diesem Ziel arbeiten Haupt- und Ehrenamt gemeinsam mit der Bewohnerschaft, vernetzt mit lokalen Akteur*innen und der Kommune.“

Um diese Entwicklung zu fördern, hat der AWO Bundesverband die Quartierswebsite unter der Internetadresse: https://www.awo-aktiv-im-quartier.de/ entwickelt. Darauf zeigt beispielsweise eine Projektlandkarte die sozialräumlichen Projekte inkl. Kontaktdaten bundesweit, es gibt Informationen zu Fördermöglichkeiten und Verstetigungsoptionen, eine Sammlung hilfreicher Materialien und Links und Hinweise auf aktuelle Ausschreibungen, Fachkonferenzen und Veranstaltungen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 22.02.2024

Anlässlich des heute veranstalteten Parlamentarischen Abends „Vereint in polarisierten Zeiten. Im Austausch für die wehrhafte Demokratie in ländlichen Räumen“ veröffentlichen AWO Bundesverband, Deutsche Sportjugend, Diakonie Deutschland, Deutscher Feuerwehrverband, THW-Jugend und NaturFreunde Deutschlands in Anwesenheit der zuständigen Bundesministerin Nancy Faeser und von Abgeordneten des Deutschen Bundestags fünf Kernforderungen zur Absicherung des Engagements im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“.  

Das Bundesprogramm fördert seit 2010 in Vereinen und Verbänden Projekte und Maßnahmen mit dem Ziel der Extremismusprävention und Demokratiestärkung in strukturschwachen ländlichen Regionen. Da die aktuelle Förderphase im Dezember 2024 endet und eine Absicherung des demokratiestärkenden Engagements angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen dringend geboten ist, formulierten die Verbände zentrale Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements für Demokratie.  

„Gerade in den Strukturen zivilgesellschaftlicher Organisationen vor Ort werden Werte wie Solidarität, Gemeinsinn und Offenheit gelebt. Doch auch hier ist demokratische Praxis keine Selbstverständlichkeit, sondern muss immer wieder vermittelt, verteidigt und verankert werden“, so die Veranstalter*innen. Daher gilt es, auch in Zukunft unbürokratische und niedrigschwellige Fördermöglichkeiten der Demokratiestärkung nachhaltig zu etablieren.  

Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbands, findet am Rande der Veranstaltung klare Worte: “Heute Abend sehen wir sehr schön: Demokratiearbeit in den Verbänden ist vielfältig und stabilisiert unsere Gesellschaft vor Ort. Projekte wie diese stärken Communities und damit Menschen. Wir müssen davon wegkommen, solche Vorhaben immer nur projektfinanziert von einem Jahr zum anderen zu organisieren. Wir brauchen stattdessen Planungssicherheit für die Träger! Man kann der Bevölkerung nicht erklären, dass eine so offensichtlich wichtige Sache nicht zustande kommt. Beim Demokratiefördergesetz müssen wir das gerade wieder beobachten.”  

Das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat. In der AWO werden aktuell sieben Projekte bei Landes- und Bezirksverbänden sowie der AWO Bundesverband als Koordinierender Träger gefördert. In den Projekten werden Multiplikator*innen für Demokratiestärkung ausgebildet, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in den Organisationsstrukturen erhalten Rat und Informationen zum Thema Demokratiestärkung und Antidiskriminierung und die Projekte vernetzen sich mit ihren Engagierten in Bündnissen für Demokratie vor Ort. Die Aktivitäten und Angebote der Projekte werden unter www.demokratie.awo.org veröffentlicht.  

Zu den Kernforderungen: https://awo.org/kernforderungen-der-awo-fuer-demokratisches-engagement-laendlichen-raeumen

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.02.2024

Die Arbeiterwohlfahrt appelliert an den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung, die Förderung für die Freiwilligendienste zu sichern. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um künftig Menschen unter 27 Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) auch in Teilzeit zu ermöglichen. Dazu findet heute im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestags eine Anhörung von Expert*innen statt. Susanne Rindt, Leiterin der Abteilung Verbandsangelegenheiten, Engagementförderung, Zukunft der Bürgergesellschaft beim AWO Bundesverband vertritt dort als Sachverständige die Position der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). 

Rindt erklärt zum vorgelegten Entwurf: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Zugänge zum Freiwilligen Sozialen Jahr und zum Bundesfreiwilligendienst verbessert und künftig allen Menschen unabhängig von Alter und Lebenssituation einen Dienst in Teilzeit ermöglicht. Angesichts der aktuellen Haushaltslage für die Freiwilligendienste bezweifeln wir aber, dass die Gesetzesänderung eine umfassende Wirkung entfalten wird. Im September droht nach wie vor der Wegfall von bis zu 30% der Freiwilligenplätze, denn die geplanten Kürzungen der Förderung wurden zwar für 2024 zurückgenommen, die Haushaltsmittel in 2025 sind aber nicht gesichert. Ein Freiwilligendienst funktioniert überjährig vom Herbst des einen bis zum Sommer des nächsten Jahres – und so ist auch die Förderlogik. Drastisch gesagt: Der demokratisch gefasste Beschluss des Parlaments, die Freiwilligendienste weiterhin ungekürzt zu fördern, ist aktuell wirkungslos. Jetzt ist die Regierung am Zug. Sie ist dringend aufgerufen, die erforderlichen Mittel für die Freiwilligendienste im Regierungsentwurf des Bundeshaushalts für 2025 einzustellen und so eine massive Beschädigung dieses Angebots zu verhindern. Darüber hinaus muss grundsätzlich eine Lösung gefunden werden, damit das Problem nicht jedes Jahr aufs Neue auftritt und dem Parlament auch de facto eine Entscheidung über die Finanzausstattung der Freiwilligendienste ermöglicht wird. Dass die Hoheit über den Haushalt beim Deutschen Bundestag liegt, ist für die Freiwilligendienste aktuell bloße Theorie.“

Der Entwurf des Freiwilligen-Teilzeitgesetzes sieht vor, dass junge Menschen künftig kein erhebliches Interesse mehr nachweisen müssen, wenn sie ein FSJ oder einen BFD in Teilzeit leisten wollen. Damit werden Zugangshürden abgebaut und das Angebot wird für größere Zielgruppen attraktiv. Teil des Gesetzentwurfes ist auch eine Erhöhung der Taschengeldobergrenze und es wird die Möglichkeit geschaffen, Freiwilligen Mobilitätszuschläge für den Weg zur Einsatzstelle zu zahlen. Beides würde mehr Anerkennung für die Freiwilligen bedeuten und die Teilhabemöglichkeiten junger Menschen aus Haushalten mit einem geringen Einkommen verbessern. Allerdings wird das Gesetz auch an dieser Stelle wenig Wirkung entfalten, denn, so Rindt: „Träger und Einsatzstellen könnten nun zwar mehr Taschengeld und zusätzliche Mobilitätszuschläge zahlen, aber eine Refinanzierung sieht das Gesetz nicht vor. Bereits jetzt ist der maximale Taschengeldbetrag meist nicht ausgeschöpft, da die sozialen Einrichtungen keine zusätzlichen Mittel aufbringen können. Angesichts der aktuellen allgemeinen Kostensteigerungen und der drohenden Kürzung der Bundesförderung werden die Spielräume für Taschengeldzahlungen kleiner und nicht größer.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.02.2024

Mit Blick auf die Arbeitsmarktzahlen sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Donnerstag in Berlin:

„Wirtschaftsflaute und mehr Menschen ohne Arbeit – der aktuelle Befund zeigt: Jetzt ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt für Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik und Rufe nach Sozialstaatsmoratorien. 

Gerade jetzt brauchen die Arbeitsagenturen und Jobcenter Spielräume, Arbeitslose gut zu unterstützen und weiterzubilden. Diese Infrastruktur muss Stabilitätsanker sein, wenn sich der Trend zum Anstieg der Arbeitslosigkeit fortsetzt, Unternehmen häufiger Kurzarbeit anmelden und Stellen abbauen. Wer keine Arbeit findet, sucht zuerst persönlichen Kontakt und muss sich auf ein wohnortnahes Unterstützungsangebot verlassen können.

Die Bundesagentur für Arbeit ist für diese wichtige Aufgabe aktuell gut aufgestellt, braucht aber auch in Zukunft verlässliche finanzielle Rückendeckung und eine gute Personalsituation. Von guten Strukturen in den Regionen profitieren auch die Unternehmen vor Ort. Sie können für ihre Beschäftigten in der Transformation mit geförderter Qualifizierung Arbeitsplätze sichern.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 29.02.2024

Die Ampelregierung hat sich auf eine Regelung geeinigt, nach der Asylbewerber künftig statt Geld auch eine Bezahlkarte erhalten können. Die Diakonie Deutschland fordert Bund, Länder und Kommunen auf, die Bezahlkarte so auszugestalten, dass sie sinnvoll und diskriminierungsfrei genutzt werden kann.

Dazu erklärt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide: „Eine Bezahlkarte kann sinnvoll und diskriminierungsfrei eingesetzt werden, sie ist aber von der Bundesregierung so nicht geplant. Die gestern beschlossene Bezahlkarte soll das Bargeld für Asylbewerber:innen drastisch einschränken und schließt Kontofunktionen wie Überweisungen und Lastschriften aus. Aus unserer Sicht sollte eine solche Karte – wenn überhaupt – nur in der Phase der Erstaufnahme von Geflüchteten eingesetzt werden, solange noch kein Konto eröffnet werden kann. Für uns ist ganz klar: Konto vor Bezahlkarte, spätestens, wenn die Menschen in den Kommunen ankommen.

Das „Konto für Jedermann“ ist eine sozialpolitische Errungenschaft der EU, es ermöglicht auch Asylsuchenden und Geduldeten ein Konto. Mit stark reduziertem Bargeld können die Betroffenen Angebote von Sozialkaufhäusern, Märkten und örtlichen Händlern ohne Kartenterminal, bei Gebrauchtwarenmärkten und Tafeln nicht ausreichend nutzen. Vor allem für Kinder und Jugendliche werden Zahlungen in die Klassenkasse, bei Ausflügen, am Kiosk, der Eisdiele, an Imbissständen erschwert. Zudem können die Betroffenen nur in Läden einkaufen, die Debitkarten akzeptieren – gerade in kleineren Läden ist dies meist gar nicht oder erst ab bestimmten Beträgen möglich.

Damit kann der notwendige persönliche Bedarf nicht gedeckt und die Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben verkompliziert werden, insbesondere in ländlichen Gebieten. Es sollte jedoch das Bestreben sein, dass geflüchteten Menschen so zügig wie möglich in unsere Gesellschaft und in Arbeit gut integriert werden.“

Weitere Informationen:

Faktencheck Bezahlkarte:

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/faktencheck-bezahlkarte

Position: „Konto vor Bezahlkarte“:

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/position-der-diakonie-deutschland-zur-bezahlkarte

Checkliste Basiskonto:

https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2024/februar/checkliste-basiskonto-fuer-alle

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 01.03.2024

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch fordert den Bundestag auf, das Demokratiefördergesetz so schnell wie möglich zu beschließen. Das Gesetz sei der Schlüssel, um Demokratiearbeit nachhaltig zu fördern.

Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland:

„Wir brauchen in Deutschland dringend das Demokratiefördergesetz. Heute vor vier Jahren wurden in Hanau neun Menschen aus rechtsextremistischen Motiven ermordet. Dieser Jahrestag muss ein Weckruf sein! Hunderttausende Menschen zeigen in diesen Tagen Haltung gegen Rechtsextremismus – jetzt ist es Zeit, dass der Bundestag handelt. Wir brauchen staatliche Unterstützung für zivilgesellschaftliches Engagement, gerade dort, wo es bröckelt. Das Demokratiefördergesetz ist der Schlüssel, um Demokratiearbeit mit der nötigen Planungssicherheit zu fördern.“

Hintergrund

Die demokratische Zivilgesellschaft vor allem im ländlichen Raum zu stärken, ist das Ziel eines Verbändebündnisses im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“. Dafür haben die Verbände, darunter die Diakonie, seit 2010 schon mehr als 1.200 Demokratieberater:innen im gesamten Bundesgebiet ausgebildet. Demokratieberater:innen organisieren Begegnungstreffs, Bildungsangebote, Kino-Abende oder Diskussionsrunden, schreiten ein bei menschenverachtenden Äußerungen und beraten Kolleg:innen und Ehrenamtliche im Umgang mit rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen, antiziganistischen oder anderen menschenfeindlichen Vorfällen. Die Diakonie Deutschland fordert, die bundesweiten Förderprogramme „Demokratie leben!“ sowie „Zusammenhalt durch Teilhabe“ auch über die zum Jahresende auslaufende Förderperiode hinaus mit hinreichenden finanziellen Mitteln auszustatten.

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/informieren/infothek/2020/gemeinsam-fuer-demokratie-in-diakonie-und-kirche

http://www.demokratie-evangelisch.de/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.02.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) gratuliert Dr. Christine Fuchsloch zu ihrem Amtsantritt als erste Präsidentin des Bundessozialgerichts. „Mit Dr. Christine Fuchsloch wechselt nicht nur eine hochqualifizierte Juristin und erfahrene Behördenleiterin an das höchste deutsche Sozialgericht“, so die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder, „sondern auch eine seit Jahren engagierte Kämpferin für Gleichberechtigung und Chancengleichheit.“

Neben dem Bundesgerichtshof und dem Bundesarbeitsgericht werden mit dem Wechsel von Dr. Fuchsloch an das Bundessozialgericht erstmals drei der fünf Bundesgerichte von einer Frau geleitet. Von einer insgesamt paritätischen Besetzung der obersten Bundesgerichte ist Deutschland aber auch im Jahr 2024 noch weit entfernt. Während das Bundessozialgericht und das Bundesarbeitsgericht schon seit vielen Jahren paritätisch besetzt sind, ist das beim Bundesgerichtshof und beim Bundesverwaltungsgericht, für die in diesem Frühjahr Bundesrichter*innenwahlen anstehen, noch lange nicht der Fall. Der Anteil an Richterinnen an beiden Gerichten bewegt sich vielmehr seit Jahren konstant in einem Bereich von etwa einem Drittel. Der djb, der sich seit langem im Rahmen der Initiative „Frauen in die Roten Roben“ für mehr Richterinnen an den obersten Bundesgerichten engagiert, hat darauf immer wieder aufmerksam gemacht.

„Der Bundesrichterwahlausschuss muss bei der bevorstehenden Wahl der neuen Bundesrichterinnen und Bundesrichter mindestens zur Hälfte Frauen wählen“, fordert die Präsidentin des djb. „Es ist völlig unverständlich, dass die Liste der Kandidierenden für den Bundesgerichtshof erneut nicht ansatzweise paritätisch besetzt ist.“ An hochqualifizierten Richterinnen, die bereit sind, das Amt als Bundesrichterin zu übernehmen, fehlt es nicht. Sie müssen nur gewählt werden!

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 01.03.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert die Union auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und an der Umsetzung der Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe – darunter maßgeblich Unionspolitiker – zum wehrhaften Rechtsstaat mitzuwirken. Mit den vorgeschlagenen Änderungen des Grundgesetzes sollte das Bundesverfassungsgericht auch in Zukunft besser vor Verfassungsfeinden geschützt werden.

„Uns allen sollte klar sein, dass unser Rechtsstaat gefährdet ist. Die Unabhängigkeit eines Verfassungsgerichts zu stärken, bedeutet auch, insbesondere Frauen- und Minderheitenrechte wirksam zu schützen“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Der djb hat sich bereits mit einer Pressemitteilung für das Vorhaben zur institutionellen Stärkung des Bundesverfassungsgerichts ausgesprochen. Die Justizministerkonferenz hatte am 1. Februar 2024 Inhalte und einen Fahrplan für eine Änderung des Grundgesetzes und des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vorgestellt. Im Kern geht es darum, bereits bestehende Regelungen – etwa zur Wahl und Amtszeit der Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts – im Grundgesetz zu verankern. Auch die Bindungswirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sollte in der Verfassung festgeschrieben werden. Regelungen im Grundgesetz können nur mit Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates geändert werden (Art. 79 Abs. 2 GG). Demgegenüber genügt für die Änderung von einfachen Gesetzen die Stimmenmehrheit. Die Grundgesetzänderung würde demnach zu einer auch aus Sicht des djb überzeugenden und notwendigen Stärkung des Bundesverfassungsgerichts vor Verfassungsfeinden führen.

„Wir hoffen, dass die Union die Gespräche zeitnah wieder aufnimmt! Angesichts der drohenden Gefahren für unseren Rechtsstaat sollten parteipolitisches Kalkül hintangestellt werden“, so Dr. Stefanie Killinger, Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht und Gleichstellung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 26.02.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt grundsätzlich das Anliegen des Bundesjustizministeriums (BMJ), die Lebenswirklichkeiten insbesondere von Trennungs- und Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien sowie nichtehelichen Lebensgemeinschaften stärker in den Blick zu nehmen. Mit einer Stellungnahme zu vorgelegten Eckpunkten einer Reform im Kindschaftsrecht und einer Stellungnahme zu den Eckpunkten zur Abstammungsrechtsreform reagiert der djb auf die aktuellen Pläne des BMJ und formuliert im Einzelnen den bereits erkennbaren Überarbeitungsbedarf. Eine weitere Stellungnahme dazu hat der djb außerdem gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ), dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und der Initiative Nodoption veröffentlicht.

„Eine am Kindeswohl orientierte, partnerschaftliche Betreuung von minderjährigen Kindern muss stärker unterstützt werden. Das gilt ganz besonders für Familien, bevor sie sich trennen – nicht erst danach“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb. Deutschland ist aktuell jedoch immer noch weit entfernt von einer paritätischen elterlichen Kinderbetreuung. Die Reformpläne müssen diese Realität berücksichtigen und dürfen die Situation von Müttern, die den Hauptanteil der Care-Arbeit leisten, nach einer Trennung nicht verschlechtern. Auch die vorgeschlagene Option der einseitigen Sorgerechtserklärung durch den nichtverheirateten Vater lässt keinen Gedanken von Partnerschaftlichkeit erkennen.

Die Eckpunkte zur Reform des Abstammungsrechts des BMJ setzen langjährige Forderungen des djb um: Insbesondere wird für Zwei-Mütter-Familien die zweite Elternstelle geöffnet, wenn die Frauen verheiratet sind oder die Elternschaft anerkannt wird. „Das bislang bestehende Adoptionserfordernis für Zwei-Mütter-Familien ist diskriminierend für die Eltern und birgt aufgrund der langen Dauer Gefahren für die Rechte und das Wohl des Kindes“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht.

Eine Regelung der Materie noch in dieser Legislaturperiode ist aus Sicht des djb unabdingbar.  Es verbleiben jedoch offene Fragen und Leerstellen, die die aktuelle Bundesregierung rasch angehen sollte. Der djb wendet sich ausdrücklich gegen eine Stärkung der genetischen Abstammung im Rahmen der Reform des Rechts der Eltern-Kind-Zuordnung. Mit der genetischen Verbindung ist nicht zwingend eine für das Kind wichtige Versorgungsverbindung verbunden. Zentrale Aufgabe des Abstammungsrechts ist es, gelebte Familienverhältnisse rechtlich abzubilden und abzusichern.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 16.02.2024

Das zivilgesellschaftliche Bündnis AGG-Reform Jetzt! fordert in einem Offenen Brief an die Bundesregierung, ihr Koalitionsversprechen zu halten und die Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unverzüglich anzugehen.

Millionen Menschen in Deutschland demonstrieren derzeit für Menschenrechte, Demokratie, Vielfalt und gegen Rechtsextremismus auf der Straße. Dies nimmt das zivilgesellschaftliche Bündnis zum Anlass mit einem Offenen Brief, die Bundesregierung erneut an ihr Koalitionsversprechen zu erinnern.

Ohne die Rechte und Perspektiven der Betroffenen laufe die aktuelle Empörung in der Politik in Bezug auf Rassismus und Rechtsextremismus ins Leere. Für den Schutz der Demokratie brauche es einen effektiven Diskriminierungsschutz. Die mangelnde Thematisierung seitens der Politik und die darüber wahrgenommene Sanktionsfreiheit bekämen die Betroffenen tagtäglich zu spüren: Im Arbeitsleben, auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheitswesen, in Fitnesscentern oder durch staatliche Stellen.

„Das Sagbare hat sich weit nach rechts verschoben. Die zunehmende, völlig unverhohlene Diffamierung bestimmter Gruppen legitimiert die Diskriminierung. Also wird auch diskriminiert. Diejenigen, die diskriminieren, fühlen sich im Recht, weil ihnen das Recht keine Grenzen aufzeigt“, so das Bündnis.

Der Offene Brief beschreibt mit ausgewählten Fallbeispielen aus der Beratungspraxis die Diskriminierungen, die Angst der Betroffenen, ihr Gefühl, nicht geschützt zu sein und die Tatsache, dass ihnen immer wieder vermittelt werde, sie gehörten nicht zu dieser Gesellschaft.

Der Offene Brief wurde an den Bundeskanzler Herrn Olaf Scholz sowie wortgleich an die Bundesminister*innen Herrn Dr. Marco Buschmann, Frau Nancy Faeser, Herrn Hubertus Heil und Frau Lisa Paus sowie an die Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition Herrn Rolf Mützenich, Frau Katharina Dröge und Frau Britta Haßelmann, Herrn Christian Dürr versandt.

Das Bündnis AGG Reform-Jetzt! ist ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss von über 120 Organisationen, darunter der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb), die gemeinsam 11 Forderungen an eine AGG-Reform stellen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 15.02.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk startet heute auf seiner Kinder-Internetseite http://www.kindersache.de/medienquiz ein Medienquiz speziell für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 8 bis 16 Jahren mit migrantischem Hintergrund und aus Flüchtlingsfamilien. Zugleich steht das Quiz allen Interessierten offen. Das viermonatige Projekt wird vom Deutschen Kinderhilfswerk – und unterstützt von Dell Technologies – mit Einrichtungen und Angeboten für geflüchtete Kinder in Deutschland sowie Öffentlichen Bibliotheken im ganzen Bundesgebiet durchgeführt.

„Damit Kinder und Jugendliche sicher und kompetent im Internet unterwegs sind, muss ein kritischer und verantwortungsbewusster Umgang mit digitalen Medien erlernt werden. Für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen ist das in der deutschsprachigen Netzwelt besonders schwer. Als niedrigschwelliges Kompetenz-Training bietet das Deutsche Kinderhilfswerk deshalb dieses Online-Quiz mit 10 mal 10 Fragen an. Besonders freuen wir uns über die Zusammenarbeit bei diesem Projekt mit zahlreichen Öffentlichen Bibliotheken, denn diese sind sehr wichtige Vermittler von Medienkompetenz. Sie bieten den Raum, die Technik und das geschulte Personal und zudem allen Kindern und Jugendlichen einen offenen und kostenlosen Zugang zu allen Medien“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das speziell für Kinder und Jugendliche mit geringen Deutschkenntnissen entwickelte Onlinequiz ist durch seine einfache Sprache bestens geeignet, gezielt Technik- und Medienkompetenz zu fördern. Zwar gibt es schon einige Medienführerscheine im Netz, doch deren Umsetzung ist oft sprachlich und inhaltlich zu anspruchsvoll. Durch den besonders niedrigschwelligen Zugang ist dieses Medienquiz auch für jüngere Kinder gut geeignet, auch sie können wie alle anderen Interessierten von diesem Medienkompetenz-Projekt profitieren. Öffentliche Bibliotheken, die sich noch an diesem Projekt beteiligen möchten, können sich weiterhin unter https://www.kindersache.de/projekt anmelden.

Dieses Projekt entstand mit freundlicher Unterstützung unseres Partners Dell Technologies. Dell Technologies unterstützt das Deutsche Kinderhilfswerk seit 2022 als strategischer Partner. Die Mission des Unternehmens ist es, mit Hilfe von Technologie das Leben der Menschen weltweit zu verbessern, die digitale Inklusion zu fördern und den menschlichen Fortschritt insgesamt voranzutreiben. Mehr Informationen dazu unter https://shorturl.at/osNX0.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 01.03.2024

Eine internationale Jury vergibt heute im Rahmen des Berlinale-Wettbewerbs Generation Kplus den Großen Preis für den Besten Film und den Spezialpreis für den Besten Kurzfilm, beide gestiftet vom Deutschen Kinderhilfswerk. Die Preise sind mit insgesamt 10.000 Euro dotiert. Das Deutsche Kinderhilfswerk ist seit dem Jahr 2000 Partner und Preisstifter des Wettbewerbs Generation Kplus.

Der Große Preis der Internationalen Jury von Generation für den Besten Film geht an „Reinas“ von Klaudia Reynicke (Schweiz / Spanien / Peru). Dieser Preis ist mit 7.500 Euro dotiert. Die Internationale Jury von Generation begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Der Große Preis der Internationalen Jury für den Besten Film im Wettbewerb Generation Kplus geht an einen Film, in dem Schauspiel, Lichtsetzung, Figuren und Story auf harmonische Weise zusammenwirken; ein Film, der von alltäglichem Familienleben erzählt, und dabei dem Land Peru und seiner spezifischen politischen Geschichte eine Stimme gibt.“ Eine Lobende Erwähnung findet der Film „Raíz“ von Franco García Becerra (Peru / Chile): „Im Wettbewerb Generation Kplus vergibt die Internationale Jury von Generation eine Lobende Erwähnung an einen wunderschönen Spielfilm, dessen Bilder die intensivsten Gefühle der Kindheit einfangen. Das Gesellschaftliche und das Politische bilden den Rahmen für die Geschichte eines kleinen peruanischen Jungen und dessen Freundschaft mit seinen Tieren, insbesondere mit seinem geliebten Hund und seinem Alpaka.“

Den mit 2.500 Euro dotierten Spezialpreis für den Besten Kurzfilm gewinnt „A Summer’s End Poem“ von Lam Can-zhao (Volksrepublik China / Schweiz / Malaysia): „Der Spezialpreis der Internationalen Jury von Generation für den Besten Kurzfilm geht an einen Film, in dem ein Haarschnitt zur Metapher für die Selbstfindungsreise eines charismatischen chinesischen Teenagers wird. Es ist der Film eines Regisseurs, der versteht, dass der Kern des Erwachsenwerdens in den Mühen des Alltäglichen liegt.“ Hier geht die Lobende Erwähnung an den Kurzfilm „Uli“ von Mariana Gil Ríos (Kolumbien): „Die Internationale Jury von Generation vergibt eine Lobende Erwähnung an einen Kurzfilm, der beobachtendes Kino mit der Anmutung eines Märchens verbindet und Fragen zu Geschlecht und Kindheit aufwirft, ohne Antworten zu erzwingen.“

„Generation Kplus gehört zu Recht zu den weltweit bedeutendsten Wettbewerben mit Filmen für ein junges Publikum. Die Sektion zeigt herausragende Kinder- und Jugendfilme und ist zugleich Ort für Begegnungen über Altersgrenzen hinweg. Es ist beeindruckend, was für tolle Filme bei der Berlinale Generation Kplus gezeigt werden. Deshalb hat die Sektion verdientermaßen einen festen Platz im Programm der Berlinale. Das Deutsche Kinderhilfswerk möchte mit seinem Engagement Verleiher und Kinotheater ermutigen, diese großartigen Filme auch möglichst vielen Kindern zugänglich zu machen“, betonte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, bei der Preisverleihung heute in Berlin.

Die Mitglieder der diesjährigen Internationalen Jury von Generation sind der sudanesische Filmregisseur und Drehbuchautor Amjad Abu Alala, die deutsch-iranische Filmschauspielerin Banafshe Hourmazdi sowie der amerikanische Filmregisseur Ira Sachs.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 24.02.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum heutigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit mehr Tempo bei der geplanten Kindergrundsicherung an. Dabei dürfen zugleich nicht die Not der von Armut betroffenen Kinder, sowie das Ziel aus den Augen verloren werden, dass durch die UN-Kinderrechtskonvention garantierte Recht auf soziale Sicherheit endlich für alle Kinder in Deutschland zu gewährleisten. Es ist die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr Aufwachsen notwenigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen, insbesondere wenn ihre Familien nicht dazu in der Lage sind. Deshalb muss die geplante Kindergrundsicherung zu einer echten Sozialreform zum Wohle der Kinder werden. Dafür braucht es einen Paradigmenwechsel bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und im Ergebnis eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient.

 

„In der Diskussion um die Kindergrundsicherung gerät zusehends aus dem Blick, worum es im Kern geht, nämlich darum, was bei den Kindern und ihren Familien ankommt. Ziel muss es sein, dass von Armut betroffene Familien mit wenigen bürokratischen Hürden Hilfen aus einer Hand erhalten und eine klare Anlaufstelle haben. Zudem muss die Kindergrundsicherung in ihrer Höhe Teilhabe für alle Kinder ermöglichen. Mit einer reinen Zusammenfassung der bisherigen Unterstützungsleistungen kommen wir bei der Bekämpfung der Kinderarmut nicht den entscheidenden Schritt voran. Wir brauchen neben einer umfassenden Beratung der potenziell Leistungsberechtigten und einer unbürokratischen Antragstellung auch eine zügige Neubemessung des kindlichen Existenzminimums. Dieses darf nicht mit willkürlichen Abschlägen künstlich kleingerechnet werden. Es braucht höhere Transferleistungen für Kinder, deren Familien nicht über die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel verfügen, es braucht eine echte Kindergrundsicherung“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Trotz der Komplexität des Vorhabens darf die Kindergrundsicherung nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Deshalb ist es wichtig, dass durch eine gute Zusammenarbeit aller beteiligter Bundesministerien sowie von Bundestag und Bundesrat die für dieses Vorhaben notwendige breite Basis zu schaffen. Zudem muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein, auch für geflüchtete Kinder. Schon jetzt haben diese Kinder schlechtere Startchancen und dürfen bei der Kindergrundsicherung nicht schlechter behandelt werden als andere Kinder“, so Hofmann weiter.

 

Zugleich mahnt das Deutsche Kinderhilfswerk ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland an, das mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet ist und umfassende Reformen bündelt. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind ebenso zu berücksichtigen, wie Familien- und Bildungspolitik, Gesundheits- und Sozialpolitik sowie Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik. „Es braucht höhere Löhne, mehr Unterstützung für Alleinerziehende, mehr Investitionen in Schulen und Kitas, mehr bezahlbaren Wohnraum und letztlich auch höhere und leichter zugängliche Sozialleistungen“, so Hofmann abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.02.2024

Angesichts des bundesweiten Klimastreiks am 1. März fordert der Familienbund der Katholiken von Bund und Ländern politische Weichenstellungen für eine klima- und familienfreundliche Mobilität. Der öffentliche Personennahverkehr muss zusammen mit der Bahn zu einer dauerhaft kostengünstigen und leicht verfügbaren Alternative zum Auto werden. Von der Bundespolitik erwartet der Verband außerdem ein generelles Tempolimit von maximal 130 km/h auf Autobahnen, um sowohl das Klima als auch Kinder und Jugendliche zu schützen.

„Nachhaltigkeit ist für uns als Familienverband eine Frage der Generationengerechtigkeit und der Lebensgrundlagen von Familien. Dazu gehört auch eine Mobilität, die dem Klimaschutz dient und gleichzeitig Familien die Alltagsorganisation erleichtert“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes.

Der Verkehrssektor überschreitet regelmäßig die nationalen wie globalen Klimaziele. Einzige Ausnahme war die Zeit des Stillstands während der Corona-Pandemie. Dabei liegt die Vorgabe bei null Emissionen im Jahr 2045. Mit den bisher von der Politik beschlossenen Maßnahmen können die Treibhausgasemissionen im Verkehr nicht ausreichend gesenkt werden. Familien wiederum stellt der gegenwärtige Mangel an Alternativen zum Auto täglich vor Herausforderungen, insbesondere im Umland jenseits der Ballungszentren, wohin viele aufgrund steigender Wohnkosten ausweichen müssen. Kinder und Jugendliche müssen umständliche Wege zur Schule oder Ausbildung auf sich nehmen oder bleiben ganz auf das „Elterntaxi“ angewiesen. Die Eltern wiederum stecken vielfach im täglichen Pendlerverkehr fest und verlieren dabei wertvolle Familienzeit. Hinzu kommen finanzielle Belastungen aufgrund steigender Kosten für Diesel und Benzin.

Der Familienbund setzt sich daher für eine umfassende Verkehrswende ein, die den öffentlichen Nahverkehr, die Bahn und das Fahrradfahren stärkt und zu einer echten, bezahlbaren Alternative zum motorisierten Individualverkehr macht. Dazu gehört auch der Ausbau des 49-Euro-Tickets zu einem dauerhaft finanzierten Angebot mit Vergünstigungen für Kinder und Jugendliche über das 6. Lebensjahr hinaus.

Zusätzlich sieht der Familienbund die Bundespolitik in der Pflicht, ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen einzuführen. In vielen Ländern Europas ist das bereits gängige Praxis. Ein Tempolimit reduziert den Verbrauch an Kraftstoffen deutlich und schont damit das Klima. Zudem erhöht es die Sicherheit auf den Straßen. „Ein Tempolimit von höchstens 130km/h schützt das Klima, die Gesundheit und das Leben. Es sollte daher gerade mit Blick auf die junge Generation endlich umgesetzt werden“, begründet Ulrich Hoffmann die Forderung des Verbands und ergänzt: „Der Wandel hin zu einer klima- und familienfreundlichen Mobilität ist überfällig. Gerade hier gilt der Grundsatz der sozial gerechten Klimapolitik: es ist wichtig alle mitzunehmen und niemanden zurückzulassen.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 29.02.2024

Der Verband fordert 800 Euro plus Wohnkostenzuschuss.

Harte Kritik übt der Paritätische Gesamtverband an den Plänen von Bildungsministerin Stark-Watzinger für eine BAföG-Reform, bei der bisher auf eine Erhöhung der Bedarfssätze verzichtet werden soll. Der Verband weist auf die hohe Armut unter Studierenden hin und fordert eine Anhebung der BAföG-Sätze auf 800 Euro plus Wohnkostenzuschlag.

“Die aktuellen Leistungen, die sogar noch unter Hartz IV bzw. Bürgergeld liegen, sind völlig unzureichend”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Nach einer Studie der Paritätischen Forschungsstelle aus dem Jahr 2022 leben 30 Prozent aller Studierenden in Armut. Von den alleinlebenden Studentinnen und Studenten sind vier von fünf arm. Nach Berechnungen des Verbandes müssten die Unterstützungssätze für Studierende, die nicht mehr bei ihren Eltern leben, bei mindestens 800 Euro plus Wohnkostenzuschuss liegen.

Die angekündigte Studienstarthilfe sowie die Ausweitung des Kreises der BAföG-Anspruchsberechtigten begrüßt der Verband, betont jedoch, dass es mehr braucht, um echte Chancengerechtigkeit zu schaffen. “Das Versprechen von gleichen Möglichkeiten für alle junge Menschen ist nicht viel wert, wenn es nicht gelingt, Studierende wirksam vor Armut zu schützen und ihnen den Rücken für eine Ausbildung, frei von existenzieller Not, zu stärken”, so Schneider. Der Verband setzt nun auf deutliche Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 06.03.2024

Die Bezahlkarten lösten kein reales Problem, sondern seien ein reines Abschreckungsinstrument.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, zu der aktuellen Debatte um Bezahlkarten für Asylbewerber*innen:

„Die Bezahlkarten lösen kein reales Problem, sondern sind ein reines Abschreckungsinstrument. Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken. Entgegen der aktuellen Stimmungsmache gibt es keinerlei valide Daten, die belegen könnten, dass Geflüchtete in nennenswerter Größenordnung Bargeld ins Ausland schicken würden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz decken nicht einmal das Existenzminimum. Künftig soll dieser eklatante Mangel nun auch noch der freien Verfügung der Betroffenen entzogen werden. Das ist pure Schikane und konterkariert alle Integrationsbemühungen. Es gibt dabei auch keinerlei belastbare Belege für den oft behaupteten Pull-Effekt von Sozialleistungen. Ganz im Gegenteil. Die Bezahlkarten könnten somit als reine Symbolpolitik abgetan werden, wenn sie für die Betroffenen nicht mit erheblichen Einschränkungen und Diskriminierungen einhergingen. Ohne Bargeld wird Zugang zu wichtigen Strukturen wie z.B. Tafeln, Suppenküchen, Möbelbörsen, Wochenmärkten oder Kleiderkammern stark eingeschränkt. Auch die anwaltliche Vertretung könnte erschwert werden – bspw. aufgrund räumlicher Beschränkungen der Karte. Der Paritätische lehnt die Bezahlkarten daher konsequent ab. Dass SPD und FDP gegen den Widerstand von Bündnis 90/Die Grünen darüber hinaus so vehement auf eine bundesgesetzliche Lösung drängen, obwohl sie sachlich gar nicht nötig ist, sollte uns alle alarmieren. Es könnte die Ausweitung auf andere Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen oder staatlichen Leistungen drohen – mit allen negativen Konsequenzen.” 

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 22.02.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 19. März 2024

Veranstalter: Deutsches Jungendinstitut

Ort: Webex

Vom Migrationshintergrund zur Einwanderungs-geschichte – Hintergrund und Umsetzung des neuen Konzepts der Eingewanderten und ihren Nachkommen im Mikrozensus

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seit 2005 aus dem Mikrozensus Ergebnisse nach dem Konzept des Migrationshintergrunds, nachdem zuvor in den Bevölkerungsstatistiken lediglich Deutsche und Ausländer/innen anhand der Staatsangehörigkeit unterschieden wurden. Das Konzept des Migrationshintergrunds erlaubte eine sehr differenzierte Betrachtung verschiedener Personengruppen mit Migrationsbezug und hat die Forschung zur Integration von Zugewanderten seitdem stark geprägt. Zugleich wurden sowohl das Konzept als auch die Verwendung der Begrifflichkeit in Öffentlichkeit und Wissenschaft zunehmend kritisiert. Vor diesem Hintergrund hat die von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit im Jahr 2021 empfohlen, für Fragen der Integration künftig das Konzept der „Eingewanderten und ihrer (direkten) Nachkommen“ zu verwenden. Das Statistische Bundesamt hat das neue Konzept im Jahr 2023 bei den Veröffentlichungen des Mikrozensus umgesetzt. Im Vortrag erläutern wir die Hintergründe der Umstellung und die Vorgehensweise bei der Umsetzung im Mikrozensus. Darüber hinaus beleuchten wir die Unterschiede zwischen den Konzepten des Migrationshintergrunds und der Einwanderungsgeschichte und präsentieren aktuelle Ergebnisse nach dem neuen Konzept.

Referierende

Thomas Körner hat an den Universitäten Mainz und Caen (Frankreich) Soziologie studiert. Im Statistischen Bundesamt hat er seit 1999 insbesondere Aufgaben in den Bereichen Methodik von Haushaltserhebungen, Qualität statistischer Daten, Arbeitsmarktstatistik sowie registerbasierte Verfahren zur Durchführung des Zensus verantwortet. Seit September 2022 leitet er im Statistischen Bundesamt das Referat „Bevölkerungsstatistische Auswertungen und Analysen aus dem Mikrozensus“, zu dessen Aufgaben insbesondere die Konzeption und Verbreitung von Statistiken zur Situation von Eingewanderten und ihren Nachkommen, zu Haushalten, Familien und anderen Lebensformen sowie zu Gleichstellungsfragen gehören.#

Dr. Coskun Canan hat an der Humboldt-Universität zu Berlin im Fach Soziologie promoviert. Er ist im Statistischen Bundesamt wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat „Bevölkerungsstatistische Auswertungen und Analysen aus dem Mikrozensus“ und befasst sich vor allem mit Themen der Migration und Integration. Aktueller Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist ein Projekt im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zur Verbreitung der Indikatoren der Integrationsberichte 2024 und 2026 im Datenportal Dashboard Deutschland.

Meeting beitreten

Termin: 19. März 2024

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

EUphorie – In Vielfalt geeint

Für progressive Geschlechterpolitik werden bedeutende Impulse auf der europäischen Ebene gesetzt. Gleichzeitig haben in vielen europäischen Ländern Rechtsextreme Zulauf und Erfolge. Geschlechterpolitische Themen werden dabei von rechtsextremen Gruppierungen für ihre Angriffe und Narrative genutzt.

Grüne Politik setzt sich nachdrücklich für Gleichberechtigung ein, für Demokratie und die Stärkung ihrer Institutionen. Welche Antworten hält feministische Politik auf diese demokratischen Herausforderungen bereit und welche Bündnisse sind erforderlich, um Europa vielfältig, bunt und gleichberechtigt zu erhalten?

Mit dabei:

Lisa Paus MdB, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | Britta Hasselmann MdB, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag | Maria Klein-Schmeink MdB, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende | Schahina Gambir MdB, Fachbereich 5 Zusammenleben, Wissen & Gesundheit | Terry Reintke MdEP, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament | Judith Rahner, Leiterin der Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung

     Programm und Anmeldung     

Termin: 15. Mai 2024

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Berlin

Ziel der Veranstaltung ist es, ausgewählte familienrechtliche Vorhaben der Bundesregierung in den Blick zu nehmen und zu diskutieren, ob die Vorschläge der Bundesregierung angemessene Antworten auf die gesellschaftlichen Veränderungen darstellen. Vorgestellt und diskutiert werden Änderungen im Unterhaltsrecht, im Sorge- und Umgangsrecht sowie im Abstammungsrecht. Dabei geht es um die Auswirkungen der Reformen auf die verschiedenen Familienformen und ihre Kinder.
Es soll den Fragen nachgegangen werden, ob sich aus den geplanten vielfältigen Änderungen ein kohärentes familienpolitisches Bild ergibt und ob die geplanten Gesetzesvorhaben die formulierten Ziele erreichen bzw. welche Weiterentwicklungsbedarfe von den Teilnehmenden gesehen werden.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 15. Mai 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Berlin

Am 15. Mai 2024 diskutieren wir am Tag der Familie u.a. mit der Bundesfamilienministerin Lisa Paus und der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Elke Hannack, wie Vereinbarkeit von Anfang an partnerschaftlich gestaltet werden kann:

Neben den politischen Rahmenbedingungen stellen wir die Handlungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten in den Mittelpunkt. Wir tauschen uns mit euch aus, wo wir in Betrieben und Dienststellen ansetzen können, damit #VereinbarkeitJetzt gelingt.

Dabei legen wir einen Schwerpunkt auf die frühen Weichenstellungen für mehr Vereinbarkeit und blicken insbesondere auf den Mutterschutz am Arbeitsplatz, die Planung der Elternzeit und den Wiedereinstieg.  

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

AWO veröffentlicht Rechtsgutachten zu Leistungen nach § 16 SGB VIII

Familienbildung nach § 16 SGB VIII leistet durch ihre leicht zugänglichen Angebote für Familien in allen Lebenslagen einen wichtigen Beitrag: Sie stärkt Eltern und Familien in ihren Kompetenzen und unterstützt sie in der Erweiterung ihrer individuellen Handlungsoptionen.

Leider ist trotz der gesetzlichen Verankerung im § 16 SGB VIII Familienbildung als Leistung ohne individuellen Rechtsanspruch weder auskömmlich noch langfristig finanziert.

Mit dem Ziel einer bundes- und landesgesetzlichen Stärkung dieser Leistung hat der AWO Bundesverband 2023 ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das nun vorliegende Gutachten macht insbesondere deutlich:

  • Leistungen nach § 16 SGB VIII (Familien­bildung, -beratung und -erholung) sind eine zwingende Pflichtaufgabe in der Kinder- und Jugendhilfe.
  • Eine qualifizierte Jugendhilfeplanung ist unbedingte Pflichtaufgabe der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und unerlässlich, um jungen Menschen und ihren Familien Dienste, Einrichtungen und Angebote in einem bedarfsdeckenden Umfang zur Verfügung zu stellen. 
  • Aus der Gesamtverantwortung des öffentlichen Jugendhilfeträgers für die Leistungserbringung ergibt sich die zwingende Pflicht, die für die Erfüllung der Aufgaben nach § 16 SGB VIII notwendigen Finanzmittel bereit und die notwendigen Dienste und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. 
 

AWO veröffentlicht Rechtsgutachten zur Modernisierung der Strafprozessordnung

Im September 2023 hat das AWO Präsidium beschlossen, für die Einführung eines strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts in der Sozialen Arbeit einzutreten.

Die AWO fordert damit ein, dass Fachkräfte der Sozialen Arbeit, deren Arbeit auf dem Vertrauensverhältnis zu den Klient*innen aufbaut, im Strafprozess mit anderen Berufsgruppen gleichgestellt werden.

Diesem Beschluss ist eine lange Diskussion in der sozialarbeiterischen und juristischen Fachwelt vorangegangen, in der die Erweiterung des Zeugnisverweigerungsrechts auf alle Berufsgruppen der Sozialen Arbeit eingefordert wurde. Jetzt hat die sich die AWO als erster Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege klar positioniert.

Die AWO fordert damit ein, dass Fachkräfte der Sozialen Arbeit, deren Arbeit auf dem Vertrauensverhältnis zu den Klient*innen aufbaut, im Strafprozess mit anderen Berufsgruppen gleichgestellt werden.

Mit dem nun vorgelegten Rechtsgutachten von Rechtsanwalt Benjamin Raabe veröffentlicht die AWO einen wichtigen Beitrag zur Debatte um die Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts.
Zur Bekräftigung dieses Anliegens ist die AWO im Herbst 2023 dem „Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht“ (zeugnis-verweigern.de) beigetreten.

Die ausführliche Dokumentation unseres Fachtages „Menschen gewinnen, Bindung stärken: Erfolgreiches Personalmanagement im Sozialwesen“.

Die Veranstaltung des Bundesverbandes der Volkssolidarität war eine Kooperation der beiden Referate „Pflege und Gesundheit“ sowie „Kinder-, Jugend- und Familienpolitik“ und fand am 1. Juni 2023 in Berlin unter reger Beteiligung von Geschäftsführungen, Personaler*innen und Bereichsleitungen statt.

Die Inhalte sind weiterhin hoch aktuell, mit Blick auf die Anforderungen an gute Personalgewinnung und -bindung in den vielfältigen Einrichtungen und Angeboten des Sozialwesens für alle Generationen.

Sie können weitere Informationen zur Fachtagung auch über der Website abrufen. Folgen Sie dafür einfach diesem Link: Fachkräfte gewinnen und (emotional) binden | Volkssolidarität (volkssolidaritaet.de)

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 02/2024

AUS DEM ZFF

Die diesjährige Equal Pay Day Kampagne steht unter dem Motto „Zeit für Equal Pay“ und stellt die Frage, wie die ungleiche Zeitaufteilung zwischen den Geschlechtern zum Gender Pay Gap beiträgt  und was dagegen getan werden kann. Das ZFF ist mit einem Artikel zur Situation von pflegenden Angehörigen im Kampagnen-Journal dabei.

Breites Bündnis zieht rote Linie für das Reformvorhaben Kindergrundsicherung: Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen und müssen raus aus dem Bürgergeld. Alles andere ist Etikettenschwindel. Der heute veröffentlichte Policy Brief der Bertelsmann-Stiftung unterstreicht diese Notwendigkeit.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK und Sprecherin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Der Streit um die Kindergrundsicherung schwelt seit Monaten an. Nun scheinen die Diskussionen an einem Kipppunkt zu stehen und endgültig im Unsinn zu enden. Denn es wird eifrig diskutiert, ob man Kinder von Bürgergeldbeziehenden nicht weiterhin in der Zuständigkeit der Jobcenter und damit in der Grundsicherung für Arbeitssuchende belassen sollte. Dazu geben wir als Bündnis klar ein Veto. Denn Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen und sollten auch nicht so behandelt werden!“

Professorin Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Eine Reform, die den Namen Kindergrundsicherung trägt, kann nicht zwei Millionen armutsbetroffene Kinder aus dem Bürgergeld ausklammern und sie in einem unpassenden System für Arbeitssuchende belassen. Kinder sind kein Anhängsel ihrer Eltern, sondern brauchen eine eigene Förderung. Eine Reform, die das verkennt, hat Namen, Kosten und Aufwand nicht verdient. Wir fordern die Regierungsparteien daher auf, einen echten Systemwechsel einzuläuten und endlich etwas Grundlegendes für die Kinder mit ihren Bedürfnissen und Nöten zu tun!“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen für alle Kinder gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsfürum Familie und Andere vom 26.01.2024

SCHWERPUNKT I: Verantwortungsgemeinschaft

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat heute Eckpunkte für die Einführung der Verantwortungsgemeinschaft vorgelegt. Das neue Rechtsinstitut soll sich an Erwachsene richten, die jenseits von Ehe, Familie und Partnerschaft Verantwortung füreinander übernehmen und diese Beziehung rechtlich absichern wollen.

Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:

„Wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, ist das etwas Großartiges. Heute geschieht das immer mehr auch außerhalb von Ehe, Familie und Partnerschaften: zum Beispiel in Senioren-WGs, in Mehrgenerationenhäusern oder unter engen Freunden. Unser Recht hat davon noch keine Notiz genommen: Es gibt im Recht keinen Namen und keine zusammenhängen Regeln für Verantwortungsbeziehungen jenseits von Ehe und Familie. Mit der Einführung der Verantwortungsgemeinschaft wollen wir das ändern. Das neue Institut soll es Menschen ermöglichen, ihre Verantwortungsbeziehungen so abzusichern, wie sie es möchten – mit passgenauen Lösungen zum Beispiel für Auskunftsrechte im Krankenhaus oder die gemeinsame Führung des Haushalts. Am besonderen Schutz von Ehe und Familie wird die Verantwortungs-gemeinschaft nichts ändern. Sie wird Menschen das Leben etwas leichter machen – aber niemandem etwas wegnehmen.“

Die Verantwortungsgemeinschaft soll in einem neuen Gesetz – dem Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft – geregelt werden. Hierfür schlägt das Eckpunktepapier folgende Regelungen vor:

I. Voraussetzungen einer Verantwortungsgemeinschaft

Nach dem Eckpunktepapier sollen für das Zustandekommen einer Verantwortungsgemeinschaft folgende Regeln gelten:

  • Zustandekommen durch notariell beurkundeten Vertrag: Eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass die Beteiligten einen notariell beurkundeten Vertrag schließen.
  • Maximalgröße: Eine Verantwortungsgemeinschaft soll maximal sechs Vertragspartner haben können.
  • Volljährigkeit der Beteiligten: Nur volljährige Personen sollen eine Verantwortungsgemeinschaft begründen können.
  • Erfordernis eines tatsächlichen persönlichen Näheverhältnisses: Ein Vertrag über eine Verantwortungsgemeinschaft soll voraussetzen, dass zwischen den Beteiligten ein persönliches Näheverhältnis besteht.

II. Rechtsfolgen einer Verantwortungsgemeinschaft

Eine Verantwortungsgemeinschaft soll keine Auswirkungen auf das Verhältnis von Eltern zu Kindern haben. Sie soll auch keine steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtlichen Folgen haben. Für die Rechtsfolgen ist ein Stufenmodell geplant. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur einige wenige Rechtsfolgen haben. Wenn die Parteien mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, dann können sie – in der Aufbaustufe – zwischen verschiedenen Modulen auswählen und diese frei miteinander kombinieren.

  • Die Rechtsfolgen in der Grundstufe: Zwischen den Vertragspartnern sollen alle Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft sollen deshalb zum Beispiel bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden können (vgl. § 1816 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)). Das Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll außerdem Berücksichtigung finden, wenn die Möglichkeit einer Organspende geprüft wird (vgl. § 8 des Transplantationsgesetzes).
  • Modul „Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten“: In einer gesundheitlichen Notsituation soll jeder Partner der Verantwortungsgemeinschaft Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den anderen Partner in Gesundheitsangelegenheiten vertreten können, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen; insoweit sollen ähnliche Regeln gelten wie beim Ehegattennotvertretungsrecht aus § 1358 BGB.
  • Modul „Zusammenleben“: Die Partner sollen sich im Falle des räumlichen Zusammenlebens eine gegenseitige Verpflichtungsermächtigung im Hinblick auf die Haushaltsführung einräumen können. Kraft dieser soll jeder Partner berechtigt sein, bei Bedarf Grundnahrungsmittel und notwendige Haushaltsartikel mit Wirkung für und gegen alle zu kaufen. Außerdem soll eine Regelung zur vorübergehenden Wohnungsüberlassung bei Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft getroffen werden.
  • Modul „Pflege und Fürsorge“ (unter Prüfvorbehalt): Im Zuge der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zur Einführung der Verantwortungs¬gemeinschaft soll geprüft werden, inwieweit die Regeln des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes über die Pflege von nahen Angehörigen auch auf die Pflege von Partnern einer Verantwortungsgemeinschaft erstreckt werden können.
  • Modul „Zugewinngemeinschaft“: Mit der Bestimmung des Moduls „Zugewinngemeinschaft“ können die Partner Vorsorge für den Fall der Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft treffen. Bei Wahl des entsprechenden Moduls soll die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft zur Folge haben, dass das während des Bestehens der Verantwortungsgemeinschaft erworbene Vermögen zwischen den Vertragspartnern ausgeglichen wird. Insoweit sollen die Regeln über den Zugewinnausgleich zwischen Eheleuten zur Anwendung gelangen. Das Modul soll nur gewählt werden können, wenn die Verantwortungsgemeinschaft lediglich aus zwei Personen besteht und beide nicht miteinander oder mit anderen Personen verheiratet sind.

III. Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft
Die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft soll jederzeit durch konsensualen Vertrag, der Austritt durch einseitige Erklärung möglich sein.

Das Eckpunktepapier zur Verantwortungsgemeinschaft ist hier abrufbar. Ein Beispielpapier ist hier abrufbar. Eine kurze Zusammenfassung ist hier abrufbar. Einen Mitschnitt des Pressestatements finden Sie hier.

Das Bundesministerium der Justiz wird auf Grundlage des Eckpunktepapiers in den nächsten Monaten einen Gesetzentwurf erarbeiten – und dabei auch die öffentlichen Rückmeldungen zu dem Papier berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium der Justiz vom 05.02.2024

Mit der Verantwortungsgemeinschaft sollen Konstellationen von Menschen rechtlich abgesichert werden, die nicht in einem romantischen Verhältnis zueinanderstehen, die aber dennoch längerfristig Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt grundsätzlich die Einführung dieser Verantwortungsgemeinschaft als Erfüllung einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Doch auch diese neue Rechtsform muss im Konfliktfall Sicherheit bieten.

„Spätestens seit Kernfamilien 2020 das durch Kontaktbeschränkungen geprägte Weihnachtsfest zusammen feiern durften, aber andere ‚Wahlfamilien‘ getrennt waren, ist eindeutig: Die Verantwortungsgemeinschaft kann eine klaffende Lücke schließen und Lebensrealitäten absichern, die bisher rechtlich außen vor waren. Insofern ist dieses Instrument überzeugend. Es kann für ganz unterschiedliche Konstellationen Bedeutung haben, ob für die oft erwähnte Alters-Wohngemeinschaft, Patchworkfamilien oder einen engen queeren Freundeskreis. Für all diese Fallgruppen muss die rechtliche Lösung universell passen, das erfordert noch sorgfältige Beratungen. Unsere Aufgabe ist dabei aber auch, einen klaren rechtlichen Mehrwert zu schaffen, gegenüber vorhandenen Möglichkeiten, gegenseitige Vollmachten notariell beglaubigen zu lassen.

Verantwortungsübernahme bedeutet zudem immer auch unbezahlte Care-Arbeit. Deshalb halten wir von der SPD-Bundestagsfraktion es für schwierig, die Verantwortungsgemeinschaft mit maximaler Flexibilität auszustatten, wie es der Justizminister möchte: In Frankreich können wir seit der Einführung eines vergleichbaren Gesetzes (PACS) beobachten, dass in der Regel Frauen weiterhin die unbezahlte Care-Arbeit übernehmen – und dann finanziell sprichwörtlich im Regen stehen, wenn sich die Gegenseite einseitig und unvorhergesehen aus der Gemeinschaft zurückzieht. Das darf uns in Deutschland nicht passieren. Deshalb werden wir in den Beratungen darauf hinarbeiten, Mechanismen zur Absicherung einzubauen. Die Übernahme von Verantwortung für andere Menschen ist eine tolle Sache – auch gesellschaftlich. Aber ihre rechtliche Ausgestaltung muss vor Ausbeutung schützen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 05.02.2024

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) kritisiert die geplante Einführung eines neuen Instituts der „Verantwortungsgemeinschaft“, zu der der Justizminister am 05.02.2024 Eckpunkte veröffentlicht hat, als voreilig und planlos. „Eine Verantwortungsgemeinschaft, wie wir sie aus dem französischen Modell des pacte civil de solidarité kennen, etabliert sich sehr schnell als ein Modell, dass Frauen benachteiligt“, betont djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Ausweislich der veröffentlichten Eckpunkte soll die Verantwortungsgemeinschaft ausdrücklich nicht in Konkurrenz zur Ehe stehen. In einer jederzeit leicht auflösbaren „Verantwortungsgemeinschaft“ sollen sich Menschen zusammenschließen können, die ein Bedürfnis nach einer rechtlichen Anerkennung ihrer persönlichen Nähebeziehung haben. Es sind weder Steuervorteile noch erbrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Konsequenzen vorgesehen. Die Verantwortungsgemeinschaft soll keine Rechtsfolgen im Verhältnis zu Kindern – also etwa hinsichtlich der rechtlichen Elternschaft oder des Sorgerechts – nach sich ziehen. Auch sollen keine „durchsetzbaren“ Rechte auf und keine „durchsetzbaren Pflichten zur Verantwortungsübernahme“ begründet werden.

Tatsächlich ist zu befürchten, dass bei heterosexuellen Paaren, die sich wegen der vermeintlichen Modernität einer „Verantwortungsgemeinschaft“ gegen eine Ehe entscheiden, auch weiterhin die Frau hauptsächlich die Care-Arbeit für gemeinsame Kinder übernimmt. Beim Scheitern der Beziehung zeigen sich die Gewinner und Verliererinnen: Wer mehr Einkommen erwirtschaftet und mehr Zeit in die eigene Karriere gesteckt hat, wird die Früchte der arbeitsteiligen Verantwortungsgemeinschaft allein ernten. Gleichzeitig bleiben Mütter, die statistisch betrachtet bis heute für den Löwenanteil der Kinderbetreuung zuständig sind, ohne eigene Unterhaltsansprüche auf ihren betreuungsbedingten beruflichen Nachteilen sitzen. Aber auch für gleichgeschlechtliche Paarkonstellationen sind erhebliche, auch finanzielle Nachteile denkbar, die gerade durch die Öffnung der Ehe vermieden werden sollten.

„Eine Ehe light wäre das genaue Gegenteil von verantwortlicher und solidarischer Lebensplanung“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Familienrechtskommission des djb. Wer gegenseitig in guten und schlechten Zeiten Verantwortung übernehmen will, kann eine Ehe eingehen. Das vermeintlich zu komplizierte Scheidungsrecht ist ein wohlausgewogenes Abwicklungsrecht, das für einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Anteile an der Erwerbs- und Sorgetätigkeit während der Partnerschaft sorgen soll. Hier geht jede Vereinfachung zu Lasten derjenigen, die weniger Erwerbseinkommen erwirtschaften.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 08.02.2024

SCHWERPUNKT II: Policy Brief Bertelsmann-Stiftung Kindergrundsichrung

Zur Veröffentlichung des Policy-Briefs der Bertelsmann-Stiftung zur Kindergrundsicherung erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Nina Stahr, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend:

Als Bündnisgrüne begrüßen wir die Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung, dass zusätzliches Personal im Familienservice notwendig ist, um langfristig das Versprechen einzulösen, dass der Staat aktiv auf Familien zugeht und sie sich nicht mehr zusätzlich zur Erwerbs- und Sorgearbeit durch einen Bürokratiedschungel kämpfen müssen.

Ebenfalls wichtig ist, dass die Bertelsmann-Stiftung gezielt Alleinerziehende in den Blick nimmt, die trotz Erwerbsarbeit besonders von Armut bedroht sind. Wir freuen uns, dass Familienministerin Paus im Gesetzentwurf bereits Verbesserungen für diese Gruppe erreichen konnte.

Im parlamentarischen Verfahren arbeiten wir zusammen mit unseren Koalitionspartner*innen daran, dass die Kindergrundsicherung digital, automatisiert, und damit unkompliziert sowie verlässlich bei allen Familien ankommt. Als Bündnisgrüne ist uns zudem wichtig, besonders von Armut betroffene Familien zu entlasten, damit alle Kinder in unserem Land die gleichen Chancen für ein gesundes Aufwachsen und einen guten Bildungsabschluss haben. Das sorgt nicht nur für Gerechtigkeit, sondern unterstützt auch das Ziel eines starken Wirtschaftsstandorts Deutschlands mit gut ausgebildeten Fachkräften.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.01.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland mehr finanzielle Mittel als bisher veranschlagt zur Verfügung zu stellen. Nur so wird es gelingen, die Kinderarmutsquote spürbar zu senken. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation muss die geplante Kindergrundsicherung zu einer echten Sozialreform zum Wohle der Kinder werden. Dafür braucht es eine gemeinsame Anstrengung für einen echten Paradigmenwechsel und im Ergebnis eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient.

„Die Leistungsbündelung und verbesserte Zugänge von Kindern durch die geplante Kindergrundsicherung sind wichtige Hebel zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Allerdings kommen wir mit einer reinen Zusammenfassung der bisherigen Unterstützungsleistungen bei der Bekämpfung der Kinderarmut nicht den entscheidenden Schritt voran. Wir brauchen auch eine zügige Neubemessung des kindlichen Existenzminimums. Dieses darf aber nicht mit willkürlichen Abschlägen künstlich kleingerechnet werden. Es braucht höhere Transferleistungen für Kinder, deren Familien nicht über die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel verfügen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes anlässlich der Veröffentlichung des Policy Briefs „Kindergrundsicherung: Weichen jetzt richtig stellen!“ der Bertelsmann Stiftung.

„Von Armut betroffene Familien brauchen eine klare Anlaufstelle sowie eine finanzielle Ausgestaltung der Leistung, die allen Kindern echte Teilhabe ermöglicht. Ein besonderes Augenmerk muss deshalb auch auf Familien mit alleinerziehenden Eltern gelegt werden. Zudem muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein, auch für geflüchtete Kinder“, so Hofmann weiter.

„Aus repräsentativen Umfragen für das Deutsche Kinderhilfswerk und auch durch unseren letzten Kinderreport wissen wir, dass nur sehr wenige Menschen in Deutschland der Meinung sind, dass der Staat ausreichend in die Zukunftschancen der jungen Generation investiert. Zugleich wären knapp zwei Drittel der Erwachsenen bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn damit das Problem der Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpft würde. Die Solidarbereitschaft in der Bevölkerung wird an dieser Stelle derzeit von der Politik massiv unterschätzt. Diese sollte vielmehr von der Bundesregierung aufgenommen und in eine kraftvolle Politik insbesondere für von Armut betroffene Kinder umgesetzt werden“, sagt Holger Hofmann.

Zugleich mahnt das Deutsche Kinderhilfswerk ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland an, das mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet ist und umfassende Reformen bündelt. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind ebenso zu berücksichtigen, wie Familien- und Bildungspolitik, Gesundheits- und Sozialpolitik sowie Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik. „Es braucht höhere Löhne, mehr Unterstützung für Alleinerziehende, mehr Investitionen in Schulen und Kitas, mehr bezahlbaren Wohnraum und letztlich auch höhere und leichter zugängliche Sozialleistungen“, so Hofmann abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 26.01.2024

Bertelsmann Policy Brief untermauert Forderungen der eaf

Wenn Kinder- und Jugendarmut verringert und ein echter Schritt in Richtung „gutes Aufwachsen mit angemessener sozialer Teilhabe für alle Kinder“ Wirklichkeit werden soll, muss der vorliegende Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung an entscheidenden Punkten überarbeitet werden. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) sieht sich in dieser Forderung durch die Einschätzung der Bertelsmann Stiftung im heute veröffentlichten Policy Brief der Stiftung klar bestärkt.

„Hier wurde im letzten Jahr eine große Chance vertan!“, kritisiert eaf-Präsident Prof. Dr. Martin Bujard. „Aber wir bleiben am Ball, damit der Entwurf der Kindergrundsicherung 2024 noch entscheidend verbessert wird: Unsere Vorschläge für einfache Nachbesserungen mit großer Wirkung für Kinder und Jugendliche, insbesondere von alleinerziehenden Eltern, decken sich eins zu eins mit den Forderungen der Bertelsmann Stiftung.“

Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus verweist auf die Stellungnahme der eaf vom November 2023: „Leider haben unsere Forderungen nichts an Aktualität verloren. Wir hoffen, dass hinter den Kulissen genug politischer Wille übrig ist, um noch entscheidende Strippen zu ziehen! Denn immerhin hatte die Ampel zu Beginn der Legislaturperiode eine große sozialpolitische Reform angekündigt. Wenn sie wirklich zulässt, dass diese zu einer Verwaltungsreform schrumpft und weiter jeder Cent für Kinder umgedreht wird, ist dies ein Armutszeugnis für alle beteiligten Parteien.“

Die Prioritäten der eaf für das parlamentarische Verfahren zur Kindergrundsicherung umfassen folgende Punkte:

  1. Zusatzbetrag pauschal um 15 Euro Teilhabebetrag und 20 Euro Sofortzuschlag erhöhen
  2. Kinder von Alleinerziehenden besser erreichen: vorgesehene Änderungen im Unterhaltsvorschussgesetz streichen, Unterhaltsvorschuss neu berechnen
  3. Vorläufigen Umgangsmehrbedarfszuschlag einführen

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 26.01.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesministerin Paus trifft Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention

Bundesfamilienministerin Paus hat sich heute mit Vertreterinnen und Vertretern des Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention (KompRex) getroffen, das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wird. Im Fokus stand der Austausch über aktuelle Herausforderungen der Rechtsextremismusprävention, vor allem die Bedrohungslage von zivilgesellschaftlichen Akteuren.

Die Teilnehmer*innen beschrieben in dem Gespräch Bedrohungen und Angriffe gegen Engagierte, die zunehmend die zivilgesellschaftliche Handlungsfähigkeit einschränken und herausfordern. Sie berichteten von gezielten Angriffen gegen Engagierte durch Rechtsextremisten, von Diffamierungskampagnen, Androhung von Sachbeschädigung und immer häufiger körperlicher Gewalt sowie Drohanrufen, um so die demokratische Zivilgesellschaft zunehmend unter Druck zu setzen.

Bundesministerin Lisa Paus: „Ich danke dem Kompetenznetzwerk für seine herausragende Arbeit! Die Schilderungen der Expertinnen und Experten haben mich zutiefst bewegt und beunruhigt. Die aktuelle Bedrohungslage zeigt deutlich: Wir dürfen unser Land nicht denjenigen überlassen, die gegen Menschen hetzen und die aus Menschenverachtung Politik machen wollen! Die bundesweiten Proteste und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus machen Hoffnung, dass Demokratinnen und Demokraten an Sichtbarkeit gewinnen. Das reicht aber noch nicht. Die Bürgerinnen und Bürger fordern ganz klar auch von der Politik und der Regierung, unsere Demokratie zu verteidigen und zu schützen. Die Menschen in Deutschland, die sich für unsere wehrhafte Demokratie, für gelebte Vielfalt und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einsetzen, brauchen Rückhalt und Unterstützung. Das ist auch Aufgabe des Staates.

Darum appelliere ich an die Mehrheit im Bundestag und insbesondere an die FDP-Fraktion, den Weg frei zu machen und das Demokratiefördergesetz endlich zu verabschieden. Es ist der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft nicht mehr zu vermitteln, warum die Beratungen im Bundestag immer noch nicht abgeschlossen sind. Das Gesetz unterstützt die Bundesländer und Kommunen in ihrer Demokratiearbeit ebenso wie die vielen Aktiven überall im Land. Der Bundesrat hat sich schon am zweiten Februar des letzten Jahres in erster Lesung hinter das Gesetz gestellt.
In der vergangenen Legislaturperiode hat es einen Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus gegeben. Es ist an der Zeit dezidiert darüber nachzudenken, ob wir nicht auch in dieser Legislaturperiode einen solchen Kabinettsausschuss einrichten sollten, der weitergehende Maßnahmen erarbeitet. Das könnte eine weitere in der Folge substantielle Antwort darauf sein, dass die Bevölkerung Rechtsextremismus als größte Bedrohung unserer Demokratie einschätzt.“

Das KompRex besteht aus der Amadeu Antonio Stiftung, der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche + Rechtsextremismus (in Trägerschaft von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste), Cultures Interactive, Gesicht Zeigen! und dem Lidice Haus. Es bündelt die präventiv-pädagogische fachliche Expertise, entwickelt bundesweite Präventionsangebote, identifiziert aktuelle Entwicklungen im Themenfeld Rechtsextremismusprävention und vernetzt und qualifiziert Akteur*innen der Rechtsextremismusprävention.

Über das Demokratiefördergesetz: Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Demokratiefördergesetzes bereits im Dezember 2022 beschlossen. Dem Gesetzentwurf ging ein intensiver Austausch mit den Ländern, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft im Frühjahr 2022 voraus. Auf dieser Grundlage wurde ein Entwurf erarbeitet, der erstmals einen gesetzlichen Auftrag des Bundes zur Durchführung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung sowohl durch den Bund selbst, als auch durch die Förderung von Projekten der Zivilgesellschaft schafft. Das Demokratiefördergesetz ist damit ein wichtiger Baustein, um die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich in unterschiedlichen Projekten jeden Tag für unsere Demokratie einsetzt.

Über „Demokratie leben!“: Mit dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ fördert das BMFSFJ jährlich über 700 Projekte aus der Zivilgesellschaft in ganz Deutschland, die sich für die Stärkung unserer Demokratie, für ein friedliches Zusammenleben in unserer vielfältigen Gesellschaft und in der Prävention von Extremismus einsetzen.
https://www.demokratie-leben.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.02.2024

Bundesfrauenministerin Paus: „Meilenstein für Europa“

Zum ersten Mal wird es EU-weit Regeln für die Kriminalisierung bestimmter Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt sowie einen besseren Zugang zu Justiz, Schutz und Prävention geben. Der Rat der EU unter belgischer Ratspräsidentschaft und das Europäische Parlament unter Beteiligung der EU-Kommission haben sich auf eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt geeinigt.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus:  „Die Einigung zur EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist ein Meilenstein für Frauen in Europa. Mit der Einigung sendet die EU das klare Signal: Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt in Europa müssen konkret eingedämmt werden. Erstmals werden eine EU-weite Regelung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und gemeinsame Mindeststandards für den Schutz vor dieser Gewalt geschaffen. Ein Scheitern der Richtlinie wäre ein großer gleichstellungspolitischer Rückschritt gewesen. Ich bin vor allem auch den vielen Frauen dankbar, die überall ihre Stimme erhoben haben, damit Frauen besser vor Gewalt geschützt werden. Jetzt ist ein wichtiger Erfolg erzielt, die politische Auseinandersetzung für mehr Schutz für Frauen vor Gewalt wird weitergehen.“

Durch die intensiven und teils schwierigen Verhandlungen wurden bedeutende Fortschritte erzielt. Insbesondere folgende Aspekte sind positiv hervorzuheben:

  • Verbesserter Zugang zu Justiz (z. B. können Strafanträge vereinfacht und leichter zugänglich eingereicht werden)
  • erstmalige Regelung von gegen Frauen gerichtete Online-Gewalt, darunter Delikte wie „Cyber-Stalking“, Verbreitung von intimen oder manipulierten Bildern, Mobbing im Netz, Versenden von sogenannten „Dick Pics“ oder Aufstacheln zu frauenbezogenem Hass und Gewalt
  • verbesserter Schutz für Kinder, die Gewalthandlungen beobachten
  • EU-weite Standards zur Ahndung von weiblicher Genitalverstümmelung und Zwangsheirat
  • Einheitliche Standards zur Unterstützung und Betreuung der Opfer (z. B. Bereitstellung von Hilfsdiensten)
     

Auch wenn der Tatbestand der Vergewaltigung aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zur EU-Rechtsetzungskompetenz keinen Einzug in die Richtlinie gefunden hat, müssen die EU-Mitgliedsstaaten zukünftig geeignete Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt treffen. Damit soll insbesondere das Bewusstsein dafür gestärkt werden, dass sexuelle Handlungen Einvernehmen voraussetzen und dass sexuelle Handlungen ohne Einvernehmlichkeit strafbar sind. Damit wird ein Teil der Istanbul-Konvention aufgegriffen, nach der sexuelle Handlungen ohne freiwillige Zustimmung nicht aufgezwungen werden dürfen.

Ergänzend zur EU-Regelung haben sich das federführende Bundesjustizministerium und das Bundesfrauenministerium auf Initiative von Bundesfrauenministerin Lisa Paus eine Evaluation des 2016 neu gefassten nationalen Sexualstrafrechts geeinigt, in dem die „Nein heißt Nein“-Lösung verankert ist. Mit der Evaluation soll überprüft werden, ob die aktuell in Deutschland geltende Regelung den Vorgaben der Istanbul-Konvention vollständig entspricht. Die Evaluation soll noch in dieser Legislaturperiode starten.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen die Vereinbarung noch förmlich verabschieden. Nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften haben die Mitgliedstaaten drei Jahre Zeit, die Bestimmungen der neuen Richtlinie umzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.02.2024

Zur Unterzeichnung der Bund-Länder-Vereinbarung zum Startchancen-Programm erklären Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende, und Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Heute ist ein guter Tag für die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Die finale Einigung von Bund und Ländern beim Startchancen-Programm ist ein bildungspolitischer Meilenstein, für den wir Bündnisgrüne jahrelang gekämpft haben.

Das Startchancen-Programm ist der bisher größte Pakt zwischen Bund und Ländern für mehr Bildungsgerechtigkeit. Bund und Länder investieren ab dem kommenden Schuljahr in den nächsten 10 Jahren insgesamt 20 Milliarden Euro gezielt in etwa 4000 Schulen in besonders herausfordernden Lagen.

Wir stellen zusätzliche Mittel für multiprofessionelle Teams und ein Investitionsprogramm für eine förderliche Lernumgebung zur Verfügung – und zwar gezielt an Schulen mit besonderem Bedarf. Diese Schulen erhalten außerdem ein vor Ort frei verfügbares Chancenbudget für die Schul- und Unterrichtsentwicklung.

So erreichen wir besonders Schüler*innen aus einkommensschwachen Familien. Dies ist dringend notwendig, denn die jüngsten alarmierenden PISA-Ergebnisse belegen zum wiederholten Male, dass der Bildungserfolg in Deutschland viel zu sehr mit der sozio-ökonomischen Herkunft zusammenhängt.

Über das Startchancen-Programm hinaus benötigen wir außerdem endlich eine gemeinsame bildungspolitische Strategie von Bund, Ländern und Kommunen mit gesamtstaatlichen Bildungszielen. Als Gesellschaft und auch als Volkswirtschaft können wir es uns nicht leisten, weiter an der Bildung zu sparen. Deswegen erwarten wir auch eine zeitnahe Einigung beim Digitalpakt 2.0, dem zweiten großen bildungspolitischen Leuchtturmprojekt unserer Koalition.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 02.02.2024

Die Kinderkommission teilt mit:

Rund 50.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland leben mit einer unheilbaren Erkrankung, an der sie frühzeitig sterben werden. Die Kinderhospizarbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, sie und ihre Familien zu begleiten und zu unterstützen.

Anlässlich des „Tags der Kinderhospizarbeit“ am 10. Februar würdigt die Kinderkommission des Deutschen Bundestages das Engagement von Angehörigen sowie ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kinderhospizarbeit.

Der Vorsitzende der Kinderkommission, Matthias Seestern-Pauly, erklärt: „Jedes Jahr erinnert uns der Tag der Kinderhospizarbeit daran, wie bedeutend das Engagement der ehrenamtlichen Helfer, aller medizinischen Mitarbeiter sowie der Angehörigen ist. Es ist wichtig, dass wir nicht nur an diesem speziellen Tag, sondern an 365 Tagen im Jahr unsere Dankbarkeit ausdrücken und ihre anspruchsvolle Arbeit wertschätzen. Denn nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass sie die Anerkennung und Unterstützung erhalten, die sie verdienen. Gleichzeitig ermutigt uns dieser Aktionstag, ein sehr sensibles Thema in unserer Gesellschaft präsenter und häufiger zu thematisieren.“

Der bundesweite „Tag der Kinderhospizarbeit“ hat das Ziel, die Inhalte der Kinder- und Jugendhospizarbeit und ihre Angebote bekannter zu machen, Menschen für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen, finanzielle Unterstützerinnen und Unterstützer zu finden sowie das Thema „Tod und Sterben von jungen Menschen“ zu enttabuisieren. Mit den an diesem Tag getragenen grünen Bändern und den vielerorts stattfindenden Aktionen werden betroffene Familien mit Freunden und Unterstützern symbolisch verbunden und drücken so die Hoffnung aus, dass sich immer mehr Menschen mit den erkrankten Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und deren Familien verbünden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 09.02.2024

Ungleichheit in der Erwerbsbeteiligung von Frauen hängt mit einem hohem Gender Care Gap in der Pflege in Deutschland zusammen – Schweden, Schweiz und andere europäische Länder zeigen, wie Deutschland Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in der informellen Pflege senken könnte – Deutschland sollte formelle Pflegeinfrastruktur ausbauen und Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt abbauen – Politik sollte Ehegattensplitting abschaffen und mit familienpolitischen Anreizen die Erwerbsbeteiligung von Frauen stärken

Ohne die informellen Pflegeleistungen von Frauen würde die Pflege in Deutschland zusammenbrechen. Täglich und wöchentlich pflegen Frauen Angehörige und andere pflegebedürftige Menschen hierzulande doppelt so häufig wie Männer. Da rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause versorgt werden, bilden Frauen das Rückgrat der informellen Pflege in Deutschland. Dabei befindet sich Deutschland beim Gender Care Gap, dem Unterschied in der Pflege zwischen den Geschlechtern, im Mittelfeld der europäischen Länder. „Der Gender Care Gap ist in den Ländern kleiner, in denen mehr Geld für das formelle Pflegesystem ausgegeben wird“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

In einer heute veröffentlichten Studie analysieren Johannes Geyer, Peter Haan und Mia Teschner den Gender Care Gap in der Pflege in 17 europäischen Ländern. Sie untersuchen, welche institutionellen, gesellschaftlichen und arbeitsmarktspezifischen Faktoren in einem Zusammenhang mit der Ungleichheit der informellen Pflege unter den Geschlechtern stehen. In Ländern mit einer größeren Geschlechterungleichheit und einer stärkeren Ungleichheit in der Erwerbsbeteiligung zwischen Männern und Frauen ist auch der Gender Care Gap größer. „Die Geschlechterungleichheiten in der informellen Pflege hängen mit Investitionen im Gesundheitswesen, dem Pflegesystem und den Strukturen des Arbeitsmarktes zusammen“, sagt Mia Teschner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin. „Je höher die Ausgaben für formelle Pflege in den Ländern sind, umso geringer ist der Gender Care Gap.“ Zudem weisen Länder mit geringer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, auch einen geringen Gender Care Gap aus.

Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei den Ausgaben für formelle Pflege und der Geschlechterungleichheit im Mittelfeld. Auch der Gender Care Gap liegt etwa im Durchschnitt der europäischen Länder. Deutschland kann von den Ländern mit geringem Gender Care Gap wie Schweden oder Schweiz lernen und mehr in formelle Pflege investieren, um Angebot und Qualität zu erhöhen und um den Aufwand der Angehörigen für die informelle Pflege zu reduzieren. In einer klugen Mischung könnten die höheren Ausgaben für die formelle Pflege aus Steuern oder höheren Beiträgen zur Pflegeversicherung finanziert werden. Zudem könnten die Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung ausgeweitet werden.

„Die Geschlechterungleichheiten in der informellen Pflege hängen mit Investitionen im Gesundheitswesen, dem Pflegesystem und den Strukturen des Arbeitsmarktes zusammen.“ Mia Teschner

Um die Ungleichheit bei der Care Arbeit zu reduzieren, müssten zudem mehr Männer für die informelle Pflege mobilisiert werden. Dieses Ziel ist nur langfristig zu erreichen, wie die Erfahrungen beim Elterngeld zeigen: Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind hoch. Entscheidend ist daher, dass die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt reduziert wird. Dabei helfen kann eine Reform des Ehegattensplittings oder die Verbesserung der Betreuung von Kindern, die eine Vollzeiterwerbstätigkeit von beiden Eltern ermöglichen würde. Diese Instrumente könnten helfen, das langfristige Ziel einer gleichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern zu erreichen.

LINKS

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 14.02.2024

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt besteht die ausgeprägte berufliche Trennung von Frauen und Männern fort – in Ost- wie in Westdeutschland. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Zwischen 2012 und 2019 ist das Ausmaß der beruflichen Geschlechtersegregation innerhalb Deutschlands nur minimal zurückgegangen, wobei im Vergleich zu Westdeutschland die Geschlechtersegregation in Ostdeutschland höher und etwas stärker zurückgegangen ist.

Die Spaltung in frauen- und männerdominierte Berufsgruppen ist in West und Ost stark ausgeprägt. Deutlich mehr als die Hälfte aller beschäftigten Frauen und Männer in West und Ost arbeiteten 2012 bis 2019 in geschlechtstypischen Berufen, also in Berufen, in denen ihr eigenes Geschlecht unter den Beschäftigten zu mindestens 70 Prozent vertreten ist. Weniger als 30 Prozent arbeiten in gemischten Berufen und weniger als 15 Prozent in geschlechtsuntypischen Berufen – also Berufen, in denen der Anteil der Beschäftigten ihres eigenen Geschlechts bei maximal 30 Prozent liegt.

In Ostdeutschland arbeiten mehr Männer als Frauen in geschlechtsuntypischen Berufen, in Westdeutschland verhält es sich umgekehrt. Diese Unterschiede hängen unter anderem mit der unterschiedlichen Berufsstruktur in beiden Landesteilen zusammen. In vielen Berufen sind im Osten Frauen stärker vertreten als im Westen. Besonders groß sind diese Unterschiede in kaufmännischen Dienstleistungsberufen, in IT- und naturwissenschaftlichen Berufen sowie in Berufen mit hohem Anforderungsniveau.

In Westdeutschland hätten 2012 55 Prozent aller Frauen (oder Männer) ihren Beruf wechseln müssen, um in allen Berufen den damaligen Frauenanteil von 45 Prozent zu erreichen. Im Jahr 2019 war dieser Anteil 1,3 Prozentpunkte geringer. In Ostdeutschland war die Segregation zu Beginn des Beobachtungszeitraumes 2012 höher und ging dann stärker zurück als in Westdeutschland: 2012 hätten in Ostdeutschland 57 Prozent aller Frauen (oder Männer) ihren Beruf wechseln müssen, um in allen Berufen einen Frauenanteil von 49 Prozent zu erreichen; 2019 waren es 2,8 Prozentpunkte weniger.

„Auf Basis der beobachteten Entwicklungen ist nicht zu erwarten, dass sich die Trennung des Arbeitsmarkts in Männer- und Frauendomänen in naher Zukunft auflöst“, fasst IAB-Forscherin Ann-Christin Bächmann die Ergebnisse zusammen. „Insgesamt bleibt die berufliche Geschlechtersegregation ein zentrales Charakteristikum des deutschen Arbeitsmarkts sowie eine bedeutsame Ursache von Ungleichheiten. So sind frauendominierte Berufe durchschnittlich schlechter entlohnt als Männerberufe“, ergänzt IAB-Forscherin Brigitte Schels.

Die Daten basieren auf den Arbeitgebermeldungen aller abhängig Beschäftigten an die Sozialversicherungsträger im Zeitraum von 2012 bis 2019.

Zum Download stehen bereit:

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-03.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 08.02.2024

  • Frauen bei erster Eheschließung 2022 im Schnitt 32,6 Jahre alt, Männer 35,1 Jahre
  • Zahl derjenigen, die mit 50+ zum ersten Mal heiraten, von 7 500 im Jahr 2002 auf rund 41 500 im Jahr 2022 gestiegen
  • Rund die Hälfte (49 %) der erwachsenen Bevölkerung war Ende 2022 verheiratet, bei den 65- bis 69-Jährigen gut zwei Drittel (68 %)

Wer in Deutschland heute zum ersten Mal heiratet, ist deutlich älter als noch vor 20 Jahren. Im Jahr 2022 waren Frauen bei ihrer ersten Heirat im Schnitt 32,6 Jahre alt, Männer 35,1 Jahre – in beiden Fällen ein neuer Höchststand. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Welttag der Ehe am 11. Februar mit. Binnen 20 Jahren ist das Durchschnittsalter bei der ersten Heirat bei Frauen damit um 3,8 Jahre und bei Männern um 3,3 Jahre gestiegen. Der durchschnittliche Altersunterschied zwischen den Geschlechtern ist somit seit 2002 von 3,0 Jahren auf 2,5 Jahre leicht geschrumpft. Nach der Einführung der Ehe für alle im Oktober 2017 gehen seit dem Berichtsjahr 2018 auch gleichgeschlechtliche Eheschließungen in die Statistik ein.

Erste Ehen: Anteil der unter 30-Jährigen geht zurück, Anteil der Älteren ab 50 Jahren nimmt zu

Von den gut 609 800 Menschen, die im Jahr 2022 zum ersten Mal heirateten, waren 221 400 oder 36 % jünger als 30 Jahre. Im Jahr 2002 waren es noch mehr als die Hälfte (52 %). Vor allem die Zahl und der Anteil derjenigen, die im mittleren und auch noch im höheren Alter zum ersten Mal heiraten, haben deutlich zugenommen: 2022 waren 62 500 oder gut 10 % bei der ersten Eheschließung 40 bis 49 Jahre alt, im Jahr 2002 waren gut 32 600 oder knapp 6 % in diesem Alter. In der Altersgruppe 50+ ist die Zahl auf 41 500 und der Anteil auf knapp 7 % im Jahr 2022 gestiegen. Im Jahr 2002 waren 7 500 oder gut 1 % bei ihrer ersten Heirat 50 Jahre oder älter. 

Die Ursachen dieser Veränderungen sind zum einen der Anstieg des Alters bei den Erst-Ehen und zum anderen der veränderte Altersaufbau der Bevölkerung im Allgemeinen. So ist auch der Anteil der Altersgruppe 50+ an der Gesamtbevölkerung binnen 20 Jahren gewachsen: von gut 36 % zum Jahresende 2002 auf knapp 45 % Ende 2022.

Bei knapp 3 % aller Eheschließungen heirateten Paare gleichen Geschlechts

Insgesamt schlossen 781 500 Menschen im Jahr 2022 eine Ehe. 78 % der Eheschließenden heirateten zum ersten Mal, gut 20 % waren zuvor geschieden und gut 1 % verwitwet. Gut 97 % der Ehen schlossen Paare unterschiedlichen und knapp 3 % Paare gleichen Geschlechts. 

Die Hälfte aller Erwachsenen war Ende 2022 verheiratet oder in Lebenspartnerschaft

Zum Ende des Jahres 2022 waren rund 34,6 Millionen Menschen in Deutschland verheiratet oder lebten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das entspricht einem Anteil von gut 49 % der 70,1 Millionen volljährigen Menschen hierzulande. Am höchsten war der Anteil der Verheirateten an der jeweiligen Bevölkerung bei den 65- bis 69-Jährigen: Knapp 3,5 Millionen der 5,1 Millionen Menschen in diesem Alter und somit gut zwei Drittel (68 %) waren zum Jahresende 2022 verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft.

Ehen werden später geschieden und dauern länger als vor 20 Jahren

Auch das Durchschnittsalter bei Scheidungen ist gestiegen und hat mit 44,7 Jahren bei Frauen und 47,8 Jahren bei Männern 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Binnen 20 Jahren ist es um 5,8 Jahre bei Frauen (2002: 38,9 Jahre) und um 6,2 Jahre bei Männern (2002: 41,6 Jahre) gestiegen. Zugleich stieg die Durchschnittsdauer einer Ehe bis zur Scheidung 2022 auf 15,1 Jahre, 2002 waren Ehepaare bis zur Scheidung im Schnitt noch 12,9 Jahre verheiratet. 2022 wurden rund 137 400 Ehen geschieden, mit Ausnahme des Jahres 2019 ist die Zahl der Scheidungen seit 2012 kontinuierlich gesunken. 

Methodische Hinweise:

Seit dem 1. Oktober 2017 gibt es die Ehe für alle. Ab dem Berichtsjahr 2018 sind die gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in den Eheschließungsdaten enthalten. Eingetragene Lebenspartnerschaften konnten ab dem 1. Oktober 2017 nicht mehr eingegangen werden. Die Daten zu Ehescheidungen enthalten ab 2019 auch die Ehescheidungen gleichgeschlechtlicher Paare. Im Anteil der Verwitweten sind auch Personen enthalten, deren Lebenspartner verstorben sind, deren Lebenspartnerschaft aufgehoben wurde oder deren Familienstand unbekannt ist.

Die Bevölkerungszahlen nach dem Familienstand sind Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011.

Weitere Informationen:

Abbildung der Bevölkerung nach Familienstand und Altersgruppen
Tabellen zur Bevölkerung in GENESIS-Online
Statistischer Bericht – Eheschließungen 2022
Statistischer Bericht – Rechtskräftige Beschlüsse in Ehesachen – 1990-2022

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 08.02.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich des morgigen Valentinstages fordert die Arbeiterwohlfahrt besseren Gewaltschutz für Betroffene häuslicher Gewalt.

„Der Valentinstag gilt gemeinhin als romantischer Anlass. Für viele Frauen in Deutschland ist das allerdings ein weiterer Tag, an dem sie von Gewalt durch ehemalige oder derzeitige Partner betroffen sind. Nach jahrzehntelangen Kämpfen von Frauenrechtler*innen und Aktivist*innen ist es mehr als an der Zeit, deutschlandweit den Gewaltschutz für alle von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt Betroffenen mit einem Bundesgesetz zu regeln“, erklärt dazu Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt.

Intensiv wird derzeit am Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen daran gearbeitet. „Die Debatte um ein Gewalthilfegesetz nimmt Fahrt auf“, so Sonnenholzner. „Gewaltschutz- und Hilfeangebote wie Frauenhäuser, Schutzwohnungen, Notrufe, Interventionsstellen und Fachberatungsstellen bei häuslicher Gewalt müssen flächendeckend gewährleistet und finanziell abgesichert werden. Bund, Länder und Kommunen müssen hier gemeinsam Verantwortung übernehmen. Gewaltbetroffene sollen so umgehend Zugang zu Schutz und Hilfe erhalten, die sie brauchen – überall in Deutschland.“

Erste wichtige Schritte auf Bundesebene werden aktuell auch in der Reform des Sorge- und Umgangsrechts unternommen. Das Prinzip Schutz des gewaltbetroffenen Elternteils vor Umgangsrecht für das gewaltausübende Elternteil soll endlich verankert werden. Mit Unterzeichnung der Istanbul-Konvention am 01.02.2018 hat sich Deutschland verpflichtet, die Anforderungen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt umzusetzen. Hieraus ergibt sich eindeutig die Forderung, Partnerschaftsgewalt im Kontext Sorge- und Umgangsrecht zu berücksichtigen und die Gewaltbetroffenen vorrangig zu schützen.

Hintergrund:

2022 waren 126.349 Frauen Opfer von Gewalt durch Partner oder Ex-Partner – das sind 350 erfasste Taten von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen pro Tag. Das Dunkelfeld ist weitaus größer. Viele Frauen sehen für sich keine Möglichkeit, die Gewaltbeziehung zu verlassen. Sie verharren oftmals darin, weil sie Hilfeangebote aus Scham  oder wegen der gemeinsamen Kinder (noch) nicht annehmen möchten. Dabei ist ausgerechnet die Geburt eines gemeinsamen Kindes oftmals ein Auslöser von Partnerschaftsgewalt.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.02.2024

Der Gesetzentwurf war bereits Ende 2022 vom Bundeskabinett beschlossen worden, die parlamentarischen Beratungen laufen seit Frühjahr 2023 – nun haben FDP-Abgeordnete dem geplanten Demokratiefördergesetz öffentlich eine Absage erteilt. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wäre ein Aus für das Gesetzgebungsprojekt ein fatales Signal: Schon seit Jahren fordert der Verband, die zivilgesellschaftliche Demokratiearbeit auf eine solide finanzielle und strukturelle Grundlage zu stellen.

Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: “Wer heute auf die Idee kommt, bei der Demokratiestärkung untätig zu bleiben, muss wirklich auf einem anderen Stern leben: Seit Wochen gehen Millionen von Menschen auf die Straße, um unsere Demokratie vor Rechtsextremen zu schützen – und Abgeordnete einer Regierungsfraktion wollen ausgerechnet ein Gesetz zur Förderung demokratischer Basisarbeit beerdigen. Ein solches Verhalten grenzt an Realitätsverlust.”

Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbands, ergänzt: “Demokratie ist Handarbeit und wird von unzähligen Projekten und Initiativen jeden Tag verteidigt – auch von den vielen Engagierten und Mitarbeitenden in der AWO. Diese wichtige Arbeit vor Ort ist heute prekär finanziert und nachhaltige Strukturen müssen jedes Jahr im Rahmen zäher Haushaltsdebatten erkämpft werden. Ein Gesetz, das demokratiefördernde Strukturen schützt und ausbaut, ist dringend überfällig. Wenn die FDP diese Chance nicht sieht, ist ihr wirklich kaum mehr zu helfen.”

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.02.2024

Der Deutsche Bundestag hat den Bundeshaushalt für das laufende Jahr beschlossen – acht Wochen später als geplant. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) begrüßt im parlamentarischen Verfahren zurückgenommene Kürzungen, übt aber auch klare Kritik am neuen Haushaltsplan. Dazu erklären AWO-Präsident Michael Groß und Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbands:

Michael Groß: “Wir haben seit dem letzten Sommer mit aller Kraft dafür gestritten, dass der Bundestag den Sparhaushalt des Finanzministers korrigiert. Mit Blick auf viele unserer Anliegen hatten wir Erfolg: Im Bereich der Migrationsberatung und bei der Unterstützung von Geflüchteten steht deutlich mehr Geld im Haushaltsplan als die Bundesregierung vorgeschlagen hatte. Gleichzeitig wird deutlich: Die Bundesregierung hat noch nicht verstanden, dass mit der Schuldenbremse und ohne mehr Steuergerechtigkeit kein Staat zu machen ist. Das richtige Ziel der Klimaneutralität belastet zudem die Menschen mit geringem Einkommen wesentlich mehr als Hochverdienende, die einen wesentlich höheren CO2 Fussabdruck haben. Neben Armutserfahrung sorgen vernachlässigte  und überlastete Lebenswelten und fehlende Aufstiegsmöglichkeiten in den Stadtteilen, dass vielen Menschen sich sozial und politisch übergangen fühlen. Wir müssen mehr Gemeinwohlorientierung und Gemeinnützigkeit etablieren. Die Preissteigerungen der letzten beiden Jahre und die Klimakrise erfordern höhere Ausgaben, nicht niedrigere. In Zeiten, in denen Hunderttausende für die Demokratie auf die Straße gehen, müssen wir endlich in diejenigen investieren, die Tag für Tag den gesellschaftlichen Zusammenhalt organisieren: die Menschen, die sich ehren- und hauptamtlich in der sozialen Arbeit engagieren! Dass stattdessen nun auch noch auf dem Rücken von Bürgergeld-Empfänger*innen gespart werden soll, ist ein fatales Signal.”

Claudia Mandrysch: “Die Haushaltskrise, die nach dem Urteil des Verfassungsgerichts entstanden ist, hat für unsere Träger lange Wochen der Unsicherheit bedeutet. Es ist gut, dass für die Einrichtungen und Beschäftigten, die in den vom Bund geförderten Bereichen tätig sind, nun endlich Klarheit herrscht – aber der wirtschaftliche und vor allem der Vertrauensschaden sind bereits entstanden. Ich erwarte von Finanzminister Lindner, dass er morgen damit beginnt, einen seriösen, zukunftsfähigen Haushalt für die nächsten Jahre zu erarbeiten. Denn auch wenn wir für 2024 wissen, woran wir  sind: In mehr- und überjährigen Programmen ist weiterhin kaum Planbarkeit möglich. Die Freiwilligendienste zeigen das Problem sehr deutlich: Für den Jahrgang 2024/2025 können wir heute nur etwa 65% der für das laufende Jahr bereitgestellten Mittel nutzen, weil wir leider davon ausgehen müssen, dass 2025 wieder deutlich weniger Geld vorhanden sein könnte.”

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 02.02.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert in einer aktuellen Stellungnahme Verbesserungen in der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die DSGVO wurde 2016 vom Europäischen Parlament beschlossen und trat nach einer Übergangsphase von zwei Jahren im Mai 2018 in Kraft. Sie soll regelmäßig überprüft werden. Nun steht sechs Jahre nach Inkrafttreten zum zweiten Mal eine Beurteilung an.

„Personenbezogene Daten müssen mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit dringend besser geschützt werden“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb. Der djb hat seine Stellungnahme über das Portal „Have your Say“ der Europäische Kommission eingereicht, das alle Bürger*innen, Unternehmen und NGOs einlädt, ihre Ansichten zu Initiativen der Kommission in wichtigen Phasen des Gesetzgebungsprozesses zu äußern.

Die Kritik des djb beruht auf der Tatsache, dass die europäischen Demokratien durch gezielte Desinformation zunehmend in Gefahr geraten. Der Alltag von Mädchen und Frauen in den sozialen Netzwerken ist geprägt von Beschimpfungen, Drohungen, sexueller Belästigung und der Angst vor Demütigungen. Gezielte personalisierte Online-Werbung trägt dazu bei, sie leicht zu Opfern aggressiver Nachstellungen zu machen. Die aktuellen Regelungen reichen zum Schutz der Betroffenen und zur Beseitigung dieser Phänomene nicht aus.

„Tracking und Microtargeting befördern Antifeminismus und Fragmentierung in der Gesellschaft. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, so Anke Stelkens, Vorsitzende der Kommission Digitales.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 08.02.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt in einer aktuellen Stellungnahme mit Nachdruck den Regierungsentwurf zu einem Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts vom 1. November 2023. Durch die Schließung der materiell-rechtlichen Schutzlücken und die gesetzlichen Klarstellungen im Bereich geschlechtsbezogener, sexueller und reproduktiver Gewaltverbrechen wird der Entwurf an entscheidenden Stellen zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Völkerstrafrecht beitragen. Die Ausweitung der Opferrechte für Betroffene von sexualisierter und reproduktiver Gewalt lobt der djb ebenfalls. Allerdings merkt er kritisch an, dass der im Entwurf vorgesehene verstärkte prozessuale Opferschutz möglicherweise nicht allen Betroffenen von geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt in völkerstrafrechtlichen Kontexten zugutekommt.

„Wir freuen uns, dass die Bundesregierung Änderungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen plant, die langjährigen Forderungen des djb umfassend umsetzen. Insbesondere begrüßen wir auch die Ergänzung des Verfolgungstatbestands um den Verfolgungsgrund der „sexuellen Orientierung“ als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Obwohl der Entwurf die Opferrechte von Betroffenen sexualisierter und reproduktiver Ge-walt erheblich ausweitet, regt der djb insbesondere an, die Anknüpfung dieser Rechte an eine Verletzung abschließend aufgezählter Individualrechtsgüter zu streichen. Dies könnte dazu führen, dass diese erweiterten Rechte möglicherweise nicht für alle Betroffenen von geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt garantiert sind. Insbesondere Formen geschlechtsbezogener Verfolgung, die ohne Verletzung der sexuellen oder reproduktiven Selbstbestimmung begangen werden, wären nicht erfasst. Außerdem sollten alle Völkerstraftaten zur Nebenklage, Beistandsbestellung und kostenlosen psychosozialen Prozessbegleitung berechtigen.

„Für eine effektive Bekämpfung von geschlechtsbezogener, darunter sexualisierter und reproduktiver, Gewalt bedarf es nicht nur Gesetzesänderungen, sondern im zweiten Schritt auch einer entsprechenden Verfolgungspraxis. Die Verfolgung und Anklage derartiger Taten müssen priorisiert werden und kumulativ erfolgen und benötigen geschultes Ermittlungspersonal.“, so Dilken Çelebi, LL.M., Vorsitzende der djb-Strafrechtskommission.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 31.01.2024

Der Weltkindertag am 20. September steht im Jahr 2024 unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern zum 70. Geburtstag dieses Tages, dass die Politik ihre Prioritäten verstärkt auf Kinder ausrichten muss. Denn jeder junge Mensch ist eine große Chance für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und es ist das Recht jedes Kindes, sich gut zu entwickeln und sein Leben gestalten zu können – ganz gleich, woher es kommt oder welchen Aufenthaltsstatus es hat. In Kinder zu investieren, ist gerade jetzt notwendig, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Gleichzeitig gilt es, die Kinder- und Menschenrechte als demokratische Gesellschaft gegenüber jeglicher Form von Diskriminierung zu verteidigen.

„Wir brauchen Vielfalt und die Zuversicht und Ideen der jungen Generation, um unsere großen Zukunftsaufgaben als demokratische Gesellschaft zu meistern. Deshalb ist es gerade in einer Zeit großer Krisen und Herausforderungen so wichtig, sich entschlossen für jedes Kind und seine Rechte einzusetzen”, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Mit dem Motto des Weltkindertags im Jahr 2024 möchten wir das besonders unterstreichen.“

„Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit vielfältigen Fähigkeiten. Staat und Zivilgesellschaft müssen mehr dafür tun, dass sie stark und gleichberechtigt mit ihrer Kreativität und Kompetenz unsere Gesellschaft mitgestalten können“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Die Grundlage dafür ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die muss in Deutschland endlich vollständig umgesetzt werden.“

Rund um den Weltkindertag am 20. September 2024 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder, ihre Rechte und ihre Zukunft aufmerksam machen. 70 Jahre, nachdem der Weltkindertag eingeführt wurde, weisen UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk mit dem Motto 2024 darauf hin, dass die Interessen und Rechte der Kinder auch heute richtungweisend für politische Entscheidungen der Gegenwart und Zukunft sein müssen. Diskriminierung und Hass in jeglicher Form dürfen keinen Platz in der Gesellschaft haben. Die Zusagen im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen müssen bis zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden – dazu gehören beispielsweise die Verbesserung von Bildungs- und Teilhabechancen für jedes Kind, unabhängig von Herkunft oder Einkommen der Eltern und die Absicherung kindgerechter Lebensbedingungen für geflüchtete Kinder. Zudem fordern UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund und Ländern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.

Im September 1954 empfahlen die Vereinten Nationen ihren Mitgliedstaaten die Einführung eines weltweiten Tages für Kinder. Sie wollten damit den Einsatz für Kinderrechte stärken, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen auf der Welt fördern und die Regierungen auffordern, die weltweite UNICEF-Arbeit zu unterstützen. Inzwischen wird der Weltkindertag in über 145 Staaten am 20. September gefeiert; seit 1989 sind die Kinderrechte mit einer UN-Konvention für jedes Kind verbrieft.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und UNICEF Deutschland vom 14.02.2024

Die Weiterentwicklung von Kitas zu Kinder- und Familienzentren ist der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie ein großes Anliegen, um Familien zu stärken und ihnen eine bessere Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Stiftung bringt sich daher immer wieder auf Landes-ebene ein, wenn es um die fachliche Koordination solcher kommunalen Prozesse geht. So auch in Bremen. Dort endete nun nach fünf Jahren die Begleitung, um der Verstetigung in öffentlicher Hand mehr Raum zu geben.

Seit 2019 lag die Trägerschaft der Servicestelle Kinder- und Familienzentren (KiFaZ) in Bremen beim Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie. In Kooperation mit der Freien Hansestadt Bremen war sie als befristetes Projektvorhaben eingerichtet worden und hat sich erfolgreich entwickelt. 

94 sozialpädagogische Mitarbeitende wurden zu „Fachkräften Kinder- und Familienzentrum“ qualifiziert. Sie schlagen Brücken zu benachteiligten Familien im Stadtteil. Diese Weiterentwicklung von Kitas zu Familienzentren hat sich in Bremen bewährt und das Angebot wurde verstetigt: Zum Jahreswechsel fand der Übergang in das Landesinstitut für Schule (LIS) in Bremen statt.

 „Wir freuen uns, dass die Servicestelle KiFaZ an das Bremer Landesinstitut für Schulen übergeben werden konnte. Die bisherigen Unterstützungsangebote und Ansprechpersonen finden sich dort nun dauerhaft als Regelangebot“, sagt Dr. Aslak Petersen, Vorstandsmitglied der Karl Kübel Stiftung, und ergänzt: „Damit bilden wir einen für Stiftungshandeln idealtypischen Prozess ab: Gemeinsam mit der Auridis Stiftung und dem Land Bremen haben wir eine Lücke in der kommunalen Angebotspalette gefüllt und Strukturen entwickelt. Nachdem die Übernahme in regelhafte Strukturen Bremens gewährleistet war, haben wir uns aus der operativen Aufgabe wieder zurückgezogen.“

Auch Marc von Krosigk, Geschäftsführer der Auridis Stiftung, freut sich über die Verstetigung des Angebots: „Aus unserer Sicht ist das ein wichtiger Schritt, um die Arbeit der Servicestelle nachhaltig in den Bremer Strukturen zu verankern und damit die wirksame Begleitstruktur für Einrichtungen und Familien vor Ort langfristig sicherzustellen.“

Quelle: Pressemitteilung Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie vom 02.02.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 20. Februar 2024

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Ort: Online

Ergebnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Digitale Chancengerechtigkeit (DCG)“ zur Verbesserung von Chancengerechtigkeit und Bildungsteilhabe im Lese- und Literaturunterricht in der Grundschule

Die neuesten Ergebnisse der PISA-Studie (OECD 2023) zeigen erneut: Das Problem gravierender Bildungsungleichheiten in Deutschland ist bisher nicht gelöst. Diese bleiben bestehen und werden in einer digitalen Gesellschaft zusätzlich von neuen Ungleichheitsdimensionen überlagert.
Digitalisierung, verstanden als umfassender Transformationsprozess, verändert Bildung, Bildungsinstitutionen und den Zugang zu Wissen. Damit sich Bildungsungleichheiten in einer digitalen Gesellschaft nicht vertiefen, kommt Bildungsinstitutionen wie Schulen immense Bedeutung zu. Insbesondere gilt es auch in digitalen Gesellschaften, Kinder aus weniger privilegierten Familien besonders zu unterstützen, und zwar durch Maßnahmen auf mehreren Ebenen: Unterricht, Schule, Lehreraus- und Weiterbildung, Nachbarschaftsquartiere und Bildungspolitik. Mit Blick auf die Unterrichtsebene gilt es, Unterricht auf Augenhöhe einer digitalen Gesellschaft und unter Berücksichtigung zunehmend heterogener Lernausgangslagen der Kinder anzubieten.
Im Vortrag berichten wir aus dem Mixed Methods Projekt „Digitale Chancengerechtigkeit“, in dem zunächst diversitätssensible Lehr- und Lernsettings mit analogen und digitalen Medien entwickelt, erprobt und schließlich evaluiert wurden. Wir zeigen, wie anspruchsvolle, kollaborative und kreative Lehr- und Lernsettings die Lesemotivation und Lesekompetenz von Grundschüler:innen beeinflussen und wie Kinder mit ganz unterschiedlichen Lernausgangslagen von schulischen Unterricht profitieren können.

Referierende
Prof. Dr. Jana Heinz, Hochschule München. Jana Heinz ist Professorin für Methoden der empirischen Sozialforschung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Bildungsgerechtigkeit, der Wandel von Bildungsinstitutionen in einer digitalen Gesellschaft und deren Erforschung. E-Mail: jana.heinz@hm.edu; orcid: https://orcid.org/0000-0001-7968-2363.
Prof. Dr. Uta Hauck-Thum. Ludwig-Maximilians-Universität München. Uta Hauck-Thum ist Professorin für Grundschulpädagogik und -didaktik. Ihr Schwerpunkt ist das Lehren und Lernen unter digitalen Bedingungen. Besonderes Augenmerk legt sie auf die Diagnose und Förderung von Basiskompetenzen und auf Konzepte der transformativen Schulentwicklung. E-Mail: uta.hauck-thum@lmu.de; orcid: https://orcid.org/0000-0002-5367-344X
Laura Eras ist Doktorandin am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität. Ihre Forschungsschwerpunkte sind soziale Schichtung und Vorurteile, insbesondere in postsozialistischen Gesellschaften. E-Mail: Laura.Eras@lmu.de; orcid: https://orcid.org/0000-0001-6006-1444.
Dr. Franz Neuberger, Deutsches Jugendinstitut. Franz Neuberger ist Senior Researcher mit den Forschungsschwerpunkten Kinderarmut, sozialstaatliche Leistungen für Kinder, soziale Ungleichheit, Familiensoziologie, Lebensqualitätsforschung, quantitative Methoden und Statistik. E-Mail: fneuberger@dji.de; orcid: https://orcid.org/0000-0003-3427-0298

Moderation: Dr. Katja Flämig, Deutsches Jugendinstitut

Termin: 21. Februar 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Die Kindertagesbetreuung hat den gesetzlichen Auftrag, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen. Bislang gelingt dies aber nur unzureichend. Zwar wird oft der Bildungs- oder der Betreuungsaspekt der Kindertagesbetreuung diskutiert, aber die Auseinandersetzung darüber, wie gut es der Kindertagesbetreuung gelingt Benachteiligungen abzubauen, sind bislang noch verhalten.
Der Paritätische Gesamtverband hat daher in Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück eine Expertise erstellt, die unterschiedliche Maßnahmen der Länder auswertet, die eine Verbesserung der Personalausstattung in Kindertageseinrichtungen anhand benachteiligungsrelevanter Kriterien verfolgen.
In der Veranstaltung werden die unterschiedlichen Ansätze der Länder vorgestellt und einige Vorschläge diskutiert, wie Maßnahmen ausgestaltet sein müssten, um Benachteiligung bereits im Ansatz zu vermeiden. Zudem gibt es die Gelegenheit, Erfahrungen der Teilnehmenden aus der Praxis einzubringen und zu diskutieren.
Mit
Niels Espenhorst, Referent Kindertagesbetreuung des Paritätischen Gesamtverbandes
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Die Expertise ist bereits veröffentlicht und kann hier heruntergeladen werden:  
https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/broschuere_benachteiligung-2023_web.pdf

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Niels Espenhorst, kifa(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 445

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476 

Termin: 29. Februar 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

„Die Gleichheit von Männern und Frauen ist in allen Bereichen […] sicherzustellen. Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.“

Wie auch das Deutsche Grundgesetz, so weist Artikel 23 der Europäischen Grundrechtecharta explizit darauf hin, dass zur tatsächlichen Umsetzung des Europäischen Grundrechts der Gleichberechtigung von Frauen und Männern proaktive Maßnahmen zu Gunsten von Frauen zulässig sind. Die Europäische Union und ihre 27 Mitgliedstaaten sind also verpflichtet, die Gleichheit von Frauen und Männern einschließlich spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht sicherzustellen. Dieses Handlungsgebot an den Staat, Gleichberechtigung auch tatsächlich umzusetzen, ist in allen Lebensbereichen relevant, in denen Frauen nach wie vor real, sozial oder ökonomisch, benachteiligt werden – vom Arbeitsmarkt über die Aufteilung der Care Arbeit bis hin zur Teilhabe an Macht in Gesellschaft und Politik.

Die Hauptstadt Berlin gilt Dank diversen geschlechterpolitischen Maßnahmen zur Förderung von Frauen als „Stadt der Frauen“. Sie verdankt ihren Ruf als Vorreiterin unter anderem dem Landesgleichstellungsgesetz, dem gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm sowie dem Gender Budgeting und Mainstreaming. Doch im Berliner Abgeordnetenhaus sind Frauen –  ebenso wie im Bundestag und allen anderen Bundesländern – nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Jüngst zeigte unsere Studie „Frauen MACHT Berlin“ erneut, dass und warum Frauen in der Politik viel zu oft das Nachsehen haben. Kulturen und Nominierungspraktiken der Parteien erschweren Frauen die Kandidatur und die politische Arbeit, aber auch das Wahlrecht selbst ist ein entscheidender Faktor.  

Die Berliner Politik hat sich seit Jahren vorgenommen, mit einem Paritätsgesetz die gleichberechtigte Teilhabe zu sichern und auch im Bund und in anderen Bundesländern wird über Paritätsregelungen diskutiert. In mehreren Ländern Europas und der Welt gibt es diese bereits. Auch das Europäische Parlament sieht in seinem Vorschlag für ein neues, einheitliches Wahlrecht für das EU-Parlament die Einführung von Paritätsregeln vor. Wie Prof. Dr. Silke Laskowski in einem neuen Gutachten für die FES zeigt, hat sich auch die europäische Rechtsprechung schon mehrfach auf die Seite von Paritätsgesetzen gestellt und dabei nicht zuletzt deren Relevanz für die Demokratie unterstrichen.

Worauf wartet Deutschland also? Wie schaffen wir endlich gleichberechtigte Teilhabe in den Parlamenten– in Berlin und überall!?

Zu Beginn des Frauenmonats März lädt das Landesbüro Berlin herzlich zur Diskussion! Wir freuen uns auf Impulse der Berliner Europapolitikerin Gaby Bischoff, der Gleichstellungssenatorin Cansel Kiziltepe und auf die Diskussion mit den Wissenschaftlerinnen Prof. Dr. Silke Laskowski und Dr. Helga Lukoschat. Sie sind herzlich eingeladen, die Diskussion mit Ihren Gedanken zu bereichern!

Denn „Europa braucht Demokrat_innen – Demokrat_innen brauchen Europa“!

Das Programm finden Sie anbei und hier.

Programm und Anmeldung unter: https://www.fes.de/lnk/europa-als-motor

Termin: 01. März 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Männerberatungsangebote leisten einen essenziellen Beitrag für Präventions-, Interventions- und Gleichstellungsarbeit. Doch wie finde ich diese Angebote und wie wird beraten? Dazu wird uns Björn Süfke von der Männerberatungsstelle man-o-mann im Rahmen dieser Inforeihe-Veranstaltung Antworten liefern. Ein besonderer Fokus wird hierbei auf den Themen häusliche Gewalt, Gesundheitsbeschwerden und stereotype Rollenbilder liegen. Björn Süfke wird mit uns über Bestehendes und Fehlendes in der Männerberatungslandschaft sprechen. Denn auch in der Sozialen Arbeit denken wir noch erstaunlich wenig darüber nach, wie und wo wir passgenaue Männerberatungsangebote institutionalisieren können.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Björn Süfke

Psychologe, Männerberater, Co-Leiter Hilfetelefon Gewalt an Männern, Co-Geschäftsführer man-o-mann männerberatung, dreifacher Vater, Buchautor

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:
Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:
Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 14. und 15. März 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 

Ort: Digital

Sophie Schwab, ZFF-Geschäftsführerin, hält einen Vortrag zum Thema „Familien brauchen ein Dach über dem Kopf“

Angespannte Wohnungsmärkte, steigende Mietkosten und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sind ebenso drängende wie herausfordernde Themen kommunaler Wohnungspolitik. Hinzu kommt, dass viele Sozialwohnungen aus der Bindung fallen. Zudem gibt es zu wenig kreative Modelle der Wohnraumversorgung. Leidtragende sind Menschen im Sozialleistungsbezug oder mit geringem Einkommen, aber auch immer mehr Familien mit Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen. Trotz zahlreicher wohnungspolitischer Maßnahmen zur Stabilisierung der Miet- und Kaufpreise für Wohnraum hat sich die Situation im Hinblick auf die Schaffung und Sicherung bezahlbarer Wohnraums verschärft. Kommunen müssen gerade für diese Zielgruppen auf die wohnungspolitischen Herausforderungen mit lokalen Strategien und Instrumenten reagieren. Gemeinsam mit kommunalen Akteuren des Wohnungsmarktes müssen sie konzeptionelle Lösungen entwickeln und Wohnungsangebote schaffen. Anhand von Praxisbeispielen werden in der digitalen Veranstaltung Ansätze und Möglichkeiten kommunaler Wohnungsakteure aufgezeigt, Wohnraum für diese auf dem Wohnungsmarkt benachteiligten Zielgruppen zu mobilisieren.

Ablauf

Die Veranstaltung findet in drei Blöcken an insgesamt 2 Tagen statt:

  • 1. Block: 14.03.2024, 10.00 bis 13.00 Uhr, (Begrüßung, Einführung sowie Vorträge plus Diskussion)
  • 2. Block: 15.03.2024, 10.00 bis 12.15 Uhr, (Begrüßung, Einführung sowie Vorträge plus Diskussion)
  • 3. Block: 15.03.2024, 12.15 bis 13.00 Uhr, (AG-Arbeit und Diskussion der Ergebnisse).

Wie nehme ich teil?

  • Zur Durchführung von Online-Veranstaltungen verwenden wir Webex. Sie brauchen lediglich auf den Link in Ihrer Einladung zu klicken. Damit können Sie Webex auf Ihrem Desktop und/oder auf Ihren Mobilgeräten (Smartphone, Tablet) sowohl temporär als auch fest installieren.
    Bestehen unter Umständen keine optimalen Netzwerkbedingungen können Sie die Verbindung über die Telefonnummern des betreffenden Meetings herstellen.

Lernziele der Veranstaltung

  • Erkenntnisse über aktuelle Herausforderungen kommunaler Wohnungspolitik
  • Stärkung der fachlichen Kontakte, Begleitung des Fachdiskurses, fachlicher und fachpolitischer Austausch
  • Erkenntnisse über Impulse für eine soziale und gemeinnützige regionale oder lokale Wohnungspolitik und für eine Stärkung und Verstetigung des generationenübergreifenden und gemeinschaftlichen Wohnens
Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 16. April 2024

Veranstalter: VPK –  Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V.

Ort: Dresden

Mit dem im Sommer 2021 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurden die Beratungs-, Beteiligungs- und Beschwerderechte von jungen Menschen, Eltern und Familien weiter gestärkt. Im Wissen um die Bedeutung der Eltern während der stationären Unterbringung eines Kindes in einer Einrichtung oder Pflegefamilie haben im Zuge dieser Reform insbesondere auch die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Eltern eine deutliche Aufwertung erfahren.

Was ist nötig, um Elternarbeit in einer neuen Qualität zu entwickeln? Wo liegen die Herausforderungen professionellen Handelns im Praxisalltag der Jugendhilfe? Wie gelingt die Partizipation von Eltern in der Heimerziehung, welche Stolpersteine gibt es und wie kann Elternarbeit in einer inklusiv ausgerichteten Jugendhilfe erfolgreich umgesetzt werden? Auf diese und weitere Fragen sollen im Rahmen der Vorträge von Prof. Dr. Kerima Kostka, Dr. Anja Schwertfeger und Prof. Dr. Hans-Ullrich Krause Antworten gefunden werden.

Den ausführlichen Tagungsverlauf sowie alle weiteren Informationen zum PODIUM 2024 entnehmen Sie bitte dem angehängten Flyer. Die Anmeldung erfolgt direkt über unsere Webseite. 

Die Dokumentation der Veranstaltung erfolgt in Heft 3+4.2024 unserer Fachzeitschrift „Blickpunkt Jugendhilfe“. Allen Teilnehmenden wird das Heft kostenfrei zugesandt.

Termin: 05. Mai 2024

Veranstalter: AWO Bundesverband e.V.

Ort: Berlin

Zielgruppe: Haupt- und Ehrenamt der AWO (bundesweit), Fachverbände, Wissenschaft, Ministerien, Bundespolitik 

Unbesetzte Stellen, gestiegene Fallzahlen, Fluktuation und eine hohe Arbeitsbelastung: Fachkräfte, die in den Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten, sind überlastet und „ausgebrannt“. Aufgrund des Fachkräftemangels kann oft nicht mehr allen Anforderungen an Qualität und Betreuungskapazitäten nachgekommen werden. 

In der AWO Fachveranstaltung wollen wir diskutieren, wie sich die aktuelle Fachkräftesituation in den Arbeitsfeldern der AWO darstellt, welche Strategien, Instrumente und Arbeitsbedingungen wir brauchen, um Fachkräfte zu halten, zu gewinnen, auszubilden und zu qualifizieren und welche guten Praxisbeispiele es hierfür bereits gibt. Diese liegen sowohl bei uns selbst als Träger der Angebote sozialer Arbeit als auch in den Rahmenbedingungen, die uns die Politik vorgibt. 

Unser Anspruch als AWO ist: Wir wollen die Diskussion zum Fachkräftebedarf aktiv mitgestalten!  

Eine Einladung mit Hinweisen zur Anmeldung sowie auf das Tagungsprogramm folgt bald. Wir bitten darum, sich den Termin vorzumerken und weiteren Interessierten weiterzuleiten. 

Termin: 15. Mai 2024

Veranstalter: Bundesforum Maenner e.V.

Ort: Berlin

Nachhaltige Männlichkeit – Was ist das?

Ob Gesundheit, Arbeit und Wirtschaftswachstum, Bildung, Klimaschutz oder Konsum –  die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vereinen ökologische, soziale und ökonomische Dimensionen. 

Doch welche Rolle spielen dabei die Kategorien Geschlecht und Männlichkeit? 

Im gegenwärtigen Diskurs wird – oft zurecht –  auf negative Männlichkeitsnormen und klimaschädliche Lebens- und Verhaltensweisen von Männern aufmerksam gemacht. Aus unserer Sicht darf die Diskussion hier jedoch nicht enden. Jetzt geht es darum, Alternativen zu entwickeln und nachhaltige, sorgsame Männlichkeit zu fördern. Nur so kann der Wandel hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Gesellschaft gelingen.  

Zentrale Fragen, die uns auf dem Fachtag beschäftigen werden:

  • Was kann eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele effektiv beitragen? 
  • Wie ist die Erzählung einer nachhaltigen Männlichkeit inhaltlich zu füllen, um zukunftsfähige soziale, ökonomische und ökologische Prozesse zu stärken?  
  • Welche Unterstützungs- und Hilfestrukturen brauchen Jungen und Männer in ihren unterschiedlichen Lebensweisen und Lebenslagen, um schädliche Männlichkeitsnormen zu überwinden und positive Alternativkonzepte in ihr Leben zu integrieren?

Darüber wollen wir mit Ihnen bei unserem Fachtag „Nachhaltige Männlichkeit –  Was ist das?“ und beim anschließenden politischen Jahresempfang am 15. Mai 2024 im Rahmen von Impulsvorträgen, Diskussionen und Workshops ins Gespräch kommen. 

Wo? bUm –  Raum für solidarisches Miteinander, Paul-Lincke-Ufer 21, 10999 Berlin
Wann? 15. Mai 2024, 10:30 bis 17:00 Uhr (Fachtag) und 17:30 bis 21:00 Uhr (Jahresempfang)

Das ausführliche Programm folgt. Schon jetzt freuen wir uns über die Zusage von Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus, bei unserem Empfang ein Grußwort zu halten. 

Termin: 05. November 2024

Veranstalter: Bundesstiftung Gleichstellung

Ort: Berlin

Inhaltlich wird sich das eintägige Kongress- und Messeformat mit zentralen gesellschaftlichen Umbrüchen und Veränderungsprozessen und ihren Wechselwirkungen auf Geschlechtergerechtigkeit beschäftigen: Der Klimawandel fordert Wirtschaft und Gesellschaft zu grundlegenden Änderungen in kurzer Frist heraus. Die Digitalisierung wird vorangetrieben und verändert Arbeits- und Lebenswelten. In Europa macht sich der demografische Wandel bemerkbar, in verschiedenen Regionen Deutschlands der Strukturwandel. 

Diese Transformationsprozesse müssen – in von multiplen Krisen geprägten Zeiten – aktiv gestaltet werden: sozial und ökologisch, gleichstellungsorientiert und demokratisch. Migrationsbewegungen, Flucht und Asyl, geschlechtergerechte Stadt- und Raumplanung oder Geschlechtervielfalt sollen im Rahmen des 2. Gleichstellungstages ebenso zum Thema werden wie Parität, neue Arbeitszeit-/Lebenszeitmodelle, ökonomische Gleichstellung oder der Umgang mit erstarkendem Antifeminismus.

Der Fachkongress hält etwa 30 Workshops, Foren und Diskussionsrunden bereit, die überwiegend von Verbänden, Vereinen, Initiativen und Organisationen gestaltet werden. Auf der parallel stattfindenden Fachmesse haben rund 40 Organisationen die Möglichkeit, sich und ihre Arbeit auf einem „Markt der Möglichkeiten“ vorzustellen und mit anderen Akteur*innen in den Austausch zu kommen. Außerdem werden auch die Arbeitsschwerpunkte der Bundesstiftung Gleichstellung ihren Platz finden. Abgerundet wird die Veranstaltung von einem kulturellen Rahmenprogramm. Für alle, die nicht in Berlin dabei sein können, wird das Bühnenprogramm am 5. November live im Internet gestreamt.

Weitere Informationen zum Programm, zu den Speaker*innen und zur Anmeldung finden Sie ab Frühsommer 2024 auf: www.gleichstellungstag.de.

WEITERE INFORMATIONEN

Bruttostundenlöhne und Haushaltsnettoeinkommen sind seit 1995 real deutlich gestiegen – Niedriglohnsektor ist seit 2017 erheblich geschrumpft – Einkommensungleichheit ist aber langfristig gestiegen – Maßnahmen zur besseren Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten und gezielteren Qualifizierung von jungen Erwachsenen ohne Berufsbildung notwendig

Die Bruttostundenlöhne in Deutschland sind zwischen 1995 und 2021 inflationsbereinigt um durchschnittlich 16,5 Prozent gestiegen. Im untersten Lohndezil (den zehn Prozent der Beschäftigten mit den niedrigsten Löhnen) stiegen sie seit 2013 besonders stark. Dadurch schrumpft der Niedriglohnsektor deutlich. Die Niedriglohnschwelle liegt im Jahr 2021 bei 13,00 Euro pro Stunde. Die Haushaltsnettoeinkommen haben sich bis zum Jahr 2020 ebenfalls erhöht, durchschnittlich um ein Drittel. Jedoch hat sich die Einkommensungleichheit in den letzten Jahren nicht verringert, weil die oberen Einkommen überproportional gestiegen sind. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) jährlich die Einkommensentwicklung untersucht.

„Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor ist auf einen Tiefstand der letzten 25 Jahre gefallen“, erklärt Studienautor Markus M. Grabka. Eine der Ursachen hierfür liegt in der Einführung und den schrittweisen Erhöhungen des Mindestlohns. „Aber auch die veränderte Lohnpolitik der Gewerkschaften, die zunehmend auf Mindestzahlungen für untere Lohngruppen setzt, wirkt sich auf den Niedriglohnsektor positiv aus.“ So arbeitete Mitte der 2000er Jahre etwa ein Viertel der Beschäftigten zum Niedriglohn, was auch im internationalen Vergleich viel war. Mit der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober 2022 waren es aber nur noch rund 15 Prozent.

Lohn- und Einkommensentwicklung unterscheidet sich stark nach Dezilen

Trotz der insgesamt positiven Lohnentwicklung fällt der Zuwachs im untersten Lohndezil seit 1995 mit rund sechs Prozent am geringsten aus. In den obersten vier Dezilen legten die Löhne um etwa 20 Prozent zu. In den letzten Jahren ist die Lohnungleichheit aber gesunken und so niedrig wie zuletzt zu Beginn der 2000er Jahre.

„Die Niedrigeinkommensquote ist unter Kindern und Jugendlichen überdurchschnittlich hoch. Die Kindergrundsicherung kann die Kinderarmut reduzieren “ Markus M. Grabka.

Auch bei den Haushaltsnettoeinkommen, die von allen Personen in Privathaushalten – nicht nur von abhängig Beschäftigten – erfasst werden, unterscheiden sich die Erhöhungen seit 1995 stark nach Einkommensgruppen: Die zehn Prozent der niedrigsten Einkommen sind gerade einmal um vier Prozent gestiegen, die höchsten zehn Prozent hingegen um etwa die Hälfte. Dadurch ist die Ungleichheit der Haushaltsnettoeinkommen zunächst zu Beginn der 2000er Jahre stark gestiegen: Der Gini-Koeffizient legte von 0,25 im Jahr 1999 auf knapp 0,29 im Jahr 2007 zu. Unter leichten Schwankungen wird im Jahr 2020 dann ein Wert von 0,3 erreicht.

Großer Anteil an Menschen ist noch von niedrigen Einkommen betroffen

Aktuell ist etwa jede*r Sechste*r in Deutschland von niedrigen Einkommen betroffen. „Hier sollte die Politik nachsteuern“, empfiehlt Markus M. Grabka. So müssen Zugewanderte besser und schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden. Ihr Anteil im untersten Einkommensdezil hat sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. Es braucht eine gezieltere Förderung der Sprachkenntnisse für Zugewanderte sowie einen Abbau von administrativen Hürden für ihren Jobeinstieg. Zudem müssen junge Erwachsene ohne Berufsabschluss gezielt qualifiziert werden, da sie vielfach dauerhaft von Armut bedroht sind. Außerdem sollte die Kindergrundsicherung zügig eingeführt werden. „Die Niedrigeinkommensquote ist unter Kindern und Jugendlichen überdurchschnittlich hoch. Die Kindergrundsicherung kann die Kinderarmut reduzieren“, so Markus M. Grabka. „Zu bedenken ist jedoch, dass sie die Ursachen für die schlechte finanzielle Lage der Familien nicht beheben wird.“ Die finanzielle Lage der Privathaushalte insgesamt wird maßgeblich durch die weiterhin überdurchschnittliche Inflation beeinflusst. Eine Verbesserung ist auch davon abhängig, inwiefern die Gewerkschaften in der Lage sind, Lohnabschlüsse über der aktuellen Preissteigerung zu verhandeln. Denn die Löhne sind weiterhin die wichtigste Einkommensart in Deutschland.

LINKS

Der Deutsche Frauenrat, Dachverband von rund 60 bundesweit aktiven Frauenorganisationen, ist die größte frauen- und gleichstellungspolitische Interessenvertretung in Deutschland. Wir sind die starke Stimme für Frauen. Wir vertreten Frauen aus Berufs-, sozial-, gesellschafts- und frauenrechtspolitischen Verbänden, aus Parteien, Gewerkschaften, aus den Kirchen, aus Sport, Kultur, Medien und Wirtschaft. Wir engagieren uns für die Rechte von Frauen in Deutschland, in der Europäischen Union und in den Vereinten Nationen. Unser Ziel ist die rechtliche und faktische Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen. Wir setzen uns für einen geschlechterdemokratischen Wandel ein und für eine gerechtere und lebenswertere Welt für alle.

Zur Leitung der Geschäftsstelle des Deutschen Frauenrats in Berlin suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine

GESCHÄFTSFÜHRUNG (W/M/D).

Sie treiben in enger Kooperation mit dem Vorstand die frauen- und gleichstellungspolitische Profilbildung des Deutschen Frauenrats voran und setzen die Beschlüsse der Mitgliederversammlung um. Mit dem Team der Geschäftsstelle koordinieren Sie die Vertretung der Interessen der Mitgliedsorganisationen gegenüber der Politik auf nationaler und internationaler Ebene und repräsentieren den Verband in Gremien. Sie tragen die Verantwortung für die Bereiche Personal, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit sowie Projektakquise und -verwaltung. In Trägerschaft des Deutschen Frauenrats arbeiten zudem die Koordinierungsstellen des Bündnis Sorgearbeit fair teilen sowie der CEDAW-Allianz Deutschland, für deren Weiterentwicklung Sie sich einsetzen.

Zu Ihrem Aufgabenspektrum gehören insbesondere

  • die Profilschärfung des Deutschen Frauenrats als frauen- und gleichstellungspolitische Interessenvertretung.
  • Die weitere Positionierung des Deutschen Frauenrats als frauen- und gleichstellungspolitischem Trendsetter.
  • Die intensive Zusammenarbeit mit dem Vorstand als ehrenamtlicher, politischer Spitze des Deutschen Frauenrats.
  • Die aktive Zusammenarbeit mit den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Frauenrats sowie frauen- und gleichstellungspolitisches Stakeholder-Management.
  • Die aktive Begleitung von aktuellen politischen Vorhaben (u.a. Gesetzgebung), um frauen- und gleichstellungspolitische Anliegen in die Politik zu tragen und Entscheider*innen von Parteien und Ministerien zu beraten.
  • Die fachliche und organisatorische Leitung eines hoch engagierten Teams.

Ihr Profil

Sie haben einen Hochschulabschluss vorzugsweise aus den Bereichen Rechts-, Geistes- oder Sozialwissenschaften, verfügen über langjährige Erfahrung in frauen- und gleichstellungspolitischen Kontexten bzw. Arbeitsfeldern und nachgewiesene, mehrjährige Führungserfahrung mit Teams vergleichbarer Größe.

Den politischen und strategischen Herausforderungen im frauen- und gleichstellungspolitischen Feld begegnen Sie mit innovativen Lösungsansätzen. Sie verstehen sich als engagierte*n Netzwerker*in und Kommunikator*in, erreichen unterschiedliche Zielgruppen und sind sicher im Umgang mit Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Politik und öffentlicher Verwaltung.

Leidenschaft und Geschick für Organisationsentwicklung zeichnet Sie ebenso aus wie analytisches und strategisch-politisches Denken. Als Führungspersönlichkeit fühlen Sie sich einem zielorientierten und zugleich partizipativen Führungsstil verpflichtet, der die hohe Eigenverantwortung und Einsatzbereitschaft eines Expert*innenteams fördert. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einem ehrenamtlichen Vorstand ist für Sie selbstverständlich, von ehrenamtlichem Engagement getragene Gremien nehmen Sie als inhaltliche und politische Bereicherung wahr. Belastbarkeit, Verhandlungsgeschick und ein hohes Engagement runden Ihr Profil ab.

Die Eingruppierung erfolgt nach Qualifikation bis zu TVöD Bund E15. Die Vollzeitstelle ist unbefristet.

Vielfalt in unserem Team ist für uns eine Bereicherung, darum freuen wir uns insbesondere über die Bewerbung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Black, Indigenous, People of Color (BIPoC) und/ oder von Menschen mit Behinderungen.

Bitte reichen Sie Ihre Bewerbung bis zum 17.03.2024 mit den erforderlichen Unterlagen hier ein. Mit Fragen zur Ausschreibung wenden Sie sich an die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Dr. Beate von Miquel: vonmiquel@frauenrat.de.

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ZFF-Info 01/2024

AUS DEM ZFF

Anlässlich der Veröffentlichung der Eckpunkte zum Abstammungs-, Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) begrüßt das ZFF zunächst die Bestrebungen, gesellschaftlich überholte Regelungen neu zu fassen. Aus Perspektive des ZFF kommt in den Vorschlägen der Vorrang des Kindeswohls aber zu kurz. Zudem wird den Herausforderungen vielfältiger Familienkonstellationen nicht immer ausreichend Rechnung getragen.

Die ZFF-Vorsitzende Britta Altenkamp erklärt dazu: „Für das ZFF ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Fürsorge tragen und Zuwendung schenken. Das Familienleben ist vielfältig und bunt: Biologische, rechtliche und soziale Elternschaft sind nicht zwingend deckungsgleich. Sowohl verschiedenste Konstellationen als auch Übergänge in Familienbiografien sind Teil der sozialen Realität. Wir begrüßen es daher sehr, dass nun endlich Eckpunkte für Reformen des Familienrechts vorliegen.“

Im Hinblick auf das Abstammungsrecht bemerkt Altenkamp: „Die Verbesserungen für Zweimütterfamilien bewerten wir eindeutig als positiv. Statt wie bisher auf die Stiefkindadoption verwiesen zu sein, sollen Frauen nun auch durch Ehe oder Anerkennung rechtlicher Elternteil ihrer Kinder werden. Auch die vorgesehene notarielle Elternschaftsvereinbarung vor Empfängnis bei privater Samenspende sehen wir als einen echten Fortschritt. Die verbesserten Möglichkeiten für Kinder, Auskunft über ihre biologische Herkunft zu erhalten, befürworten wir ebenfalls. Gleichwohl kritisieren wir, dass beispielsweise die Situation von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Eltern kaum erwähnt wird. Hier sehen wir weiterhin dringenden Klärungsbedarf.“

Bezüglich des Kindschaftsrechts fordert Altenkamp: „Für uns gilt weiterhin, dass vielfältige Familienformen vielfältige Regelungen brauchen. Im Sinne des Kindeswohls ist es daher wichtig, nach einer Trennung der Eltern jede Familie mit ihrem individuellen Bedarf wahrzunehmen und das für sie passende Umgangsmodell zu finden. An einigen Stellen im Papier sehen wir die Gefahr, dass das Wechselmodell in Zukunft erzwungene Norm wird. Das sehen wir äußerst kritisch. Die Erleichterung zur Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts bei gemeinsamem Wohnsitz der Eltern finden wir überflüssig. Schon heute können die Eltern z.B. im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung die gemeinsame Sorge beim Jugendamt erklären. Die gegenwärtigen Regelungen sind aus unserer Sicht vollkommen ausreichend. Positiv bewertet das ZFF die Ausweitung des ‚kleinen Sorgerechts‘, da hiermit der wachsenden Vielfalt von Familienformen sowie der zunehmenden Entkoppelung von biologischer und sozialer Elternschaft Rechnung getragen wird.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 18.01.2024

Derzeit wird viel Kritik an den Zuständigkeiten des neuen Familienservice im Bundeskindergrundsicherungsgesetz geübt und es kursiert ein Vorschlag, die Leistungen der Kindergrundsicherung für den Personenkreis der bedürftigen Kinder nicht über das BKG-E, sondern über das SGB II zu erbringen. Wir sehen das sehr kritisch und fordern: Kinder raus aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende! Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf die Kindergrundsicherung müssen alle gleich behandelt und – zumindest perspektivisch – alle vom neuen Familienservice betreut werden. Zudem muss unserer Meinung nach die Organisation der Schnittstellen in der Sozialgesetzgebung zukünftig Aufgabe des Staates werden und nicht mehr die der Leistungsberechtigten. Wir appellieren an den Gesetzgeber, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern Lösungswege aufzuzeigen, wie dies mittelfristig umgesetzt werden kann und die beiden Behörden als „Back-Office“ und „Front-Office“ miteinander kommunizieren und arbeiten können.

Das Forderungspapier finden Sie hier.

Unsere ausführliche Stellungnahme anlässlich des Gesetzentwurfes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Einführung weiterer Bestimmungen“ finden Sie hier.

SCHWERPUNKT: Abstammungs- und Kindschaftsrecht

Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine Modernisierung des Kindschaftsrechts vorgelegt. Ziel der Neuregelungen ist u.a. die Öffnung des Kindschaftsrechts für Regenbogenfamilien, Trennungsfamilien besser zu unterstützen und eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder zu verwirklichen. Der Deutsche Frauenrat (DF) zieht hinsichtlich der Erreichung dieser Ziele eine gemischte Bilanz.

Dazu erklärt Sylvia Haller, Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrats:

„Die vorgelegten Eckpunkte sehen wichtige Verbesserungen für Regenbogenfamilien – zu 90 Prozent Zwei-Mütter-Familien – vor. Lesbische und queere Eltern warten schon viel zu lang auf Rechtssicherheit für sich und ihre Kinder. Wir begrüßen die Initiative des Bundesjustizministers, diese Diskriminierung nun endlich zu beenden. Ebenso halten wir die Vorhaben zum Gewaltschutz bei Sorge und Umgang für überfällig und sinnvoll – sie müssen nun dringend umgesetzt werden. Entsprechend der Istanbul-Konvention fordern wir darüber hinaus eine rechtliche Klarstellung, dass Gewaltschutz Vorrang vor Umgangsrecht hat.

Mit großer Sorge betrachten wir dagegen den Reformvorschlag zur einseitigen Erlangung des Sorgerechts unverheirateter Väter. Dies erschwert Müttern in Konfliktfällen das Verfahren. Für uns ist die Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung weiterhin der richtige Weg für unverheiratete Eltern, die sich einig sind. Auch die Anordnung des Wechselmodells durch Familiengerichte nun gesetzlich zu verankern, halten wir für den vollkommen falschen Ansatz. Dieses Betreuungsarrangement ist in Einzelfällen eine gute Lösung, darf aber auf keinen Fall gegen den Willen eines Elternteils erzwungen werden. Hier muss dringend nachgebessert werden!“

Der Deutsche Frauenrat ist die politische Interessenvertretung von rund 60 bundesweit aktiven Frauenorganisationen und damit die starke Stimme für Frauen in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 17.01.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die von Bundesjustizminister Buschmann vorgelegten Eckpunkte zur Modernisierung von Abstammungs- und Kindschaftsrecht. Die Reformpläne sind eine Reaktion auf die veränderten Lebenswirklichkeiten insbesondere von Trennungs- und Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien sowie nichtehelichen Lebensgemeinschaften.

„Wir freuen uns, dass der Gesetzgeber hier endlich tätig wird. Insbesondere begrüßen wir die geplante abstammungsrechtliche Gleichstellung von Zwei-Mütter-Familien und den verbesserten Gewaltschutz für den gewaltbetroffenen Elternteil“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, djb-Präsidentin.

Dass die rechtliche Elternschaft für die (Ehe-)Partnerin der Geburtsmutter künftig genauso möglich sein soll wie bislang für den (Ehe-)Partner, ist für Zwei-Mütter-Familien ein maßgeblicher Fortschritt. Sie sind bislang auf die Adoption angewiesen. Auch die sogenannte Elternschaftsvereinbarung bietet Eltern in Regenbogenkonstellationen eine begrüßenswerte Möglichkeit, verbindliche Vereinbarungen zur Elternschaft sowie zu Sorge- und Umgangsrechten zu treffen. Im Mai hatte der djb gemeinsam mit dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), der Initiative Nodoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt.

Es gibt jedoch auch Anlass zur Kritik an den Eckpunkten: In den Vorschlägen zum Abstammungsrecht deutet sich eine Stärkung der biologischen Vaterschaft auf Kosten der bislang priorisierten sozial-familiären Beziehung an. „Eine solche Höhergewichtung der Blutsbande lässt sich nicht mit dem Kindeswohl begründen, denn für das Kind stehen elterliche Fürsorge und Verantwortung im Zentrum, nicht die genetische Verwandtschaft“, gibt Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht, zu bedenken.

Die vorgeschlagene Hervorhebung des Wechselmodells als Leitmodell der Betreuungsmodelle sowohl bei gerichtlichen Anordnungen als auch bei Trennungsberatungen sieht der djb kritisch. Diese Verengung lässt zu viele wichtige Faktoren im Hinblick auf das Kindeswohl in Trennungssituationen außer Acht. Darüber hinaus wird das Konzept viele Mütter, die die Kinder vor der Trennung überwiegend betreut haben und deshalb auf Unterhaltsleistungen angewiesen sind, vor weitere Herausforderungen stellen. Denn die vor Kurzem vorgestellten Reformpläne im Unterhaltsrecht sollen es unterhaltspflichtigen Elternteilen (überwiegend Väter) ermöglichen, sich von ihren Umgangskosten zulasten der Unterhaltsberechtigten (überwiegend Mütter) zu entlasten. Auch dazu hat sich der djb positioniert. Damit würde das Armutsrisiko für die häufig auch nach einer Trennung nur teilzeitbeschäftigten Mütter und ihre Kinder noch verschärft.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 19.01.2024

LSVD fordert zügiges Gesetzgebungsverfahren

 

Bundesjustizminister Buschmann hat heute Eckpunkte für die lange erwartete Reform des Abstammungsrechts vorgestellt. Die Eckpunkte sehen mit der Abschaffung von Stiefkindadoptionen für Zweimütterfamilien und der Einführung von Elternschaftsvereinbarungen massive Verbesserungen für Regenbogenfamilien vor, bleiben jedoch bei trans*, inter* und nichtbinärer Elternschaft vage. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Endlich legt das Bundesjustizministerium Vorschläge für eine Reform des Abstammungsrechts vor – leider nur in Form von Eckpunkten. Vorgesehen sind unter anderem die vom LSVD seit langem geforderte Abschaffung von Stiefkindadoptionen für Kinder, die in Zweimütterfamilien hineingeboren werden, sowie verbindliche Elternschaftsvereinbarungen. Die Eckpunkte müssen jetzt in einem zügigen Verfahren in Gesetzesform gegossen werden, damit die verfassungswidrige Diskriminierung von Regenbogenfamilien schnellstmöglich der Vergangenheit angehört.

Die Eckpunkte enthalten umfangreiche rechtliche Verbesserungen für Regenbogenfamilien: So soll es künftig möglich sein, dass auch Frauen kraft Ehe oder Anerkennung rechtlicher Elternteil werden können. Vorgesehen sind zudem notarielle Elternschaftsvereinbarungen, in denen Mütter und samenspendende Personen bereits vor der Empfängnis verbindliche Vereinbarungen über rechtliche Elternschaft, Sorge- und Umgangsrechte treffen können. Im Samenspenderregister sollen künftig auch Privatspenden registriert werden können. Die rechtlichen Eltern sollen sorgerechtliche Befugnisse und Umgangsrechte vertraglich auf bis zu zwei zusätzliche Personen übertragen können. Mit diesen Reformvorschlägen würde die gelebte Realität vieler Regenbogenfamilien endlich rechtlich abgesichert.

Das Eckpunktepapier enttäuscht allerdings mit fehlenden konkreten Vorschlägen zu trans*, inter* und nichtbinärer Elternschaft. Während es andere Konstellationen ausführlich erläutert und mit Beispielsfällen illustriert, beschränken sich die Eckpunkte hier auf einen Satz. In diesem wird angekündigt, dass diese Personen künftig entsprechend den allgemeinen Regelungen des Abstammungsrechts als rechtlicher Elternteil bzw. Vater oder Mutter in das Personenstandsregister eingetragen werden können sollen. Leider bleibt dabei völlig unklar, ob dies die identitätsverfälschende Eintragung von trans*, inter* und nichtbinären Elternteilen mit ihrem unzutreffenden Geschlecht und Vornamen beenden wird. Von einer queerpolitischen Aufbruchskoalition hätten wir ein deutliches Bekenntnis zur Beendigung der Diskriminierung trans*, inter* und nichtbinärer Eltern erwartet.

Auch die fehlende Rückwirkung der Regelungen sehen wir kritisch. Zwar sollen verheiratete Zweimütterfamilien ab Inkrafttreten der Reform die Elternschaft auch für schon geborene Kinder durch Annahmeerklärung etablieren können. Allerdings sehen die Eckpunkte nicht vor, dass diese Annahmeerklärung auf den Zeitpunkt bereits gestellter Adoptionsanträge, Feststellungsanträge oder gemeinsamer Geburtsanzeigen zurückwirkt. Das wird der Tatsache nicht gerecht, dass Regenbogenfamilien seit Jahren mit einer verfassungswidrigen Rechtslage leben müssen. Für Elternteile, die sich bereits vor der Reform um die rechtliche Elternstelle bemüht haben, sollte die rechtliche Elternschaft auch rückwirkend ermöglicht werden. Außerdem fehlt die Klarstellung, dass auch unverheiratete Zweimütterfamilien die Elternschaft bereits geborener Kinder per Annahmeerklärung etablieren können.

Hintergrund

Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Bereits in ihrem Abschlussbericht von 2017 empfahl die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz berufene Fachkommission nach dreijähriger Beratung Reformen.

Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind präkonzeptionelle Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist.

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Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 16.01.2024

Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine „Modernisierung“ des Kindschaftsrechts veröffentlicht. Die Vor-schläge sollen u.a. Trennungsfamilien unterstützen, eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder zu ver-wirklichen. Dass sie diesem Anliegen gerecht werden, ist allerdings zu bezweifeln. Die geplante Öffnung des Kindschaftsrechts für Regenbo-genfamilien ist überfällig.
Geplant ist u.a., eine Anordnung des Wechselmodells durch das Famili-engericht im Gesetz zu regeln. Ferner soll eine Beratung zum Wech-selmodell gesetzlich verankert werden. Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV): „Das Wechselmodell als Leitmodell ins Zentrum der Tren-nungsberatung zu stellen, widerspricht den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach der im August 2023 veröffentlichten Studie „Um-gang und Kindeswohl“ ist die Wahl des Betreuungsarrangements nicht der wesentliche Faktor für das kindliche Wohlergehen, sondern nur ei-ner von vielen. Maßgeblich sind vielmehr positive Familienbeziehungen und ein regelmäßiger Kontakt zum anderen Elternteil – unabhängig vom jeweiligen Betreuungsarrangement.“
Außerdem soll ein nicht mit der Mutter verheirateter Vater künftig bei gemeinsamem Wohnsitz der Eltern durch einseitige Erklärung das ge-meinsame Sorgerecht erhalten können. Jaspers kritisiert: „Durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung treffen bereits über 91 Prozent der Eltern im Geburtsjahr des Kindes die Entscheidung, dass sie miteinan-der für gemeinsame Kinder sorgen wollen. Nicht miteinander verheirate-te Eltern geben in der Regel beim Jugendamt gemeinsam die Vaterschaftsanerkennung und die Sorgeerklärung ab. Ist das nicht der Fall, sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit hier gute Gründe dagegen wie Gewalt, Sucht oder eine hochstrittige Trennung. Eine einseitige Sorgeerklärung ist hier nicht der richtige Weg. Eltern sollten die bewuss-te Entscheidung für die gemeinsame Sorge vielmehr gemeinsam treffen, damit sie diese auch im Sinne des Kindes zusammen ausüben können.
„Positiv sind die Reformvorhaben der Eckpunkte mit Blick auf den Ge-waltschutz“, resümiert Daniela Jaspers. „Insbesondere das Stärken des Gewaltschutzes für den gewaltbetroffenen Elternteil, verbunden mit der gesetzliche Klarstellung, dass in diesen Fällen eine gemeinsame Sorge regelmäßig nicht in Betracht kommt, begrüßt der VAMV. Allerdings soll-te ebenfalls eine gesetzliche Klarstellung dahingehend erfolgen, dass der Umgang mit einem gewaltausübenden Elternteil dem Kindeswohl in der Regel nicht dient “.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 17.01.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesministerin Lisa Paus hat sich bei einem Besuch in Süd-Brandenburg den gesellschaftspolitischen Themen „Engagement für die Demokratie“ und „Kampf gegen Rechtsextremismus“ gewidmet. So traf die Ministerin unter anderen mit dem „Bündnis für mehr Demokratie an Schulen“ in Spremberg zusammen, sie tauschte sich mit dem Oberbürgermeister der Stadt Cottbus und dem Leiter der Polizeidirektion Süd sowie mit Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft über Extremismusprävention aus. Nach einem Besuch der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und einem Gespräch über gesellschaftliche Herausforderungen im universitären Umfeld diskutierte die Ministerin am Nachmittag in einer Gesprächsrunde über Demokratieförderung in der Bildung. Mit dabei, eine der Lehrerinnen, die im Sommer über rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule berichtet und damit bundesweit Aufsehen erregt hatte.

Bundesministerin Lisa Paus: „Wir erleben, wie bundesweit Bürgerinnen und Bürger gegen Demokratiefeinde auf die Straße gehen. Unsere vielfältige Gesellschaft lebt vom Mut der Menschen, die sich täglich dafür engagieren. Ich freue mich, dass ich heute viele solcher Menschen treffen durfte, Menschen, die eintreten für unsere Demokratie. Klar ist: es braucht eine enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure auf lokaler, auf regionaler und auf Bundesebene, um Rechtsextremismus und Demokratiefeinden entschieden entgegenzutreten. Prävention und Repression müssen dabei Hand in Hand arbeiten, um rechtsextreme Strukturen zu schwächen. In Spremberg, Cottbus und Umgebung unternehmen Engagierte unterschiedliche präventive Maßnahmen, um eine vielfältige, weltoffene und rassismusfreie Kultur zu fördern. Für diesen herausragenden Einsatz danke ich von Herzen und sage ganz deutlich: wir stehen fest an Ihrer Seite! Mit dem Demokratiefördergesetz, das sich nun bald seit einem Jahr in der parlamentarischen Beratung befindet, werden wir Sie noch besser unterstützen können. Ich hoffe, dass der Deutsche Bundestag es bald verabschieden wird. Für uns alle gilt: Nie wieder ist jetzt!“

Das Demokratiefördergesetz wird einen Paradigmenwechsel in der Demokratieförderung markieren. Mit dem Gesetz werden demokratiestärkende Projekte und Initiativen langfristig gesichert. So sollen Menschen, die sich für Demokratie, Vielfalt und Respekt engagieren, unterstützt und gestärkt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.01.2024

Anlässlich eines Besuchs im Frauenhaus in Cottbus stellten Bundesfrauenministerin Lisa Paus und Bundesbauministerin Klara Geywitz das gemeinsame Engagement der Bundesregierung zum Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder vor. Lisa Paus überreichte einen Finanzierungsbescheid aus dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, mit dem die Außenanlagen des Hauses schutzgerecht umgebaut werden sollen.

Bei einem Rundgang mit der Leiterin des Frauenhauses Cottbus, Frau Heike Boden, erhielten die Ministerinnen Einblick in die Arbeit des Hauses, in dem Frauen Schutz finden. Sie informierten sich über schon abgeschlossene sowie anstehende bauliche Maßnahmen und tauschten sich mit Bewohnerinnen aus.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Jede Stunde erleben mehr als 14 Frauen Gewalt in der Partnerschaft – das darf unsere Gesellschaft nicht einfach hinnehmen. Wenn Frauen Gewalt erleben, brauchen sie vor allem schnellen Schutz und Hilfe. Mit vereinten Kräften arbeiten wir daran, die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Darum bin ich froh, dass wir mit Mitteln aus unserem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ bundesweit bereits Baumaßnahmen an 70 Frauenhäusern und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen mit insgesamt rund 83 Mio. Euro finanziell fördern konnten. Durch das Programm konnten wir bereits 349 neue Frauenhausplätze schaffen und 418 bestehende Plätze barrierearm verbessern. Ich danke den Mitarbeiterinnen in Cottbus stellvertretend für die unschätzbar wichtige Arbeit, die die Frauenhäuser im ganzen Land zum Schutz der Frauen und ihrer Kinder leisten.“

Bundesbauministerin Klara Geywitz: „Die Länder und Kommunen können auch Mittel aus der Städtebauförderung nutzen, um Frauenhäuser zu fördern. Das Frauenhaus Cottbus ist ein gutes Beispiel dafür. Mit der Städtebauförderung schaffen wir die Voraussetzungen für ein gutes Miteinander in den Städten und Gemeinden. Der Ausbau und die Sanierung sozialer Infrastrukturen steht dabei im Mittelpunkt. Hier unterstützen wir als Bauministerium mit unserer Städtebauförderung gerne. Auch mit der sozialen Wohnraumförderung ist eine Unterstützung frauenbezogener Wohnformen möglich, soweit die Förderbestimmungen der Länder dies vorsehen.“

Tobias Schick, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus: „Ich freue mich über die Unterstützung, die den betroffenen Frauen und ihren Kindern ein Stück mehr Sicherheit vermittelt. Seit Bestehen des Frauenhauses Cottbus konnten 1.782 Frauen und 1.731 Kinder Zuflucht finden. Das zeigt, wie groß unser aller Auftrag ist, Frauen vor Gewalt zu schützen. Ich freue mich, dass die Aufwertung der Freianlagen und damit die weitere Verbesserung der Sicherheit des Frauenhauses Cottbus begonnen werden können. Mein Dank gilt dem Team um Leiterin Heike Boden für die unermüdliche Arbeit.“

Durch ein multiprofessionelles Team von Sozialpädagoginnen und Erzieherinnen ist es dem Frauenhaus Cottbus möglich, auf die Bedürfnisse der Frauen und Kinder individuell einzugehen. Das Aufgabenspektrum umfasst psychosoziale Beratung im Einzel- und Gruppensetting, Stabilisierung bzw. Förderung der Mutter-Kind-Beziehung, Unterstützung bei der Aufarbeitung der erlebten Gewalt und der Entwicklung einer neuen Lebensperspektive. Die Mitarbeiterinnen sind rund um die Uhr für eine Aufnahme erreichbar. 

Im 5-jährigen Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fördert der Bund von 2020 bis Ende 2024 mit 30 Mio. Euro jährlich den Bau und Umbau sowie den Erwerb von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen. Durch die investive Förderung setzt sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeiten für den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder ein und arbeitet so an der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Ziel ist es, bekannte Lücken im Hilfesystem zu schließen. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Verbesserung des Zugangs für bislang unzureichend erreichte Gruppen, wie Frauen mit körperlichen Einschränkungen. Das Programm stieß von Beginn an auf große Resonanz. Bisher wurden bereits 70 Projekte mit guter regionaler Verteilung auf das gesamte Bundesgebiet bewilligt. Bis zum Programmende im Dezember 2024 sollen etwa 9 weitere Projekte folgen.

Auch nach Abschluss des Programms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ können der Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) über Finanzhilfen des Bundes investiv gefördert werden. Dies ist möglich in den bestehenden Förderprogrammen der Länder im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung. Die Umsetzung erfolgt durch die Länder, die bei der Städtebauförderung auch über Art und Umfang der Maßnahmen in den Kommunen entscheiden.

Das Frauenhaus Cottbus ist ein Beispiel dafür, wie der Bund auf verschiedenen Wegen den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder investiv fördert: Ab 2011 wurde das in einer ehemaligen Kindertagesstätte befindliche Frauenhaus u.a. aus Mitteln der Städtebauförderung durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit rund 240.000 Euro baulich an die Bedarfe eines Frauenhauses angepasst. In den Jahren 2023 und 2024 erhielt die Stadt Cottbus rund 330.000 Euro aus dem Programm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, um die Sicherheit des Gebäudes und der darin befindlichen Menschen zu erhöhen und baulich bedingte Barrieren zu reduzieren.

Über das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“: Das Bundesförderprogramm des Bundesfrauenministeriums ist Teil des Gesamtprogramms der Bundesregierung, um das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)“ umzusetzen.

Über die Förderprogramme im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung: Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) bietet Unterstützungsmöglichkeiten für den Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Dies geschieht in den bestehenden Förderprogrammen im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.01.2024

Neue Regelungen entlasten ab 2024 viele Familien

Die Bundesregierung entlastet im neuen Jahr Mütter, Väter und Kinder, etwa durch einen höheren Kinderzuschlag, höhere Freibeträge, einen höheren Unterhaltsvorschuss und mehr Kinderkrankentage. Auch für Familien und Alleinerziehende, die Sozialleistungen beziehen, stehen Verbesserungen an. Ein Überblick:

Kinderzuschlag steigt

Eltern, die zwar genug für sich selbst verdienen, deren Einkommen aber nicht oder nur knapp ausreicht, um den gesamten Bedarf der Familie zu decken, erhalten zusätzlich den Kinderzuschlag. Das Bundesfamilienministerium hat sich dafür eingesetzt, dass dieser ab dem 1. Januar 2024 erhöht wird – von bis zu 250 Euro auf bis zu 292 Euro pro Monat und Kind.

Unterhaltsvorschuss

Mit einem Plus bei dieser Familienleistung werden Alleinerziehende entlastet. Den Unterhaltsvorschuss können Alleinerziehende beantragen, die vom anderen Elternteil keinen oder unregelmäßig Unterhalt bekommen.
Ab Januar 2024 beträgt der Vorschuss

  • für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren monatlich bis zu 230 Euro – und damit 43 Euro mehr als zuvor,
  • für Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren monatlich bis zu 301 Euro – das sind 49 Euro mehr als zuvor,
  • und für Kinder im Alter von 12 bis 17 Jahren monatlich bis zu 395 Euro – also 57 Euro mehr als zuvor.

 
Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag erhöht sich für das Jahr 2024 um 360 Euro auf 6.384 Euro pro Kind. Im Laufe des Jahres 2024 wird mit einer weiteren Erhöhung gerechnet. Die Freibeträge werden bei der Einkommensteuer berücksichtigt und führen dazu, dass Eltern weniger Steuern zahlen müssen
 
Weitere Informationen zu diesen und anderen Familienleistungen bietet das Familienportal.
 
Kinderkrankentage

Die Anzahl der regulären Kinderkrankentage erhöht sich – gegenüber den Jahren vor der Corona-Pandemie – von 10 auf 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil im Jahr. Für Alleinerziehende sind es statt 20 nun 30 Arbeitstage. Bei mehreren Kindern können künftig insgesamt bis zu 35 Arbeitstage pro Elternteil genommen werden oder 70 Arbeitstage im Falle von Alleinerziehenden. Dies gilt in den Jahren 2024 und 2025. Wird das Kind stationär behandelt, gibt es ab 2024 einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Kinderkrankengeld.

Diese Regelung entlastet Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nachdem die Corona-Sonderregelungen ausgelaufen sind. Während der Pandemie waren die Kinderkrankentage mehrfach ausgeweitet worden, um Eltern angesichts von Kita- und Schulschließungen schnell und unbürokratisch zu unterstützen.

Die Höhe des Kinderkrankengeldes beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass sowohl der betroffene Elternteil als auch das Kind gesetzlich krankenversichert sind und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist.

Neue Regelungen beim Elterngeld

Um die Sparvorgaben des Bundesfinanzministers zu erfüllen und eine Kürzung des Elterngeldes für alle Eltern zu vermeiden, haben sich die Koalitionsfraktionen auf Änderungen beim Elterngeld geeinigt. Für Geburten ab dem 1. April 2024 wird die Grenze des zu versteuernden Jahreseinkommens (Einkommensgrenze), ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt, für gemeinsam Elterngeldberechtigte von 300.000 Euro auf 200.000 Euro gesenkt. Zum 1. April 2025 wird sie für Paare nochmals moderat auf 175.000 Euro abgesenkt. Für Alleinerziehende wird ab dem 1. April 2024 eine Einkommensgrenze von 150.000 Euro gelten.
Außerdem wird die Möglichkeit des gleichzeitigen Bezugs von Elterngeld neu geregelt. Ein gleichzeitiger Bezug von Basiselterngeld wird künftig nur noch für maximal einen Monat bis zum 12. Lebensmonat des Kindes möglich sein. Ausnahmen für den gleichzeitigen Bezug wird es beim ElterngeldPlus, beim Partnerschaftsbonus sowie bei Mehrlingsgeburten und Frühgeburten geben.

Bürgergeld-Beziehende erhalten mehr

Wer auf Bürgergeld oder Sozialhilfe angewiesen ist, erhält einen monatlichen Pauschalbetrag zur Sicherung des Lebensunterhalts, den sogenannten Regelbedarf. Ab 2024 steigt dieser Betrag je nach Lebenssituation der Bezieherinnen und Bezieher.
Für Alleinstehende erhöht sich der Regelbedarf zum Jahreswechsel von 502 auf 563 Euro.
Bei Paaren, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, steigt er von 451 auf 506 Euro je Partner.
Für Kinder erhöhen sich die Regelbedarfe abhängig vom Alter: 0- bis 5-Jährige erhalten 357 Euro (39 Euro mehr), 6- bis 13-Jährige 390 Euro (42 Euro mehr), 14- bis 17-Jährige 471 Euro (51 Euro mehr).
Schulkinder erhalten mehr für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Die Änderung gilt für die beiden Schulhalbjahre, die im Jahr 2024 beginnen. Für Ausstattung gibt es künftig 130 Euro für das erste Schulhalbjahr und 65 Euro für das zweite Schulhalbjahr.
 
Der gesetzliche Mindestlohn steigt

In Deutschland gibt es seit 2015 einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen schützen soll. Zuletzt wurde er im Oktober 2022 auf 12 Euro brutto pro Stunde erhöht. Ab dem 1. Januar 2024 steigt er auf 12,41 Euro. In einem weiteren Schritt erhöht sich der Mindestlohn Anfang 2025 um weitere 41 Cent auf dann 12,82 Euro.

Das Pflegestudium wird attraktiver

Im Oktober 2023 hat der Bundestag das Pflegestudiumstärkungsgesetz beschlossen. Die darin enthaltenen Neuerungen treten zum 1. Januar 2024 in Kraft. Das Gesetz regelt insbesondere die Bezahlung derjenigen, die sich für ein Pflegestudium entscheiden oder bereits studieren. Sie erhalten künftig für die gesamte Dauer des Studiums eine Ausbildungsvergütung.
Ein weiterer wichtiger Beitrag zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung ist, dass das Pflegestudium künftig als duales Studium ausgestaltet wird. Darüber hinaus werden die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte vereinfacht. Zudem sollen eine geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung „Pflegefachperson“ eingeführt, Auslandsaufenthalte ausdrücklich anerkannt und die weitere Digitalisierung in der Ausbildung unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 28.12.2023

Heute ist ein guter Tag für die Selbstbestimmung von Frauen. Denn das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beschlossen, um sogenannten Gehsteigbelästigungen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Lange haben wir von der SPD Fraktion im Bundestag auf diesen Gesetzentwurf gewartet.

Josephine Ortleb, zuständige frauenpolitische Berichterstatterin:
„Frauen haben ein Recht auf Selbstbestimmung. Hierzu gehört selbstverständlich ein ungestörter Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen für Schwangere. Dennoch werden Frauen auf ihrem Weg zur Beratung immer wieder von selbsternannten Lebensschützer:innen belästigt und massiv unter Druck gesetzt. Wir brauchen daher dringend eine bundeseinheitliche Regelung, die diese frauenfeindlichen Gehsteigbelästigungen unterbindet. Darauf hat die SPD-Bundestagfraktion mit aller Kraft hingewirkt. Und dies mit Erfolg: Ein Gesetzentwurf, der Gehsteigbelästigungen als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro sanktioniert, wurde heute im Bundeskabinett beschlossen.“

Carmen Wegge, zuständige rechtspolitische Berichterstatterin:
„Für uns ist es unerträglich, dass Frauen in einer schwierigen Lebenssituation von sogenannten Lebensschützer:innen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen behelligt und beleidigt werden – umso mehr, weil der Staat sie zur Beratung verpflichtet. Die Meinungsfreiheit beinhaltet nicht das Recht, andere körperlich zu bedrängen oder psychisch übergriffig zu werden. Durch das Gesetz wollen wir Rechtssicherheit schaffen für die Unterbindung von derartigen Belästigungen. Außerdem wollen wir eine bundesweite zentrale Datenerfassung von Schwangerschaftsabbrüchen für mehr Versorgungssicherheit einführen. Um gegen die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorzugehen, sprechen wir uns zudem für eine Regulierung von Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches aus.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.01.2024

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt, dass das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht hat. Damit beginnt ein wichtiger Prozess, um Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.

Esra Limbacher, Mittelstandsbeauftragter und zuständiger Berichterstatter:

„Ich freue mich, dass das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf zur Bürokratieentlastung veröffentlicht hat. Das ist der Auftakt für den notwendigen und richtigen Prozess, unsere Rechtsordnung und bürokratische Verfahren neu zu denken und auf Effizienz zu überprüfen. Damit werden wir die Wirtschaft, unseren Mittelstand und die Gesellschaft insgesamt entlasten und für notwendigen Rückenwind sorgen. Die Bürokratieentlastung ist neben anderen Programmen zur Förderung unserer Wirtschaft ein entscheidender Baustein. Derzeit bereiten wir uns intern auf das parlamentarische Verfahren vor. Neben den Vorschlägen aus der Bundesregierung wollen wir hier auch eigene Vorschläge aus der SPD-Bundestagsfraktion einbringen.

Zanda Martens, zuständige Berichterstatterin:

„Bürokratieabbau bedeutet für uns nicht, einzelne Paragraphen symbolisch zu streichen, sondern Prozesse von Anfang bis Ende neu zu denken, um nachhaltig zu entlasten. Das wollen wir mit dem nun vorliegenden Gesetz auf nationaler Ebene erreichen, aber auch mit Initiativen auf europäischer Ebene.

Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist es wichtig, zwischen unnötiger Bürokratie und Normen, die Schutzstandards betreffen, zu unterscheiden. Notwendige Bürokratieentlastung darf nicht zum Abbau von Schutz- und Sozialstandards führen. Damit echter Bürokratieabbau kein Wunschdenken bleibt, müssen wir ergebnisorientiert vorgehen und die Perspektive der Betroffenen, also von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen, einnehmen.  Wir sind sowohl mit der Bundesregierung als auch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft in einem guten und konstruktiven Austausch und freuen uns über weitere proaktive Vorschläge.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 12.01.2024

Anlässlich des heute im Kabinett beschlossen Entwurfs eines Zweiten Gesetztes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes mit dem Ziel sogenannte Gehsteigbelästigung zu unterbinden sagen Denise Loop, Obfrau im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend und Canan Bayram, Obfrau des Rechtsausschusses:

Wir wollen Schwangere in ihrer selbstbestimmten Entscheidung über ihre Schwangerschaft stärken. Schwangere, die eine Beratungsstelle aufsuchen, sollen nicht unter Druck gesetzt werden können. Mit dem Gesetzentwurf, der heute im Kabinett beschlossen wurde, sagen wir deshalb der zunehmenden sogenannten Gehsteigbelästigungen den Kampf an. Wir wollen Orte, an die Menschen zu so einer privaten und wichtigen Entscheidung, wie dem Abbruch einer Schwangerschaft gehen müssen, zukünftig besser schützen.

Abtreibungsgegner*innen haben kein Recht darauf, den Zugang zu Beratungsstellen und Arztpraxen zu blockieren, Schwangere, Angestellte und andere Besucher*innen einzuschüchtern und diese Gruppen unter Druck zu setzen. Die geplanten Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes werden deshalb verschiedene Formen von Belästigungen der Schwangeren und des Personals vor Beratungsstellungen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen untersagen. Begleitend führen wir einen Bußgeldtatbestand ein, nach dem die Belästigungen und Behinderungen geahndet werden können.

Als Ampel setzen wir damit ein weiteres gesellschaftspolitisches Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um und wollen den Ländern einen verfassungskonformen einheitlichen Rahmen an die Hand geben, um angemessen einschreiten zu können und so das Recht auf selbstbestimmte Entscheidung zu stärken.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.01.2024

Im Etat von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sind im laufenden Jahr Ausgaben in Höhe von 13,87 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind rund 200 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Gegenüber dem Regierungsentwurf fällt der Ausgabeansatz um 522 Millionen Euro höher aus.

Die Mehrausgaben gehen unter anderem auf Mehrausgaben für den Kinderzuschlag zurück, auch die Kosten für den Unterhaltsvorschuss sind Žnun höher als im Regierungsentwurf angesetzt worden.

Im parlamentarischen Verfahren wurden zudem die Mittel für den Freiwilligendienst wieder erhöht, die im Regierungsentwurf im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert worden waren. Für Freiwilligendienste stehen nun 122,7 Millionen Euro zur Verfügung (2023: 120,7 Millionen Euro), für den Bundesfreiwilligendienst sind es wie im Vorjahr 207,2 MillionenŽEuro.

Die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre wurden um 68,65 Millionen Euro auf 806,2 Millionen Euro angehoben. Die Einnahmen sollen wie im Regierungsentwurf bei 259 Millionen Euro liegen.

Die hib-Meldung zum Einzelplan im Regierungsentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-963560

Die hib-Meldung zum ersten Beratungsdurchgang im Haushaltsausschuss: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-971110

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 41 vom 19.01.2024

Der Bund kann in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 476,81 Milliarden Euro tätigen. Die Nettokreditaufnahme soll bei 39,03 Milliarden Euro liegen und damit im Rahmen der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Das hat der Haushaltsausschuss am Donnerstagabend nach rund 9,5-stündiger Bereinigungssitzung beschlossen. Gegenüber dem Vorjahressoll steigen die Ausgaben damit um 3,4 Prozent. 2023 lag das Soll bei 461,2 Milliarden Euro, die Nettokreditaufnahme bei 27,4 Milliarden Euro.

Für den Etatentwurf stimmten im Ausschuss die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von CDU/CSU und AfD. Die finale Abstimmung im Bundestag ist in der Woche vom 29. Januar 2024 bis 2. Februar 2024 geplant.

Der im Ausschuss beschlossene Ausgabenansatz liegt 31,12 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf für 2024. Die Nettokreditaufnahme fällt um 22,47 Milliarden Euro höher aus.

Einnahmenseitig werden die Steuereinnahmen nunmehr mit 377,61 Milliarden Euro taxiert, 2,27 Milliarden Euro mehr als im Regierungsentwurf. Die sonstigen Einnahmen liegen mit 60,17 Milliarden Euro um 6,38 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf. Grund hierfür ist unter anderem eine höhere Entnahme aus der Rücklage. Diese war möglich geworden, weil der vorläufige Haushaltsabschluss für das Vorjahr positiv ausgefallen war.

Reaktion auf Urteil des Bundesverfassungsgerichtes

Mit dem nun beschlossenen Entwurf reagiert die Koalition auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021. In Folge des Urteils ist nunmehr unter anderem der Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds angepasst worden. Zudem reflektiert der Haushalt 2024 Umschichtungen, die sich aus der Auflösung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu Ende 2023 ergeben haben.

Konsolidierungsbeschlüsse umgesetzt

Ferner hat die Koalition die Beschlüsse des sogenannten „Paketes für zukunftsfeste Finanzen, soziale Sicherheit und Zukunftsinvestitionen“ weitestgehend im Etat umgesetzt. Mit dem Paket hatte die Koalition auf den nach dem Urteil bilanzierten Konsolidierungsbedarf reagiert. Unter anderem sind im Etat Kürzungen gegenüber den bisherigen parlamentarischen Beschlüssen beim internationalen Engagement vorgenommen worden. Zudem ist der Ansatz für den Bürgergeld-Bonus gestrichen sowie der Ansatz für Bürgergeld abgesenkt worden, um der geplanten Verschärfung der „Totalverweigerer“-Regelung Rechnung zu tragen.

Einnahmenseitig wurde unter anderem die erhöhte Luftverkehrssteuer veranschlagt. Ferner sind Einnahmen aus dem Windenergie-auf-See-Gesetz, die bisher einer engeren Zweckbindung unterlagen, breiter im Etat verteilt worden, etwa im Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Haushaltsfinanzierungsgesetz beschlossen

Zur gesetzlichen Umsetzung einiger dieser Änderungen verabschiedete der Ausschuss den Entwurf eines zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes (20/9999) mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen der Opposition. Darin sind unter anderem die Anpassungen im Bürgergeldbezug enthalten. Auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist die Regelung nun befristet und soll evaluiert werden.

Zudem verzichtet der Bund auf die Teil-Rückzahlung von Geldern durch die Bundesagentur für Arbeit, die während der Corona-Pandemie zur Unterstützung geleitet wurden. Auch diese Änderung geht auf einen Antrag der Fraktionen zurück. Die so entfallenen 1,5 Milliarden Euro im Haushalt 2024 sollen stattdessen durch eine Entnahme aus der Rücklage gestemmt werden. Eine weitere Änderung bezieht sich auf den angepassten Elterngeldbezug und die Einkommensgrenze für Alleinerziehende. Diese Anpassungen – sowie weitere Maßnahmen – hatte der Bundestag bereits mit einem ersten Haushaltsfinanzierungsgesetz im Dezember 2023 beschlossen.

Beschluss verzögerte sich

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Beschluss des Haushalts 2024 verzögert. Eigentlich hatte der Ausschuss die Bereinigungssitzung Mitte November abschließen wollen. Nach dem Urteil wurden zunächst wesentliche Beschlüsse zum Haushaltsgesetz und einzelnen Einzelplänen verschoben, auch die Haushaltswoche im Bundestag wurde abgesagt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 39 vom 18.01.2024

Der dritte Bericht über Erfahrungen mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) liegt jetzt als Unterrichtung (20/10060) der Bundesregierung vor. Durch das im Dezember 2011 in Kraft getretene Präimplantationsdiagnostikgesetz sei das Embryonenschutzgesetz geändert und mit zwei Ausnahmen ein grundsätzliches Verbot der PID eingefügt worden, heißt es in dem Bericht.

Die PID ist dem Bericht zufolge ein medizinisches Verfahren, das zur genetischen Untersuchung von Zellen eines nach künstlicher Befruchtung gezeugten Embryos in vitro vor seiner Übertragung in die Gebärmutter eingesetzt wird.

Eine PID ist den Angaben zufolge erlaubt, wenn aufgrund der genetischen Disposition von Frau oder Mann für die Nachkommen ein hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht. Auch zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führt, ist die PID zulässig. Voraussetzung für eine PID ist ferner eine zustimmende Bewertung durch eine Ethikkommission.

Nach der Gesetzesänderung von 2011 habe sich die PID auch in Deutschland als Untersuchungsmethode etabliert, heißt es im Fazit des Berichts. Die Erfahrungen zeigten, dass trotz der zu beobachtenden steigenden Anzahl der Anträge auf eine PID der Ausnahmecharakter der genetischen Untersuchung gewahrt bleibe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 37 vom 18.01.2024

Bei einer Anhörung zum Thema Kinder- und Jugendreisen im Tourismusausschuss haben die sechs geladenen Sachverständigen deutlich gemacht, dass es mehr finanzieller Unterstützung des Bundes bedarf, um die Klassenfahrten, Ausflüge und Studienfahrten für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig von den finanziellen Mitteln ihres Elternhauses, zu ermöglichen.

Dennis Peinze, Geschäftsführer beim Bundesforum Kinder- und Jugendreisen, nannte Kinder- und Jugendreisen „eine der Schulen der Demokratie“: „Die Kinder lernen dort Gruppenverhalten und wie sie mit anderen klarkommen. Sie lernen für das Leben.“ Natürlich seien bei der Ausgestaltung der Reisen auch pädagogische Inhalte wichtig und die Ausbildung der Ehrenamtlichen sei essentiell, so Peinze. „Doch auch das Gruppenerlebnis als solches ist ja schon Bildung und für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig“, sagte der Sachverständige.

Oliver Peters, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Jugendherbergswerks, betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig es sei, dass an einer Klassenfahrt alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse teilnehmen können. „Wer bei so etwas nicht mitkommen kann, ist raus“, so Peters. Da aufgrund der aktuellen Preissteigerungen auch die Kinder- und Jugendreisen teurer würden, werde es noch mehr Familien geben, die sich die Reisen ihrer Kinder nicht mehr leisten könnten.

Anne Riediger, Geschäftsführerin von Reisenetz – Deutscher Fachverband für Jugendreisen, fügte hinzu, dass auch Familien der Mittelschicht, die nicht unter die staatliche Förderung fallen, aber ebenfalls begrenzte Mittel haben, von der Politik bedacht werden müssten. „Diese Familien müssen diese Fahrten auch finanzieren können, da muss auch die Regierung darauf schauen.“ Riediger betonte zudem die Bedeutung von Gruppenreisen für Kinder- und Jugendliche bei den Themen Demokratieförderung, Teilhabe, Wertevermittlung; diese seien ebenfalls förderwürdig.

Kristina Oehler, Geschäftsführerin des Reiseveranstalters ruf Jugendreisen, nannte als Herausforderung neben der Inflation auch den Fachkräftemangel. Es fehle insbesondere an Busfahrern; es seien immer weniger Menschen bereit für die vergleichsweise niedrigen Löhne große Entfernungen zu ihrem Zuhause oder lange Arbeitstage in Kauf zu nehmen. Oehler sprach zudem von der Bedeutung des Ehrenamtes im Bereich der Kinder- und Jugendreisen: „Im Bereich der Teamer ist das essenziell, wir sind darauf angewiesen.“

Wendelin Haag, Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Bundesjugendrings, trug die Forderungen der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vor. Die Jugendlichen wünschten sich eine Freistellungsregelung für Studierende und Schülerinnen und Schüler, die es erleichtern würde, Schule beziehungsweise Studium und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. „Außerdem wünschen sich die Ehrenamtlichen eine entgeltfreie Integration des Deutschlandtickets in die Jugendleiter-Card als Anerkennung ihres Ehrenamtes“, trug Haag vor.

Christoph Knobloch, Geschäftsführer von CTS Gruppen- und Studienreisen, merkte auf eine Frage der Abgeordneten an, dass es bei Reisen nach Großbritannien nach dem Brexit erhebliche Probleme bei Kinder- und Jugendreisen gegeben habe. So kämen auf die Eltern oft zusätzliche Kosten für die nun benötigten Reisepässe oder Visaanträge für Kinder und Jugendliche aus Drittländern hinzu. Viele Unternehmen würden zudem nicht mehr nach Großbritannien fahren wollen, weil an den Fähren und Grenzen oft lange Wartezeiten entstünden.

Das Gesamttableau der Sachverständigen war im Einvernehmen aller Fraktionen vorgeschlagen und beschlossen worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 34 vom 17.01.2024

Der Ausschuss für Inneres und Heimat hat den Weg für den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Rückführung“ (20/9463) frei gemacht. Gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion verabschiedete das Gremium die Vorlage am Mittwoch in modifizierter Fassung. Am Donnerstag steht der Gesetzentwurf zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Zum Kern des Gesetzentwurfes zählen unter anderem erweiterte Durchsuchungsmöglichkeiten und eine Ausdehnung des Ausreisegewahrsams. Die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft soll künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Vorlage als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen.

Beim Ausreisegewahrsam sieht der Gesetzentwurf vor, dessen Höchstdauer von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Reduziert werden sollen die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind. Auch sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden müssen, sofern nicht Familien mit Kindern unter zwölf Jahren betroffen sind.

Die Suche nach Daten und Dokumenten zur Identitätsklärung soll erleichtert werden, ebenso das Auffinden abzuschiebender Personen. Dazu sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein.

Daneben enthält die Vorlage weitere Maßnahmen etwa zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll die Ausweisung von Schleusern.

Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedete der Ausschuss einen Änderungsantrag der drei Koalitionsfraktionen, wonach Minderjährige und Familien mit Minderjährigen „grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen“ werden sollen. Ausnahmen soll es der Begründung zufolge etwa bei minderjährigen Gefährdern oder Jugendstraftätern geben können. Ferner soll Betroffenen in Verfahren zur Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam ein Pflichtverteidigung zur Seite gestellt werden.

Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität ist eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen. Zugleich wird klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger auch künftig nicht strafbar ist.

Asylbewerber sollen der Vorlage zufolge künftig drei Jahre statt 18 Monate lang die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten. Ausländern, die in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet sind, soll die Aufnahme einer Beschäftigung bereits nach sechs statt nach neun Monaten ermöglicht werden. Die Erlaubnis zur Beschäftigung geduldeter Ausländer soll nicht mehr im freien Ermessen der Ausländerbehörde stehen. Damit soll ein Gleichklang mit der Regelung für Geduldete hergestellt werden, die verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

Die geforderte Vorbeschäftigungszeit vor der Erteilung einer „Beschäftigungsduldung“ will die Koalition von 18 auf zwölf Monate senken und das wöchentliche Mindestmaß der Beschäftigung von 35 auf 20 Stunden reduzieren. Damit mehr Menschen von der Beschäftigungsduldung profitieren können, soll der bisherige Stichtag für die Einreise bis zum 1. August 2018 auf Ende 2022 verlegt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 27 vom 17.01.2024

Der Frauenanteil in Führungsebenen der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst und in den Gremien des Bundes ist seit Inkrafttreten des FüPoG 2015 (Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen) kontinuierlich gestiegen. Das schreibt die Bundesregierung in der Siebten Jährlichen Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils in Führungsebenen, die nun als Unterrichtung (20/9850) vorliegt.

In der Privatwirtschaft ist demnach für die Aufsichtsräte der in dem Bericht betrachteten Unternehmen eine kontinuierliche Steigerung seit dem Geschäftsjahr 2015 bis zum Geschäftsjahr 2020 um 6,3 Prozentpunkte zu beobachten. Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die seit dem 1. Januar 2016 eine feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent erfüllen müssen, haben die gesetzlichen Mindestvorgaben bereits um 5,5 Prozentpunkte überschritten. Der Frauenanteil in den Vorständen stieg im Betrachtungszeitraum weiter um insgesamt 4,2 Prozentpunkte auf insgesamt niedrigem Niveau. „In den Vorständen aller untersuchten Unternehmen waren Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert“, heißt es in der Unterrichtung. Dennoch sei der Frauenanteil auf Vorstandsebene von 6,1 Prozent im Geschäftsjahr 2015 auf 10,3 Prozent im Geschäftsjahr 2020 gestiegen.

Den Anteil von Frauen in Führungspositionen des öffentlichen Dienstes des Bundes bezeichnet die Unterrichtung auch als ausbaufähig. Dieser habe sich zwar kontinuierlich erhöht, um acht Prozentpunkte von 33 Prozent im Jahr 2015 auf 41 Prozent im Juni 2022. „Doch gemessen daran, dass 55 Prozent aller Beschäftigten in der Bundesverwaltung Frauen sind und Frauen noch immer in den meisten Führungspositionen unterrepräsentiert sind, ist die Entwicklung noch nicht zufriedenstellend. Insgesamt beschäftigten 2022 noch immer 17 der 24 Obersten Bundesbehörden weniger Frauen als Männer in Führungspositionen.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 10 vom 10.01.2024

Die Anzahl unbezahlter und bezahlter Überstunden je Arbeitnehmer ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gesunken. Das geht aus einer Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Arbeitszeitrechnung vom November 2023 hervor, die die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9905) auf eine Kleine Anfrage (20/9528) der inzwischen aufgelösten Fraktion Die Linke zitiert. Demnach lag die Zahl unbezahlter Überstunden 2022 pro Beschäftigten bei 20,1 (2012: 27,5) und die Zahl bezahlter Überstunden bei 14,2 (2012: 22,7). Rund 17 Prozent der Beschäftigten haben nach Ergebnissen des Mikrozensus im Jahr 2022 auch an Wochenenden gearbeitet, wie die Regierung außerdem ausführt.

Im zweiten Quartal 2024 sollen erste Projekt-Ergebnisse dafür vorliegen, wie eine elektronische Arbeitszeiterfassung auch für kleinere Betriebe eingeführt werden kann, ohne diese übermäßig zu belasten, kündigt die Regierung an.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 4 vom 05.01.2024

Die CDU/CSU-Fraktion hat der Bundesregierung 92 Fragen zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz im Rahmen einer Kleinen Anfrage (20/9885) übermittelt. Das geplante Gesetz solle das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen. Dieses sei vom Bundesverfassungsgericht in Teilen für verfassungswidrig erklärt worden. „Dennoch bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Rechtslage“, heißt es in der Anfrage.

Die Fragesteller fürchten „eine Reihe von Folgeproblemen, die rechtlich nicht gelöst werden können“, wenn „beinahe ausnahmslos jede Person “auf Zuruf„ ihren Geschlechtseintrag ändern kann“. Die Bundesregierung soll Folgen und Tragweite des geplanten Gesetzes ausführen. Thema sind insbesondere verschiedene Aspekte mit Blick auf Minderjährige. Auch Sporttests für die Einstellung in den Polizeidienst werden thematisiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 969 vom 28.12.2023

Die Bundesregierung will die Teilzeitmöglichkeiten bei den Freiwilligendiensten erweitern und hat dazu einen entsprechenden Gesetzentwurf (20/9874) vorgelegt. Bisher sind junge Menschen unter 27 Jahren von der Leistung eines Freiwilligendienstes in Teilzeit ausgeschlossen, wenn kein berechtigtes Interesse an dem Teilzeit-Dienst vorliegt. Das will die Bundesregierung nun ändern.

Durch entsprechende Änderungen des Jugendfreiwilligendienstegesetzes und des Bundesfreiwilligendienstgesetzes sollen die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Menschen unter 27 Jahren Freiwilligendienste auch ohne ein berechtigtes Interesse in Teilzeit absolvieren können. Voraussetzung für die Ableistung der Dienste in Teilzeit soll jeweils sein, dass einerseits eine Reduzierung der täglichen oder der wöchentlichen Dienstzeit vorliegt, wobei die Dienstzeit jedoch wöchentlich mehr als 20 Stunden beträgt. Als weitere Bedingung soll im Bundesfreiwilligendienst das Einverständnis der Einsatzstelle und der Freiwilligen beziehungsweise in einem Jugendfreiwilligendienst das Einverständnis der Einsatzstelle, des Trägers und der Freiwilligen bestehen. Ein Anspruch der Freiwilligen auf eine Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Dienstzeit soll durch die Neuregelung nicht geschaffen werden. Die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld soll angehoben werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 963 vom 21.12.2023

Die Bundesregierung verteidigt in einer Antwort (20/9762) auf eine Kleine Anfrage (20/9434) der inzwischen aufgelösten Linksfraktion ihre Pläne für eine Kindergrundsicherung. Darin weißt sie zum einen Kritik an dem Familienservice zurück, der für die Verwaltung der Kindergrundsicherung zuständig sein soll. Auch die Regelungen für Alleinerziehende beziehungsweise die verbesserte Anrechnung des Unterhaltsvorschusses nur bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes verteidigt die Regierung. Ab dem Alter von sieben Jahren ist die verbesserte Anrechnung an einen Mindestverdienst des Elternteils von monatlich 600 Euro geknüpft. Die Linke hatte das kritisiert, die Regierung führt aus, dass dies den Erwerbsanreiz steigern solle.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 960 vom 20.12.2023

Um ab 1. August 2026, wenn der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter stufenweise in Kraft tritt, ein bedarfsdeckendes Bildungs- und Betreuungsangebot für Kinder im Grundschulalter zu haben, müssen die Ausbaubemühungen der Länder und Kommunen deutlich verstärkt werden. Bis dahin müssen bundesweit ungefähr 95.000 Plätze pro Schuljahr zusätzlich geschaffen werden. Das geht aus dem Bericht zum Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder hervor, der nun als Unterrichtung (20/9750) durch die Bundesregierung vorliegt. Das seien deutlich mehr als in der Ausbauphase zwischen 2005/2006 und 2019/2020 (durchschnittlich 75.000 Plätze pro Schuljahr mehr). „Das bisherige Ausbautempo genügt folglich nicht, um die Bedarfe zukünftig zu decken. Dies gilt vor allem für die westdeutschen Länder“, heißt es in dem Bericht.

Außerdem müsse die weitere Entwicklung der Betreuungswünsche der Eltern als eine wesentliche Determinante des Platzbedarfs genau beobachtet werden. Diese Bedarfe stagnierten in den letzten Jahren. Auch die tatsächliche Inanspruchnahme ganztägiger Angebote für Kinder im Grundschulalter habe sich weniger dynamisch als in den Vorjahren entwickelt. Der gebremste Ausbau könne allerdings auch andere Gründe wie ein Abwarten der Länder auf das zweite Investitionsprogramm des Bundes oder Fachkräfteengpässe haben. „Diese dürften auch in den kommenden Jahren eine der größten Herausforderungen darstellen“, schreibt die Regierung.

Die statistische Erfassung der Inanspruchnahme von (ganztägigen) Bildungs- und Betreuungsangeboten durch Kinder im Grundschulalter müsse durch eine zügige Umsetzung der GaFöG-Statistik dringend verbessert werden, so die Regierung. Denn auf Grundlage der derzeit verfügbaren Statistiken „lassen sich der Bestand an und die Inanspruchnahme von (ganztägigen) Bildungs- und Betreuungsangeboten für Kinder im Grundschulalter nur näherungsweise abbilden“. Der tatsächliche Ausbau der Angebote könne daher lediglich eingeschränkt nachvollzogen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 953 vom 18.12.2023

Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie haben nicht nur das soziale Leben verändert, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, dass die körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen mit Beginn der Pandemie dramatisch gesunken ist. Dies kann langfristige Folgen für die Gesundheit junger Menschen haben.

Die Studie, die kürzlich im internationalen Fachmagazin „International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity“ erschienen ist, wertet Studien aus, die europaweit Veränderungen der körperlichen Aktivität junger Menschen während der Corona-Pandemie untersuchen. Bereits vor der Pandemie bewegten sich Kinder und Jugendliche in Deutschland und Europa weniger als die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen 60 Minuten am Tag. Während der Pandemie sank diese Aktivität im europäischen Durchschnitt um weitere zwölf Minuten. „Für Deutschland sehen wir einen Rückgang um etwa ein Viertel im Vergleich zu vor der Pandemie“, erläutert Prof. Dr. Martin Bujard, Forschungsdirektor am BiB und Mitautor der Studie. Besorgniserregend sei vor allem, dass diese Entwicklung zudem keine Anzeichen einer Umkehr zeigt: „Die Gefahr besteht, dass die Verhaltensweisen aus der Pandemie zum Teil dauerhaft beibehalten werden.“

Rückgang der Aktivität vor allem bei 8- bis 12-Jährigen

Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren sind der Studie zufolge am stärksten von der Ausdehnung der Inaktivität betroffen. Vor allem zur Zeit der Schulschließungen hat sich der Bewegungsmangel besonders stark bemerkbar gemacht, zumal zu dieser Zeit auch der Vereinssport kaum oder gar nicht möglich war. Die Ergebnisse korrespondieren mit früheren Analysen des BiB zu Depressionen und Angstsymptomen: Als die Schulen geschlossen waren und Vereinssport kaum angeboten wurde, traten diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen erheblich häufiger auf. „Schulschließungen stellen besonders sensible Zeiträume für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen dar“, schlussfolgert Studienleiterin Dr. Helena Ludwig-Walz vom BiB.

Langfristige Folgeschäden sollten vermieden werden

Um den negativen Trend aus der Corona-Pandemie umzukehren, sehen die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Handlungsbedarf. Es müsse dringend verhindert werden, dass aufgrund von Bewegungsmangel eine Generation heranwächst, bei der viele von schweren gesundheitlichen Folgeschäden betroffen sein könnten. „Sport und Bewegung wie Spielen im Freien, Schwimmen oder Turnen sollten wieder fester Bestandteil im Tagesablauf von Kindern und Jugendlichen werden“, so Ludwig-Walz. Körperliche Aktivität könne beispielsweise durch niedrigschwellige Angebote sowie die Stärkung von Vereinen mit Bewegungs- und Sportangeboten gesteigert werden. „Auch Eltern sollten aktiv gegensteuern, Sport der Kinder fördern, wenn möglich Schulwege zu Fuß oder per Fahrrad und selbst durch körperliche Aktivität ein Vorbild geben“, so Ludwig-Walz. Außerdem könnte ein umfassenderes gesundheitliches Monitoring beitragen, Trends rechtzeitig zu erkennen und gezielte Interventionen zu ermöglichen. Maßnahmen wie diese können nicht nur die Gesundheit der jungen Generation schützen, sondern auch langfristig zu einem aktiven und gesunden Lebensstil anregen.

Die Untersuchung kann hier heruntergeladen werden:

https://doi.org/10.1186/s12966-023-01542-x

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 11.01.2024

Staatliche Leistungen, wie beispielsweise Renten, Bürgergeld, Ausbildungshilfen, sowie Eltern- und Kindergeld, tragen in Bayern dazu bei, regionale Unterschiede bei den Einkommensverhältnissen privater Haushalte anzugleichen. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht hat. Demnach kommen staatliche Leistungen heute breiteren Bevölkerungsschichten zugute und verteilen sich auch gleichmäßiger über den Freistaat.

Für die Untersuchung wurde Bayern ausgewählt, da hier regionale Daten über einen langen Zeitraum verfügbar sind. In der Studie wurde zunächst das sogenannte „Primäreinkommen“ in den Kreisen betrachtet. Hierbei handelt es sich um Einkommen aus Erwerbsarbeit und Vermögen. Das Primäreinkommen ist in Bayern insgesamt zwischen 1991 und 2021 von durchschnittlich rund 17.500 Euro auf rund 34.600 Euro pro Kopf angestiegen. Allerdings hat sich die Entwicklung nicht in allen Regionen gleichmäßig vollzogen: Vor allem der Regierungsbezirk Oberbayern mit dem Großraum München liegt deutlich über dem Durchschnitt der anderen Regierungsbezirke und konnte seinen Vorsprung über die letzten Jahrzehnte weiter ausbauen. Beim „verfügbaren Einkommen“ hingegen, das unter anderem auch die empfangenen staatlichen Leistungen und gezahlten Steuern berücksichtigt, sind die regionalen Unterschiede zwischen und innerhalb der Regierungsbezirke wesentlich geringer und bis 2021 zurückgegangen. „Unsere Analysen zeigen, dass empfangene staatliche Leistungen dazu beitragen, regionale Einkommensunterschiede innerhalb Bayerns anzugleichen“, erläutert der Bevölkerungswissenschaftler Dr. Frank Swiaczny vom BiB.

Anstieg der staatlichen Leistungen pro Kopf

In Bayern sind die von den Bürgerinnen und Bürgern empfangenen Zahlungen zwischen 1991 und 2021 von 35,6 Milliarden Euro auf 99,6 Milliarden Euro angestiegen. Gemessen an der Bevölkerungszahl kletterten die empfangenen Leistungen pro Kopf von rund 3.100 Euro auf rund 7.600 Euro. Bayernweit machen staatliche Leistungen mittlerweile einen Anteil von 28,3 Prozent am verfügbaren Einkommen aus ? 1991 betrug dieser noch 21,7 Prozent.

Regionale Einkommensungleichheit geht zurück

Die verfügbaren Einkommen haben am stärksten in den weniger zentral gelegenen und oftmals strukturschwachen Landkreisen zugenommen, vor allem im Osten und Norden Bayerns. So hat sich beispielsweise in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Cham das verfügbare Einkommen zwischen 1991 und 2021 mehr als verdoppelt. Dagegen stieg das verfügbare Einkommen im Landkreis Starnberg im gleichen Zeitraum im Vergleich zum Niveau von 1991 nur um etwa 70 Prozent an. Auch in den meisten kreisfreien Städten gab es eher unterdurchschnittliche Zuwächse.

Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Bayern in Zahlen“ erschienen und kann hier heruntergeladen werden:

https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/biz/z1000g_202312.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 21.12.2023

Zwischen dem religiösen Glauben und dem Wunsch, Kinder zu bekommen, gibt es einen engen Zusammenhang. Dies hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in einer neuen Studie gezeigt. Demnach äußern religiöse Mädchen und Jungen im Alter von 15 Jahren, im Schnitt 2,1 Kinder bekommen zu wollen. Bei Gleichaltrigen ohne religiösen Bezug sind es mit 1,7 deutlich weniger gewünschte Kinder.

Da Kinderwünsche in der Kindheit und in der Jugend geprägt werden, gelten sie in der wissenschaftlichen Literatur als wichtiger Indikator für das Fertilitätsverhalten im späteren Erwachsenenleben. Eine neue Erkenntnis ist, dass sich schon im Jugendalter die Kinderwunschabsichten nach dem Grad der Religiosität unterscheiden. „Religiöse Menschen haben bereits im Jugendalter höhere Fertilitätsabsichten als weniger religiöse Menschen“, erklärt Dr. Jasmin Passet-Wittig vom BiB. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren nimmt die angestrebte Kinderzahl bei allen leicht ab, bei religiösen Menschen findet diese Abnahme aber ausgehend von einem höheren Niveau statt.

In die Untersuchung flossen die Daten von rund 12.000 Männern und Frauen im Alter zwischen 15 und 46 Jahren für den Zeitraum ab 2008 aus dem deutschen Familienpanel pairfam ein. Dabei wurden Personen als religiös eingestuft, wenn sie regelmäßig, also mindestens einmal pro Monat in eine Kirche, Moschee oder Synagoge gehen oder religiöse Veranstaltungen besuchen – unabhängig davon, ob und welcher Religion sie angehören. Der weit überwiegende Teil der betrachteten Personen waren evangelische und katholische Christen.  „Unsere Studie zeigt, dass bereits bei einem monatlichen Besuch religiöser Veranstaltungen deutliche Unterschiede bei den Kinderwünschen erkennbar sind“, erläutert Dr. Christoph Bein, ebenfalls Autor der Studie.

Die Untersuchung findet auch in einer stark säkularisierten Gesellschaft wie in Deutschland deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Religiosität und Fertilitätsabsichten. In den meisten Religionen wird die Fortpflanzung als zentraler Teil des Lebens stark betont. Religiöse Menschen haben tendenziell eine höhere Heiratsneigung, die dann wiederum einen wichtigen Faktor für ihre höhere Fertilität darstellt.

Die Studie ist im Fachmagazin „Advances in Lifecourse Research“ erschienen:

https://authors.elsevier.com/c/1i3t63iXoOr2NR

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 20.12.2023

DIW Managerinnen-Barometer: Frauenanteil in Vorständen wieder etwas stärker gestiegen – Große Mehrheit der 200 umsatzstärksten Unternehmen beruft aber höchstens eine Vorständin – Zusätzliche Studie zeigt, dass Gender Pay Gap in einem Betrieb unter allen Beschäftigten sinkt, wenn dort mehr Frauen in Führungspositionen kommen – Mehr Engagement der Unternehmen gefragt, Aufsichtsrat spielt Schlüsselrolle

Der Frauenanteil in den Vorständen der Privatwirtschaft ist im vergangenen Jahr wieder etwas stärker gestiegen: Rund 18 Prozent betrug er im Spätherbst 2023 in den 200 umsatzstärksten Unternehmen (Top-200) in Deutschland – etwa zwei Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor. In den 40 größten börsennotierten Unternehmen (DAX-40) war der Anteil der Vorständinnen mit 23 Prozent sogar noch etwas höher. Banken und Versicherungen konnten gegenüber den anderen Unternehmen Boden gut machen und sich auf knapp 17 beziehungsweise gut 18 Prozent verbessern. Wie aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) darüber hinaus hervorgeht, haben in den vergangenen Jahren zwar immer mehr Unternehmen erstmals eine Frau in ihren Vorstand berufen – meist belassen sie es dann aber offenbar zumindest vorerst dabei. An den Vorstandsspitzen kommen Frauen mittlerweile sogar vielerorts seltener zum Zuge als noch vor einigen Jahren: In der Top-200-Gruppe beispielsweise gab es im vierten Quartal 2023 nur noch neun Frauen als Vorstandsvorsitzende, der zweite Rückgang in Folge.

Das DIW Managerinnen-Barometer ist die größte Auswertung zur Repräsentation von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten. Erneut wurden insgesamt mehr als 500 Unternehmen unter die Lupe genommen, darunter die 200 umsatzstärksten Unternehmen, 160 in den DAX-Indizes notierte Unternehmen, 100 Banken, 60 Versicherungen und fast 70 Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist. Neben Virginia Sondergeld und Katharina Wrohlich vom DIW Berlin ist auch Anja Kirsch von der Freien Universität Berlin eine der Autorinnen.

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen steigt die Zahl der Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen seit geraumer Zeit Jahr für Jahr – mal mehr, mal weniger stark. Unter dem Strich sind Frauen aber weiter klar unterrepräsentiert“, resümiert Virginia Sondergeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. In den Aufsichtsräten der untersuchten Unternehmensgruppen liegt der Frauenanteil zwar durchgehend höher als in den Vorständen, übersteigt aber nirgends die 40-Prozent-Marke. Sowohl die Geschlechterquote für Aufsichtsräte, die derzeit für etwa 100 Unternehmen gilt, als auch die Mindestbeteiligung für Vorstände, an die sich gut 60 Unternehmen halten müssen, wirkt. „Mit Blick auf die Vorstandsebene zeigt sich aber auch: Viele Unternehmen tun offenbar nicht viel mehr, als sie müssen“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin.

Fast 85 Prozent der Top-200-Unternehmen haben höchstens eine Vorständin

Zwar erfüllen die Unternehmen, die der Mindestbeteiligung unterliegen, nach und nach im Zuge von Neubesetzungen die gesetzliche Vorgabe. In der Top-200-Gruppe, in der die Mehrheit der Unternehmen nicht an das Mindestbeteiligungsgebot gebunden ist, hat aber immer noch fast jedes zweite Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Wenn es eine Vorständin gibt, ist sie in der Regel allein auf weiter Flur: In fast 85 Prozent der Unternehmen gibt es höchstens eine Frau im Vorstand. „Die Gefahr dabei ist, dass sich schleichend die Zielgröße von einer Frau im Vorstand als neue soziale Norm etabliert“, warnt Anja Kirsch, Professorin für Gender, Governance und internationales Management an der Freien Universität Berlin. „Das wäre zwar schon ein deutlicher Fortschritt gegenüber der Zielgröße von null Frauen im Vorstand, die sich viele Unternehmen noch vor nicht allzu langer Zeit gesetzt haben. Die Mindestbeteiligung wörtlich zu nehmen und Frauen tatsächlich nur im Mindestmaß an Vorstandsposten zu beteiligen, kann aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein.“

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen steigt die Zahl der Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen seit geraumer Zeit Jahr für Jahr – mal mehr, mal weniger stark. Unter dem Strich sind Frauen aber weiter klar unterrepräsentiert.“ Virginia Sondergeld

Dass Frauen in Führungspositionen einiges in Gang setzen können, was die Gleichstellung der Geschlechter fördert, zeigt eine zweite Studie im Rahmen des diesjährigen DIW Managerinnen-Barometers: Auf Basis von Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lässt sich belegen, dass mit mehr Frauen auf der ersten und zweiten Führungsebene eines Betriebs der Gender Pay Gap, also der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern, unter den Beschäftigten in diesem Betrieb sinkt. Besonders groß ist der Effekt, wenn mehr Frauen auf die zweite Führungsebene kommen. Der Gender Pay Gap, der in Deutschland zuletzt immer noch 18 Prozent betrug, fällt dann im Vergleich zu einem Szenario ohne Frauen auf dieser Führungsebene um mehrere Prozentpunkte kleiner aus. Auf der obersten Führungsebene braucht es hingegen offenbar mindestens ein Drittel Frauen, bis sich vergleichbare Effekte auf den Gender Pay Gap einstellen. „Wenn man bedenkt, dass nach wie vor fast drei Viertel aller Beschäftigten in Deutschland in Betrieben ohne Frauen auf der obersten Führungsebene arbeiten, lässt sich erahnen, wie viel Potenzial für einen deutlich geringeren Gender Pay Gap hier noch brachliegt“, so Sondergeld.

Damit es schneller voran geht, sind den Autorinnen des Managerinnen-Barometers zufolge in erster Linie die Unternehmen gefordert. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Aufsichtsrat zu: Er kann vom Vorstand verlangen, durch Personalentwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass es auf dem unternehmensinternen Arbeitsmarkt mittelfristig genügend potenzielle Vorständinnen gibt. Von an Vorstandsbesetzungen beteiligten externen Personalberatungsunternehmen, die eine wichtige Rolle als Gatekeeper spielen, kann der Aufsichtsrat wiederum verlangen, dass sie gezielt Frauen suchen. „Letztlich kommt es aber darauf an“, so Wrohlich, „dass alle an einem Strang ziehen: Von Investor*innen bis zur breiteren Öffentlichkeit sollte sich niemand mit einem Mindestmaß an Geschlechtervielfalt zufriedengeben, sondern eine tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen einfordern.“

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 17.01.2024

Alleinlebende mit niedrigen Einkommen waren im Jahr 2023 am stärksten durch die Teuerung belastet. Die Inflationsrate für diesen Haushaltstyp betrug im Jahresdurchschnitt 6,3 Prozent. Das ist ein voller Prozentpunkt mehr als bei Singles mit sehr hohen Einkommen, die mit 5,3 Prozent unter allen Haushalten die niedrigste Teuerungsrate zu verzeichnen hatten. In der ersten Jahreshälfte 2023 waren ärmere Alleinlebende mit deutlich überdurchschnittlichen Inflationsraten konfrontiert, weshalb sie für das Gesamtjahr spürbar über der allgemeinen Inflationsrate von 5,9 Prozent liegen. 6,0 Prozent beträgt die Jahresrate von ärmeren Familien, der zweithöchste Wert im Vergleich verschiedener repräsentativer Haushaltstypen (siehe Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Ab dem Spätsommer hat sich die soziale Spreizung bei der Teuerung, parallel zur insgesamt sinkenden Inflationsrate, immerhin stark verkleinert. Zuletzt waren die haushaltsspezifischen Unterschiede gering: Im Dezember 2023 verzeichneten Alleinlebende mit niedrigen Einkommen eine haushaltsspezifische Inflation von 3,7 Prozent. Das war die höchste Rate, während Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen den im Haushaltsvergleich geringsten Wert von 3,4 Prozent aufwiesen (siehe Abbildung 2). Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*

IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Sebastian Dullien, berechnen seit Anfang 2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden und daher unterschiedliche Konsummuster und Warenkörbe aufweisen (mehr zu den Typen und zur Methode unten).

Ärmere Haushalte waren bis in den Spätsommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese Güter des Grundbedarfs waren die stärksten Preistreiber. In der zweiten Jahreshälfte, bis einschließlich November, hat die Preisdynamik aber vor allem bei der Energie nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Im Januar 2023 betrug die soziale Spreizung immer noch 2,6 Prozentpunkte, im März 2,7 Prozentpunkte.

Doch auch wenn sich die Werte für die verschiedenen Haushalte angenähert haben, wird das Problem deutlich steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Nach Monaten mit sinkender Inflation sind die spezifischen Teuerungsraten für alle untersuchten Haushaltstypen im Dezember 2023 wieder gestiegen, ebenso wie die allgemeine Inflationsrate, die von 3,2 im November auf 3,7 Prozent zulegte. Das liegt vor allem daran, dass der Staat im Dezember 2022 als Einstieg in die Gaspreisbremse die monatliche Abschlagszahlung für Haushalte mit Gas- und Fernwärmebezug übernommen hatte. Da es im Dezember 2023 keine erneute Übernahme der Abschlagzahlungen gab, ist nun die Teuerungsrate im Jahresvergleich höher ausgefallen. Dieser besondere Basiseffekt wirkte sich bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen am wenigsten aus, weil in ihrem Warenkorb Ausgaben für Haushaltsenergie eine vergleichsweise kleine Rolle spielen. Bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen war der Anstieg größer.

So schlug die Preissteigerung bei Paaren mit Kindern und mittleren beziehungsweise höheren Einkommen im Dezember mit je 3,6 Prozent zu Buche. Ebenso hoch fiel die Inflationsrate für kinderlose Paare mit mittleren Einkommen aus. 3,5 Prozent Inflation verzeichneten Paare mit Kindern und niedrigen Einkommen, Alleinerziehende mit mittleren Einkommen sowie Alleinlebende mit mittleren bzw. höheren Einkommen (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten aller Haushaltstypen bei oder etwas unterhalb der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt seit Anfang 2023 auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift.

EZB sollte zeitnah über Zinssenkungen nachdenken

Für die nächste Zeit erwarten Tober und Dullien wieder eine sinkende Inflationsrate, wobei im laufenden Monat das Niveau noch nahe an dem von Dezember bleiben dürfte. Gründe dafür sind das Auslaufen der Energiepreisbremsen Ende 2023 sowie die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten und die Anhebung des CO2-Preises zum Jahresbeginn. Ab Februar „dürfte aber die Inflationsrate zügig in Richtung zwei Prozent fallen, da sich nicht nur die Kernrate abschwächt, sondern die Verbraucherpreise für Erdgas und Strom bis weit in das Jahr 2024 sinken dürften“, betonen die Fachleute des IMK. Die Inflationsrate im gesamten Euroraum lag im Dezember trotz des Basiseffekts in Deutschland knapp unter drei Prozent, im November waren es sogar nur 2,4 Prozent.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland werde immer deutlicher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren starken Leitzinserhöhungen überzogen agiert habe. Daher „sollte die EZB zeitnah über eine Korrektur ihrer ausgeprägt restriktiven Geldpolitik nachdenken“, schreiben Tober und Dullien.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Mehr erfahren ›Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 09.01.2024

IMK Policy Brief Nr. 163, Januar 2024
*Sebastian Dullien, Silke Tober
IMK Inflationsmonitor: Inflation sinkt von 8,7 % auf 3,7 % im Verlauf von 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 18.01.2024

2019 lag der mittlere Gender Pay Gap, der Jahresverdienstunterschied zwischen Männern und Frauen, bei 36,2 Prozent. Die Verdienstlücke sank im Jahr 2020 um 1,2 Prozentpunkte auf 35 Prozent und 2021 auf 33,8 Prozent. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dabei verringerte sich der Gender Pay Gap vor allem bei mittleren und hohen Verdiensten.

Für 80 Prozent der Beschäftigten mit mittleren und hohen Verdiensten wurde die Verdienstlücke kleiner, wohingegen sie sich für diejenigen mit sehr niedrigen Verdiensten vergrößerte. „Die Coronakrise hat zu starken Rückgängen bei den niedrigsten Verdiensten geführt“, berichtet IAB-Forscher Alexander Patt. Dabei gingen die mittleren Verdienste der untersten 10 Prozent der Frauen deutlicher zurück als die der Männer. Von 2019 auf 2021 ließ sich hier ein Zuwachs von 3,5 Prozentpunkten auf 37,3 Prozent beim Gender Pay Gap beobachten. Dieser Anstieg betrifft neben den untersten 10 Prozent der Vollzeitverdienste auch den überwiegenden Teil der Teilzeitbeschäftigten und etwa die untere Hälfte der Verdienste in Minijobs.

Im Vergleich zu Männern weisen Frauen eine geringere Verbleibsrate in Vollzeitbeschäftigung und eine höhere Verbleibsrate in Teilzeitbeschäftigung sowie in Minijobs auf. „Der Gender Pay Gap hängt somit auch damit zusammen, dass Frauen eher als Männer in Arbeitsverhältnissen mit niedrigeren Arbeitszeiten tätig sind“, erklärt IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Auch verloren Beschäftigte mit sehr niedrigen Verdiensten häufiger als vor Corona ihre Anstellung. Im Fall von Minijobs konnten sie auch nicht von der Absicherung durch Kurzarbeit profitieren“, fügt Anna Houštecká, Postdoktorandin am Center for Economic Research and Graduate Education in Prag hinzu.

Die Analyse basiert auf der Stichprobe der Erwerbsbiografien aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten für Personen in der Altersgruppe 25 bis 60 Jahre im Jahr 2019. Betrachtet wurden sowohl Unterschiede in der Bezahlung als auch Veränderungen in der Beschäftigung.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-01.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 09.01.2024

  • Zahl der in Kitas betreuten Kinder stieg im selben Zeitraum um 22 %, die der betreuten unter Dreijährigen um 43 %
  • Pädagogisches Kita-Personal vergleichsweise jung: Gut 40 % unter 35 Jahren
  • Top-3-Erziehungsberufe: Zahl der Absolventinnen und Absolventen 2022 auf neuem Höchststand

Die Zahl der pädagogisch tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen ist in den vergangenen zehn Jahren um 51 % gestiegen. Rund 702 200 Betreuungskräfte arbeiteten zum 1. März 2023 in Kindertageseinrichtungen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Im Jahr 2013, als der Rechtsanspruch auf Betreuung für ein- bis dreijährige Kinder in Kraft trat, waren noch 465 000 Personen pädagogisch tätig. Die Zahl der betreuten Kinder in Tageseinrichtungen ist im selben Zeitraum um 22 % gestiegen – von 3,21 Millionen im Jahr 2013 auf 3,93 Millionen in 2023. Der Anstieg ist vor allem auf den Ausbau der Betreuung unter Dreijähriger zurückzuführen: 721 600 Kinder unter drei Jahren wurden zuletzt in Tageseinrichtungen betreut, das waren 43 % mehr als zehn Jahre zuvor (503 900).

66 % des pädagogischen Kita-Personals arbeiteten nicht in Vollzeit

Obwohl die Zahl der pädagogischen Betreuungskräfte binnen zehn Jahren stärker gestiegen ist als die Zahl der betreuten Kinder, gilt die Personalsituation in vielen Kitas als angespannt. Das liegt unter anderem am stärkeren Anstieg der Zahl unter Dreijähriger in Betreuung, die eine intensivere Betreuung brauchen als ältere Kinder. So kamen 2022 in Gruppen mit Kindern unter drei Jahren auf eine Betreuungskraft im Schnitt 4,0 Kinder, in Gruppen ab drei Jahren bis zum Schuleintritt waren es fast doppelt so viele Kinder pro Betreuungskraft (7,8). Ein weiterer Grund für die personelle Notlage vieler Kitas dürfte darin liegen, dass der Anteil der Kita-Betreuungskräfte in Vollzeit vergleichsweise gering ist: 66 % des pädagogischen Kita-Personals im Jahr 2023 arbeiteten weniger als 38,5 Stunden pro Woche (2013: 65 %).

Tagespflege: Zahl der Tagesmütter und -väter binnen zehn Jahren gesunken, Zahl der betreuten Kinder gestiegen

In der Tagespflege waren 2023 rund 41 200 Tagesmütter und Tagesväter tätig, 6 % weniger als im Jahr 2013. Dagegen nahm die Zahl der betreuten Kinder in der öffentlich geförderten Tagespflege im selben Zeitraum um 19 % auf 166 700 zu. Darunter waren 135 500 Kinder unter drei Jahren (+43 % gegenüber 2013).

Pädagogisches Personal in Kitas deutlich jünger als Erwerbstätige insgesamt

Im März 2023 waren 6 % des pädagogischen Kita-Personals noch in einer Berufsausbildung. Gegenüber 2013 hat sich die Zahl des noch in Ausbildung befindlichen, pädagogischen Personals mehr als vervierfacht (+360 %): auf 40 200 Personen. Das ist ein Grund dafür, dass die pädagogisch tätigen Personen in Kitas vergleichsweise jung sind. Gut 40 % von ihnen waren im März 2023 jünger als 35 Jahre, rund 16 % waren dagegen 55 Jahre oder älter. Zum Vergleich: Laut Mikrozensus 2022 waren gut 30 % der Erwerbstätigen insgesamt jünger als 35 Jahre und rund 26 % waren 55 Jahre oder älter.

Zahl der Absolventinnen und Absolventen in Top-3-Erziehunsberufen 2022 auf neuem Höchststand

Im Jahr 2022 schlossen rund 53 100 Menschen eine Ausbildung als Erzieher/-in, als Sozialassistent/-in oder als sozialpädagogische/-r Assistent/-in bzw. Kinderpfleger/-in ab. Für Schleswig-Holstein liegt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der drei häufigsten Erziehungsberufe im Jahr 2022 nicht vor. Im Jahr 2012 hatten bundesweit inklusive Schleswig-Holstein noch 42 700 Absolventinnen und Absolventen eine Ausbildung in einem der drei häufigsten Erziehungsberufe abgeschlossen. Dabei bildet ein Ausbildungsabschluss als Sozialassistent/-in in der Regel die Basis für eine Laufbahn in Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, in einigen Bundesländern ist der Abschluss Voraussetzung für die weiterführende Ausbildung als Erzieher/-in sowie als Heilerziehungspfleger/-in.

Männeranteil unter Absolvierenden der Top-3-Erziehungsberufe binnen zehn Jahren gestiegen

In den genannten Erziehungsberufen absolvieren deutlich mehr Frauen als Männer eine Ausbildung. Der Männeranteil ist in den vergangenen zehn Jahren jedoch gestiegen. Unter den Absolventinnen und Absolventen in den drei häufigsten erzieherischen Ausbildungsberufen nahm der Männeranteil von knapp 14 % im Jahr 2012 auf knapp 18 % im Jahr 2022 zu.

2 232 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Abschlusses als Erzieher/-in im Jahr 2022

Zu den Ausbildungsabschlüssen hierzulande kommen solche hinzu, die im Ausland erworben und in Deutschland als vollständig oder eingeschränkt gleichwertig anerkannt werden können. 2 232 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses als Erzieher/-in gab es im Jahr 2022. Davon wurden 1 509 positiv, 477 negativ und 123 noch nicht beschieden. Weitere 123 Verfahren wurden ohne Bescheid beendet. Der Abschluss als Erzieher/-in zählt zu den Top 10 in der Rangliste der Berufe mit den meisten Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse.

Methodische Hinweise:

Die Daten zum Personal in Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege basieren auf den Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe jeweils zum Stichtag 1. März eines jeden Jahres. Als unmittelbar in der pädagogischen Betreuung tätige Personen zählen Gruppenleitung, Zweit- beziehungsweise Ergänzungskräfte, gruppenübergreifend Tätige sowie mit der Förderung von Kindern mit (drohender) Behinderung Beschäftigte. Nicht mitgezählt werden Beschäftigte in der Leitung und Verwaltung sowie im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich. Weiterführende Informationen finden Sie auch auf unserer Themenseite Kindertagesbetreuung . 

Die Daten zu den Absolvierenden in den Erziehungsberufen basieren auf der Statistik der beruflichen Schulen und beziehen sich auf die drei häufigsten erzieherischen Ausbildungsberufe: Erzieher/-in, Sozialassistent/-in und sozialpädagogische/-r Assistent/-in bzw. Kinderpfleger/-in. Für Schleswig-Holstein liegt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der drei häufigsten Erziehungsberufe im Jahr 2022 nicht vor. 

Die Daten zu den Anerkennungen der ausländischen Berufsabschlüsse basieren auf der Statistik zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 24.01.2024

 
  • Bedarf an Pflegekräften steigt bis zum Jahr 2049 im Vergleich zu 2019 voraussichtlich um ein Drittel auf 2,15 Millionen
  • Laut Pflegekräftevorausberechnung liegt die erwartete Zahl an Pflegekräften im Jahr 2049 zwischen 280 000 und 690 000 unter dem erwarteten Bedarf

Infolge der Alterung der Gesellschaft werden in Deutschland bis zum Jahr 2049 voraussichtlich zwischen 280 000 und 690 000 Pflegekräfte fehlen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis einer neuen Vorausberechnung zum Pflegekräftearbeitsmarkt (Pflegekräftevorausberechnung) mitteilt, wird der Bedarf an erwerbstätigen Pflegekräften ausgehend von 1,62 Millionen im Vor-Corona-Jahr 2019 voraussichtlich um ein Drittel (+33 %) auf 2,15 Millionen im Jahr 2049 steigen.

Zwei Varianten zur Entwicklung des Angebots an Pflegekräften

Zur Entwicklung der Zahl an Pflegekräften wurden zwei Varianten mit unterschiedlichem Fokus auf demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen vorausberechnet. Die sogenannte „Trend-Variante“ berücksichtigt neben der demografischen Entwicklung auch die positiven Trends am Pflegearbeitsmarkt aus den 2010er Jahren. Sie verdeutlicht somit die Potenziale, die sich für das Angebot an Pflegekräften bei einer Fortsetzung dieser Entwicklung in den Pflegeberufen ergeben. Danach steigt die Zahl der erwerbstätigen Pflegekräfte bis 2034 auf 1,74 Millionen (+7 % gegenüber 2019) und anschließend bis 2049 auf 1,87 Millionen (+15 %). Nach dieser günstigsten Variante der Vorausberechnung läge die Zahl der verfügbaren Pflegekräfte bereits im Jahr 2034 um 90 000 unter dem erwarteten Bedarf. Bis 2049 würde sich diese Lücke weiter auf voraussichtlich 280 000 Pflegekräfte vergrößern, sodass knapp ein Fünftel (+17 %) mehr Pflegekräfte benötigt würden, als 2019 in diesen Berufen arbeiteten.

Die sogenannte „Status quo-Variante“ zeigt dagegen ausschließlich die Auswirkungen der demografischen Entwicklungen auf die künftige Zahl an Pflegekräften. Sie berücksichtigt folglich keine Trends der Vergangenheit auf dem Pflegearbeitsmarkt. Nach dieser Variante würde die Zahl der Pflegekräfte von 1,62 Millionen im Jahr 2019 bis 2034 auf 1,48 Millionen (-9 % gegenüber 2019) und dann bis 2049 auf 1,46 Millionen (-10 %) sinken. Haupttreiber dieser Entwicklung ist das verstärkte Erreichen des Renteneintrittsalters der Babyboomer-Generation in den nächsten zehn Jahren, wodurch dem Arbeitsmarkt alleine aus Altersgründen benötigte Pflegekräfte fehlen werden. Nach dieser ungünstigsten Variante der Vorausberechnung würden im Jahr 2034 rechnerisch 350 000 Pflegekräfte fehlen. Bis zum Jahr 2049 würde sich diese Lücke sogar auf 690 000 fehlende Pflegekräfte ausweiten, was gut zwei Fünfteln (43 %) der im Jahr 2019 in Pflegeberufen tätigen Personen entspricht.

Methodische Hinweise:

Die Pflegekräftevorausberechnung 2024 kombiniert Annahmen über die zukünftige Bevölkerungsentwicklung und zur Entwicklung der Erwerbstätigenquote in den Pflegeberufen. Dazu werden Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Daten des Mikrozensus sowie der Pflegestatistik und der Krankenhausstatistik verbunden.

Für die Betrachtung der beruflichen Pflege beziehungsweise der Pflegebranche berücksichtigt die Vorausberechnung stationäre und ambulante Einrichtungen. Die Abgrenzung erfolgt über die im Mikrozensus abgebildeten Wirtschaftszweige. Diese erfassen Krankenhäuser (einschließlich Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen), Pflege-, Alten- und Behindertenheime sowie (ambulante) Pflege- und Betreuungsdienste (Originalbezeichnung des Wirtschaftszweigs: Soziale Betreuung älterer Menschen und Behinderter).

Vier Berufsgruppen sind maßgeblich für die Pflegetätigkeit: Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Krankenpflegehilfe, Altenpflege sowie Altenpflegehilfe. Während es sich bei der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege um dreijährige Ausbildungen handelt, können die Hilfsberufe in der Regel innerhalb eines Jahres erlernt werden. Die Vorausberechnung erfasst die Beschäftigten, die in diesen Berufen tätig sind, unabhängig davon, ob sie eine entsprechende spezifische Ausbildung in den Pflegeberufen absolviert haben oder nicht.

Vorausberechnungen sind keine Prognosen. Sie liefern „Wenn-Dann-Aussagen“ und zeigen, wie sich die Eckwerte und Strukturen unter bestimmten Annahmen verändern würden. Der Verlauf der maßgeblichen Einflussgrößen ist mit zunehmendem Abstand vom Basiszeitpunkt immer schwerer abschätzbar. Somit hat insbesondere die langfristige Rechnung bis 2049 Modellcharakter. Weitere Unsicherheiten bestehen durch die Komplexität des Modells.

Beide berechneten Varianten zur künftigen Zahl der Pflegekräfte basieren auf der Annahme einer moderaten Bevölkerungsentwicklung (Variante 2 der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung). Der künftige Bedarf an Pflegekräften bestimmt sich maßgeblich durch die Entwicklung der Zahl der stationär und ambulant versorgten Pflegebedürftigen sowie der Krankenhausfälle und wurde auf Basis dieser steigenden Zahlen geschätzt. Dazu wurde eine nach Einrichtungen gewichtete Berechnung vorgenommen, die die Zahl des Pflegepersonals aus dem Jahr 2019 auf Basis der vorausberechneten Entwicklung an Pflegebedürftigen und Krankenhausfällen hochrechnet. Diese Vorausberechnung des Bedarfs an Pflegekräften setzt konstante Verhältnisse in der Pflege und bei den Arbeitsbedingungen voraus. Mögliche Veränderungen in den Rahmenbedingungen, die eine geänderte Pflegekräfte-Patienten-Relation zur Folge hätten oder andere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt die Berechnung an dieser Stelle nicht. Für die Engpassbetrachtung wurden Angebots- und Nachfrageseite in einem zweiten Schritt miteinander ins Verhältnis gesetzt.

Das aktuellste Jahr (aktueller Rand) der für die Berechnung verwendeten Daten ist grundsätzlich das Jahr 2019. Dieses wurde aufgrund der Corona-Pandemie in den Folgejahren und deren Einfluss auf das Gesundheitswesen und die betroffenen Statistiken gewählt. Weiterhin erschwert eine methodische Umstellung des Mikrozensus ab dem Jahr 2020 die Vergleichbarkeit mit den Vorjahren. Für die Vorausberechnung sind jedoch Zeitreihen maßgeblich, die keine methodisch bedingten Brüche aufweisen. Um diese vorübergehenden Einflüsse für die langfristige Perspektive auszuschließen wird das Jahr 2019 als aktueller Rand verwendet.

Weitere Informationen:

Detaillierte Annahmen und Ergebnisse der Vorausberechnung bietet der Beitrag „Pflegekräftevorausberechnung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Tiefer gegliederte Daten liefert der Statistische Bericht „Pflegekräftevorausberechnung“.

Ergebnisse zur künftig erwarteten Zahl an Pflegebedürftigen (Pflegevorausberechnung)  bieten die Pressemitteilung Nr. 124 vom 30. März 2023 sowie – auch aufgeschlüsselt nach ambulant, stationär sowie ausschließlich durch Angehörige versorgten Personen – der Statistische Bericht „Pflegevorausberechnung“.

Über Annahmen und Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung informieren die Pressemitteilung Nr. 511 vom 2. Dezember 2022 sowie die Themenseite „Bevölkerungsvorausberechnung“.

Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräfte bündelt das Statistische Bundesamt auf einer eigenen Sonderseite (www.destatis.de/fachkraefte). Das Datenangebot umfasst die Bereiche Demografie, Erwerbstätigkeit, Bildung und Zuwanderung. Es reicht von Vorausberechnungen zur künftigen Zahl von Erwerbspersonen über Analysen zum Arbeitskräfteangebot bis hin zu Daten zu Arbeitsmigration und Ausbildungsmarkt – und wird sukzessive erweitert.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 24.01.2024

Großteil von ihnen möchte Betreuung selbst übernehmen

Die Betreuung von Angehörigen ist einer der Hauptgründe für Teilzeittätigkeit in Deutschland. Im Jahr 2022 arbeitete knapp ein Viertel (24 %) der rund 12,6 Millionen Teilzeitbeschäftigten in reduziertem Umfang, um Kinder, Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftige Personen zu betreuen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, üben Frauen deshalb deutlich häufiger eine Teilzeitbeschäftigung aus als Männer: 29 % der Frauen in Teilzeit gaben die Betreuung von Angehörigen als Grund für ihre Teilzeitarbeit an. Bei den Männern waren es 7 %.

Übernahme der Betreuung geschieht meist auf eigenen Wunsch

Mehr als zwei Drittel (68 %) der Beschäftigten, die aufgrund der Betreuung von Angehörigen Teilzeit arbeiteten, wollten diese Betreuung selbst übernehmen. Die Verfügbarkeit oder die Kosten von Betreuungsangeboten spielten bei der Entscheidung eine vergleichsweise untergeordnete Rolle: Für 9 % der Beschäftigten, die wegen der Betreuung von Angehörigen in Teilzeit arbeiteten, stand zu den benötigten Tageszeiten kein geeignetes Betreuungsangebot zur Verfügung. 4 % konnten das Betreuungsangebot nicht bezahlen, weitere 2 % fanden in der Nähe kein passendes Angebot. Für 16 % waren andere Gründe ausschlaggebend.

Gründe für Teilzeitbeschäftigung vielfältig

Neben der Betreuung von Angehörigen spielen für die Ausübung einer Teilzeittätigkeit auch andere Faktoren eine Rolle: Mehr als ein Viertel (27 %) der Teilzeitbeschäftigten gab an, aus eigenem Wunsch in Teilzeit zu arbeiten. Für 12 % waren Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Grund für ihre Teilzeittätigkeit. Weitere 6 % würden gerne Vollzeit arbeiten, konnten auf dem Arbeitsmarkt jedoch keine entsprechende Stelle finden. 5 % der Teilzeitbeschäftigten arbeiteten aufgrund von eigener Krankheit oder Behinderung reduziert. Verschiedene andere Gründe nannten weitere 28 %.

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus für das Jahr 2022. Die Werte sind gerundet, bei der Summierung sind daher Abweichungen möglich. Bei den angegebenen Gründen für eine Teilzeitbeschäftigung handelt es sich jeweils um den Hauptgrund.

Weitere Informationen:

Weitere Indikatoren zur Qualität der Arbeit stehen auf einer eigenen Themenseite im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 16.01.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen ihres Neujahrsempfangs startete die Arbeiterwohlfahrt ihre Kampagne „Demokratie.Macht.Zukunft.“ zur Stärkung der Zivilgesellschaft gegen rechtsextreme Bewegungen und Entsolidarisierung angesichts historischer Krisen.   

„In den nächsten beiden Jahren steht für unsere Demokratie viel auf dem Spiel“, so Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, „mit der Europawahl im Mai und drei Landtagswahlen im Herbst werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Bleiben wir eine offene und tolerante Gesellschaft? Schaffen wir es, die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft endlich umzukehren? Bewältigen wir die Klimakrise? Das sind nur einige der zentralen Fragen, die bei diesen Wahlen zur Abstimmung stehen.” 

“Der derzeitige Rechtsruck und die zunehmende Polarisierung in breiten Teilen der Gesellschaft erfüllen uns vor diesem Hintergrund mit großer Sorge. Die Zeit der politischen Absichtserklärungen ist endgültig vorbei – entweder, wir als Gesellschaft finden jetzt gemeinsam Wege in eine lebenswerte Zukunft, oder destruktive Kräfte werden sich durchsetzen”, so Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt.  

Beim gestrigen AWO Neujahrsempfang wurde deshalb die neue Kampagne „Demokratie.Macht.Zukunft.“ vorgestellt. Sie soll die Zivilgesellschaft dabei unterstützen, Konzepte für eine zukunftsorientierte Politik zu entwickeln, Kräfte zu bündeln und vielfältiges Zusammenleben zu gestalten. Den Auftakt bildete eine Podiumsdiskussion mit Delara Burkhardt, SPD/MdEP, Bianca Klose, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin, Daniel Leisegang, netzpolitik.org und Dr. Linus Westheuser, Humboldt-Universität zu Berlin. Das Fazit der Diskussion: die demokratische Zivilgesellschaft und Politik brauche positive Zukunftsentwürfe, die die Menschen überzeugten.  

“Wir alle sind für die Zukunft verantwortlich. Umso wichtiger ist es, eine Idee, eine Vision miteinander zu entwickeln – uns auszutauschen, unsere unterschiedlichen Perspektiven einzubringen, in den Dialog zu treten. Darüber kann es gelingen, die gewaltigen Herausforderungen unserer Zukunft gemeinschaftlich zu bewältigen. Wir alle sind aufgefordert, unsere Gesellschaft, unser Leben und Zusammenleben, unsere soziale, freiheitliche Grundordnung zu verteidigen”, erklärt Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbandes, abschließend.  

Deshalb hatte die jährliche Verleihung des Lotte-Lemke-Engagementpreises für beispielhaftes ehrenamtliches Engagement in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung. Die drei geehrten Projekte machen sich in herausragender Weise für Solidarität und Vielfalt in ihrer Gemeinschaft stark: die Bildungsbegleitung der AWO Potsdam, die Stadtküche der AWO Pfaffenhofen und die Schlaganfallhelfer*innen der AWO Lingen. 

Alle Infos zur Kampagne: zukunft.awo.org  

Zu den Preisträger*innen des Lotte-Lemke-Engagementpreises: https://awo.org/lotte-lemke-engagementpreis 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.01.2024

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) begrüßt, dass sich die Bundesregierung auf den Bundeshaushalt 2024 verständigt hat. Endlich ist klar, dass die von den Verbänden erstrittene Rücknahme vieler Kürzungen im sozialen Bereich Bestand haben wird. Nun muss sichergestellt werden, dass das Geld auch bei den Menschen und sozialen Einrichtungen ankommt.  

 

“Wir sind froh, dass nun endlich eine Einigung zum Bundeshaushalt 2024 vorliegt. Für unsere sozialen Einrichtungen und Angebote war die Hängepartie der letzten Wochen ein Desaster”, so AWO-Präsident Michael Groß. “Wir begrüßen auch, dass durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen endlich erste Schritte zur Stärkung der Einnahmenseite erfolgen.”  

Dass weder die Abschaffung noch eine Reform der Schuldenbremse bei den Beratungen beschlossen wurde, kritisiert Michael Groß scharf: “Spätestens seit dem Karlsruher Urteil zum Klimatransformationsfonds ist klar: Die Schuldenbremse muss weg! Das gilt auch weiterhin, um dringend notwendige Investitionen zu stemmen. Außerdem ist für die Finanzierung eines solidarischen Sozialstaats endlich mehr Steuergerechtigkeit nötig. Hier bleibt Herr Lindner in der Pflicht.”  

 

In einem nächsten Schritt muss das Finanzministerium nun die vor einigen Wochen verhängte Haushaltssperre aufheben. “Auch wenn der Bundeshaushalt erst im Januar vom Bundestag beschlossen wird, müssen vorzeitige Maßnahmenbeginne für die großen Förderprogramme des Bundes jetzt gewährt werden. Hier herrscht hoher Zeitdruck: Unsere gemeinnützigen Träger brauchen die Sicherheit, dass Kosten, die ab Januar anfallen, refinanziert werden. Starten die Programme erst im Februar, dann wird Vieles wegfallen, obwohl das Geld eigentlich zur Verfügung steht”, so Groß.  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.12.2023

Bundesfamilienministerin und Caritas-Präsidentin besuchen Geburtsstation

Die Geburt eines Kindes ist eines der schönsten Ereignisse im Laufe eines gemeinsamen Familienlebens. Aber sie kann Eltern auch an ihre Grenzen bringen gerade dann, wenn sie sich bereits vor der Geburt in einer schwierigen Lebenssituation befunden haben und Sorgen zum Alltag gehören. Viele Familien finden sich bei der Vielzahl an Hilfeangeboten nur schwer zurecht. und manche scheuen davor zurück, sich unterstützen zu lassen und ihre Probleme offen zu legen. Babylots_innen helfen Familien durch die Zeit rund um die Geburt des Kindes und leiten diese bei Bedarf an weiterführende Hilfen weiter.

Babylotsen als präventive Familien- und Gesundheitspolitik

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die ersten Lebensjahre prägen die weitere Entwicklung eines Kindes maßgeblich. Es ist wichtig, werdende Eltern rund um die Geburt ihres Kindes zu unterstützen, damit diese für ihre Kinder da sein können – auch wenn die Belastungen zu groß werden. Lotsendienste sind eine wichtige Brücke zu Unterstützungsangeboten wie den Frühen Hilfen – denn nur wer gezielt auf Hilfen hingewiesen wird, kann diese annehmen. Es ist die gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft solche Angebote für Familien zu stärken. Das Bundesfamilienministerium fördert seit vielen Jahren Angebote der Frühen Hilfen – auch Lotsendienste. Ich bin beeindruckt mit wie viel Engagement sich das Team im St. Joseph Krankenhaus in Berlin und der Deutsche Caritasverband dafür einsetzen, dass jede Familie die passende Unterstützung erhält.“
„Babylotsen sind Türöffner_innen ins Leben, daher sind die Frühen Hilfen mit dem Babylotsenprogramm ein wichtiges Angebot, um besonders belasteten Familien und ihren Kindern zu helfen. Das ist in Zeiten von multiplen Krisen und der Notwendigkeit, deren Folgen abzumildern, nochmals besonders deutlich geworden. Deshalb ist es höchste Zeit, dass Babylotsen in Deutschland gesetzlich verankert werden und regelfinanziert sind. Sie sind ein unverzichtbarer Teil einer präventiv ausgerichteten Familien- und Gesundheitspolitik“, unterstreicht Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

Möglichst viele Geburtskliniken sollten an einen Lotsendienst angeschlossen sein

Babylots_innen entlasten nicht nur Eltern, sie unterstützen auch Ärzt_innen, Hebammen und Pflegefachkräfte. Nicht alle Geburtskliniken verfügen über Lotsensysteme – im Land Berlin wird dieses Angebot in allen 18 Geburtskliniken zur Verfügung gestellt.
„Ich bin froh, dass es gelungen ist, allen Berliner Familien, die diese Unterstützung benötigen, mit den Babylotsen ein Angebot an der Schnittstelle zwischen Sozialarbeit, psychologischer Betreuung und ökonomischer Beratung zu machen. Mit ihrer Empathie und ihrem spezialisierten Wissen tragen Babylots_innen erheblich zum Wohl des einzelnen Kindes und seiner Familie bei“, sagt Prof. Abou-Dakn, Chefarzt im St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof.

„Familie werden – für Eltern ist das verbunden mit Vorfreude, zum Teil auch mit Ängsten und Sorgen: Es ändert sich so viel“, weiß Babylotsin Jennifer Blankenburg. Im Erstgespräch nach der Geburt fragt die Dipl.-Pädagogin und Systemische Beraterin die Eltern immer, wie es ihnen geht. Oft sind sie sehr dankbar für diese Aufmerksamkeit. „Die meisten Eltern sind offen für unsere Angebote – und freuen sich sehr über die Unterstützung und die ´Sortierhilfe`. Das macht meine Arbeit für mich so besonders“, so Blankenburg.

Babylots_innen erkennen familiäre Belastungslagen

Babylots_innen kennen das gesamte Angebot der Frühen Hilfen und alle lokalen Anlaufstellen für Eltern mit Neugeborenen und sie vermitteln Eltern passende Hilfen: „Ich bin unserer Babylotsin unendlich dankbar für die großartige Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt meines dritten Kindes. Bei ihm wurde eine Fehlbildung im Gehirn diagnostiziert, das Ausmaß der Behinderung war jedoch unklar, bis ich das Kind zur Welt gebracht hatte. Als Eltern waren mein Partner und ich sehr verunsichert, überfordert und emotional sehr belastet. Im St. Joseph Krankenhaus in Berlin bekamen wir alles aus einer Hand: weitere Diagnostik, Beratung zu persönlichen Fragestellungen, Vorbereitung und Begleitung der Geburt und über die Babylotsin ganz viel Hilfe für die Zeit danach – angefangen bei der Familienhebamme, die uns bis heute besucht, über den Kontakt zum Jugendamt bis hin zur Haushaltshilfe“, erzählt Rabi’a Zahra Sabrina Wagner.

Weiterführende Informationen unter: Babylotsinnen – präventive Beratung rund um die Geburt (caritas.de)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 20.12.2023

Deutscher Caritasverband sieht Einigung über EU-Migrations- und Asylpaket äußerst skeptisch

Mit deutlicher Skepsis hat der Deutsche Caritasverband die politische Einigung über das EU-Migrations- und Asylpaket nach Jahren der Verhandlungen von EU-Rat und Europäischem Parlament wahrgenommen. „Der Preis, den die Europäische Union für die Einigung über das künftige Gemeinsame Europäische Asylsystem bezahlt, ist hoch. Der Mehrwert für ein faires, solidarisches Asylsystem ist aber nicht gegeben“, kritisiert Steffen Feldmann, Vorstand für Internationales beim Deutschen Caritasverband. Auch nach dem neuen System würden die Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen weiterhin einen hohen Anteil der Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme tragen müssen.

„Wie das Grenzverfahren durchgeführt und gleichzeitig EU-Asyl- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden sollen, bleibt offen“, kritisiert Steffen Feldmann. Dass auch Familien mit minderjährigen Kindern die sogenannten Grenzverfahren durchlaufen sollen, sei völlig unangemessen, so Feldmann. Kinder, die ihre Heimat verlassen mussten, dann wochen- oder monatelang auf der Flucht waren, werden nun für die Dauer der Verfahren haftähnlich untergebracht.

Mit den neuen Regelungen soll die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz auch über die EU-Grenze hinaus verlagert werden. Als sicher deklarierte Drittstaaten sollen nun verstärkt einbezogen werden und für den Schutz der Menschen sorgen. Dies umfasst potenziell auch solche Staaten, die autokratisch regiert werden, und die den Flüchtlingsschutz nicht sicherstellen.

„In der Politik sind Kompromisse notwendig. Allerdings nicht um jeden Preis“, unterstreicht Feldmann. „Menschenrechte sind die Basis unseres Zusammenlebens und keine Verhandlungsmasse. Wenn damit begonnen wird, sie in Frage zu stellen, wird dies gravierende Folgen für das Zusammenleben in Deutschland, Europa und der Welt haben.“

„Die Werte der Europäischen Union drücken sich auch und gerade in unserem Umgang mit Migrant_innen und Geflüchteten aus“, erinnert Feldmann. Zentraler Bestandteil des internationalen Flüchtlingsschutzes ist es, ein solidarisches System der Verantwortungsteilung zu etablieren, um so den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. „Es muss um die solidarische Teilung der Verantwortung gehen und nicht um die Abschiebung der Verantwortung auf andere.“

Weitere Infos:
Positionen des Deutschen Caritasverbandes zu Migration und Integration

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 20.12.2023

Die Diakonie Deutschland appelliert an die Bundesregierung, ihren Streit um die Erhöhung des Kinderfreibetrages und Kindergeldes beizulegen. Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnt die Erhöhung des Kindergeldes ab.

Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide:

„Den Freibetrag für Kinder von sehr gut verdienenden Eltern anzuheben, nicht aber das Kindergeld, benachteiligt alle Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen. Sie leiden aber besonders unter den Preissteigerungen. Aktuell beträgt die maximale Entlastung für Gut- und Spitzenverdiener aufgrund der Freibeträge circa 368 Euro monatlich. Das Kindergeld beträgt 250 Euro monatlich. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum gilt für alle Kinder, nicht nur für Kinder reicher Eltern. Mit anderen Worten: Steigt der Kinderfreibetrag muss auch das Kindergeld steigen. Alles andere wäre ungerecht. Diese Diskussion macht deutlich: Wir brauchen dringend eine sozial gerechte Kindergrundsicherung, in der alle Leistungen zusammengeführt sind.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.01.2024

Die Diakonie Deutschland ruft dazu auf, sich an den zahlreichen Demonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung zu beteiligen. „Diese Ideologie darf sich nicht durchsetzen“, unterstreicht Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: „Wir müssen in einem breiten Bündnis von Demokratinnen und Demokraten dagegenhalten.“ Die Recherchen von „Correctiv“ hätten offensichtlich gemacht, dass rassistische Ideologien endgültig in der AfD angekommen seien: „Dieser menschenverachtende Hass bedroht den Kern unserer Demokratie – die faire Teilhabe aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Einkommens, Weltanschauung, Geschlecht oder Alter.“

„Als sozialer Dienst der evangelischen Kirchen tritt die Diakonie entschieden ein für die unteilbare Menschenwürde aller und eine offene und solidarische Gesellschaft“, sagt Schuch: „Dafür stehen wir mit unseren vielen Einrichtungen und Diensten im gesamten Land mit ihren Hunderttausenden Mitarbeitenden. Sie setzen sich mit ihrer Arbeit täglich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ein.“  Er unterstreicht: „Klare Kante gegen rechts: Dafür stehen wir mit vielen anderen in unserem Land.“

„Sprechen Sie miteinander, verabreden Sie sich – in Betrieben, sozialen Einrichtungen, Schulen, überall. Und gehen sie gemeinsam auf die Straße“, sagt Schuch.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.01.2024

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen in dieser Woche das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ sowie die Reform des Einbürgerungsrechts im Bundestag verabschiedet werden.

Die Diakonie Deutschland begrüßt die mit der Einbürgerungsrechtsreform geplante Verkürzung der Einbürgerungsfristen sowie die grundsätzliche Akzeptanz von Mehrstaatigkeit. Kritisch bewertet sie dabei allerdings die geplante Verschärfung bei der Pflicht zur Sicherung des Lebensunterhalts. „Dass insbesondere Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende oder Menschen mit Pflegeverantwortung, die nicht voll erwerbstätig sein können, faktisch von der Einbürgerung ausgeschlossen werden, schadet sowohl unserem Sozialstaat als auch unserer Demokratie“, sagt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide.

Ebenso kritisiert die Diakonie Deutschland die massive Ausweitung der Befugnisse bei der Ingewahrsamnahme und Durchsuchung von Wohnungen ausreisepflichtiger Personen. „Wenn in den frühen Morgenstunden in die Wohnungen völlig unbeteiligter Familien mit Kindern eingedrungen wird, kann das traumatisierende Folgen haben.“ Einzig zu begrüßen sei die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf Pflichtverteidigung in der Abschiebungshaft – eine langjährige Forderung der Diakonie und weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Schutzsuchende Menschen sollen nach den Plänen der Bundesregierung zudem deutlich länger nur einen Anspruch auf eingeschränkte Gesundheitsleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben. Maria Loheide: „Die Ausweitung des Asylbewerberleistungsgesetzes von 18 auf 36 Monate bedeutet, dass Menschen, die hier in Deutschland leben, noch länger unzureichend medizinisch versorgt werden. Das ist gefährlich für chronisch und psychisch kranke Menschen. Zudem ist eine Ausweitung der bestehenden Restriktionen auch ökonomisch nicht sinnvoll, da die Menschen mit ihren medizinischen Problemen in Notaufnahmen und Krankenhäusern landen, was teurer ist als eine frühzeitige ambulante Versorgung. Statt die Debatte mit populistischer Stimmungsmache aufzuheizen, appelliere ich an alle Politiker und Politikerinnen, zu einer sachlichen Debatte über Zuwanderung und Flucht zurückzukehren.“

Weitere Informationen:

Faktenpapier: „Eingeschränkte gesundheitliche Versorgung für Asylsuchende für 36 statt für 18 Monate“:

https://www.diakonie.de/diakonie_de/user_upload/diakonie.de/PDFs/Presse/Faktenpapier_AsybLG_Gesundheit_18_auf_36_Monate_2024_01_17_FINAL.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 17.01.2024

Wie in jedem Jahr kurz vor Weihnachten ist nun die mit Spannung erwartete Düsseldorfer Tabelle 2024 da. „Leider profitieren unterhaltsberechtigte Kinder von den Änderungen der Düsseldorfer Tabelle kaum.“, bemängelt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb).

Die Düsseldorfer Tabelle enthält standardisierte Vorgaben für den Unterhalt der Kinder in Scheidungs- und Trennungsfamilien. Nur auf der ersten Einkommensstufe wird der Unterhalt für Kinder in der Mindestunterhaltsverordnung festgelegt, im Übrigen beruhen die Beträge auf der Abstimmung des Deutschen Familiengerichtstages und der Oberlandesgerichte. Deshalb hat die Tabelle nur eingeschränkt Gesetzeskraft, ist aber in der Praxis nahezu immer Maßstab für den Kindesunterhalt.

Der Verordnungsgeber hat den Mindestunterhalt der ersten Einkommensgruppe um fast 10 Prozent angehoben. Der Mindestunterhalt für ein Kind bis fünf Jahre steigt beispielsweise von 437 € auf 480 € monatlich. Für ein Kind von zwölf Jahren erhöht sich der Mindestunterhalt von 588 € auf 645 €. Die Anhebung um 10 Prozent setzt sich allerdings bei den Kindern nicht durch, deren Eltern in höhere Einkommensgruppen eingestuft werden. Denn die Einkommensgruppen wurden durch die Oberlandesgerichte ebenfalls angehoben. Die Anhebung um jeweils 200 € bewirkt, dass die Unterhaltssteigerung bei den Kindern mit nur 5 Prozent deutlich geringer ausfällt, als die Teuerungsrate es an sich vorgeben würde. Daneben sind auch die Selbstbehaltssätze der Unterhaltspflichtigen angehoben worden. Die Anhebung geht zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder, weil mehr Kinder in den Mindestunterhalt rutschen als bisher. So erhalten die betreffenden Kinder gerade keinen inflationsgerechten Ausgleich.

Damit führt auch die Düsseldorfer Tabelle 2024 einen aus Sicht der betreuenden Elternteile negativen Trend fort: Kinder von barunterhaltspflichtigen Geringverdienenden erhalten höchstens den Mindestunterhalt, während Kinder Besserverdienender verhältnismäßig wenig vom guten bis sehr guten Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils profitieren.

Ob das vom Gesetzgeber so mitgetragen würde, der den erheblichen Preisanstieg zum Anlass genommen hat, den Mindestunterhalt um 10 Prozent anzuheben, bleibt völlig unklar. „Die alljährlich wiederkehrende Unzufriedenheit mit der Umsetzung der Mindestunterhaltsverordnung zeigt ein demokratisches Defizit.“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber Verantwortung für die gesamte Düsseldorfer Tabelle und die Gestaltung des Kindesunterhalts für alle Einkommensgruppen übernimmt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 19.12.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt in einer aktuellen Stellungnahme den Referent*innentwurf zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung von schwangeren Personen. Die vorgesehenen Verbotsnormen und Sanktionsmechanismen für sogenannte Gehsteigbelästigungen stellen einen wichtigen Schritt zur Stärkung der grundrechtlich und völkerrechtlich geschützten reproduktiven Selbstbestimmung dar. Darüber hinaus sind sie ein erster Schritt, um geschlechtsbezogene Gewalt und Diskriminierung im Einklang mit nationalen und völkerrechtlichen Pflichten schrittweise abzubauen.  Der Entwurf setzt damit eine langjährige Forderung des djb um. „Dieser Schritt ist längst überfällig. Denn Gehsteigbelästigungen sind keine Bagatellen, sondern verletzen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht Schwangerer, ebenso wie die Persönlichkeitsrechte und die Berufsfreiheit von Beratungspersonal und Personal von Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen,“ so die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder.

Eine bundeseinheitliche Regelung, so wie im Entwurf vorgesehen, sieht der djb als besonders notwendig an. Denn derzeit sehen sich Frauen und andere schwangere Personen einer uneinheitlichen Behörden- und Rechtsanwendungspraxis ausgesetzt, die enorme Rechtsunsicherheit schafft. Diese sowie weitere im Entwurf vorgesehene Maßnahmen sind auch vor dem Hintergrund der bereits defizitären Versorgungslage von Schwangerschaftsabbrüchen zu betrachten. Der djb begrüßt vor allem, dass der Entwurf klarstellt, dass der Sicherstellungsauftrag der Länder auch den ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen umfasst. Auch die Ausweitung der statistischen Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen ist wichtig, um die defizitäre Versorgungslage sichtbarer zu machen und ihr abhelfen zu können.

Kritisch sieht der djb lediglich Einzelheiten des Entwurfs, vor allem der konkreten Ausgestaltung der Tathandlungen der Verbots- sowie Sanktionsnormen. Er regt daher an, bei den Verbots- und Sanktionsnormen von den erhöhten subjektiven Anforderungen Abstand zu nehmen. Die Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im djb Céline Feldmann konstatiert außerdem: „Der Referentenentwurf stellt zwar einen wichtigen Schritt, aber nur einen ersten Schritt dar. Denn ein ungehinderter Zugang zu Beratungen und Schwangerschaftsabbrüchen ist erst dann sichergestellt, wenn Beratungen freiwillig werden und Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert sind.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 19.12.2023

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) stellt in seiner Halbzeitbilanz vom 21.12.2023 drei kinder- und jugendpolitische Schwerpunkte heraus, die im Koalitionsvertrag formuliert sind und nun priorisiert werden sollten:

  • Die Bundesregierung muss ihrem Versprechen einer Stärkung der Kinder- und Jugendrechte Taten folgen lassen.
  • Für mehr Gerechtigkeit braucht es einen Handlungsplan der Bundesregierung für mehr soziale Mobilität innerhalb der jungen Generation.
  • Die jungen Menschen haben ein Recht auf Zukunft und Generationengerechtigkeit durch die Einhaltung klimapolitischer Ziele.

Angesichts internationaler Krisen sowie der angespannten haushaltspolitischen Situation in Deutschland rückt die Kinder- und Jugendpolitik aus Sicht des Bundesjugendkuratoriums (BJK) in den Hintergrund. Das Fazit des Bundesjugendkuratoriums lautetet daher: Mehr Kinder- und Jugendpolitik wagen.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 21.12.2023

„Nachhaltigkeit spielerisch entdecken!” ist das Motto des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Weltspieltag am 28. Mai 2024. Damit will die Kinderrechtsorganisation gemeinsam mit seinen Partnern im „Bündnis Recht auf Spiel“ auf die besondere Bedeutung der Themen gesunde Umwelt und Nachhaltigkeit aufmerksam machen. So hatte erst vor kurzem der UN-Kinderrechteausschuss eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik der Staatengemeinschaft angemahnt, bei der das Kindeswohl eine wesentliche Grundlage von Entscheidungen werden müsse. Kommunen, Vereine, Initiativen und Bildungseinrichtungen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2024 teilzunehmen.

„Als Kinderrechtsorganisation setzen wir uns für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in einer gesunden Umwelt ein. Dabei kommt dem Thema Nachhaltigkeit herausragende Bedeutung zu, das zum einen die Arbeit von Politik, Wissenschaft und Forschung, daneben aber auch das tägliche Handeln der Menschen leiten sollte. Für Kinder und Jugendliche bietet sich gerade in sehr jungen Jahren ein spielerischer Zugang zu diesem komplexen und weitreichenden Thema an. Dabei sollte neben den nationalen und internationalen Themen beispielsweise einer umfassenden Klimaschutzpolitik, der notwendigen Reduktion von Treibhausgasen oder des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen wie dem Regenwald aufgezeigt werden, was lokales Handeln in diesem Bereich bewirken kann. Hier kann Nachhaltigkeit zu einem Thema werden, dem sich Kinder und Jugendliche spielerisch nähern und sich so wichtige Kompetenzen und Wissen aneignen. Denn eines ist ganz klar: Auch im Bereich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit ist unbedingt sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche aktiv mitwirken und ihre Ansichten berücksichtigt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Der Weltspieltag 2024 wird deutschlandweit zum 17. Mal ausgerichtet. Zum Weltspieltag sind Schulen und Kindergärten, öffentliche Einrichtungen, Vereine und Nachbarschaftsinitiativen aufgerufen, in ihrer Stadt oder Gemeinde eine beispielgebende oder öffentlichkeitswirksame Aktion durchzuführen – egal ob Spiel-, Beteiligungs- oder Protestaktion. Denn der Aktionstag dient ebenso der Lobbyarbeit für das Recht auf Spiel, Freizeit und Erholung gemäß UN-Kinderrechtskonvention. Die Partner sind vor Ort für die Durchführung ihrer Aktion selbst verantwortlich. Das Deutsche Kinderhilfswerk stellt umfangreiche Aktionsmaterialien zum Bewerben des Weltspieltages zur Verfügung. Weitere Informationen unter http://www.weltspieltag.de/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.01.2024

Der Endspurt läuft: Noch drei Wochen besteht die Möglichkeit, sich um den Deutschen Kinder- und Jugendpreis des Deutschen Kinderhilfswerkes zu bewerben. Mit der Auszeichnung werden Projekte gewürdigt, bei denen Kinder und Jugendliche beispielhaft an der Gestaltung ihrer Lebenswelt mitwirken. Der Deutsche Kinder- und Jugendpreis ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und damit der höchstdotierte bundesweite Preis für Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland. Langjähriger Partner ist der Europa-Park in Rust. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2024. Am 07. Oktober laden das Deutsche Kinderhilfswerk und Miriam Mack, Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes, alle Beteiligten zur Preisverleihung in Deutschlands größten Freizeitpark ein. Neben der Bekanntgabe der Gewinnerprojekte erwartet die Teilnehmenden dort ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Musik-Acts und Prominenten, die das Engagement der Kinder und Jugendlichen wertschätzen. In den vergangenen Jahren zählten unter anderem Mike Singer, Stefanie Heinzmann, Enie van de Meiklokjes und Regina Halmich zu den prominenten Laudatorinnen und Laudatoren. Auch sie zeigen sich immer wieder begeistert von den Projekten, die die jungen Menschen auf die Beine stellen.

„Die Beteiligung von Kindern ist ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis zeichnen wir das Engagement von Kindern und Jugendlichen für ihre eigenen Rechte oder die Rechte anderer aus. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, wie wichtig der Beitrag von Kindern und Jugendlichen für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft ist. Kinder und Jugendliche, die sich aktiv bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten einbringen, engagieren sich auch als Erwachsene eher an der Gestaltung des Gemeinwesens. Mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird somit ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie gestärkt. Wir sind dieses Jahr wieder auf die Einsendung von einfallsreichen Angeboten, die mit viel Kreativität der Kinder und Jugendlichen umgesetzt werden, sehr gespannt“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Engagement von Kindern und Jugendlichen ist wichtig – nicht nur für unser heutiges Zusammenleben in der Gesellschaft, sondern auch für die Zukunft. Ich kann nur alle jungen Menschen, die sich aktiv und nachhaltig für das Gemeinwesen einsetzen, dazu ermutigen, sich zu bewerben. Denn mir liegt es sehr am Herzen, diesen vorbildlichen Einsatz zu fördern. Ich bin jedes Jahr wieder überrascht von den bemerkenswerten und zukunftsweisenden Projekten, die eingereicht werden“, so Miriam Mack. Sie ist seit 2015 Patin für verschiedene Aktionen und macht sich vor allem für die Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sowie gegen Kinderarmut in Deutschland stark.

Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis wirbt das Deutsche Kinderhilfswerk im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention für eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Fragen und Belangen. Um ihre aktive Teilnahme zu sichern, stellt das Deutsche Kinderhilfswerk Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses. Nur so fühlen sie sich wertgeschätzt und lernen Demokratie. Zudem werden die Projekte der Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Preisverleihung in besonderer Weise öffentlich gewürdigt.

Vergeben wird der Preis in den Kategorien Solidarisches Miteinander, Politisches Engagement und Kinder- und Jugendkultur. Die Gewinner des 1. Platzes jeder Kategorie erhalten ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Außerdem wird es in jeder Kategorie eine lobende Erwähnung geben, die mit 3.000 Euro dotiert ist. Zusätzlich wird ein Projekt mit dem Europa-Park JUNIOR CLUB Award ausgezeichnet, der mit einem Preisgeld von 3.000 Euro gewürdigt wird.

Die Bewerbung erfolgt online unter http://www.dkhw.de/dkjp. Dort sind weitere Informationen sowie Hinweise zum Ausfüllen der Bewerbung aufgeführt. Die Vorhaben sollen bereits begonnen haben oder im letzten halben Jahr abgeschlossen worden sein. Für die Endauswahl werden je Kategorie sechs Projekte durch eine Fachjury nominiert. Danach wird der Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes als Kinderjury die Preisträgerinnen und Preisträger ermitteln. Kinder und Jugendliche der Gewinnerprojekte für den Deutschen Kinder- und Jugendpreis werden zur Preisverleihung in den Europa-Park in Rust eingeladen und erhalten während der Veranstaltung die Möglichkeit, ihr Projekt direkt auf der Bühne vorzustellen. Zusätzlich wird von jedem Gewinnerprojekt sowie von den lobenden Erwähnungen ein Kurzfilm gedreht, der zur Vorstellung des Engagements dient.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.01.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sind diese ein unverzichtbarer Baustein, um die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zu stärken, und damit einhergehend kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle jungen Menschen zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kinderrecht auf Beteiligung zu. Mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht insgesamt die große Chance, langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen.

 

„Wir feiern in diesem Jahr das 75-jährige Jubiläum unseres Grundgesetzes. Auch deshalb ist es höchste Zeit, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich verfassungsrechtlich verankert werden. Es braucht endlich eine rechtliche Normierung im Grundgesetz, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Dafür braucht es im Grundgesetz einen eigenen Passus für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Die Bundesregierung steht hier zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht. Zugleich ist unabdingbar, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Das Thema Kinderrechte darf nicht weiter ein Nischenthema bleiben, sondern es braucht die breite Etablierung einer Kinderrechtsperspektive im deutschen Rechtssystem. Bereits seit vielen Jahren gibt es eine breite Unterstützung für die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz auf Bundesebene, denn dadurch würde der Staat insgesamt stärker in die Pflicht genommen werden, wenn es beispielsweise um die Wahrnehmung seiner Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse und um bessere Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen geht. Gerade vor dem Hintergrund multipler Krisen zeigt sich, dass es der Kinderrechte mehr denn je bedarf. Und auch angesichts der aktuellen Debatten über eine viel zu hohe Kinderarmutsquote, unterschiedliche Bildungschancen, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich und häufige Fälle von Kindesvernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal“, so Krüger weiter.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich im Grundgesetz verankert werden. Diesem Versprechen müssen jetzt Taten folgen. Kinderrechte im Grundgesetz könnten sich mit eindeutigen Formulierungen für Kinder positiv bei der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern auswirken. Als ausdrücklicher Bestandteil der Werteordnung des Grundgesetzes würden sie die Anwendung sämtlichen Rechts prägen. Dies würde sich vor allem auf die Auslegung der Kinderrechte durch Gerichte und Behörden positiv auswirken und die Stellung von Eltern und Kindern gegenüber dem Staat stärken. Es geht bei den Kinderrechten somit nicht um Symbolik, sondern um eine mit tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen, denn die Strahlkraft des Grundgesetzes wirkt sowohl in alle gesellschaftlichen als auch in alle rechtlichen Bereiche“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 01.01.2024

Der Kinderschutzbund setzt sich gegen eine Erhöhung der Kinderfreibeträge der Superreichen und für eine Umverteilung über eine echte Kindergrundsicherung ein.

Aktuell planen Finanzminister und Kanzler die Kindefreibeträge zu erhöhen, und zeitgleich das Kindergeld nicht anzufassen. Der Kinderschutzbund kritisiert, dass Kinder der arbeitenden Mitte, die nur das Kindergeld beziehen, durch die Pläne um bis zu 118 € weniger an staatlichem Zuschuss pro Monat erhalten würden! Bis zur Volljährigkeit der Kinder summiert sich das auf über 25.000 € Unterschied, der durch bessere Absetzmöglichkeiten von teuren Privatschulen, Kindermädchen und vielem mehr sogar noch deutlich höher ausfallen kann. Diese Differenz zwischen Mittelschichtskindern und Kindern von Spitzenverdiener*innen war noch nie so hoch, wie es aktuell durch die FDP geplant ist! Dabei sollte diese Schere laut Koalitionsvertrag eigentlich verringert werden. Das scheint nun in Regierungskreisen völlig vergessen.

Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbund Bundesverbandes erklärt: „Es ist eine Frechheit, wie das aktuelle System klammheimlich über die Kinderfreibeträge die Kinder von Spitzenverdiener*innen massiv begünstigt. Das kostet jährlich Milliarden! Gerade in Zeiten vermeintlich knapper Kassen sollten alle Regierungsbeteiligten ein besonders großes Interesse daran haben, die vorahnenden Mittel möglichst so effizient einzusetzen, dass sie den größten Effekt haben und jene unterstützen, die es wirklich brauchen. Alles andere ist unfair und schlichtweg Unfug!“

Der Kinderschutzbund fordert stattdessen eine echte Kindergrundsicherung, die insbesondere arme Kinder und die untere Mitte entlastet sowie die unfairen Steuerentlastungen für Superreiche abschafft. Denn alle Kinder haben ein gutes Aufwachsen verdient!

Weitere Informationen und unseren Vorschlag zu einer echten Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 22.01.2024

Auch das neue Jahr 2024 begann mit vielen Schreckensmeldungen. Neben den Kriegen in der Ukraine und dem Nahen Osten, den Überschwemmungen in Niedersachsen und die Androhung einiger Gruppen im Zuge der Proteste der Landwirte, den Staat und die Infrastruktur lahmlegen zu wollen, spricht fast niemand mehr über die Krise, die Millionen Menschen in unserem Land betrifft: Die Krise, in der Kinder, Jugendliche und ihre Familien stecken.

Professorin Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes:

„Weder die immer neuen Zahlen zur Kinderarmut, noch die zunehmende Klage der Jugendämter, der Kitas und Schulen über den eklatanten strukturellen und finanziellen Mangel – nicht einmal der neuerliche Pisa-Schock lösen mehr als ratloses Achselzucken aus. Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung für die Gestaltung von guter Kindheit und Jugend? Es fehlt an allen Ecken und Enden, Familien sind erschöpft, auch weil die Versorgung in Kitas, Schulen, in der Kindermedizin auf immer wackeligeren Füßen steht.“

Empirische Studien zeigen immer wieder, die Rechte von Kindern und Jugendlichen stehen zwar auf dem Papier, aber die Umsetzung scheitert bei der Ganztagsbetreuung, beim Recht auf Bildung und vor allem beim Recht auf Beteiligung.

Andresen: „Ich bedaure sehr, dass wir sowohl politisch als auch gesellschaftlich bereit zu sein scheinen, das hinzunehmen.“

Bundesweit leben etwa drei Millionen Kinder in Armut, es fehlen rund 98 000 Erzieherinnen und Erzieher, mindestens 14 500 Lehrkräfte und in vielen Städten und Regionen hat die  Kinder- und Jugendhilfe Mühe, ihre grundlegendste Pflicht – die Abwendung von Kindeswohlgefährdungen – zu erfüllen.

Andresen mahnt:

„Man kann nachts nur dasjenige Kind nach einem schlechten Traum trösten, das einem nahe steht. Aber es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, für ein auskömmliches Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen zu sorgen. Das betrifft Staat, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichermaßen. Wir haben es inzwischen mit einer echten Krise der Kindheit und Jugend zu tun. Der Kinderschutzbund befürchtet, dass das System kollabiert. Wer also tritt ernsthaft und engagiert für die Rechte  von Kindern und Jugendlichen ein und priorisiert deren Bedarfe? In der politischen Landschaft hören wir viele Lippenbekenntnisse, aber das reicht nicht“

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 12.01.2024

eaf unterstützt Forderungen des Kooperationsverbundes Familienbildung

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) begrüßt und unterstützt die Forderungen des Kooperationsverbundes Familienbildung (Ko:Fa) nach einer verlässlichen Finanzierung der Familienbildung in unsicheren Zeiten.

Bereits in mehreren Stellungnahmen hat die eaf, Gründungsmitglied des Ko:Fa in 2021, in den vergangenen Jahren auf die teilweise prekären Verhältnisse bei der Finanzierung der Familien­bildung hingewiesen. Der evangelische Verband betont dabei die zentrale Rolle einer gelingenden Familienförderung für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. „Eine wohnortnahe, offene und fachkompetente Familienbildung ist aus unserer Sicht unverzichtbarer Teil der Infrastruktur für Familien“, so eaf-Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus. „Unsere Familien­bildungseinrichtungen sind gerade auch für Familien in schwierigen Lebenslagen verlässliche Partner. Sie bieten Orte der Begegnung und Verständigung und sind Ruhepole in unruhigen Zeiten.“

Aus diesem Grund hat die eaf maßgeblich an der Erstellung des vorliegenden Positionspapiers im Kooperationsverbund Familienbildung mitgewirkt. „In Anbetracht der gegenwärtigen Finanzierungsdebatten im Bund, aber auch in den Ländern und Kommunen, befürchten wir weitere Einschnitte, die die Unterstützung für Familien einschränken und die Familien­bildungsstätten finanziell und personell aushöhlen.“ Kraus appelliert an die politischen Akteure, ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden: „Die Zeit zum Handeln ist jetzt! Zum Wohle der Demokratie: Schaffen Sie endlich verlässliche und nachhaltige Rahmenbedingungen für die Familienbildung, damit Kinder in gesunden, starken Familien aufwachsen und Vertrauen in sich und die Strukturen entwickeln!“

Die drei wichtigsten Forderungen des Positionspapiers sind deshalb:

  1. Der Erhalt des breiten und niederschwelligen Angebotsspektrums der Familienbildung.
  2. Eine verlässliche finanzielle Unterstützung für Familienbildungsträger.
  3. Die politische und finanzielle Stärkung der gemeinwohlorientierten Familienbildung.

>>>Download Positionspapier „FAMILIENBILDUNG stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber braucht dafür bessere finanzielle Absicherung“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 19.01.2024

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) unterstützt in ihrer aktuellen Stellungnahme die Entscheidung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) für ein Stufenmodell und gegen eine tagesgenaue Berechnungsmethode. Sie sieht aber die in den Eckpunkten des BMJ vorgeschlagenen Stufen und ihre unterhaltsrechtlichen Folgen für das asymmetrische Wechselmodell kritisch.

„Je nach Verteilung der Alltagsaufgaben der Eltern und einer konkreten Erwerbstätigkeit des hauptbetreuenden Elternteils sollte aus Sicht der eaf frühestens ab 33 Prozent Mitbetreuung ein asymmetrisches Wechselmodell angenommen werden“, erläutert Prof. Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf, und verweist bezüglich der Begründung der Stufen auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfamilienministeriums.

„Wir befürworten in diesem Fall eine moderate Unterhaltskürzung, eine Barunterhaltspflicht für beide Elternteile im asymmetrischen Wechselmodell zwischen 33 und 45 Prozent lehnen wir ab. Die Untergrenze eines symmetrischen Wechselmodells kann aus Sicht der eaf bereits ab 45 Prozent Mitbetreuung festgelegt und mit einer Barunterhaltspflicht für beide Elternteile verbunden werden, wenn auch die Verantwortung für Alltagsaufgaben annähernd hälftig geteilt wird.“

Ein reformiertes Kindesunterhaltsrecht sollte Elternkonflikte vermeiden helfen und keine Sogwirkung für bestimmte Betreuungsmodelle entfalten. Deshalb müssen die unterhaltsrechtlichen Regelungen in einem asymmetrischen Wechselmodell so gestaltet werden, dass der hauptbetreuende Elternteil nicht befürchten muss, bei einer Ausweitung der Betreuung des anderen Elternteils den reduzierten Kindesunterhalt nicht durch eigenes Erwerbseinkommen kompensieren zu können.

“Uns ist es wichtig, kein Betreuungsmodell zu diskreditieren“, begründet Bujard die Haltung seines Verbandes. „Abhängig von Wohnsituation, Alter der Kinder, Arbeitsbedingungen und Betreuungsmöglichkeiten kann für jede Familie ein anderes Betreuungsmodell das Richtige sein. Wenn ein Elternteil in größerem Umfang mitbetreuen möchte, muss dies ebenso ermöglicht werden und verdient Förderung und Anerkennung. Hier ist die Gesellschaft gefragt: Betreuungsbedingte Mehrbelastungen sollten im Sozial- und Steuerrecht berücksichtigt werden, im Unterhaltsrecht hingegen ist oberste Priorität die tatsächliche Bedarfsdeckung des Kindes.“

Stellungnahme der eaf zu den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 20.12.2023

Der Familienbund hält zum Schutz des Klimas einen höheren CO2-Preis für politisch richtig und zwingend. Notwendig sind aber soziale Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere für Geringverdiener und Familien.

Nachdem sich das Bundeskabinett gestern mit der zukünftigen Finanzierung des Haushalts befasst hat, weist der Familienbund darauf hin, dass der Klimaschutz durch soziale Maßnahmen flankiert werden muss: „Ein höherer CO2-Preis trifft Geringverdiener und Familien besonders stark, da diese einen größeren Anteil ihres Einkommens für Konsumgüter und Strom ausgeben müssen als Haushalte mit höherem Einkommen bzw. geringerer Personenzahl. Daher ist ein sozialer Ausgleich wie das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld für eine gerechte Lastenverteilung unabdingbar“, äußerte heute Ulrich Hoffmann, der Präsident des Familienbundes der Katholiken. „An der sozialen Komponente des Klimaschutzes zu sparen, ist auch deswegen ungerecht, weil einkommensschwächere Personen weitaus weniger CO2-Emissionen verursachen als Menschen mit höherem Einkommen. Das Verursacherprinzip spricht somit klar für eine soziale Flankierung des Klimaschutzes.“

Die Idee des von vielen Wirtschafts- und Klimawissenschaftlern unterstützten Klimageldes ist, dass der Staat die Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis an die Bevölkerung zurückgibt – als Pauschale, das heißt für alle in gleicher Höhe. Dadurch würden Haushalte mit guter CO2-Bilanz im Ergebnis finanziell entlastet. Bei Haushalten mit hohem Energieverbrauch würde hingegen eine finanzielle Belastung und ein umweltpolitisch gewünschter Anreiz zum Einsparen von CO2-Emissionen entstehen. Ulrich Hoffmann hält diesen Ansatz für richtig und kritisiert, dass die Bundesregierung die Idee derzeit nicht weiterverfolgt: „Wenn die Regierung jetzt darauf verweist, dass sie mit der Abschaffung der EEG-Umlage bereits ein Klimageld eingeführt habe, ist das nicht richtig. Die Abschaffung der EEG-Umlage reduziert schlicht für alle den Strompreis und entlastet damit diejenigen, die viel Strom verbrauchen, besonders stark. Der soziale Ausgleich und der ökologische Anreiz fehlen.“

Der Familienbund fordert eine schnelle Umsetzung des Klimageldes. Die politische Debatte über die sozial- und familiengerechte Ausgestaltung dieser Leistung müsse jetzt zielgerichtet geführt werden. Die Voraussetzungen für die Auszahlung müssten unverzüglich geschaffen werden. „Für den Klimaschutz gibt es in der Bevölkerung derzeit eine breite Zustimmung – unter der Voraussetzung, dass er sozial gerecht erfolgt. Diese Chance darf die Politik nicht verstreichen lassen“, so Ulrich Hoffmann. „Ein Klimaschutz, der überwiegend zu Lasten der ärmeren Bevölkerung geht, hat keine Chance auf Erfolg, da er politische Kräfte stärken wird, die den Klimaschutz ablehnen. Der Erfolg des Klimaschutzes hängt davon ab, dass es gelingt, bei der ökologischen Wende alle mitzunehmen.“

Dem Familienbund ist bewusst, dass in Zeiten multipler Krisen und begrenzter finanzieller Ressourcen nicht allen Teilen der Bevölkerung alle Lasten abgenommen werden können. Für umso wichtiger hält es Ulrich Hoffmann, darauf zu achten, dass die Lastenverteilung gerecht erfolgt: „Die Klimapolitik braucht eine klare Kommunikation und einen klaren Kompass: Sie muss sich konsequent am Leistungsfähigkeits- und Verursacherprinzip orientieren, Geringverdiener und Familien durch Ausgleichsmaßnahmen entlasten und starke Schultern deutlich stärker in die Verantwortung nehmen.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 21.12.2023

LSVD, Quarteera, EQUAL PostOst und ILGA Europe fordern Bundesregierung auf, verfolgte LSBTIQ* aus Russland aufzunehmen

Am 30. November 2023 hat der Oberste Gerichtshof Russlands die sogenannte “internationale LGBT-Bewegung” als extremistisch eingestuft und ihr jegliche Aktivitäten verboten – dieses Urteil tritt heute in Kraft. Beschuldigten drohen insbesondere Strafverfahren, die voraussichtlich bis zu zwölf Jahren Gefängnis vorsehen. Bereits unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes kam es zu ersten Razzien an Community-Orten. Zusätzlich häufen sich Berichte über Erpressungen, Kündigungen, Drohungen und Angriffe, die die Betroffenen nicht anzeigen können. Dazu erklären Lesben- und Schwulenverband (LSVD), Quarteera, Equal PostOst und ILGA Europe gemeinsam:

Ein sicheres Leben für queere Menschen war de facto in Russland bereits in der Vergangenheit nicht möglich. Hassgewalttaten gegen LSBTIQ* werden nicht aufgeklärt. Der öffentliche Raum wird von Hassreden gegen LSBTIQ* bestimmt. Mit der letzten Entscheidung des Gerichtshofes setzt Russland seine LSBTIQ*-feindliche Politik fort. Es findet Stück für Stück eine Rekriminalisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt statt. Deswegen fordern wir die Bundesregierung, aber insbesondere Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser, dringend dazu auf, verfolgte und besonders schutzbedürftige LSBTIQ* aus Russland aufzunehmen. Dies ist gemäß dem Aktionsplan “Queer leben” der Bundesregierung und den Leitlinien für eine feministische Außenpolitik dringend geboten.

Die Einstufung als eine extremistischen Organisation und Bewegung eröffnet die Grundlage für eine willkürliche staatliche Verfolgung von LSBTIQ* Personen und Unterstützer*innen. Das Urteil trifft einen unbestimmten Personenkreis, darunter nicht nur Mitglieder von LSBTIQ* Organisationen, Aktivist*innen und Journalist*innen, sondern auch Personen, die schlicht Teil der LSBTIQ* Community sind, mit dieser sympathisieren oder auch dafür gehalten werden. Dieses Urteil ist eine menschenrechtliche Bankrotterklärung, da es eine strafrechtliche Verfolgung von Einzelpersonen ermöglicht – aufgrund ihrer (vermeintlichen) Zugehörigkeit.

Zum Hintergrund:

Bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurden die Menschenrechte von LSBTIQ* immer weiter eingeschränkt. Dazu zählen das sog. „Anti-Propaganda-Gesetz“, das durch die Duma im Januar 2013 auf den Weg gebracht und im Jahr 2022 zusätzlich verschärft wurde. Im Juli 2023 verabschiedete die Duma das trans*feindliche Gesetz, das zusätzlich in die individuellen Freiheitsrechte von trans*Personen eingreift. Insbesondere trans*Personen, die bereits eine Personenstandsänderung durchgeführt haben, sind dem Staat bekannt und daher eine leichte Zielscheibe. Als stellvertretendes Symbol für den “Westen” und seine Werte wird die LSBTIQ* Community zur Zielscheibe von Politik und Justiz Russlands gemacht.

Weiterlesen:

„LGBTIQ – Rechte weltweit“- Stellungnahme von Mikhail Tumasov im Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages

Ich wurde verboten. Wie sich die Situation russischer LGBTQ-Personen und Organisationen nach dem vollständigen Angriff Russlands auf die Ukraine verändert hat. Ergebnisse der Studie (equal-postost.org)

Leitlinien zu feministischer Außenpolitik des Auswärtigen Amts und BMZ (lsvd.de)

Rainbow Map and Index 2023 (ILGA Europe)

LGBT-Rechte weltweit: Wo droht Todesstrafe oder Gefängnis für Homosexualität? (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 10.01.2024

Der Paritätische ruft auf zur Teilnahme an den zahlreichen Demonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung.

Mit über 160 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen ruft der Paritätische zur Aktion des Netzwerks „Hand in Hand“ am 3.2. um 13 Uhr in Berlin auf und ermuntert dazu, sich an den zahlreichen Demonstratuonen auch an anderen Orten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung zu beteiligen.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands erklärt: „Die AfD und andere Rechtsextremisten verfolgen mit ihren Plänen von Massendeportationen nichts weniger als die Zerstörung unserer Gesellschaft. Das dürfen, das werden wir nicht zulassen. Deshalb rufen wir alle auf, sich gemeinsam mit uns vor all diejenigen zu stellen, die nach den völkisch-nationalistischen Vorstellungen von Höcke, Krah und Konsorten nicht dazu gehören sollen. Wir sind alle gefordert, unsere Demokratie jetzt zu verteidigen.”

Den Aufruf zur Aktion am 3.2.2024 in Berlin finden Sie hier.

Weiterführende Links

Paritätischer gegen Rechtsextremismus

Website „Hand in Hand“

Demonstrationen gegen Rechtsextremismus am 20. und 21.1.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 18.01.2024

Diese Wochen sollen eine Reform des Staatsbürgerrechts sowie das sog. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ verabschiedet werden.

Nachdem sich eine Einigung der Ampel in der Migrationspolitik zuletzt verzögert hatte, sollen diese Woche eine Reform des Staatsbürgerrechts sowie das sogenannte “Rückführungsverbesserungsgesetz” im Deutschen Bundestag beschlossen werden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt, dass im Vergleich zu vorherigen Entwürfen nun ein Rechtsanspruch auf eine Pflichtverteidigung u.a. für von Abschiebehaft betroffene Menschen vorgesehen ist. Die weiterhin geplante massive Verschärfung des Abschiebungsrechts selbst kritisiert der Verband jedoch ungebrochen scharf als “inhumane Symbolpolitik”.

“Vorgesehen sind weitreichende Eingriffe in Grund- und Menschenrechte, die in keinem Verhältnis zur Wirksamkeit des Gesetzes stehen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Besonders kritisch bewertet der Paritätische, dass die Möglichkeit zur Inhaftierung massiv ausgeweitet werden soll und künftig selbst die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Privatsphäre unbeteiligter Dritter missachtet würde, um ausreisepflichtige Personen finden und abschieben zu können – dies gelte selbst für Wohnungen von Familien mit Kindern und zur Nachtzeit. “Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme, bis hin zur Traumatisierung von Kindern, verschärfen. Dass Betroffenen angesichts dieser offenen Missachtung von Grund- und Menschenrechten jetzt wenigstens ein Pflichtverteidiger zugestanden wird, ist ein kleiner Hoffnungsschimmer für unseren Rechtsstaat, sollte aber doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein”, so Schneider.

Zutiefst besorgt ist der Verband darüber, dass im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens auch geregelt werden soll, dass Asylbewerbern künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen gewährt werden sollen. Die geplante Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, die ebenfalls beschlossen werden soll, begrüßt der Verband im Grundsatz, warnt aber ausdrücklich davor, dass im Gesetzentwurf nach wie vor Verschärfungen im Hinblick auf die Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung enthalten sind. Über ergänzende Verwaltungsvorschriften solle zwar eine Härtefallregel definiert werden, diese habe aber keinen Gesetzescharakter. “Hier hätten wir uns eine rechtlich verbindliche Lösung gewünscht, um eine Diskriminierung bspw. von Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehenden oder älteren Menschen rechtssicher auszuschließen”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 17.01.2024

Das Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen veröffentlicht Stellungnahme.

Der Paritätische findet klare Worte zu dem „geheimen“ Treffen von führenden AFD-Größen, Mitgliedern der Werte-Union, Bundestagsabgeordneten, bekannten Neonazis und finanzstarken Unternehmer*innen, geäußert, bei dem sich Teilnehmende zu einem rassistischen „Masterplan“ zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland – mit und ohne deutschem Pass – austauschten. Im Folgenden ein Statement des Vorsitzenden sowie eine Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM).

Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands:

„Mit Abscheu und Entsetzen haben wir die Berichte zu den geplanten Massendeportationen, die Rechtsextreme nach ihrer Machtergreifung ins Werk setzen wollen, zur Kenntnis genommen. Doch ein “Geheimplan” war es nie: AfD-Politiker wie Höcke und Krah breiten ihre völkisch-nationalistische Ideologie seit langem unmissverständlich in Wort und Schrift aus. Alle Demokrat*innen sind jetzt gefordert, sich geschlossen gegen alle diejenigen zu stellen, die die Würde des Menschen mit Füßen treten und Millionen Menschen in Deutschland Entrechtung und Gewalt androhen. Mit einer solchen Agenda kann es auf politischer und gesellschaftlicher Ebene keinen Ausgleich geben. Damit bedrohen sie Demokratie und Menschenrechte in Deutschland in ihrer Substanz.“

Nie wieder ist jetzt!
Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM)

Das Recherchenetzwerk CORREKTIV veröffentlichte diese Woche seine Rechercheergebnisse zu einem „geheimen“ Treffen von führenden AFD-Größen, Mitgliedern der Werte-Union, Bundestagsabgeordneten, bekannten Neonazis und finanzstarken Unternehmer*innen. Bei diesem Treffen tauschten sich die Teilnehmenden zu einem rassistischen „Masterplan“ zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland – mit und ohne deutschem Pass – aus.

Die Vorhaben der AfD-Mitglieder und der weiteren rechten Initiativen überraschen Betroffene von Rassismus und rechter Gewalt kaum bis wenig. Rassismuskritische und demokratische Stimmen warnen seit Jahren unermüdlich vor der rechten Gefahr durch die AfD und weitere rechte institutionelle Umtriebe in Deutschland. Wenn die Öffentlichkeit zum Schauplatz menschenfeindlichen Sprechens wird, beflügelt das antidemokratische, autoritäre und rassistische Strömungen.

Gleichzeitig müssen wir zu unserem Entsetzen feststellen, dass die Ängste und Erfahrungen der Menschen, die von eben dieser rechten Ideologie und ihren Gefahren betroffen sind, in der medialen Öffentlichkeit und im politischen Geschehen noch viel zu wenig Berücksichtigung finden. Obwohl die Entwicklung der rechten Diskurse und das Erstarken von rechten Parteien und Bewegungen in den letzten Jahren öffentlich bekannt und nicht zu übersehen war, wird diese Gefahr für die Demokratie in unserem Land – und somit für alle hier lebenden Menschen – bis heute nicht ernst genommen. Doch für sehr viele Menschen ist diese Gefahr nicht nur theoretischer Natur: Die Sorge und das Bangen um eine sichere Zukunft in Deutschland ist für sie ganz real und existentiell.

Die bevorstehenden Landtagswahlen in drei Bundesländern mit sich schon jetzt abzeichnenden hohen Umfragewerten für die AfD können ein weiterer Schritt in Richtung eines Point-of-no-return sein. Weder die perfide Strategie einiger Parteien, sich Themen der AfD zu eigen zu machen, noch das „Verlassen“ auf demokratische Strukturen hat das Erstarken rechter Politik verhindert. Eine „Das wird schon nicht passieren“-Rhetorik kann unsere Gesellschaft nicht mehr leisten!

Als Forum und Sprecher*innen für über 300 Paritätische Organisationen von Menschen, die sich für ein demokratisches, diskriminierungskritisches und friedliches Miteinander einsetzen, vermissen wir den gesellschaftlichen Aufschrei und ein entschiedenes politisches Handeln der Demokrat*innen!

Jetzt ist nicht mehr die Zeit des Überrascht- und Entsetztseins. Jetzt ist die Zeit für strukturelle Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und zur Bekämpfung von solchen menschen- und demokratiefeindlichen „Plänen“. Jetzt ist es an der Zeit, dass Demokrat*innen jeglicher Couleur enger zusammenrücken und sich in all ihrem Handeln diese sehr reale Gefahr vor Augen führen. Jetzt ist die Zeit, aufzustehen, Haltung zu zeigen und aktiv zu werden: Gegen Rassismus und gegen jede Art der Menschenfeindlichkeit. Nie wieder ist jetzt!
Deniz Greschner, Sprecherin des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen
Mahmut Hamza, Sprecher des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen

Zum Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM):

Im Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM) sind über 300 Migrantenorganisationen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengeschlossen. Es hat sich 2007 unter dem Dach des Paritätischen gegründet, um die Interessen von Migrantenorganisationen zu stärken und zu repräsentieren. Mehr Informationen zum Forum finden Sie hier.

Dokumente zum Download

Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM) (68 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.01.2024

Aus Sicht des Wohlfahrtsverbands sind die geplanten Maßnahmen unverhältnismäßig und können auch verfassungswidrig sein.

In einem Brief appelliert der Paritätische an die Abgeordneten der Ampel-Fraktionen im Deutschen Bundestag, den Vorschlägen der Bundesregierung zur Wiedereinführung und gravierenden Verschärfung von Sanktionsmöglichkeiten gegenüber erwerbslosen Menschen nicht zu folgen. Aus Sicht des Wohlfahrtsverbands sind die geplanten Maßnahmen unverhältnismäßig und können auch verfassungswidrig sein. Durch die Streichung existenzsichernder Regelleistungen würden die Betroffenen, die vielfach eigentlich auf individuelle Beratung und Hilfe in schwierigen Lebenssituationen angewiesen wären, in Not und Überschuldung getrieben.

Der Paritätische kritisiert die Pläne der Ampel-Koalition als “Symbolpolitik”. Der Vorwurf, “Menschen unverschuldet in Not zu bringen und vorhandene Ressentiments gegen Erwerbslose zu bestärken, ist nicht von der Hand zu weisen”, heißt es in dem Schreiben. Etwa ein Drittel der Leistungsbeziehenden in der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien von psychischen Beeinträchtigungen betroffen. Bei vielen, die von Sanktionen bedroht sind, lägen körperliche Beeinträchtigungen, Sprachprobleme und Leseschwächen vor. Die Kalkulation zum möglichen Einsparpotenzial durch die geplanten Maßnahmen hält der Verband entsprechend für vollkommen unrealistisch. “Um 170 Millionen Euro im Jahr einzusparen, müssten etwa 150.000 Bürgergeldbeziehende entsprechend sanktioniert werden. So viele willentliche Verweigerer gibt es nicht”, stellt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands klar. 

“Es ist ein Zerrbild, dass die Menschen sich in großer Zahl in die soziale Hängematte legen. Zahlreiche Betroffene befinden sich vielmehr in einer schlimmen Notsituation: Einige sind psychisch krank, andere haben Suchtprobleme. Viele Menschen bräuchten nach Jahren der Langzeitarbeitslosigkeit mindestens eine sehr intensive Begleitung, um eine Chance zu haben, ins Arbeitsleben zurückzukehren”, so Schneider. Statt Drohgebärden und Strafen, die existenzielle Nöte noch verschärften, brauche es pragmatische Unterstützungsmaßnahmen.

Der Verband weist darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht die Hürden für so weitgehende Sanktionen, wie sie vorgesehen sind, außerordentlich hoch gelegt hat. “Es dürfte aller Voraussicht nach zu einer hohen Zahl von Widersprüchen und Klagen kommen – im Zweifelsfalle erneut bis nach Karlsruhe”, warnt der Verband die Bundestagsabgeordneten.

Wie auch andere Organisationen werde sich der Paritätische nicht verweigern, von Vollsanktionen betroffene Menschen bei der Wahrung ihrer Rechte zu unterstützen und ungerechtfertigte Sanktionen abzuwenden. Der Paritätische hofft auf Vernunft und Weitblick der Abgeordneten: “Noch besteht die Gelegenheit, die geplanten Kürzungen und mit ihnen eine Vielzahl von Widerspruchsverfahren und Klagen abzuwenden.” 

Dokumente zum Download

Brief des Paritätischen an die Abgeordneten (124 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 10.01.2024

In einem Aufruf fordert der Paritätische Gesamtverband gemeinsam mit ver.di, Greenpeace, dem BUND, der Volkssolidarität, AWO, Diakonie und dem VdK die Bundesregierung auf, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bürger*innen in Form eines Klimageldes zurückzugeben.

Angesichts der Anhebung des CO2-Preises zum 1. Januar 2024 auf 45 €/t fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband im Bündnis mit ver.di, dem BUND und weiteren Umwelt-, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden die schnelle Einführung eines sozialen Klimageldes.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer Paritätischer Gesamtverband: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung sozialen Ausgleich beim Klimaschutz auf die lange Bank schiebt. Das Klimageld muss endlich kommen! Es geht nur ökosozial.“

In dem gemeinsamen Aufruf heißt es, die Verteuerung fossiler Energie durch steigende CO2-Preise sei angesichts der Klimakrise notwendig. Gleichzeitig brauche es einen sozialen Ausgleich. Die Preissteigerungen würden besonders stark mittlere und untere Einkommenshaushalte treffen.

„Die schnelle Einführung eines Klimageldes entlastet besonders die unteren und mittleren Einkommen. Zugleich belohnt es diejenigen, die weniger CO2 verbrauchen. Eine soziale Staffelung des Klimageldes würde die Verteilungswirkung noch verbessern. Ein solcher sozialer Ausgleich erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz für den Klimaschutz“, so das Bündnis. Darüber hinaus müsse kräftig in Klimaschutz, Bildung, Gesundheit, Pflege, Wohnen und ökologische Infrastruktur investiert werden. Dafür solle die Schuldenbremse reformiert werden: Zukunftsinvestitionen müssen von der Schuldenbremse ausgenommen und über Kredite finanziert werden können.

„Die Bundesregierung muss Wort halten und, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Klimageld als sozialen Ausgleichmechanismus schnellstmöglich einführen“, so die gemeinsame Forderung vom Paritätischen Gesamtverband, ver.di, Greenpeace, dem BUND, der Volkssolidarität, AWO, Diakonie und dem VdK. 

Dokumente zum Download

Aufruf: Klimageld jetzt – für sozial gerechten Klimaschutz (513 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 10.01.2024

Heute Nacht haben sich die Europäische Kommission, der EU-Rat sowie das Europäische Parlament auf eine Europäische Asylrechtsreform geeinigt, mit der Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen zur Regel würden.

Mit Entsetzen reagiert der Paritätische Wohlfahrtsverband auf den Kompromiss für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), auf den sich die EU-Institutionen in der vergangenen Nacht geeinigt haben. Dass der Kompromiss bei den asylrechtlichen Verschärfungen nicht einmal Ausnahmen für Kinder und ihre Familien vorsieht, sei durch nichts zu rechtfertigen. Der Paritätische appelliert an die Bundesregierung, sich dem zunehmenden Rechtsruck in der EU entgegenzustellen.

Nach Auffassung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sei in der letzten Nacht ein tief inhumaner Asylkompromiss geschlossen worden, mit dem Europa weiter nach rechts rücke. „Menschenrechtsfeindliche Haftlager und der Freiheitsentzug Schutzsuchender während des Asylverfahrens drohen mit dieser Reform zur Normalität zu werden. Dass nicht einmal Kinder und ihre Familien geschützt werden, ist schockierend“, kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. „Wir appellieren eindringlich an die Bundesregierung, sich dem zunehmenden Rechtsruck in der EU entgegenzustellen. Der weiteren Abschottung der EU und der weiteren Auslagerung des Flüchtlingsschutzes muss Einhalt geboten werden.“ Es sei entgegen dem Kompromiss Aufgabe der Bundesregierung, sich für die Einhaltung der geltenden Menschenrechte und eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen in der EU einzusetzen. 

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.12.2023

Am Freitag diskutierten die Bundestagsabgeordneten Silvia Breher (CDU), Sarah Lahrkamp (SPD), Heidi Reichinnek (Die Linke) und Nina Stahr (B90/Die Grünen) in der Heldinnen-Debatte der Stiftung Alltagheld:innen, wie eine Kindergrundsicherung aussehen müsste, von der alleinerziehende Familien profitieren. Rund 100 Menschen aus verschiedensten Institutionen und Organisationen bundesweit folgten der Einladung der Stiftung Alltagsheld:innen, des Bundesverbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und des Bundesverband Selbsthilfe-Initiative Alleinerziehender (SHIA) zur Diskussionsrunde.

Die Familienpolitikerinnen debattierten mit den Alleinerziehenden-Organisationen Knackpunkte des
Gesetzentwurfs – darunter die unzureichende Abstimmung mit anderen Rechtsbereichen oder die fehlende Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen. Die Veranstalterinnen legten außerdem noch einmal in punkto Erwerbsanreize und Rahmenbedingungen für Alleinerziehende den Finger in die Wunde.

Miriam Hoheisel, Geschäftsführerin des VAMV-Bundesverbands, urteilte über die bisherigen Regelungen im Gesetzentwurf mit Blick auf Kindesunterhalt, der parallel den Zusatzbetrag und das Wohngeld reduziert: „Die Kindergrundsicherung darf die Schnittstellenprobleme nicht wieder verschärfen und  hinter bereits umgesetzte Reformen wie die des  Kinderzuschlags 2019 zurückfallen.
Das wäre vor allem für Ein-Eltern-Familien fatal.“ Kritik gab es auch von Anja Klamann, Vorstandsmitglied bei SHIA, an der fehlenden Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen: „Der Kinderzusatzbetrag inklusive der Wohnkosten für das Kind soll zwischen den Elternteilen aufgeteilt werden. Ein-Eltern-Haushalte erhalten so nur noch Leistungen für das Kind für die Tage, an denen es sich in ihrem Haushalt aufhält. So entsteht eine Unterfinanzierung, das Risiko von Kinderarmut wird damit erhöht statt bekämpft“.

Heidi Thiemann, geschäftsführende Vorständin der Stiftung Alltagsheld:innen, übte Kritik an der Koppelung von Unterhaltsvorschuss an Einkommen bereits ab dem 7. Lebensjahr des Kindes: „Für Alleinerziehende ist das ein eklatanter Schritt zurück, und das trotz hoher  Kinderarmut. Es braucht verlässliche Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitszeiten, keine  Erwerbsanreize für Alleinerziehende. Selbst der Bundesrat fordert die Rücknahme dieser verschärften Anspruchsvoraussetzungen.“

KRITIK DER ALLEINERZIEHENDEN -ORGANISATIONEN FINDET GEHÖR

Die Bundestagsabgeordneten bezogen zu den Kritikpunkten Position. Die familienpolitische Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Sarah Lahrkamp, verlieh der Notwendigkeit einer gerechteren Verteilung Nachdruck: „Es ist an der Zeit, dass Familien, insbesondere Alleinerziehende, die tagtäglich hart arbeiten und dennoch jeden Euro umdrehen müssen, die Unterstützung erhalten, die ihren Kindern zusteht. Deswegen setzen wir uns zurzeit im parlamentarischen Verfahren intensiv dafür ein, dass die Verteilungsfrage in unserer Gesellschaft zugunsten einer stärkeren und gerechteren Zukunft unserer Kinder gelöst wird.“

KRITIK AN ERWERBSANREIZEN VON ALLEN ABGEORDNETEN

Die in der Kindergrundsicherung vorgesehenen  Erwerbsanreize für Alleinerziehende ernteten unisono
von allen Abgeordneten Kritik. Nina Stahr, Mitglied im Familienausschuss und bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, betonte mit Blick auf Alleinerziehende: „Es geht an der Lebenswirklichkeit vorbei, ihnen Erwerbsanreize zu setzen. Und auch die temporären Bedarfsgemeinschaften nehmen wir genau unter die Lupe. Erfreulich ist, dass wir den Kindergeldübertrag abschaffen, den Kindergarantiebetrag automatisch an die Preisentwicklung anpassen und ein Teil der Alleinerziehenden mit der Kindergrundsicherung mehr vom Unterhalt behält.“

Die Oppositionspolitikerinnen beanstandeten die  Kindergrundsicherung in der jetzigen Form. So bemängelte Heidi Reichinnek (Die Linke), dass ausgerechnet Alleinerziehende „wegen eines angeblich nötigen Erwerbsanreizes noch weiter gegängelt werden. Dass der Finanzminister dabei mit schlicht falschen Zahlen zur Erwerbsquote hantiert“, sich bis heute dafür aber nicht entschuldigt habe, sei ein Skandal. „Eine echte Kindergrundsicherung bedeutet auch spürbare
Leistungserhöhungen, alles andere ist Augenwischerei“, stellte Reichinnek klar.

Laut Einschätzung von Unionspolitikerin Silvia Breher bringe die derzeitige Kindergrundsicherung „insbesondere für Alleinerziehende neue und zusätzliche Nachteile mit sich.“ Zudem werde, statt Bürokratie abzubauen, neue kostenträchtige Bürokratie geschaffen. „Was wir brauchen, sind einfache, automatisierte und digitale  Verfahren. Was wir vor allem auch für Alleinerziehende
brauchen, sind zielgenaue Unterstützungsleistungen und gute Rahmenbedingungen. Nur durch einen aufeinander abgestimmten Maßnahmenmix geben wir den Kindern gute Startchancen für ihr Leben.“

Die Held:innen-Debatte ist ein Online-Diskussionsformat der Stiftung Alltagsheld:innen. Seit  2022 lädt die Stiftung zu verschiedenen Dachthemen Gäste aus Verbänden, Organisationen, Politik oder Wissenschaft zum Austausch ein.

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Alltagsheld:innen,
Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und Bundesverband Selbsthilfe-Initiative Alleinerziehender (SHIA) vom 14.12.2023

„ Alles wird teurer – das trifft in getrennten Familien alle: Alleinerziehende, die trotz steigender Lebenshaltungskosten über die Runden kommen müssen wie auch die unterhaltszahlenden Elternteile. Die Düsseldorfer Tabelle muss hier eine gute Balance vorgeben, damit Kinder gut versorgt werden können. Mit der Tabelle 2024 kommt allerdings auf Alleinerziehende und ihre Kinder eine Schieflage zu“, bemängelt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV).

Die Düsseldorfer Tabelle gibt Richtwerte für die Höhe des Kindesunterhalts abhängig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vor. Zentrale Stellschrauben für eine ausgewogene Balance zwischen Kindern und Barunter-haltspflichtigen sind: Zuschnitt der Einkommensgruppen, wie der Kindesunterhalt in diesen Gruppen steigt, sowie die Selbstbehalte. Grundlage der Düsseldorfer Tabelle ist der gesetzliche Mindestunterhalt. Der Bundesjustizminister hat per Verordnung festgelegt, dass der Mindestunterhalt im Jahr 2024 steigt, z.B. für ein Kind zwischen 6 und 11 Jahren von 502 Euro auf 551 Euro. Hintergrund für diesen deutlichen Anstieg ist die Inflation. Zusätzlich haben die Familienrichter‘*innen der Senate der Oberlandesgerichte und die Unterhaltskommission des Deutschen Familieng-richtstags mit der neuen Düsseldorfer Tabelle noch an den anderen Stellschrauben gedreht.

„Parallel zu einem Neuzuschnitt der Einkommensgruppen steigen nächstes Jahr auch die Selbstbehalte wieder deutlich an – diese doppelte Entlastung lässt ein Augenmaß im Sinne der Kinder vermissen“, bemängelt Jaspers. Der notwendige Selbstbehalt ist bereits 2023 um 210 Euro auf 1.370 Euro gestiegen, 2024 liegt er bei 1.450 Euro. Der neue Zuschnitt der Einkommensgruppen bedeutet: Die Gruppe der Kinder, die künftig von Mindestunterhalt leben muss, wird deutlich vergrößert und umfasst nun alle Kinder, deren unterhaltspflichtiger Elternteil bis zu 2.100 Euro bereinigtes Netto verdient (zuvor: 1.900 Euro). Der Mindestunterhalt entspricht dem bloßen Existenzminimum. Auch alle weiteren Einkommensgruppen verschieben sich in höhere Einkommensbereiche, was für die Kinder eine fatale Wirkung hat: Bei gleichem Einkommen ihres Elternteils können sie in eine niedrigere Einkommensgruppe rutschen. In Folge kommt der Inflationsausgleich beim Kindesunterhalt bei ihnen nicht vollständig an, es fehlt das Geld für existenzielle Lebensbedarfe. Ein Kind, dessen unterhaltszahlender Elternteil ein bereinigtes Nettokommen von 2.400 Euro hat, erhält dann nicht 54 Euro mehr Unterhalt, sondern nur ein Plus von 26 Euro.

„Diese Verschlechterung durch die Hintertür kritisieren wir ausdrücklich! In Zeiten, in denen die Armut in den Haushalten Alleinerziehender groß ist und die Bekämpfung von Kinderarmut ganz vorne auf die politische Agenda gehört, ist diese Entscheidung der Familienrichter*innen nicht nachvollziehbar. Das ist ganz entschieden ein falsches Signal“, bemängelt Jaspers.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV) vom 14.12.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 29. Januar 2024

Veranstalter: Deutscher Juristinnenbund e.V.

Ort: Berlin

Es gibt etwas zu feiern: Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ist nun 75 Jahre alt!

Gegründet wurde der djb am 28. August 1948 in Dortmund. 2018 haben wir dort nach dem Motto „Viel erreicht – noch viel zu tun“ den 70. Geburtstag gefeiert – aber die Welt hat sich seitdem gewandelt. Schon das Jahr 2022 war neben vielen Konflikten auf der ganzen Welt vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geprägt. Im Jahr 2023 kamen zahlreiche humanitäre Krisen weltweit hinzu, wie Terror und Krieg im Nahen Osten oder die Massenvertreibung geflüchteter Afghan*innen aus Pakistan. 

Wir fragen daher: Welche Rolle kann oder muss eine frauenpolitisch informierte, eine feministische Ausrichtung von Außenpolitik spielen? Was sind Kernthesen und vielleicht auch neue Mittel zur Gestaltung von Frieden? Wie kann Deutschland das transformative Potential feministischer Außenpolitik mitgestalten? Was hat der djb hier zu bieten? Was sollte der djb nach seiner Satzung auf diesem Feld tun – und müsste er weiterentwickelt werden?

Zum 75. Verbandsjubiläum haben wir Expertinnen gewonnen – für Völkerrecht, für Völkerstrafrecht, für Klima- und Umweltrecht, für Migrationsrecht. Wir wollen auf theoretische Grundlagen einer feministischen Außenpolitik blicken, auf Erwartungen an sie und auf ihre rechtliche und tatsächliche Umsetzung. Wie sieht insofern unsere Zukunft aus? 

Wir laden Sie herzlich ein, das 75. Verbandsjubiläums mit uns – in Kooperation mit der Professur für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin – zu feiern!

Die Veranstaltung findet statt am 29. Januar 2024, 10.00 bis 12.00 Uhr im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin, Geschwister-Scholl-Str. 1/3. Sie wird, da die Zahl der Plätze begrenzt ist, sowohl live gestreamt als auch aufgezeichnet. Den Link zur Anmeldung zur Teilnahme vor Ort (Anmeldung bitte bis 12. Januar 2024) oder am Stream  (Anmeldung bitte bis 28. Januar 2024) und weitere Informationen finden Sie hier: https://www.djb.de/termine/details/v240129

Termin: 06. Februar 2024

Veranstalter: Evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde 

Ort: Berlin

Der Breitscheidplatz wurde 1947 nach dem von den Nationalsozialisten ermordeten Sozialdemokraten Rudolf Breitscheid (1874-1944) umbenannt. Mit dieser Veranstaltung erinnern wir an das politische Wirken seiner vergessenen Lebensgefährtin.

Seit 1901 engagierte sich Tony Breitscheid in der Frauenbewegung. Sie kämpfte für das gleiche, direkte und geheime Wahlrecht von Männern und Frauen. 1912 schloss sie sich der SPD an; sie engagierte sich in den sozialdemokratischen Frauenbewegungen, in der Friedensbewegung und schrieb für sozialistische Zeitschriften. 1933 musste sie fliehen, sie wurde 1941 von Frankreich an Deutschland ausgeliefert. Nach den Jahren im Konzentrationslager, die sie mit ihrem Mann teilte, emigrierte sie nach Dänemark.

Die Referentin Dr. Gisela Notz (www.gjsela-notz.de) ist Sozialwissenschaftlerin und Historikerin. Aufgrund eigener Recherchen kann sie das Leben und Wirken von Tony Breitscheid erstmals zusammenhängend darstellen.

Termin: 08. Februar 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

In dieser Inforeihe steht das Internetportal https://www.recht-auf-geburtsurkunde.de/ im Fokus. Es ist Teil des Projekts „Papiere von Anfang an“ des Deutschen Instituts für Menschenrechte, gefördert von der CMS Stiftung. Die Website www.recht-auf-geburtsurkunde.de informiert über die kinder- und menschenrechtlichen Vorgaben zum Recht auf eine Geburtsurkunde. Neben einem FAQ rund um Fragen zur Geburtenregistrierung von Kindern, deren Eltern ihre Identität nicht nachweisen können, wurde die Website 2023 auf Englisch und Arabisch übersetzt sowie um ein FAQ in Einfacher Sprache und einen Online-Wegweiser für Eltern ergänzt. Sophie Funke stellt die Website und die damit zusammenhängenden kinderrechtlichen Vorgaben vor. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Dort befasst sie sich u.a. mit den Themen Zugang zum Recht von Kindern und Jugendlichen, Kindgerechte Justiz und Flucht.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Sophie Funke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsches Institut für Menschenrechte, Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 20. Februar 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 

Die digitale Veranstaltung richtet sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, die in ihrer Arbeit mit grenzüberschreitenden Kindschaftskonflikten in Berührung kommen können. Gegenstand der Veranstaltung sind die Herausforderungen von Sorge- und Umgangsrechtskonflikten in grenzüberschreitenden Zusammenhängen. Hierbei werden rechtliche Grundlagen vorgestellt, ein besonderes Augenmerk auf Fälle von Kindesentführung gelegt und insbesondere Handlungs- und Präventionsmöglichkeiten erläutert.

Anmeldungen bitte bis spätestens 16.01.2024.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

https://www.deutscher-verein.de/de/va-24-internationale-familienstreitigkeiten-sorge

Termin: 05. März 2024

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Das Buch „Mythos Mutterinstinkt – Wie moderne Hirnforschung uns von alten Rollenbildern befreit und Elternschaft neu denken lässt“ erzählt von bahnbrechenden Forschungsergebnissen, die Elternschaft in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Dabei räumt es mit einem historischen Mythos auf: Es zeigt, wie es zur Erfindung des Mutterinstinkts kam.

Mehr Informationen und das Anmeldeformular finden Sie hier:

https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2024-03-05-mythos-mutterinstinkt-entlastend-erhellend-und-ermutigend-k-o21

Termin: 06. und 07. März 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 

Ob und in welchem Umfang Leistungen der Sozialhilfe zu erbringen sind, hängt maßgeblich vom erzielten Einkommen und vorhandenen Vermögen der Leistungsberechtigten ab. Vor Inanspruchnahme der Leistungen ist daher von den zuständigen Leistungsträgern zu prüfen, inwiefern und in welchem Umfang anrechenbares Einkommen und einzusetzendes Vermögen vorhanden ist.

Die Veranstaltung richtet sich an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Sozialhilfe, die über keine oder nur geringe Vorkenntnisse verfügen, sowie an erfahrene Mitarbeiter/innen, die ihre Kenntnisse auffrischen möchten. Ziel der Fachveranstaltung ist es, einen vollständigen Überblick und grundlegende Kenntnisse über den Einsatz von Einkommen und Vermögen nach dem SGB XII kompakt und praxisnah zu vermitteln.

Das Programm sowie die Möglichkeit zur Onlineanmeldung finden Sie unter: https://www.deutscher-verein.de/de/veranstaltungen-2024-der-einsatz-von-einkommen-und-vermoegen-in-der-sozialhilfe-sgb-xii–5388,3039,1000.html

Anmeldungen bitte bis spätestens 04.02.2024.

WEITERE INFORMATIONEN

In ihrer neuen Streitschrift zeigt Marie-Luise Conen kritische Entwicklungen in den sozialpädagogischen Familienhilfen und insbesondere der Aufsuchenden Familientherapie auf. Sie macht deutlich, wie wichtig die Einhaltung professioneller Standards ist – gerade vor dem Hintergrund der angespannten Lage in den Jugendämtern.

Ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Diskussion um Wirksamkeit und Qualität!

Wo bleibt die Qualität in den aufsuchenden Erziehungshilfen?

Eine Streitschrift von Marie-Luise Conen

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 17/2023

AUS DEM ZFF

Derzeit wird viel Kritik an den Zuständigkeiten des neuen Familienservice im Bundeskindergrundsicherungsgesetz geübt und es kursiert ein Vorschlag, die Leistungen der Kindergrundsicherung für den Personenkreis der bedürftigen Kinder nicht über das BKG-E, sondern über das SGB II zu erbringen. Wir sehen das sehr kritisch und fordern: Kinder raus aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende! Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf die Kindergrundsicherung müssen alle gleich behandelt und – zumindest perspektivisch – alle vom neuen Familienservice betreut werden. Zudem muss unserer Meinung nach die Organisation der Schnittstellen in der Sozialgesetzgebung zukünftig Aufgabe des Staates werden und nicht mehr die der Leistungsberechtigten. Wir appellieren an den Gesetzgeber, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern Lösungswege aufzuzeigen, wie dies mittelfristig umgesetzt werden kann und die beiden Behörden als „Back-Office“ und „Front-Office“ miteinander kommunizieren und arbeiten können.

Das Forderungspapier finden Sie hier.

Unsere ausführliche Stellungnahme anlässlich des Gesetzentwurfes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Einführung weiterer Bestimmungen“ finden Sie hier.

Die Haushaltskrise scheint beigelegt worden zu sein, was das für die Freie Wohnfahrtspflege bedeutet, ist aber noch ungewiss. Wir möchten daher nochmal auf die Rede unserer stellvertretenden Vorsitzenden, Meike Schuster, aufmerksam machen, die sie anlässlich einer Kundgebung am 8.Novemeber vor dem Bundestag gehalten hat. Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zu dieser Kundgebung  aufgerufen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

„Wir haben eine Zukunft, wenn wir einander unsere Entwicklung ermöglichen und sie fördern“, so Meike Schuster. „Wir haben keine Zukunft, wenn wir nicht in uns investieren“

Die vollständige Rede finden Sie hier.

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Kabinett beschließt 111 Maßnahmen in ressortübergreifender Strategie gegen Einsamkeit

Die Bundesregierung hat heute den von Bundesgesellschaftsministerin Lisa Paus vorgelegten Entwurf der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit beschlossen. Mit der Einsamkeitsstrategie erfüllt die Bundesregierung ihren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag, Einsamkeit zu überwinden und geht damit nach Vorbildern aus Japan und Großbritannien erstmals gesamtstrategisch gegen Einsamkeit in Deutschland vor.

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Lisa Paus: „Einsamkeit ist eine Herausforderung an die gesamte Gesellschaft mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und das soziale Miteinander. Einsamkeit schadet Menschen unabhängig von Alter oder Lebenslage. Unser Ziel ist es, das Thema Einsamkeit in Deutschland stärker politisch und wissenschaftlich zu beleuchten. Deshalb gehen wir Einsamkeit gesamtgesellschaftlich an mit 111 konkreten und bereichsübergreifenden Maßnahmen. So brechen wir das Tabu und setzen ein Signal: Einsame Menschen sind nicht alleine. Das Motto der Strategie gegen Einsamkeit lautet ‚Richtig gut geht’s uns nur gemeinsam‘.“

Die Strategie verfolgt insgesamt 111 Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Verbundenheit und des gesellschaftlichen Miteinanders. Diese sollen helfen, Einsamkeit vorzubeugen oder zu lindern. Sie sensibilisieren, unterstützen die Menschen konkret, stärken das Wissen und die Praxis.

Bundesministerin Lisa Paus hatte im Juni 2022 das Startzeichen für die Erarbeitung einer Strategie gegen Einsamkeit gegeben. Sie entstand in einem breiten Beteiligungsprozess, umfasst alle Altersgruppen und nimmt Menschen in den Blick, die auch nur in bestimmten Lebensphasen von Einsamkeit betroffen sein können.

Durch eine Geschäftsstelle im Projekt „Kompetenznetz Einsamkeit“ wird das Erreichen der Ziele begleitet. Im Kompetenznetz entsteht ferner ein Wissenspool zu aktuellen Forschungsergebnissen und es veröffentlicht jährlich ein „Einsamkeitsbarometer“. Die Erkenntnisse aus den geförderten Modellmaßnahmen werden über das Kompetenznetz Einsamkeit in die Weiterentwicklung einfließen.

Geplant sind zudem öffentlichkeitswirksame Aktionen wie die Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“. So nahm Ministerin Paus am Sonntag, 10.12., an der Aktion „Singen gegen Einsamkeit“ gemeinsam mit dem Berliner Kiezchor am Berliner Hauptbahnhof teil.

Weiterführende Informationen

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.12.2023

7. Jährliche Information vom Kabinett beschlossen

Die Bundesregierung hat heute die von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesminister der Justiz gemeinsam vorgelegte „Siebte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes sowie der Unternehmen mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung des Bundes“ beschlossen.

Demnach ist der Frauenanteil an Führungspositionen in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst, bei Bundesunternehmen sowie in den Gremien des Bundes insgesamt kontinuierlich gestiegen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Die Entwicklung des Frauenanteils an den Führungspositionen ist insgesamt erfreulich. Unsere Führungspositiongesetze tragen entscheidend dazu bei, dass mehr Frauen Führungsverantwortung übernehmen. Der Bund geht hier mit gutem Beispiel voran: Über neue Modelle wie das Führen in Teilzeit gelingt ein Kulturwandel. Mit unserem Monitoringbericht schaffen wir darüber hinaus eine transparente Datenlage für alle. Ich bin überzeugt: diese Transparenz erzeugt den notwendigen Druck und Wettbewerb. Denn nur mit moderner Personalpolitik werden Frauen in angemessener Zahl Führungspositionen einnehmen. Davon profitieren die Unternehmen, weil Diversität sich positiv auszahlt. Und davon profitiert auch die Gesellschaft, weil es einen echten Fortschritt bei der Gleichstellung der Geschlechter bedeutet.“

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: Der diesjährige Bericht zeigt: Der Frauenanteil in Aufsichtsräten der börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen ist weiter gestiegen auf mehr als 35,5 Prozent. Gerade in Vorständen besteht mit gut 10 Prozent Frauenanteil aber noch Steigerungspotential. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Unternehmen erkannt haben, dass eine chancengerechte Beteiligung von Frauen in Führungspositionen wichtig und in ihrem eigenen Interesse ist.“

Die Zahlen:

Die Siebte Jährliche Information stellt die Entwicklung des Frauenanteils dar

  • in Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft einschließlich des Geschäftsjahrs 2020
  • in den Unternehmen mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung des Bundes bis Ende 2021
  • im öffentlichen Dienst des Bundes in den obersten Bundesbehörden bis Juni 2022 und im nachgeordneten Bereich bis Ende 2022
  • in den Gremien des Bundes bis Ende 2021
  • in den Sozialversicherungen bis Juni 2022 für landesunmittelbare Träger und bis Ende 2022 für bundesunmittelbare Träger

In der Privatwirtschaft ist der Frauenanteil im Geschäftsjahr 2020 für die 2.045 betrachteten Unternehmen weitergewachsen. In den Aufsichtsräten erhöhte sich der Frauenanteil von 2015 bis 2020 von 18,6 Prozent auf 24,9 Prozent. In den Unternehmen, die unter die feste Quote für den Aufsichtsrat fallen, ist der Frauenanteil seit 2015 deutlich um mehr als 10 Prozentpunkte gestiegen. In den Unternehmensvorständen waren Frauen im selben Zeitraum unterrepräsentiert: Ihr Anteil lag 2020 bei 10,3 Prozent. Auffällig ist der hohe Anteil an Unternehmen, die für den Frauenanteil auf Vorstandsebene die Zielgröße Null festgelegt und veröffentlicht haben. 60 Prozent der betrachteten Unternehmen haben Zielgrößen für den Vorstand veröffentlicht. Davon haben wiederum 61,5 Prozent die Zielgröße Null festgelegt.

Das Ziel im öffentlichen Dienst des Bundes lautet: Paritätische Besetzung der Führungspositionen bis Ende 2025. In den Obersten Bundesbehörden ist der Frauenanteil auf 41 Prozent, im nachgeordneten Bereich auf 43 Prozent gestiegen. 2023 startete das Projekt „Führen in Teilzeit in den Obersten Bundesbehörden“. Ziel ist es, den Frauenanteil in Führungspositionen über Teilzeitangebote zu erhöhen. 

Bei einer Gesamtbetrachtung aller vom Bund bestimmten Gremienmitglieder wurde ein nahezu paritätisches Verhältnis erreicht. Mit Blick auf die einzelnen Gremien des Bundes trifft dies jedoch erst auf zwei Drittel der Gremien zu. Deshalb dürfen die Anstrengungen hier nicht reduziert werden.

Bei den 51 Bundesunternehmen in unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung lag der Anteil von Frauen in den Überwachungsgremien bei 44,5 Prozent. Die Geschäftsführungspositionen wurden zu 30,1 Prozent durch Frauen besetzt.

Erstmals wurden Daten zum Frauenanteil an Führungspositionen bei landes- und bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung (z.B. Krankenkassen) erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen in Führungspositionen hier mit einem Anteil von 24 Prozent bzw. 25 Prozent unterrepräsentiert sind.

Über das Führungspositionen-Gesetz 

Das Führungspositionen-Gesetz (FüPoG) gibt seit 2015 eine Quote von 30 Prozent vor, mit der Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen beteiligt werden müssen. 2021 trat das Folgegesetz (FüPoG II) in Kraft.   

Weiterführende Informationen und aktuelle Daten aus allen Teilbereichen sowie den vollständigen Bericht der Bundesregierung finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/frauen-in-fuehrungspositionen

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.12.2023

Die Kinderbeaufsichtigung bei Integrationskursen hat sich im Bundesprogramm „Integrationskurs mit Kind: Bausteine für die Zukunft“ als wirksames und erfolgreiches Modell zur Integration insbesondere von Müttern erwiesen. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem laufenden Programm werden das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) die integrationskursbegleitende Kinderbeaufsichtigung in den Jahren 2024 bis 2026 – vorbehaltlich der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel – mithilfe des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) im Programm „Integrationskurs mit Kind Plus: Perspektive durch Qualifizierung“ weiter fördern. Die Förderrichtlinie wurde – vorbehaltlich der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel – auf www.esf.de veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten. Träger, die berechtigt sind, Integrationskurse durchzuführen, können ab heute eine Förderung beantragen.

Integrationskurse mit Kinderbeaufsichtigung erleichtern die Teilnahme für Eltern, die ihre Kinder in räumlicher Nähe gut beaufsichtigt wissen. Gleichzeitig ebnet das Angebot den Kindern sowie auch den Eltern den Übergang in das Regelangebot der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Beaufsichtigungskräfte eine Qualifizierung erlangen. So können Fachkräfte gewonnen werden, die in vielen Bereichen der Kinderbetreuung fehlen. Der Fokus des geplanten neuen Programms liegt daher insbesondere auf der Gewinnung, der Qualifizierung und dem Einsatz von Kinderbeaufsichtigungspersonen und damit auf potentiellen Fachkräften.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Der Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Umso wichtiger ist es, vielfältige Möglichkeiten zu nutzen, um Fachkräfte für die Kindertagesbetreuung zu gewinnen und zu binden. Ich freue mich, dass wir die Integrationskurse mit Kind weiterführen können, denn sie schaffen beides: Unterstützung bei der Integration von Familien und beim Einstieg in ein wichtiges Berufsfeld.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir setzen auf Integration von Anfang an. Das gilt natürlich auch für Eltern mit kleinen Kindern, die – oftmals als Geflüchtete vor Krieg und Terror – nach Deutschland gekommen sind. Mit unserem Angebot können die Eltern an den Integrationskursen teilnehmen, während ihre Kinder in der Nähe spielen können und gut beaufsichtigt werden.“

Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Instrument der Europäischen Union zur Förderung der Beschäftigung in Europa. Er verbessert den Zugang zu besseren Arbeitsplätzen, bietet Qualifizierung und unterstützt die soziale Integration. Mit der Fortsetzung des Engagements des Bundes soll die Überführung der integrationskursbegleitenden Kinderbeaufsichtigung in kommunale Strukturen weiter vorangetrieben werden.

Beratung zum Bundesprogramm

Weitere Informationen finden Sie unter www.esf.de sowie https://www.fruehe-chancen.de/intmikiplus.

Fragen rund um die Fördervoraussetzungen und das Antragsverfahren zum Bundesprogramm beantwortet die Servicestelle „Integrationskurs mit Kind Plus“ telefonisch unter 030 390 634 730 sowie per E-Mail unter service@integrations-kibe.de. Eine finanz-technische Beratung kann unter 030 544 533 712 erfolgen.

Die administrative Betreuung des Förderportals Z-EU-S erfolgt durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV-KBS).

Service-Hotline: +49 (0)355 355 486 999

E-Mail: ZEUS@kbs.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 06.12.2023

Bundeskabinett beschließt ersten Bericht der Bundesregierung über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder

Das Bundeskabinett hat heute den ersten Bericht der Bundesregierung über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder beschlossen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass derzeit mindestens 1,7 Millionen Kinder im Grundschulalter (oder 55 Prozent der Kinder) Ganztagsschulen oder Tageseinrichtungen (Hortangebote) besuchen. Bis zur Einführung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung im Schuljahr 2026/27 werden bundesweit etwa 470.000 zusätzliche Plätze benötigt, um den Elternbedarf erfüllen zu können.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Verlässliche Ganztagsbetreuung in hoher pädagogischer Qualität – das ist die Chance für alle Schulkinder für einen guten Start ins Leben und gerechte Teilhabe, unabhängig von Herkunft oder Einkommen der Eltern. Eltern können dank Ganztag Familie und Beruf besser vereinbaren. Unser Land wird familienfreundlicher. Deshalb treiben wir als Bundesregierung mit dem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz den Ausbau durch Länder und Kommunen voran. Auf dem Weg zu einem bedarfsgerechten Angebot brauchen wir jedoch weitere Fachkräfte. Unter anderem mit Qualifizierungsprogrammen wollen wir deshalb mehr Menschen für die tolle Arbeit im Ganztag begeistern.“

Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung: „Der Bericht macht deutlich: Eltern wünschen sich Ganztagsangebote für ihre Kinder. Deshalb müssen sie zügig bundesweit ausgebaut werden. Der Bund unterstützt die Länder durch das Investitionsprogramm Ganztagsausbau erheblich mit 3,5 Milliarden Euro. Er beteiligt sich künftig auch dauerhaft an den Betriebskosten des Ganztags. Länder und Kommunen sollten die Investitionsmittel jetzt nutzen, um den Ausbau ganztägiger Bildung- und Betreuungsangebote weiter voranzutreiben.“

Hintergrund

Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag nach dem Ganztagsförderungsgesetz jährlich einen Bericht über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder vor (GaFöG-Bericht). Erstmals wurde dieser Bericht heute am 6. Dezember 2023 im Kabinett beschlossen. Federführend ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), welches zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine gemeinsame, paritätisch besetzte Geschäftsstelle zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter eingerichtet hat.

In der Prognose des Elternbedarfes wurde mit zwei Szenarien gearbeitet. Im Szenario eines konstant bleibenden Bedarfs werden 393.000 (+23,4 Prozent) und im Szenario eines steigenden Bedarfs 545.000 (+32,5 Prozent) zusätzliche Plätze benötigt, d.h. im Mittel damit 470.000 zusätzliche Plätze. Dabei fällt der größte Teil des quantitativen Ausbaubedarfs auf die westdeutschen Flächenländer, während er in den ostdeutschen Ländern aufgrund des bereits weiter ausgebauten Bildungs- und Betreuungsangebote geringer ausfällt.

Weiterführende Informationen

GaFöG-Bericht 2023: www.bmfsfj.de/ganztag 

https://www.recht-auf-ganztag.de

https://www.ganztagsschulen.org

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 06.12.2023

Auf Einladung der Nationalen Koordinatorin für Kinderchancen, Ekin Deligöz, und des Bundesfamilienministeriums sind heute Vertretungen von Kommunen, Länder, Bund und Organisationen der Zivilgesellschaft auf der Fachkonferenz „Armutsprävention vor Ort“ zusammengekommen. Gemeinsam wird an integrierten Strategien und wirkungsvollen Instrumenten der Armutsprävention gearbeitet.

Im Rahmen der Konferenz werden Best-Practice-Beispiele gesammelt und integrierte Ansätze kommunaler Armutsprävention diskutiert. Damit Kinder und Jugendliche die Chance auf ein sorgenfreies Aufwachsen bekommen, braucht es ein Ineinandergreifen aller verantwortlichen Ebenen. Der Bund ist sich der großen Bedeutung von integrierten Ansätzen der Armutsprävention bewusst. Daher leistet er mit der Konferenz im Rahmen des Nationalen Aktionsplans „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ wichtige Unterstützung für Kommunen und bringt sie mit Ländern, Wissenschaft, Bundesressorts und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammen.

In ihrer Begrüßungsrede betonte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie Kinderchancen-Koordinatorin Ekin Deligöz:Kinderarmut und insbesondere die Folgen davon betreffen mehr als die Frage der finanziellen Absicherung. Familien brauchen unterstützende Strukturen und Angebote vor Ort. Das heißt unter anderem Zugang zu frühkindlicher Bildung und Betreuung, Rückzugsorte um ungestört Hausaufgaben zu erledigen und niederschwellige Angebote der Gesundheitsförderung. Als Orte der Daseinsvorsorge leisten Kommunen bereits jetzt wertvolle Arbeit. Gemeinsam wollen wir zukünftig noch bessere präventive Strukturen vor Ort schaffen. Ziel ist es, allen Kindern und Jugendlichen die bestmöglichen Chancen beim Start ins Leben zu geben.“

Bund unterstützt Kommunen bei der Armutsprävention vor Ort

Von der Jugendhilfeplanung bis hin zu Präventionsketten – viele Kommunen und Bundesländer können bereits von guten Beispielen kommunaler Armutsprävention berichten. In sechs verschiedenen Workshops werden diese diskutiert und weitergedacht. Denn die Teilnehmenden der Fachkonferenz „Armutsprävention vor Ort“ sind sich einig: Kinder und Jugendliche sollen vor Armut geschützt werden – und dazu braucht es ein Ineinandergreifen aller verantwortlichen Ebenen. Vor Ort sorgt die kommunale Armutsprävention für bessere Chancen beim Start ins Leben. Bund und Länder können dafür wichtige Impulse setzen. „Die Kommunen haben die Prävention der Armut fest im Blick. Sie verantworten wesentliche soziale Leistungen und bieten niedrigschwellige Zugänge zu Bildungsleistungen für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern. Dafür arbeiten wir eng mit allen föderalen Ebenen zusammen“, fasst Jörg Freese, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages, zusammen.

Der Nationale Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“

Der Nationale Aktionsplan (NAP) „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ wurde im Juli 2023 im Bundeskabinett beschlossen und hat eine Laufzeit bis zum Jahr 2030. Damit setzt Deutschland die Ratsempfehlung zur Kindergarantie um. Ziel ist es, benachteiligten Kindern und Jugendlichen hochwertige Zugänge in den Bereichen Betreuung, Bildung, Gesundheit, Ernährung und Wohnraum zu gewährleisten. Dazu enthält der NAP rund 350 Maßnahmen von Bund, Ländern, Kommunen und zivilgesellschaftlichen Organisationen – von der Kindergrundsicherung, über den Kooperationsverbund „Gesundheitliche Chancengleichheit“ bis hin zum ESF Plus-Programm „ElternChanceN: mit Elternbegleitung Familien stärken“ und den Präventionsketten. „Der NAP kann hier einen wichtigen Beitrag leisten und alle Ebenen zusammenbringen“, so Kerstin Petras vom Programm „Präventionsketten Niedersachsen“. „Die Kinder und Familien, und hier insbesondere die verletzlichsten, armutserfahrenen von ihnen, haben die öffentliche Aufmerksamkeit, Anerkennung und auch einen entsprechenden Ressourceneinsatz gerade in diesen Zeiten dringend nötig.“

Kommunale Armutsprävention ist Schwerpunkt des ersten Fortschrittsberichts an die EU

Als zentrales Arbeitsgremium wurde Ende September der NAP-Ausschuss ins Leben gerufen. Unter Beteiligung von Bund, Ländern, Kommunen, der Zivilgesellschaft und Wissenschaft begleitet er die Umsetzung des Aktionsplans – sei es in Workshops zu Maßnahmen und Monitoring oder als Begleitgruppe „Kommunale Armutsprävention“, in der Zivilgesellschaft und kommunale Praxis ihre Expertise einbringen können. Diese wird zusammen mit den Ergebnissen der Fachkonferenz „Armutsprävention vor Ort“ in den ersten Fortschrittsbericht an die EU einfließen, der 2024 erstellt wird.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.11.2023

Digitale Gewalt richtet sich überdurchschnittlich häufig gegen Frauen und ist oft sexualisiert. Anfänglich digitale Gewalt verlässt dabei immer wieder den digitalen Raum und setzt sich in der analogen Welt fort. Wie digitale Gewalt gegen Frauen mit einem starken digitalen Gewaltschutzgesetz, im Strafrecht und durch weitere Maßnahmen wie der Handhabung von Spionage Apps bekämpft werden kann, hat die SPD-Bundestagsfraktion gestern Abend in einer Fachtagung diskutiert.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:

„Frauen haben das Recht auf ein gewaltfreies Leben – im Netz und überall. Dafür brauchen wir nicht nur klare Gesetze, sondern auch eine laute Zivilgesellschaft, wenn wir wirksam gegen digitale Gewalt vorgehen wollen. Zu einer lauten Zivilgesellschaft gehört aus unserer Sicht auch ein Verbandsklagerecht, um kollektiv gegen digitale Gewalt vorgehen und Betroffene in ihrem Kampf unterstützen zu können. Wir müssen Organisationen wie HateAid weiter stärken, die meist einzige Anlaufstelle bei digitaler Gewalt sind.“

Carmen Wegge, stellvertretende rechtspolitische Sprecherin:

„Der Abend macht uns allen Mut, unsere Demokratie auch im Digitalen weiter zu verteidigen. Der Austausch mit den Expertinnen aus der Rechtswissenschaft und den Frauenberatungsstellen hat uns auch noch besonderen Handlungsbedarf aufgezeigt. Zum einen müssen wir Strafbarkeitslücken bei bildbasierter Gewalt schließen. Und zum anderen muss das digitale Gewaltschutzgesetz einen echten Mehrwert speziell für Frauen haben, da sich zum Beispiel häusliche Gewalt häufig im Digitalen fortsetzt. Wir fordern deshalb, dass Hersteller von sogenannten Spionage-Apps verpflichtet werden, das Einverständnis der Gerätebesitzerin regelmäßig abzufragen. So bemerken Frauen, wenn sie heimlich von ihrem Partner oder Expartner überwacht werden“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 14.12.2023

Zur heutigen Veröffentlichung der Studie von UNICEF zur Kinderarmut im internationalen Vergleich erklärt Nina Stahr, Mitglied im Familienausschuss:

Die Studie von UNICEF untermauert, dass wir im Kontext der aktuellen Haushaltskrise nicht bei Kindern und nicht bei Familien kürzen dürfen. Deutschland rangiert beim Kampf gegen Kinderarmut im unteren Mittelfeld. Die Kindergrundsicherung ist der Einstieg in eine wirksame und grundlegende Bekämpfung der strukturellen Kinderarmut in Deutschland. Mit der Kindergrundsicherung erhalten bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene einfacher und direkter die Leistungen, die ihnen zustehen. Viele von ihnen zum ersten Mal. Damit holen wir Tausende von Kindern aus der verdeckten Armut. Vor diesem Hintergrund ist es sozial und ökonomisch unverantwortlich, genau hier den Rotstift anzusetzen. Denn die Studie zeigt auch: Kinderarmut führt zu schlechter Gesundheit und schlechten Bildungschancen. Das können wir auch in Zeiten des ernsten Fachkräftemangels nicht wollen. In Ländern, in denen in Familienleistungen investiert wird, sinkt die Kinderarmut. Frankreich und Großbritannien haben im letzten Jahrzehnt Familienleistungen reduziert, die Kinderarmut dort ist sprunghaft angestiegen. Diese Entwicklung darf in Deutschland nicht passieren.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 06.12.2023

Der Bundesrat übt deutliche Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Kindergrundsicherung. Das geht aus seiner Stellungnahme zum Entwurf hervor, die dem Bundestag als Unterrichtung (20/9643) vorliegt. Das Ziel der Kindergrundsicherung, mehr Familien mit Unterstützungsbedarf zu erreichen und so mehr Kinder aus der Kinderarmut zu holen, lasse sich mit dem Entwurf „nur in Teilen realisieren“, schreibt die Länderkammer. Sie begründet dies anhand vieler konkreter Einzelregelungen.

Unter anderem kritisiert der Bundesrat die Regelungen, die den Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag definieren. Er schreibt: „Es erscheint insbesondere in verfassungsrechtlicher Hinsicht problematisch und mit dem dem Kind zustehenden Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums nicht vereinbar, den Anspruch auf den Zusatzbetrag davon abhängig zu machen, dass das Kind mit einem Elternteil in einer Familiengemeinschaft lebt, in der für dieses Kind der Garantiebetrag bezogen wird. Dadurch werden nicht alle Kinder und Jugendlichen mit den umfassenden Leistungen der Kindergrundsicherung erreicht.“ Auch beim Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes sollte nur auf das anspruchsberechtigte Kind selbst abgestellt werden und nicht auf einen Verbleib im elterlichen Haushalt, heißt es weiter.

Der Bundesrat bittet ferner darum, „den Wortlaut des Bundeskindergrundsicherungsgesetzes (BKG) ausdrücklich dahingehend klarzustellen, dass alle Kinder, für die bislang Kinderzuschlag nach Paragraf 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) bezogen werden kann, tatsächlich anspruchsberechtigt sind hinsichtlich des Kinderzusatzbetrages“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 933 vom 12.12.2023

Wege zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit und zur Verbesserung der Wohnungslosenhilfe hat der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Montag in einem öffentlichen Fachgespräch erörtert. Wie es in der Stellungnahme des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) heißt, werde aktuell von 607.000 Wohnungs- und Obdachlosen ausgegangen, von denen 372.000 in Einrichtungen untergebracht, 185.000 verdeckt wohnungslos und 50.000 obdachlos seien. Die Zahl der untergebrachten Wohnungs- und Obdachlosen sei von 178.000 im vergangenen Jahr auf 372.00 in diesem Jahr gestiegen, wobei der Zuwachs zum einen auf 130.000 Flüchtlinge aus der Ukraine und zum anderen auf 60.000 Personen nichtdeutscher Herkunft zurückzuführen sei.

GdW-Geschäftsführer Christian Lieberknecht stellte fest, dass Bedarf und Angebot an Wohnraum weiter auseinandergehen und plädierte für eine höhere Wohnungsbauförderung. Darüber hinaus müsse die Datenschutzproblematik angegangen werden. Es brauche eine rechtliche Klarstellung, dass die Weitergabe von Mieterdaten bei gefährdeten Mietverhältnissen nicht gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstößt, so der GdW. Drittens müsste das Bundesjustizministerium die sogenannte Schonfristregelung im Mietrecht ändern, wonach derzeit durch die Tilgung von Mietrückständen nur eine fristlose Kündigung, nicht aber eine ordentliche Kündigung abgewendet werden kann.

Ähnlich äußerte sich Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG-W). Es gehe darum, bezahlbaren und dauerhaft sozial gebundenen Wohnraum zu schaffen. Die Bundesregierung habe versprochen, mit der Neuen Wohngemeinnützigkeit 2024 an den Start zu gehen. Maßgeblich sei auch die Akquise von Wohnraum, von dem aber ein bestimmter Prozentsatz für Wohnungslose zur Verfügung gestellt werden müsse. Rosenke forderte zudem ein Programm „Von der Straße in die Wohnung“ mit begleitenden Hilfen für die Betroffenen. Schließlich sei auch die Prävention unverzichtbar. Dazu gehöre, dass durch die Zahlung der Mietrückstände auch eine ordentliche Kündigung verhindert werden kann.

Jutta Henke, Geschäftsführerin der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung, sah in der Prävention den Hebel für eine dauerhafte Wohnraumversorgung. Die Präventionssysteme nützten jedoch nichts, wenn man die Menschen nicht erreiche. Henke trat dafür ein, die Akquisemöglichkeiten auszuschöpfen, um eine gesicherte Wohnraumversorgung zu erreichen. Eine langjährige teure Jugendhilfe darf nach Ansicht Henkes nicht dazu führen, dass junge Menschen in Notunterkünften landen. Den Anteil der Menschen, die Bedarf hätten, nach dem „Housing First“-Konzept versorgt zu werden, bezifferte sie auf fünf bis zehn Prozent.

Im Housing-First-Ansatz sieht der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König ein Mittel zur Linderung der Wohnungsnot. Nach diesem Ansatz soll zunächst versucht werden, für Wohnungslose auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden. Der Mietvertrag werde mit der jeweiligen Person abgeschlossen, erläuterte König, der darin „ein Werkzeug im Werkzeugkasten“ sieht. Darüber hinaus setze Nürnberg auf das Modell der Sozialimmobilien, die mit einem Belegungsrecht für den schnellen Zugriff errichtet würden. Zudem gebe es Heime für die Obdachlosenhilfe sowie ambulante Angebote.

Stefanie Frensch, Sprecherin der Region Ost des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA), hob auf die Datenschutzproblematik ab, weil es fast unmöglich sei, die Menschen zu erreichen und etwa Stundungsprogramme anzubieten. Frensch sagte, alle Kräfte müssten gebündelt werden, es brauche eine Vernetzung mit den sozialen Trägern und auch Housing First sei eine wichtige Initiative. Benötigt werde die kontinuierliche Hilfe professioneller Unterstützer, die Mehrkosten für die Akteure müssten vermindert werden.

Sebastian Klöppel vom Deutschen Städtetag sagte, die Obdachlosenhilfe müsse als Querschnittsaufgabe verstanden werden. Die Querschnittsbetrachtung vermisse er auf Seiten des Bundes, so Klöppel. Der Verzicht auf Prävention werde am Ende für alle teurer, fehlende finanzielle Mittel könnten kein Argument sein.

Für den Deutschen Lankreistag sowie den Deutschen Städte- und Gemeindebund sagte Irene Vorholz, dass Obdachlosigkeit nicht mehr nur ein Problem der Städte, sondern auch der kleinen und mittleren Gemeinden in den Landkreisen sei. Dabei handele es sich vor allem um verdeckte Wohnungslosigkeit, sodass man auf Prävention setzen müsse. Die Situation der Wohnungslosen sei höchst unterschiedlich. Vorholz sprach sich für einen stärkeren Einsatz des Bundes aus, damit Wohnungslose einen gesicherten Zugang zur Wohnraumversorgung haben.

Christin Weyershausen vom Sozialdienst katholischer Frauen in Berlin berichtete aus der Praxis, dass versucht werde, den Frauen einen Hauptmietvertrag zu vermitteln. Die Frauen brauchten viel Unterstützung, das Konzept sei auf eine lebenslange Beratung angelegt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 931 vom 12.12.2023

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts (20/9041) war Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss am Montag, 11. Dezember 2023. Die eingeladenen neun Expertinnen und Experten unterstützten einzelne Aspekte des Vorhabens, mahnten aber gleichzeitig eine grundsätzliche Reform an. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass auch ein Doppelname als Ehename geführt werden kann. Bisher führt in der Praxis nur einer der beiden Ehepartner einen Doppelnamen. Laut Vorlage ist das geltende Namensrecht gerade im internationalen Vergleich „sehr restriktiv“ und wird „aufgrund der vielfältigen Lebenswirklichkeit der Gegenwart den Bedürfnissen von Familien“ nicht mehr gerecht.

Christiane von Bary von der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München erklärte in ihrer Stellungnahme, dass im deutschen Namensrecht ein kohärentes System kaum noch erkennbar und der Reformbedarf hoch sei. Der vorliegende Gesetzentwurf setze allerdings den bisherigen Weg fort und führe dazu, dass die Komplexität weiter steigt. Viele der durch den Entwurf adressierten Einzelfälle seien tatsächlich reformbedürftig und daher grundsätzlich zu befürworten. Allerdings wäre eine grundlegende Reform erforderlich, wie sie eine Arbeitsgruppe 2020 im Auftrag von Justiz- und Innenministerien vorgeschlagen habe. Die Expertin nahm auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion an der Anhörung teil.

Tobias Helms von der Philipps-Universität Marburg erklärte in seiner Stellungnahme, alle neuen Gestaltungsoptionen besäßen ihre Berechtigung. Problematisch sei allerdings, dass nach wie vor kein kohärentes und widerspruchsfreies System geschaffen werde. So würden die namensrechtlichen Anliegen, die der Gesetzgeber aufgreife, in jeweils strikt getrennten komplizierten Einzeltatbeständen normiert, die noch nicht ausreichend aufeinander abgestimmt seien. Auch frage sich, warum es für andere namensrechtliche Gestaltungswünsche bei den restriktiven Regelungen des Namensänderungsgesetzes bleiben solle. Es sei nicht stimmig, so der auch von der Unionsfraktion eingeladene Experte, im Bundesgesetzbuch liberale bis sehr liberale Gestaltungsoptionen punktuell zu eröffnen und gleichzeitig an der restriktiven Regelung des Namensänderungsgesetzes festzuhalten.

Der ebenfalls von der Unionsfraktion als Experte vorgeschlagene Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, Volker Weber, erklärte, die angedachte Reform im Gesetzentwurf komme dem Wunsch nach Vereinfachung nicht nach, sondern erweitere die bestehenden Regelungen um ein Vielfaches in kaum nachvollziehbare und in sich wiederum widersprüchliche Normen. Er wünsche sich für die Standesbeamtinnen und Standesbeamten, aber vor allem auch für die Bürgerinnen und Bürger eine klare und verständliche Gesetzesgrundlage der im Koalitionsvertrag festgelegten Liberalisierung des Namensrechts. Der Bundesverband befürworte eine grundlegende Reform des Namensrechts, die die Trennung der Zuständigkeiten beim Standesamt und den öffentlich-rechtlichen Namensänderungsbehörden aufgibt.

Matthias Hettich, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, begrüßte die Novellierungen grundsätzlich, verwies aber wie andere Sachverständige auf die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Reform-Eckpunkte. Dass eine grundhafte Neuregelung des Namensrechts ausbleibe, habe nicht nur zur Folge, dass sich die Liberalisierung des Namensrechts auf einzelne, wenn auch durchaus bedeutende Teilbereiche beschränke. Auch für Hettich, der von der SPD-Fraktion für die Anhörung vorgeschlagen wurde, nimmt die Komplexität des Namensrechts deutlich zu. Das größte Versäumnis des Entwurfs ist laut Hettich, das öffentlich-rechtliche Namensrecht nicht zu reformieren. Durch dieses Unterlassen entstehe ein „windschiefes“ Verhältnis zwischen zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Namensrecht, das dringend der Korrektur bedürfe.

Saskia Lettmaier von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erklärte ihre uneingeschränkte Zustimmung zum Grundanliegen des Entwurfs und den Grundzügen der vorgesehenen Änderungen. Gegenüber dem Referentenentwurf gebe es signifikante Verbesserungen. Zusammenfassend enthalte der Entwurf viel Licht, aber durchaus auch einige Schatten. Zu oft würden unkritisch die alten Regelungen fortgeschrieben, erklärte die auf Vorschlag der SPD-Fraktion eingeladene Sachverständige, die auch eine Reihe von Korrekturen vorschlug. Sie bemängelte unter anderem das schwerfällige familiengerichtliche Prozedere bei Dissens der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern über den Kindesnamen.

Ebenfalls auf Vorschlag der SPD nahm Alexander Sixt, Stellvertretender Leiter des Standesamts Nürnberg, teil. Er stellte fest, dass aus Sicht der Praxis eine Reform des deutschen Namensrechts längst überfällig sei. Grundsatz könne nur die autonome Entscheidung der Betroffenen sein. Dem Entwurf liege noch immer der Grundsatz der Namenskontinuität zugrunde. Man müsse sich aber fragen, welche Berechtigung dieser Grundsatz überhaupt noch habe. Es würden mit dem Entwurf einige sehr offenkundige Probleme angegangen, die Konstruktion des deutschen Namensrechts werde aber beibehalten. Wie andere Sachverständige kritisierte Sixt, dass der Entwurf klar hinter den Empfehlungen der Arbeitsgruppe zum Namensrecht zurückbleibe. Allerdings würden einige Lücken nun endlich geschlossen.

Katharina Lugani von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erklärte, der Entwurf sei gekennzeichnet von einer doppelten, überaus begrüßenswerten Zielsetzung. Er erweitere die Möglichkeiten zur autonomen Gestaltung des Namens und liberalisiere das Namensrecht. Die begrenzt erscheinende Reichweite des Entwurfs dürfe nicht den Blick darauf verstellen, dass das Erreichte richtig und wichtig sowie quantitativ alles andere als unbedeutend sei. In Ermangelung einer umfassenden Reform könne der Entwurf nicht anders, als zur Unübersichtlichkeit des geltenden Namensrechts beizutragen. Daher seien weitere Reformschritte nötig, betonte die von der FDP-Fraktion für die Anhörung vorgeschlagene Professorin.

Auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nahm Anatol Dutta von der Ludwig-Maximilians-Universität München Stellung zu dem Entwurf. Für alle diejenigen, die gehofft hatten, dass der Gesetzgeber das Namensrecht endlich vereinfacht und liberalisiert, sei der Entwurf eine herbe Enttäuschung und Anlass für eine gewisse Frustration, sagte Dutta mit Blick auf die Mitglieder der Arbeitsgruppe, die 2020 das Eckpunktepapier für die Bundesregierung ausgearbeitet hätten, das Vorschläge für eine deutliche Vereinfachung des Namensrechts enthalte. Diese hätten die Freiheit des Namensträgers in den Mittelpunkt gerückt. Diese Ideen greife der Entwurf nicht einmal ansatzweise auf, sondern füge dem bisherigen komplexen System weitere Komponenten hinzu, die für deutlich mehr Komplexität sorgten. Mit dem Entwurf baue das deutsche Namensrecht, was Umfang und Komplexität anbelange, „auch international seinen traurigen, unangefochtenen Spitzenplatz weiter aus“, so Dutta.

Der ebenfalls auf Vorschlag der Grünen teilnehmende Leiter des Minderheitensekretariates der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands, Gösta Nissen, sieht die Ergänzungsvorschläge der Minderheitenverbände des sorbischen Volkes, der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe im Entwurf weitgehend berücksichtigt. Dennoch reiche aus Sicht der Verbände vor allem die Beachtung der Bekenntnisfreiheit bei der Umsetzung des Gesetzes in der Praxis nicht aus. Es müsse künftig sichergestellt werden, dass die Bekenntnisfreiheit gewahrt wird und die Zugehörigkeit von Antragstellenden zu einer nationalen Minderheit oder Volksgruppe von Standesämtern nicht überprüft, registriert oder bestritten wird. Zudem müssten die Regelungen auch außerhalb von anerkannten Siedlungsgebieten gelten.

Die Anhörung im Video und die Stellungnahmen der Sachverständigen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_recht/anhoerungen/976298-976298

Die hib-Meldung zum Gesetzentwurf auf bundestag.de:

https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-975254

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 927 vom 11.12.2023

Die Modernisierung des Elterngelds für Selbstständige ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (20/9532) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/9126). Danach hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geprüft, inwieweit der Anspruch für Selbstständige, etwa durch Verfahrenserleichterungen, modernisiert werden sollte. Derzeit bereitet es laut Bundesregierung zur Verbesserung der Situation der Selbstständigen einen Gesetzentwurf vor, „der einige Elterngeldregelungen zum Verfahren klarer fasst und zielgerichteter ausrichtet oder vereinfacht“.

Zugleich führt die Bundesregierung aus, dass der Elterngeldanspruch grundsätzlich bereits jetzt sehr flexibel sei, denn Selbstständige könnten unter denselben Anspruchsvoraussetzungen Elterngeld erhalten wie angestellte Eltern. Allein der Bemessungszeitraum sei für angestellte und selbstständige Eltern unterschiedlich. Da das Elterngeld als Einkommensersatzleistung ausgestaltet sei, gelte für die Berechnung des Elterngeldes ein steuerrechtlicher Einkommensbegriff. Unterschiede zwischen Angestellten und Selbstständigen, die sich aus dem Steuerrecht ergeben, fänden sich daher auch bei der Berechnung des Elterngeldes.

Ob beispielsweise eine bestimmte Einnahme einem bei der Elterngeldberechnung maßgeblichen Zeitraum zuzuordnen ist, sei grundsätzlich nach dem steuerrechtlichen Zuflussprinzip zu beurteilen, heißt es in der Antwort weiter. Für die Gewinnermittlung durch Bilanzierung gelte abweichend vom Zu- und Abflussprinzip bei Selbstständigen das Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, wodurch im Einzelfall Einnahmen einem anderen Zeitraum als beim Zuflussprinzip zugerechnet werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 924 vom 08.12.2023

In Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Nachtragshaushalt 2021 fordert die Fraktion Die Linke, die Schuldenbremse 2023 und 2024 auszusetzen. Einen entsprechenden Antrag (20/9491) will der Bundestag am heutigen Donnerstagabend beraten und direkt abstimmen.

Die Linke führt zur Begründung an, dass in diesem und im nächsten Jahr weiterhin eine Notlage im Sinne des Grundgesetzes bestehe. „Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Energiepreise (und damit der Inflation) als Folge der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und weiterer damit verbundener Kosten (wie z.B. die Finanzierung von Hilfe für Geflüchtete) stellen eine außergewöhnliche Notsituation dar, die eine Reaktion des Staates erfordert“, heißt es dazu.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 909 vom 30.11.2023

Die Differenz zwischen tatsächlichen und anerkannten laufenden Kosten für Unterkunft und Heizung beliefen sich im gesamten Jahr 2022 in Deutschland auf 382 Millionen Euro. Diese Zahlen nennt die Bundesregierung in einer Antwort (20/9447) auf eine Kleine Anfrage (20/8931) der Fraktion Die Linke zur Wohnkostenlücke in den Grundsicherungssystemen. Nach Angaben der Regierung überstiegen im Durchschnitt des Jahres 2022 in rund 338.000 Bedarfsgemeinschaften die tatsächlichen laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung die anerkannten Kosten. Bezogen auf alle Bedarfsgemeinschaften mit laufenden anerkannten Kosten der Unterkunft entspricht das einem Anteil von rund 13 Prozent.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 907 vom 29.11.2023

Über eine Million Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine geflüchtet sind, leben gegenwärtig in Deutschland. Eineinhalb Jahre nach ihrer Ankunft hat sich ihre Lebenszufriedenheit deutlich gesteigert. Dies hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in einer neuen Studie veröffentlicht, für die knapp 3.000 aus der Ukraine geflüchtete Menschen zum dritten Mal befragt wurden. Erstmalig liegen mit der neuen Untersuchung auch Daten zu mitgeflüchteten Kindern und Jugendlichen vor.

Seit ihrer Ankunft in Deutschland hat sich das Wohlbefinden der Geflüchteten insgesamt verbessert. So ist die allgemeine Lebenszufriedenheit innerhalb des letzten halben Jahres deutlich gestiegen:  Kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland gaben 20 Prozent der Geflüchteten an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Während sich dieser Anteil in den ersten Monaten kaum veränderte, begann er sich nach etwa einem dreiviertel Jahr kontinuierlich zu erhöhen. Nach knapp eineinhalb Jahren in Deutschland liegt er bei 27 Prozent. Gleichzeitig haben sich ihre Sorgen um die in der Ukraine verbliebenen Verwandten kontinuierlich verringert. Diese Zunahme im Wohlbefinden steht auch mit einer verbesserten Wohnsituation der Geflüchteten in Verbindung. So ist die Lebenszufriedenheit der in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Menschen noch immer deutlich geringer. „Ein starker positiver Zusammenhang besteht darüber hinaus zwischen den Deutschkenntnissen und dem Wohlbefinden der Geflüchteten“, erklärt Dr. Andreas Ette, Studienleiter am BiB. „Je besser die Deutschkenntnisse, desto höher ist die Lebenszufriedenheit.“

Sprachkenntnisse haben sich deutlich verbessert

Deutsch zu sprechen und zu verstehen gilt als Schlüsselqualifikation für eine stärkere gesellschaftliche Partizipation. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass sich Investitionen in Integrations- und Sprachkurse für Geflüchtete lohnen: Mittlerweile berichtet die Hälfte der erwachsenen Geflüchteten, dass sie mindestens mäßige oder gute Deutschsprachkenntnisse haben – das sind 33 Prozentpunkte mehr als im Spätsommer 2022. Mit dem Anstieg des Wohlbefindens und der deutschen Sprachkenntnisse bestehen heute bessere Voraussetzungen für eine gesellschaftliche Teilhabe der Ukrainerinnen und Ukrainer. Dies gelte auch für die Integration in den Arbeitsmarkt.

Fortschritte bei der Erwerbsbeteiligung

So belegen die Studienergebnisse einen nachhaltigen und kontinuierlichen Anstieg der Teilhabe der Geflüchteten auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Von Spätsommer 2022 bis Mitte 2023 stieg die Erwerbstätigenquote von 16 auf 23 Prozent – obwohl viele der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer auf Grund der Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen sowie Herausforderungen bei der Kinderbetreuung dem Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung stehen. Innerhalb der ersten eineinhalb Jahre ist es zudem gelungen, einer substanziellen Zahl von Geflüchteten eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, die ihrem bisherigen beruflichen Status entspricht. „Eine Tätigkeit zu finden, die den eigenen Fähigkeiten entspricht, benötigt Zeit. Der jetzt beobachtete kontinuierliche Anstieg qualifizierter Beschäftigungsverhältnisse ist bemerkenswert. Dies verbessert die beruflichen Perspektiven für die Ukrainerinnen und Ukrainer und ist gleichzeitig eine Chance für den deutschen Arbeitsmarkt“, sagt Ette. Neue Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsmarktintegration der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer von Oktober 2023 zielen darauf ab, die Erwerbstätigenquoten weiter zu erhöhen.

Auch Wohlbefinden der Kinder hat sich verbessert

Das gestiegene Wohlbefinden von Erwachsenen ist auch für deren Kinder wichtig. Die Lebenszufriedenheit der aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen hat sich seit ihrer Ankunft in Deutschland ebenfalls verbessert. Dies hängt auch mit außerschulischen Freizeitaktivitäten zusammen: „Die Studienergebnisse verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig Freizeitangebote wie Sport oder Musikunterricht für Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund sind“, erklärt Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin am BiB. Rund 44 Prozent aller Kinder im Alter von 11 bis 17 Jahren nehmen an sportlichen Aktivitäten außerhalb der Schule teil, bei den Kindern im Grundschulalter ist es die Hälfte.

Außerschulische Aktivitäten könnten weiter gefördert werden

Einen wichtigen Ansatzpunkt zur weiteren Verbesserung der Situation sieht die Studie in der weiteren Förderung von Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Kita- und Grundschulalter. „Für Kinder und Jugendliche sind die Teilhabe und der Kontakt zu Gleichaltrigen essentiell“, meint Spieß. „Mit einer steigenden Kitanutzung könnte der Kontakt mit Gleichaltrigen für mehr Kinder ermöglicht werden.“ Ähnliches trifft auf betreuungsbedürftige Kinder im Grundschulalter zu – für sie und ihre Familien sind ganztägige Angebote, welche die Betreuung am Nachmittag abdecken, wichtig. Neben den formalen Bildungsangeboten wie Kita und Schule kann die Teilhabe von geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch Nutzung außerschulischer Freizeitangebote verbessert werden. Viele Jugendliche nutzen bereits Sportangebote, nehmen aber vergleichsweise selten an Jugendgruppen teil.

Über die Studie

Für die vorliegende Studie wurden im Juni und Juli 2023 rund 3.000 Ukrainerinnen und Ukrainer befragt, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. Die Daten gehören zur dritten Welle der „BiB/FReDA-Befragung: Geflüchtete aus der Ukraine“. Die beiden vorherigen Befragungswellen aus dem Jahr 2022 hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zusammen mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) durchgeführt.

Die Untersuchung kann hier heruntergeladen werden:

https://www.bib.bund.de/Publikation/2023/pdf/Bevoelkerungsforschung-Aktuell-6-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 13.12.2023

25 Expertisen des DJI beschreiben Herausforderungen für Kinderschutz-Fachkräfte in Baden-Württemberg

Mehrere Gesetzbücher, unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch, das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen, das Jugendgerichtsgesetz sowie das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz, stellen die Grundlagen für einen gelingenden Kinderschutz in Deutschland dar und sollen die Situation von benachteiligten Kindern und Jugendlichen verbessern. Die Gesetzestexte sehen unter anderem einen professionellen Kinder- und Jugendschutz, eine gelingende Prävention vor Ort und mehr Beteiligung von Kindern, jungen Menschen, Eltern und Familien sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) und dem Gesundheitswesen, den Strafverfolgungsbehörden, den Familiengerichten, der Jugendstrafjustiz und anderen wichtigen Akteurinnen und Akteuren im Kinderschutz vor. Die Umsetzung stellt Jugendämter und dort tätige Fachkräfte, aber auch Familiengerichte und andere Fachpersonen im Kinderschutz immer wieder vor große Herausforderungen.

Hier setzt das Projekt „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg“ des Deutschen Jugendinstituts (DJI) an: Forschende befragten Fachkräfte des ASD zu ihrer Arbeitssituation im Kinderschutz. Insgesamt beteiligten sich 84 Prozent der Fachkräfte mit Kinderschutzaufgaben. Die Ergebnisse wurden vor Ort mit dem befragten Personal und den Leitungen diskutiert und interpretiert. Jedes Jugendamt legte auf dieser Grundlage bis zu drei Qualitätsentwicklungsbedarfe fest.

Themenfelder, die Jugendämter beschäftigen

Bei den Qualitätsentwicklungsbedarfen handelte es sich um Themen, die das jeweilige Jugendamt besonders beschäftigten. Häufig genannt wurden beispielsweise die Ausgestaltung der Beziehung zu Kindern und ihren Erziehungsberechtigten in Kinderschutzverfahren sowie die Vermittlung passender und spezialisierter Hilfen für verschiedene Bedarfe in den Familien. Zu weiteren Themen zählten die Zusammenarbeit mit den Gerichten und dem Gesundheits- und Bildungsbereich sowie Prozesse, die zu nachvollziehbaren und qualifizierten Entscheidungen in Kinderschutzverfahren führen. Darüber hinaus thematisierten die Fachkräfte den Umgang mit Multiproblemfamilien und das Vorgehen bei Verdacht auf sexuelle Gewalt sowie Unterstützungsmöglichkeiten bei besonderen Belastungen und Kritik.     

Forschungsstand zu ausgewählten Kinderschutzthemen

Zu den genannten Qualitätsentwicklungsbedarfen analysierten DJI-Forschende zusammen mit Kinderschutz-Expertinnen und -Experten in insgesamt 25 Expertisen den Forschungsstand und gaben Empfehlungen für die Gestaltung einer qualifizierten Kinderschutzarbeit. Im Umgang mit Kindern ist es beispielsweise wichtig, eine Gesprächsatmosphäre zu erzeugen, in der ihnen mit Zeit, Aufmerksamkeit und Interesse begegnet wird. Bei der Exploration der Bedürfnisse und Gefährdungslagen eines Kindes sollte zunächst eine positive Beziehungsebene geschaffen und offene, nichtleitende Fragestellungen bevorzugt werden. Für Entlastung der im Kinderschutz Tätigen können unter anderem Co-Arbeit, Wertschätzung und Rückhalt im Team, klare Strukturen und Verfahrensabläufe sowie eine regelhafte Fallsupervision sorgen.

Das Projekt wurde vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg gefördert.

Pressemitteilung
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detailansicht/article/wie-die-qualitaet-im-kinderschutz-verbessert-werden-kann.html

DJI-Projekt „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg“
https://www.dji.de/QuaKi

25 Kinderschutz-Expertisen zum Download
https://www.dji.de/ueber-uns/projekte/projekte/qualitaetsentwicklung-im-kinderschutz-in-baden-wuerttemberg/projekt-publikationen.html

DJI-Themenseite Kinderschutz
https://www.dji.de/themen/kinderschutz.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 13.12.2023

Die Vermögen superreicher Haushalte in Deutschland dürften weitaus größer sein als in Forschung, Medien und Öffentlichkeit angenommen. Allein die mehr als 200 Milliardenvermögen im Land könnten zusammengerechnet statt rund 900 Milliarden Euro mindestens 1400 Milliarden Euro umfassen, möglicherweise sogar noch deutlich mehr. Das entspricht gut einem Drittel bis der Hälfte des jährlichen deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und verteilt sich auf lediglich rund 4300 sehr reiche Haushalte. Gründe für die deutliche Unterschätzung der Milliardenvermögen sind, dass es mehr davon geben dürfte als bislang angenommen. Zudem sind die bekannten Supervermögen in bisherigen Analysen teilweise unterbewertet, etwa weil Gewinnausschüttungen nicht voll erfasst sind oder Unternehmensanteile oder Immobilien in ihrem Wert unterschätzt werden. Das ergibt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.*

Die Untersuchung zeigt auch: Wichtige Steuersätze zur Besteuerung der Erträge aus Milliardenvermögen sind seit 1996 deutlich gesenkt worden. Neben der Aussetzung der Vermögensteuer hat sich beispielsweise der Steuersatz auf nicht ausgeschüttete Gewinne seit 1996 in etwa halbiert.  Ein weiteres Ergebnis: Die meisten der über 200 Milliardenvermögen in Deutschland stehen zwar mit großen Unternehmen in Zusammenhang und entfallen meist auf Mitglieder der (ehemaligen) Eigentümerfamilien. In knapp jedem fünften Fall beruht das aktuelle Vermögen aber im Wesentlichen schlicht auf dem Verkauf der Firma. Und auch, wenn Familien noch wirtschaftlich mit einem Unternehmen verbunden sind, wird dieses nur in gut der Hälfte dieser Fälle durch Familienmitglieder gemanaged. Bei der anderen Hälfte beschränkt sich die Rolle der Familie auf eine Mitgliedschaft in den Kontrollgremien oder eine stille Teilhaberschaft. Bei der Mehrzahl der Milliardenvermögen kann daher nicht von „Unternehmertum“ als direkter Quelle des Reichtums die Rede sein, konstatieren die Studienautor*innen Julia Jirmann und Christoph Trautvetter von der Nichtregierungsorganisation Netzwerk Steuergerechtigkeit – anders als es Interessengruppen Vermögender oft darstellten.

Wie viel besitzen die Superreichen in Deutschland? Einigermaßen genau weiß es bislang niemand. Die Datenlage zu sehr großen Vermögen ist sehr lückenhaft. Seit in den 1990er Jahren die Vermögensteuer ausgesetzt wurde, haben die Steuerbehörden keinen systematischen Überblick. Auch Datenquellen wie der Mikrozensus oder das sozio-oekonomische Panel (SOEP) enthalten kaum verwertbare Zahlen zu Superreichen und ihrem Besitz. Denn deren Zahl ist so klein, dass sie selbst von großen Stichproben kaum erfasst werden. Zudem sind viele Befragungen freiwillig. Um sich der Realität wenigstens anzunähern, nutzen verschiedene Forscher ergänzend so genannte „Reichenlisten“, die von Wirtschaftsmedien recherchiert werden. Auch der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung beruft sich auf diese Listen und verzichtet bisher auf eigene Analysen zu den Milliardenvermögen.

Mehr transparente Informationen zu Supervermögen wichtig für politische Entscheidungen

Dabei sei es politisch besonders relevant und wissenschaftlich machbar, beim Thema Milliardenvermögen die Datenlücken zu verkleinern, betonen Jirmann und Trautvetter. „Geeignete Maßnahmen gegen die zunehmende Ungleichheit scheitern an politischem Widerstand und an weitverbreiteten Mythen und Fehleinschätzungen der Öffentlichkeit zu Vermögensverteilung und  -besteuerung.“ Wo Informationen fehlen, habe Lobbyismus leichtes Spiel, mehr unabhängige Reichtumsforschung sei dringend nötig. Die Böckler-geförderte Studie leistet dazu einen Beitrag, ihr Datensatz ist öffentlich abrufbar – anders als bei anderen Untersuchungen zu Hochvermögenden, wie sie beispielsweise die Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gibt, so die Forschenden (Link zum Datensatz unten).

Jirmann und Trautvetter haben die Datenrecherche und -analyse in ihrer Studie deutlich verfeinert. Dabei gehen sie aus von den „Milliardärslisten“, die die Wirtschaftzeitschriften „Forbes“ und „Manager-Magazin“ jährlich veröffentlichen. Beide Listen werden detailliert abgeglichen, zusätzlich integrieren die Expert*innen Informationen aus zahlreichen weiteren öffentlich zugänglichen Quellen wie Unternehmensdatenbanken. Damit lassen sich die Milliardenvermögen in Deutschland, auf die sich die Studie konzentriert, besser als bisher abschätzen. Das führt unter anderem dazu, dass die Forschenden zum jetzigen Stand 11 zusätzliche Milliardenvermögen identifizieren, die bislang nicht auf den Listen waren.

In der Systematik orientieren sich die Forschenden am Vorgehen des „Manager-Magazins“ und nehmen als Ausgangspunkt für die Abgrenzung    nicht das individuelle Eigentum einzelner Personen, sondern Vermögen, die in einem engen Bezug zueinander stehen und insgesamt mindestens eine Milliarde Euro umfassen – häufig ein Mehrfaches davon. Diese Bezüge ergeben sich meist durch familiäre Bande und/oder Verbindungen zu Unternehmen, die nach Schätzung der Fachleute bei rund 90 Prozent der Milliardenvermögen ursprüngliche Quelle des Reichtums waren oder sind.

Zentrale Ergebnisse:

– Für eine der in Deutschland meist verwendeten Quellen der Reichtumsforschung, die „Reichenliste“ des „Manager Magazins“ zeigen die Forschenden, dass diese sowohl die Anzahl als auch die Höhe der Milliardenvermögen untererfasst. Mit den zusätzlich  identifizierten elf weiteren Milliardenvermögen ergibt sich eine erweiterte Liste mit 237 Einträgen für 2023.

– Der Gesamtwert der deutschen Milliardenvermögen dürfte weitaus größer sein als die in der gerade aktualisierten „Reichenliste“ des „Manager-Magazins“ geschätzten etwa 900 Milliarden Euro. Das liegt zum einen an den jetzt zusätzlich recherchierten elf Vermögen, die einen Wert von mindestens rund 70 Milliarden bis 120 Milliarden Euro haben. Zum anderen zeigen der Abgleich und die vertiefte Analyse einzelner Beispiele, dass privates – vor allem aus am Kapitalmarkt reinvestierten Gewinnausschüttungen gespeistes – Vermögen untererfasst ist und die Unternehmen, deren Besitz einen wesentlichen Teil der Milliardenvermögen ausmacht, zumindest teilweise unterbewertet sein dürften. Tatsächlich dürfte der Wert der deutschen Milliardenvermögen laut der neuen Studie mindestens etwa 1,4 Billionen Euro betragen. Aber auch 2 Billionen erscheinen den Forschenden nicht unplausibel, wenn man unter anderem volkswirtschaftliche Vermögensanalysen und Schätzungen zu Vermögen in Offshore-Standorten mit einbezieht.

– Um wissenschaftliche Analysen zur Struktur der Milliardenvermögen zu ermöglichen, bereitet die Studie die 237 Einträge der erweiterten Liste in einem konsistenten Datensatz mit insgesamt 212 Milliardenvermögen auf. So werden beispielsweise unterschiedlichen Personen zugeordnete Einträge, die sich im Wesentlichen auf Teilvermögen eines Milliardenvermögens beziehen, zusammengefasst.

– Hinter den 212 Milliardenvermögen stehen nach der Analyse rund 4300 Haushalte, wobei es eine erhebliche Streuung gibt: Etwa 2700 dieser Haushalte halten Anteile an 11 Großvermögen, wohingegen sich 114 andere Milliardenvermögen auf je drei bis maximal neun Haushalte verteilen und weitere 33 jeweils sogar auf weniger als drei. Nur ein kleiner Teil aller Haushalte, die an Milliardenvermögen partizipieren, hat ein individuelles Eigentum von einer Milliarde Euro oder mehr, „aber fast alle gehören zu den vermögendsten 0,1 Prozent“ in Deutschland, schreiben Jirmann und Trautvetter. Menschen in diesem Segment der Verteilung können in der Regel sehr gut von den Erträgen ihres Vermögens leben und müssen nicht arbeiten. Vermögen in dieser Liga können zudem zur „generationenübergreifenden Sicherung von Status und Macht“ dienen.

– Während „intensive Lobbyarbeit“ dafür gesorgt habe, „dass Milliardenvermögen oft mit Unternehmertum gleichgesetzt wird“, ergibt die datengestützte Strukturanalyse der Expert*innen, dass 38 der 212 Milliardenvermögen aktuell nicht oder nicht mehr auf einem mit der Familie verbundenen Unternehmen beruhen. Das entspricht 18 Prozent. Grund dafür ist vor allem der Verkauf des Unternehmens und die Reinvestition der Erlöse am Finanzmarkt.

– Von den verbliebenen 174 „Familienunternehmen“ werden lediglich 95 noch aktiv durch Familienmitglieder gemanaged (55 Prozent). Nur in neun dieser Unternehmen übernimmt eine weibliche Person die wichtigste Rolle und/oder hält den größten Anteil. Ein ostdeutsches Milliardärsunternehmen gibt es auch über dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung zumindest laut den Daten nicht.

– Die Forschenden zeigen zudem, dass die Besteuerung der Erträge aus den Milliardenvermögen meist weitaus niedriger ist als noch vor knapp 30 Jahren. Neben der Aussetzung der Vermögensteuer hat sich beispielsweise der Steuersatz auf nicht ausgeschüttete Gewinne seit 1996 fast halbiert – von über 57 Prozent auf unter 30 Prozent. Zum Vergleich: Der Steuersatz auf durchschnittliche Arbeitseinkommen hat sich im gleichen Zeitraum nur geringfügig von 21 auf 18 Prozent reduziert. Zusätzlich leisten Arbeitseinkommen über die Sozialabgaben einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der sozialen Sicherung – anders als Kapitaleinkommen aus Milliardenvermögen.

Ausweichen ins Ausland zur Steuervermeidung erschwert

Schließlich unterziehen die Forschenden auch typische Vorbehalte gegen eine höhere Besteuerung sehr hoher Vermögen einem Realitäts-Check, ebenso Argumente für noch günstigere Steuerregeln. Dabei zeigt sich etwa: Während die steuerliche Begünstigung von einbehaltenen Gewinnen vom Gesetzgeber mit der Erwartung auf eine Reinvestition betrieblicher Gewinne und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen begründet wurde, besteht dieser direkte Bezug nicht immer. „Einige Unternehmen verwenden die thesaurierten Gewinne zum Kauf von kurzfristigem Finanzvermögen oder Barrücklagen oder für Unternehmenszukäufe und Investitionen im Ausland“, schreiben Jirmann und Trautvetter.

Eine verstärkte legale Steuerflucht als Reaktion auf eine stärkere Heranziehung von Milliardenvermögen erwarten die Fachleute mit Blick auf ihren Datensatz nicht, u.a. weil die mittlerweile geltende sogenannte Wegzugsbesteuerung einen Umzug zur Steuerminimierung unattraktiver macht.
Steuervermeidung und Steuerhinterziehung spielten laut öffentlichen Quellen, die Jirmann und Trautvetter ausgewertet haben, auch bei einigen deutschen Milliardenvermögen eine gewisse Rolle. Generell kämen zudem Analysen aus Europa und den USA zu dem Ergebnis, dass Superreiche im Vergleich zu anderen Einkommensgruppen auch prozentual die höchste Steuerhinterziehung aufwiesen und dabei unterdurchschnittlich oft entdeckt würden. Allerdings haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Reihe von Reformen – von der Meldepflicht für Steuergestaltungsmodelle bis zum automatischen Austausch von Informationen zu Finanzkonten – Steuervermeidung und Steuerhinterziehung erschwert. Die Verschiebung großer Vermögen ins Ausland sei insgesamt schwieriger geworden.

Neue Studie *Julia Jirmann, Christoph TrautvetterMilliardenvermögen in Deutschland. Lücken der Reichtumserfassung und -besteuerung – Vorschlag für einen alternativen Reichtumsbericht. Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nummer 316, Dezember 2023

Datensatz zur Studie Netzwerk-Steuergerechtigkeit

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 11.12.2023

Erwerbspersonen, die die AfD wählen wollen, berichten deutlich häufiger als der Durchschnitt der Erwerbspersonen von problematischen Arbeitsbedingungen und mangelnder Anerkennung im Job. Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, für die auch detailliert erhoben wurde, ob Menschen Erfahrungen von Würde, demokratischer Teilhabe und sozialer Anerkennung im Kontext von Erwerbsarbeit erleben oder nicht.* Zudem zeichnen sich AfD-Wähler*innen durch ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen aus, gleichzeitig berichten sie überdurchschnittlich häufig von großen Belastungen und Sorgen. Diese betreffen ihre eigene wirtschaftliche Situation, die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes oder ihre Altersvorsorge, aber beispielsweise auch die soziale Ungleichheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land. Durch die Verwendung von Paneldaten ist es in der Studie möglich, AfD-Stammwähler*innen und Personen, die erst seit Kurzem zur AfD tendieren, zu vergleichen. So lassen sich Ursachen für das aktuelle Umfragehoch der AfD analysieren. Beide Gruppen unterscheiden sich in manchen Merkmalen spürbar voneinander. Beispielsweise ist der Frauenanteil unter potenziellen Neuwähler*innen höher, sie haben häufiger mittlere bis höhere Bildungsabschlüsse und Einkommen, die Bekämpfung des Klimawandels wird hier häufiger als wichtige politische Aufgabe erachtet, sie haben sich auch deutlich öfter gegen Corona impfen lassen als Stammwählende. Und während Stammwähler*innen der AfD mit sehr hohem Vertrauen in die Partei, die sie wählen, auffallen, ist es unter den neu zur AfD Tendierenden deutlich geringer. Eine sehr starke Ähnlichkeit besteht dagegen unter Neu- und Stammwählenden darin, dass sie hochbesorgt sind, der Bundesregierung extrem stark misstrauen, eine sehr kritische Sicht auf Migration haben – inklusive der Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine – und eine Politik zur Beschränkung von Zuwanderung für sie Priorität hat.

„Die Studie zeigt, dass es der AfD gelungen ist, noch stärker als bisher in die gesellschaftliche Mitte vorzudringen. Dabei wird diese Partei nicht trotz, sondern wegen ihrer migrationsfeindlichen Positionen gewählt. Gleichzeitig wird deutlich, dass Erfahrungen mangelnder sozialer und demokratischer Teilhabe, vor allem im Kontext von Erwerbsarbeit, ebenso wie materielle Sorgen mit der Wahl der AfD in Zusammenhang stehen“, ordnet Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die neuen Ergebnisse ein.

Bei der Sonntagsfrage hat die AfD seit Beginn des Jahres stetig zugelegt, in den neuen Bundesländern ist sie zur stärksten Kraft avanciert. Um den Ursachen dieser Entwicklung auf die Spur zu kommen, hat WSI-Forscher Dr. Andreas Hövermann Daten des Erwerbspersonenpanels der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Für das Panel, das seit April 2020 regelmäßig erhoben wird, sind bei der zehnten und aktuellsten Welle im Juli 2023 über 5.000 Erwerbstätige und Arbeitsuchende befragt worden. Insgesamt viermal haben die Teilnehmenden in den vergangenen Jahren ihre Wahlabsicht zu Protokoll gegeben, kurz nach der Bundestagswahl 2021 zudem ihr tatsächliches Votum. Aus diesen Angaben lassen sich deutliche Zugewinne für die AfD ablesen: Während bei der Bundestagswahl noch 8,6 Prozent der Befragten ihr Kreuz bei dieser Partei gemacht hatten, erklärten im Juli 2023 knapp 23 Prozent, AfD wählen zu wollen. 28 Prozent davon wiederum hatten auch in den vorherigen Befragungen ausschließlich diese Präferenz geäußert, 38 mehrmals, aber nicht immer, 26 Prozent taten das zum ersten Mal.

Angesichts der Befunde kommt Studienautor Hövermann zu der Einschätzung, dass die migrationskritischen Positionen diejenigen sind, mit denen die AfD besonders bei ihren Wählenden punkten könne. Es sei aber für demokratische Parteien keine kluge Strategie, über diese Schiene Wähler*innen mit AfD-Präferenz ansprechen zu wollen. Nicht nur widerspreche dies den Werten und Grundsätzen offener demokratischer Gesellschaften, es vergifte auch den politischen Diskurs, verschärfe gesellschaftliche Spaltungen und verschiebe die Grenzen des Sagbaren nach rechts, wovon demokratische Parteien zudem auch noch selten profitierten. Darauf deute beispielsweise die Analyse der Wähler*innenwanderung zur AfD im Zeitverlauf hin, so Hövermann: Zwar verloren mit der FDP und der SPD auch zwei Ampelparteien viele Wählende an die AfD, jedoch wandten sich die Wählenden im Falle der SPD verstärkt im ersten Jahr nach der Bundestagswahl ab. Im vergangenen Jahr fällt in den Analysen insbesondere die Union mit Verlusten an die AfD auf, die zwar wiederholt eine politische Brandmauer nach rechts zusichert, deren Spitzenpolitiker jedoch mehrfach klar rechtspopulistische Positionen, Stilmittel und Vokabular teilten. Dagegen gebe es zahlreiche soziale Themen, mit denen die demokratischen Parteien durchaus Chancen hätten, zumindest einen Teil der nach rechts Gedrifteten zurückzugewinnen: Es gelte, sie jedoch unbedingt mit „anderen als mit migrationsfeindlichen Positionen“ anzusprechen – mit Positionen, die geeignet sind, ihre sozialen und finanziellen Sorgen zu adressieren.
 
Weniger Mitsprache und Anerkennung bei der Arbeit, häufiger Sorgen um den Job

Im Vergleich zu den anderen Befragten sind unter den AfD-Anhänger*innen anteilig mehr Männer, Ostdeutsche und Personen ohne Abitur. Überdurchschnittlich vertreten sind auch Menschen mit geringen bis mittleren Einkommen, die Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren und Eltern. Wenn es um die berufliche Situation geht, sticht die AfD-Wählerschaft in mehrfacher Hinsicht hervor: Arbeiter*innen kommen mit 22 Prozent deutlich häufiger vor als bei den anderen Befragten mit 12 Prozent. Gleiches gilt für Arbeitsuchende. Beamt*innen sind dagegen unterrepräsentiert. Einen Betriebs- oder Personalrat haben diejenigen mit AfD-Präferenz etwas seltener als der Rest. Sie sind – wenn es eine solche Interessenvertretung gibt – häufiger mit deren Arbeit unzufrieden. Auch Tarifverträge sind etwas weniger verbreitet als im Durchschnitt.

Auffällige Unterschiede betreffen die Erfahrungen im Arbeitskontext (siehe Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten): Dass ihr Job sicher sei, sagen 74 Prozent derjenigen, die der AfD zuneigen, im Vergleich zu 85 Prozent der übrigen Befragten. Stolz auf die eigene Arbeit empfinden 74 Prozent im Vergleich zu 84 Prozent. Auch die Chancen im Fall von Arbeitslosigkeit werden pessimistischer eingeschätzt, die Arbeit wird seltener als abwechslungsreich empfunden, es gibt weniger Mitsprache bei strategischen Fragen am Arbeitsplatz und weniger Unterstützung durch Kolleg*innen. Insbesondere beim Thema soziale Anerkennung zeigen sich markante Differenzen: Für angemessen halten ihren Lohn 42 Prozent der AfD-Anhängerschaft und 55 Prozent der übrigen Erwerbspersonen, dass ihre Arbeitsleistung vom Arbeitgeber nicht wertgeschätzt werde, monieren 48 Prozent im Vergleich zu 40 Prozent. Alles in allem ist ein Viertel der AfD-Wähler*innen wenig oder gar nicht zufrieden mit dem Job, bei den anderen Befragten nur ein Sechstel.

„In der Studie wurden verschiedene Dimensionen von Würde im Arbeitskontext untersucht, zum Beispiel, stolz auf die eigene Arbeit zu sein oder eine abwechslungsreiche Tätigkeit ausüben zu können. Es wird deutlich, dass neben der Erfahrung von materieller Sicherheit auch diese Erfahrungen ebenso wie das Erleben sozialer Anerkennung und demokratischer Teilhabe im Kontext von Erwerbsarbeit einen Einfluss darauf haben, ob Menschen sich dafür entscheiden, ihre Stimme der AfD zu geben“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. „Erwerbsarbeit ist ein wichtiger Mechanismus sozialer Integration. Wenn Menschen dort dauerhaft Erfahrungen von Desintegration machen, schadet das der Demokratie.“

Äußerst kritisch stehen die AfD-Sympathisant*innen auch staatlichen oder gesellschaftlichen Institutionen gegenüber (Abbildung 2 in der pdf-Version): Nur ein verschwindend geringer Anteil von ihnen äußert großes oder sehr großes Vertrauen in die Bundesregierung (2,8 Prozent) oder in die öffentlich-rechtlichen Medien (6 Prozent). Bei den Befragten, die andere Parteien bevorzugen, sind es 21 und 38 Prozent. Auch Polizei oder Gerichten stehen AfD-Wähler*innen deutlich distanzierter gegenüber. Das Vertrauen in die AfD selbst fällt dagegen mit 48 Prozent in ihrer Anhängerschaft vergleichsweise hoch aus, nur die Grünen schneiden hier mit 58 Prozent bei den eigenen Anhänger*innen deutlich besser ab, die SPD folgt mit 42 Prozent auf Platz drei (Abbildung 3).

Man müsse also davon ausgehen, dass viele Menschen die AfD aus Überzeugung wählen und nur eher wenige ihr Kreuz hier willkürlich aus Protest gegen demokratische Parteien machen, ohne auch mit der AfD einverstanden zu sein, so der WSI-Forscher. Er macht aber auch darauf aufmerksam, dass das Vertrauen in die AfD bei denjenigen weniger ausgeprägt ist, die vor kurzem zum ersten Mal eine Präferenz für diese Partei geäußert haben (20 Prozent, Abbildung 4). Das sei eventuell ein Grund zur Hoffnung, da einige der Neuwählenden noch keine gefestigte Wahlüberzeugung für die AfD entwickelt haben und bei ihnen der Weg zurück zu demokratischen Parteien noch nicht gänzlich verstellt sein könnte.

Zum Klischee des „besorgten Bürgers“ passt der Befund, dass AfD-Anhänger*innen ein „konstant sehr hohes Sorgen- und Belastungslevel“ aufweisen (Abbildung 5 in der pdf-Version). Große Sorgen, den Lebensstandard nicht halten zu können, machen sich 47 Prozent von ihnen im Vergleich zu 23 Prozent der anderen Erwerbspersonen, wegen steigender Preise sorgen sich 71 Prozent im Vergleich zu 42 Prozent, um die eigene wirtschaftliche Situation 38 Prozent im Vergleich zu 19 Prozent. Starke oder äußerst starke Belastungen verspüren Befragte mit Vorliebe für die AfD im Hinblick auf die Gesamtsituation und die finanzielle Situation fast doppelt so oft wie die anderen. Die einzige weniger ausgeprägte Sorge bezieht sich auf eine mögliche Ausweitung des Ukrainekrieges.  

Ablehnung von Geflüchteten aus der Ukraine und Verschwörungserzählungen weit verbreitet

Kurz nach der Bundestagswahl 2021 konnten die Befragten im Erwerbspersonenpanel angeben, welche Themen für die neue Regierung Priorität haben sollten. In manchen Punkten lagen die Befragten, die aktuell AfD wählen wollen, nicht weit entfernt vom Durchschnitt der Befragten. So nannten sie mit ähnlicher Häufigkeit beispielsweise Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen, Investitionen in Infrastruktur oder Verbesserung der Pflege. Beim Thema Migration war die Differenz dagegen enorm: 95 Prozent der Befragten, die aktuell der AfD zuneigen, nannten die Begrenzung der Zuwanderung als ein wichtiges Thema. Unter denen, die andere Parteien wählen wollen, waren es 55 Prozent. Dass man gegenüber ukrainischen Geflüchteten nicht zu großzügig sein dürfe, bejahten in der Befragungswelle von November 2022 73 Prozent der AfD-Sympathisant*innen im Vergleich zu 36 Prozent der anderen Befragten, dass diese Geflüchteten sich erst mal hinten anstellen sollten, 76 Prozent im Vergleich zu 31 Prozent (Abbildung 6).

Gleichzeitig tendierte ein erheblicher Teil der AfD-Sympathisant*innen in vorherigen Befragungswellen zu Verschwörungserzählungen oder russlandfreundlichen Interpretationen des Kriegs gegen die Ukraine. Der Aussage, der Krieg in der Ukraine werde „genauso künstlich dramatisiert wie die Pandemie“, stimmten im November 2022 mehr als die Hälfte der AfD-Wählenden zu (16 Prozent unter Wählenden anderer Parteien). Auch die Deutung der Schuldfrage, dass die NATO Russland zum Krieg „provoziert“ habe, erhält unter knapp der Hälfte der Befragten mit AfD-Wahlabsicht Zuspruch (unter Wählenden anderer Parteien 14 Prozent).

Werden die Unterschiede zwischen den AfD-Wählendengruppen betrachtet, bestätigt sich das auch für die Einstellungen zu Geflüchteten geltende Bild: Verschwörungsideologische sowie russlandfreundliche Aussagen erhalten unter AfD-Stammwählenden klar den größten Zuspruch. Auch wenn die Zustimmungswerte unter den jetzigen AfD-Neuwählenden im Vergleich dazu geringer ausfallen, sind sie doch ebenfalls deutlich überdurchschnittlich und waren dies bereits im April 2022. Dagegen ist die Bekämpfung des Klimawandels ein Thema, bei dem Befragte, die erst in letzter Zeit zur AfD tendieren, zumindest nach der letzten Bundestagswahl deutlich näher bei den Wähler*innen anderer Parteien lagen als bei den AfD-Stammwähler*innen: 66 Prozent der Neuwähler*innen ordneten sie im Oktober 2021 als wichtig ein, gegenüber nur 37 Prozent der AfD-Stammwähler*innen und 85 Prozent der Wähler*innen anderer Parteien.    

Um zumindest Teile der AfD-Wählerschaft für das demokratische Spektrum zurückzugewinnen, brauche es gute Politik, die Probleme und empfundene Ungerechtigkeiten angeht und löst, so Hövermann. „Wenn aber öffentliche Infrastruktur häufig nicht funktioniert oder bezahlbarer Wohnraum in vielen Regionen ausgesprochen knapp ist und hier tatsächliche Konkurrenzsituationen mit zugewanderten Personen entstehen, wenn unzureichend Geld zur Verfügung gestellt wird, um ankommende Menschen erfolgreich zu integrieren, ist all das Wasser auf die Mühlen der politischen Akteure, die weiteres Misstrauen in demokratische Institutionen schüren und einheimische gegen geflüchtete Menschen aufbringen wollen.“ Eine Sparpolitik, wie sie derzeit vom Bundesfinanzminister vorgegeben wird, erscheine vor dem Hintergrund der Befunde dagegen als ein sehr gefährlicher Weg.

Das Umfragehoch der AfD: Aktuelle Erkenntnisse über die AfD-Wahlbereitschaft aus dem WSI-Erwerbspersonenpanel, WSI-Report Nr. 92, November 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 30.11.2023

Im Vergleich zu 2004 hat sich dieser Wert nur um drei Prozentpunkte verbessert. Da der Anteil von Frauen an allen Beschäftigten bei 44 Prozent liegt, bleibt ihre Unterrepräsentation in Führungspositionen bestehen. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Auf der zweiten Führungsebene sind Frauen mit 41 Prozent deutlich häufiger vertreten. Seit 2016 hat sich dieser Anteil jedoch nicht mehr erhöht. In Ostdeutschland ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen auf beiden Führungsebenen höher als in Westdeutschland. Auf der zweiten Führungsebene ist in Ostdeutschland seit zehn Jahren sogar eine leichte Überrepräsentation von Frauen zu beobachten. „Sowohl betriebliche Rahmenbedingungen wie die Dauer und Flexibilität von Arbeitszeiten als auch die persönliche Lebenssituation von potenziellen Führungskräften entscheiden darüber, ob sie in Führungspositionen aufsteigen“, erläutert Susanne Kohaut, Mitarbeiterin im Forschungsbereich „Betriebe und Beschäftigung“.

Mit sehr geringen Frauenanteilen an den Beschäftigten und den Führungskräften sind Frauen im Baugewerbe und im Bereich Verkehr und Lagerei dennoch überdurchschnittlich oft auf der ersten Führungsebene repräsentiert. Im Sektor Finanz- und Versicherungsdienstleistungen dagegen sind über die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Ihr Anteil auf der ersten Führungsebene mit 16 Prozent und 32 Prozent auf der zweiten Führungsebene liegt über alle Branchen hinweg aber deutlich unter dem Durchschnitt.

23 Prozent der privatwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ermöglichen es Führungskräften in Teilzeit zu arbeiten. Im Vergleich zum Jahr 2014 hat sich dieser Anteil um sieben Prozentpunkte erhöht. Während es im Jahr 2014 häufiger Betriebe im Westen waren, die Führung in Teilzeit ermöglichten, lässt sich acht Jahre später kein Unterschied mehr zwischen West- und Ostdeutschland feststellen.

In 13 Prozent aller privatwirtschaftlichen Bertriebe wird mindestens eine Position auf der obersten oder zweiten Führungsebene in Teilzeit ausgeübt. Fast drei Viertel aller Teilzeit-Führungspositionen in der Privatwirtschaft sind von Frauen besetzt. „Die Bereitschaft von Arbeitgebern, Führen mit reduzierter Arbeitszeit zu ermöglichen, kann insbesondere für Personen mit Betreuungspflichten einen Weg darstellen, den beruflichen Aufstieg trotz familiärer Pflichten zu meistern“, ergänzt IAB-Forscherin Iris Möller.

Die Studie beruht auf den Daten des IAB-Betriebspanels, einer repräsentativen Befragung, an der jährlich gut 15.000 Betriebe teilnehmen. Sie ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-22.pdf. Ein Interview mit den Autorinnen finden Sie hier: https://www.iab-forum.de/maenner-weiter-in-fuehrung/.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 12.12.2023

  • Die durchschnittlich größten Familien lebten 2022 in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen
  • Spendenaufkommen erreichte 2019 Höchstwert mit 7,1 Milliarden Euro
  • Drei Viertel aller Karpfen kamen 2022 aus Bayern und Sachsen

Weihnachten gilt traditionell als Fest der Familie. Im Jahr 2022 lebten in Deutschland rund 11,9 Millionen Familien mit Kindern unter einem Dach, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Dabei machten die insgesamt 5,9 Millionen Ein-Kind-Familien die Hälfte (50 %) aus. 4,4 Millionen Familien (37 %) hatten zwei Kinder. Nur in rund 13 % aller Familien (1,5 Millionen) lebten drei Kinder oder mehr.

Deutlich größer ist der Anteil der Ein-Kind-Familien bei den Alleinerziehenden: 2022 lebten rund zwei Drittel (67 %) der Alleinerziehenden mit einem Kind, knapp 26 % mit zwei Kindern und gut 7 % mit drei oder mehr Kindern. 2012 hatten noch gut 69 % der Alleinerziehenden eine Ein-Kind-Familie, gut 24 % lebten mit zwei Kindern und gut 6 % mit drei oder mehr Kindern. 

Die größten Familien leben in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen 

Eine typische Familie bestand 2022 in Deutschland aus nicht mehr als vier Personen, der Durchschnittswert lag bei 3,44 Personen. Die durchschnittlich größten Familien lebten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (3,49 Mitglieder), gefolgt von Niedersachsen (3,48), Bayern (3,47) und Hessen (3,46) mit leicht geringeren Werten. Die kleinsten Familien gab es in Mecklenburg-Vorpommern (3,24), Thüringen und Brandenburg (je 3,26). 

2019 wurden rund 7,1 Milliarden Euro Spenden in der Steuererklärung geltend gemacht 

Weihnachtszeit ist Spendenzeit: Im Jahr 2019 haben 11,4 Millionen Steuerpflichtige in Deutschland insgesamt 7,1 Milliarden Euro als Spende in ihrer Steuererklärung angegeben – ein neuer Höchstwert. Die Spendenhöhe nahm gegenüber dem Vorjahr um knapp 5 % zu. Deutschlandweit machten gut 38 % der Steuerpflichtigen Spenden in ihrer Steuererklärung geltend. Am höchsten war die Spendenbereitschaft demnach im Saarland (69 %), gefolgt von Bayern (53 %) und Baden-Württemberg (45 %).  Am niedrigsten war sie in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (je 21 %) sowie in Brandenburg (24 %).

Fast drei Viertel aller Karpfen kommen aus Bayern und Sachsen

In vielen Familien kommt an Weihnachten Karpfen auf den Tisch. In Deutschland wird der Fisch dafür vor allem in Aquakulturbetrieben in Bayern und Sachsen produziert: Fast drei Viertel der 2022 erzeugten Menge von insgesamt 4 100 Tonnen kamen aus diesen beiden Bundesländern. Auf Platz 3 nach Bayern (38 %) und Sachsen (35 %) folgte Brandenburg mit einem Anteil von 12 % an der insgesamt erzeugten Menge. In Bayern sind mit Abstand (81 %) die meisten Betriebe mit Karpfenerzeugung zu Hause: Gut 1 100 der 1 400 Betriebe, die 2022 Karpfen produzierten, lagen in dem südlichen Bundesland.

Der Karpfen zählt zu den wichtigsten Süßwasser-Speisefischen – und zu den am meisten erzeugten: Knapp ein Viertel (24 %) der im vergangenen Jahr in deutschen Aquakultur-Betrieben produzierten 17 800 Tonnen Fisch waren Karpfen. Nur von der Regenbogenforelle wurde mit knapp 6 000 Tonnen eine noch größere Menge erzeugt.

Erntemenge an Rotkohl 2022 um 21 % gesunken

Eine beliebte Beilage zu einem klassischen Weihnachtsessen ist Rotkohl oder Blaukraut, wie es in Süddeutschland heißt. 2022 wurden in Deutschland knapp 112 400 Tonnen Rotkohl geerntet – gut ein Fünftel (21 %) weniger als im Vorjahr. Damit liegt der Rotkohl in Bezug auf die Erntemenge nach dem Weißkohl (384 700 Tonnen) an der Spitze unter den anderen Winterkohlarten wie Wirsing (32 200 Tonnen), Grünkohl (15 800 Tonnen) und Rosenkohl (11 600 Tonnen). Der größte Anteil der Gesamterntemenge von Rotkohl entfiel auf Schleswig-Holstein (30 %). Weitere Top-Anbauländer waren Nordrhein-Westfalen (28 %) und Bayern (23 %).

Methodische Hinweise:

Familien umfassen im Mikrozensus alle Eltern-Kind-Gemeinschaften, das heißt gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Ehepaare/Lebensgemeinschaften sowie alleinerziehende Mütter und Väter mit Kindern im Haushalt. Einbezogen sind in diesen Familienbegriff – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder.

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sind auf einer eigens eingerichteten Sonderseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Weitere Zahlen, Daten und Fakten zur Adventszeit und zu Weihnachten haben wir auf unserer Themenseite gebündelt.

Detaillierte Ergebnisse zu den Spenden sind in unserer Sonderauswertung abrufbar.

Detaillierte Ergebnisse zu den Erntemengen von Rotkohl sind in den Tabellen 41215-0001 bis 0002 „Anbaufläche, Erntemenge (Gemüse): Deutschland, Bundesländer, Jahre, Gemüsearten“ in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 14.12.2023

  • Von Januar 2022 bis Juni 2023 sind netto rund 1,0 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Deutschland zugewandert
  • Anteil der Alleinerziehenden und deren Kinder unter den Zugewanderten aus der Ukraine mit 40 % fünfmal höher als in der Gesamtbevölkerung (8 %)
  • Jede fünfte zugewanderte Person aus der Ukraine im Alter von 25 bis 59 Jahren war im 1. Halbjahr 2023 erwerbstätig

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 haben nach Schätzungen des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) über 6 Millionen Menschen das Land verlassen. Deutschland verzeichnete im Jahr 2022 und im 1. Halbjahr 2023 eine Nettozuwanderung von rund 1,0 Millionen Menschen aus der Ukraine, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen der Wanderungsstatistik mitteilt. Vorabergebnisse des Mikrozensus für das 1. Halbjahr 2023 geben einen Einblick in die sozioökonomische Situation der Eingewanderten aus der Ukraine, die in diesem Zeitraum in Deutschland wohnten. Demnach waren vier von zehn dieser Personen nach ihrer Ankunft in Deutschland entweder Alleinerziehende oder Kinder von Alleinerziehenden. Trotz eines hohen Bildungsniveaus war lediglich jede fünfte aus der Ukraine zugewanderte Person im Alter von 25 bis 59 Jahren erwerbstätig.

Frauenanteil der seit 2022 aus der Ukraine eingewanderten Personen bei 61 %

Sechs von zehn (61 %) der im 1. Halbjahr 2023 in Deutschland wohnenden und seit Jahresbeginn 2022 aus der Ukraine eingewanderten Personen waren weiblich und vier von zehn (39 %) männlich. Bei den Erwachsenen überwog der Frauenanteil noch deutlicher: Hier waren sieben von zehn (69 %) Zugewanderten Frauen und lediglich drei von zehn (31 %) waren Männer. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass häufig Mütter mit ihren Kindern alleine aus der Ukraine nach Deutschland kamen. Dementsprechend waren 40 % der seit Anfang 2022 aus der Ukraine eingewanderten Menschen entweder Alleinerziehende (15 %) oder Kinder eines alleinerziehenden Elternteils (25 %). In der Gesamtbevölkerung Deutschlands lebten im 1. Halbjahr 2023 dagegen nur 8 % der Menschen in Alleinerziehenden-Familien.

Mehr akademische Bildungsabschlüsse als in der Gesamtbevölkerung

Bemerkenswert ist bei den aus der Ukraine eingewanderten Personen der hohe Anteil von akademischen Bildungsabschlüssen. Betrachtet man die Personen in der Haupterwerbsphase im Alter von 25 bis 59 Jahren, so hatten von den seit Jahresbeginn 2022 aus der Ukraine Eingewanderten 45 % einen akademischen Berufsabschluss einer Fachhochschule oder Universität und 28 % einen nicht-akademischen Berufsabschluss. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung Deutschlands hatten 27 % der Personen dieser Altersgruppe einen akademischen Abschluss. Mit 52 % lag der Anteil der 25- bis 59-Jährigen mit einem nicht-akademischen Abschluss in der Gesamtbevölkerung dagegen deutlich höher als bei den aus der Ukraine eingewanderten Personen. Der Anteil von Personen mit akademischem Bildungsabschluss war dabei bei den Frauen aus der Ukraine mit 48 % höher als bei den Männern mit 37 %.

Erwerbstätigenquote von Eingewanderten aus der Ukraine bei 19 %

Trotz des hohen Qualifikationsniveaus war die Erwerbsbeteiligung der seit Anfang 2022 aus der Ukraine Eingewanderten deutlich geringer als in der Gesamtbevölkerung: In der Haupterwerbsphase von 25 bis 59 Jahren waren lediglich 19 % der Eingewanderten aus der Ukraine erwerbstätig. Die Erwerbstätigenquote in der Gesamtbevölkerung war in dieser Altersgruppe mit 85 % mehr als vier Mal so hoch. Bei den aus der Ukraine eingewanderten Frauen lag die Erwerbstätigenquote mit 14 % (Gesamtbevölkerung: 81 %) dabei noch deutlich unter der Erwerbstätigenquote von Männern, von denen 30 % erwerbstätig waren (Gesamtbevölkerung: 89 %). Dass die Aufnahme einer Beschäftigung für aus der Ukraine eingewanderte Frauen und vor allem für Mütter mit Kleinkindern schwieriger ist als für Männer, zeigt auch das Forschungsprojekt „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland (IAB-BiB/FReDA-BAMF-SOEP-Befragung)“. Demnach steigt zudem die Erwerbstätigenquote von Zuwandererinnen und Zuwanderern aus der Ukraine ab einer Aufenthaltsdauer in Deutschland von zwölf Monaten deutlich.

Methodische Hinweise:

In der Wanderungsstatistik werden Zu- und Fortzüge dargestellt, die nach den melderechtlichen Regelungen von den zuständigen Behörden erfasst wurden.

Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Alle Angaben des Mikrozensus beruhen auf Selbstauskünften der Befragten. Um aus den erhobenen Daten Aussagen über die Gesamtbevölkerung treffen zu können, werden die Daten an Eckwerten der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet. Mit dem Halbjahresbericht werden bereits vorab Einblicke in ausgewählte Ergebnisse des Mikrozensus 2023 gegeben. Diese Vorabergebnisse werden bis zur Bereitstellung der Erstergebnisse des Mikrozensus für das Gesamtjahr 2023 (voraussichtlich im April 2024) weiter aufbereitet und plausibilisiert. Die Vorabergebnisse für das 1. Halbjahr 2023 zeigen somit erste Tendenzen auf und werden sich unter Einbezug des gesamten Jahresmaterials noch verändern.

Die absolute Zahl der zugewanderten Personen aus der Ukraine unterscheidet sich zwischen Mikrozensus und Wanderungsstatistik. So betrug die Zahl der seit 2022 aus der Ukraine eingewanderten Menschen nach den Vorabergebnissen des Mikrozensus für das 1. Halbjahr 2023 rund 673 000 Personen, das waren rund 354 000 weniger als in der Wanderungsstatistik. Für den Unterschied kann es eine Reihe methodischer Gründe geben. Insbesondere dürfte eine Rolle spielen, dass die Eingewanderten aus der Ukraine in Befragungen nur schwer vollzählig zu erfassen sind. Zudem beziehen sich die Ergebnisse des Mikrozensus auf die Bevölkerung in privaten Hauptwohnsitzhaushalten (1. Halbjahr 2023: 83,7 Millionen Personen) und nicht auf die Bevölkerung in Gemeinschaftsunterkünften, für die die hier dargestellten Merkmale nicht erhoben werden.

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sind auf einer eigens eingerichteten Sonderseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen zur Bevölkerung nach Einwanderungsgeschichte bietet der Statistische Bericht „Bevölkerung nach Einwanderungsgeschichte“. Dieser liefert einen Überblick zur Situation von Eingewanderten und ihren (direkten) Nachkommen in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 13.12.2023

 

  • Im 1. Halbjahr 2023 lebten 60 % der Erwachsenen mit einem Partner oder einer Partnerin zusammen, 1996 hatte der Anteil noch bei 66 % gelegen

  • 84 % der Paare waren im 1. Halbjahr 2023 verheiratet, 1996 waren es noch 90 % – Anteil der Verheirateten bei jüngeren Paaren besonders gering

Im 1. Halbjahr 2023 lebten 60 % der Erwachsenen in Deutschland mit einem Partner oder einer Partnerin zusammen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis von Vorabergebnissen des Mikrozensus weiter mitteilt, ist der Anteil der zusammenlebenden Paare damit seit dem Beginn der Zeitreihe im Jahr 1996 zurückgegangen. Damals hatte er noch bei 66 % gelegen.

Rückgang der Ehepartnerschaften vor allem bei jüngeren Paaren 

Rückläufig ist ebenfalls der Anteil der verheirateten Paare. Im Jahr 1996 waren noch neun von zehn Partnerschaften (91 %) im gemeinsamen Haushalt ein Ehepaar. Bis zum 1. Halbjahr 2023 ging dieser Anteil auf 84 % zurück. Besonders stark war der Rückgang der Ehepartnerschaften unter jungen Paaren: Während 1996 noch acht von zehn zusammenlebenden Paaren (80 %) verheiratet waren, bei denen die ältere Person jünger als 40 Jahre war, so waren es im 1. Halbjahr 2023 nur noch sechs von zehn Paaren (61 %). In der Altersgruppe der Paare mit einer älteren Person von 40 bis unter 60 Jahren fällt der Rückgang von 94 % auf 85 % bereits deutlich schwächer aus. Bei Paaren, bei denen die ältere Person mindestens 60 Jahre alt ist, sank der Anteil der Verheirateten lediglich von 96 % im Jahr 1996 auf 93 % im 1. Halbjahr 2023.

Methodische Hinweise: 

Mit dem Halbjahresbericht werden bereits im laufenden Erhebungsjahr des Mikrozensus vorab Einblicke in ausgewählte Ergebnisse der Erhebung gegeben. Diese Vorabergebnisse werden bis zur Bereitstellung der ersten Ergebnisse (voraussichtlich im April 2024) auf Basis des gesamten Mikrozensus 2023 weiter aufbereitet und plausibilisiert. 

Dargestellt werden Paare, welche in einem gemeinsamen Haushalt leben (Hauptwohnsitzhaushalte). Partnerschaften ohne gemeinsamen Haushalt bleiben unberücksichtigt. Ausgangspunkt für den zeitlichen Vergleich ist das Jahr 1996, da seit 1996 neben Haushalten auch Lebensformen als soziale Einheiten im Mikrozensus abgegrenzt werden. 

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sind auf einer eigens eingerichteten Sonderseite verfügbar.  

Weitere Informationen: 

Weitere Ergebnisse zur Situation von Familien und zu Lebensformen in Deutschland bietet der Statistische Bericht „Haushalte und Familien“.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 07.12.2023

WZB-Studie zeigt erstmals umfassendes Bild der sozialen Segregation in 153 Städten

Arme Viertel, reiche Viertel: Wie ungleich sind Deutschlands Städte? Mithilfe von Daten der Kommunalstatistik und der Bundesagentur für Arbeit hat Marcel Helbig, Forscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), eine soziale Landkarte der 153 größten deutschen Städte entwickelt. Dafür hat er nicht nur die räumliche Verteilung armer Menschen untersucht, sondern auch herausgearbeitet, wo Menschen mit hohem Einkommen, hoher Bildung oder auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit wohnen. Ein zentrales Ergebnis: Arme Menschen leben vor allem in ostdeutschen Städten und im Ruhrgebiet zunehmend in bestimmten Wohnvierteln. In süddeutschen Städten geht der Trend dagegen zu mehr sozialer Durchmischung – ein Grund ist der besonders angespannte Mietmarkt.

Soziale Segregation meint die ungleiche räumliche Verteilung verschiedener sozialer Gruppen. Im untersuchten Zeitraum (2005 bis 2022) hat sich vor allem die Armutssegregation verschärft, also die ungleiche Verteilung von Menschen, die staatliche Transferleistungen beziehen. Sie hat besonders stark in Städten zugenommen, in denen bereits ein hohes Segregationsniveau erreicht war. Dazu zählen Städte wie Schwerin, Halle (Saale) oder Kiel (zur Rangliste der Städte hier).

Vor allem in den ostdeutschen Städten hat sich die Armutssegregation zugespitzt und 2021 ein deutlich höheres Niveau als in den anderen Regionen erreicht (siehe Grafik). Besonders die soziale Schere zwischen den Plattenbausiedlungen einerseits und den Innenstädten oder Vororten andererseits ist größer geworden. Auch in den norddeutschen Städten ist die Armutssegregation hoch, sie hat sich aber weniger dynamisch entwickelt. In den Städten des Ruhrgebiets ist von 2013 bis 2020 ein beständiger Anstieg der Armutssegregation zu beobachten – begleitet von einer wachsenden Armutsquote. Eine besondere Situation ist in den süddeutschen Städten zu beobachten: Hier ist die ungleiche Verteilung von Armut rückläufig. Zum einen hat der wirtschaftliche Aufschwung dazu geführt, dass hier kaum Armutsquartiere entstanden sind. Zum anderen bedingt der angespannte Mietmarkt eine stärkere soziale Durchmischung. „Aufgrund der hohen Mieten können sich hier auch Menschen mit mittlerem Einkommen oft nur noch Wohnungen in ärmeren Stadtteilen leisten“, vermutet Marcel Helbig.

Ballung von Kinderarmut im Ruhrgebiet

Für alle untersuchten Städte zeigt sich, dass die Verteilung bei Kindern noch ungleicher ist als in der Gesamtbevölkerung. Das heißt: Gerade arme Haushalte mit Kindern konzentrieren sich in bestimmten Stadtvierteln. Ein positiver Trend lässt sich in ostdeutschen Städten beobachten: Die Anzahl der Stadtteile, in denen mehr als die Hälfte aller Kinder von Sozialleistungen lebt, ist hier seit 2010 deutlich zurückgegangen. Grund dafür ist die positive wirtschaftliche Entwicklung, sodass weniger Familien mit Kindern auf Transferleistungen angewiesen sind. Anders sieht die Entwicklung in den Städten des Ruhrgebiets aus: Hier lebten 2021 mehr Kinder als zuvor in Stadtteilen, in denen mindestens die Hälfte der Haushalte mit Kindern staatliche Unterstützung erhält (siehe Grafik).

Ethnische Segregation

In allen Städten zeigt sich: Dort, wo besonders viele arme Menschen wohnen, leben auch besonders viele Menschen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit (siehe Grafik). Vor allem in ost- und norddeutschen Städten sowie in den Städten des Ruhrgebiets erfolgte ab 2013 die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland besonders in die von Armut geprägten Stadtteile. Bis 2013 gab es in den ostdeutschen Städten nur einen geringen Zusammenhang zwischen Ausländeranteilen und Armut. 

Bildung und Einkommen weniger ungleich verteilt

Die Studie misst soziale Segregation auch über die räumliche Verteilung von Menschen mit akademischem Abschluss und mit hohem Einkommen. Im Blick auf hohe Bildung und hohe Einkommen ist die Segregation jedoch weniger stark ausgeprägt als bei der Armut. Allerdings steigt mit der Größe einer Stadt auch die Bildungs- und Einkommenssegregation. Besonders in Städten über 500.000 Einwohner verteilen sich Akademiker*innen und Menschen mit hohem Einkommen sehr ungleich.

Muster sozialräumlicher Ungleichheit

Die sozialräumliche Segregation ist nicht in allen Städten gleich. Die Studie identifiziert verschiedene Muster. So gibt es eine Gruppe von Städten, in denen sich Armut stark im Zentrum konzentriert (z. B. Gelsenkirchen und Wolfsburg). In einer anderen Gruppe von Städten wohnen im Zentrum vor allem Akademiker*innen; das betrifft besonders Universitätsstädte wie Münster und einige Metropolen wie Berlin und Frankfurt a. M. Für ostdeutsche Städte wiederum zeigt sich das Muster, dass arme Menschen in den großen Plattenbausiedlungen leben. Süddeutsche Städte wie zum Beispiel Bayreuth, Fürth und Tübingen stehen für ein relativ homogenes Muster mit wenig Segregation.

Datenbasis 

Die Untersuchung beruht auf bislang einzigartigen Daten. Neben Daten der Kommunalstatistik für 101 deutsche Städte wurden erstmals auch räumlich vergleichbare Daten der Bundesagentur für Arbeit für 153 Städte ausgewertet. Der Datensatz ist frei verfügbar: https://doi.org/10.7802/2633

Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen und als Download (PDF) verfügbar:

Marcel Helbig: Hinter den Fassaden. Zur Ungleichverteilung von Armut, Reichtum, Bildung und Ethnie in den deutschen Städten. P 2023-003. November 2023.

Quelle: Pressemitteilung Wissenschaftszentrum Berlin
für Sozialforschung vom 08.12.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

AWO und weitere Verbände fordern menschenwürdiges Existenzminimum.

Gemeinsam mit weiteren Sozialverbänden und der Gewerkschaft Verdi ruft die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Bundesregierung zu Klarheit in der Haushaltsdebatte auf. Kürzungen bei Sozialleistungen seien in der aktuellen Lage keine Option. Sollte die Bürgergelderhöhung ausgesetzt werden, bedeute dies sogar einen Verfassungsbruch.

Seit Wochen ringt die Bundesregierung darum, wie sie die nach dem Karlsruher Urteil fehlenden Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds ausgleichen soll. Aus Union und FDP wurde nun der “Sparvorschlag” laut, die vom Deutschen Bundestag bereits beschlossene Erhöhung des Bürgergelds rückgängig zu machen.

In ihrem Aufruf entgegnen die mitzeichnenden Sozialverbände und Verdi: “Die Erhöhung des Bürgergeldes in 2024 ist für Millionen von Menschen von existenzieller Bedeutung, um die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energieversorgung halbwegs abfedern zu können.” Außerdem habe die “Sicherstellung des Existenzminimums durch das Bürgergeld […] Verfassungsrang”.

Dass das Bürgergeld mittlerweile so hoch sei, dass Menschen keinen Anreiz mehr hätten, noch arbeiten zu gehen, bezeichnen die Verbände als “unsägliche Stigmatisierung der Betroffenen”. Wer arbeite, habe immer mehr als diejenigen, die nur Bürgergeld beziehen – abgesehen davon stünde ein Großteil der 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfänger*innen dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht zur Verfügung. Dazu zählen z.B. die 1,5 Millionen Leistungsberechtigen, die nicht erwerbsfähig sind, weil sie etwa unter 15 Jahre alt sind. Hinzu kommen die rund 800.000 “Aufstocker*innen”, die Bürgergeld erhalten, weil ihr Erwerbslohn unter dem Existenzminimum liegt.

Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: “Dass in Zeiten knapper Kassen wieder Sozialneid-Debatten geführt werden, ist wenig überraschend. Doch selten war es gefährlicher, Geringverdienende gegen noch ärmere Menschen auszuspielen: Dieses Spiel leistet am Ende nur den Rechtspopulist*innen Vorschub. Der Finanzminister und die FDP müssen nun Farbe bekennen und klarstellen, dass die Erhöhung des Bürgergelds alternativlos ist!”

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 08.12.2023

„Einsamkeit trifft junge und alte Menschen; sie gefährdet ganz konkret ihr Leben, denn sie macht krank und mündet nicht selten in Suizidgedanken. Die Gegenwehr ist eine wichtige Aufgabe, derer sich die Politik gemeinsam mit der Zivilgesellschaft tatkräftig annehmen muss“, äußert sich Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa im Vorfeld der morgigen Befassung des Bundeskabinetts mit der „Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit“.

Für den Deutschen Caritasverband gilt: Eine Einsamkeitsstrategie muss mehr sein als die Erhebung von Daten für ein Einsamkeitsbarometer. Zu messen, wie und wo Einsamkeit zunimmt, ist nur dann zielführend, wenn wirksam Ressourcen in ihre Bekämpfung gesteckt werden. „Das ist wie beim Fieber. Auch da ist das fiebersenkende Medikament wichtiger als das Thermometer“, so Welskop-Deffaa.

Leider sind – nicht zuletzt unter den Vorzeichen der Haushaltsengpässe auf Bundesebene – die Ressourcen, die die Bundesregierung für die Einsamkeitsstrategie verfügbar machen kann und will, begrenzt. Die angekündigte Unterstützung von kommunalen Projekten zur Stärkung der Altenhilfe etwa springt deutlich zu kurz, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich in den nächsten Jahren aus dem demographischen Wandel ergeben.

Nachhaltige Strukturen statt kurzfristiger Projekte

„Wir erleben, dass für zunehmend viele alte Menschen der ambulante Pflegedienst, der einmal am Tag vorbeikommt, den einzigen menschlichen Kontakt darstellt, und das über Wochen – die Kinder leben weit weg, Freunde sind nicht mehr mobil oder verstorben“, berichtet die Caritas-Präsidentin. „Einer solchen Entwicklung kann nicht mit kurzfristigen Projekten begegnet werden, es braucht nachhaltige und verlässliche Strukturen.“

Das Familienministerium will „Handlungsempfehlungen“ für Kommunen herausgeben, um die Gründung von Allianzen zur Vorbeugung von Einsamkeit vor Ort zu unterstützen. Solche Empfehlungen nützen aber nichts, wenn die potenziellen Mitglieder solcher Allianzen, etwa die freien Träger der Wohlfahrtspflege, unter Unterfinanzierung leiden und Personal verlieren, moniert Welskop-Deffaa.

Freiwilliges Engagement essenziell im Kampf gegen Einsamkeit

„Sich einerseits die Bekämpfung von Einsamkeit auf die Fahne schreiben und gleichzeitig die freien Träger finanziell schwächen, das geht nicht“, so die Caritas-Präsidentin weiter. „Unsere Angebote sind essenziell für eine sorgende Gesellschaft, nicht zuletzt, weil sie berufliches und freiwilliges Engagement verknüpfen.“ Wohlfahrtsverbände sind Möglichkeitsräume für freiwilliges Engagement – von Besuchsdiensten bis zu Rikscha-Fahrten für Senior_innen, von der Bahnhofsmission bis zu Nachbarschaftsseniorentreffs. „Freiwilliges Engagement hilft übrigens in beide Richtungen gegen Einsamkeit – denn wer sich für andere einsetzt, kommt auch aus seinem Schneckenhaus.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 12.12.2023

Der Deutsche Frauenrat (DF) hat den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien 2021 als gleichstellungspolitischen Erfolg gelobt. Nach der Hälfte der Amtszeit der Ampelkoalition zieht der DF eine feministische Halbzeitbilanz und bewertet die Umsetzung der gleichstellungspolitischen Vorhaben im Querschnitt der Politikfelder.

Angesichts des ambitionierten Koalitionsvertrages fällt die Zwischenbilanz allerdings ernüchternd aus: Viele Maßnahmen sind in Verzug geraten oder drohen zu scheitern. Das Fortschrittsversprechen der Ampel wartet in vielen Bereichen auf seine Einlösung.

Die ausführliche Halbzeitbilanz des Deutschen Frauenrats „Kein Fortschritt ohne Gleichstellung!“ finden Sie anbei und unter diesem Link

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 06.12.2023

Nach zwei Jahren Regierungszeit ist die wohnungspolitische Bilanz der Ampel mangelhaft. Zentrale Vorhaben des Koalitionsvertrags sind noch nicht umgesetzt. Unterdessen spitzt sich die Wohnungskrise weiter zu: Steigende Mieten, unbezahlbare Immobilienpreise, kaum Neubau und keine Besserung in Sicht. Es fehlen mehr als 700.000 bezahlbare Mietwohnungen im Bundesgebiet. Zur Halbzeit der Legislaturperiode ziehen der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Mieterbund auf einer Pressekonferenz Bilanz.

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied, sagte am Mittwoch in Berlin:
„Millionen Menschen sind durch hohe Miet- und Wohnkosten überlastet. Die Wohnungskrise ist ein sozialpolitischer Skandal, der zunehmend auch für Unternehmen zum Problem wird. Immer öfter können sie ihre Planstellen nicht besetzen, weil es vor Ort für neue Beschäftigte kaum günstige Wohnungen gibt. Die Bundesregierung hat die Tragweite der Wohnungskrise offensichtlich immer noch nicht erkannt und scheut mutige Lösungen. An massiven öffentlichen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und die energetische Sanierung führt kein Weg vorbei. Auch deshalb ist es wichtig, die Schuldenbremse zu reformieren. Ebenso muss die Ampel endlich die im Koalitionsvertrag versprochene Wohngemeinnützigkeit umsetzen, um dauerhaft preisgebundene Wohnungen zu ermöglichen. Damit die Kommunen Bauland günstiger erwerben können, brauchen sie zudem ein preislimitiertes Vorkaufsrecht, denn die hohen Baulandpreise sind Kostentreiber Nummer eins bei jedem Neubau.“

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes:
„Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den letzten 2 Jahren weiter verschärft. Die Mietpreisspirale hat deutlich an Dynamik gewonnen, möbliertes Wohnen und Indexmieten sind die neuen Kostenfallen. In Deutschland sind Millionen Mieterinnen und Mieter mit ihren Wohnkosten überlastet und die Mieten werden weiter steigen. Die noch nicht umgesetzten Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag reichen bei weitem nicht aus, um aus der Krise herauszukommen. Wir brauchen jetzt einen Mietenstopp im Bestand und eine Offensive für bezahlbares Bauen und Wohnen, ansonsten drohen uns massive soziale Verwerfungen.“

Die Halbzeitbilanz Ampel und unsere Forderungen zum Download

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand und Deutscher Mieterbund vom 06.12.2023

Wenn der Bundestag in diesem Jahr keinen Haushalt für 2024 mehr beschließt, tritt ab dem 1. Januar tritt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung in Kraft. Doch was routiniert klingt, ist in der Praxis höchst problematisch. Viele Träger sozialer Projekte und Dienste blicken nun mit großer Sorge in die Zukunft. Die Diakonie Deutschland warnt angesichts der anhaltenden Haushaltskrise vor gravierenden Folgeschäden im Sozialbereich.

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Die Tatsache, dass es in diesem Jahr keinen Haushaltsbeschluss mehr geben wird, stellt in diesen Tagen für viele Projekte und Träger im sozialen Bereich eine enorme Herausforderung dar. Gerade kleinere Projekte sind davon besonders betroffen. Viele Angebote sind substantiell finanziell gefährdet. Wenn die dringend benötigten Mittel für 2024 nicht wie zunächst in Aussicht gestellt zur Verfügung gestellt werden, müssen beispielsweise Migrationsberatungsstellen schließen, was dazu führt, dass ausgerechnet Menschen, die dringend Unterstützung benötigen, diese nicht mehr erhalten. Sie werden mit ihren Problemen allein gelassen. Die Folgeprobleme werden wir alle spüren.“

Seit Wochen herrscht große Planungsunsicherheit in gesellschaftlichen so relevanten Bereichen, wie den Freiwilligendiensten, der Demokratieförderung oder den Jugendmigrationsdiensten. „Stellen können nicht wiederbesetzt oder nur unter Vorbehalt verlängert werden, Träger steigen aus Programmen aus und qualifizierte Fachkräfte gehen verloren“, so Lilie weiter. Die Diakonie Deutschland appelliert an die Bundesregierung: Die Schwächsten dürfen nun nicht allein gelassen werden. Nur ein stabiler und verlässlicher Sozialstaat garantiert eine funktionierende Demokratie. „Es ist dringend notwendig, sich jetzt für verlässliche Rahmenbedingungen bei Schlüsselaufgaben im sozialen Bereich einzusetzen. Hier tragen relativ geringe finanzielle Mittel sehr viel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt aus.“

Lilie appellierte nachdrücklich an die Bundesregierung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sich für einen stabilen Haushalt 2024 einzusetzen, um auch die zukünftige Arbeit wichtiger sozialer Einrichtungen zu sichern.

Hintergrund: So wirkt sich die Haushaltskrise aktuell im sozialen Bereich aus:

Das Ausbleiben neuer Verträge für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) hat sowohl für potenzielle Freiwillige als auch für die kirchlich-diakonischen Einsatzstellen weitreichende Folgen. Aufgrund der Vorgaben des Bundesamtes für zivilgesellschaftliche Aufgaben, dem Administrationsorgan für das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) für den BFD, können keine neuen Verträge ausgestellt werden. Die Folge ist ein Stillstand im Dienst und beeinflusst auch die Pädagoginnen und Pädagogen, die als Begleitende für die Freiwilligen arbeiten. Ihre Arbeitsplätze sind entweder befristet oder nicht sichergestellt, was für die überwiegend auf Länderebene angestellten Mitarbeitenden ein finanzielles Risiko darstellt.

Bei den Jugendmigrationsdiensten und dem Programm Respect Coaches besteht aufgrund des fehlenden Haushaltsbeschlusses weiterhin Unsicherheit.

Die Projekte zur Demokratiestärkung, die vom Bundesverband und den Landesverbänden betreut werden, sind von den Haushaltseinschränkungen nicht betroffen, da sie mehrjährige Bewilligungen haben. Allerdings droht die Förderung der in den „Kompetenznetzwerken“ organisierten großen Projekte zum 1. Januar auslaufen. Dies führt sowohl bei den Projektmitarbeitenden als auch den Trägervereinen zu Unsicherheiten. Es wäre angesichts der politischen Rahmenbedingungen ein verheerendes Signal, wenn es zu Förderlücken insbesondere bei den Kompetenznetzwerken für Rechtsextremismusprävention und für Antisemitismusbekämpfung käme. Auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, die Ausstiegsberatung und die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sind unverzichtbar, um nur einige Beispiele zu nennen.

Auch die Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte ist durch die Haushaltskrise bedroht: Kürzungen können zu Stellenabbau und in einigen Fällen zum Verlust von Standorten führen. Die landesweite Infrastruktur der Migrationsberatung könnte dadurch nachhaltig geschwächt werden. Mit jedem Tag ohne Lösung steigt das Risiko, dass Träger ausfallen und Fachkräfte abwandern. Dies hätte weniger Begleitung in Integrations- und Sprachkursen sowie bei der Erwerbsintegration zur Folge. Ein fehlender Haushaltsbeschluss für 2024 ist der vorläufige Endpunkt einer Reihe von unsicheren und belastenden Phasen für die Träger. Es besteht die konkrete Befürchtung, dass die anhaltende Unsicherheit dazu führt, dass sich Träger aus der MBE zurückziehen.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.12.2023

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels in den Einrichtungen der Behindertenhilfe werden immer gravierender. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die der Evangelische Fachverband für Teilhabe (BeB) unter seinen Mitgliedseinrichtungen durchgeführt hat. Die große Mehrheit der Befragten gab an, im ersten Halbjahr 2023 stark von den Auswirkungen des Fachkräftemangels betroffen zu sein. So bleiben 60 Prozent der offenen Fachkräfte-Stellen länger als sechs Monate unbesetzt. Dieser dramatische Personalmangel hat nicht nur organisatorische Konsequenzen, sondern wirkt sich auch direkt auf die Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen aus. Eine Mehrheit von 53 Prozent der Befragten bestätigt, dass die Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung dazu geführt haben, dass Einrichtungsplätze nicht wiederbesetzt werden konnten. Anfragen von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen müssen also abgelehnt werden.

Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide: „Menschen mit Behinderungen brauchen professionelle Unterstützung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Die Realität aber ist eine andere: Die Umfrage zeigt, dass der Fachkräftemangel dazu führt, dass die dringend notwendige Unterstützung für Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend gesichert ist. Je weniger Stellen besetzt werden können, desto weniger Plätze stehen auch in den Einrichtungen zur Verfügung. Wir brauchen dringend eine gemeinsame Image-Kampagne für die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Die muss unter Federführung des Bundesarbeitsministeriums für die Eingliederungshilfe auf den Weg gebracht werden.“

Pfarrer Frank Stefan, Vorstandsvorsitzender des BeB: „Die Umfrage-Ergebnisse verdeutlichen in alarmierendem Maße die Notwendigkeit, Sofortmaßnahmen zur Sicherung qualifizierten Personals in der Eingliederungshilfe zu ergreifen. Der anhaltende Fachkräftemangel bedroht die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und stellt eine ernste Herausforderung für unsere Einrichtungen dar. Die Diakonie Deutschland und der BeB appellieren daher an Politik, Gesellschaft und Interessenvertreter*innen, gemeinsam Lösungen zu finden. Daher erwarten wir vom Bund, einen Runden Tisch zu initiieren, um dem Fachkräftemangel in der Eingliederungshilfe entgegenzuwirken.“

Die repräsentative Umfrage des Evangelische Fachverband für Teilhabe (BeB) unter seinen Mitgliedseinrichtungen fand zwischen dem 11. September und dem 16. Oktober 2023 statt: https://beb-ev.de/inhalt/umfrage-zum-personalmangel-2023/

Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen wird jährlich am 3. Dezember begangen. Dieser Tag wurde von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufen, um das Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Rechte und Würde dieser Menschen zu fördern. Der Tag soll dazu beitragen, Barrieren abzubauen, die Menschen mit Behinderungen daran hindern, vollständig an der Gesellschaft teilzunehmen.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Evangelischer Fachverband für Teilhabe (BeB)vom 01.12.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e. V. (djb) gratuliert der in Iran inhaftierten iranischen Aktivistin und Menschenrechtlerin Narges Mohammadi zur Verleihung des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 2023 in Oslo. „Narges Mohammadi spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen in Iran, weil sie sich in ihrem Land für die Förderung der Menschenrechte, Freiheit für alle und eine starke Zivilgesellschaft engagiert“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb. 

Die diesjährige Preisträgerin setzt sich seit Langem ein gegen den Kopftuchzwang für Frauen sowie gegen die Todesstrafe in ihrem Land. Bereits vor Jahrzehnten wurde sie dafür wiederholt inhaftiert, ausgepeitscht und gefoltert. Derzeit ist sie wegen „Propaganda gegen den Staat“ im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis in Haft, weshalb sie den Friedensnobelpreis nicht selbst entgegennehmen konnte. Zum Termin der Preisverleihung am letzten Sonntag ist sie erneut in den Hungerstreik getreten, um Solidarität mit der politisch verfolgten größten religiösen Minderheit in Iran, den Bahai, zu zeigen und internationale Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erregen. In ihrer Nobelpreisrede betont Mohammadi, dass sie nur eine von Millionen stolzer und widerstandsfähiger iranischer Frauen sei.  

Der Friedensnobelpreis für Narges Mohammadi ehrt auch all jene iranischen Frauen, die seit dem staatlichen Femizid von Jina Mahsa Amini am 13. September 2022 unter dem Slogan „Jin, Jîyan, Azadî“ (zu Deutsch: „Frau, Leben, Freiheit“) gegen das Regime auf die Straße gegangen sind. Diese große feministische Protestwelle wurde vom Regime mit aller Macht und mit allen Ressourcen bekämpft. Zahlreiche Menschen erlitten im Zuge der landesweiten Proteste und Inhaftierungen systematisch staatliche, insbesondere sexualisierte Gewalt. „Sexualisierte Gewalt wird vom iranischen Staat als besonders brutale Waffe gegen die Protestierenden eingesetzt. Diese andauernden Menschenrechtsverletzungen müssen umgehend beendet werden“, so Dilken Çelebi, Vorsitzende der Strafrechtskommission des djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 08.12.2023

Aktionsbündnis veröffentlicht Rechtsgutachten zu Schulstraßen und eröffnet damit Kommunen in ganz Deutschland rechtliche Möglichkeiten für mehr Sicherheit im Straßenverkehr für Kinder.

Das Kidical Mass Aktionsbündnis, das Deutsche Kinderhilfswerk und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) haben heute ein gemeinsames Rechtsgutachten zu Schulstraßen vorgestellt. Das Gutachten weist eindeutig nach, dass Kommunen vielfältige Möglichkeiten haben, so genannte Schulstraßen temporär oder dauerhaft einzurichten. Das Straßenverkehrsrecht und das Straßenrecht bieten nach geltender Rechtslage zahlreiche Optionen die Straßen nur für den nicht-motorisierten Verkehr freizugeben und damit für ein sicheres Schulumfeld für die Kinder zu sorgen: Zum Beispiel mittels Teileinziehung, als Fahrradstraße, mit dem Nachweis der qualifizierten Gefahrenlage oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. 

Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch keinesfalls, dass die kürzlich gescheiterte Reform des Straßenverkehrsrechtes damit hinfällig wäre. Denn eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist nach wie vor die Voraussetzung, um die Verkehrswende voranzubringen und mehr kinderfreundliche Mobilität zu ermöglichen. Das Bündnis fordert, Schulstraßen rechtlich zu verankern und die Regelungen zum Nachweis der Gefahrenlage (§ 45, Absatz 9) als Grundvoraussetzung für entsprechende Eingriffe in den Straßenverkehr zu reformieren.

Damit würde die Bundesregierung ein klares Signal für sichere Mobilität von Kindern setzen und mehr Bewusstsein für Schulstraßen schaffen. Das Bundesverkehrsministerium ist daher dringend angehalten, den Prozess noch in der laufenden Legislatur konsequent fortzuführen, statt die Verantwortlichkeit allein bei den Ländern und Kommunen abzuladen.

Rechtsgutachten zum Download

Simone Kraus, Co-Initiatorin und Sprecherin Kidical Mass Aktionsbündnis: „Kinder haben ein Recht darauf, sich sicher, selbstständig und geschützt zu bewegen. Schulstraßen tragen nachweislich zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Kindern bei. Städte wie Wien, Paris und Gent machen es vor. Mit dem Rechtsgutachten haben Politik und Straßenverkehrsbehörden keine Ausreden mehr. Die Einrichtung von Schulstraßen ist rechtlich auch in Deutschland möglich. Jetzt heißt es: Umsetzen!“

Kerstin Hamann, VCD-Bundesvorsitzende: „Während Frankreich und Österreich vorpreschen, hinkt Deutschland bei den Schulstraßen weit hinterher. Dabei muss es oberste Priorität haben, die Verletzlichsten im Verkehr zu schützen: Kinder. Sie sind besonders gefährdet und das Verkehrschaos vor Schulen trägt erheblich dazu bei. Deshalb brauchen Kommunen mehr Spielraum, den Verkehr sicherer zu machen – etwa durch Schulstraßen.“

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, sagt:

„Es gibt viele Argumente für mehr Sicherheit der Kinder im Umfeld der Schulen: Wenn Schulkinder ihren Schulweg eigenständig zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Roller bestreiten können, ohne auf den elterlichen Hol- und Bringdienst angewiesen zu sein oder Gefahr zu laufen, vor dem Schultor von Autofahrenden in Gefahr gebracht zu werden, trägt dies viel zu ihrer Selbstständigkeit bei. Ganz nebenbei tun sie der Umwelt etwas Gutes, erhalten bereits morgens eine dringend benötigte zusätzliche Bewegungseinheit und pflegen beim gemeinsamen Weg mit Freund*innen zudem ihre sozialen Kontakte.“

Zum Hintergrund:

Schulstraßen sind Leuchttürme zur Förderung der sicheren und aktiven Kindermobilität. Und sie bieten ein enormes Potenzial für die Mobilitätswende, wie man an Beispielen in Paris sehen kann. Seit Sommer 2021 gibt es Schulstraßen-Aktionstage auch in Deutschland. Das Kidical Mass Aktionsbündnis hat das Konzept bundesweit verbreitet. Es hat das Konzept auf die Straßen gebracht und tausende Eltern und Kinder, Schulen, Anwohnende und Politker*innen davon begeistert.

Die Stadt Köln startete 2023 daraufhin einjährige Schulstraßen-Pilotprojekte an vier Schulen. Einige Kommunen sind dem Kölner Beispiel gefolgt, darunter Berlin, Bonn, Dresden, Essen und Ulm. Gleichzeitig berichten Städte und Kommunen über die große Rechtsunsicherheit im Bereich „Schulstraße“.

Unter „Schulstraße“ ist ein Set von Maßnahmen und Regeln gemeint, das Kindern im Umfeld von Schulen oder Kitas die Teilhabe an Mobilität und die Verbesserung von Verkehrssicherheit ermöglichen soll. Dafür werden eine oder mehrere Straßen im Umfeld einer Schule (oder Kita) für den Kraftverkehr gesperrt – und somit zugleich die Fahrbahn für den nichtmotorisierten Verkehr freigegeben. Die Sperrung wird typischerweise zeitlich für eine halbe Stunde bis Stunde auf den Schulbeginn oder das Schulende begrenzt (temporäre Schulstraße). Das Umfeld einer Schule kann aber auch dauerhaft autofrei gestaltet werden, um über den ganzen Tag Möglichkeiten zum Verweilen oder Spielen zu schaffen (permanente Schulstraße).

Zum Rechtsgutachten:

Das Rechtsgutachten wurde im Auftrag von Kidical Mass Aktionsbündnis, Deutsche Kinderhilfswerk und VCD von Dr. Olaf Dilling (re Rechtsanwälte PartGmbB) erstellt und untersucht die planungsrechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen sowie straßenrechtlichen Vorgaben und Möglichkeiten zur Einrichtung von Schulstraßen anhand der rechtlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Kidical Mass Aktionsbündnis und VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. vom 13.12.2023

LSVD begrüßt Entscheidung der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz

Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) hat die Broschüre „Wegweiser aus dem Transgenderkult – Elternratgeber“ in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen. Die Indizierung erfolgte aufgrund der diskriminierenden und potenziell verrohenden Wirkung der Broschüre. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen die Indizierung der Broschüre „Wegweiser aus dem Transgenderkult – Elternratgeber“ als jugendgefährdend. Die Begründung, die uns vorliegt, beschreibt diese als „geeignet, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. Das Angebot ist mindestens als jugendgefährdend einzustufen.“ Denn es richte sich in diskriminierender Art und Weise gegen junge trans* und nichtbinäre Menschen. Die BzKJ macht mit dieser Indizierung deutlich, wie gefährlich sogenannte Elternratgeber für trans* und nichtbinäre Jugendliche sein können. Damit kommt sie ihrer wichtigen Pflicht nach, alle Jugendlichen vor gefährlichen Medien zu schützen.

Das Narrativ, dass es sich bei Transgeschlechtlichkeit und Nichtbinarität um einen Trend handle, der sich durch „soziale Ansteckung“ weiterverbreite, und dem durch die Eltern Einhalt geboten werden müsse, schadet auch aus unserer Sicht trans* und nichtbinären Jugendlichen. Die Zahl an trans* Personen verändert sich nicht. Dank in den letzten Jahrzehnten gestiegener gesellschaftlicher Akzeptanz trauen sich immer mehr Menschen, sich zu outen. In der Behauptung, dass viele bei einem Coming-out nur einem Trend folgen, schwingt eine gefährliche Logik mit. Denn im Umkehrschluss müsste man Trans*sein wieder stärker stigmatisieren und weiter abwerten, damit sich so wenig Menschen wie möglich als trans* outen. Zudem wird diesem Narrativ zufolge Trans*geschlechtlichkeit grundsätzlich abgewertet.

Insbesondere trans* Kindern und Jugendlichen wird oft das eigene Wissen, wer sie sind, nicht geglaubt. Sie werden nicht ernst genommen oder unterstützt, obwohl wissenschaftlich eindeutig belegt ist, dass sich bereits Kinder und Jugendliche über ihre geschlechtliche Identität im Klaren sind. Außerdem belegen verschiedene Studien, wie negativ ein nicht unterstützendes soziales Umfeld sich auf die mentale Gesundheit von trans* Jugendlichen auswirken kann.

Weiterlesen

Broschüre: 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit 

Trans*: Hype der Gender-Ideologie und Gefahr für Kinder und Jugendliche? Fragen und Antworten zu Transgeschlechtlichkeit 

Alle Dokumente bzgl. der Indizierung von „Wegweiser aus dem Transgenderkult“ von „Lasst Frauen sprechen“ – FragDenStaat

Deutsches Jugendinstitut (2015). Coming-out – und dann…?! Ein DJI-Forschungsprojekt zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans* Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 11.12.2023

Nachverhandlungen in entscheidenden Punkten nötig

Das Selbstbestimmungsgesetz befindet sich in den parlamentarischen Verhandlungen. Am 15.11. wurde es in der ersten Lesung im Bundestag diskutiert. Am 28.11. kamen Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung im Familienausschuss zusammen. Nun besteht die letzte Gelegenheit, den Entwurf in einzelnen Regelungen nachzubessern und die Stellungnahmen der Zivilgesellschaft miteinzubeziehen. Dazu erklären der Bundesverband Trans* (BVT*) und der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD):

In einem ersten Zeitplan für das Gesetzgebungsverfahren war vorgesehen, dass das Selbstbestimmungsgesetz noch im Dezember 2023 in die 2./3. Lesung und damit in Abstimmung geht. Momentan ist unklar, ob die beteiligten Ampelfraktionen an diesem Vorgehen festhalten werden. 

Dazu erklärt Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* (BVT*): “Viele Personen wünschen sich, dass ein Selbstbestimmungsgesetz möglichst bald in Kraft tritt. Gleichzeitig gibt es mehrere Kritikpunkte an dem aktuellen Entwurf, sodass Nachbesserungen dringend erforderlich sind. Wir appellieren an alle Beteiligten, den Prozess nicht zu überstürzen und so lange wie notwendig miteinander über Änderungsvorschläge zu diskutieren und zu verhandeln. Ziel muss sein, ein Gesetz einzuführen, das trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen in ihren Grundrechten respektiert.”

Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) fügt hinzu: “Der aktuelle Regierungsentwurf würde den Änderungsprozess des rechtlichen Geschlechtseintrags für intergeschlechtliche Personen u.a. durch die Dreimonatsfrist, die Regelung zum Eltern-Kind-Verhältnis und die Übermittlung der Informationen an Sicherheitsbehörden aktiv verschlechtern. Das ist inakzeptabel. In der Gesetzesbegründung werden sowohl intergeschlechtliche als auch nicht-binäre Menschen kaum erwähnt. Und im aktuellen Entwurf unterliegen Minderjährige und Menschen mit Betreuungsstatus weiterhin einer fremdbestimmten Entscheidung – er verfehlt damit im Kern sein Ziel: Selbstbestimmung. Wir fordern Selbstbestimmung ohne Einschränkung für alle trans*, inter* und nicht-binären Menschen.”

Diese Punkte wurden auch in der Anhörung im Familienausschuss zum Selbstbestimmungsgesetz gestärkt. Dort waren Nele Allenberg (Deutsches Institut für Menschenrechte), Bettina Heiderhoff (Universität Münster), Kalle Hümpfner (Bundesverband Trans*), Richard Köhler (Transgender Europe), Henrike Ostwald (Deutscher Frauenrat) und Sybille Winter (Charité Berlin) für die Fraktionen der Ampelparteien geladen. Als Sachverständige sprachen sich alle für eine Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung auf der rechtlichen Ebene aus. An einzelnen Regelungen im Gesetzentwurf wurde jedoch auch Kritik geübt. 

Wiederholt wurde in diesem Zusammenhang die vorgesehene automatisierte Datenübermittlung an Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden (§ 13 Abs. 5 SBBG-E) erwähnt. Diese allgemeine Datenweitergabe sei unverhältnismäßig und widerspreche dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dazu erklärt Alva Träbert vom LSVD: “Die geplante automatisierte Datenübermittlung löst bei Menschen, die ihren Personenstand nach SBGG ändern wollen, berechtigte Sorge aus. Sie könnte trans* und intergeschlechtliche Personen zukünftig z.B. davon abhalten, als Zeug*innen auszusagen, weil sie dann in den Registern der Sicherheitsbehörden gespeichert sind – und damit bei einer späteren Personenstandsänderung auch Informationen über ihre Transition aufgenommen werden.”

Anna-Katharina Mangold (Uni Flensburg) formulierte im  Familienausschuss des Bundestags deutliche Kritik an den Einschränkungen für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Dass bei der Änderung des Geschlechtseintrags an einen bestimmten Aufenthaltsstatus angeknüpft werde, sei ein klares Problem, da es um ein Menschenrecht gehe. Auch die vorgeschlagene abstammungsrechtliche Regelung (§ 11 SBBG-E) wurde kritisiert, da sie die Eintragung als rechtliches Elternteil für Personen erschwert, die ein Kind gezeugt haben, aber keinen männlichen Geschlechtseintrag führen. Würde der Entwurf unverändert in Kraft treten, müssten beispielsweise trans* Frauen, die biologisches Elternteil sind, ein Gerichtsverfahren durchlaufen, um rechtlich als Elternteil anerkannt zu werden. 

Änderungen beim Selbstbestimmungsgesetz werden seit der Veröffentlichung des Referent*innen-Entwurfs im Mai 2023 von einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen gefordert – darunter der Deutsche Frauenrat, das Deutsche Institut für Menschenrechte, der Deutsche Juristinnenbund, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, der Paritätische Gesamtverband, die Frauenhauskoordinierung und nicht zuletzt Beratungsinstanzen der Bundesregierung selbst wie die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung und der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Kalle Hümpfner erklärt in diesem Zusammenhang abschließend: “In den vergangenen Monaten ist deutliche Kritik aus menschenrechtlicher Perspektive an dem Entwurf geäußert worden. Es wäre eine äußerst schmerzliche Entwicklung, wenn die Kritik unberücksichtigt bliebe. Die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes darf jetzt nicht übers Knie gebrochen werden.”

Weiterlesen: 
Schriftliche Zusammenfassung und Mitschnitt der Ausschussanhörung

Schriftliche Stellungnahme von Kalle Hümpfner zur Vorbereitung der Ausschussanhörung

Gemeinsame Stellungnahme von LSVD und IMeV zum Regierungsentwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz

Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) zum Selbstbestimmungsgesetz

Petition auf innn.it “Diskriminierung & Misstrauen raus aus dem Selbstbestimmungsgesetz!”:  https://innn.it/jazuselbstbestimmung

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 07.12.2023

Noch ist nicht bekannt, was in welchen Ressorts konkret gekürzt wird.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, erklärt:

“Scholz, Habeck und Lindner haben in ihren Erklärungen angekündigt, mit ihrem Kompromiss klimapolitisch relevante Projekte fortführen und die Ukraine weiterhin unterstützen zu wollen, ohne soziale Standards in Deutschland abzusenken. Beruhigen kann diese Ankündigung noch nicht. Die Ampel-Partner haben konkret benannt, was weiter im Programm bleiben soll – wie etwa die Förderung beim Heizungsumbau oder die Absenkung der Einkommensteuer um 15 Milliarden Euro. Was Einsparungen anbelangt, haben sie jedoch lediglich Beispiele genannt. Offen ist, in welchen Ressorts was konkret gekürzt worden ist. Für uns als Wohlfahrtsverband stellt sich so die dringliche Frage, was ist mit den Freiwilligendiensten, was ist mit der Migrationssozialarbeit, mit der Unterstützung von Sozialverbänden oder wie sieht es mit Einsparungen bei Sozialtransfers aus. Das Mindeste, was wir erwartet hätten, wäre eine sofortige Aufhebung der aktuellen Haushaltssperre für die sozialen Dienste gewesen. Ein zeitlicher Fahrplan zur Verabschiedung des Haushalts wurde jedoch noch immer nicht vorgelegt. Viele soziale Träger wissen damit noch immer nicht, wann sie Planungssicherheit erhalten werden.”

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 13.12.2023

Statt reale Herausforderungen zu lösen, werde inhumane Symbolpolitik betrieben.

Anlässlich der Sachverständigenanhörung im Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat zum sogenannten “Rückführungsverbesserungsgesetz” warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband eindringlich vor weiteren Verschärfungen des Migrations- und Asylrechts. Der vorliegende Gesetzentwurf sehe weitreichende Eingriffe in Grund- und Menschenrechte vor, die in keinem Verhältnis zur Wirksamkeit des Gesetzes stünden, kritisiert der Verband. Die Pläne seien vielmehr das Gegenteil einer lösungsorientierten, vorausschauenden Flüchtlingspolitik und zutiefst inhuman. Der Paritätische appelliert an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, den Vorschlägen nicht zu folgen.

“Eine Beschleunigung von Abschiebungsverfahren und die Ausweitung der Abschiebungshaft werden erfahrungsgemäß nicht zu mehr, sondern vor allem zu härteren Abschiebungen führen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. So gehe die Bundesregierung selbst davon aus, mit den geplanten Maßnahmen ca. 600 Menschen pro Jahr mehr abschieben zu können – von einer spürbaren Entlastung der Kommunen könne also keine Rede sein.

Besonders kritisch bewertet der Paritätische, dass die Möglichkeit zur Inhaftierung massiv ausgeweitet werden soll und künftig selbst die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Privatsphäre unbeteiligter Dritter missachtet würde, um ausreisepflichtige Personen finden und abschieben zu können – dies gelte selbst für Wohnungen von Familien mit Kindern und zur Nachtzeit. Zutiefst besorgt ist der Verband darüber hinaus über die Ankündigung, dass im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens auch geregelt werden soll,  dass Asylbewerbern künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen gewährt werden sollen.

“Statt reale Herausforderungen zu lösen, wird hier inhumane Symbolpolitik betrieben. Nicht einmal auf Kinder wird hierbei Rücksicht genommen”, so Schneider. “Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme, bis hin zur Traumatisierung von Kindern, verschärfen.”

Weiterführende Links

Stellungnahme des Paritätischen zum Gesetzentwurf

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 11.12.2023

Die geplanten Verschärfungen der Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung treffen viele Menschen hart.

Der Paritätische Gesamtverband begrüßt im Wesentlichen die geplante Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, warnt aber ausdrücklich vor der Verabschiedung der ebenfalls im Gesetzentwurf enthaltenen Verschärfungen im Hinblick auf die Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, erklärt dazu:
„Politische Rechte dürfen nicht vom Einkommen oder einer Vollzeittätigkeit abhängig gemacht werden. Das Einbürgerungsrecht ist dafür da, die demokratische Teilhabe der Menschen zu fördern und sicherzustellen, die bereits seit Längerem in Deutschland leben. Mit der geplanten Verschärfung der Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung werden Menschen nach Wirtschaftlichkeitskriterien auf reines Humankapital reduziert. Dieses Gesetz bedeutet eine massive Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder Pflegebedürftigkeit und ihren Angehörigen. Viele Menschen werden betroffen und teilweise dauerhaft von der Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen, ausgeschlossen sein. So können zum Beispiel viele Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung und ihre pflegenden Angehörigen ihren Lebensunterhalt nicht (vollständig) sichern oder in Vollzeit arbeiten. Sie werden voraussichtlich besonders hart von dieser Regelung betroffen sein, was einen Verstoß gegen die UN Behindertenrechtskonvention darstellt. Andere Gruppen, wie alleinerziehende Elternteile werden auf unbestimmte Zeit von einer Einbürgerung ausgeschlossen. Außerdem wird mit dem Entwurf ein überholtes Familienbild belohnt, bei der eine geteilte Kinderbetreuung und die damit einhergehende Teilzeitbeschäftigung beider Elternteile nicht vorgesehen ist. Dies steht eklatant im Widerspruch mit der sonst im Gesetzentwurf prominenten Betonung der Gleichbehandlung von Mann und Frau. Und auch ältere Menschen, die nicht im Rahmen eines Abwerbeankommens nach Deutschland gekommen sind und ihren Lebensunterhalt nicht vollständig sichern können, werden von dieser Gesetzesverschärfung erfasst, die eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt. Die Umsetzung dieser Pläne wären ein echter Rückschritt und das Gegenteil einer zeitgemäßen und gerechten Einbürgerungspolitik.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 06.12.2023

Neuer UNICEF-Bericht über Kinderarmut in den reichsten Ländern der Welt

Das Risiko, dauerhaft in Armut zu leben, begleitet mehr als eine Million Kinder in Deutschland. Seit einem Jahrzehnt ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die in Armut aufwachsen, nahezu unverändert hoch. Im neuen Forschungsbericht des UNICEF-Forschungsinstituts Innocenti rangiert Deutschland im unteren Mittelfeld – auf Platz 25 der insgesamt 39 untersuchten OECD- und EU-Staaten. Vor diesem Hintergrund fordert UNICEF Deutschland die politisch Verantwortlichen auf, effektiver und nachhaltiger in Kinder und Jugendliche zu investieren.

Laut der Studie lebt jedes fünfte Kind in den OECD- und EU-Ländern in Einkommensarmut, insgesamt 69 Millionen Kinder. In der Europäischen Union sind rund sechs Millionen Kinder betroffen und bei insgesamt 6,6 Millionen Kindern können materielle Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden. Ihre Familien können es sich zum Beispiel nicht leisten, die Wohnung ausreichend zu heizen, abgenutzte Kleidung zu ersetzen oder für genügend Lebensmittel, geschweige denn Spielzeug zu sorgen. Auch hier liegt Deutschland nur im Mittelfeld, rund 800.000 Kinder waren 2021 von dieser materiellen Form der Armut betroffen.

Kinder, die dauerhaft oder immer wieder in Armut leben müssen, zeigen laut des Berichts mehr als doppelt so häufig soziale und emotionale Verhaltensauffälligkeiten. Viele von ihnen weisen einen geringeren Wortschatz auf und erkranken häufiger an Depressionen als Kinder, die in Wohlstand aufwachsen.

Länder, die laut Forschungsbericht im Vergleich am schlechtesten abschnitten, sind Frankreich und Großbritannien. In Frankreich stieg die Kinderarmut von 2012 bis 2021 um zehn Prozent an, in Großbritannien sogar um 20 Prozent. Kürzungen der Familienleistungen sind einer der Gründe für die Situation im Vereinigten Königreich.

Gegenbeispiele sind Polen, Slowenien, Lettland und Litauen. Diese Länder minderten Kinderarmut im Untersuchungszeitraum um mehr als 30 Prozent. Polen hat dafür unter anderem in Familienleistungen investiert, Slowenien den Mindestlohn erhöht.

Das Fazit des Berichts: Die Politik hat es weitgehend in der Hand, Kinderarmut effektiv zu bekämpfen.

Die aktuelle Haushaltskrise dürfe nicht dazu führen, dass bei der Bekämpfung der Kinderarmut gespart werde, sagte Sebastian Sedlmayr, Leiter Advocacy und Politik bei UNICEF Deutschland. „Wie Kinder und Jugendliche heute aufwachsen, entscheidet mit über die Zukunft eines Landes. Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen appellieren wir deshalb an die Bundesregierung sowie die Länder und Kommunen, trotz der aktuellen Haushaltskrise mehr für Kinder zu tun, die in Armut leben. Neben einer effektiven Kindergrundsicherung geht es dabei um den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur für Kinder.“

Eine Verbesserung der Situation wünscht sich auch eine dreifache, alleinerziehende Mutter aus Beeskow in Brandenburg im Gespräch mit UNICEF. Die Stadt ist eine „Kinderfreundliche Kommune“. Damit verpflichtet sie sich zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf kommunaler Ebene. Die vierköpfige Familie lebt momentan vom Bürgergeld und ist auf Hilfe angewiesen, erzählt die Mutter: „Ich muss regelmäßig zur Lebensmittelausgabe der Tafel, damit meine Kinder gesund und ausgewogen essen können. Kein Kind sucht sich aus, in Armut aufzuwachsen. Ich hoffe nicht nur für meine, sondern für alle betroffenen Kinder, dass die Politik sie nicht weiter zurücklässt.“

Mehr als jedes siebte Kind in Deutschland macht sich laut des Forschungsberichts permanent oder häufig Sorgen um Geld, das Thema ist allgegenwärtig in betroffenen Familien. „Wir haben einen absoluten Not-Euro für Zeiten, wenn gar nichts mehr da ist. Das wissen meine Kinder, und es belastet sie natürlich,“ so die Mutter aus Beeskow.

Service für die Redaktionen

Das UNICEF-Forschungsinstitut Innocenti vergleicht in seiner „Report Card“-Serie seit dem Jahr 2000 regelmäßig die Situation von Kindern in den reichsten Ländern der Welt. Die 19. Ausgabe vergleicht Kinderarmut in den 40 Ländern der OECD und EU über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Der Verein Kinderfreundliche Kommunen e.V. setzt sich dafür ein, dass immer mehr Orte in Deutschland kinderfreundlicher werden und die Kinderrechte stärker in den Fokus ihres politischen Handelns stellen. Der Verein vergibt dazu ein Siegel an Städte und Gemeinden, die einen Aktionsplan für die lokale Umsetzung von Kinderrechten verabschiedet haben – unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst. Getragen wird der Verein von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk.

» Der vollständige Innocenti-Bericht in englischer Sprache steht hier zum Download bereit.

» Eine deutsche Zusammenfassung des Berichts finden Sie auf dieser Seite.

» Für weitere Informationen und Interviews stehen Dr. Sebastian Sedlmayr, Leiter der Stabsabteilung Advocacy und Politik, und Jan Braukmann, Referent Advocacy und Politik, gerne zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Komitee für UNICEF e.V. vom 06.12.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. Dezember 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Berlin

Rituale fördern den sozialen Zusammenhalt. Ob Hochzeit, Amtseinführung, oder Begrüßung: Rituale haben sich stets verändert und im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt. Die Bedeutung von Ritualen ist je nach Kultur und Zeitgeist dementsprechend unterschiedlich geprägt. Vom Ursprung des religiösen Ritus entfernt, bedienen beispielsweise Alltags- und Übergangsrituale oder politische Rituale in der heutigen Zeit das Bedürfnis, soziale Solidarität herzustellen. Ritualisierte Praktiken formen damit Realitäten, die durch Symbolik entstehen. Dabei interpretieren und ordnen Rituale die Welt, in der wir leben. Sie ermöglichen in ihren Wiederholungen eine Vertiefung von Aufmerksamkeit und Erfahrungen von Veränderung und Weltbezug. Aber was bedeuten Rituale heute noch für uns als Gesellschaft? Brauchen wir sie gerade jetzt mehr denn je, um in unserer schnelllebigen, affektbestimmten und lauten Welt klarzukommen? Kurz vor den Weihnachtsfeierlichkeiten und zum Abschluss des Jahres wollen wir über die kontemplative Kraft von Ritualen sprechen mit: Ronja von Rönne (Schriftstellerin, Moderatorin) und Ana-Maria Trăsnea (MdB SPD). Moderiert von Boussa Thiam (Journalistin, Moderatorin).

Programm

18.30 Uhr > Einlass/Ankommen
19.00 Uhr > Beginn des Gesprächs, bis ca. 20.00 Uhr
Bis 21.30 Uhr > Ausklang mit kleinem Imbiss und Getränken

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bei Interesse bis zum 21.12.23 hier an.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier auf der Webseite.

Termin: 17. – 18. Januar 2024

Veranstalter: Evangelische Akademie Loccum in Kooperation mit dem Institut Arbeit und Technik (IAT)/Westfälische Hochschule, Ruhr Universität Bochum, der Universität Osnabrück und HGAL e.V. (Humane Gestaltung von Arbeit und Leben)

Ort: Rehburg-Loccum

Angesichts des demographischen Wandels und des Fach- und Arbeitskräftemangels steht die   häusliche Versorgung pflegebedürftiger Personen vor großen Herausforderungen. Sie werden sich nur bewältigen lassen, wenn es gelingt, Sorgenetzwerke zu stärken, die Erwerbsarbeit und private Care-Arbeit, professionelle ambulante Dienste und ehrenamtliches Engagement miteinander zu verbinden. So wird die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für pflegende An- und Zugehörige verbessert. Was ist hierfür zu tun?

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Tagungsgeühr: 130,- € (inkl. USt.) für Übernachtung, Verpflegung, Kostenbeitrag; für Schüler/innen, Auszubildende, Studierende, Freiwilligendienst-ler sowie Arbeitslose Ermäßigung nur gegen Bescheinigung auf 65,- €. Eine Reduzierung der Tagungsgebühr für eine zeitweise Teilnahme ist nur nach vorheriger Abstimmung möglich.

Termin: 19. Januar 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Strukturelle Missstände, die in einem patriarchalen, rassistischen, neoliberalen und kapitalistischen System bereits wirken, werden innerhalb der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse immer weiter intensiviert. „Die Diskrepanz zwischen Leitbild und Realität und die widersprüchlichen Anforderungen kann frau zunehmend weniger als öffentliches Problem erkennen und thematisieren, deren Bewältigung gilt als ihre persönliche Aufgabe, die ihr gelingt oder mit der sie scheitert.“ (Bitzan, Maria: Konflikt und Eigensinn. Die Lebensweltorientierung repolitisieren. In: Neue Praxis, 30/2000). Doch was kann Mädchen*arbeit hier bewirken? Innerhalb der Veranstaltung möchten wir dieser Frage gemeinsam auf den Grund gehen.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Sarah Volk,Bildungsreferentin|Sozialarbeiterin M.A., Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e.V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

 

Termin: 25. März 2024

Veranstalter: Wilhelm-Schmidt-Bundesakademie der AWO

Ort: Online

Als Mitglied eines Jugendhilfeausschusses sind Sie ein Bindeglied zwischen der Arbeiterwohlfahrt als Träger der freien Jugendhilfe und dem kommunalen Jugendamt. Damit Sie Ihre wichtige Arbeit im Jugendhilfeausschuss wirkungsvoll gestalten können, werden Sie in diesem Seminar informiert darüber,

  • welche Rolle der Jugendhilfeausschuss innerhalb der Jugendarbeit und als Gremium Ihres Landkreises oder Ihrer kreisfreien Stadt einnimmt,
  • über welche Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten Sie persönlich als Mitglied dieses Gremiums verfügen und
  • wie die Verfahrensweise vor und während der Sitzungen des Jugendhilfeausschusses im Einzelnen ausgestaltet ist.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Tagungsbebühr:

150,00 € (für AWO)
180,00 € (für Externe)

Termin: 24. – 25. April 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

Ort: Apolda

Die Kindergrundsicherung wird derzeit im parlamentarischen Verfahren intensiv diskutiert und soll ab 2025 die zentrale Leistung für die Existenzsicherung von Kindern und Jugendlichen sein. Mit der Umsetzung soll der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit die zentrale Behörde und Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche werden. Dennoch werden weiterhin Schnittstellen sowohl inhaltlicher als auch praktischer Art für Familien und Verwaltung vorhanden sein. Damit die Kindergrundsicherung auch bei allen Anspruchsberechtigten ankommt, ist die gute Umsetzung durch den Familienservice – aber auch die gute Zusammenarbeit mit den ebenfalls für die Familien relevanten Akteure der monetären Sicherung vor Ort maßgeblich. In der Veranstaltung werden daher die Schnittstellen der relevanten Akteure sowie die Möglichkeiten der Vernetzung und Zusammenarbeit in den Blick genommen. Ausgehend von Ihren Erfahrungen zu aktuell gut funktionierender Netzwerkarbeit sollen Gelingensbedingungen, Potentiale und hilfreiche Anknüpfungspunkte aufgezeigt werden. Gleichzeitig gilt es, frühzeitig noch offene Fragen dahingehend zu formulieren und zu diskutieren, wie es gelingt, dass Familien vor Ort den Weg zur Kindergrundsicherung finden und alle beteiligten Akteure für die notwendigen Kooperationen/Netzwerke sensibilisiert werden.

Diese Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte auf kommunaler Ebene aus dem Aufgabenbereich Familienkasse, Familienservice, Unterhaltsvorschuss, SGB II/XII, Wohngeld sowie Anlaufstellen für Familien wie Familienzentren/Familienbüros und weitere Interessierte.

Anmeldeschluss ist spätestens am 25. Januar 2024

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

www.deutscher-verein.de/de/va-24-leistungen-familien-kinder

Für fachliche Fragen steht Ihnen gern zur Verfügung:

Dr. Romy Ahner
Wissenschaftliche Referentin
Arbeitsfeld II Kindheit, Jugend, Familie, Soziale Berufe
Tel.: +493062980-206 
E-Mail: Romy.Ahner@deutscher-verein.de

Bei organisatorischen Fragen wenden Sie sich gern an:

Bärbel Winter
Veranstaltungsmanagement
Tel.: 030 62980-605
E-Mail: baerbel.winter@deutscher-verein.de

Termin: 12. Juni 2024

Veranstalter: Wilhelm-Schmidt-Bundesakademie der AWO

Ort: Möhnesee

Drei Millionen Kinder und Jugendliche gelten in Deutschland als arm. Hierunter befinden sich auch viele Kinder im Krippen- und Kindergartenbereich. Für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen stellt sich der Umgang mit armutsbelasteten Kindern und Familien als Herausforderung dar. Gleichwohl muss die Kindertageseinrichtung als wichtige Ressource zur Stärkung von armutsbetroffenen Kindern angesehen werden.

Im Seminar werden Wissen zu Armut und den Auswirkungen vermittelt und einhergehende Belastungen der Kinder und der Familien thematisiert. Die eigenen Bilder zu Armut und die pädagogische Arbeit werden aus einer vorurteilsbewussten Perspektive reflektiert.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Tagungsbebühr:

380,00 € (für AWO)
440,00 € (für Externe)

Termin: 23. – 25. September 2024

Veranstalter: Wilhelm-Schmidt-Bundesakademie der AWO

Ort: Netphen

In einer Kita muss das angebotene Essen grundsätzlich gekostet werden. Eine pädagogische Fachkraft fällt durch rassistische Äußerungen auf. Ein Vater behauptet, dass eine Fachkraft bei Übergriffen unter Kindern untätig bleibt. Fehlverhalten und Gewalt durch Fachkräfte kann viele Formen annehmen und offen, aber auch sehr subtil sein. Die Unsicherheit im Umgang damit ist groß. Was darf ich überhaupt noch? Welche Rechte haben Kinder? Wie kann Fehlverhalten möglichst präventiv verhindert werden? Was tun, wenn etwas passiert ist? Wie reagieren bei Falschbeschuldigungen? Wann ist eine Meldung an die Aufsichtsbehörden erforderlich? Welche Bausteine gehören zu einem Gewaltschutzkonzept und welche Rolle spielen Beschwerdeverfahren? Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird in der Veranstaltung dargestellt, wie ein Gewaltschutzkonzept erarbeitet und im pädagogischen Alltag verwirklicht werden kann.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Tagungsbebühr:

620,00 € (für AWO)
720,00 € (für Externe)

WEITERE INFORMATIONEN

In der Publikation wird unter anderem betont, wie wichtig der politische Wille ist, präventive Maßnahmen umzusetzen, auch wenn deren Effekte schwer quantifizierbar sind und sich erst Jahre später zeigen – „There is no glory in prevention“. Hierfür ist zwingend der gesamtgesellschaftliche, von den (monetären) Interessen von Einzelressorts befreite Blick zentral. Stattdessen müssten sowohl die individuellen Effekte für die Familien als auch die gesamtgesellschaftlichen Effekte in das Zentrum rücken. Dies gelte umso mehr angesichts der zahlreichen Krisen, denen sich die Familien und die Gesellschaft aktuell ausgesetzt sehen. Nur dann könne es  gelingen, die große Stärke der Heterogenität sowohl in der Arbeit mit Familien, als auch in der Arbeit mit familienunterstützenden Strukturen eine zentrale Stärke zu nutzen. Denn diese Potentiale zu heben, brauche viel Aufmerksamkeit und Zuwendung, die derzeit noch nicht ausreichend möglich sind.

Mit diesen Plädoyers bildeten die Diskussionen einen wichtigen thematischen Kontrapunkt in der familienpolitischen Debattenlandschaft.

In der Publikation werden mehrere Themen vertieft:

  • Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen für gelingende Familienunterstützung: Monetäre und infrastrukturelle Unterstützung von Familien dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nur durch die kombinierte Verschränkung von finanziellen und strukturellen Maßnahmen – ergänzt um Investitionen in Infrastruktur – ist eine langfristige Verbesserung der Situation für Familien möglich.
  • Strukturelle Herausforderungen und Chancen im Bereich der Familienbildung: Die (überwiegend weiblich geprägte) Personalstruktur der Familienbildung baut auf Ehrenamt, Honorarverträge und Teilzeitarbeit auf und ist damit zugleich eine Struktur, die zunehmend unter Druck gerät. Hier muss mit gesellschaftlicher und finanzieller Anerkennung, guten Ausbildungsbedingungen und der Sichtbarkeit des Arbeitsfeldes auf dem Bildungsmarkt gegengesteuert werden. Das Umsetzungsdefizit in Bezug auf rechtlich klar geregelte Zuständigkeiten bei der Organisation und Koordination von Angebotsstrukturen muss strategisch angegangen werden.
  • Ansprache und Werthaltungen in der Familienunterstützung: Gelingende Unterstützungssettings verlangen die Reflexion der eigenen Position. Die Rolle der Sprache ist dabei kaum zu überschätzen. Die Publikation benennt strukturelle Rahmenbedingungen, die für respektvolle und hilfreiche Unterstützungsarbeit essentiell sind.

Hintergrund:

Das Bundesforum Familie (BFF) ist ein Dialogforum mit ca. 120 Organisationen aus verschiedenen Bereichen, u. a. Wohlfahrts-, Fach- und Familienverbände, Stiftungen, Ministerien und Parteien, Forschungseinrichtungen sowie Gewerkschaften. Ziel ist es, die gesellschaftlichen Strukturen für Familien zu verbessern. Das Bundesforum Familie erörtert in zweijährigen Diskussionsprozessen verschiedene Themenschwerpunkte, zu denen die beteiligten Organisationen ihre Positionen und ihre Erfahrungen aus der Praxis einbringen, um Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

In den Jahren 2022/2023 arbeiteten die Mitglieder zum inhaltlichen Schwerpunkt „Unterstützungsstrukturen für Familien: Wie sind Angebotsstrukturen der Familienunterstützung in Deutschland konzipiert, organisiert und umgesetzt?“ Die nun vorliegende Publikation fasst den Prozess, der aus Fachveranstaltungen und Arbeitsgruppentreffen bestand, zusammen.

Diese kann als PDF hier und auf unserer Website bundesforum-familie.de abgerufen werden. Für Druckexemplare wenden Sie sich gerne an die Geschäftsstelle des Bundesforums Familie: info@bundesforum-familie.de

Gelebte Vielfalt: Alle Kinder sind willkommen!

Der neue AWO-Flyer „Gelebte Vielfalt: Alle Kinder sind willkommen! Trans Kinder und ihre Geschwister in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege“ (Stand November 2023) ist veröffentlicht worden und kann per eMail unter werbung@awo.org (Artikel-Nr. 12130, Gebinde à 50 Stück) bestellt* werden.

Zielgruppen sind Mitarbeiter*innen der Arbeitsfelder Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege, Eltern und darüber hinaus Interessierte.

Hintergrund:

Trans bezeichnet die Diskrepanz zwischen der geschlechtlichen Selbstwahrnehmung bzw. der geschlechtlichen Selbstzuordnung und dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. 2023 wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) vorgelegt. Dieses Gesetz soll u.a. trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Gleichzeitig hat die mediale Aufmerksamkeit dafür gesorgt, dass zunehmend auch für die Situation von trans Kindern und ihren Familien ein Bewusstsein besteht.

Das bedeutet, dass trans Kinder in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sichtbarer werden. Die damit einhergehenden Informations- und Beratungsbedarfe werden mit dem vorgelegten Flyer aufgegriffen.

*Der Flyer ist kostenlos. Es werden nur Versandkosten i.H.v. 4,95 € in Rechnung gestellt. 

Flyer zum Download:

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 16/2023

AUS DEM ZFF

Am Dienstag, dem 28.11.2023, fand die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag zum Selbstbestimmungsgesetz statt. Das Zukunftsforum Familie hat dazu eine Stellungnahme eingereicht. In dieser wird das Vorhaben einen Selbstbestimmungsgesetzes grundsätzlich als Verbesserung zum jetzigen TSG begrüßt. Gleichzeitig wird dringender Nachbesserungsbedarf angemahnt, denn in einigen Paragrafen und Begründungen scheint ein nicht gerechtfertigtes Misstrauen durch. So müssen insbesondere Ausschlüsse für bestimmte Gruppen von Ausländer*innen, die Zustimmungspflicht der Erziehungsberechtigen bei 14-17-Jährigen und eine automatisierte Weitergabe von Informationen an Sicherheitsbehörden dringend überdacht werden. Außerdem erinnert die Stellungnahme an die dringend benötigte Reform des Abstammungsrechts und spricht sich dagegen aus, dieser im Selbstbestimmungsgesetz vorwegzugreifen und Verschlechterungen für trans*, nicht-binäre und intergeschlechtliche Eltern einzuführen.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Heute findet nach langen und mühsamen Verhandlungen endlich die Expert*innenanhörung zum Bundeskindergrundsicherungsgesetz im Deutschen Bundestag statt. Das ZFF äußert sich kritisch zum vorgelegten Gesetzentwurf, da er in seiner jetzigen Version nur bedingt das Versprechen halten kann, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Wir brauchen grundlegende Verbesserungen am Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. Der Gesetzentwurf zeigt an einigen Stellen Wege zur Lichtung des Familienförderdschungels auf, aber insgesamt ist er ein unausgegorenes Ergebnis politischen Streits, der das Ziel aus dem Blick verloren hat. Wir erwarten eine #EchteKindergrundsicherung. Das ZFF fordert deshalb neben einer ausreichenden und armutsvermeidenden Höhe der neuen Leistung, die Vermeidung von Doppelstrukturen, mehrfacher Antragsstellung und auch ein Ende der Bevorteilung von vermögenden Eltern durch die Kinderfreibeträge. Zudem ist eine #EchteKindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder, weshalb der Ausschluss von Kindern im Asylbewerberleistungsbezug nicht akzeptabel ist.  

Gelingen diese Nachbesserungen nicht, wird diese neue Leistung keinen großen Beitrag beim Kampf gegen Kinderarmut und sozial gerechter Umverteilung leisten können. Nur eine #EchteKindergrundsicherung kann das Versprechen einhalten, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen und ihre Teilhabe zu stärken!“ 

Schwab ergänzt: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Grundstein für eine gute und nachhaltige Reform zu legen und das bisher ungerechte System der familienfördernden Leistungen vom Kopf auf die Füße zu stellen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten und dieses Zeitfenster im Sinne der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien bestmöglich nutzen.“

Unsere überarbeitete Stellungnahme zum Gesetzentwurf können Sie hier herunterladen. 

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 13.11.2023

SCHWERPUNKT I: Selbstbestimmungsgesetz

Warnungen von Experten und besorgten Eltern werden ignoriert

Die heutige öffentliche Anhörung zum Selbstbestimmungsgesetz im Bundestag hat die Schwächen des Ampel-Vorhabens zu einem Selbstbestimmungsgesetz offengelegt. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die zuständige Berichterstatterin Mareike Lotte Wulf:

Dorothee Bär: „Die Experten haben die Einwände bestätigt: Der Gesetzentwurf ist vor allem aus kinder- und jugendpolitischer Sicht gefährlich. Gerade die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus handelt hier unverantwortlich. Statt ihrem Schutzauftrag für Kinder- und Jugendliche nachzukommen, ignoriert die Ampel beharrlich die Warnungen der Fachwelt wie auch die Stimmen von besorgten Eltern und peitscht ein weiteres Ideologieprojekt rücksichtslos durch. Die wenigsten Jugendlichen fühlen sich in ihrem Körper wohl während der Pubertät, söhnen sich mit ihrem Geburtsgeschlecht aber später wieder aus. Der Druck in den sozialen Medien und ein solches Gesetz wirken zusätzlich affirmativ.  Kinder und Jugendliche ohne Begutachtung in eine solch lebensverändernde Maßnahme wie einen Geschlechtswechsel hineinlaufen zu lassen, ist fahrlässig. Die Ampel gefährdet eine vulnerable Gruppe und richtet insgesamt mehr Schaden an als Nutzen.“

Mareike Lotte Wulf: „Die völlige Entkoppelung des rechtlichen vom biologischen Geschlecht sorgt nicht nur für Kopfschütteln bei vielen Menschen in unserem Land, sondern führt zu handfester Rechtsunsicherheit – gerade auch für Betroffene. Nachdem wir als Unionsfraktion bereits in den letzten Wochen immer wieder die rechtlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen kritisiert haben, die das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel verursachen würde, hat nun auch die heutige Expertenanhörung im Deutschen Bundestag gezeigt: Die Ampel blendet die rechtlichen Folgen ihres Gesetzes weitestgehend aus – etwa, wenn es um den Zugang zu Frauenschutzräumen oder gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Frauenquoten geht. Was es statt dem sturen ‚Kopf durch die Wand‘-Vorgehen der Ampel nach den heutigen Eindrücken bräuchte, ist eine objektive Rechtsfolgenabschätzung, eine Plausibilitätsprüfung für den Wechsel des rechtlichen Geschlechts sowie einen Übereilungsschutz für Kinderund Jugendliche.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 28.11.2023

Sachverständige haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (20/9049) teils begrüßt und zugleich Verbesserungen gefordert, teils aber auch kritisiert. In der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses bezeichnete Nele Allenberg vom Deutschen Institut für Menschenrechte den Gesetzentwurf am Dienstag als „verfassungsrechtlich elementares Vorhaben“.

Kernstück des Gesetzentwurfs ist ein sogenanntes Selbstbestimmungsgesetz. Es sieht vor, dass eine Änderung drei Monate vorher beim zuständigen Standesamt angemeldet werden muss. Für unter 15-Jährige soll nur der gesetzliche Vertreter die Erklärung abgeben können, über 14-Jährige sollen sie mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters selbst abgeben können. Stimmt dieser nicht zu, soll das Familiengericht die Zustimmung ersetzen können, „wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht“.

Allenberg wertete es positiv, dass Minderjährige ihren Geschlechtseintrag ändern lassen können, was der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen entspreche. Allerdings empfahl sie, die Altersgrenze und die Zustimmung der Sorgeberechtigten zu überdenken, weil dies die subjektiven Kinderrechte einschränke. Die Regelung, dass im Konfliktfall das Familiengericht die Zustimmung der Eltern ersetzt, birgt aus ihrer Sicht die Gefahr, dass auf ein Gutachten zurückgegriffen wird. Eine Fremdbegutachtung sei jedoch zu vermeiden. Darüber hinaus kritisierte Nellenberg die Weiterleitung von Daten an andere Behörden, was der Datenschutzgrundverordnung widerspreche.

Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans begrüßte den Gesetzentwurf, auch wenn er aus seiner Sicht hinter den Erwartungen zurückbleibt. Er regte an, auf Anmelde- und Sperrfristen für die Erklärung zu verzichten und die Änderung des Geschlechtseintrags für alle über 14-Jährigen zu ermöglichen, auch für solche, für die ein gesetzlicher Betreuer bestellt wurde. Hümpfner forderte ein klares Bekenntnis zum Schutz vor Diskriminierung.

Professorin Bettina Heiderhoff, Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Familienrecht der Universität Münster, begrüßte die Möglichkeit, den eigenen Geschlechtseintrag privatautonom bestimmen zu können. Sie kritisierte, dass Transfrauen derzeit nicht die zweite Elternstelle eines Kindes einnehmen könnten, das sie als heterosexueller Mann selbst gezeugt hätten.

Richard Köhler von Transgender Europe nannte den Entwurf einen wichtigen Schritt zu Mündigkeit und Selbstbestimmung. Frauenrechte, Frauenschutzräume und das Kindeswohl würden nicht gefährdet. Debatten über möglichen Missbrauch seien Nebelkerzen, sagte Köhler.

Anna Katharina Mangold, Professorin für Europarecht an der Universität Flensburg, kritisierte, dass das Regelungsanliegen stark „verwässert“ worden sei. So fehle die Einsicht, dass das Recht auf Geschlechtsbestimmung ein Menschenrecht sei. Sie empfahl, die Regelung zu streichen, wonach nur solche Ausländer den Geschlechtseintrag und den Vornamen ändern lassen können, die ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine vergleichbare Aufenthaltserlaubnis haben, sich rechtmäßig im Inland aufhalten oder eine Blaue Karte EU besitzen.

Henrike Ostwald vom Deutschen Frauenrat sieht in dem Entwurf einen Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Sie wandte sich dagegen, dass „vermeintliche Frauenrechte“ gegen den Entwurf vorgebracht würden. Frauen-Schutzräume seien durch das Selbstbestimmungsgesetz nicht in Gefahr. Das Gesetz dürfe nicht zu mehr Diskriminierung führen.

Professorin Sibylle Winter von der Charité-Universitätsmedizin in Berlin begrüßte den Entwurf ebenfalls und nannte es positiv, dass keine Gutachten mehr verlangt würden. Bei Erklärungen durch Minderjährige sprach sie sich für ein „persönliches Erscheinen“ beim Standesamt aus. Bei Nichtzustimmung der Eltern könne ein vom Familiengericht angeregter Beratungsprozess dazu beitragen, den weiteren Weg als Familie zu gehen und das Kindeswohl nicht zu gefährden.

Judith Froese, Rechtsprofessorin an der Universität Konstanz, stellte fest, dass zwingender Reformbedarf nicht bestehe. Sie sprach ungelöste Folgeprobleme an, etwa unter welchen Voraussetzungen ein privater Saunabetreiber oder ein Frauenhaus einer Person den Zugang verwehren darf. Für trans- und intergeschlechtliche Personen verschlechtere sich die rechtliche Situation gegenüber der jetzigen Rechtslage teilweise. Nachbesserungsbedarf sah Froese auch beim Schutz Minderjähriger, für die stärkere Schutzvorkehrungen getroffen werden sollten als für volljährige Personen.

Fehlende Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch monierte auch der Publizist Till Randolf Amelung. Wenn Geschlechtseintrag und Vornamen ohne Exploration der Handlungsgründe geändert werden könnten, könne Missbrauch nicht ausgeschlossen werden, vulnerable Gruppen hätten unter Umständen keinen Schutz. Er empfahl eine verpflichtende Beratung, die eine Schutzfunktion hätte und für vulnerable Personen eine Hilfe sein könnte.

Professorin Aglaja Stirn, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, bewertete das Risikopotenzial des Gesetzes höher als den Gewinn. Das Kindeswohl könne auf der Strecke bleiben. Minderjährige seien meist nicht in der Lage, Bedeutung, Tragweite und Folgen einer solchen Entscheidung einschätzen zu können. Der Gruppendruck mache auch den Rückweg schwierig.

Professor Bernd Ahrbeck von der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin nannte 14-Jährige hoffnungslos überfordert, eine solche Entscheidung zu treffen. Kinder versöhnten sich wieder mit dem ursprünglichen Geschlecht, der Ausgang der Entwicklung sei ungewiss. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass Persönlichkeitsrechte einer fachlichen Begutachtung nicht entgegenstünden.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 892 vom 28.11.2023

Im Bundestag fand gestern die erste Lesung zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) statt. Aus Sicht des Deutschen Frauenrats (DF) ist es ein längst überfälliger Schritt, das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bedient und schürt jedoch transfeindliche Narrative, die insbesondere transgeschlechtliche Frauen unter Generalverdacht stellen, sich sexuell grenzüberschreitend und gewaltvoll zu verhalten. Dieser Darstellung widerspricht der DF als größte Interessenvertretung für Frauen in Deutschland entschieden.

Dazu Dr. Beate von Miquel, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats:

„Der Deutsche Frauenrat unterstützt das geplante Selbstbestimmungsgesetz. Dieses ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt in einer freiheitlichen Demokratie. Wir kritisieren allerdings, dass transfeindlicher Narrative im Gesetzentwurf reproduziert werden, die besonders trans* Frauen unter Generalverdacht eines gewaltvollen Verhaltens stellen. Dabei sind diese Personengruppen in öffentlichen Räumen häufig selbst Gewalt ausgesetzt. Diese misstrauische Haltung ist in einem Gesetz, das eine menschenrechtsbasierte Regelung für trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen finden soll, nicht hinnehmbar. Vielmehr bietet das Selbstbestimmungsgesetz eine historische Chance, um die Benachteiligung dieser diskriminierten Gruppen abzubauen und transfeindlichen Verdächtigungen entgegenzuwirken. Hier muss im parlamentarischen Verfahren dringend nachgebessert werden.“

Hintergrund:

Mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag und ihre/n Vornamen ändern zu lassen. Die Anerkennung von geschlechtlicher Selbstbestimmung bei der Änderung des Geschlechtseintrags und/oder Vornamen ist ein wichtiger Aspekt, um Personen, bei denen Geschlechtseintrag und Geschlechtsidentität nicht übereinstimmen, ein diskriminierungsarmes Leben und Teilhabe zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 16.11.2023

LSVD fordert diskriminierungsfreien Zugang zu geschlechtlicher Selbstbestimmung

Am morgigen Mittwoch wird sich der Bundestag in der ersten Lesung mit dem Entwurf „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ (SBGG) befassen. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen die erste Lesung im Bundestag als den nächsten wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Selbstbestimmungsgesetz für trans*, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen. Das unwürdige und fremdbestimmende „Transsexuellengesetz“ (TSG) sowie der pathologisierende Paragraf 45b im Personenstandsgesetz für intergeschlechtliche Menschen müssen ersetzt werden. Wir fordern Selbstbestimmung ohne Einschränkung und eine einheitliche Regelung für alle trans*, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen (TIN*).  Alle demokratischen Parteien müssen jetzt dafür zu sorgen, dass nach Jahrzehnten der Diskriminierung endlich ein echtes und menschenrechtsorientiertes Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung kommt; ein Gesetz ohne unwürdige Fremdbegutachtung, ohne staatlich verordnetes Misstrauen und ohne Stigmatisierung.

Wir kritisieren deutlich, dass der aktuelle Gesetzesentwurf, der Selbstbestimmung im Namen trägt, mehrere Menschengruppen von genau dieser geschlechtlichen Selbstbestimmung ausschließen möchte: So will der Entwurf der Bundesregierung Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus keinen Zugang zu einer Personenstandsänderung ermöglichen. Minderjährige und Menschen mit Betreuungsstatus unterliegen weiterhin einer fremdbestimmten Entscheidung, da ihre gesetzlichen Vertreter*innen bzw. ein Gericht in die Personenstandsänderung einwilligen müssen. Außerdem muss unbedingt verhindert werden, dass sich durch den aktuellen SBGG-Entwurf der Änderungsprozess des rechtlichen Geschlechtseintrags für intergeschlechtliche Personen u.a. durch neue Fristen und Regelungen zur Eltern-Kind-Zuordnung verschlechtern würde.

Eine Verschlechterung für alle Personengruppen sind insbesondere auch die unverhältnismäßigen Regelungen zur Übermittlung von Daten an zahlreiche Polizei- und Sicherheitsbehörden, die starke Verunsicherung unter den Betroffenen auslösen. Diese Regelungen widersprechen dem freiheitlichen Recht auf Datenschutz sowie informationelle Selbstbestimmung. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte stuft diese Regelungen als problematisch und unzulässig ein.

Wir fordern zudem die ersatzlose Streichung des lediglich klarstellend gemeinten § 6, der die Wirksamkeit der Personenstandsänderung u.a. im Hinblick auf Vertragsfreiheit, Haus- und Satzungsrecht betrifft. Sollte der Gesetzgeber an der Regelung festhalten wollen, muss jedenfalls ergänzt werden, dass diese nur diskriminierungsfrei und im Rahmen des geltenden Rechts ausgeübt werden dürfen.

15.11, 12.00 – 14 Uhr: Kundgebung am Tag der ersten Lesung des Selbstbestimmungsgesetzes vor dem Bundestag: Für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz findet eine Kundgebung auf der Wiese vor dem Bundestag statt. Denn Verbesserungen am Gesetzesentwurf fordern nicht nur queere Fachverbände, sondern u. a. auch der Deutsche Frauenrat, der Juristinnenbund, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und viele mehr. Auch diese werden solidarisch bei der Kundgebung dabei sein. Das Ziel ist es, die breite gesellschaftliche Unterstützung für die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes sichtbar zu machen. 

Weiterlesen

Du willst jetzt schon etwas tun? Dann unterzeichne die Petition “Diskriminierung & Misstrauen raus aus dem Selbstbestimmungsgesetz”: JaZuSelbstbestimmung
Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ – 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit – lsvd.de/de/ct/6564
Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) zum Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz – lsvd.de/de/ct/9421
Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften mit zahlreichen Stellungnahmen der Zivilgesellschaft

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 14.11.2023

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag zu Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen (Samstag, 25. November) hat sich Bundesfrauenministerin Lisa Paus mit Vertreterinnen von Initiativen und Organisationen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ausgetauscht. Hierbei übergab Anna Sophie Herken, Initiatorin der Initiative #DieNächste im Namen von mehr als 75 unterzeichnenden Organisationen das gemeinsame Manifest „WirALLE“. Die Aktivistinnen von #DieNächste sind selbst ehemalige Betroffene und wollen das Thema häusliche Gewalt in die breite Öffentlichkeit tragen.

Die Ministerin sprach zudem über die zentralen Elemente für ein neues Bundesgesetz zum Recht auf Schutz und Beratung. Die Kernelemente ihres Gesetzesvorhabens stellte die Ministerin bereits am Vortag beim Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen vor. Mit dem Gewalthilfegesetz, das noch in dieser Legislatur umgesetzt werden soll, soll jede von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffene Frau mit ihren Kindern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhalten.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Wir müssen umfassend ansetzen, um Gewalt zu verhindern und ihre Ursachen zu bekämpfen. Mit dem neuen Gewalthilfegesetz will der Bund dazu beitragen, dass alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind, die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Ich freue mich, dass dieses Ziel auch bei Ländern und Kommunen breite Unterstützung findet. Mein Konzept sieht vor, dass wir erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einführen. Das wäre ein großer Schritt nach vorn.“

Anna Sophie Herken, Initiatorin von #DieNächste, einer Initiative von ehemals betroffenen Frauen häuslicher Gewalt, stellte die Perspektive betroffener Frauen vor und überreichte Ministerin Paus das Manifest „WirALLE“.

Lisa Paus: „Die Initiative #DieNächste zeigt uns, dass Gewalt gegen Frauen alltäglich ist und in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommt. Ich habe größten Respekt vor dem Mut der Aktivistinnen. Sie zeigen sich selbst öffentlich als Betroffene und geben so den vielen Frauen eine Stimme, die stumm unter häuslicher Gewalt leiden.“

Anna Sophie Herken, Mitinitiatorin von #DieNächste: „Häusliche Gewalt wird als Privatsache angesehen, jedoch handelt es sich um ein strukturelles Problem, das sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen zieht. Mindestens jede vierte Frau wird hierzulande im Laufe ihres Lebens Opfer ihres Lebenspartners. Bis zum heutigen Tag wurden dieses Jahr 98 Frauen von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, täglich versucht ein Mann in Deutschland, seine (Ex-)Partnerin zu töten, stündlich werden mehrere Frauen lebensgefährlich verletzt. Der gefährlichste Ort für eine Frau ist das eigene Zuhause, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Beruf, Glauben. Und trotzdem spricht nahezu niemand darüber, es herrscht kollektives Schweigen. Schlimmer noch, den Opfern wird nicht geglaubt und sie werden stigmatisiert. Wir von #DieNächste brechen das Tabu und das Schweigen, denn nur so können wir für Sichtbarkeit sorgen für ein alltägliches Problem, das nahezu ausschließlich im Verborgenen stattfindet. Mit dem Manifest ‚WirALLE gegen Gewalt an Frauen‘ erheben mehr als 75 Organisationen nun gemeinsam ihre Stimmen. WirALLE stehen in der Pflicht, Gewalt nie gleichgültig gegenüberzustehen. Und ich lade jede und jeden dazu ein, sich an unsere Seite zu stellen und klar Position gegen Gewalt an Frauen zu beziehen.“

Lisa Paus tauschte sich auch mit Vertreterinnen vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) aus.

Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons: „Aus meiner Erfahrung als Leiterin des Hilfetelefons ‚Gewalt gegen Frauen‘ weiß ich: Wenn sich betroffene Frauen an das Hilfetelefon wenden, sprechen sie oft zum ersten Mal über die erlebte Gewalt. Obwohl so viele Frauen von Gewalt betroffen sind, ist es immer noch ein Tabu, darüber zu reden. Deshalb begrüße ich die Initiative von #DieNächste, weil sich hier betroffene Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten öffentlich äußern und damit die Botschaft senden: Gewalt gegen Frauen geht uns alle an.“

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, dem 25. November, ruft auch das Hilfetelefon mit der Aktion ‚Wir brechen das Schweigen‘ zum Hinschauen und zu Solidarität mit den Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt auf.

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ berät von Gewalt betroffene Frauen unter der Rufnummer 116 016 und online auf www.hilfetelefon.de zu allen Formen von Gewalt – rund um die Uhr und kostenfrei. Die Beratung erfolgt anonym, vertraulich, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen. Auf Wunsch vermitteln die Beraterinnen an eine Unterstützungseinrichtung vor Ort. Auch Menschen aus dem sozialem Umfeld Betroffener und Fachkräfte können das Beratungsangebot in Anspruch nehmen.

Über #DieNächste

Die Initiative #DieNächste (https://die-naechste.de/) will gängige Klischees und Stigmata zu häuslicher Gewalt abbauen, Mut machen und das Thema in die Mitte der Gesellschaft tragen, um langfristig gesellschaftliche sowie politische Veränderungen herbeizuführen. Die Initiatorinnen möchten ein breites öffentliches Bewusstsein dafür schaffen, dass Gewalt in der Partnerschaft inakzeptabel ist und jede:r in der Pflicht steht, sich für die Sicherheit seiner Mitmenschen stark zu machen.

Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen hat #DieNächste gemeinsam mit den Organisationen UN Woman, Zonta, One Billion Rising und KIS, T.o.Be u.a. ein Manifest gegen Gewalt an Frauen verfasst und dieses heute an Bundesfrauenministerin Lisa Paus übergeben. Unter dem Namen „WirALLE gegen Gewalt an Frauen“ laden die Unterzeichnerinnen Politik, Gesellschaft und Medien ein, ihre Stimme gegen Gewalt zu erheben. Das Manifest ruft zu einem gleichberechtigen und partnerschaftlichen Miteinander und zu Solidarität auf und fordert verantwortliches politisches und gesellschaftliches Handeln. Erstmalig haben sich mit „WirALLE“ von häuslicher Gewalt Betroffene, Facheinrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen und stellen gemeinsame Forderungen an Politik, Gesellschaft und Medien. Mehr als 75 Erstunterzeichnende unterstützen bereits das Manifest.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.11.2023

Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Gewalt gegen Frauen ist menschenverachtend und darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Dafür macht sich die SPD-Bundestagsfraktion stark.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:

„Der Kampf gegen Gewalt an Frauen hat für die SPD-Bundestagsfraktion höchste Priorität. Gewalt gegen Frauen ist menschenverachtend und darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ unterstützen wir den Um- und Ausbau von Frauenhäusern. Das Bundesbauministerium hat zusätzlich Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder geschaffen. Durch Bundesförderprogramme im sozialen Wohnungsbau und in der Städtebauförderung werden der Bau und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen unterstützt.

Die Istanbul-Konvention des Europarats ist das wichtigste völkerrechtliche Instrument im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Mit einer staatlichen Koordinierungsstelle werden wir die Konvention vollständig und effektiv umsetzen. Dazu gehört auch, frauenfeindliche Gewaltdelikte in familienrechtlichen Verfahren stärker zu berücksichtigen. Wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist das in einem Umgangsrechtsverfahren zwingend zu berücksichtigen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht fest: Das Sorge- und Umgangsrecht darf dem Schutz vor Gewalt nicht zuwiderlaufen.“

Ariane Fäscher, zuständige Berichterstatterin:

„Die Zahlen frauenfeindlicher Gewalttaten sind erschütternd. Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig und muss mit aller Kraft und auf allen Ebenen beseitigt werden. Daher setzen wir uns für eine ressortübergreifende Schutzstrategie ein, die sich auf Gewaltprävention, Gewaltschutz und eine effektive Strafverfolgung konzentriert.

Wir stehen an der Seite der Frauen und machen uns dafür stark, dass Betroffene und ihre Kinder bestmöglich unterstützt und geschützt werden. Das Recht auf Schutz vor Gewalt für alle Frauen und ihre Kinder werden wir absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern schaffen. Das Gesetzgebungsverfahren hierzu wird derzeit durch das Bundesfrauenministerium vorbereitet. Wir halten den Druck hoch, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2023

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem – auch in Deutschland. Jede dritte Frau ist oder war hierzulande von sexueller oder häuslicher Gewalt betroffen. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner, eine Frau zu töten – an jedem dritten Tag verliert eine Frau in Deutschland ihr Leben, weil ihr (Ex-)Partner sie umbringt. Sexistische Sprüche, Belästigungen oder Benachteiligungen am Arbeitsplatz gehören zum Alltag der meisten Frauen in Deutschland.

Gewalt gegen Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die jede von uns treffen kann. Wir Grüne setzen uns immer schon und jetzt als Regierungsfraktion ganz besonders für den Schutz von Frauen vor Gewalt ein. Wir haben internationale Menschenrechtskonventionen wie die Istanbul-Konvention in den Koalitionsvertrag verhandelt und setzen diese jetzt vorbehaltlos um.

Daher ist es notwendig und wichtig, dass Frauenministerin Lisa Paus am Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) eine unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt eingerichtet hat. Beim Bundesfrauenministerium wird die Koordinierungsstelle angesiedelt, die aktuell eine ressortübergreifende Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erarbeitet.

Wir Grüne drängen seit Jahren darauf, dass der Bund mit in die Finanzierung der Gewalthilfe-Infrastruktur für Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen einsteigt. Mit einem bundeseinheitlichen Rechtsrahmen werden wir dafür sorgen, dass alle gewaltbetroffenen Frauen unabhängig vom Wohnort Schutz und Hilfe erhalten. 16 Jahre Stillstand durch die unionsgeführten Regierungen ohne Fortschritte für mehr Gewaltschutz von Frauen sind genug. Ebenso werden wir in Zukunft häusliche Gewalt und das Kindeswohl bei Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht besser berücksichtigen.

Der Schutz von Frauen vor Gewalt darf nicht an Grenzen halt machen. Wir begrüßen den Beitritt der Europäischen Union zur Istanbul-Konvention in diesem Sommer und den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die auch sexualisierte Gewalt umfasst. Damit zukünftig europaweit gilt: Jede Frau hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt!

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Zum internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt die Sprecherin für Frauenpolitik und Diversity der FDP-Fraktion Nicole Bauer:

„Gewalt in jeglicher Form darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Dazu zählt nicht nur körperliche, sondern auch psychische und digitale Gewalt. Frauen, die Opfer von Gewalt werden, brauchen Unterstützung und für uns in der Politik gilt es, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das bedeutet, die Präventionsarbeit auszubauen, mehr Frauenhausplätze zu schaffen und die Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen auszubauen. Daneben brauchen wir eine vollumfängliche Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Außerdem spielt es eine wichtige Rolle, dass Bund, Länder und Kommunen stärker zusammenarbeiten, um gemeinsam wirksam gegen Gewalt an Frauen vorzugehen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Am morgigen 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die frauenpolitische Sprecherin Silvia Breher gerne so zitieren:

Dorothee Bär: „Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen geht uns alle etwas an. Noch immer schweigen in Deutschland viel zu viele Frauen, die Gewalt in allen möglichen Facetten erfahren. Die Mutigen, die ihr Schweigen brechen, stehen vor überfüllten und unterfinanzierten Frauenhäusern, Gerichtsprozesse scheitern regelmäßig. Die grüne Bundesfrauenministerin Lisa Paus muss hier dringend aus dem Ankündigen ins Handeln kommen. Auf den Kriegsschauplätzen der Welt wird Gewalt gegen Frauen systematisch als Waffe eingesetzt. Und immer unterliegen Frauen, denen von Männern Gewalt angetan wird, in einem Machtgefälle. Aber Frauen sind gleichberechtigt, und ihre Rechte sind Menschenrechte. Gewalt ist kein Weg.“

Silvia Breher: „Jeden Tag werden Tausende Frauen weltweit Opfer verschiedenster Formen von Gewalt. Allein in Deutschland ist die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr um 8,5 Prozent gestiegen. Wir sind als Gesellschaft gemeinsam in der Verantwortung, daran etwas zu ändern. Gewalt gegen Frauen darf kein Tabuthema sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen das Thema in Erinnerung rufen und darüber sprechen. Die Bundesregierung tut aktuell zu wenig, um Frauen in Deutschland besser vor Gewalt zu schützen. Wir hören immer nur Ankündigungen, es müssen endlich Taten folgen. Es gibt nicht nur beim Ausbau unseres Hilfesystems, sondern auch im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts und des Opferschutzes akuten Handlungsbedarf.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Häusliche Gewalt wird im Umgangs- und Sorgerecht nicht ausreichend berücksichtigt. Zu diesem Schluss kommt die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte, die heute in Berlin die Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht“ veröffentlicht hat.

Die Istanbul-Konvention des Europarats, die in Deutschland seit 2018 im Rang eines Bundesgesetzes gilt, definiert häusliche Gewalt als Menschenrechtsverletzung. Die Konvention gibt in Artikel 31 vor, dass häusliche Gewalt in Verfahren und Entscheidungen zum Umgangs- und Sorgerecht zu berücksichtigen ist

„In der Praxis nehmen deutsche Gerichte viel zu selten Bezug auf die Vorgaben der Istanbul-Konvention. Um zentrale Schutzlücken für Betroffene – in der Regel Frauen und Kinder – zu schließen, braucht es eine Reform des Umgangs- und Sorgerechts, die eine Änderung der einzelnen materiell-rechtlichen Regelungen des Umgangs- und Sorgerechts ebenso wie Anpassungen im Verfahrensrecht umfasst. Unsere Analyse macht dazu konkrete Vorschläge“, erklärt Müşerref Tanrıverdi, Leiterin der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt. Die Sicherheit des gewaltbetroffenen Elternteils und der Kinder müsse immer Vorrang haben vor dem Umgangs- und Sorgerecht des gewaltausübenden Elternteils.

Die Berichterstattungsstelle empfiehlt insbesondere eine Verankerung der Schutzinteressen des gewaltbetroffenen Elternteils in den speziellen Regelungen zum Umgangs- und Sorgerecht. Nötig sei auch eine Definition von häuslicher Gewalt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) entsprechend der Istanbul-Konvention. Danach umfasst der Begriff alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer und wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partner*innen, unabhängig davon, ob der*die Täter*in denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte. Zudem müsse die Berücksichtigung des Kindeswohls gemäß UN-Kinderrechtskonvention durch Gehör der Meinung des Kindes weiter gestärkt werden.

Weitere Reformvorschläge betreffen unter anderem Anpassungen zur sogenannten Regelvermutung und zur Wohlverhaltensklausel. Der Regelvermutung entsprechend wird bisher üblicherweise der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen angestrebt, weil das Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen hat und dieser dem Kindeswohl entspricht. In Fällen von häuslicher Gewalt empfiehlt die Berichterstattungsstelle die Regelvermutung künftig umzukehren, so dass die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs mit dem gewaltausübenden Elternteil stets positiv festgestellt werden muss. Ähnliches gilt für die Wohlverhaltensklausel, die getrennte Elternteile verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt. Hier wird empfohlen sicherzustellen, dass die Belange der von häuslicher Gewalt betroffenen Person stärker berücksichtigt werden.

Mit Blick auf Verfahren in Familiensachen empfiehlt die Berichterstattungsstelle etwa die Pflicht zur Amtsermittlung zu konkretisieren und getrennte Anhörungen zu ermöglichen. Grundsätzlich sollten alle Beteiligten an Umgangs- und Sorgerechteverfahren – seien es Richter*innen, Verfahrensbeiständ*innen, Sachverständige oder Jugendamtsmitarbeitende – zu allen Aspekten häuslicher Gewalt verbindlich und umfassend geschult werden.

„Wir hoffen sehr, dass unsere Vorschläge im Rahmen der aktuellen Überlegungen zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts aufgegriffen und umgesetzt werden. Häusliche Gewalt ist grundsätzlich Ausdruck und Folge struktureller Probleme. Deswegen ist über die gesetzlichen Reformen hinaus ein ganzheitlicher Ansatz nötig, der eine Vielzahl von abgestimmten politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen umfasst. Letztlich braucht Deutschland eine evidenzbasierte, umfassende und koordinierte Strategie – nur so lässt sich geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt im Sinne der Istanbul-Konvention bekämpfen“, betont Tanrıverdi. „Wir begrüßen, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend derzeit eine Koordinierungsstelle nach der Istanbul-Konvention einrichtet und eine Bundesstrategie zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt aufsetzt. „Wichtig ist, dass diese Strategie zügig erarbeitet und umgesetzt wird und alle relevanten Stellen einbezogen werden – so auch die Zivilgesellschaft.“

Die Istanbul-Konvention

Die Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt) ist der bisher umfassendste Menschenrechtsvertrag gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Die Istanbul-Konvention ist seit 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft.

Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist von der Bundesregierung damit betraut worden, eine unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten. Sie hat die Aufgabe, die Umsetzung der Istanbul-Konvention des Europarats unabhängig zu beobachten und zu begleiten. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziert die vierjährige Aufbauphase der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.11.2023

Häusliche Gewalt in Deutschland nimmt zu. Im Jahr 2022 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 240.547 Fälle häuslicher Gewalt registriert, davon 157.818 im Kontext von Partnerschaftsgewalt. Das entspricht einem Anstieg der Partnerschaftsgewalt um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Der Schutzbedarf der Betroffenen – etwa durch Frauenhäuser – ist hoch. Doch es fehlen tausende Plätze. Nach den Empfehlungen der Istanbul-Konvention, die Deutschland unterzeichnet hat, werden in Deutschland mindestens 21.000 Frauenhausplätze benötigt. Laut Frauenhausstatistik 2022 gibt es aber nur 6.800 Plätze.

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklärt Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland: „Die Zunahme von häuslicher Gewalt ist erschreckend! Die Zahlen liegen seit langem auf dem Tisch. Frauenhäuser müssen schutzsuchende Frauen und ihre Kinder abweisen, weil keine Plätze frei sind. Das ist ein Skandal. Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem und darf nicht länger ignoriert werden. Der Bund muss sein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zügig umsetzen und gemeinsam mit den Ländern eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Finanzierung von Schutz und Hilfe bei Gewalt schaffen. Denn es darf nicht sein, dass Frauen in Not der Gewalt ihrer Partner schutzlos ausgeliefert sind.“

In der aktuellen Situation gibt es zusätzliche Hürden für schutzsuchende Frauen. Die unzureichende Finanzierung der Frauenhäuser führt dazu, dass die personelle Ausstattung mit Fachkräften nicht ausreicht, um betroffene Frauen zeitnah aufnehmen zu können. Frauenhäuser müssen für Frauen, die von ihren Partnern bedroht werden, rund um die Uhr erreichbar sein. Die Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern arbeiten daher häufig ehrenamtlich, um die ständige Erreichbarkeit zu gewährleisten. Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, müssen zudem ihren Aufenthalt selbst bezahlen.

Mehr Informationen:

Ratgeber der Diakonie zu Gewalt gegen Frauen: https://hilfe.diakonie.de/gewalt-gegen-frauen

Frauenhausstatistik 2022: https://www.frauenhauskoordinierung.de/fileadmin/redakteure/Publikationen/Statistik/2023-11-06_Kurzfassung_Frauenhausstatistik2022_final_FHK.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.11.2023

Den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November nimmt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) zum Anlass, um neben den strafrechtlichen Aspekten des Gewaltschutzes auf die familienrechtlichen Konsequenzen von Partnergewalt aufmerksam zu machen. Häusliche Gewalt muss in sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren zwingend berücksichtigt werden. „Die Istanbul-Konvention gibt uns in Art. 31 vor, was zu tun ist. Kinder und gewaltbetroffene Elternteile dürfen nicht länger durch familiengerichtliche Verfahren und Entscheidungen gefährdet werden“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Vorfälle von Gewalt in Beziehungen können nach einer Trennung auf eine latente oder ganz konkrete Gefahr für den gewaltbetroffenen Elternteil hindeuten, insbesondere dann, wenn Umgangskontakte strategisch zur weiteren Gewaltausübung genutzt werden. Ein weiteres Problem ist, dass die Auswirkungen des Miterlebens sog. häuslicher Gewalt auf Kinder den befassten Institutionen – also vor allem den Jugendämtern und Familiengerichten – oftmals nicht bekannt sind oder ausgeblendet werden. Auch Gewalt, die sich gegen die Mutter richtet, betrifft Kinder unmittelbar. Die Expert*innengruppe des Europarats (GREVIO), die die Einhaltung der Istanbul-Konvention in den Mitgliedsstaaten überwacht, hat Deutschland in dieser Hinsicht bereits zu Nachbesserungen aufgefordert.

Neben der effektiveren Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen sowie ihren Kindern braucht es einen Blick auf die gewaltausübenden (Ex-)Partner und Väter. „Täter müssen auch mit den Möglichkeiten des Familienrechts für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden, damit die Gewaltspirale endet“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht. Eine solche Verantwortungsübernahme kann etwa durch die Teilnahme in einem Programm sog. Täterarbeit gelingen, wie sie in Art. 16 der Istanbul-Konvention vorgesehen ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 23.11.2023

Am 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) nimmt dies zum Anlass, um in einer Themenwoche auf das Ausmaß und die Formen geschlechtsspezifischer Gewalt aufmerksam zu machen. „Spätestens seitdem die Istanbul-Konvention in Kraft getreten ist, wissen wir, dass Gewalt gegen Frauen ein entscheidender sozialer Mechanismus ist, durch den Frauen in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden. Sie ist geschlechtsspezifisch und hat strukturellen Charakter,“ stellt die Präsidentin des djb Ursula Matthiessen-Kreuder fest.

Zur Themenwoche „Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ veröffentlicht die djb-Strafrechtskommission kommende Woche eine Online-Broschüre, in der neben den unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Gewaltformen auch auf rechtliche Missstände hingewiesen wird. Auf den offiziellen Social-Media-Kanälen des djb wird in der Woche vom 20. bis zum 26. November 2023 jeden Tag ein Thema aus der Broschüre vorgestellt.

Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung. Sie ist Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern, die zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt haben. Die Vorsitzende der Strafrechtskommission, Dilken Çelebi, betont: „Ein wesentliches Hindernis für die Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ist die fehlende Anerkennung der Tatsache, dass sie zur erschreckenden Normalität unserer Gesellschaft gehört. Nur, wenn geschlechtsspezifische Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem anerkannt wird, können effektive Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung getroffen werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 17.11.2023

Gewaltfreies Leben: Kampagne dekonstruiert misogyne Narrative und fordert Einhaltung der Frauen- und Kinderrechte

Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, fordert der bundesweite Verein MIA mit der 4. White Lily Revolution erneut die gesetzgeberische Umsetzung und konsequente Anwendung der Istanbul-Konvention (IK),
insbesondere des Artikels 31, in der Familienrechtspraxis ein.

2022 stellte die White Lily Revolution 2022 den Artikel 31 IK ins Zentrum. Dieses Jahr widmet sich die Kampagne typischen mütterfeindlichen Mythen in Familiengerichtssälen. Aus ihnen folgt regelmäßig, dass die Rechte gewaltbetroffener Mütter und Kinder verletzt werden. Gerichtsentscheidungen liefern sie in Folge erneuter Gewalt aus, weil Gerichte und Jugendämter vorgefallene Gewalt oft als nicht relevant für das Umgangs- und Sorgerecht betrachten. Das bezeichnet MIA seit der ersten #whitelilyrev 2020 als institutionelle Gewalt.

VORWÜRFE STATT GEWALTSCHUTZ

Statt Mütter und Kinder vor Gewalt zu schützen, werden Mütter mit einer Vielzahl frauenfeindlicher Mythen konfrontiert. Besonders häufig wird ihnen eine ‚Bindungsintoleranz‘ attestiert, wenn sie aus Schutzgründen für die Kinder und sich selbst den unbegleiteten, gar ausgedehnten Umgang mit dem gewalttätigen Elternteil ablehnen. Was wissenschaftlich klingt, ist jedoch ein Pseudokonzept ohne wissenschaftliche Evidenz. Sie hat aber eine alte, frauenfeindliche Wurzel, wie die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, in ihrem Bericht von Juni 2023 aufzeigte. Diese Pseudokonzepte und ihre Folgen für Gewaltopfer kritisierte Alsalem als Menschenrechtsverletzung.

DEKONSTRUKTION EINER PSEUDOTHEORIE

Das Pseudokonzept ‚Bindungsintoleranz‘ dekonstruiert die Kampagne #whitelilyrev in mehreren Videos. Sie zeigen, welche Dynamik aus mütterfeindlichen Narrativen entsteht und wie sie wirken: Mütter verlieren dadurch ihren Platz an der Seite ihrer Kinder, wenn sie nicht bereit sind, weiterhin Gewalt zu erdulden. Hinter vorgeblicher Bindungsintoleranz steht eine nur von Müttern verlangte Anpassungstoleranz, die ihnen durch Gerichte und Jugendämter gewaltvoll
Zugeständnisse abnötigt und ihnen den Raum für ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Wollen Mütter sich gegen diese Mythen wehren, riskieren sie, vor Gericht ihre Kinder zu verlieren. Stefanie Ponikau, stellvertretende Vorsitzende von MIA, erklärt zur Kampagne: „Zuerst muss klar sein: Gewalt, egal welche Form, ist immer eine Gefährdung von Mutter und Kind. Auch wenn sich die Gewalt gegen die Mutter richtet, wird das Kind ebenfalls traumatisiert.“ Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind unstrittig und Grundlage der IK. „Gewalt nicht ernst zu nehmen, sondern mithilfe pseudowissenschaftlicher Konzepte wie Bindungsintoleranz und ähnlichem gegen die Opfer zu drehen, ist eine Missachtung ihrer Menschenrechte. Mehr noch:

Es ist ein Versagen des Rechtsstaates, wenn er Entscheidungen entgegen gesicherter Erkenntnisse zulässt und sie durch mangelnde Fehlerkultur nicht korrigiert“, ordnet Ponikau ein.
Dass die Schutzrechte von Frauen und Kindern im deutschen Familienrecht dank frauenfeindlicher Mythen regelmäßig missachtet werden, und das jüngst von der UN als Menschenrechtsverletzung eingeordnet wurde – „das sollte der finale Weckruf für die Bundesregierung sein, endlich zu liefern“, urteilt Ponikau.

Seit 2020 ruft die MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende jedes Jahr ab dem 25.11. gewaltbetroffene Mütter mit der White Lily Revolution auf, weiße Lilien vor Gerichten und Jugendämtern niederzulegen, die ihr Recht auf Gewaltschutz in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren missachtet haben. Die niedergelegten Lilien werden ab dem 25.11. auf der
Aktions-Website in der Karte der Lilien (Link) dokumentiert. Das Motto: Tausche Lilie gegen Gewaltschutz

GLOSSAR:

UMGANGSRECHT BRICHT GEWALTSCHUTZ
Bis heute bricht das Umgangsrecht von gewalttätigen Vätern das Recht auf Gewaltschutz von Müttern und Kindern. Dieser Missstand wird seit vielen Jahren von zahlreichen Verbänden und Expert:innen kritisiert – passieren tut in der Gesetzgebung seit Jahren nichts. Rückenwind erhält die Forderung von MIA nach konsequenter Einhaltung von Art. 31 IK nicht nur durch den UN-Bericht vom Juni, sondern ebenso von GREVIO, dem Expert:innengremium des Europarats. Die Gewaltschutz-Expert:innen rügten Deutschland 2022 in ihrem Staatenbericht deutlich und mahnten Reformen im deutschen Familienrecht und der Rechtspraxis an.

IK: ANHALTENDE MENSCHENRECHTSVERLETZUNG
Laut Istanbul-Konvention ist Gewalt gegen Frauen Ausdruck gesellschaftlicher Strukturen, die Frauen bis heute diskriminieren. Die Konvention definiert Gewalt gegen Frauen als anhaltende Menschenrechtsverletzung. Ihre Nichtberücksichtigung in vielen deutschen Gerichtsverfahren zum Sorge- und Umgangsrecht führt in der Praxis dazu, dass Opfer weiterhin kontinuierlicher Gefährdung durch Nachtrennungsgewalt (engl: post separation abuse) ausgesetzt werden, anstatt sie vor Gewalt zu schützen, wie es die Konvention vorsieht. Statt Gewaltvorträge in Familiengerichten eingehend zu prüfen und diese als zentrales Kriterium in Entscheidungen einzubeziehen, werden Gewaltopfer – Mütter wie Kinder – in vielen Verfahren erneut viktimisiert und traumatisiert.
Die Istanbul-Konvention wurde von Deutschland 2017 ratifiziert und trat 2018 in Kraft. Seither ist sie geltendes Recht in Deutschland, das von der Rechtsprechung angewendet werden muss. In der Rechtspraxis ist das bisher jedoch nicht angekommen.

LINKS:

Aktions-Website: www.whitelilyrev.de
Istanbul-Konvention im Wortlaut: https://rm.coe.int/1680462535
UN-Bericht A/HRC/53/36 – Custody, violence against women and violence against children.
Report of the Special Rapporteur on violence against women and girls, its causes and consequences, Reem Alsalem (04/2023). Link: http://undocs.org/A/HRC/53/36
GREVIO-Bericht zur Umsetzung der IK in Deutschland (10/2022), insb. zu Art. 31 IK ab S. 71:
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/202386/3699c9bad150e4c4ff78ef54665a85c2/grevioevaluierungsbericht-istanbul-konvention-2022-data.pd

Quelle: Pressemitteilung MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V. i.G. vom 24.11.2023

SCHWERPUNKT III: Kindergrundsicherung

Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (20/9434) zur Kindergrundsicherung gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem die Frage beantworten, ob sie die Ansicht teilt, wonach es sich bei einer Leistungsanpassung an das Inflationsgeschehen nicht um eine Verbesserung der Lebensumstände handelt, sondern lediglich um die Verhinderung einer Verschlechterung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 888 vom 27.11.2024

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung (20/9092) stößt bei Experten auf deutliche Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagmittag begrüßten die geladenen Sachverständigen zwar einhellig die Grundidee, familienpolitische Leistungen zusammenzuführen und dadurch leichter zugänglich zu machen. An der Art und Weise, wie dies geschehen soll, gab es jedoch durchweg erhebliche Zweifel. Die Vorlage der Regierung würde nicht dazu führen, Mehrfachzuständigkeiten zu beseitigen, Familien würden nicht Leistungen aus einer Hand bekommen, wie es eigentlich das Ziel des Gesetzes sei, lauteten die Einwände. Insofern drehte sich ein erheblicher Teil der Diskussion um die Ausgestaltung des neuen „Familienservice“, dessen Aufbau nach Ansicht der Experten die Verwaltungskosten in die Höhe treiben und das System unnötig verkomplizieren würde.

Ziel der Kindergrundsicherung ist es, Millionen Kinder aus der Armut zu holen, indem die bisherigen Leistungen Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zusammengeführt und im Wesentlichen von einem neu zu schaffenden „Familienservice“ bei der Bundesagentur für Arbeit (in Anlehnung an die bisherigen Familienkassen) bearbeitet werden. Die Kindergrundsicherung soll aus drei Teilen bestehen: dem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen (entspricht dem Kindergeld), dem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe. Dadurch, dass Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss bei der Bemessung des Kinderzusatzbetrages grundsätzlich nur zu 45 Prozent berücksichtigt werden, soll sich die Situation von Alleinerziehenden, die Bürgergeld erhalten, und Alleinerziehenden mit noch nicht eingeschulten Kindern besonders verbessern.

Für die Bundesagentur für Arbeit (BA) betonte Vanessa Ahuja, dass die BA geübt darin sei, komplexe Gesetze umzusetzen. „Aber wir brauchen mehr Zeit“. Es müsse die IT angepasst, Personal akquiriert und qualifiziert und ein Schnittstellenmanagement aufgebaut werden, um Familien unnötige Weg zu ersparen. „Das ist für die BA zum 1. Januar 2025 nicht realisierbar“, sagte sie. Einige andere Sachverständige mahnten, die vorhandenen Unterstützungsstrukturen nicht zu zerschlagen, die sich in den rund 1.000 Jobcentern für Familien im Bürgergeld-Bezug etabliert haben. 100 Familienservice-Stellen könnten diese nicht ersetzen, sagte zum Beispiel Diana Stolz, Vorsitzende der Betriebskommission des Kommunalen Jobcenters Neue Wege Kreis Bergstraße. „Kinderarmut ergibt sich aus Elternarmut, deshalb muss man die ganze Familie in den Blick nehmen“ und könne nicht die Kinder vom Familienservice und die Eltern durch das Jobcenter betreuen. Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, stellte fest, der anfänglichen Euphorie über das Projekt Kindergrundsicherung sei nun Ernüchterung gewichen. „Es werden unnötige Parallelstrukturen geschaffen“, so Elxnat. Ähnlich äußerten sich die anderen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.

Kritik gab es mehrfach auch daran, dass der Gesetzentwurf bisher keine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums für Kinder vorsieht. Dies bezeichneten vor allem die Vertreter von Wohlfahrtsverbänden als enttäuschend. Andreas Aust vom Paritätischen Gesamtverband betonte, eine Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein als eine Verwaltungsreform. „Um Armut zu bekämpfen, brauchen Familien schlicht und einfach mehr Geld.“ Für einen Großteil der armen Kinder würden sich die Leistungen aber nicht ändern, sagte er. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland, bekräftigte, dass die Bündelung von Leistungen ein ganz wichtiges Ziel der Kindergrundsicherung sei, denn das jetzige System funktioniere nicht so, wie es Kinder und Jugendliche eigentlich bräuchten. Sie appellierte an die Abgeordneten, in den Beratungen dafür zu sorgen, dass die Ungleichbehandlung von Familien mit viel Geld und jenen mit wenig Geld abgeschafft wird. Bernd Siggelkow, Vorstand der Kinderstiftung „Arche“, verwies darauf, dass es armen Kindern nicht nur an Geld mangele, sondern auch an Ressourcen, auf die sie zurückgreifen können, unter anderem auf ein ganz anders aufgestelltes Bildungssystem. Auch müsse sichergestellt werden, dass die Leistungen bei den Kindern direkt ankommen, lautete sein Appell an die Abgeordneten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 848 vom 13.11.2024

Nach langem Ringen um eine Einigung bei der Kindergrundsicherung hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, zu dem im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestags heute eine Anhörung von Expert*innen stattfindet. Alexander Nöhring, Leitung der Abteilung Kinder, Jugend, Frauen, Familie im AWO-Bundesverband, vertritt die Positionen der AWO dort als Sachverständiger.

Alexander Nöhring kommentiert den Entwurf der Bundesregierung wie folgt: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung erste Schritte geht, um eine Kindergrundsicherung einzuführen. Für eine armutsvermeidende und sozial gerechte Kindergrundsicherung setzen wir uns als AWO seit 2009 gemeinsam mit unseren Partner*innen im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG ein und sehen in ihr einen wesentlichen Baustein, um allen Kindern und Jugendlichen in unserem Land ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Die Idee der eigenständigen Absicherung von Kindern und Jugendlichen werten wir als einen längst überfälligen Paradigmenwechsel im deutschen Sozialstaat.“

Aus Sicht der AWO enthält der Entwurf erste gute Ansätze, wie zum Beispiel die Bündelung zentraler Leistungen für Kinder und Jugendliche in einem Gesetz, Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen der Kinder und Eltern für einzelne Gruppen und erste Schritte hin zu einem zugehenden Sozialstaat. 

Gleichzeitig enttäuscht der Entwurf jedoch in wesentlichen Punkten und bleibt weit hinter dem Konzept des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG zurück. Das betriff in erster Linie die Höhe der neuen Leistung, weiter bestehenden Nachweispflichten und Antragserfordernissen anstelle einer möglichst automatischen Auszahlung sowie gespaltenen Zuständigkeiten statt einer einheitlichen Anlaufstelle für alle kindbezogenen Leistungen. Inakzeptabel ist der Ausschluss der Kinder und Jugendlichen im Asylbewerberleistungsgesetz und die im Entwurf enthaltene Leistungskürzung durch den Wegfall des Sofortzuschlags.

Nöhring abschließend: „Wir müssen leider feststellen, dass der Bundesregierung im vorliegenden Entwurf der Mut gefehlt hat, einen umfassenden Systemwechsel hin zu einer echten Kindergrundsicherung zu vollziehen, der die monetäre Familienförderung wirklich vom Kopf auf die Füße stellt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend: Wir setzen jetzt auf die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, an den von uns kritisierten Stellen im Entwurf nachzubessern und damit die Weichen für eine echte Kindergrundsicherung doch noch zu stellen.“ 

Zur vollständigen Stellungnahme: https://awo.org/kindergrundsicherung-stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-im-ausschuss-fuer-familie-senioren

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.11.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) sieht weiterhin erheblichen Änderungsbedarf bei der Kindergrundsicherung. Anlässlich der heutigen Anhörung zur Kindergrundsicherung im Rahmen der Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht der djb elf Anliegen, die mit dem aktuellen Gesetzentwurf nicht erreicht werden können. „Um gegen Kinderarmut vorzugehen und Kindern und Jugendlichen wirklich soziale, kulturelle und politische Teilhabe zu ermöglichen, brauchen wir höhere Leistungen und nicht die vorgesehenen bürokratischen Neujustierungen.“, sagt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

In der aktuellen Stellungnahme erklärt der djb unter anderem, warum es die geplante Kindergrundsicherung in ihrer momentanen Form nicht einfacher machen wird, Leistungen zu beantragen, oder das Ziel der Entstigmatisierung verfehlt wird. Auch weist der djb darauf hin, dass die Leistungen allen Kindern, die in Deutschland leben, zu gewähren sind – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder Migrationsgeschichte. Die Kritik baut auf der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 6. September 2023 auf, in der der djb bereits darauf hingewiesen hat, dass mit der geplanten Kindergrundsicherung für Kinder nichts gewonnen ist.

Die Kindergrundsicherung ist auch aus gleichstellungsrechtlicher Sicht höchst relevant. Nach einer Trennung der Eltern leben Kinder weit überwiegend in den Haushalten ihrer alleinerziehenden Mütter. Alleinerziehende Frauen und ihre Kinder sind statistisch nachweisbar besonders von Armut bedroht, nicht zuletzt, weil Mütter infolge der nach wie vor defizitären Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen oftmals nicht in Vollzeit berufstätig sein können. Diese Perspektive strukturell benachteiligter Mütter ist auch beim Thema Kindergrundsicherung nicht aus dem Blick zu verlieren.

„Auch im Sinne der Gleichstellung von Männern und Frauen sollten wir Kinder gut absichern. Einschränkungen beim Unterhaltsvorschuss gehen meistens auf Kosten von Frauen, die nach einer Trennung die Care-Arbeit übernehmen.“, so die stellvertretende Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich im djb, Prof. Dr. Susanne Dern.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 13.11.2023

eaf fordert erhebliche Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) kritisiert den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung als vertane Chance auf eine auskömmliche finanzielle Absicherung für soziale Teilhabe und ein gutes Aufwachsen aller Kinder. „Ein vorurteilsfreier Blick auf die Ursachen von Armut fehlt dieser Reform aus unserer Sicht ebenso wie der politische Wille, ausreichend Geld in die Hand zu nehmen, um Kinder und Jugendliche deutlich besser als bisher zu unterstützen“, so Martin Bujard, Präsident der eaf. „Wir haben uns eine weit umfassendere Reform gewünscht. Nun geht es darum, mit dem vorgelegten Entwurf konstruktiv umzugehen.“

Anlässlich der heute stattfindenden Anhörung im Familienausschuss des Bundestages fordert die eaf – mit Blick auf die sonst entstehenden Folgekosten unterlassener Armutsbekämpfung – erhebliche Nachbesserungen am Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. Vordringlich sind aus ihrer Sicht dabei folgende Punkte:

1. Zusatzbetrag pauschal um 15 Euro Teilhabebetrag und 20 Euro Sofortzuschlag erhöhen

Solange die Neuberechnung eines ausreichenden Kindermindestbedarfs aussteht, sollte der pauschale Teilhabebetrag von 15 Euro zusätzlich zum Zusatzbetrag (und unabhängig von der Höhe des Anspruchs auf den Zusatzbetrag) ohne jede Nachweispflicht automatisch mit ausgezahlt werden. Das Gleiche gilt für den monatlichen Sofortzuschlag von 20 Euro nach § 72 SGB II, dessen Streichung im parlamentarischen Verfahren zurückgenommen werden sollte.

2.Kinder von Alleinerziehenden besser erreichen: Vorgesehene Änderungen im Unterhalts­vorschussgesetz streichen, Unterhaltsvorschuss neu berechnen

Alleinerziehende und überwiegend alleinerziehende Eltern brauchen keine „Erwerbsanreize“, denn es fehlt ihnen an vielem, aber nicht an der Motivation. Deshalb sollte die darauf abzielende Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes komplett entfallen. Änderungsbedarf sieht die eaf dagegen im Hinblick auf die Ermittlung der Höhe des Unterhaltsvorschusses. Dieser sollte künftig errechnet werden, indem vom Mindestunterhalt nur die Hälfte des Kindergeldes bzw. des Kinder­garantiebetrages abgezogen wird.

3. Vorläufigen Umgangsmehrbedarfszuschlag einführen

Der erhöhte Bedarf von Kindern in Trennungsfamilien wird in dem vorliegenden Entwurf nicht berücksichtigt. Solange ein ausreichender Umgangsmehrbedarf für Trennungskinder nicht ermittelt wird, sollte der daraus resultierenden Unterdeckung der Bedarfe des Kindes in beiden Haushalten im parlamentarischen Verfahren zumindest übergangsweise abgeholfen werden, indem diese Kinder bei Anspruch auf den Zusatzbetrag einen vorläufigen Umgangsmehr­bedarfszuschlag in Höhe von 25 Prozent der Kindergrundsicherung erhalten.

Eine ausführlichere Darstellung dieser Forderungen wurde den Mitgliedern des Bundestagsaus­schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der Stellungnahme der eaf anlässlich der Öffentlichen Anhörung am 13. November 2023 zugeleitet.

Weitere Hintergrundinformationen finden Sie in der Stellungnahme der eaf vom 6. September 2023 zum Referentenentwurf des BMFSFJ „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 13.11.2023

Anlässlich der heutigen Sachverständigenanhörung zur Kindergrundsicherung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages ruft der Familienbund der Katholiken die Abgeordneten zu einer kritischen Überprüfung des bisherigen Konzepts auf. Aus seiner Sicht werden die mit dem Reformvorhaben verbundenen Ziele nicht erreicht. Weder kommt es zu einer deutlich besseren finanziellen Unterstützung einkommensschwächerer Familien, noch zu einer merklichen Vereinfachung.

„Kinder sind unsere Zukunft. Sie benötigen für ein gutes Aufwachsen soziale Teilhabe und gute Bildungschancen. Wenn jedes fünfte Kind in Armut aufwächst, bleiben zu viele Kinder zurück. Diesen dringlichen Missstand anzugehen, liegt also auf der Hand“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. „Die Reform muss aber die für sie vorgesehenen Gelder bestmöglich für Familien einsetzen. Wenn ich Verkomplizierungen sehe, wo es eigentlich einfacher werden sollte, und hohe Anteile des Budgets dauerhaft für eine neue Verwaltungsstruktur verwendet werden sollen, scheinen mir die Grundgedanken der Kindergrundsicherung aus dem Blick zu geraten.“

Mit der Kindergrundsicherung hat sich die Regierung vorgenommen, die Kinderarmut in Deutschland zu reduzieren und für Kinder deutlich bessere Teilhabechancen zu schaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Zusammenlegung mehrerer Familienleistungen vor, für deren Verwaltung die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit zum Familienservice ausgebaut werden sollen.

Der Familienbund fordert, dass die Familien die Leistungen aus einer Hand erhalten. Jedoch wird es für Familien im Bürgergeldbezug komplizierter. „Bisher erhalten arme Familien die Grundsicherung für alle Familienmitglieder vom Jobcenter. Jetzt sollen sie für die Kinder zusätzlich zum Familienservice – und wenn die neue Kindergrundsicherung nicht ausreicht, dann doch wieder ergänzend zum Jobcenter. Das erscheint mir nicht durchdacht“, so Ulrich Hoffmann. „Das Vom-Kind-aus-Denken führt hier dazu, dass die Familie als Ganzes aus dem Blick gerät. Wer aber wirklich vom Kind aus denkt, denkt an die Familie.“

Auch zur Ersparung von Verwaltungskosten sind laut Hoffmann Doppelzuständigkeiten zu vermeiden, um den Familien die Leistungen aus einer Hand zu gewähren und mehr Geld für die Familien selbst zu verwenden. „Allein die geplante Verwaltungsumstellung wird jährlich Kosten in Höhe von 408 Millionen Euro verursachen, die an anderer Stelle des Haushaltes des Familienministeriums eingespart werden müssen. Das geht direkt zu Lasten anderer familienpolitischer Maßnahmen, ohne dass ein klarer Vorteil für die Familien erkennbar wäre.“

Ulrich Hoffmann hält auch eine bessere finanzielle Unterstützung einkommensschwächerer Familien für notwendig: „Ohne eine spürbare Leistungserhöhung, die die Grundbedarfe von Kindern tatsächlich sichert und Familien mit kleinen bis hin zu mittleren Einkommen stärker unterstützt, wird sich die Kinderarmut nicht reduzieren lassen. Bisher gibt es noch keine transparenten Darstellungen der Regierung, in welchen Einkommensbereichen durch die Neuregelung Besserstellungen generiert werden. Ich fürchte, dass es an einigen Stellen zu Schlechterstellungen kommen wird. Die Regierung sollte den intern sicherlich vorliegenden Vergleich des geltenden und des geplanten Rechts den Abgeordneten und der Öffentlichkeit vorlegen.“

Ein Großteil der vorgesehenen zahlreichen Umetikettierungen und Neuzuordnungen bringen kaum Gewinn für Familien, sondern stiften eher inhaltliche wie rechtliche Verwirrung. An vielen Stellen des Entwurfs werden Regelungen zum Kindergeld und dem Kinderzuschlag übernommen, jedoch mit neuen Begriffen versehen. Dort wo sich nichts ändert, sollten die bisherigen Begriffe erhalten bleiben. Die geplante Umbenennung des Kindergeldes in Kindergarantiebetrag sollte daher unterbleiben.

Die steuerrechtlichen Regelungen bewertet Ulrich Hoffmann positiv: „Ich begrüße die Beibehaltung der vollen steuerlichen Freibeträge für Kinder, denn alle Familien haben einen Anspruch auf faire Besteuerung. Kinder führen zu einer reduzierten steuerlichen Leistungsfähigkeit, die nach den allgemeinen Prinzipien der Besteuerung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu berücksichtigen ist.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 13.11.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ziel der Kampagne: Erwachsene übernehmen Verantwortung – sie sehen hin, hören Kindern zu und fragen nach, wenn sie eine Vermutung oder ein komisches Bauchgefühl haben.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, haben heute in Berlin die zweite Phase der Kampagne für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt mit dem Titel „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ vorgestellt. Zum Auftakt gibt es eine Aktionswoche vom 13. bis 18. November (9. Europäischer Tag gegen sexuelle Gewalt und sexuelle Ausbeutung von Kindern).

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Mit der Kampagne appellieren wir ganz klar an das Verantwortungsgefühl von Erwachsenen. Denn ein aufgeklärtes, wachsames Umfeld schützt Kinder und Jugendliche viel besser vor Gewalt. Ich fordere jede und jeden auf: Sehen Sie hin, hören Sie zu, fragen Sie beim Kind nach! Nur mit gemeinschaftlicher Verantwortung erzeugen wir einen Schutzschirm, damit Kinder keine Opfer sexueller Gewalt werden.

Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus: „Viel zu oft gibt es die Vorstellung, dass andere Menschen, Organisationen oder staatliche Stellen zuständig sind, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt geht. Das wollen wir ändern. Statt des spontanen Gedankens ‚vielleicht täusche ich mich ja, wird schon nichts sein‘ geht es in der Kampagne darum, Verantwortung nicht wegzuschieben und Menschen zu zeigen, was sie tun können. Dafür müssen sie keine Kinderschutzexpert:innen sein, aber sich verantwortlich fühlen – und dann auch konkret wissen, wie sie handeln können. ‚Ich weiß, was ich tun kann‘ – das ist der zentrale Schlüssel, um Kindern zu helfen. Kein Kind, kein Jugendlicher kann sich alleine schützen: ‚Wir Erwachsenen sind es, die hier in der Verantwortung stehen.‘

Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ ist als mehrjährige Kampagne konzipiert. Neben der Verbreitung der Kampagnenbotschaften unter anderem über TV-Spots, Plakate, Social Media Angebote und einer Vielzahl von Informationsmaterialien liegt der Schwerpunkt der Kampagne in 2023/24 auf „Good Practice“-Projekten vor Ort und stärkt lokale Netzwerke und kommunale Initiativen. Durch die Zusammenarbeit von Fachpraxis, Politik und Zivilgesellschaft sollen nachhaltige regionale Bündnisse zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt erreicht werden. Die Kampagne und die bundesweiten und lokalen Aktivierungsmaßnahmen werden von zahlreichen Partnern unterstützt, wie zum Beispiel aus dem Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen oder dem Betroffenenrat beim Amt der Unabhängigen Beauftragten.

Angela Marquardt, Mitglied im Betroffenenrat: „Die Kampagne spricht zurecht die Verantwortung aller an, denn sexualisierte Gewalt ist kein individuelles Problem. Gewalterfahrungen müssen auch im Kontext gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen werden. Selbst Verantwortung zu übernehmen, ist das Fundament einer gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit, immer da informiert zu handeln, wo Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt erleben. Das oft fehlende Unrechtsbewusstsein führt in großen Teilen der Gesellschaft zum Schweigen und wir Betroffene haben das Recht auf eine gesellschaftliche Verantwortungsübernahme. Nicht wir alleine sind in der individuellen Verantwortung, dass sexualisierte Gewalt verhindert oder aufgedeckt wird.“

Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ ist die Fortführung der Kampagne „Schieb den Gedanken nicht weg!“, die im vergangenen Jahr von BMFSFJ und UBSKM gestartet wurde. In dieser ersten Phase wurde darüber aufgeklärt, dass von sexueller Gewalt vor allem Kinder und Jugendliche im eigenen persönlichen Umfeld, vor allem in der Familie, betroffen sind. Auslöser war eine Forsa-Umfrage, die gezeigt hatte: 85 Prozent der Befragten halten es für unwahrscheinlich oder ausgeschlossen, dass sexualisierte Gewalt in der eigenen Familie passiert oder passieren könnte. Nach diesem wichtigen ersten Schritt folgt jetzt konsequent die nächste Phase: „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ befähigt Menschen, zu handeln. Sie klärt darüber auf, auf welche Signale man achten sollte, wie man mit Kindern sprechen kann und wo es Hilfe- und Beratungsangebote gibt – damit alle Bescheid wissen und Verantwortung übernehmen.


Zur digitalen Pressemappe:
https://beauftragte-missbrauch.de/presse/pressemitteilungen 

Zu TV-Spot, Audiofile und Plakatmotiven (sendefähig bzw. Druckdateien):
https://wigwam.bg-edv.com/index.php/s/tso652K9bYMHTKD

Zur Landingpage der Kampagne mit umfassenden Informationen und Materialien zum Download und Bestellen:
https://nicht-wegschieben.de/home

Hilfe- und Beratungsangebote vor Ort:
https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/startseite

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch:
0800 – 22 55 530 (kostenfrei und anonym)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2023

Am Mittwoch berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung das Selbstbestimmungsgesetz. Mit diesem Gesetz wird das Verfahren zur Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags und Namens zu einem reinen Verwaltungsverfahren – vergleichbar mit der Eheschließung. 

Anke Hennig, zuständige Berichterstatterin und stellvertretende queerpolitische Sprecherin:

„In der Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz existieren unzählige Vorurteile. Darüber gerät der eigentliche Kern des Gesetzes in den Hintergrund: Wir bauen aktive staatliche Diskriminierung ab und erleichtern gesellschaftliche Teilhabe für trans*, inter und nicht-binäre Menschen. Wir ermöglichen ein schlichtes Verfahren zur Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags und Namens, vergleichbar mit der Eheschließung. Dadurch wird es in Zukunft endlich niedrigschwellig möglich sein, einen Ausweis mit einem zur Identität passenden Namen zu erhalten, um beispielsweise bei offizieller Post mit der korrekten Anrede angesprochen zu werden. Für die Menschen, die es betrifft, ist das ein gewaltiger Schritt nach vorn: Sie werden mit dem neuen Gesetz endlich nicht mehr dazu gezwungen, psychiatrische Gutachten bei Gericht einzureichen, in denen intimste Details vor dem Staat offengelegt werden müssen. Das ist menschenunwürdig und das schaffen wir ab.“

Jan Plobner, zuständiger Berichterstatter und stellvertretender queerpolitischer Sprecher:

„Das Bundesverfassungsgericht hat schon im Jahr 2017 geurteilt, dass mehr als zwei positive Geschlechtseinträge im Personenstandsrecht möglich sein müssen und dass für diese Einträge die individuelle Geschlechtsidentität maßgeblich sein muss – insofern der Gesetzgeber überhaupt weiter an der Erfassung eines Geschlechtseintrags festhält. Auch international hat sich die Bedeutung des Geschlechtseintrags weiterentwickelt: Die Weltgesundheitsorganisation hat sich endlich davon verabschiedet, Transgeschlechlichkeit als Krankheit zu definieren. Menschenrechtliche Standards zum staatlichen Umgang mit trans*, inter und nicht-binären Menschen wurden entwickelt. Und in zahlreichen anderen Ländern dieser Welt gibt es zum Teil schon seit zehn Jahren gesetzliche Regelungen zur niedrigschwelligen Änderung des Geschlechtseintrags. Insofern schließen wir mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes nicht nur zu all den anderen Ländern auf, die bereits menschenrechtskonforme Regelungen haben. Wir erfüllen mit dem Gesetz auch endlich einen Verfassungsauftrag. Nicht mehr und nicht weniger.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 14.11.2023

Die Kinderkommission teilt mit:

Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. 196 Staaten haben in der Zwischenzeit diese Konvention, die allen Kindern auf der Welt in 54 Artikeln völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft, ratifiziert. In Deutschland und auf der ganzen Welt machen sich Kinder und Jugendliche seitdem an diesem Tag für die Umsetzung ihrer Rechte stark. 

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen im Parlament setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Weltweit sind aktuell das Leben und die Zukunft von Millionen von Kindern durch viele Krisen, Kriege und Konflikte bedroht. Fast alle Kinder werden schon heute auf die eine oder andere Weise mit den Folgen dieser Krisen konfrontiert. Gerade deshalb ist es für die Kinderkommission noch einmal besonders wichtig, den mit der Kinderrechtskonvention verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Die Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Emilia Fester, erklärt hierzu: 

„Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes ist eines der wichtigsten Mittel für den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und auf der ganzen Welt.  Seit dem Inkrafttreten der Konvention im Jahr 1992 hat sich die Situation von Kindern in Deutschland spürbar verbessert. Doch die Kriege, Krisen und Konflikte der vergangenen Jahre machen weltweit deutlich, warum die Kinderrechtskonvention und die mit ihr verbundenen Aufträge im Zentrum unseres Handelns stehen sollten. Die UN-Konvention hält die Politik in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und die Lebensbedingungen der nächsten Generation zu erhalten.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 17.11.2023

Nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat es von Januar bis März 2023 durchschnittlich 10.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit mindestens einer Leistungsminderung gegeben. Deren Anteil an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten hat demnach durchschnittlich 0,3 Prozent betragen. Darauf verweist die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9334) auf eine Kleine Anfrage (20/8701) der Fraktion Die Linke. Die Kürzung des laufenden Leistungsanspruchs hat nach Angaben der Regierung durchschnittlich bei sieben Prozent beziehungsweise rund 50 Euro der Gesamtleistung gelesen. „Die Anzahl der Fälle mit einer Leistungsminderung von über zehn Prozent des Regelbedarfs kann nicht ermittelt werden“, schreibt die Regierung.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 883 vom 22.11.2023

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat einen Antrag (20/1354) der Fraktion Die Linke abgelehnt, in dem diese vom Bundestag eine Entschuldigung für das Leid, das transgeschlechtlichen Menschen widerfahren ist, verlangt. Gegen den Antrag stimmten alle übrigen Fraktionen des Bundestages.

Das 1981 in Kraft getretene Transsexuellengesetz (TSG) habe Transgender zwar erstmalig im Recht anerkannt und ihnen ermöglicht, den Personenstand ihrem Geschlechtsempfinden anzupassen, heißt es im Antrag. Doch das TSG sei „in vielen Punkten verfassungswidrig“ gewesen, weshalb das Bundesverfassungsgericht einige Bestimmungen außer Kraft gesetzt habe. Dazu zählten unter anderem die Bedingungen der Sterilisation und Ehescheidung. Den betroffenen Personen und ihren Angehörigen sei dadurch jahrelang erhebliches Leid zugefügt und deren Menschenrechte eklatant verletzt worden, schreibt Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 861 vom 15.11.2023

Neuen Berechnungen zufolge fehlen in Deutschland, vor allem im Westen, rund 430.000 Kita-Plätze. Im Osten wiederum ist eine Fachkraft für zu viele Kinder zuständig. Zwar besteht die Chance auf spürbare Verbesserungen bis 2030 – doch dafür müssen jetzt die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden. Um die aktuelle Notsituation abzufedern, sind weitere Maßnahmen nötig. 

In den westdeutschen Bundesländern fehlen rund 385.900 Kita-Plätze, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. In Ostdeutschland gibt es rund 44.700 Plätze zu wenig. Das geht aus neuen Berechnungen aus unserem „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ hervor. Zwar gab es in den zurückliegenden Jahren erkennbare Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten. Doch zugleich ist der Bedarf kontinuierlich gestiegen, denn immer mehr Eltern wünschen sich – insbesondere für ihre jüngeren Kinder – eine Betreuung. Derzeit kann aber der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung, der seit 2013 auch für Kinder unter drei Jahren gilt, für hunderttausende Kinder nicht erfüllt werden.  

In Ostdeutschland ist der Anteil an Kindern, die eine Kita besuchen, wesentlich höher als im Westen. Allerdings sind die Personalschlüssel hier deutlich ungünstiger. Während eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Westdeutschland rechnerisch für 3,4 Kinder in Krippengruppen und für 7,7 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich ist, kommen im Osten 5,4 bzw. 10,5 Kinder auf eine Fachkraft. Unseren wissenschaftlichen Empfehlungen zufolge, müssten die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen. Gemessen daran, werden fast 90 Prozent der Kita-Kinder in Ostdeutschland in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht kindgerecht sind. Allerdings sind es auch im Westen noch rund 62 Prozent. 

„Der Fachkräftemangel erschwert es zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen und in den Kitas den Bildungsauftrag umzusetzen. Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden“, sagt Anette Stein, unsere Expertin für frühkindliche Bildung.  

Fachkräfte-Radar zeigt mögliche Entwicklungen bis 2030 auf

Im aktuellen „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ haben wir untersucht, wie sich das Angebot und der Bedarf an Fachkräften in den Bundesländern in den kommenden Jahren entwickeln und wie sich das auf die Kita-Situation auswirken könnte. Bis 2030 besteht für die ostdeutschen Bundesländer aufgrund der zurückgehenden Kinderzahlen die Chance, die Personalschlüssel an das Westniveau anzugleichen und die Elternbedarfe zu erfüllen. Brandenburg und Sachsen sowie – mit etwas mehr Anstrengung – Sachsen-Anhalt und Thüringen können bis 2030 sogar kindgerechte Personalschlüssel erreichen. Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen.

Für die westdeutschen Bundesländer ist insbesondere der hohe Bedarf an Kita-Plätzen eine enorme Herausforderung. Lediglich Hamburg kann laut Prognose bis 2030 sowohl die aktuellen Elternbedarfe als auch kindgerechte Personalschlüssel erfüllen. Auch für Niedersachsen wären beide Ziele realistisch, mit etwas mehr Anstrengungen ebenso für Schleswig-Holstein. Die meisten West-Bundesländer könnten bis 2030 die aktuellen Elternbedarfe decken und bei der Personalausstattung zumindest den West-Durchschnitt erreichen. Allerdings müssten dazu noch mehr Fachkräfte gewonnen werden, als der Prognose zufolge zur Verfügung stehen.

Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter.

Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung

Es braucht einen Mix aus langfristig und kurzfristig wirkenden Maßnahmen

Um die Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen die Bundesländer jetzt die jeweils nötigen Schritte einleiten: Die ostdeutschen Länder müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kitas mehr Personal beschäftigen können. Solange die Personalausstattung ungünstiger ist als im Westen, gibt es keine bundesweite Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung. Für die westdeutschen Länder gilt es, den Platzausbau voranzutreiben. Gleichzeitig braucht es in allen Bundesländern langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften sowie attraktive Beschäftigungsbedingungen, damit das Personal im Berufsfeld bleibt. Dafür ist eine abgestimmte und verbindliche Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern nötig. Zudem sollte sich der Bund über die Leistungen des Kita-Qualitätsgesetzes hinaus an der Finanzierung der frühkindlichen Bildung verlässlich beteiligen. 

An der aktuellen Notsituation – den fehlenden Plätzen sowie den nicht kindgerechten Personalschlüsseln – werden diese langfristig angelegten Maßnahmen allerdings kaum etwas ändern. Das zeigen die Prognosen des Fachkräfte-Radars für das Jahr 2025. Daher sind Sofortmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen gefragt. So könnte das pädagogische Personal von Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben entlastet werden. Auch Quereinsteiger:innen können die Lage entspannen. Aber: „Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter“, mahnt Anette Stein. Wie die Berechnungen ebenfalls zeigen, würde in einigen Bundesländern eine Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten bis 2025 dazu beitragen, die Ziele schneller zu erreichen. „Das ist zweifellos eine einschneidende Maßnahme, die nur individuell und in enger Abstimmung zwischen Kommune, Träger und Eltern getroffen werden sollte“, betont Stein. „Aber die Kita-Krise ist so weit fortgeschritten, dass neue Antworten gefragt sind.“

Publikation

Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2023

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 28.11.2023

Obwohl sich potenziell benachteiligte Familien für ihre Kinder einen Kita-Platz wünschen, haben sie zu einem hohen Anteil keinen Betreuungsplatz. An diesem „Kita-Gap“ hat sich auch zehn Jahre nach Einführung des erweiterten Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz wenig geändert. Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, geht deshalb der Frage nach, wie sich diese ungedeckten Kita-Bedarfe über unterschiedliche Gruppen von Familien verteilen und was die Gründe dafür sind, dass trotz Bedarf kein Platz genutzt wird.

Wie aus der Studie hervorgeht, gibt es bei der Nutzung öffentlich finanzierter Bildungs- und Betreuungsangebote insbesondere für Kinder zwischen einem und unter drei Jahren stark ausgeprägte sozioökonomische Unterschiede. Demnach sind Kinder aus Familien deutlich unterrepräsentiert, die armutsgefährdet sind, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird oder deren Eltern keinen akademischen Hintergrund besitzen. Insgesamt hat in Deutschland die Hälfte der Kinder in dieser Altersklasse einen Kita-Platz – unter Kindern aus armutsgefährdeten Haushalten ist es nur ein Viertel. Bei Familien, die überwiegend kein Deutsch zuhause sprechen, gehen drei von zehn Kindern in eine Kita, bei Familien ohne akademischen Hintergrund vier von zehn.

Ungedeckte Kita-Bedarfe mit weitreichenden bildungs- und gleichstellungspolitischen Folgen

Nach Ansicht von Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des BiB und eine der Autorinnen der Studie, ist es falsch, die geringere Kita-Nutzung auf einen geringeren Bedarf der Familien zurückzuführen. Tatsache ist: „Die Kita-Bedarfe können für potenziell benachteiligte Familien seltener gedeckt werden. Dies betrifft vor allem das zweite und dritte Lebensjahr von Kindern, zeigt sich aber teilweise bis zum Schuleintritt.“ Insgesamt haben 21 Prozent aller Familien mit Kindern zwischen einem und unter drei Jahren trotz Betreuungswunsch keinen Kita-Platz. Bei armutsgefährdeten Familien sind es 33 Prozent, bei Familien ohne akademischen Hintergrund 25 Prozent und bei Familien, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird, 39 Prozent. „Die Befunde zeigen höhere ungedeckte Bedarfe vor allem bei denjenigen Gruppen, bei denen Kinder und Eltern besonders von einem Kita-Besuch profitieren könnten“, erklärt Dr. Mathias Huebener, Co-Autor der Studie. Demnach könnte ein früherer Besuch in einer qualitativ guten Kita Ungleichheiten in der Entwicklung von Kindern verringern, die sich bereits vor dem Schuleintritt teils deutlich ausprägen. Die Analysen der Studie zeigen weiterhin, dass in Familien, die ihren Kita-Bedarf nicht decken können, vielfach Mütter sind, die gern eine Erwerbstätigkeit aufnehmen würden. Eine Erfüllung der Betreuungswünsche kann die Erwerbsbeteiligung besonders für Mütter aus potenziell benachteiligten Familien deutlich steigern.

Vielfältige Gründe für mangelnde Bedarfsdeckung

Die Gründe für die fehlende Bedarfsdeckung sind vielfältig und liegen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Potenziell benachteiligte Familien berichten deutlich häufiger von Schwierigkeiten bei der Kita-Suche und bemängeln öfter fehlende wohnortnahe Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten sowie unpassende Öffnungszeiten. „Dies lässt auf mangelnde Informationen und ein nicht bedarfsgerechtes Angebot in Wohnortnähe dieser Familien schließen“, sagt Mitautorin Dr. Sophia Schmitz. Potenziell benachteiligte Familien vermuten zudem häufiger eine mangelnde Förderung ihrer Kinder.

Verschiedene Ansätze könnten Kita-Gaps reduzieren

Die vielen Barrieren, die Familien je nach sozioökonomischen und -demografischen Merkmalen den Zugang zu Kitas erschweren, erfordern einen breiten Ansatz, um bestehende Bedarfe zu decken. So könnten ein weiterer Ausbau sowie qualitativ hochwertige und wohnortnahe Einrichtungen Kita-Gaps reduzieren. Auf der Kostenseite könnte eine bundesweit festgelegte Staffelung von Gebühren nach Haushaltseinkommen Kindern aus Familien mit geringeren Einkommen den Besuch einer Kita erleichtern. Außerdem könnten bessere Informationen über den bestehenden Rechtsanspruch, das Bewerbungsverfahren und die Vorteile frühkindlicher Bildung und Betreuung dazu beitragen, Kita-Gaps zu verringern. Das umfasst auch Initiativen wie ein erleichtertes Anmeldeverfahren, um die Suche nach einer Einrichtung möglichst einfach zu halten.

Die Untersuchung basiert auf Daten der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für die Jahre 2018 bis 2020 und wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben. Sie kann hier heruntergeladen werden:

https://www.fes.de/cgi-bin/gbv.cgi?id=20728&ty=pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 22.11.2023

Die Elternzeit ist für viele Paare der Einstieg in eine ungleiche Arbeitsteilung: Mütter unterbrechen ihre Erwerbsarbeit länger, um Zeit mit dem Kind zu verbringen – und erfahren dadurch langfristige Einkommensnachteile. Wesentliche Gründe für die meist ungleiche Aufteilung zwischen Mann und Frau sind bestehende traditionelle Geschlechternormen, Einkommensunterschiede innerhalb von Paaren sowie mangelnde Kenntnisse über die finanziellen Folgen. Welche Schlussfolgerungen würden Menschen über die Aufteilung der Elternzeit ziehen, wenn sie bessere Informationen über die wirtschaftlichen Konsequenzen hätten? Mit dieser Frage hat sich ein Team von Forschenden im internationalen Fachmagazin Gender & Society beschäftigt.

Das Ergebnis: Je umfassender Menschen zu den ökonomischen Auswirkungen der Elternzeit für Mütter und Väter informiert sind, umso eher unterstützen sie eine gleichberechtigte Aufteilung der Elternzeit. Für die Forschenden eine wichtige Erkenntnis, denn daraus lassen sich auch praktische Auswirkungen für politische Entscheidungsträger ableiten: „Die Befunde vertiefen unser Verständnis über normative Einflüsse familienpolitischer Maßnahmen“, bewertet Mitautorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die Ergebnisse der Studie, die mit Kolleginnen von der Universität Tübingen erstellt wurde.

Bessere Informationen führen zu stärkerer Unterstützung für eine egalitäre Aufteilung

Für die Untersuchung wurden auf Basis des deutschen GESIS-Panels Personen gebeten, die gesetzliche Elternzeit von maximal 14 Monaten für ein fiktives Paar aufzuteilen, das sein erstes Kind erwartet. Dabei wurden die Antworten der Befragten verglichen mit ihren Antworten, nachdem sie Informationen zu den wirtschaftlichen und beruflichen Konsequenzen der Elternzeit für Männer und Frauen erhalten hatten: Elternzeit führt bei Müttern oftmals zu finanziellen Nachteilen, Väter verzeichnen hingegen kaum Einbußen bei Löhnen oder Karriereschritten. Diejenigen, die über diese Informationen verfügten, akzeptierten eher eine längere Elternzeit des Vaters. Jüngere, noch Kinderlose, reagierten dabei stärker auf diese Informationen. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sie mit Elternschaftsnormen generell noch wenig persönlich in Kontakt gekommen sind. „Unsere Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die Bereitstellung von Informationen über einkommensbezogene Folgen der Elternzeit in bestimmten Einkommenskonstellationen zu einer erhöhten Akzeptanz von weniger traditionellen Aufteilungen der Elternzeit führt“, erklärt Spieß.

Wirkung der Information hängt von der Glaubwürdigkeit der Aussage ab

In der Studie betonen die Forschenden zudem die hohe Bedeutung der Ergebnisse für die Politikberatung. Allerdings: „Die Wirkung der Informationen hängt wesentlich vom Vertrauen in die Institutionen ab, von denen sie bereitgestellt werden“, meint Spieß. Wenn evidenzbasierte Informationen durch die Politik oder in den Medien wiederholt verbreitet werden, dann könnten sie ihr aufklärerisches Potenzial entfalten. Dies trifft sogar auf Gruppen zu, die noch nicht im Fokus der Familienpolitik stehen.

Weitere Autorinnen der Studie sind Marie-Fleur Philipp, Silke Büchau und Pia S. Schober von der Universität Tübingen. Der Originalartikel kann hier heruntergeladen werden: https://doi.org/10.1177/08912432231176084

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 15.11.2023

Die neuesten Daten der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) zeigen, dass weiterhin eine Lücke zwischen Platzangebot und Bedarf besteht und Angebote nicht für alle Eltern gleich zugänglich sind

Ab 2026 gilt ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Erstklässler, der bis 2030 auf alle Grundschulkinder ausgedehnt wird. Mit den neuesten Daten aus 2022 kann gezeigt werden, dass der Bedarf der Eltern an außerunterrichtlicher Bildung und Betreuung für ihre Grundschulkinder weiterhin nicht durch die vorhandenen Angebote gedeckt werden kann, dass aber ein Bedarf der Eltern auch nicht immer gleich ein Ganztagsbedarf ist. 5 Prozent aller Grundschulkinder in Deutschland besuchten kein außerunterrichtliches Angebot, obwohl die Eltern einen Bedarf hatten. Eine solche Lücke zeigt sich in nahezu allen Bundesländern. Weitere 3 Prozent nutzten zwar ein Angebot, dessen Umfang war jedoch mindestens fünf Stunden pro Woche geringer als die Eltern benötigten. Um Familien ein bedarfsgerechtes Angebot unterbreiten zu können, sind weitere Ausbaubemühungen nötig.  

Der derzeitige Platzmangel macht es einigen Familien besonders schwer, ihren eigentlich vorhandenen Bedarf in die Nutzung eines Angebots zu verwandeln: Die Ungleichheiten im Zugang verstärkten sich sogar über die letzten Jahre hinweg. Bei vorhandenem Bedarf gelingt es Familien mit Migrationshintergrund sowie solchen mit niedrigerer Bildung immer weniger gut, einen Betreuungsplatz zu bekommen als Familien ohne Migrationshintergrund oder mit höherer Bildung. Das Ziel, die Teilhabe für alle Kinder zu verbessern und so zu gleichwertigen Lebensbedingungen beizutragen, wird aktuell nicht erfüllt. Dies sind zentrale Ergebnisse der jetzt vorliegenden Studie „Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder – entsprechen sie den Bedarfen der Eltern?“ des DJI-Kinderbetreuungsreports 2023. Die Datengrundlage dafür bildet die Elternbefragung 2022 der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS).

Entwicklung des Betreuungsbedarfs stagniert

Bis zum Jahr 2018 stieg der Bedarf an außerunterrichtlichen Angeboten nahezu parallel zum Anteil der Kinder an, die ein solches Angebot nutzten. Seit 2019 stagniert dieser Anstieg jedoch sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Da im Zuge des Platzausbaus in Westdeutschland die Inanspruchnahme noch bis 2020 weiter gestiegen ist, hat sich die Lücke zwischen Bedarf und Inanspruchnahme in den letzten Jahren deutlich verringert. Trotzdem müssen weitere Betreuungsplätzen geschaffen werden.

Nur ein Teil der Eltern wünschte ganztägige Angebote

Der Ausbau der Betreuungsangebote in den vergangenen Jahren war sehr stark auf Ganztag fokussiert. Allerdings belegen die KiBS-Daten wiederholt, dass in einigen Bundesländern ein Teil der Eltern kürzere Betreuungsangebote, zum Beispiel über die Mittagszeit, nachfragt, nutzt und damit seine Bedarfe decken kann. Die Entscheidungsträger in den Ländern sollten daher auch Konzepte entwickeln, wie eine solche Übermittagsbetreuung von Grundschulkindern qualitätsvoll gestaltet werden kann.

DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS)

Seit sieben Jahren erarbeitet das KiBS-Team jährlich eine Reihe von vertieften Analysen, die im Format des DJI-Kinderbetreuungsreports als thematisch fokussierte Studien frei verfügbar sind. Zu den jährlich wiederkehrenden Themen gehören dabei die Fortschreibung der elterlichen Bedarfe an und die aktuelle Nutzung von Angeboten der frühen Bildung durch Kinder ab der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters. Die Auswertungen beschäftigen sich aber beispielsweise auch mit den Elternbeiträgen für die Nutzung von Angeboten, den Gründen für eine Nichtinanspruchnahme von Kindertagesbetreuung oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

In Studie 5 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 werden so Unterschiede im Eintrittsalter der Kinder in die frühe Bildung und in der Kontinuität der Angebotsnutzung bei Kindern bis zur Einschulung untersucht. Disparitäten finden sich beispielsweise in Bezug auf die Wohnregion der Familie oder das genutzte Betreuungsformat: Während Kinder in Ostdeutschland mit durchschnittlich 16 Monaten erstmalig ein Angebot der frühen Bildung außerhalb der Familie nutzten, waren die Kinder in Westdeutschland beim Eintritt durchschnittlich 23 Monate alt. Im Durchschnitt waren Kinder, die eine Kindertagespflege besuchten, beim Eintritt jünger als diejenigen, die ihre Bildungskarriere in einer Kindertageseinrichtung starteten. Darüber hinaus finden sich Zusammenhänge zwischen dem Eintrittsalter und dem Bildungsstand der Eltern sowie dem Migrationshintergrund des Kindes. Kinder mit Migrationshintergrund treten etwas später in die frühe Bildung ein, Kinder von Eltern mit höheren Bildungshintergründen deutlich früher.

In Studie 3 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 wird die Situation rund um den Schuleintritt betrachtet. Vor dem Hintergrund des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung für Grundschulkinder werden Einblicke in den zukünftigen Betreuungsbedarf der Eltern von Vorschulkindern gegeben. Zudem kann aufgezeigt werden, inwiefern diese Bedarfe nach dem Schuleintritt umgesetzt werden. Die meisten Eltern, die vor Schuleintritt ein außerunterrichtliches Angebot wünschten, nutzten ein solches auch nach der Einschulung ihres Kindes. Jedoch zeigen die Daten der Befragungen 2020 und 2021 auch, dass jede zehnte Familie, die vorschulisch einen Bedarf nach einem Angebot der außerunterrichtlichen Bildung und Betreuung angab, dies im ersten Schuljahr nicht tat. Ungedeckte Bedarfe im ersten Schuljahr äußerte trotzdem nur ein kleiner Teil der Eltern, da die meisten Eltern, die ihren vorschulischen Betreuungswunsch nicht umsetzen konnten, in der Zwischenzeit eine andere Betreuungslösung für ihr Kind gefunden hatten.

KiBS wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Forschungsergebnisse werden unter anderem in der jährlich erscheinenden Broschüre „Kindertagesbetreuung Kompakt“ des BMFSFJ publiziert, dort vor allem zu den Themen des Betreuungsbedarfs sowie zu Häufigkeit und Umfang der tatsächlichen Nutzung der Kindertagesbetreuung.

Pressemitteilung
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detailansicht/article/nicht-nur-in-der-kita-ungleichheiten-im-zugang-zu-ganztaegigen-angeboten-setzen-sich-in-der-grundschule-fort.html

Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder – entsprechen sie den Bedarfen der Eltern? DJI-Kinderbetreuungsreport 2023, Studie 2 von 7, Katrin Hüsken, Kerstin Lippert, Susanne Kuger, 52 Seiten, ISBN: 978-3-86379-501-6 
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/literatursuche/detailansicht/literatur/34282-bildungs-und-betreuungsangebote-fuer-grundschulkinder-entsprechen-sie-den-bedarfen-der-eltern.html

Allgemeine Informationen zur DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) und Publikationen
https://www.dji.de/KiBS

„Kindertagesbetreuung Kompakt – Ausbaustand und Bedarf 2022“ des BMFSFJ
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/kindertagesbetreuung-kompakt-228472

Themenseite Kinderbetreuung
https://www.dji.de/themen/kinderbetreuung.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 29.11.2023

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Oktober auf 3,8 Prozent gesunken. Damit war die Teuerung einerseits fast doppelt so stark wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihrer Zielinflationsrate angestrebt, andererseits weniger als halb so hoch wie im Oktober 2022 (8,8) Prozent. Ebenfalls stark zurückgegangen ist die Spanne der Inflationsbelastung zwischen verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug im Oktober 2023 0,6 Prozentpunkte, während es 3,1 Prozentpunkte ein Jahr zuvor waren. Nach September 2023 zum zweiten Mal seit Beginn der drastischen Teuerungswelle waren dabei ärmere Haushalte, unabhängig von ihrer Größe, nicht mehr am oberen Rand der haushaltsspezifischen Inflationsraten zu verorten, sondern nun im unteren Bereich. Familien mit niedrigen Einkommen hatten im Oktober eine Inflationsrate von 3,0 Prozent zu tragen, bei Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen waren es 3,2 Prozent. Da ärmere Singles und ärmere Familien über den größeren Teil des Jahres 2023 mit zum Teil deutlich überdurchschnittlichen Teuerungsraten konfrontiert waren, dürfte trotzdem auch ihre Jahresrate vergleichsweise hoch ausfallen. Und wenn, wie aktuell von der Bundesregierung geplant, die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme schon ab Januar statt ab April 2024 wieder auf 19 Prozent steigt, würde das Haushalte mit niedrigen Einkommen überproportional betreffen. Da Haushaltsenergie bei ihren monatlichen Ausgaben eine relativ große Rolle spielt, „öffnet sich dann die soziale Schere wieder“, schreiben Dr. Silke Tober und Prof. Dr. Sebastian Dullien im neuen IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*

Die Inflationsexpertin und der wissenschaftliche Direktor des IMK berechnen seit Anfang 2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten und in der Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Ärmere Haushalte waren während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Herbst hinein besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Doch auch wenn die Inflationsraten seitdem stark gesunken sind und die Werte für die verschiedenen Haushalte sich angenähert haben, wird das Problem steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Dass die allgemeine Inflationsrate von September auf Oktober um 0,7 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt unter anderem daran, dass die Energiepreise geringfügig niedriger lagen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Preise für Haushaltsenergie kaum gestiegen sind und die Kraftstoffpreise deutlich geringer ausfielen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar noch einmal um gut sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr, das stellt aber eine deutliche Verlangsamung gegenüber den Monaten zuvor dar. Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen wirkte sich die nachlassende Preisdynamik im Grundbedarf aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei Familien mit hohen Einkommen im Oktober 3,6 Prozent, bei Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen 3,5 Prozent und bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 3,4 Prozent. Familien mit mittleren Einkommen sowie Singles mit höheren Einkommen verzeichneten Teuerungsraten von jeweils 3,3 Prozent. Bei Alleinlebenden und bei Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen schlug die Inflation mit je 3,2 Prozent zu Buche (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version). Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten der einzelnen Haushaltstypen etwas unter der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt seit Jahresanfang auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift. 

„Höchste Zeit, dass EZB Zinserhöhungszyklus beendet hat“

Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien einen weiteren Rückgang der Inflationsrate, wobei der Dezember wegen der staatlichen Abschlagsübernahme für Erdgas- und Fernwärme-Haushalte im Vorjahr einen Ausreißer darstellen wird. Die Fachleute des IMK rechnen auch mit einer sinkenden Kerninflation, weil die niedrigeren Energie- und Rohstoffpreise mit einigem Zeitverzug über die Produktionsketten hinweg auch bei den Endkund*innen ankommen. Zudem wirke die Auflösung von Lieferengpässen dämpfend. Die sinkende Tendenz bei der Teuerung dürfte sich zunächst abschwächen, analysieren die Fachleute. Bremsend wirkten zum Jahresanfang die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten sowie die Anhebung des CO2-Preises. Sollte die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme tatsächlich ebenfalls auf Januar vorgezogen werden, würde allein deswegen die Inflationsrate zwischen Januar und März um 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen. All das dürfte den Trend zu niedrigeren Teuerungsraten aber nicht drehen, betonen Tober und Dullien, zumal die hohen Preissteigerungen der Vergangenheit sukzessive aus der Inflationsberechnung fallen. Unter dem Strich dürfte sich 2024 die Inflationsrate „dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent deutlich annähern“, schreiben sie. 

Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland „war es höchste Zeit, dass die EZB ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat“, so die IMK-Fachleute. Die „Normalisierung“ der Geldpolitik im vergangenen Jahr sei bei Aufwärtsrisiken für die Inflation und den damals noch recht positiven Wirtschaftsaussichten angebracht gewesen. Seitdem habe die EZB aber überzogen agiert: „Da die Zweitrundeneffekte durch erhöhte Lohnsteigerungen überschaubar bleiben, war die deutliche geldpolitische Restriktion zur Inflationsbekämpfung nicht nur unnötig, sondern riskiert eine Verzögerung der klimapolitisch erforderlichen Investitionen und ein erneutes Unterschreiten des Inflationsziels wie in den fünf Jahren vor der Pandemie.“

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

IMK Inflationsmonitor: Erdgas und Strom trotz Preisbremsen im Oktober 2023 immens teurer als 2019 – Inflation weiter im Sinkflug. IMK Policy Brief Nr. 160, November 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 13.11.2023

Für viele Menschen in Deutschland ist ein warmes Zuhause nicht selbstverständlich. Im vergangenen Jahr lebten 5,5 Millionen Menschen in Deutschland in Haushalten, die nach eigener Einschätzung ihr Haus oder ihre Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen warmhalten konnten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt, betraf dies rund 6,6 % der Bevölkerung. Der Anteil hat sich gegenüber dem Jahr 2021 verdoppelt. Damals hatte er bei 3,3 % gelegen. Grund für den Anstieg dürften vor allem die höheren Energiepreise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gewesen sein.

Besonders häufig waren Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten betroffen: Rund 14,1 % von ihnen gaben an, ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen zu können. Auch Personen in Haushalten aus zwei Erwachsenen und mindestens drei Kindern (9,7 %) sowie Alleinlebende (7,3 %) waren überdurchschnittlich häufig betroffen.

EU-weit knapp jede zehnte Person betroffen

Mit einem Bevölkerungsanteil von 6,6 % liegt Deutschland unter dem EU-Durchschnitt: In der Europäischen Union (EU) waren im vergangenen Jahr rund 9,3 % der Bevölkerung nach eigener Einschätzung finanziell nicht in der Lage, ihre Wohnung angemessen warmzuhalten. Der Anteil stieg damit auch EU-weit gegenüber 2021 an, als er bei 6,9 % gelegen hatte. Am häufigsten gaben 2022 Menschen in Bulgarien an, ihren Wohnraum nicht angemessen heizen zu können: Dort war gut jede oder jeder Fünfte (22,5 %) betroffen. Es folgten Zypern (19,2 %) und Griechenland (18,7 %). Am niedrigsten war der Anteil in Finnland (1,4 %) sowie in Luxemburg (2,1 %) und Slowenien (2,6 %).

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen auf Bundesebene in Deutschland sowie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bei den hier erwähnten Ergebnissen für 2022 handelt es sich um Erstergebnisse. Ausführliche Informationen zur Methodik sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Die Einschätzung der Angemessenheit des Heizens liegt im Ermessen der Befragten. Diese Selbsteinschätzung der Haushalte zum angemessenen Heizen der Wohnung ist eines der Kriterien zur Messung der materiellen und sozialen Entbehrung (Deprivation). Dazu zählt unter anderem auch das finanzielle Unvermögen, jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen, jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen oder unerwartete höhere Ausgaben aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten zu können. Erfüllt ein Haushalt aufgrund seiner Selbsteinschätzung mindestens sieben der dreizehn Kriterien, gilt der Haushalt als erheblich materiell und sozial depriviert.

Weitere Informationen:

Die Ergebnisse im EU-Vergleich stehen im Webangebot Europa in Zahlen und in der Eurostat Datenbank bereit.

Weitere Ergebnisse der Erhebung EU-SILC 2022 sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf der Themenseite Einkommen und Lebensbedingungen, Armutsgefährdung veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es weitere Ergebnisse zum Thema „Wohnen“ auf der Themenseite Wohnen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 28.11.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am Donnerstag (9.11.) haben die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, die Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit (BAG OKJA), die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), der Deutsche Bundesjugendring (DBJR), die Deutsche Sportjugend (dsj) und die Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI) Bundesjugendministerin Lisa Paus in einem gemeinsamen Brief informiert, dass ihre Vertreter*innen aus dem „Bündnis für die junge Generation“ der Bundesjugendministerin austreten.

Dazu sagt Prof. Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ: „Mit dem ‚Bündnis für die junge Generation‘ war die Hoffnung verbunden, die Anliegen der rund 22 Mio. jungen Menschen in unserem Land stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Es ging um einen Wandel hin zu einer Politik für und mit junge(n) Menschen. Anstatt des proklamierten Fortschritts betreibt die Bundesregierung nun aber einen eklatanten Rückschritt: Kürzungen bei bundeszentralen Trägern der Kinder-und Jugendhilfe und Freiwilligendiensten sind das Gegenteil einer guten Kinder- und Jugendpolitik. Mit meinem Austritt aus dem Bündnis mache ich deutlich, dass ich diesen Weg nicht mitbeschreiten werde.

Die am 9.11. ausgetretenen Vertreter*innen sind Prof. Dr. Karin Böllert (Vorsitzende AGJ), Prof. Dr. Susanne Keuchel (Vorsitzende BKJ), Volker Rohde (Geschäftsführer BAG OKJA), Daniela Broda (Vorsitzende DBJR), Stefan Raid (1. Vorsitzender dsj) und Hanna Lorenzen (Sprecherin GEMINI). Neben den Initiator*innen haben weitere Organisationen den Austritt ihrer Vertreter*innen aus dem Bündnis erklärt, darunter der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und mehrere Jugendverbände. Die weiteren Personen sind Susanne Aumann (dbb jugend nrw), Matthäus Fandrejewski (dbb jugend), Robert Jasko (Deutsche Gehörlosen Jugend), Daniel Poli (IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland), Prof. Dr. Günther Schneider (Deutsches Jugendherbergswerk) und Thomas Weikert (Deutscher Olympischer Sportbund).

Bundesjugendministerin Paus hatte das Bündnis im Dezember 2022 gegründet, um die Anliegen der jungen Generation stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Mit dem Beitritt war die Hoffnung verbunden, Kinder- und Jugendpolitik zu stärken und zu gestalten. Doch das Bündnis ist dem Ziel, jungen Menschen Gehör zu verschaffen, nicht nähergekommen. Hingegen soll die Unterstützung für junge Menschen gemäß der aktuellen Haushaltsplanung der Bundesregierung für das Jahr 2024 gekürzt werden.

Trotz prominenter Mitstreiter*innen aus Medien, Kultur, Wissenschaft und Politik hat das Bündnis keine Wirkung entfaltet. Es hat die Jugendpolitik nicht gestärkt und die grundsätzlichen Anliegen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht aufgegriffen. Die Pläne der Bundesregierung, an Strukturen und Angeboten für Kinder und Jugendliche zu kürzen, ist ein weiterer Ausdruck der fehlenden Priorisierung von Kinder- und Jugendpolitik.

Dabei ist es in der aktuellen Lage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt umso wichtiger, dass

  • den Stimmen von Kindern und Jugendlichen Gehör verschafft wird,
  • junge Menschen in politische Entscheidungen einbezogen werden,
  • in politische und kulturelle Bildungsarbeit, sowie in (Sport-)Vereine investiert wird,
  • Angebote für junge Menschen und Projekte von jungen Menschen finanziert werden, 
  • die Förderung von sozialem Engagement und Freiwilligenarbeit von jungen Menschen unterstützt wird.

Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe werden weiterhin konstruktiv mit dem Bundesjugendministerium im Interesse junger Menschen zusammenarbeiten. Statt eines losen und unverbindlichen Bündnisses hoffen sie auf eine echte Koalition für junge Menschen, die das Bundesjugendministerium und alle relevanten Akteur*innen der Kinder- und Jugendhilfe vereint.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 10.11.2023

Eine vom Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Auftrag gegebene repräsentative Studie zeigt: Ein großer Teil der Männer schätzt Gleichstellung als wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft ein. Zugleich nehmen die Zustimmungswerte für eine aktive, offensive Gleichstellungspolitik ab. Männer sind mehrheitlich der Auffassung, dass Gleichstellung noch (lange) nicht erreicht ist und Gleichstellungspolitik sich noch zu wenig mit den Anliegen von Männern befasst. Das Bundesforum Männer fordert, Männer stärker als Adressaten und Akteure in eine moderne Gleichstellungspolitik einzubinden. 

Wie denken Männer über die berufliche Eigenständigkeit ihrer Partnerin? Wie sind die Einstellungen zu Erwerbstätigkeit und Teilzeit? Wie sehen Männer ihre Rolle bei der Kindererziehung? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert die neue repräsentative Studie „Männerperspektiven. Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik“, die das Bundesforum Männer, der Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Deutschland, am 17. November 2023 im Vorfeld des Internationalen Männertags am 19. November vorgestellt hat.  

Rollenbilder im Wandel 

Die Studie zeigt, wie Männer heute auf Gleichstellung und Gleichstellungspolitik blicken und wie sich ihre Einstellungen und Sichtweisen in den letzten Jahren verändert haben. 84% der Männer teilen die Auffassung, dass Gleichstellung wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.  

Mit Blick auf zentrale gleichstellungsrelevante Einstellungen von Männern zeigt die Studie im Vergleich zu 2015 positive Entwicklungen. Teilzeit wird für Männer normaler. Männer erwarten von Unternehmen, dass sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichermaßen für Männer wie für Frauen ermöglichen. Männer finden, dass mehr verbindliche Partnermonate beim Elterngeld die Gleichstellung voranbringen würden. Für mehr Männer wird es selbstverständlich, dass nicht nur Mütter, sondern auch Väter nach der Geburt die Erwerbstätigkeit unterbrechen und bei ihrem Kind zuhause bleiben. 

Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender des Bundesforum Männer: „Durch die Studienergebnisse sehen wir uns in unserer Grundannahme bestätigt, dass eine große Mehrheit der Männer Gleichstellung richtig und wichtig findet – sowohl gesamtgesellschaftlich, mit Blick auf Unternehmen und ihre Vereinbarkeitskultur und in Bezug auf die eigene Partnerschaft.“

Studie offenbart gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf 

Trotz dieser aus Sicht des Bundesforum Männer insgesamt erfreulichen Tendenzen belegen die Ergebnisse aber auch dringenden gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf.  

2015 zählten noch 35 % zu den Befürwortern einer aktiven, offensiven Gleichstellungspolitik, heute sind es nur noch 23 %. Auf der anderen Seite wuchs im gleichen Zeitraum der Anteil der Gegner einer weiter gehenden Gleichstellungspolitik auf 22 %, gegenüber 13 % im Jahr 2015. Hinsichtlich des sprachlichen Genderns und seiner Nützlichkeit für die Gleichstellung ist die Gruppe der Männer gespalten. 

Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforum Männer: „Wir sehen eine gegenläufige Entwicklung: Zunehmende Zustimmungswerte für Gleichstellung, aber abnehmende Zustimmungswerte für Gleichstellungspolitik. Eine effektive gleichstellungspolitische Strategie muss die unterschiedlichen Ausgangslagen berücksichtigen und mit differenzierten Maßnahmen darauf reagieren. Die Politik muss hier unbedingt aktiv werden.“ 

Zur Methodik der Studie 

Die Erhebung wurde vom DELTA-Institut und Prof. Dr. Carsten Wippermann durchgeführt und umfasst eine repräsentative Stichprobe von 1.556 befragten Männern im Alter ab 18 Jahren. Sie schließt an die Untersuchungen „Männer. Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ (2007) sowie „Männer-Perspektiven. Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“ (2015) an und liefert somit im Zeitvergleich aktuelle Befunde für ausgewählte Fragestellungen.  

Quelle: Pressemitteilung Bundesforum Männer e.V. vom 17.11.2023

Mehr als die Hälfte der Hilfesuchenden in den Sozialberatungsstellen der Caritas mussten in diesem Jahr an der Ernährung (53,5%) sparen. 45,5 Prozent schränkten sich beim Energieverbrauch ein und 39,9 Prozent beim Wohnen.

Das ergab die jährlich wiederkehrende Stichtags-Erhebung in den 478 Caritas-Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung am 21. September. Die Beratungsstellen sind eine erste und oft einzige Anlaufstelle für Ratsuchende mit Anliegen aller Art und somit ein guter Sensor für die Nöte und Probleme, die die Menschen in Deutschland gerade haben. Finanzielle Sorgen sind Hauptgrund für das Aufsuchen einer Sozialberatung. Aus den Ergebnissen der diesjährigen Abfrage lässt sich dazu ablesen: Steigende Preise für Energie verschärfen die Probleme von armutsgefährdeten Haushalten spürbar.

Dabei verfügte rund ein Drittel der Ratsuchenden am Stichtag über ein eigenes Erwerbseinkommen. „Ein Arbeitsplatz schützt längst nicht immer und automatisch vor existentiellen finanziellen Sorgen. Wenn sich keine bezahlbare Wohnung finden lässt oder wenn die Preise Lebensmittel oder für den Schulbedarf der Kinder drastisch nach oben gehen, passen Einkommen und Ausgaben plötzlich nicht mehr zusammen. Breitere Bevölkerungsschichten sind auf Hilfe und Begleitung angewiesen – ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung eines stabil geknüpften sozialen Netzes“, sagt Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

Schulden für Heiz- und Stromkosten

Ergänzt wird das Stichtags-Ergebnis der Sozialberatung durch weitere Caritas-Umfragen.  „Aus den verschiedenen aktuellen Rückläufen ergibt sich ein genaues Bild, gerade unter Einbeziehung der Caritas-Schuldnerberatungsstellen. Energiepreise sind quer durch alle Haushaltstypen das Angst-Thema Nr. 1,“ so Welskop-Deffaa.  Von 99 Prozent der Hilfesuchenden, die Bürgergeld erhalten, wurden in der Schuldnerberatung Stromschulden thematisiert. Bei 88 Prozent der Bezieher von Bürgergeld bzw. Wohngeld/Kinderzuschlag ging es in der Beratung um Schulden bei Heizkosten. 2021 lagen die Vergleichswerte bei Strom noch bei 54 Prozent und 41 Prozent bei den Heizkosten.

„In Zeiten steigender Konsumgüterpreise ist die zeitnahe Anpassung der Transferzahlungen unabdingbar,“ so Welskop-Deffaa. Gleichzeitig müssten die Erfahrungen aus dem Stromspar-Check, einer Peer-to-Peer-Beratung von Deutschem Caritasverband und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD), für einkommensarme Haushalte zur Grundlage gezielter Beratungsangebote gemacht werden. „Wenn die Energiepreise in der Folge von Krieg und Klimaschutzerwägungen steigen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Vermietern und Mietern, damit Energiesparen für alle gelingt.“

Unkomplizierter Zugang – persönliche Beratung

Wie in den vergangenen Jahren sind mehr als die Hälfte der Ratsuchenden in der Allgemeinen Sozialberatung Frauen (62,3 Prozent). Auffällig ist auch der Anteil junger Männer. 33 Prozent der männlichen Ratsuchenden sind unter 30 Jahre alt. Auch hier bilden existenzielle Sorgen als Folge der Inflation das Hauptproblem. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden insgesamt (52,1%) hat einen Migrationshintergrund. Von den Ratsuchenden mit Migrationshintergrund verfügt mehr als ein Drittel (35,45%) über ein eigenes Erwerbseinkommen.

Die 478 Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung funktionieren wie eine Clearing-Stelle. Finanzielle Probleme sind für Menschen meist der erste Anlass, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Nicht selten zeigt sich im Beratungsgespräch der Bedarf für weitergehende Hilfen – seien es Sucht- oder Schuldnerberatung, Erziehungshilfen, psychosoziale Dienste oder pflegerische Unterstützung.

„Diese wichtigen Anlaufstellen für hilfesuchende Menschen werden zu nahezu 100 Prozent von der Caritas aus eigenen Mitteln finanziert, d.h. aus Spenden oder kirchlichen Zuwendungen. Eine öffentliche Refinanzierung ist die Ausnahme. Die Stellen sind direkt, ohne Hürden und bürokratische Anforderungen zugänglich und bieten Erste Hilfe in allen Lebenslagen. Hier passt der Ausdruck von der „Feuerwehr des Sozialen“ besonders gut“, so Welskop-Deffaa.

Zur Info
Jedes Jahr am dritten Donnerstag im Monat September (2023: am 21. September) erheben die Caritas-Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung Daten zu den an diesem Tag geführten Beratungsgesprächen: Profil der Ratsuchenden (Alter, Geschlecht, Familiensituation, Einkommen…) und Grund oder Gründe für die Beratung. In diesem Jahr sind 2458 Vorgänge in die Erhebung eingeflossen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 22.11.2023

Die verbandliche Caritas fordert anlässlich des Welttages der Armen am kommenden Sonntag mehr Investitionen in den öffentlichen Raum und in öffentliche Infrastruktur. Denn zur Prävention und Bekämpfung von Armut gehört auch, dass sich Menschen im öffentlichen Raum willkommen fühlen, sich dort bewegen können und Angebote für sie bereit stehen, die nichts kosten.

Seit dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober haben Caritas, SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband unter dem Motto Mittendrin – außen vor. Wem gehört die Stadt? bundesweit auf die Ausgrenzung armutsbetroffener Menschen im öffentlichen Raum aufmerksam gemacht.

Gesellschaftliche Teilhabe entscheidet sich am Zugang zu öffentlichen Orten

„Wenn nicht in öffentliche Infrastruktur für alle investiert wird, werden Armut und Ausgrenzung in unserem reichen Land weiter zunehmen. Insbesondere für Familien und ältere Menschen mit mittlerem und kleinem Einkommen entscheidet sich gesellschaftliche Teilhabe auch daran, ob Aufenthalts-, Beratungs- und Begegnungsorte sowie Kulturveranstaltungen für alle zugänglich sind“, erläutert SkF-Vorstand Renate Jachmann-Willmer die von den drei Verbänden erhobene Forderung.

Der Erhalt und die Weiterentwicklung öffentlicher Räume und Angebote sind entscheidend auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft. „Bürger_innen müssen stärker an Entscheidungen über die Nutzung und Umnutzung öffentlichen Raums beteiligt werden“, fordert SKM-Generalsekretär Stephan Buttgereit.

Anpassung an neue klimatische Bedingungen notwendig

“Sogenannte defensive Architektur, die Obdachlose von bestimmten Orten fernhalten soll; unwirtliche Plätze, auf denen in zunehmend heißen Sommern kein einziger Baum Schatten spendet; Wege, die mit Rollator oder Rollstuhl nicht passierbar sind… Es gibt viele Arten und Weisen, Menschen im öffentlichen Raum von Teilhabe auszuschließen“, erläutert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. „Armutsprävention und Armutsbekämpfung fangen mit der Gestaltung des öffentlichen Raums an. Im Jahr unserer Klima-Kampagne fordern wir, dass dabei ein besonderes Augenmerk auf die Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen gelegt wird.“

Mehr Informationen
Die Armutswochen der Caritas werden jedes Jahr vom Deutschen Caritasverband und seinen Fachverbänden SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband ausgerichtet. Sie beginnen am 17. Oktober, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut, und enden am 19. November, dem Welttag der Armen. Die drei Verbände legen dabei jedes Jahr einen Schwerpunkt auf einen bestimmten Aspekt von Armut und Ausgrenzung.

Mit Einladungen zu Kulturveranstaltungen, Angeboten in mobilen Beratungsstellen und Treffpunkten, Stadtspaziergängen, Bürgerbefragungen und im Gespräch mit Politiker_innen haben Ortsvereine von Caritas, SkF und SKM während der Armutswochen 2023 darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig sowohl attraktive und einladende öffentliche Plätze als auch Beratungs- und Begegnungsangebote für die Teilhabe von Menschen in prekären Lebenssituationen sind. Die entsprechenden Forderungen an die Politik von Deutschem Caritasverband, SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband finden Sie hier.

Pünktlich zum Welttag der Armen veranstaltet zudem Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, am 18. November die Solidaritätsaktion #EineMillionSterne als Zeichen der Hoffnung und Solidarität für Menschen in Not in Deutschland und weltweit.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V., Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V. (SkF) und SKM Bundesverband e. V. vom 17.11.2023

Mit ihren aktuellen Sparbeschlüssen fährt die Bundesregierung die Pflege gegen die Wand und gefährdet die Versorgung von Millionen pflegebedürftiger Menschen in Deutschland.

Durch die Finanzierung von immer mehr gesamtgesellschaftlichen Aufgaben aus den Kassen der sozialen Sicherungssysteme ist die Pflegeversicherung praktisch in die Insolvenz manövriert worden. Genannt seien hier die Finanzierung der Kosten der Coronapandemie mit 5,5 Milliarden Euro sowie die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige mit 3,5 Milliarden Euro. Ohne diese Ausgaben wäre die Pflege-versicherung heute nicht defizitär.

Statt wie noch im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Kassen durch entsprechende Bundeszuschüsse von diesen Kosten zu entlasten, wird nun auch noch der bisherige Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro für die nächsten vier Jahre gestrichen. Diese Politik nimmt den Kollaps der Pflege auf dem Rücken der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der in der Pflege Beschäftigten billigend in Kauf. Pflegebedürftige Menschen sowie ihre Angehörigen werden dies durch höhere Eigenleistungen finanziell und durch die Übernahme von noch mehr Pflege- und Betreuungsleistungen ausbaden müssen. Auch die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Wenn An- und Zugehörige mehr pflegen müssen, können sie weniger arbeiten oder steigen ganz aus dem Berufsleben aus und verstärken den ohnehin bestehenden Arbeitskräftemangel.

Das Bündnis für Gute Pflege fordert die Bundesregierung auf, diese verheerende Politik zu beenden und in einem ersten Schritt die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bundeszuschüsse zur Pflegeversicherung bereitzustellen, um die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung nachhaltig zu sichern. In einem zügigen zweiten Schritt muss die Pflegeversicherung strukturell reformiert werden, um ihre Einnahmebasis nachhaltig zu sichern. Die Vorschläge dazu liegen seit Jahren auf dem Tisch – sie müssen endlich von der Politik umgesetzt werden.

Zum Hintergrund:

Das Bündnis für Gute Pflege ist ein Zusammenschluss von 24 bundesweit aktiven Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden sowie Selbsthilfeorganisationen mit über 13,6 Mio. Mitgliedern.

http://www.buendnis-fuer-gute-pflege.de/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Bündnis für Gute Pflege vom 15.11.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) pocht heute am Internationalen Tag der Kinderrechte auf Chancengerechtigkeit und grundlegende Änderungen bei der Kindergrundsicherung. „Wir können es uns nicht leisten, einen Teil der Kinder abzuhängen. Viele Kinder leben finanziell in prekären Verhältnissen. Das betrifft besonders Kinder in Ein-Eltern-Familien und damit besonders Kinder alleinerziehender Mütter.“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Wie auch die Bundesregierung im Gesetzentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung schreibt, leben Kinder nach einer Scheidung oder Trennung meistens bei der Mutter – mit erheblichen ökonomischen Folgen. Frauen leisten hier unbezahlte Care-Arbeit, sie verdienen bei Erwerbstätigkeit im Durchschnitt weniger als Männer und viele Alleinerziehende sind in Teilzeit tätig. Der djb hat in einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme die geplante Kindergrundsicherung scharf kritisiert und elf unerfüllte Anliegen zusammengetragen. „Die Kindergrundsicherung muss das Leistungsniveau systematisch verbessern und die Zugänge für die betroffenen Familien effektiv vereinfachen.“, so Prof. Dr. Susanne Dern, Stellvertretende Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich.

Die Koalition ist angetreten, für Fälle der partnerschaftlichen Betreuung nach Trennung bessere Regelungen im Sozial- und Steuerrecht sowie im Unterhaltsrecht zu finden, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden. Mehrbelastungen, so hieß es, sollen berücksichtigt werden. Dieses Vorhaben sieht der djb nicht als erfüllt an. „Die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesjustizministeriums zum Kindesunterhaltsrecht und der Entwurf der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung beherzigen nicht, dass zusätzliche Bedarfe entstehen, wenn das Kind nach Scheidung oder Trennung statt in einem in zwei Haushalten lebt. Solange den Mehrbelastungen im Sozial- und Steuerrecht nicht angemessen Rechnung getragen wird, gehen Änderungen im Unterhaltsrecht auf Kosten des Haushalts, in dem das Kind überwiegend betreut wird – und damit überwiegend auf Kosten alleinerziehender Mütter und der betroffenen Kinder“, betont Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht des djb.

Zum Internationen Tag der Kinderrechte erinnert der djb außerdem daran, dass Kinder neben Geld und Zeit vor allem auch eine gute Infrastruktur brauchen. Hier sind Bund und Länder gefordert, Kürzungen im Sozial- und Bildungsetat mit aller Kraft zu verhindern. Allein für Kinder unter drei Jahren fehlen in Westdeutschland über 250.000, in Ostdeutschland über 20.000 Kita-Plätze.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) vom 20.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition und zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte bei der Bundesregierung einen stärkeren Fokus auf die Kinder- und Jugendpolitik an. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation bestehen nach wie vorher zu große Leerstellen bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Viel zu lange haben Kinder und ihre Familien nur eine nachrangige Rolle gespielt, obwohl sie der maßgebliche Grundstein für eine zukunftsfähige Gesellschaftspolitik sind. Deswegen müssen die Interessen von Kindern und Jugendlichen endlich konsequent berücksichtigt werden. Dazu gehört die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ebenso wie die gesellschaftliche Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen, eine wirksame Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und die nachhaltige Absicherung von Qualität und Chancengleichheit im Bildungssystem.

 

 „Wir vermissen nicht nur am heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte den unbedingten Willen der Bundesregierung, die Kinder- und Jugendpolitik in Deutschland grundlegend neu zu gestalten. Dabei wäre eine konsequente Ausrichtung der politischen Entscheidungen an den Interessen der Kinder und Jugendlichen der Weg in eine nachhaltig wirksame Politik für uns alle. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sind eine Reihe von Maßnahmen festgelegt, die die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen verbessern könnten. Beispielsweise zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland, für die Verbesserung der Bildungschancen im frühkindlichen und schulischen Bereich, bei der Partizipation oder dem gesunden Aufwachsen von Kindern. Es reicht aber nicht aus, sich viel vorzunehmen, sondern es muss dann auch eine konsequente Politik für Kinder und Jugendliche folgen. Hier sehen wir noch viel Luft nach oben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Bei der Bekämpfung der Kinderarmut braucht es eine Kindergrundsicherung, die das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern gewährleistet und sich an den tatsächlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen orientiert. Um Armutskreisläufe zu durchbrechen und allen Kindern ein selbstbestimmtes Aufwachsen zu ermöglichen, sollte diese um armutspräventive Infrastrukturangebote im direkten Lebensumfeld der Kinder ergänzt werden. Der angestrebte Ausbau der Ganztagsbetreuung muss konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ausgerichtet werden. Die Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Ohne Qualitätsstandards nützt die beste Infrastruktur nur wenig. Wenn es nur um Verwahren und Betreuen geht und die individuelle Entwicklung des einzelnen Kindes nicht adäquat berücksichtigt wird, läuft es falsch“, so Krüger weiter.

 

„Kinderrechte im Grundgesetz sind ein unverzichtbarer Baustein, um kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Wir müssen zudem vorankommen hin zur rechtlichen Gleichstellung von geflüchteten Kindern in Deutschland. Hier mangelt es insbesondere an der Berücksichtigung des Kindeswohls in der Flüchtlingspolitik und einem gleichberechtigten Zugang zu grundlegenden Kinderrechten wie Bildung und Gesundheit für geflüchtete Kinder. Und schließlich sollten nach der Wahlaltersabsenkung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament Jugendliche ab 16 Jahren auch bei der nächsten Bundestagswahl wahlberechtigt sein“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Abgeordneten des Haushaltsausschusses des Bundestages im Vorfeld der morgigen Bereinigungssitzung des Ausschusses dazu auf, die geplanten Kürzungen im Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zurückzunehmen. „Die geplanten Kürzungen werden zu harten Einschnitten vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe führen, und sind aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein verheerendes kinder- und jugendpolitisches Zeichen. Die Kürzungen würden dazu führen, dass zahlreiche Programme und Maßnahmen zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen und Leistungen für die junge Generation abgebaut werden. Vor allem die geplante Kürzung um rund 19 Prozent im Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes würde die bundesweite Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland massiv gefährden. Deshalb darf hier nicht wie geplant gekürzt werden“, betont Anne, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Ein Zusammenstreichen des Kinder- und Jugendplans auf Bundesebene und Kürzungen in anderen Bereichen des Haushaltes würden für viele aus kinderrechtlicher Sicht wichtige Projekte das Aus bedeuten. Das Bundesprogramm ,Respekt Coaches‘, das vor dem Aus steht, ist hier ein Beispiel unter vielen. Gerade in der aktuellen Lage wäre die Fortführung dieses Programmes besonders wichtig, um antisemitischen und rassistischen Stimmungen bei Jugendlichen entgegenzutreten. Nach der Corona-Pandemie und angesichts erstarkender nationalistischer und rechtspopulistischer Bewegungen waren sich in Sonntagsreden alle einig, dass es eine nachhaltige Unterstützung für Kinder und Jugendliche und entsprechende Programme sowie Initiativen geben muss. Die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Vielfalt im Wege von Modellprojekten mit bundesweiter Ausstrahlung, die Unterstützung von Projekten zur Förderung von Bewegung, Kultur und Gesundheit von Kindern, Maßnahmen der Integrations- und Migrationsdienste oder die Förderung von Familienferienstätten darf nicht zusammengestrichen werden“, so Lütkes weiter.

Nach den Bestimmungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist es die Aufgabe des Bundesfamilienministeriums, als fachlich zuständige oberste Bundesbehörde die Tätigkeit der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern, soweit sie von überregionaler Bedeutung ist und ihrer Art nach nicht durch ein Land allein wirksam gefördert werden kann. Es steht zu befürchten, dass durch die geplanten Haushaltskürzungen das Familienministerium dieser gesetzlichen Aufgabe nicht mehr ausreichend gerecht werden kann.

„Die Unterstützung für die junge Generation muss sich auch spürbar im Haushaltsplan des Bundes widerspiegeln. Deshalb sollten die Finanzmittel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf ein Finanzvolumen angehoben werden, mit dem eine ausreichende Förderung von Kinder- und Jugendprojekten insbesondere durch einen starken, bedarfsgerechten Kinder- und Jugendplan des Bundes möglich ist. Zugleich wird hier mal wieder deutlich, warum die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz so eminent wichtig ist. Nach einer verfassungsrechtlichen Absicherung der Vorrangstellung des Kindeswohls, wie in der UN-Kinderrechtskonvention bereits erfolgt, dürfte bei Kindern und Jugendlichen auch in der Haushaltspolitik nicht so einfach wie jetzt der Rotstift angesetzt werden“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die Initiative der Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina zur heutigen Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Kindern in sozialen Medien zu verbessern. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation müssen Kinder auch hier stärker als bisher in Entscheidungen einbezogen werden, die sie selbst und ihre Daten oder ihre Rechte am eigenen Bild betreffen. Die Rechte von Kindern sind auch im digitalen Raum nicht verhandelbar. Dieser Grundsatz muss klarer als bisher rechtlich abgesichert und gesetzlich normiert werden, sodass auch Eltern ihre Verantwortung verdeutlicht wird. Das gilt aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sowohl für das sogenannte Sharenting als auch für den Bereich des Kinder-Influencing.

„Das Veröffentlichen und Teilen von Kinderfotos im Internet ist allgegenwärtig, die Entscheidungen dazu werden kaum noch hinterfragt. Wer online Kinderfotos veröffentlicht oder teilt, muss sich aber bewusst sein, dass diese Handlung auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Konsequenzen für das Kind haben kann. Hier muss also sehr verantwortungsvoll entschieden werden, und zwar so früh wie möglich unter Einbezug des Kindes. Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention, der die Beteiligung von Kindern regelt, sollte hier die Richtschnur sein. Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass Fotos, die Erwachsene unbedenklich finden, aus Sicht eines Kindes durchaus peinlich oder unangenehm sein können. Und das muss in jedem Fall respektiert werden. Gleichwohl ist an dieser Stelle auch weitergehende Forschung vonnöten, wie sich solche Eingriffe in die Privatsphäre durch beispielsweise Sharenting ohne ausreichenden Einbezug der Kinder auf das Wohl von Kindern auswirken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Bei Kinder-Influencern bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen digitaler Teilhabe und kreativer Freizeitbeschäftigung einerseits und Arbeit von Minderjährigen und Persönlichkeitsrechten von Kindern andererseits. Zum Schutz dieser Kinder ist eine konsequentere Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens auf diese Medien- und Werbeformate und das Internet als Arbeitsort notwendig. Für einen effektiven Kinderschutz sollte eingehend geprüft werden, an welchen Stellen eine Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes notwendig ist, um Behörden, wie beispielsweise den Gewerbeaufsichtsämtern, eine bessere rechtliche Handhabe zu geben, damit hier das Kindeswohl stärker als bisher Richtschnur staatlichen Handelns wird“, so Krüger weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht aber auch die Anbieter sozialer Medien ebenso wie Agenturen und Werbetreibende in der Pflicht. Diese müssen sowohl beim Sharenting als auch beim Kinder-Influencing ihrer Verantwortung für den Kinderschutz nachkommen. Das gilt vor allem bei der wirksamen Durchsetzung von Löschpflichten von persönlichkeitsrechtsverletzenden Veröffentlichungen von Bildern oder Videos, auf denen Kinder zu sehen sind. Auch die problematische Rolle der Eltern beim Kinder-Influencing, in einer Doppelrolle gleichzeitig als Erziehungsberechtigte und „Arbeitgeber“, gilt es zu problematisieren. Wenn Eltern gleichzeitig Arbeitgeber der Kinder sind, wird es ungleich schwieriger, Entscheidungen im Sinne des Kindeswohls zu treffen. Zu beachten ist zudem, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch für Kinder und Jugendliche gilt. Beim Kinder-Influencing sind bereits jetzt Gewerbeaufsichtsämter und Jugendämter aufgefordert, die bestehenden Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes in diesem Bereich konsequent durchzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.11.2023

Die Mitgliederversammlung der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e. V. hat am 20. November 2023 turnusgemäß ein neues Präsidium gewählt. Dabei wurden Prof. Dr. Martin Bujard als Präsident sowie Rosemarie Daumüller und Bernd Heimberg als Vizepräsident:innen mit klarer Mehrheit in ihrem Amt bestätigt.

Bujard, hauptberuflich Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, zeigt sich über das Ergebnis der Wahl sehr erfreut: „In den vergangenen Jahren haben wir in der eaf unser Engagement für Familien – für mehr Zeit in der Rushhour des Lebens, ausreichend Geld und eine verlässlichere Infrastruktur – konsequent fortgesetzt und zu einer besseren Sichtbarkeit dieser Themen in Politik, Gesellschaft und Kirche beigetragen.“

Er unterstreicht, dass die enge Verknüpfung von familienpolitischer Arbeit mit der Arbeit im Forum Familienbildung weiterhin wertvolle inhaltliche Synergien geschaffen hat. „Dies ist mir persönlich sehr wichtig, denn die letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass Familien eine Lobby haben: Es sind die praktischen und alltagsnahen Angebote wie verlässliche Kinderbetreuung, Familienberatung und Familienbildung, die den Unterschied machen, ob Familienleben mit Erwerbsarbeit verbunden oder geflüchtete Mütter, Väter und Kinder gut in Deutschland ankommen und integriert werden können.“

Bujard dankte den Mitgliedern der eaf für das erneute Vertrauen: „Für uns im Präsidiums-Team heißt es nun: Mit voller Kraft voran, denn in Sachen Familienfreundlichkeit gibt es in Deutschland weiterhin viel zu tun!“

Als Beisitzerin neu gewählt wurde die Landtagsabgeordnete Sophia Schiebe. Gundula Bomm, Brigitte Meyer-Wehage und Prof. Dr. Johanna Possinger wurden in ihrem Amt als Beisitzerinnen bestätigt.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 24.11.2023

eaf wertet die Ergebnisse der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung als klares Signal dafür, kirchliche Angebote auf ihre Familienorientierung zu prüfen

Das Elternhaus ist für eine spätere Kirchenbindung nach wie vor entscheidend. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) bewertet dieses Ergebnis der gestern vorgestellten sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) als zentral für die Zukunftsfähigkeit der evangelischen Kirche. Denn Religiosität und Kirchenbindung gehen gesellschaftlich zurück. Wer bereits als Kind einer Religion angehört und religiöse Erfahrungen macht, bleibt mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im Verlauf seines Lebens Teil (s)einer Religionsgemeinschaft, dies zeigen die Daten der KMU mit großer Deutlichkeit.

„Als Antwort auf diesen Befund nur die Arbeit mit Konfirmand:innen und den Religionsunterricht zu stärken, greift aus unserer Sicht viel zu kurz“, so Prof. Johanna Possinger, Mitglied des Präsidiums der eaf. „Religiöse Bildung findet zu allererst in den Familien statt. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern machen Kinder erste Glaubenserfahrungen und erleben die Gemeinschaft in ihren Kirchgemeinden. Dort müssen wir ansetzen. Familien suchen in ihren Gemeinden Anknüpfungspunkte, die mit ihrem Leben zu tun haben – niedrigschwellig und ganz praktisch als Unterstützung in ihrem durchgetakteten Familienalltag. Entscheidend sind inklusive und armutssensibel gestaltete Angebote, die den Familien einen Mehrwert bieten. Ihnen kommt es ganz besonders auf die gemeinsam verbrachte Zeit an. Neben Angeboten für Kinder und Jugendliche braucht es deshalb dringend mehr generationsübergreifende Formate für Familien.“

Die eaf als familienpolitischer Verband der EKD macht sich für die Anliegen von Familien in der Kirche stark. Im Verbund mit vielen anderen Akteuren aus Kirche und Diakonie erarbeitete sie die „Orientierungslinien für das evangelische Engagement mit und für Familien“, welche im Frühjahr 2022 vom Rat der EKD verabschiedet wurden.

„Familienorientierung ist das zentrale Zukunftsthema für Kirchenentwicklung. Sehr gute Ideen dafür gibt es. Nun kommt es darauf an, sie in den Gemeinden vor Ort und auf allen Organisations­ebenen der Kirche so umzusetzen, dass Familien tatsächlich erreicht werden. Dafür setzt sich eaf als Impulsgeberin und als starke Stimme für Familien ein“, versichert Possinger. „Gerade unsere Familienbildungsstätten haben bereits viel Erfahrung darin, Angebote gemeinsam mit Familien zu planen und zu gestalten – und nicht nur für sie. Diesen Perspektivwechsel sollten auch mehr Kirchgemeinden unbedingt vornehmen. Die von uns mit erarbeiteten „Orientierungslinien für das evangelische Engagement mit und für Familien“ können dabei eine Unterstützung sein.“

Prof. Dr. Johanna Possinger ist seit 2015 Mitglied des Präsidiums der eaf. Sie lehrt seit 2016 als Professorin für Frauen- und Geschlechterfragen in der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. 2023 erschien ihr Buch „Familien gefragt. Impulse für eine familienorientierte Kirche“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 15.11.2023

Laut dem Wohlfahrtsverband ist das Bundes- und Teilhabepaket gescheitert.

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde vor 12 Jahren ins Leben gerufen, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe und die Beteiligung an Bildungs-, Kreativ- oder Sportangeboten zu ermöglichen. Trotz zahlreicher Reformversuche gelang es bisher nicht, dieses Ziel zu erreichen. Eine Expertise der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands konnte nun darlegen, dass die Teilhabeleistung von bis zu 15 Euro, die Kindern in Bürgergeld-Familien monatlich zur Finanzierung etwa von Vereinsaktivitäten bekommen können, selten ankommt. Im Bundesdurchschnitt bekommen gerade einmal 18 Prozent dieser Kinder zwischen sechs und unter 15 Jahren diese Leistung.

“Das Bildungs- und Teilhabepaket ist offenbar so gut verpackt und verschnürt, dass kaum einer es öffnen kann. Sein Ziel, Kindern und Jugendlichen aus einkommensarmen Familien die Teilnahme an Sport, Bildung oder Kultur zu ermöglichen, verfehlt es seit über einem Jahrzehnt meilenweit. Nicht nur, weil man mit 15 Euro im Monat nicht weit kommt, sondern auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort”, erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Paritätische Forschungsstelle erstellt bereits zum vierten Mal eine Expertise zur Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets. In empirischen Untersuchungen konnte jedes Mal nachgewiesen werden, dass die Leistungen einen Großteil der Berechtigten kaum erreicht haben. Auch der letzte Reformversuch in Form des Starken-Familien-Gesetzes von 2019 hat keine wesentlichen Verbesserungen bewirkt. Hinzu kommt, dass starke regionale Schwankungen zu verzeichnen sind. Die Art der Umsetzung vor Ort hat dabei erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme, so der Befund der Forschungsstelle.

Der Paritätische sieht das Bildungs- und Teilhabepaket als grundsätzlich gescheitert an. Daher schlägt Ulrich Schneider umfassende Überarbeitungen vor: “Gegen Armut hilft immer noch Geld, ganz egal wie alt die Empfängerinnen und Empfänger sind.” Der Paritätische schlägt vor, diese Leistungen in den Regelsatz zu reintegrieren, anstatt dies über Bildungskarten zu organisieren. Darüber hinaus plädiert der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbandes für die im Koalitionsvertrag versprochene, vor Armut schützende Kindergrundsicherung und ihre zügige Einführung nebst ausreichender Finanzierung im Bundeshaushalt.

Die Expertise kann hier heruntergeladen werden

Dokumente zum Download

expertise_BuT-2023_web.pdf (443 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.11.2023

Väterreport 2023 Deutschland – für uns als Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) sind Gleichberechtigung und Gleichstellung ein Sehnsuchtsort – deshalb gehen wir zusätzliche politische Wege: Petition #Elternschutzgesetz

„Der Väterreport 2023 Deutschland macht deutlich, dass Wunsch und Wirklichkeit von Vätern, gleichwertig aktiv Familienfürsorgealltagsverantwortung zu teilen, weit auseinanderklaffen. Diesen Gap möchten wir VBM-Frauen endlich schließen. Wir geben nicht auf, Deutschland zu einen Sehnsuchtsort für Gleichberechtigung und Gleichstellung mit unserem Zielspektrum zu machen. Und da langjährige Forderungen von uns bisher nur teilweise in politischen Prozessen auf die Agenda kamen, punktuell Einzug in Gesetzgebung erhielten, aber vieles noch nicht parlamentarisch angegangen ist, gehen wir neue zusätzliche politische Wege: Wir haben unsere erste Petition auf den Weg gebracht, zu einer ca. 10-jährig bestehenden Forderung des VBM. Wir verstehen dies als ein Baustein um den Gender Care Gap, Gender Pay Gap und schließlich Gender Pension Gap zu überwinden: Petition Elternschutzgesetz auf Change.Org.“ fasst Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) und Initiatorin Equal Pension Day die Motivation des VBM, nun auch den Weg der Petition zu gehen, zusammen.

„Alle Menschen,

  • die sich für Gleichberechtigung und Gleichstellung einsetzen,
  • sich als Feminist:innen verstehen,
  • sich für Arbeitsrecht und Arbeitsschutz stark machen,
  • die vielleicht sogar in einer Gewerkschaft verortet sind,
  • die aktive Väter von Anfang an fordern,
  • die für Equal Care einstehen,
  • die fordern, Sorgearbeit fair zu teilen,
  • die wissen, was Wochenbett für Mutter und Kind bedeuten,
  • die den Bindungsaufbau zwischen Kind und Vater bzw. Co-Elternteil von Anfang an unterstützen möchten,
  • die Familien von Anfang an ein Stück mehr finanzielle Sicherheit bieten möchten,
  • die bei Familiengründung Sicherheit und Zeit geben möchten, damit sich die Familie finden und orientieren kann, jede:r in seine:r neuen Rolle einfühlen kann,
  • die sich dagegen verwehren, dass die konservativen Familienmodelle der 50-er Jahre wieder durch rechte Politik in Erwägung gezogen werden,

Alle diejenigen müssten unsere Petition zeichnen und uns darin unterstützen, sie für zukünftige Väter und Eltern mit ihren Kindern erfolgreich zu machen!“

appelliert Cornelia Spachtholz, VBM, die Petition #Elternschutzgesetz zu unterstützen und ergänzt:

„Aber selbst diejenigen, die behaupten, dass das Geschlecht keinerlei Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt, beziehungsweise eben solches einfordern als Begründung ihrer Haltung gegen eine Frauenquote, sollten die Petition als logische Konsequenz unterstützen!“

In der auf Change.Org formulierten und als E-Petition im Bundestag eingereichten Petition #Elternschutzgesetz wird gefordert,

  • die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie Art. 4 umzusetzen,
  • sowie darüber hinaus 28 Tage bezahlte Freistellung für Väter und Co-Elternteile ab Geburt zu etablieren
  • und diesem vorgelagert Kündigungsschutz für werdende Väter und Co-Elternteile spätestens ab der 12. Schwangerschaftswoche zu gewähren.

Diese in der Petition formulierten Forderungen, sollen in einem Elternschutzgesetz verankert werden – unabhängig davon, ob steuer- oder umlagefinanziert.

„Wir möchten Deutschland zu einem Sehnsuchtsort von Gleichberechtigung und Gleichstellung machen, wesentliche Merkmale einer Demokratie. Das spiegeln wir mit unserem Forderungsspektrum in Betreuung & Bildung, Arbeitswelt & Karriere, Recht & Steuern sowie Familien- & Rollenbilder – und ganz konkret nun auch mit unserer Petition #Elternschutzgesetz wider!“

Mehr erfahren

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 27.11.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Stiftung Alltagsheld:innen, Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. und Bundesverband SHIA e.V.

Ort: Online

Wie muss eine Kindergrundsicherung aussehen, von der alleinerziehende Familien profitieren?

Wir diskutieren 90 Minuten mit Gästen aus dem Bundestag, alle vier Berichterstatterinnen zur Kindergrundsicherung

  • Silvia Breher, CDU
  • Sarah Lahrkamp, SPD
  • Heidi Reichinnek, Linke
  • Nina Stahr, Grüne 

Die 4. Held:innen-Debatte ist nicht nur wegen unserer Gäste aus dem Bundestag besonders interessant, sondern auch weil wir angesichts der Aktualität und Wichtigkeit des Themas zusammen mit dem VAMV Bund und SHIA Bund zum Austausch einladen.

Die Kindergrundsicherung (KiGruSi) soll das große sozialpolitische Projekt der Bundesregierung in dieser Legislatur werden und knapp 3 Millionen Kinder aus der Kinderarmut zu holen. Die Debatte in der Koalition um die konkrete Ausgestaltung hat jedoch offengelegt, dass das Gesetz Gefahr läuft, dieses Ziel nicht zu erreichen.

Für alleinerziehende Familien, die eine der Hauptadressat:innen der Kindergrundsicherung sind, aber auch für Träger und Verbände in Deutschland, die mit und zu alleinerziehenden Familien arbeiten, ergeben sich viele Fragen. Diese möchten wir mit Ihnen und den vier Parlamentarierinnen, alle Berichterstatterinnen zur Kindergrundsicherung in ihren Parteien, diskutieren.

In drei Themen-Runden wollen wir Aspekte des Kabinettsentwurfs zur KiGruSi ausleuchten, die – neben einigen Verbesserungen – vor allem für alleinerziehende Familien, die bisher den Kinderzuschlag beziehen, zu einer Verschlechterung ihrer bisherigen Situation führen würden.

Runde I: Schnittstelle KiGruSi und Wohngeld
Zwar ist ausdrücklich positiv, dass das Kindeseinkommen nur zu 45 Prozent den Zusatzbetrag reduzieren soll. Aber die geplante höhere Anrechnungsrate für „höheren“ Unterhalt macht diese Verbesserung zunichte: Mehr Unterhalt wird zum Minusspiel in der Haushaltskasse.

Runde II: Umgangsmehrbedarfe berücksichtigen
Alleinerziehende Familien können bislang Kinderzuschlag beziehen, ohne dass dieser mit dem anderen Elternteil „geteilt“ werden muss. Der Kindergrundsicherungs-Zusatzbetrag soll zwischen getrennten Eltern nach Umgangstagen aufgeteilt werden – ohne zu berücksichtigen, dass zusätzliche Umgangsmehrkosten entstehen.

Runde III: Unterhaltsvorschuss, Erwerbsanreize und Rahmenbedingungen
Die Einkommens-Voraussetzungen Alleinerziehender für den Unterhaltsvorschuss sollen verschärft werden. Dies widerspricht dem Unterhaltsrecht und ignoriert, dass weiterhin strukturelle Rahmenbedingungen Erwerbswünsche von Alleinerziehende ausbremsen. 

Bitte melden Sie sich unter folgendem Link an: https://is.gd/HeldinnenDebatte

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Ort: Webex

Twenty-five years ago, Pippa Norris (1997) aptly described that parliaments comprise middle-aged to senior men of the dominant ethnicity. Over the past two decades, this picture has somewhat changed. In particular, when it comes to gender and ethnicity, parliaments across the globe have become more diverse. Unfortunately, the same diversification has not taken place when it comes to young MPs. Why aren’t young people participating in legislative institutions? Brit Anlar (Rutgers University) and Dr. Kirstie Lynn Dobbs (Merrimack College) shed light on this question by presenting data on youth representation in the United States and globally. First, Dobbs uses a behavioral approach to understand the connection between young people’s digital activism and their propensity to self-identify as political party members. Then, Anlar discusses how institutional arrangements impact young people’s descriptive representation across U.S. state legislatures, including age requirements, legislative professionalism, term limits, and electoral system type. Together, these studies showcase that bringing youth into the “political fold” requires a schematic that incorporates various stages of the candidate recruitment process, starting with meeting engaged young people at their initial “choice” forms of participation, followed by arranging institutions that foster inclusivity and access to the policy-making table.
Speakers
Dr. Kirstie Lynn Dobbs is an Assistant Professor of Practice in the Department of Political Science & Public Policy at Merrimack College. She specializes in youth political participation and civic engagement with expertise in the Middle East and North Africa. Dr. Dobbs conducted field research in Tunisia and Morocco and has worked as a research consultant with the United States Agency for International Development, the Arab Reform Initiative, and the European Partnership for Democracy on youth political leadership and engagement. She currently conducts engaged research with numerous community organizations in Lawrence, Massachusetts. Her research focuses on understanding the praxis behind youth inclusion in politics and society, especially among underserved populations.
Brit Anlar will complete her doctorate in Political Science from Rutgers University in fall 2023. She specializes in Women and Politics and Comparative Politics, with a particular focus on the political representation of young adults, specifically young women from a global perspective. In her dissertation research, she focuses on how formal and informal institutions within Scandinavian political parties shape young women’s political ambitions and access to political office holding. In addition, Anlar is the lead graduate researcher on the Young Elected Leaders Project, as well as the founding member and secretary of the Youth Political Representation Research Network.

Vortrag mit anschließender Diskussion.

Treten Sie Ihrem Webex-Meeting zum gegebenen Zeitpunkt hier bei.

Meeting beitreten

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

„Kinderrechte ins GG“ waren bereits in der vergangenen Legislatur als Vorhaben der damaligen Bundesregierung im Koalitionsvertrag benannt. Nur leider klappte es nicht mit der Realisierung. Auch die Ampel verankerte das Ziel im Koalitionsvertrag. Zur Halbzeit der Legislatur wollen wir darauf hinweisen, warum das Anliegen bald realisiert werden muss. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie, die Inflation und die aktuellen Fluchtbewegungen führen uns alltäglich vor Augen, dass es Kinderrechte im GG braucht. Denn Kinder gilt es in Deutschland bestmöglich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, alle Kinder haben ein chancengerechtes Leben verdient. Deshalb geht es jetzt auch darum, Kinderrechte nicht irgendwie ins GG zu schreiben, sondern so, dass alle Kinder im Alltag auch davon profitieren. Wir diskutieren hierzu mit Expert*innen.

An der Veranstaltung wirken mit:

  • Prof. Dr. Philipp B. Donath, University of Labour, Frankfurt am Main
  • Linda Zaiane-Kuhlmann, Leiterin Koordinierungsstelle Kinderrechte, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
  • Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer, Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.
Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 07. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In der laufenden Diskussion über die Neuordnung der finanziellen Leistungen für Kinder und Jugendliche (Kindergrundsicherung) sind auch die Leistungen des sog. Bildungs- und Teilhabepakets erneut in den Fokus der politischen Debatte gerückt. Mit diesem Paket sind verschiedene Leistungen zusammengefasst, die Kindern und Jugendlichen in einkommensarmen Familien zur Verfügung stehen – von der Förderung der sozialen Teilhabe über die Finanzierung von Schülerbeförderung und Mittagsverpflegung bis hin zu Lernförderung.

In der Veranstaltung werden grundlegende Informationen zu den Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaket präsentiert. Zudem werden einige Auswertungen über die (mangelnde) Inanspruchnahme der Teilhabeleistung vorgestellt. Schließlich werden aktuelle Reformabsichten im Rahmen der Einführung einer Kindergrundsicherung vor- und zur Diskussion gestellt.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Inforeihe Kinder, Jugend und Familie mit der Paritätischen Forschungsstelle im Gesamtverband.

Mit:
Joachim Rock, Abteilungsleiter Sozial- und Europapolitik
Andreas Aust, Referent Sozialpolitik
Greta Schabram, Referentin Sozialforschung, Wohnen und Statistik

Die Paritätische Forschungsstelle hat am 10.11.2023 ihre Expertise zum Thema veröffentlich: „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket: Teilhabequoten im Fokus“, Berlin 2023, hier geht es zum Download.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Katrin Frank, faf(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 08. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Zahlreiche Einflussfaktoren wirken sich auf die Berufswünsche und die Berufswahl von Jugendlichen aus. In der Veranstaltung geht es um die Fragen, welche persönlichen, sozialen und institutionellen Faktoren eine Rolle bei der Ausbildungs- und Berufswahl spielen und welchen Einfluss verschiedene Akteure (Schule, Eltern, Peers u.a.) auf junge Menschen dabei haben. Es wird zudem der Frage nachgegangen, was Akteure (Schulen, Ausbildungsstätten, Praktikumsbetriebe, Berufsberater*innen u.a.) tun können, um junge Menschen in ihrer individuellen Entscheidungsfindung zu unterstützen. Außerdem stehen die Herausforderungen im Fokus, mit denen insbesondere sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche in diesem Prozess konfrontiert sind.

Mit:

Mareike Beer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Osnabrück, Institut für Erziehungswissenschaften, Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Jennifer Puls, jsa(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 325

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 20. Februar 2024

Veranstalter: Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln (IDEAS)

Ort: Köln

Es wird ein attraktives Generalthema mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten angekündigt.

Kindergrundsicherung und Familienleistungen

Lisa Paus
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin
Kindergrundsicherung

Dr. Christine Fuchsloch
Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Schleswig
Sozialleistungen für Kinder und Familien

Dr. Anders Leopold
Richter am Landessozialgericht Hamburg
Familienleistungen im Europäischen Sozialrecht

Prof. Dr. Angie Schneider
Universität Bremen
Schnittstellen von Familien- und Sozialrecht

Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte dem Einladungsflyer. Ihre Anmeldung wird erbeten über das Online-Formular (https://ideas.jura.uni-koeln.de/sozialrechtstag).

WEITERE INFORMATIONEN

Die Marginalisierten. (Über-)Leben zwischen Mangel und Notwendigkeit

Christopher Wimmer blickt nach »ganz unten«. Seine These trifft den Kern der deutschen Gegenwart: Ein – wenn nicht sogar das zentrale – Ergebnis kapitalistischer Vergesellschaftung besteht in der Marginalisierung von Menschen in sozialen, politischen und kulturellen Zusammenhängen. Wimmer zeigt, wie sich Marginalisierung konkret auswirkt. Er beschäftigt sich mit der Sozialisation der Marginalisierten und stellt daraufhin ihre Arbeitssituation, ihr Alltagsleben und ihre sozialen Beziehungen ins Zentrum. Überall dort zeigen sich Auswirkungen ihrer sozialen Position. Doch auch das Bewusstsein der Marginalisierten ist von ihrer Lage beeinflusst. All dies hat Folgen für eine Politik, die sich mit sozialer Marginalisierung auseinandersetzen will.

Der Autor freut sich über Kritik und Anmerkungen ebenso wie über Veranstaltungseinladungen, Rezensionen oder Bestellungen für Ihre Bibliotheken. Für all das gerne direkt an den Verlag Beltz Juventa wenden: a.schaden@beltz.de (Anna Schaden).

Wir sind die Arbeiterwohlfahrt (AWO), einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Wir vertreten die fachpolitischen Interessen des Gesamtverbandes auf der bundespolitischen und europäischen Ebene, agieren als Zentralstelle für die Verwaltung von Zuwendungsmitteln und sind federführend in verschiedenen verbandsweiten Themenfeldern.

Unsere Verbandswerte Solidarität, Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Gerechtigkeit sind fester Bestandteil unserer Verbandskultur und Teil unseres alltäglichen Handelns. Teilen Sie mit uns diese Werte und wollen Sie in Ihrem beruflichen und gesellschaftsbezogenen Umfeld etwas bewegen, dann zögern Sie nicht, nutzen Ihre Chance und machen mit uns den nächsten Schritt:

Unser Arbeitsort ist die Geschäftsstelle in Berlin-Kreuzberg.

Für unsere Abteilung Kinder/Jugend/Frauen/Familie suchen wir zum 01.02.2024 eine*n

Referent*in für Frauen und Gleichstellung (befristet)

Ihr neues Aufgabenfeld – herausfordernd und vielseitig

  • Fachpolitische Grundsatzfragen und fachliche Weiterentwicklung der Positionen der AWO im Feld der Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie der sexuellen und reproduktiven Rechte
  • Unterstützung des Arbeitsfeldes der Schwangerschaftsberatung der AWO bundesweit
  • Leitung von und Mitwirkung in einschlägigen internen und externen Arbeitskreisen und Gremien in den Arbeitsfeldern, Aufbau und Pflege von Kontakten zu relevanten Akteur*innen in den beschriebenen Bereichen
  • Kommunikation mit den AWO Gliederungen sowie mit anderen Organisationen; bundespolitische Lobbyarbeit
  • Begleitung von Gesetzgebungsverfahren, Erarbeitung fachlicher Stellungnahmen, Handreichungen und Publikationen
  • fachliche und verbandliche Begleitung der Erstellung der AWO Gleichstellungsberichte
  • Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit zu den Themen sowie Betreuung und konzeptionelle Weiterentwicklung der Website www.awo-schwanger.de

Ihre Qualifikationen – fundiert und pragmatisch

  • wissenschaftlicher Hochschulabschluss in Sozialwissenschaften, Rechtwissenschaften oder Vergleichbares
  • Fundierte Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik, Antidiskriminierung und Diversity, sexuelle und reproduktive Rechte
  • Kenntnisse und Erfahrungen in der Arbeitsweise von Nichtregierungsorganisationen, idealerweise Kenntnisse der Strukturen der Arbeiterwohlfahrt
  • Teamfähigkeit, sicheres Auftreten, ausgesprochene Kommunikationsfähigkeit und ein hohes Maß an Koordinationsfähigkeit
  • Selbstständige und flexible Arbeitsorganisation
  • Bereitschaft zu einzelnen bundesweiten Dienstreisen, Verbundenheit mit dem gemeinnützigen Bereich und den Grundsätzen der AWO

Einen sehr sicheren Umgang mit digitalen Medien, Tools und gängiger Software (Office365, MS Teams) sowie die Bereitschaft zur Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen setzen wir voraus.

Unser Angebot – abwechslungsreich und attraktiv

  • befristete Vollzeitstelle, Teilzeit nach Vereinbarung möglich
  • befristet für die Dauer einer Elternzeitvertretung (voraussichtlich 28.02.2025)
  • attraktive Regelungen zur Gleitzeit und zum mobilen Arbeiten
  • Bezahlung nach dem Tarifvertrag TV AWO Bundesverband einschließlich Sozialleistungen (30 Urlaubstage in der 5-Tage-Woche, 24.12. und 31.12. sind zusätzlich frei, betriebliche Altersvorsorge) und Zuschuss zum Firmenticket
  • Regelmäßige Events für Mitarbeitende

Der AWO Bundesverband e.V. legt großen Wert auf Vielfalt. Wir freuen uns über jede Bewerbung, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität.

Wir unterstützen aktiv die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und fördern die Gleichstellung sowie die berufliche und persönliche Weiterentwicklung. Ausdrücklich erwünscht sind Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund. Bewerbungen schwerbehinderter Menschen und Gleichgestellter im Sinne des SGB IX werden bei gleicher Eignung bzw. Qualifikation bevorzugt berücksichtigt.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Dann freuen wir uns auf Ihre Online-Bewerbung mit den üblichen Unterlagen (Motivationsschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, als zusammengefasste PDF-Datei) unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung oder TVöD-Eingruppierung sowie Ihres frühesten Eintrittstermins. Bitte senden Sie ihre Bewerbung unter Angabe der Kennziffer 2023-29 bis zum 05.12.2023 an personal@awo.org.

Bitte beachten Sie auch unsere Hinweise zum Umgang mit Ihren Daten auf unserer Homepage www.awo.org.

Bei Fragen steht Ihnen Jan Scharnitzki unter der Telefonnummer 030 26309-457 zur Verfügung.

AWO Bundesverband e.V. | Abteilung Justiziariat / Personal | Blücherstraße 62/63 | 10961 Berlin

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 15/2023

AUS DEM ZFF

In dieser Woche wird der Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung im Bundestag und Bundesrat beraten. Ein Bündnis aus 20 Verbänden mahnt, jetzt mutig zu sein und einen echten Systemwechsel im Sinne der Kinder und Familien zu wagen. Die Kindergrundsicherung darf keine Mogelpackung werden!

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

Die Kindergrundsicherung ist und bleibt für uns Hoffnungsträger im Kampf gegen Kinderarmut. Als Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG appellieren wir deswegen an die Verantwortlichen in Bundestag und Bundesrat, umfangreich am Gesetzentwurf nachzubessern. Die Regierung muss den Mut haben, einen echten Systemwechsel einzuläuten. Dafür brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die hoch genug ist, damit Kinder wirklich gut davon leben können. Die geplanten 2,4 Milliarden Euro reichen bei Weitem nicht aus. Wir müssen endlich neu berechnen, was Kinder für ein gutes Aufwachsen brauchen. Außerdem darf es nur noch eine einzige Anlaufstelle für Eltern geben, die die Leistungen für Kinder und Jugendliche proaktiv den bedürftigen Familien anbietet. Derzeit wissen unzählige Menschen nicht, welche Gelder ihnen zustehen oder wohin sie sich dafür wenden müssen. Der Antragswahnsinn muss aufhören. Der Staat muss endlich erkennen, dass alle von einer guten Kindergrundsicherung profitieren. Teilhabe am Leben und an der Bildung ist eine Investition in eine gute Zukunft.“

Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Vielleicht besteht noch die Chance, die drängendsten Probleme von armen Familien anzugehen. Erstens: Kinder von Alleinerziehenden trifft Armut besonders häufig. Diese Gruppe ist dringend auf Verbesserungen angewiesen, um nicht fortwährend in Existenzangst leben zu müssen. Zweitens ist für Kinder aus Familien mit wenig oder keinem Einkommen die Mitgliedschaft im Sportverein oder die Teilnahme in der Musikschule meist zu teuer. Das sind Bildungsmöglichkeiten, die wir ihnen nicht weiter vorenthalten dürfen. Deshalb müssen die umständlichen Anträge für das sogenannte Teilhabegeld abgeschafft werden. Drittens sieht der bisherige Plan eine Kürzung von Mitteln für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vor. So kann die Integration nicht gelingen. Armut wirklich zu bekämpfen, dafür steht das Konzept der Kindergrundsicherung. Auch Bundestag und Bundesrat werden sich daran messen lassen müssen, ob sie es ernst meinen mit sozialer Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 09.11.2023

Rund 3.000 Menschen versammelten sich am 8. November vor dem Deutschen Bundestag, um gemeinsam gegen den Sparhaushalt der Bundesregierung zu protestieren.

Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zur Kundgebung aufgerufen. Der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland drohen Kürzungen und Streichungen in Höhe von insgesamt 25 Prozent, mit fatalen Folgen für den Sozialstaat und die Gesellschaft, so die Organisator*innen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

Die Verbände warnen, dass nach den aktuellen Plänen unter anderem jede dritte Migrationsberatungsstelle schließen muss, 35.000 Freiwilligenplätze gestrichen werden, Programme zur Demokratieförderung an Schulen gänzlich wegfallen und die Beratung und Begleitung von Geflüchteten um die Hälfte eingekürzt werden. Im Kinder- und Jugendplan sollen 40,6 Millionen Euro gekürzt werden; auch die Pflegeversicherung und der soziale Wohnraum sind massiv betroffen.

„Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf macht fassungslos“, kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. „Zentrale Dienste und Einrichtungen, die in der Bewältigung der derzeitigen Krisen dringend benötigt werden, werden kaputtgespart oder komplett gestrichen. So entstehen neue Härten im Alltag, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird geschwächt und der Polarisierung weiter Vorschub geleistet. In Relation zum Gesamthaushalt werden hier nur kleine Summen gespart: Minimale Einsparungen sorgen für maximalen Schaden.“ AWO-Präsident Michael Groß ergänzt: „Die schwarze Null ist nicht in Stein gemeißelt – Nebelkerzen wie die Schuldenbremse gehören kritisch hinterfragt. Ob gespart wird oder ob mehr Geld in die Staatskassen gelenkt wird, ist eine Frage des politischen Willens. Als AWO akzeptieren wir nicht, dass die Krisen auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden.“

„Skandalös ist zudem, wie viele Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht im Haushalt zu finden sind“, so die stellvertretende Vorsitzende des ZFF, Meike Schuster. „Große Vorhaben mit den Zielen mehr Gleichstellung, mehr Zeit für Familie und die Bekämpfung von Kinderarmut fallen unter den Tisch oder werden nicht mit ausreichend Mitteln hinterlegt.“ Senihad Sator, Vorsitzender des Bundesjugendwerks der AWO, sagt: „Der aktuelle Haushaltsentwurf ist ein fatales Signal an junge Menschen. Durch die Kürzungen verlieren junge Menschen wichtige Unterstützung und werden ihrer Chancen beraubt, sich selbst verwirklichen zu können. Nach den Krisenjahren ist es endlich an der Zeit, umzusteuern und in junge Menschen zu investieren.“

Neben der zentralen Kundgebung in Berlin schlossen sich auch zahlreiche AWO-Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus dem ganzen Bundesgebiet mit lokalen Protest-Aktionen an. Ein offener Brief mit den Forderungen von AWO, Bundesjugendwerk und ZFF an den deutschen Bundestag wurde von fast 55.000 Menschen in Deutschland unterstützt.

Hintergründe

Zur Kampagne die Letzte macht das #LichtAus:
https://lichtaus.awo.org

Zur Kundgebung am 8. November:
https://awo.org/kundgebung-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Offener Brief gegen die Sparpläne der Bundesregierung: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 08.11.2023

Am Donnerstag, den 16. November, diskutieren die ZFF-Referentin, Lilly Schön und Dr. Lisa Yashodhara Haller über die Adressat*innen von familienpolitischen Maßnahmen – der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Elterngeld. Mit der Geburt von Kindern spezialisiert sich ein Elternteil, auf die Versorgung der Kinder, der andere auf Erwerbsarbeit zur Finanzierung der Familie. Weil der deutsche Arbeitsmarkt auf einem Geschlechterarrangement basiert, das die Gewährleistung der Fürsorge stillschweigend voraussetzt, entstehen für diejenigen, die die Versorgung übernehmen, Nachteile auf dem Arbeitsmarkt mit den entsprechenden finanziellen Einbußen. Das Elterngeld soll als politisches Instrument finanzielle Einbußen infolge der Familiengründung abfedern und Anreize zur raschen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt setzen. Da das Elterngeld als Lohnersatzleistung ausgezahlt werden steht es seit seiner Einführung als sozial ungerecht in der Kritik. Darüber hinaus setzt es Anreize zur Aufschiebung des Kinderwunsches, denn um Elterngeld als Lohnersatzleistung in einer Höhe beziehen zu können, mit der die Lebenshaltungskosten (trotz Inflation) bezahlt werden können, erfordert in der Regel recht lange Berufserfahrung, mit steigendem Alter sinkt aber die menschliche Fertilität. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Körper, Kinder, Kassensturz“ statt.

Weitere Informationen und Anmeldung: https://programm.bildungswerk-boell.de/index.php?kathaupt=11&knr=23-1104&kursname=Politiken+der+Verhuetung+neu+denken&katid=0#inhalt

Hier kann die Veranstaltung als Livestream verfolgt werden: https://youtube.com/live/qylu_XLhSWk?feature=share

Am 19. Oktober diskutierte die ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, mit Dr. Lisa Yashodhara Haller über das meist kommentierte sozialpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen: die Kindergrundsicherung. Dr. Lisa Yashodhara Haller Autorin des Policy-Papers „Finanzierung von Familien neu denken“ sprach mit Sophie Schwab über Möglichkeiten und (verpasste) Chancen der anstehenden Reform sprechen. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‚Körper, Kinder, Kassensturz‘  statt.

Hier kann die gesamte Veranstaltung nochmal angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=Ju1Hk1CyiGI

SCHWERPUNKT I: Migrationsgipfel

Deutliche Kritik zu Migrationsbeschlüsse, Fragezeichen beim Deutschlandticket

„Das, was Bund und Länder beschlossen haben, wird niemanden, der in der Heimat verfolgt wird, der keine Perspektive für sich und seine Kinder sieht, davon abhalten, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen“, kommentiert Caritas-Vorstand Steffen Feldmann die Beschlüsse des gestrigen Bund-Länder-Treffens in Sachen Migration.  

Leistungen zu kürzen, die bereits unter dem Existenzminimum liegen, trifft besonders die Schutzbedürftigsten: Alte, Kranke, Kinder. Studien zeigen zudem, dass Leistungskürzungen nicht abschreckend wirken. Der geringe finanzielle Einspareffekt, der durch Leistungskürzungen erzielt wird, hat hingegen langfristig negative Folgen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft: mehr Armut, schlechtere Bildungschancen für die geflüchteten Kinder, soziale Ausgrenzung und mehr Armutskriminalität.

Sparmaßnahmen mit enormen Folgekosten werden als Erfolg verkauft

 „Als Erfolg werden stattdessen Gängelungen und Sparmaßnahmen angekündigt, die langfristig enorme gesellschaftliche Folgekosten verursachen. Das ist kontraproduktiv“, konstatiert Steffen Feldmann.

Die Idee, Asylprüfungen in Drittländer außerhalb der EU zu verlegen, kann nicht unter angemessenen Standards umgesetzt werden und ist wieder ein Zeichen des in der Debatte allgegenwärtigen Populismus.

Der Deutsche Caritasverband begrüßt, dass sich Bund und Länder zumindest auf eine neue Regelung zur Übernahme der flüchtlingsbezogenen Kosten geeinigt haben.

Deutschlandticket für Familien mit kleinem Einkommen attraktiv halten

Auch positiv bewertet die Caritas, dass sich Bund und Länder auf eine hälftige Weiterfinanzierung des Deutschlandtickets geeinigt haben.

„Das Ticket ist ein wichtiger Bestandteil einer klimafreundlichen Mobilitätspolitik. Es muss allerdings für alle bezahlbar bleiben,“ moniert der Deutsche Caritasverband. „Für Familien und Menschen mit geringen Einkommen sind 49 Euro pro Monat schon jetzt abschreckend hoch“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, „wenn im Raum steht, dass das Deutschlandticket noch 2024 teurer werden soll, steigen viele buchstäblich aus – das wäre ein herber Schlag für die Verkehrswende.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 07.11.2023

Die Diakonie Deutschland kritisiert die geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Es ist ein Trugschluss, das niedrigere Leistungen oder Bezahlkarten Menschen davon abhalten werden, Schutz zu suchen. Auch wird in der Diskussion vergessen, dass bestimmte Leistungen dazu dienen, zum Beispiel die Integration von Geflüchteten mit Behinderungen zu ermöglichen. Zur kurz in der Debatte kommt jetzt auch: Wir brauchen Zuwanderung und sollten uns deshalb auch um die Verbesserung von regulären Zugangswegen bemühen. Und selbstverständlich brauchen wir eine schnellere und bessere Integration und dafür eben die erforderlichen Mittel. Wer hier gut integriert arbeitet, bereichert unsere Gesellschaft in vielfacher Hinsicht und hilft uns, auch unsere Sozialsysteme zu stabilisieren. Begrüßenswert ist die Idee einer Kommission für Migration, in der auch Kirchen, Gewerkschaften und Organisationen aus der Zivilgesellschaft dringend einbezogen werden sollen. Dieses Erfolgsmodell hat schon 2015 funktioniert und wir fordern schon lange, dass an diese guten Erfahrungen angeknüpft wird. Nur im Zusammenschluss von Politik und Zivilgesellschaft werden wir überzeugende Lösungen finden können.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.11.2023

Ein breites Bündnis von 28 Verbänden, Stiftungen und Organisationen fordert in einem Appell vor dem Flüchtlingsgipfel am Montag Bund, Länder und Kommunen eindringlich auf, bei den Beratungen einen besonderen Fokus auf die Situation der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu legen. Deren Rechte nach den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention, beispielswiese auf angemessene Lebensbedingungen, auf Schutz vor Gewalt oder auf Zugang zu Bildung und Gesundheit, müssen nach Ansicht der Unterzeichner Richtschnur in der aktuellen Migrationsdebatte sein. Das übergeordnete Ziel aller politisch verantwortlichen Stellen muss demnach darin bestehen, geflüchteten Kindern eine Perspektive auf eine normale Kindheit zu eröffnen.

„Kinder brauchen eine verlässliche Lebensperspektive, ungeachtet ihres Herkunftslandes und Aufenthaltsstatus. Während die politische Debatte droht, auf Abschottung und Abschiebungen verengt zu werden und Fragen der besseren Integration eine untergeordnete Rolle spielen, leben sowohl begleitete Kinder in Sammelunterkünften als auch unbegleitete Kinder in Obhut der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unter prekären Bedingungen mit begrenzten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe“, heißt es in dem Appell. „Der Flüchtlingsgipfel bietet eine Chance, die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Aufnahme von schutzsuchenden Kindern mit ihren Familien und von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten neu zu gestalten.“

Die unterzeichnenden Verbände, Organisationen und Stiftungen fordern, eine dezentrale Unterbringung von geflüchteten Kindern und ihren Familien zu ermöglichen, den Zugang aller Kinder zur öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen, für den Zugang aller Kinder zu frühkindlicher Bildung und Regelschulen zu sorgen, besondere Bedarfe frühzeitig zu identifizieren und den Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

„Die UN-Kinderrechtskonvention gilt uneingeschränkt für jedes Kind. Das gilt auch für die darin normierte Vorrangstellung des Kindeswohls. Auch bei erhöhter Fluchtmigration und steigenden Zahlen minderjähriger Geflüchteter sollte stets gewährleistet sein, dass die Kinder zu ihren Rechten kommen. Dazu gehören neben ihren Schutz- auch die Beteiligungsrechte sowie die Einhaltung von Standards, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz normiert sind. Bei Rechtsangelegenheiten, die sich aus dem Flüchtlingsstatus der Kinder und Jugendlichen ergeben, beispielsweise bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften direkt nach der Einreise, beim Familiennachzug oder Integrationsangeboten, braucht es zudem migrationssensible und kinderspezifische Regelungen, die das Kindeswohl an die erste Stelle stellen. Dazu gehören passende Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache, Bildungsintegration über einen ungehinderten Zugang zu Kindertageseinrichtungen und Ausbildungsstätten sowie eine Schulpflicht für alle geflüchteten Kinder von Anfang an, und zwar unabhängig von der Bleibeperspektive. Diese muss nach der EU-Aufnahmerichtlinie spätestens drei Monate nach Asylantragstellung an der Regelschule erfolgen. Und auch die Teilnahme an niedrigschwelligen Kultur- und Freizeitangeboten mit gleichaltrigen Kindern in der Nachbarschaft sind als Schlüsselfaktoren unabdingbar“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Den vollständigen Appell finden Sie hier: http://www.dkhw.de/fluechtlingsgipfel2023

Der Appell wird von folgenden Verbänden, Organisationen und Stiftungen unterstützt (in alphabetischer Reihenfolge):

. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe – AGJ . Ärzte der Welt e. V.

. AWO Bundesverband e. V.

. Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS) . Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e. V.

. Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e. V.

. Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e. V.

. Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG) . Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V.

. Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. – DGSF . Deutscher Kitaverband – Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e. V.

. Deutsches Kinderhilfswerk e. V.

. Deutsches Komitee für UNICEF e. V.

. Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.

. djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e. V.

. Handicap International e. V.

. Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.

. JUMEN e. V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland . KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V.

. Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD) . National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention . Plan International Deutschland e. V.

. PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.

. Save the Children Deutschland e. V.

. Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention . Stiftung SPI – Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May« . terre des hommes Deutschland e. V.

. World Vision Deutschland e. V.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 03.11.2023

Statt Herausforderungen zu lösen, würden Probleme verschräft.

Die Beschlüsse von Bundeskanzler und Regierungschef*innen zur Flüchtlingspolitik beim Migrationsgipfel kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband scharf. So richtig es sei, Länder und Kommunen finanziell zu unterstützen, so wenig sachgerecht seien die sonstigen Verabredungen. Statt konkrete Herausforderungen zu bewältigen, drohe eine Verschärfung sozialer Probleme, warnt der Verband. Insbesondere die Pläne, Asylbewerber künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen zu gewähren sowie die geplanten massiven Verschärfungen in der Abschiebepraxis seien inhuman und das Gegenteil einer lösungsorientierten, vorausschauenden Flüchtlingspolitik, kritisiert der Paritätische.

“Asylbewerbern erst nach drei Jahren eine Leistung wenigstens auf Sozialhilfeniveau zu gewähren, und sie in Armut zu halten, ist inhuman und unvernünftig. Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme verschärfen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was es brauche, sei eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft, mahnt der Paritätische und verweist auf die positiven Erfahrungen in der Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen aus der Ukraine.

“Abschiebehaft und eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sind Scheinlösungen und haben nichts mit einer humanen mutigen und in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik zu tun, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.11.2023

Paritätischer mahnt Rückkehr zu faktenbasierter Debatte an.

Mit Vorschlägen für eine Neuausrichtung der Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik wendet sich der Paritätische Gesamtverband heute gemeinsam mit einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wohlfahrtsverbände an die Politik. In einem Fünf-Punkte-Plan zeigt das Bündnis: Ein konstruktiver und menschenrechtskonformer Umgang mit der Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden ist möglich, notwendig und entlastet die Kommunen. Das Bündnis besteht neben dem Paritätischen Wohlfahrtsverband unter anderem aus Amnesty International, Pro Asyl, Caritas und dem Deutschen Anwaltverein.

Von der Bundesregierung erwartet der Paritätische nun eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik. Nach Monaten der rhetorischen Verschärfung in der politischen Debatte brauche es dringend eine lösungsorientierte Politik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: “Die asylpolitische Debatte der vergangenen Wochen strotzt nur so vor Scheinlösungen und Vorurteilen. Wir können allen nur dringend raten, zu einer faktenbasierten Diskussion um die Aufnahme und Integration von schutzsuchenden Menschen zurückzukehren. Die Bundesregierung muss sich jetzt einer mutigen, in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik annehmen, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt.“

Der Fünf-Punkte-Plan des Bündnisses umfasst:

  1. eine zukunftsorientierte Aufnahme für Asylsuchende, 
  2. den Fokus auf Integration und Partizipation, 
  3. sozialrechtliche Eingliederung statt Ausgrenzung, 
  4. den Erhalt und die Anpassung von Unterstützungsstrukturen, 
  5. eine Sozialpolitik, die alle mitdenkt.

Das Bündnis verweist beispielhaft auf die gelungene Aufnahme von einer Million geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Sie sei eine Erfolgsgeschichte und zeige: Die Gesellschaft kann viel, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft.

Dokumente zum Download

5-Punkte-Plan für eine funktionierende Asyl- und Aufnahmepolitik (668 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 03.11.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Kabinettsmitglieder unterstützen Bekämpfung von Sexismus

Auf Initiative von Bundesfrauenministerin Lisa Paus sind die Mitglieder des Bundeskabinetts heute dem breiten Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beigetreten. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Koalitionspartner zuvor auf ein gemeinsames Bekenntnis zu einem „starken Bündnis gegen Sexismus“ geeinigt. Bundesfrauenministerin Paus gründete das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ im Februar 2023. Es umfasst bereits jetzt über 480 Mitglieder und wird mit einem Begleitprojekt von der Europäischen Akademie für Frauen in Wirtschaft und Politik (EAF Berlin) unterstützt.

Bundesministerin Lisa Paus, Schirmherrin des Bündnisses:
„Ich freue mich sehr, dass heute alle Kabinettsmitglieder meiner Einladung gefolgt und dem Bündnis ‚Gemeinsam gegen Sexismus‘ beigetreten sind. Mit den Ministerien und in den Ressorts zeigen wir gemeinsam klare Kante. Sexuelle Belästigung hat keinen Platz in unserer offenen, vielfältigen Gesellschaft – dafür setzen alle Ressorts des Bundeskabinetts heute ein starkes Signal! Ich rufe Unternehmen, Verbände und staatliche Stellen auf, es uns gleich zu tun, dem Bündnis beizutreten und Sexismus gemeinsam entschieden den Kampf anzusagen. Zusammen stehen wir ein für eine gleichberechtigte Gesellschaft!“

Das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ hat sich zum Ziel gesetzt, Sexismus und sexuelle Belästigung zu erkennen und mit wirksamen Maßnahmen zu beenden. Sexismus zeigt sich zum Beispiel in Form von Herabwürdigungen oder Machtmissbrauch aufgrund des Geschlechts. Als Massenphänomen kann Sexismus am Arbeitsplatz, im Öffentlichen Raum, auch in Kultur und Medien stattfinden. Die vielen Ausprägungen, von scheinbar harmlosen bis zu gewaltvollen Grenzverletzungen, sind durch die internationale #metoo-Bewegung eindrucksvoll sichtbar geworden.

Sexismus schadet Betroffenen, aber auch Unternehmen, Organisationen und der Gesamtgesellschaft. Unter den über 480 Mitgliedern finden sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Städtetag, der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft und der Deutsche Caritasverband. Bündnispartner sind auch Unternehmen wie Volkswagen, die BMW Group, die Charité, das ZDF und die Deutsche Bahn AG sowie Städte wie Hamburg, Bremen, Bochum, Dortmund oder Erlangen.

Das Bündnis verfolgt einen intersektionalen Ansatz: Es bindet vielfältige Gruppen ein, die mehrfach von Diskriminierung beispielsweise aufgrund ethnischer Herkunft, Behinderung oder auch durch Antisemitismus betroffen sind. Mit öffentlichen Veranstaltungen, Aktionstagen, Ausstellungen oder Handreichungen sind im Kreise der Bündnismitglieder bereits vielfältige Maßnahmen entstanden. Viele gute Beispiele werden auf der Bündnis- Webseite www.gemeinsam-gegen-sexismus.de und im Newsletter des Bündnisses regelmäßig veröffentlicht.

Das von Lisa Paus geführt Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) selbst ergreift bereits eine Vielzahl an Maßnahmen: Ab dem Onboarding-Prozess erhalten Beschäftigte umfassende Informationen über Anlaufstellen, Beschwerdemöglichkeiten und Vorgehen bei Sexismus, sexueller Belästigung und Mobbing. Die Handreichung „Hilfestellung für Betroffene bei sexuellen/sexualisierten Belästigungen und anderen Formen der Belästigung sowie Mobbing im BMFSFJ“ zeigt den Beschäftigten, welche Ansprüche, Unterstützungsangebote und Beratungsstellen es gibt, wenn sie mit sexueller Belästigung oder Mobbing in Kontakt kommen. Das BMFSFJ bietet für alle Beschäftigten Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und auch zu Sexismus und sexueller Belästigung an. Für Führungskräfte sind diese Schulungen verpflichtend.

Liste der Bündnispartnerinnen und -partner: https://www.gemeinsam- gegen-sexismus.de/gemeinsame-erklaerung/unterzeichnerinnen/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.11.2023

Bessere Rahmenbedingungen für Freiwillige in Jugendfreiwilligendiensten und Bundesfreiwilligendienst

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Gesetzes zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) beschlossen. Mit dem Gesetzentwurf werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und in den Jugendfreiwilligendiensten Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) verbessert.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Ich freue mich, dass wir mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz sehr konkret auf die Wünsche der Freiwilligen nach mehr Flexibilität eingehen können. Außerdem schaffen wir den Rahmen für ein höheres Taschengeld. So stellen wir die Weichen für eine Zeit, in der die Freiwilligendienste wieder ausgeweitet werden können. Die Freiwilligendienste sind uns wichtig und das Engagement der Freiwilligen ist uns jede Wertschätzung wert.“

Die Freiwilligen erhalten für ihr Engagement ein Taschengeld, dessen Höhe individuell mit den Einsatzstellen vereinbart wird. Dabei gilt eine Obergrenze, die zwar dynamisch ist und jedes Jahr angepasst wird, deren Berechnungsgrundlage jedoch seit Einführung des BFD nicht angepasst wurde.

Das Freiwilligen-Teilzeitgesetz sieht diese Anpassung nun vor. Damit wird auch dem Koalitionsvertrag nachgekommen, in dem die Koalitionsparteien die Erhöhung des Taschengeldes vereinbart haben.

Konkret soll die Obergrenze – auf Basis der für 2023 geltenden Werte – von 438 Euro monatlich auf 584 Euro monatlich, also um 146 Euro, steigen. Zusätzlich sollen Einsatzstellen Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Im Ergebnis können Freiwillige damit deutlich mehr Taschengeld erhalten als bisher.

Mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz soll für Freiwillige unter 27 Jahren die Möglichkeit geschaffen werden, einen Freiwilligendienst in Teilzeit zu leisten, ohne dass sie dafür persönliche, gesundheitliche oder familiäre Gründe nachweisen müssen, wie es bisher erforderlich ist. Damit werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige unter 27 Jahren an diejenigen für lebensältere Freiwillige angepasst. Weiterhin gilt, dass sich der Dienst auf mehr als 20 Stunden die Woche belaufen muss und alle Beteiligten, das betrifft insbesondere die Einsatzstellen, mit der Teilzeit einverstanden sein müssen.

Die Bundesregierung unterstützt damit die Wünsche der Freiwilligen sowie der Einsatzstellen, Träger und Zentralstellen nach besseren Teilzeit-Regelungen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.11.2023

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, hat sich heute mit dem Kompetenznetzwerk gegen Antisemitismus (KOMPAS) getroffen. Anlässlich des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel und die Auswirkungen auf die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden, tauschte sich die Ministerin mit KOMPAS zur Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen gegen Antisemitismus aus.

An dem Treffen nahmen teil: Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums, Prof. Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Dr. Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Derviş Hızarcı, Vorstand der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) e.V., Benjamin Steinitz, Leiter des Bundesverbands RIAS e.V. sowie Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der ZWST und der Beratungsstelle OFEK e.V.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus ist unverzichtbar. In Anbetracht der terroristischen Angriffe auf Israel und die antisemitischen Auswirkungen, die wir auch in Deutschland erleben, bin ich sehr dankbar für die wichtige Arbeit des Kompetenznetzwerks gegen Antisemitismus. Es ist gut, dass wir als Gesellschaftsministerium über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ diese Arbeit unterstützen können. Situationen wie wir sie derzeit sehen, zeigen die Unverzichtbarkeit antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Es wird deutlich wie sehr wir uns weiterhin dafür einsetzen müssen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen auch in Zukunft ihre Arbeit fortführen können und die entsprechende Unterstützung erhalten.“

Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums und Koordinierungsstelle des Kompetenznetzwerks Antisemitismus: „Der Terrorangriff auf die Menschen in Israel erschüttert uns zutiefst. Die Gewalt übersteigt unsere Vorstellungskraft, hinterlässt uns fassungslos und traurig: Hunderte Tote, Dutzende Verschleppte, Tausende Verletzte und Traumatisierte. Wir machen uns Sorgen um die Zukunft der gesamten Region, um Freiheit, Sicherheit und Frieden. Unsere Freunde und Kooperationspartner*innen in Israel haben große Sorgen und Ängste. Für Deutschland sehen wir Auswirkungen, die uns noch in den nächsten Jahren begleiten werden: antisemitische Attacken nehmen zu, es gibt Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland, aber oft werden ihre Erfahrungen nicht gesehen und nicht beachtet. Im Kompetenznetzwerk arbeiten wir seit Jahren bundesweit auf verschiedenen Ebenen gegen Antisemitismus. Es ist ein langfristiges Phänomen, auch wenn antisemitische Deutungsmuster in Krisenzeiten Konjunktur haben. Wir brauchen die Voraussetzungen, um langfristig und ausreichend ausgestattet gegen Antisemitismus arbeiten zu können. Die Politik muss diese Voraussetzungen schaffen, für eine funktionierende Demokratie in Deutschland.“

Die Zielgruppen des Kompetenznetzwerks sind Kinder und Jugendliche, aber auch pädagogische Fachkräfte. Entsprechend hoch ist die Anzahl an Beratungsanfragen von betroffenen Jüdinnen und Juden, von Schulen, Sportvereinen und anderen Einrichtungen, die derzeit bei den Trägern des KOMPAS eingehen. Oft handelt es sich um die Frage, wie mit Konfliktsituationen in Schulklassen umgegangen und wie mit Schülerinnen und Schülern über die aktuelle Situation in Israel gesprochen werden kann.

Das Kompetenznetzwerk besteht aus dem Anne Frank Zentrum, der Bildungsstätte Anne Frank, dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, dem Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment sowie der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. 2020 haben sich die fünf Institutionen zusammengeschlossen, die über eine langjährige Erfahrung im Bereich der Antisemitismusprävention, der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit, der Beratung sowie der Dokumentation und Analyse antisemitischer Vorfälle verfügen. Gefördert wird KOMPAS über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“.

https://kompetenznetzwerk-antisemitismus.de/
https://www.demokratie-leben.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.10.2023

Auf die schwierige Situation von Eltern in Regenbogenfamilien haben Experten in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochvormittag hingewiesen. Insbesondere kritisierten die geladenen Sachverständigen die fehlende rechtliche Absicherung der Elternschaft des zweiten Elternteils, also jenes, der das Kind nicht geboren hat.

Die sogenannte Stiefkindadoption als derzeit einzige Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Paare, auch die Elternschaft des zweiten Elternteils anerkennen zu lassen, sei keine gute Option und mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, betonte unter anderem Gesa Teichert-Akkermann von der Initiative „nodoption“, die sich für die Anerkennung der Elternschaft in Regenbogenfamilien einsetzt. Es könne sein, dass diese Adoption einfach und schnell gehe, meistens dauere das Verfahren jedoch sehr lange, das Privatleben der Familien werde, auch durch das Jugendamt, durchleuchtet und bewertet. Für diesen Prozess gebe es keine einheitlichen Kriterien und solange die zweite Elternschaft nicht anerkannt sei, lebten die Familien in großer Unsicherheit. Durch die derzeitige Rechtslage sei „unser Wunschkind zu einem Kind einer Alleinerziehenden“ gemacht worden, das nicht so abgesichert und geschützt sei wie ein Kind mit Vater und Mutter, erläuterte sie.

Auch Lyci Chebout, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, und Dirk Siegfried von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) forderten eindringlich eine juristische Klärung zugunsten der betroffenen Familien. Es gehe dabei nicht um Biologie, sondern um eine einfache rechtliche Absicherung, die durch eine Reform des Abstammungsrechts auch einfach umzusetzen sei, sagte die Juristin. Das Geschlecht dürfe bei der Eltern-Kind-Zuordnung keine Rolle spielen, forderte sie. Dirk Siegfried kritisierte, dass die Gesellschaft offenbar immer noch glaube, lesbische Mütter seien die schlechteren Mütter. Anders sei die Ungleichbehandlung nicht zu erklären und leider habe auch die „Ehe für alle“ daran nichts geändert. Er forderte unter anderem, dass Eltern schon vor der Zeugung ihre Verantwortung rechtlich absichern können. Dadurch, dass dies bisher noch nicht möglich sei, entstünden viele Konflikte, so Siegfried.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 827 vom 08.11.2023

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), rechnet mit jährlichen Ausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Euro für die geplante Kindergrundsicherung. Während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag sagte Lehmann, die immer wieder genannte Ausgabenhöhe von 2,4 Milliarden Euro beziehe sich auf eine Inanspruchnahme-Quote von 50 Prozent. „Wir hoffen, dass die Quote irgendwann bei mindestens 90 Prozent liegen wird“, sagte er. Dann sei von einer Investition von etwa 7,5 Milliarden Euro auszugehen. Das gehe dann auch stärker in die Richtung der von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) ursprünglich genannten zwölf Milliarden Euro.

Diese zwölf Milliarden Euro „als absolute Untergrenze“ für die Kindergrundsicherung fordert die Petentin Anne Dittmann in einer öffentlichen Eingabe (ID 153338), die 54.960-mal innerhalb der in den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses vorgegebenen Vier-Wochenfrist mitgezeichnet und daher öffentlich beraten wurde. Nur so könne die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen werden, heißt es in der Petition. „Wir fordern nicht mehr als das Versprechen im aktuellen Koalitionsvertrag ein, auf das sich die Ampel mal geeinigt hat“, schreibt Dittmann.

Kinderarmut, so die Petentin, werde strukturell erzeugt und sei kein Zeichen mangelnder Bildung. Sie beträfe vor allem Einelternfamilien und Familien mit drei und mehr Kindern. Die Ursachen seien vielschichtig: Alleinerziehende würden etwa in der Steuerklasse II ähnlich besteuert wie Singles in Steuerklasse I, „obwohl sie nicht nur Lohnarbeiten, sondern sich auch gleichzeitig um Kinder kümmern“. Dazu komme das Fehlen von 380.000 Kita-Plätzen in diesem Jahr. Die vorhandene Betreuung sei zudem in weiten Teilen Deutschland kostenintensiv. „Der Gender-Pay-Gap und die Orientierung an der 40-Stunden-Woche als Standard benachteiligen vor allem Menschen mit Fürsorgeverantwortung, insbesondere Mütter“, macht die Petentin deutlich.

Während der Sitzung äußerte sich Dittmann auch zur Finanzierbarkeit der Maßnahme. Aus dem Kreis der Abgeordneten gefragt, ob sie denn angesichts leerer Haushaltskassen die Neuverschuldung oder die Steuern erhöhen wolle, verwies die Petentin auf die Folgekosten der Kinderarmut, die laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bei jährlich 120 Milliarden Euro lägen. „Wer bezahlt die denn?“, fragte sie. Die aktuelle Sparpolitik sei Unsinn, befand sie.

Die die Petentin begleitende Vorstandsvorsitzende des Vereins SOS Kinderdorf, Sabina Schutter, machte auf den Kinderfreibetrag aufmerksam, der in der aktuellen Reform nicht angefasst werde. Auch bei den 2014 beschlossenen familienbezogenen Leistungen fänden sich zahlreiche Leistungsbereiche, die keine armutsbekämpfende Wirkung entfalten aber Kosten verursachen würden. „Die könnte man wunderbar in eine Kindergrundsicherung integrieren“, sagte sie mit Blick auf die Finanzierungsfrage.

Familien-Staatssekretär Lehmann zeigte sich überzeugt, dass die Kindergrundsicherung die Situation von bedürftigen Familien verbessern werde. Insbesondere für Familien, die derzeit im Bürgergeldbezug seien, gäbe es viele Vorteile. Lehmann nannte es ungerecht, dass derzeit das Kindergeld auf Sozialleistungen angerechnet werde. „Das ändert sich jetzt“, sagte er. Alle Kinder- und Jugendlichen hätten Anspruch auf einen Kindergarantiebetrag, der das Kindergeld ersetze, sowie auf einen Zusatzbetrag. Je geringer das Einkommen der Eltern ist, desto höher sei diese Leistung.

Lehmann verwies zugleich auf den bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) anzusiedelnden Familienservice. Das werde die zentrale Stelle für die Leistungen für Familien werden, die derzeit noch sehr zersplittert seien. Familien seien künftig nicht mehr auf ihr eigenes Wissen angewiesen oder auf Sozialarbeiter, die ihnen erklären, welche Ansprüche sie haben und wie sie diese einfordern müssen. Das nehme der Familienservice den Familien ab, „wenn sie zustimmen“, sagte der Staatssekretär.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 814 vom 06.11.2023

Die „Wohnkostenlücke 2022“ ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (20/8931). Darin führt die Fraktion aus, dass die Wohnkosten in den Grundsicherungen in tatsächlicher Höhe übernommen würden, sofern sie als angemessen bewertet werden. Richtwerte für die Angemessenheit würden kommunal berechnet, was extrem schwierig sei und immer wieder zu Lücken beim Existenzminimum führt. Diese „Wohnkostenlücke“ bestritten die Betroffenen oft aus dem Regelsatz, weil es keinen günstigeren Wohnraum gebe. Das Geld fehle dann etwa für Nahrungsmittel oder Kleidung.

Seit 2023 werde bei neuen Leistungsbeziehern im ersten Jahr die Miete nicht auf Angemessenheit überprüft, sondern immer voll übernommen, schreibt die Fraktion weiter. Damit werde die Wohnkostenlücke „aber nur verkleinert, nicht geschlossen“: Wissen will die Fraktion unter anderem, in welcher Höhe die Kosten der Unterkunft und Heizung, „die für Leistungsberechtigte des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch im Jahr 2022 tatsächlich angefallen sind“, nicht übernommen wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 795 vom 25.10.2023

Die CDU/CSU-Fraktion will das Kindergeld und den Kinderfreibetrag und erhöhen. Sie hat dazu einen Antrag (20/8861) mit dem Titel „Arbeitende Mitte stärken – Steuerbelastung senken“ vorgelegt.

Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sollen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum um zwölf Prozent steigen, fordert die Unionsfraktion. Das Kindergeld für 2024 sei entsprechend anzuheben und die bis 2022 bestehende Stufung für kinderreiche Familien ab dem dritten und vierten Kind wiedereinzuführen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 787 vom 19.10.2023

Finanzielle Unterstützung für schwangere Frauen ohne Versicherungsschutz

Im Frühjahr 2022 ist der Gesundheitsfonds der Region an den Start gegangen, der Menschen ohne Krankenversicherung aus der Region Hannover unterstützt und notwendige Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, Medikamente und Zuzahlungen finanziert. Jetzt legt die Region speziell für schwangere Frauen ohne Krankenschutz nach: Der Geburtenfonds richtet sich an mittellose schwangere Frauen, die seit mindestens drei Monaten in der Region Hannover leben und für die kein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Versorgung aus einer Krankenversicherung oder dem Sozialleistungsrecht ermittelt werden konnte. Dafür sind zunächst insgesamt 180.000 Euro bis 2026 eingeplant. Heute (5. September) hat der Ausschuss für Soziales, Wohnungswesen, Gesundheit und Teilhabe der Region einstimmig grünes Licht für die Einrichtung des Fonds gegeben, final entscheidet am 14. November die Regionsversammlung.

„Frauen ohne Versicherungsschutz fehlt nicht nur eine übliche Vor- und Nachsorge in der Schwangerschaft, sie können auch keine regulären Geburtstermine in den Kliniken vereinbaren, sondern werden nur als Notfälle versorgt. Die Krankenhäuser stellen die Geburt den Frauen in Rechnung. Das kann materiell und psychisch schwer belastend für die Frauen sein, wenn sie die Rechnung nicht bezahlen können“, so Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke. „Der Geburtenfonds soll die Frauen in der ohnehin anstrengenden Situation die finanziellen Sorgen nehmen und den Zugang zur notwendigen Gesundheitsversorgung ermöglichen.“

Der Geburtenfonds soll vor allem die Kosten für die Geburt abdecken. Er greift dann, wenn die Mitarbeiter*innen der Clearingstelle keinen individuellen Anspruch auf Versicherungsschutz oder Hilfen zur Gesundheit ermitteln konnten. Mit der Bescheinigung der Clearingstelle können die Frauen regulär in den Kliniken des Regionsgebiets entbinden, ohne dass sie hierfür als Notfall eingeliefert werden müssen. Die Kliniken wiederum können ein Drittel der abrechenbaren Kosten über den Fonds abrechnen.

Für die notwendige medizinische Beratung, Betreuung und Versorgung der Schwangeren während der Schwangerschaft oder der nachgeburtlichen Phase hat sich das Gesundheitsamt der Region Hannover bereits als fachliche Ergänzung zur Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung etabliert. „Oft sind dies Frauen ohne Aufenthaltsstatus und ohne Zugang an die reguläre Gesundheitsversorgung. Mit dem Angebot der Beratungssprechstunde wollen wir verhindern, dass Frauen aufgrund von unter anderem Sprachbarrieren oder sozialer Hintergrundproblematik größeren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind“, sagt Gesundheitsdezernentin Christine Karasch.

Kontakt:

Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit, Weinstraße 2, 30171 Hannover, Telefon (0511) 616-43148, E-Mail: Aids.STD-Beratung@region-hannover.de.

Clearingstelle für Gesundheitsversorgung, Große Packhofstraße 27-28, 30159 Hannover, Telefon (0511) 21 33 91 66, E-Mail: info@clearing-gesundheit-hannover.de

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Die Clearingstelle hat seit 2021 ihren Sitz in Hannovers Innenstadt Die Mitarbeiter*innen helfen Menschen ohne Krankenversicherung, den individuellen Anspruch auf eine Versicherung oder Hilfen zur Gesundheit zu ermitteln – von der Aufnahme in eine gesetzliche oder private Krankenversicherung bis zu Leistungen der Sozialhilfe oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Beratungen finden in den Sprachen Deutsch, Arabisch, Französisch, Englisch und Rumänisch statt, bei Bedarf können auch weitere Sprachen abdeckt werden.

Quelle: Pressemitteilung Region Hannover vom 05.09.2023

Nicht nur die Bildungschancen, sondern auch die Gesundheit von Kindern werden wesentlich vom Elternhaus geprägt – mit lebenslangen Folgen für das Wohlbefinden. Neue Analysen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) haben den engen Zusammenhang zwischen der Gesundheit im Erwachsenenalter und dem Bildungsabschluss der Eltern mit aktuellen Daten belegt. Demnach sind Menschen aus bildungsfernen Familien noch im Erwachsenenalter häufiger übergewichtig und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein als Kinder höher gebildeter Eltern. Die Daten der Untersuchung basieren auf der familiendemografischen Langzeitbefragung FReDA.

So hat fast die Hälfte der Befragten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, deren Eltern kein Abitur haben, einen Body-Mass-Index von über 25 und gilt damit als übergewichtig. Bei Personen, deren Eltern beide das Abitur haben, beträgt der Anteil der Übergewichtigen nur knapp ein Drittel. Gleichzeitig fühlen sich Menschen aus einem gebildeten Elternhaus gesünder: 77 Prozent beurteilen ihren eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut, bei Kindern von Eltern ohne Abitur sind es mit 66 Prozent weniger. „Unsere Analysen belegen eine deutlich schlechtere Gesundheit bei Menschen mit niedrig gebildeten Eltern“, erklärt Dr. Mathias Huebener vom BiB die Ergebnisse.

Für die ausgeprägten gesundheitlichen Unterschiede, die sich nach dem Bildungsniveau der Eltern abzeichnen, gibt es zahlreiche Erklärungen: Zunächst erzielen Kinder aus gebildeteren Familien häufig bessere Bildungsergebnisse sowie höhere Einkommen in körperlich weniger beanspruchenden Tätigkeiten, was bereits zu einer besseren Gesundheit beitragen kann. Des Weiteren unterscheidet sich mit dem Bildungsstand der Eltern auch das soziale Umfeld, in dem Kinder aufwachsen und durch gesundheitsbezogene Lebensweisen geprägt werden. Bessere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, die in der Familie und dem Umfeld mitgeprägt werden, könnten bis ins Erwachsenenalter positiv nachwirken.

Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen, Bildungsdefizite rechtzeitig zu vermeiden. „Langfristig wird sich die schlechtere gesundheitliche Verfassung in einer geringeren Lebenserwartung ausdrücken“, meint Mitautorin Dr. Mara Barschkett. Daher sei es wichtig, bestehenden Nachteilen früh im Leben entgegenzuwirken. „Ein Ansatz ist, Kindern unabhängig vom elterlichen Hintergrund den Zugang zu qualitativ guter Bildung zu ermöglichen.“ Derartige Investitionen begünstigen nicht nur den eigenen Lebensverlauf, sondern verbessern auch die Chancen nachfolgender Generationen und nutzen das Potenzial der Menschen unserer Gesellschaft besser, worauf es beim demografischen Wandel immer mehr ankommen wird.

Die Originalpublikation kann hier heruntergeladen werden:

http://www.bib.bund.de/Publikation/2023/Eltern-ohne-Abitur-Kinder-langfristig-weniger-gesund.html?nn=1213826

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 07.11.2023

Studie analysiert Einkommen und Vermögen von Pflegehaushalten in Deutschland und vergleicht sie mit übriger Bevölkerung – Einkommen haben sich angeglichen, Vermögen weiter sehr unterschiedlich – Leistungen der Pflegeversicherung sollten erhöht und an Inflation gekoppelt werden

Seit der Pflegereform des Jahres 2017 profitieren deutlich mehr Pflegehaushalte von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Dabei handelt es sich um Haushalte, in denen eine pflegebedürftige Person ab 60 Jahren zu Hause betreut wird, meist von Angehörigen. Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge haben Personen in diesen Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von durchschnittlich gut 2.000 Euro mittlerweile ähnlich viel zur Verfügung wie Personen ab 60 Jahren in anderen Haushalten. Nicht zuletzt die Erhöhung des Pflegegeldes, das fast 59 Prozent aller Pflegebedürftigen erhalten (im Durchschnitt gut 530 Euro pro Monat), hat dazu beigetragen, die Einkommenslücke zu schließen. „Die Pflegereform hat die Leistungen für die ambulante Betreuung von Pflegebedürftigen klar verbessert“, sagt Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Mehr Haushalte können Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen und tun dies auch – für viele Betroffene ist die Reform eine dringend benötigte Erleichterung.“ Die Studie stellt der jüngsten Pflegereform mit Blick auf die finanzielle Situation betroffener Haushalte also ein zumindest in Teilen positives Zwischenzeugnis aus, zeigt aber auch weiteren Handlungsbedarf auf.

Vor allem alleinlebende Pflegebedürftige häufig mit geringen finanziellen Rücklagen

So gibt es etwa mit Blick auf die Vermögen nach wie vor große Unterschiede zwischen Pflege- und anderen Haushalten, wie die Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ebenfalls zeigen. Insbesondere alleinlebende Pflegebedürftige, die insgesamt über 40 Prozent aller Pflegehaushalte in Deutschland ausmachen und oft Frauen sind, haben ein vergleichsweise dünnes finanzielles Polster – wenn überhaupt: Fast ein Drittel von ihnen hat gar kein Vermögen oder ist sogar verschuldet. Zum Vergleich: Unter allen Pflegehaushalten trifft das nur auf gut jeden fünften zu, unter den Haushalten ohne eine pflegebedürftige Person ist die Quote mit 18 Prozent nochmals geringer. „Für das Wohlergehen im Alter spielt neben dem Einkommen auch das Vermögen eine zentrale Rolle“, betont Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Viele Pflegehaushalte haben langfristig keine ausreichenden finanziellen Rücklagen, um angesichts steigender Pflegekosten dauerhaft über die Runden zu kommen.“

„Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen. Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Johannes Geyer

Im Durchschnitt müssen Pflegehaushalte jeden Monat rund sieben Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Pflege aufbringen – aufgrund der aktuellen Preisentwicklung dürfte dieser Anteil sogar noch höher sein, denn die massive Inflation der vergangenen Monate ist in den für die Studie verwendeten Daten noch gar nicht enthalten. Kosten fallen in Pflegehaushalten beispielsweise für ambulante Pflegedienste an, aber auch für den pflegegerechten Umbau der Wohnung, für Medikamente, Hilfsmittel und Therapien.

Finanzbedarf der Pflegeversicherung könnte auch durch private Zuzahlungen gedeckt werden

Die Studienautoren empfehlen daher einen weiteren Ausbau der sozialen Pflegeversicherung. Dazu zählt mehr finanzielle Unterstützung, etwa durch eine zeitnahe Kopplung des Pflegegeldes an die Inflation, ebenso wie mehr professionelle Pflege. „Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen“, sagt Geyer. „Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Familienangehörige müssten viel Zeit und Kraft aufbringen und könnten währenddessen entweder nicht erwerbstätig sein, was wiederum das Haushaltseinkommen schmälere, oder litten unter der Doppelbelastung. „Die Folge ist oft Überforderung“, so Geyer.

Eine Leistungsausweitung der Pflegeversicherung würde den Finanzbedarf deutlich erhöhen – zumal angesichts der steigenden Zahl der Leistungsempfänger*innen. Allein in der ambulanten Pflege dürften zu den zuletzt rund vier Millionen Personen jedes Jahr etwa 300.000 hinzukommen. Eine Möglichkeit zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs wären Geyer und Haan zufolge einkommens- und vermögensabhängige private Zuzahlungen. Auch der Vorschlag einer Bürgerversicherung, also die Verbindung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung, sei sinnvoll, da das Pflegerisiko von besser situierten Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist. „Bei allen Reformen muss darauf geachtet werden, dass Menschen mit hohem Pflegerisiko, aber geringem Einkommen die gleiche Pflegequalität erhalten wie Menschen mit höherem Einkommen“, so Haan.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 26.10.2023

Neue Forschungsergebnisse zum Thema „Jungsein in unsicheren Zeiten“ werden auf der DJI-Jahrestagung am 7. und 8. November 2023 in Berlin vorgestellt

Die Coronapandemie, Kriege, Preissteigerungen und die Klima-Krise haben Unsicherheiten und Sorgen junger Menschen verschärft. Hinzu kommen Krisen in besonderen Lebenslagen, etwa durch Flucht und Migration, bei Armut, aber auch durch Instabilität von Partnerschaften, die Familien und ihren Mitgliedern eine Neuorientierung abverlangen. Vor welchen Herausforderungen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene angesichts der aktuellen Ereignisse stehen und welche Probleme in der Kinder- und Jugendhilfe, in Kommunen und Politik zu bewältigen sind, diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Fachpraxis auf der Jahrestagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) am 7. und 8. November in Berlin.

Die wissenschaftliche Tagung ist gleichzeitig Anlass, das 60-jährige Bestehen des DJI zu feiern. Am ersten Abend der Fachtagung hielt Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), ein Grußwort. DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper präsentierte Einblicke in die Geschichte des DJI und erläuterte Forschungsthemen und Herausforderungen der Zukunft. Auch der neu eingerichtete Jugendbeirat des DJI wurde vorgestellt.

Am 8. November, stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte und -ergebnisse vor, unter anderem zu den Themen „Folgen der Pandemie und anderer Krisen für Schulen“, „Kommunale Unterstützungsstrukturen und Perspektiven junger Geflüchteter und Migrantinnen und Migranten“, „Langzeitstudien für die Kinder- und Jugendhilfe“, „Familien in Umbruchsituationen“, „Armutserfahrungen von Kindern und Jugendlichen“ und „Politische Sozialisation“. Im Folgenden eine Auswahl an Forschungsthemen und -ergebnissen.

Ergebnisse der Ukraine-Forschung am DJI

Aktuelle Forschungsbefunde des DJI geben Einblick in die Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Müttern, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, und analysieren die Unterstützungsstrukturen, vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in den kommunalen Verwaltungen.

Die Befunde zeigen: Die Kommunen bieten vielfältige Hilfen an und versuchen, durch Netzwerkarbeit ihre zu geringen Ressourcen und Kapazitäten zu kompensieren. Helferinnen und Helfer aus der Zivilgesellschaft sind eine wesentliche Säule der Integration. Die Jugendlichen betonen die Bedeutung von Freunden, Familie und Lehrkräften als wichtiges Unterstützungsnetzwerk. Mitarbeitende der Kommunen heben die Bildungsmotivation der Geflüchteten hervor, sehen aber Hindernisse in der angespannten Situation des deutschen Bildungssystems. Jugendliche spüren die Limitationen durch die begrenzten Ressourcen der Schulen. Sprach-, Kultur- und Freizeitangebote seien essentiell für Integration und Normalitätserfahrungen.

Auch zum Thema Gesundheit liegen Ergebnisse der DJI-Ukraine-Forschung vor: Laut der Mitarbeitenden der Kommunen ist der allgemeine Gesundheitszustand Geflüchteter bei ihrer Ankunft gut. Interviews zeigen jedoch einen hohen psychischen Beratungsbedarf bei den Jugendlichen. Auch die Frage der Ungleichbehandlung zwischen Geflüchteten-Gruppen, also Geflüchteten aus der Ukraine und Geflüchteten, die unter den Rahmenbedingungen des Asylbewerberleistungsgesetzes in Deutschland leben, beschäftigt die jungen Menschen. Die Ungleichbehandlung ist den Mitarbeitenden der Kommunen bewusst. Sie suchen nach Lösungen und werfen die Frage auf, ob Angebote für alle gleich zugänglich gemacht und bedarfsgerecht gestaltet werden könnten.

Trotz vieler Koordinationsanstrengungen aller Beteiligten fehlt es an Platzangeboten, Fachkräften und finanziellen Ressourcen sowie teilweise auch an ausreichender Angebotskenntnis seitens der Zielgruppe. Positiv bewertet werden die zügige Unterbringung der Geflüchteten sowie die Möglichkeit, ihre Bildungskarrieren möglichst bruchlos fortzusetzen. Zudem erweisen sich niedrigschwellige, mehrsprachige Angebote der Zivilgesellschaft häufig als Schlüssel für eine gelungene Integration.

Unsichere Zeiten: Gestaltungsmuster und Beratungsbedarfe von Familien in Umbruchsituationen

Trennung, Scheidung oder Flucht stellen Umbruchsituationen dar, die das Familienleben stark verändern können. DJI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in einer Vielzahl von Projekten die Lebenslagen der Familienmitglieder, ihren Zugang zu Unterstützungsangeboten und deren Wirkung – von der Kindertagesbetreuung über Frühe Hilfen bis zur Beratung von konfliktbelasteten Nachtrennungsfamilien. Ob und welche Unterstützungsangebote gesucht und angenommen werden, erweist sich dabei oft als selektiv, das heißt als abhängig von Ressourcen der Betroffenen, aber auch von regionalen Faktoren.

Alleinerziehende sind im Alltag besonders gefordert und haben oft nur eingeschränkte Möglichkeiten, zusätzliche Erschwernisse abzufedern. In der Coronapandemie verloren insbesondere alleinerziehende Mütter an Wohlbefinden und waren weniger mit ihrem Leben zufrieden als Mütter in Paarhaushalten. Aktuell sind viele aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtete Mütter alleinerziehend. Sie tragen neben der Alleinverantwortung für die Kinder auch die Sorge um zurückgelassene Angehörige und müssen oft belastende Kriegs- und Fluchterfahrungen verarbeiten. Trotz überwiegend mäßiger Deutschkenntnisse sind die Erwerbswünsche der Mütter hoch. Unkenntnis, Sprachdefizite und fehlende Kitaplätze stehen der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten entgegen.

Armutserfahrungen bei Kindern und Jugendlichen

Mit dem Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP) setzt Deutschland die EU-Ratsempfehlung zur Ein­füh­rung einer Europäischen Garantie für Kinder um. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, bis zum Jahr 2030 Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung, zu schulbezogenen Aktivitäten, einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, ausreichender und gesunder Ernährung sowie angemessenem Wohnraum zu gewährleisten. Dabei sollen Kinder und Jugendliche kontinuierlich als Experten in eigener Sache an der Umsetzung des NAP beteiligt werden.

Forscherinnen und Forscher der am DJI angesiedelten Service- und Monitoringstelle (ServiKiD), die die Ausgestaltung und Umsetzung des NAP unterstützt, erörtern im Rahmen der wissenschaftlichen Jahrestagung unterschiedliche Blickwinkel von Kindern und Jugendlichen auf gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten. Sie zeigen, wie wichtig es ist, die befragten Kinder und Jugendliche über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Bedarfe im Kontext von Armutslagen zu Wort kommen zu lassen. Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen sind, berichten häufig von familialen Konflikten sowie gesundheitlichen und psychischen Belastungen in Familien, die ihre gesellschaftliche Teilhabe maßgeblich beeinträchtigen. Eines von vielen Beispielen sind hierbei die Perspektiven aus einer Jugendeinrichtung aus dem Münchner Norden. Sowohl die pädagogische Leitung als auch die Jugendlichen selbst berichten – als wahre Expertinnen – über ihre Erfahrungen.

Folgen der Pandemie und andere Krisen verändern Schule

Gesellschaftliche Wandlungsprozesse der vergangenen Jahre haben im Leben und der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen deutliche Spuren hinterlassen. Umfassende wissenschaftliche Befunde zeigen, wie sehr Kinder und Jugendliche unter den Zeiten strenger Einschränkungen der Sozialkontakte während der Pandemie gelitten haben und dass die anhaltenden Krisen wie Kriege, Inflation sowie Klimakrise zu Unsicherheit, Frustration und Resignation bis hin zu deutlichen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens führen. Wenngleich sich in einigen Bereichen des psychischen Wohlbefindens eine leichte Erholung gegenüber den Einschränkungen der Pandemie abzeichnet, bestehen in anderen Bereich doch bedenkliche mittelfristige Folgen.

Dazu zählen gravierende Lernrückstände, fehlende Lern- und Arbeitstechniken sowie Auffälligkeiten in der Selbstregulationsfähigkeit und im Sozialverhalten für substanzielle Anteile der jetzigen Generation von Schülerinnen und Schülern. Die Forscherinnen und Forscher kombinieren Befunde aus der Wissenschaft, der Bildungsadministration und der Schulpraxis, um zu überlegen, welche Konsequenzen dies für die Gestaltung von Bildungsprozessen haben muss und wie Forschung, Steuerung und Fachpraxis darauf reagieren können.

Kinder- und Jugendhilfe im Wandel – 30 Jahre Forschung zur Kinder- und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe hat in den vergangenen dreißig Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und ist heute für junge Menschen und ihre Familien ein normaler Bestandteil des Aufwachsens und der Unterstützungsinfrastruktur. Im DJI-Projekt „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ werden seit dreißig Jahren Angebote, Strukturen und Verfahren der Kinder- und Jugendhilfe empirisch abgebildet und analysiert. Dazu werden Jugendämter sowie Einrichtungen und Dienste in öffentlicher und freier Trägerschaft verschiedener Arbeitsfelder, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit oder auch den Hilfen zur Erziehung, wiederholt befragt. Hinsichtlich vieler Aspekte zeigt sich in der Kinder- und Jugendhilfe Stabilität. Veränderungen werden oft erst über einen längeren Zeitraum sichtbar.

Ein Beispiel für Neuerungen insbesondere als Folge der Fachdiskussion und der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches SGB VIII sind Mitbestimmungsgremien in Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung. Im Jahr 2019 haben fast zwei Drittel der größeren Einrichtungen ein solches Gremium und damit doppelt so viele wie im Jahr 2004. An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass die Umsetzung gesetzlicher Regelungen in der Praxis Zeit benötigt. Ein anderes Beispiel für längerfristige Veränderungen ist die Trägerstruktur. Im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, vor allem in Jugendzentren, ist über einen langen Zeitraum eine Abnahme der Trägerpluralität erkennbar. An der Entwicklung der Aufnahmehindernisse und Ausschlusskriterien, die von Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung benannt werden, ist erkennbar, wie die Bearbeitbarkeit von Problemkonstellationen eingeschätzt wird und sich das Ausmaß der Spezialisierung von Einrichtungen entwickelt.

Politische Sozialisation, Demokratie und Engagement im Jugendalter

Das Jugendalter ist geprägt von zahlreichen Entwicklungen der Selbstwahrnehmung, Selbstpositionierung und Verselbstständigung. Auch in Bezug auf ihre Haltungen zu Politik und Engagement durchlaufen Jugendliche zahlreiche Veränderungen, die sie teils für lange Zeit prägen. Der Begriff politische Sozialisation beschreibt diese Entwicklungen und verweist auf empirische Befunde und Forschungen, die diese Prozesse sichtbar und verstehbar machen wollen. Schule, Kinder- und Jugendhilfe, außerschulische politische Bildung sind Systeme und Ansätze, in und mit denen politische Sozialisation verläuft. DJI-Forscherinnen und Forscher begleiten diese Entwicklungsschritte und empirischen Befunde und machen die unterschiedlichen Facetten sichtbar. Im Mittelpunkt steht zum einen die Frage, wie die politische Sozialisation von Jugendlichen verläuft. Zum anderen werden aber auch institutionelle Sozialisationskontexte betrachtet. Mit Blick auf verschiedene Bundesprogramme des BMFSFJ wird analysiert, wie Sozialisationskontexte gezielt gestaltet werden sollen, um die politische Sozialisation von Jugendlichen zu beeinflussen. Dabei wird deutlich, dass sich die Schwerpunktsetzungen wie auch die Ziele der Programme im Laufe der Zeit verändert haben.

Pressemeldung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

60 Jahre Deutsches Jugendinstitut

https://www.dji.de/ueber-uns/60-jahre-dji.html

Programm der wissenschaftlichen Jahrestagung des DJI

https://www.dji.de/ueber-uns/veranstaltungen/detailansicht/veranstaltung/new643525be0b8a6629565294-jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 07.11.2023

Gesellschaftliche Debatten und politische Reformen haben die Forschung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) geprägt, seit es im Jahr 1963 seine Arbeit aufgenommen hat – das zeigt die aktuelle Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse. Und umgekehrt haben auch Forschungsergebnisse des Instituts politische Prozesse und Einstellungsänderungen in der Bevölkerung angeregt, wie etwa das Autor:innenteam um Dr. Felix Berth und Prof. Dr. Bernhard Kalicki aus der Abteilung „Kinder und Kinderbetreuung“ in einem Beitrag über die Entwicklung der Kindertagesbetreuung veranschaulicht.

So evaluierten Wissenschaftler:innen des DJI in den 70er-Jahren das Modellprojekt „Tagesmütter“ und bilanzierten, dass die Kleinkinder – entgegen großer gesellschaftlicher Vorbehalte gegenüber außerfamiliärer Betreuung – in ihrer sozialen Entwicklung davon profitierten. Und Anfang der 2000er Jahre belegte eine DJI-Studie erstmalig empirisch den Betreuungsbedarf der Eltern ein- und zweijähriger Kinder, der damals nicht annährend gedeckt war und zur Zielmarke für den folgenden Krippenausbau wurde: 30 Prozent der Eltern artikulierten für ihre einjährigen Kinder Bedarf an Betreuungsplätzen; bei Zweijährigen erreichte dieser Wert sogar 60 Prozent. Heute erhebt die DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für alle Bundesländer die aktuelle Betreuungssituation und den elterlichen Betreuungsbedarf für Kinder bis zum Grundschulalter. Die Ergebnisse zeigen, dass das Angebot trotz massiven Ausbaus immer noch nicht ausreicht: 49 Prozent der befragten Eltern äußerten im Jahr 2022 den Wunsch nach einem Platz in der Kindertagesbetreuung für ihre Kinder unter drei Jahren. Doch nur rund 36 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe wurden tatsächlich in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege betreut.

Mütter im Balanceakt

„Obwohl sich Mütter heute stärker am Arbeitsmarkt beteiligen, sind sie nach wie vor die Familienmacherinnen – und ihre Herausforderungen im Wesentlichen dieselben wie vor 60 Jahren“, schreibt PD Dr. Christina Boll, Leiterin der DJI-Familienabteilung in ihrem Artikel über die Familienforschung am DJI. Denn ungeachtet der gestiegenen Bildung und Erwerbsintegration der Mütter leisten diese noch immer den Löwenanteil der unbezahlten Care- und Hausarbeit. Dass es die Frauen sind, die im Job kürzertreten oder ihn ganz aufgeben, wenn sich Nachwuchs ankündigt oder die Pflege von Angehörigen ansteht, erweise sich angesichts hoher Scheidungsraten und Armutsrisiken von Frauen als Alleinerziehende und im Alter als kurzsichtig. Jede fünfte Frau ab 65 Jahren war im Jahr 2022 armutsgefährdet. Die Familien- und Arbeitsmarktforscherin Christina Boll fordert vor diesem Hintergrund nicht nur ein funktionierendes Betreuungssystem, „sondern auch eine lebensformunabhängige soziale Absicherung durch familientaugliche Erwerbsmöglichkeiten und eine stärkere Honorierung von Care-Arbeit, insbesondere von geleisteter Pflegearbeit, im sozialen Sicherungssystem“.

Väter zwischen alten Idealen und neuen Rollen

Dass die vielfach – und verstärkt von jungen Eltern – geäußerten Wünsche nach einer gleichmäßigeren Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit derzeit kaum realisiert werden, zeigt auch der Artikel über Väter von Dr. Anna Buschmeyer und Dr. Claudia Zerle-Elsäßer. Das zu Beginn der Coronapandemie gestiegene Engagement von Vätern bei der Kinderbetreuung sei mit dem Ende des „Notfallmodus“ wieder zu den Ursprungswerten zurückgekehrt. Die DJI-Wissenschaftlerinnen erklären dies mit beharrlichen Vorstellungen von Mutter- und Vaterschaft, aber auch mit unzureichenden Rahmenbedingungen, etwa in der Kindertagesbetreuung, die für eine gleichberechtigte Teilhabe von Müttern und Vätern an Erwerbsarbeit essentiell ist. Und wegen des Ehegattensplittings lohne sich unter finanziellen Gesichtspunkten eine stärkere Beteiligung von Müttern an der Erwerbsarbeit oft nicht.

Kinderschutz mit blinden Flecken

Zum Kinderschutz und der Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen schreiben Prof. Dr. Heinz Kindler, Dr. Susanne Witte und Dr. Regine Derr aus der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ am DJI: Gewalt gegenüber Kindern könne erst besser bekämpft werden, wenn sowohl das Ausmaß von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung als auch die Wirksamkeit von Schutzkonzepten umfassend empirisch geklärt werden. Bislang lassen sich die Daten verschiedener Institutionen wie Jugendämter und Krankenhäuser weder vergleichen noch zusammenführen. Auch sei die Entwicklung des Dunkelfelds, das heißt die Differenz zwischen den der Polizei und den Jugendämtern bekannt gewordenen und den tatsächlich geschehenen Fällen, aufgrund fehlender Forschung unklar. DJI-Forschende entwickeln im Rahmen eines von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) geförderten Projekts zurzeit Vorschläge für ein Zentrum für Prävalenzforschung im Kinderschutz. In diesem Rahmen erarbeiten sie Empfehlungen für ein nationales Monitoring, mit dem es künftig besser gelingen soll, Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt am tatsächlichen Bedarf auszurichten und passgenau einzusetzen.

Neue Barrieren beim Berufseinstieg

Wie sich die Herausforderungen für junge Menschen am Übergang von der Schule in Ausbildung und Erwerbsarbeit seit den 1950er Jahren verändert haben, beschreibt das Autor:innenteam um Prof. Dr. Birgit Reißig, Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ am DJI. Aktuell stehen einer hohen Zahl unbesetzter Lehrstellen fast ebenso viele Ausbildungssuchende ohne Ausbildungsplatz gegenüber. Die demografisch bedingt rückläufige Zahl der Schulabgänger:innen können das Problem der Ausbildungslosigkeit von Jugendlichen allerdings allein nicht lösen, schreiben die Autor:innen. Unterstützende Faktoren für einen gelingenden Übergang seien neben dem sozialen Status günstige regionale Rahmenbedingungen, aber vor allem auch Berufsberatung, die an Bedeutung gewinnt. Denn (scheinbar) vielfältige berufliche Optionen und deren fragliche Passung zum regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt führen zu einer steigenden Verunsicherung bei Jugendlichen. Das zeigte das „Übergangspanel“ des DJI, mit dem Jugendliche, die höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügen, zu mehreren Erhebungszeitpunkten befragt wurden.

Weitere Beiträge der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse thematisieren die Vermessung des Wohlergehens von jungen Menschen, die Kinder- und Jugendhilfeforschung sowie die diversitätsorientierte Jugendforschung, die die Lebensbedingungen junger Menschen mit Behinderung und Fragen der Geschlechtsidentität berücksichtigt. Nicht zuletzt stellt ein Beitrag die Geschichte der Surveyforschung dar, in dessen Zentrum die umfangreiche Erhebung „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) steht. Daten daraus fließen unter anderem in die nationale Bildungsberichterstattung, den DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport sowie in die Familienberichte und die Kinder- und Jugendberichte der Bundesregierung ein.

Im Forschungsmagazin DJI Impulse berichten Wissenschaftler:innen über relevante Themen aus den Bereichen Kindheit, Jugend, Familie sowie Bildung und liefern Impulse für Politik, Wissenschaft und Fachpraxis. In einer Videoreihe, die die thematischen Schwerpunkte in DJI Impulse begleitet, benennen DJI-Forschende auf Basis der Analysen im Forschungsmagazin zentrale Herausforderungen.

Die DJI Impulse-Ausgabe 2/23 mit dem Schwerpunkt „60 Jahre Forschung über Kinder, Jugendliche, Familien und die Institutionen, die sie im Leben begleiten“ kann kostenlos bestellt und heruntergeladen werden: www.dji.de/impulse 
Folge 3 der Videoreihe mit DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper: www.dji.de/videocast-perspektiven-folge3 
Mehr Angebote zum DJI Impulse-Schwerpunkt: www.dji.de/60jahre

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 02.11.2023

Das neue Fachkräftebarometer Frühe Bildung präsentiert aktuelle Befunde zu Personal, Arbeitsmarkt und Ausbildung in der Kindertagesbetreuung

Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige erscheint das Arbeitsfeld Kita stark wie nie: Die amtliche Statistik zu Einrichtungen, Personal und Auszubildenden verzeichnet jährlich neue Höchstwerte. Trotz beeindruckender Zahlen herrscht Krisenstimmung. Die Personalnot in den Einrichtungen wächst ebenso wie die Sorge um eine Absenkung fachlicher Standards sowie Ausfälle in der Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder. Zusätzlich erhöht der 2026 beginnende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder den Druck auf das System der Kindertagesbetreuung. Welche Hinweise liefern die amtlichen Daten bereits heute in Hinblick auf das Krisenszenario? Wie attraktiv ist eine Beschäftigung in der Kindertagesbetreuung für den dringend benötigten pädagogischen Nachwuchs? Kann die Institution Kita ihrem Bildungsauftrag auch zukünftig gerecht werden? Diese Fragen ordnet das neu erschienene Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023 der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) empirisch ein und gibt Hinweise auf Entwicklungspotenziale.

Personalwachstum in Kitas hält an

Die Covid-19-Pandemie hat das Personalwachstum in Kindertageseinrichtungen nicht zum Stillstand gebracht. 2022 arbeiteten in Deutschland in knapp 59.500 Kindertageseinrichtungen fast 842.000 Beschäftigte. Dies entspricht einen Anstieg um 7% seit 2019. 722.000 Personen sind pädagogisch und leitend tätig; 257.800 Personen mehr als noch zehn Jahre zuvor. Mit einem Männeranteil von lediglich 8% ist das Arbeitsfeld nach wie vor weiblich dominiert. Dennoch ist es zuletzt gelungen, verstärkt männliche Nachwuchskräfte zu gewinnen. So liegt der Männeranteil bei den unter 30-Jährigen bei knapp 13% und ist damit deutlich höher als bei den über 30-Jährigen mit 6%.

Rückgänge bei der Kindertagespflege

In der Kindertagespflege setzt sich der Wachstumstrend nicht mehr fort. Zwischen 2020 und 2022 ist die Zahl der Tagespflegepersonen sogar von rund 44.800 auf 41.900 gesunken. Anders als in den Vor-Corona-Jahren nahm auch die Zahl der betreuten Kinder ab. Zuletzt waren es noch 166.300 gegenüber rund 174.000 Kindern im Jahr 2020 (-4%). Eine Tagespflegeperson betreut aktuell im Schnitt vier Kinder. Damit liegt die Betreuungsrelation auf dem gleichen Niveau wie bei Krippenkindern in Kitas. Mit dem Rückgang in der Tagespflege erhöht sich der Druck auf das Kita-System, den U3-Ausbau weiter voranzutreiben.

Das Arbeitskräftereservoir ist weggeschmolzen

Der arbeitnehmerfreundliche Arbeitsmarkt hat sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen ausgewirkt. Waren 2015 noch 15% aller pädagogisch und leitend Tätigen befristet angestellt, lag dieser Wert 2022 nur noch bei 11%. Zwischen 2012 und 2021 sind die Gehälter in der Frühen Bildung um 26% gestiegen. Dennoch wächst die Lücke zwischen offenen Stellen und Personen, die diese besetzen könnten. Kamen im Jahr 2012 noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen, so waren es zuletzt nur noch 62. Die Zahl der Stellenangebote für diese Berufsgruppe ist in den letzten drei Jahren um 20% gestiegen, während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 4% zurückgegangen ist. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote liegt in der Frühen Bildung bei gerade mal 1,1%.

Ausbildungssystem stößt an Kapazitätsgrenzen

In den letzten zwei Jahren wurden 44 Fachschulen für Sozialpädagogik neu gegründet. Die dort angebotene Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher verzeichnete im selben Zeitraum ebenfalls steigende Zahlen von Anfängerinnen und Anfängern. Die jährlichen Zuwächse lagen mit jeweils 3% allerdings deutlich unter denen von vor 10 Jahren (+9%). Für den weiteren Ausbau fehlen zunehmend Räumlichkeiten und Lehrkräfte, wie Studien der WiFF zeigen. Die akademisch ausgebildeten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen bilden im Arbeitsfeld weiterhin eine kleine Gruppe. Im Jahr 2022 verfügten nur 1,5% der Kita-Fachkräfte über ein entsprechendes Studium. Dieser Befund korrespondiert mit dem Umstand, dass die Ausbaudynamik kindheitspädagogischer Studiengänge in den vergangenen fünf Jahren zum Stillstand gekommen ist. Im Jahr 2021 haben 3.800 Studierende ein Bachelor- und 423 ein Master-Studium aufgenommen. Die Zahlen der Absolventinnen und Absolventen eines Bachelor-Studiengangs sind seit 2019 rückläufig: 2021 schlossen 2.162 Personen ein solches Studium ab – 10% weniger als im Vorjahr.

„Bei der Fachkräftegewinnung muss eine höhere Aufmerksamkeit darauf liegen, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studierende die einschlägigen Ausbildungsgänge auch erfolgreich abschließen. Dafür benötigen wir eine engere individuelle Begleitung während Ausbildung und Studium, aber auch in der Phase der Einmündung in den Beruf“, sagt Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, Leitung der WiFF und der Autorengruppe Fachkräftebarometer.

Bildungs- und Betreuungsqualität hängt weiterhin vom Wohnort ab

Immer noch gibt es große regionale Unterschiede hinsichtlich der Qualität in den Einrichtungen. So variiert die Zeit, die Leitungskräften in Einrichtungen vergleichbarer Größe für ihre Tätigkeit zur Verfügung steht, in den Bundesländern um bis zu 15 Wochenstunden. Auch der Personal-Kind-Schlüssel unterscheidet sich – trotz erzielter Verbesserungen – stark. Pro Fachkraft liegt die Varianz in Krippengruppen bei bis zu drei Kinder, in Kindergartengruppen bei bis zu fünf und in Schulkinder-gruppen bei bis zu elf Kindern. Unterschiedliche Wege gehen die Länder zudem beim Qualifikationsniveau des Personals und dem Einsatz von Assistenz- und Hilfskräften.

„Insgesamt zeigt das Fachkräftebarometer Frühe Bildung einmal mehr, wie wichtig es ist, eine Grundlage an verlässlichen und fortschreibbaren Daten zur Verfügung zu haben, die dabei behilflich sind, Erfolge und Errungenschaften ebenso zu würdigen wie ausstehende Herausforderungen klar beim Namen zu nennen. Nur so lassen sich Krisen konstruktiv bewältigen“, bilanziert Professor Dr. Thomas Rauschenbach, der die Autorengruppe Fachkräftebarometer gemeinsam mit Professorin Dr. Fuchs-Rechlin leitet.

Fachkräftebarometer Frühe Bildung

Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung liefert alle zwei Jahre auf Basis amtlicher Daten ausführliche Informationen über Personal, Arbeitsmarkt, Erwerbssituation sowie Ausbildung und Qualifizierung in der Frühpädagogik sowie im Ganztag. Mit dem aktuellen Band erscheint die nunmehr fünfte Ausgabe des Berichts.

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts (DJI). WiFF wird in Kooperation mit dem Forschungsverbund DJI/TU Dortmund durchgeführt und aus Mitteln des BMBF gefördert.

Pressemitteilung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/personalkrise-in-der-kindertagesbetreuung-spitzt-sich-zu.html

Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023

https://www.fachkraeftebarometer.de

Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)

https://www.weiterbildungsinitiative.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 25.10.2023

Die Einkommen in Deutschland sind heute sehr ungleich verteilt, wenn man die Entwicklung seit Ende der 1990er Jahre vergleicht. Zudem gibt es Indizien dafür, dass die Einkommensungleichheit während der Coronajahre erneut gestiegen ist und 2022 fast auf diesem Höchststand verharrte. Auch die Armutsquote liegt mit 16,7 Prozent 2022 spürbar höher als vor Beginn der Pandemie, gegenüber 2021 ist sie geringfügig gesunken. Insbesondere dauerhafte Armut (mindestens fünf Jahre in Folge) hat die gesellschaftliche Teilhabe schon vor der jüngsten Teuerungswelle stark eingeschränkt: Dauerhaft Arme müssen etwa deutlich häufiger auf Güter des alltäglichen Lebens wie neue Kleidung oder Schuhe verzichten, sie können seltener angemessen heizen. Und sie machen sich zudem deutlich häufiger Sorgen um ihre Gesundheit und sind mit ihrem Leben unzufriedener. Auch das Gefühl, anerkannt und wertgeschätzt zu werden und das Vertrauen in demokratische und staatliche Institutionen hängen stark mit dem Einkommen zusammen. Arme empfinden weitaus häufiger als Menschen mit mehr Geld, „dass andere auf mich herabsehen“, wobei das Problem unter Menschen in dauerhafter Armut noch weitaus ausgeprägter ist als bei temporärer Armut: Fast jede*r Vierte unter den dauerhaft Armen sagt, von anderen geringgeschätzt zu werden. Mit materiellen Einschränkungen und dem Gefühl geringer Anerkennung geht bei vielen Betroffenen eine erhebliche Distanz zu zentralen staatlichen und politischen Institutionen einher: Mehr als die Hälfte der Armen hat nur wenig Vertrauen in Parteien und Politiker*innen. Rund ein Drittel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Wenn sich Menschen gesellschaftlich nicht mehr wertgeschätzt fühlen und das Vertrauen in das politische System verlieren, dann leidet darunter auch die Demokratie“, ordnen die Studienautor*innen Dr. Jan Brülle und Dr. Dorothee Spannagel ihre Befunde ein. „Wir sehen in Befragungen, dass Menschen mit niedrigen Einkommen von weiter wachsenden finanziellen Belastungen berichten – das geht bis in diesen Sommer hinein. Der Verteilungsbericht macht deutlich, welche Folgen das haben kann“, ergänzt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Gleichzeitig reichen Sorgen über die soziale Ungleichheit weit über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus: Für 44 Prozent der Erwerbspersonen, die wir im Juli befragt haben, war das ein großes Thema. Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut und Ungleichheit ist ein wesentlicher Ansatz, um die Gesellschaft zusammen- und funktionsfähig zu halten, gerade in Zeiten großer Veränderungen und der Herausforderung durch Populisten.“

Im Verteilungsbericht werten die WSI-Fachleute Brülle und Spannagel die aktuellsten vorliegenden Daten aus zwei repräsentativen Befragungen aus: Erstens aus dem Mikrozensus, für den jährlich etwa 800.000 Personen befragt werden. Die neueste Befragungswelle liefert – noch vorläufige – Daten für 2022. Zweitens aus dem sozio-oekonomischen-Panel (SOEP), für das rund 15.000 Haushalte jedes Jahr interviewt werden, und das aktuell bis 2021 reicht.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier: Studie: Armut ist Risiko für Demokratie – Indizien für Zunahme der Einkommensungleichheit in der Krise – Hans-Böckler-Stiftung (boeckler.de)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 02.11.2023

Vollzeitbeschäftigte würden gern kürzer arbeiten, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).  Im Jahr 2021 wollten 49 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduzieren. Insgesamt sind die gewünschten Arbeitszeiten über die Jahrzehnte aber bemerkenswert stabil geblieben.

Vollzeitbeschäftigte Frauen würden gern ihre tatsächliche Arbeitszeit von 40,9 Stunden um 6,2 Stunden reduzieren. Vollzeitbeschäftigte Männer hatten eine durchschnittliche tatsächliche Arbeitszeit 42,3 Stunden und würden diese gern um 5,5 Stunden reduzieren. Bei teilzeitbeschäftigten Frauen gab es bis zur Coronapandemie einen Aufwärtstrend bei den Arbeitszeitwünschen. 2021 wollten teilzeitbeschäftigte Frauen mit 25 Stunden 2 Stunden länger arbeiten als noch vor 20 Jahren.

 Enzo Weber, Leiter des Bereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB betont: „Beim Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten müssen auch die veränderten Erwerbskonstellationen in den Familien berücksichtigt werden.“ So gehöre das männliche Alleinernährermodell der Vergangenheit an. „Nicht jedes Arbeitsmodell ist in jeder Lebensphase gleich gut geeignet. Die Arbeitszeitwünsche fächern sich immer weiter auf. Deshalb sollten Arbeitszeiten individuell angepasst werden können“, empfiehlt Weber. „Das Potenzial mehr Arbeitsstunden zu mobilisieren ist bei den Arbeitszeitwünschen begrenzt. Wenn aber die Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung, Mobilarbeit und Erwerbsanreize verbessert würden, dürften auch die Arbeitszeitwünsche nach oben gehen“, erklärt Ökonom Weber.

In der IAB-Studie haben die Forschenden auch untersucht, wie sich die Arbeitszeitwünsche in den verschiedenen Altersgruppen entwickeln. Ein Trend zu mehr Freizeit wird oft an den Wünschen der jüngeren Generationen festgemacht. Bei Frauen unter 25 Jahren, die zur sogenannten Generation Z gehören, sind die Arbeitszeitwünsche seit dem Jahr 2009 um sieben Stunden zurückgegangen. Es zeigt sich allerdings, dass dies auf einen deutlich gestiegenen Anteil von Minijobberinnen und Studentinnen unter den jungen Frauen zurückgeht. „Eine Sonderrolle der angeblich arbeitsunwilligen Generation Z gibt es nicht“, erklärt IAB-Forscher Weber.

Die IAB-Studie beruht auf Daten des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), einer jährlich durchgeführten Befragung von 30.000 Personen.

Der IAB-Forschungsbericht ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/forschungsbericht/2023/fb1623.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 06.11.2023

  • Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen rückläufig
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie einzige Fachrichtung in der Kindermedizin mit Ausbau der Bettenkapazität
  • Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte gestiegen, aber 22 % sind 60 Jahre oder älter

In den Krankenhäusern hierzulande stehen immer weniger Betten für Kinder zur Verfügung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland insgesamt gut 1 100 Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen abgebaut. Das entspricht einem Rückgang von 4 %. Nimmt man die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus, fällt der Abbau mit insgesamt rund 2 000 Betten noch größer aus. In diesem Bereich kamen im genannten Zeitraum gut 900 Betten hinzu. Im Jahr 2022 wurden somit gut 25 800 Betten zur Behandlung von Kindern registriert – der niedrigste Stand der vergangenen zehn Jahre. Im Jahr 2012 hatte es noch gut 26 900 Krankenhausbetten in der Kindermedizin gegeben. Die Bettenauslastung in den Kinderfachabteilungen ist in diesem Zeitraum ebenfalls gesunken, auch in Folge der Covid-19-Pandemie.

Die Zahl der Intensivbetten in Kinderfachabteilungen ist in den vergangenen zehn Jahren hingegen nur geringfügig zurückgegangen, unterlag jedoch – teils pandemiebedingten – Schwankungen. Im Jahr 2022 gab es mit knapp 2 800 Intensivbetten gut 20 weniger als zehn Jahre zuvor. Intensivbetten machten damit zuletzt 11 % aller Krankenhausbetten in der Kindermedizin aus.

Kleinere Fachrichtungen häufig stärker von Bettenabbau betroffen

In kleineren Fachrichtungen macht sich der Rückgang der Bettenkapazitäten in der Kindermedizin deutlicher bemerkbar. So sank etwa in der Kinderchirurgie von 2012 bis 2022 die Zahl der Betten von gut 1 900 auf rund 1 500. Die Kinderkardiologie verzeichnete im selben Zeitraum einen Rückgang von knapp 600 auf zuletzt gut 500 Betten, in der Neonatologie beziehungsweise der Neugeborenenmedizin wurden von gut 2 400 Betten knapp 300 eingespart. Die Pädiatrie stellte 2022 mit gut 14 900 Betten mehr als die Hälfte (58 %) der gesamten Bettenkapazität in der Kindermedizin. 2012 waren es noch knapp 16 200 Betten gewesen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie konnte als einzige Fachrichtung einen Zuwachs verzeichnen: Im vergangenen Jahr gab es hier knapp 6 800 Betten für Kinder – gut 900 mehr als zehn Jahre zuvor.

Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen unterdurchschnittlich

Die Klinikbetten in der Kindermedizin sind weniger ausgelastet als Krankenhausbetten insgesamt: Während die Kinderfachabteilungen im Jahr 2022 Auslastungsquoten zwischen 56 % (Kinderchirurgie) und 64 % (Neonatologie) verzeichneten, lag die Bettenauslastung in den Krankenhäusern insgesamt bei 69 %. Eine Ausnahme bildet die Kinder- und Jugendpsychiatrie: Hier waren die Betten zu 83 % ausgelastet. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist die Bettenauslastung in allen Fachbereichen der Kindermedizin zurückgegangen. So sank etwa die Auslastungsquote in der Pädiatrie als größter Kinderfachabteilung von 62 % im Jahr 2012 auf 58 % im Jahr 2022. Die niedrigere Bettenauslastung der vergangenen Jahre steht dabei auch im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Mehr Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen

Eine wichtige Rolle für die gesundheitliche Versorgung von Kindern spielt auch das ärztliche Personal. Die Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte in Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen: Ende 2022 waren nach Daten der Bundesärztekammer in den Krankenhäusern und Praxen hierzulande gut 14 800 Ärztinnen und Ärzte behandelnd in der Kindermedizin tätig – 55 % davon ambulant und 45 % stationär. Zehn Jahre zuvor hatte die Zahl bei gut 12 000 gelegen. Das entspricht einem Anstieg von 24 %. Dieser geht jedoch nicht immer mit einer Zunahme der Behandlungskapazitäten einher. Gründe hierfür sind neben der steigenden Arbeitsbelastung in der Kindermedizin auch strukturelle Änderungen wie etwa eine zunehmende Teilzeittätigkeit in der Ärzteschaft. Viele der Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen dürften in den nächsten Jahren zudem aus dem Berufsleben ausscheiden: Ende 2022 war gut jede oder jeder fünfte (22 %) von ihnen 60 Jahre oder älter. Ende 2012 hatte der Anteil bei 16 % gelegen.

Zahl der Kinder in Deutschland hat zugenommen

Die vermehrte Arbeitsbelastung in der Kindermedizin hängt auch mit der steigenden Zahl von Kindern in Deutschland zusammen: Während es Ende 2012 noch knapp 10,7 Millionen Kinder im Alter bis einschließlich 14 Jahren gab, waren es Ende 2022 gut 11,9 Millionen. Die Zahl der Kinder hierzulande ist damit innerhalb von zehn Jahren um 12 % gestiegen.

Methodische Hinweise:

Die Daten zur Zahl der Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen stammen aus der Krankenhausstatistik. Zu den Kinderfachabteilungen werden in dieser Auswertung die Pädiatrie, die Kinderkardiologie, die Neonatologie, die Kinderchirurgie sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie gezählt. Darüber hinaus können Kinder auch in anderen Fachabteilungen eines Krankenhauses behandelt werden.

Die Daten zur Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte stammen aus der Ärztestatistik der Bundesärztekammer und sind im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes abrufbar.

Weitere Informationen:

Detaillierte Daten und lange Zeitreihen zur Zahl der Kinder in Deutschland sind auch über die Tabelle 12411-0005 in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 19.10.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am 1. November startet in vielen Städten und Gemeinden in Deutschland die Kältehilfe für obdachlose Menschen. Unter anderem stellt die Diakonie von November bis April bundesweit zusätzliche Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze zur Verfügung. Darüber hinaus haben Diakonie und Kirche auch in diesem Jahr den #wärmewinter ausgerufen. In Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen finden nicht nur wohnungslose Menschen wärmende Orte und weitere Angebote.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Obdachlose Menschen brauchen bei eiskalten Temperaturen warme Orte. Denn Minustemperaturen sind für sie eine Gefahr für Leib und Leben. Städte und Gemeinden sind aufgerufen, ausreichend viele Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze bereitzustellen. Wir brauchen in Deutschland eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur für alle Menschen. Ihre Versorgung und Unterstützung, wie zum Beispiel durch die Kältehilfe, muss auskömmlich finanziert werden.

Auch in diesem Winter belasten die hohen Energie- und Lebensmittelpreise viele Menschen in Deutschland. Mit dem #wärmewinter setzt die Diakonie in diesem Winter wieder ein Zeichen für mehr Zusammenhalt und gegen soziale Kälte. Gemeinsam mit den evangelischen Kirchen öffnen wir die Türen von Kirchen und diakonischen Einrichtungen und schaffen in ganz Deutschland wärmende Orte, an denen Bedürftige und Einsame Gemeinschaft finden und Hilfe, Unterstützung und Beratung bekommen können.“

Hintergrund:

In Deutschland leben nach einer bundesweiten repräsentativen empirischen Erhebung etwa 37.400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße (Stand 2022).* Insbesondere im Winter sind sie den Witterungsbedingungen schutzlos ausgesetzt. Bei eisigen Temperaturen kann es sogar lebensgefährlich für sie werden. In den vergangenen Wintern sind immer wieder wohnungslose Menschen in Deutschland erfroren. Sie starben unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, Abrisshäusern oder in scheinbar sicheren Gartenlauben, weil sie sich nicht gegen die Kälte schützen konnten.

*Gesellschaft für innovative Sozialplanung und Sozialforschung e. V. und Kantar Public im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (2022): Empirische Untersuchung zum Gegenstand nach § 8 Absatz 2 und 3 Wohnungslosenberichterstattungsgesetz. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-605-empirische-untersuchung-zum-wohnungslosenberichterstattungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Themenschwerpunkt Kältehilfe: https://www.diakonie.de/kaeltehilfe

Kältehilfe der Diakonie – unsere Angebote bundesweit: https://www.diakonie.de/journal/kaeltehilfe-der-diakonie-unsere-angebote-bundesweit

Wissen Kompakt Wohnungs- und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Aktion #wärmewinter

Die hohen Energiepreise brachten viele Menschen im Winter 2022/23 in eine soziale Notlage. Die Antwort von Diakonie und Evangelischer Kirche: #wärmewinter. Und die Aktion geht ins zweite Jahr: Mit dem #wärmewinter öffnen Diakonie und Kirche erneut ihre Räume und Herzen – für alle, die Unterstützung brauchen. Denn nach wie vor sind viele Menschen in ihren Lebenssituationen von Energiearmut sowie Arbeits- und Wohnungslosigkeit bedroht. Und auch in diesem Jahr sollen wieder Orte entstehen, an denen ganz praktisch geholfen und wo ein Zeichen gegen soziale Kälte gesetzt wird.

Weitere Infos: https://www.diakonie.de/waermewinter

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.10.2023

Mit einem Online-Spiel erleben, wie Bürgergeld-Beziehende wirtschaften müssen

In der Debatte über das Bürgergeld werden Betroffenen oft mit Vorurteilen und falschen Behauptungen konfrontiert. Mit dem heute veröffentlichen Online-Spiel „Bürgergeld-Bingo“ wollen die Diakonie Deutschland, die Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung Armutsnetzwerk e.V., der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt Bayern zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Mit dem Spiel können Interessierte ausprobieren, was es heißt, mit dem Bürgergeldsatz auszukommen. Sie müssen ihre Ausgaben so einschränken, dass der aktuell geltende Regelsatz von 502 Euro eingehalten wird. Nur wer das schafft, für den heißt es „Bingo“.

„Wir erleben täglich, wie von Armut betroffene Menschen zur politischen und medialen Zielscheibe werden. Entgegen dem Bild von der sozialen Hängematte ist das Leben mit weniger als dem Existenzminimum in Wirklichkeit ein belastender Zustand. Das wollen wir ganz konkret erfahrbar machen“, erläutert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt Bayern hat das Spiel konzipiert. Er möchte „mit ein paar Mausklicks einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Mangel nachvollziehbar machen.“ Lange Erklärungen würden wenig helfen, so Büttner. „Wer aber einmal selbst ernsthaft versucht, mit 502 Euro im Monat die nötigsten Ausgaben zu bestreiten, wird merken, wie schnell sie oder er ins Minus gerät. Wer sich gesund ernähren, die Stromrechnung bezahlen und ein Minimum an Mobilität und sozialer Teilhabe genießen will, kommt mit dem Geld nicht aus.“

Jeden Euro umzudrehen und dann zu entscheiden, wo noch am ehesten gekürzt werden kann, das sei für in Armut Lebende bittere Realität, so Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk. „Wer mit dem Bürgergeld lebt, kann nicht wählen, was er oder sie will. Wir können entscheiden, was wir uns jeden Tag sparen, damit wir etwas Anderes, was wir brauchen, wenigstens zum Teil finanzieren können. Das heißt zum Beispiel: keine neue Hose, damit ich dann nicht noch mehr als ohnehin am Essen sparen muss.“

Gudrun Nolte vom Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt kritisiert: „Es wird oft über Bürgergeldbeziehende gesprochen, als wären sie eine fremde und schwer bewegliche, homogene Gruppe. Aber wir haben es nicht mit anonymen Wesen, sondern mit Menschen zu tun, mit Erwerbstätigen und Erwerbslosen, mit Alleinerziehenden, mit Kindern und Jugendlichen, die täglich darum kämpfen, durchzukommen. Wir hoffen, dass wir mit unserem Spiel einen Anreiz geben, sich etwas besser in deren Lage hineinzuversetzen.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker verweist auf die Mängel der Regelbedarfsermittlung: „Da ist zunächst eine statistische Vergleichsgruppe, die selbst im absoluten Mangel lebt. Die so ermittelten Ausgaben werden dann noch willkürlich gekürzt. Jetzt kommt zwar eine Erhöhung des Bürgergeldes, die aber lediglich inflationsbedingte Verluste der Vorjahre ausgleicht.“

Weniger Populismus, weniger Patentrezepte, weniger Fake News; dafür mehr Faktenwissen und Empathie, das sei das Ziel dieses – bitteren – Spiels, so die Initator:innen. Mit dem Spiel sei die Hoffnung verbunden, dass die Erfahrung der Spielenden vieles nachvollziehbar macht, was abstrakt kaum zu begreifen sei. „Schließlich geht es uns um die Menschen, um mehr Respekt und Verständnis“, so die Macher:innen des Onlinespiels.

Bürgergeld-Bingo: www.buergergeld-bingo.de

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/menschenwuerdiges-existenzminimum

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Armutsnetzwerk e.V., Evangelischer Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt Bayern vom 25.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung die Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation wäre eine solche Absenkung ein wichtiger Schritt, um die Demokratie in Deutschland zu stärken und langfristig zu erhalten. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre abgesenkt wird. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation Jugendlicher durch das Wahlrecht stark profitiert. Junge Menschen interessieren sich für die Entwicklung unserer Gesellschaft und wollen diese mitgestalten. Sie sorgen sich angesichts der Klimakrise und des Krieges in Europa um die Zukunft – auch, weil sie ihre Interessen nicht wahrgenommen sehen. Wir sollten unsere Zukunft nicht länger ohne die Stimmen der Jugendlichen gestalten und ihnen wie auf der europäischen Ebene das Wahlrecht ermöglichen. Die Bundesregierung ist hier für die notwenige Grundgesetzänderung zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die heute noch junge Generation wird schon bald unsere Demokratie gegen alle Angriffe von innen und außen verteidigen müssen. Deshalb ist es wichtig, unsere Kinder und Jugendlichen in die Lage zu versetzen, diese für unsere Gesellschaft existenzielle Aufgabe übernehmen zu können und ihre Ansichten zu berücksichtigen. Dazu gehört auch eine Absenkung des Wahlalters, durch die Jugendliche die Möglichkeit erhalten, ihre Meinungen, Wünsche und Vorstellungen in den politischen Prozess besser einzubringen“, so Krüger weiter.

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, und zudem den Ausbau kommunalpolitischer Instrumente, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. Eine Begleitung dieses Ausbaus durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe sichert die Qualität der stattfindenden Beteiligungsprozesse. Und weil Beteiligung von früh an sowie gute politische Bildung Voraussetzungen sind zum Erwerb von Beurteilungs- und Entscheidungskompetenzen, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird.

Außerdem sollte der vom Bundesfamilienministerium angekündigte Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung der Bundesregierung (NAP) schnell auf den Weg gebracht werden. Darin sollten möglichst alle Beteiligungsformate Berücksichtigung finden: Kinder- und Jugendparlamente, Jugendbeiräte und Kinderforen ebenso wie Beteiligungsnetzwerke und Jugendverbände. „Der Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung sollte die vielfältigen Potentiale der Kinder- und Jugendbeteiligung insbesondere auf der lokalen Ebene, aber auch auf Bundes- und Länderebene stärker zusammenführen und sichtbar machen. So gibt es beispielsweise mehrere hundert Kinder- und Jugendparlamente in Deutschland, bei gleichzeitig rund 11.000 Kommunen in unserem Land sehen wir aber noch große Lücken, die es zu schließen gilt. Dazu gehört es auch, über die Notwendigkeit der Kinder- und Jugendbeteiligung mehr als bisher zu informieren. Dabei sind auch die kommunalen Spitzenverbände gefragt. Schließlich sollte der Aktionsplan auch Aussagen über notwenige Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendbeteiligung treffen, und dabei vor allem auf praxisdienliche Methoden und Arbeitsformen abheben“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls in Justiz- und Verwaltungsverfahren an. Dafür sollte nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine sehr viel stärkere Rolle spielen. Besondere Bedeutung kommt auch der verpflichtenden Qualifikation aller Fachkräfte zu, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Dafür muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass die Bundesregierung den Kinderschutz in Justiz- und Verwaltungsverfahren stärkt sowie einen Fortbildungsanspruch für Familienrichterinnen und Familienrichter gesetzlich verankert. Zudem soll für eine kindersensible Justiz und Verwaltung gesorgt werden, die Kindern Gehör schenkt. Wir müssen demgegenüber in der Gesamtschau feststellen, dass dieses Thema in der Politik und an den Gerichten noch viel zu wenig Berücksichtigung erfährt. Ziel muss es insgesamt sein, die Einhaltung und wirksame Umsetzung aller Kinderrechte in justiziellen und Verwaltungsverfahren zu erreichen. Denn zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren in Deutschland oftmals weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. So werden Kinder häufig nicht kindgerecht beteiligt und angehört, obwohl Verfahren ihre Interessen betreffen und die Entscheidungen weitreichende Folgen für ihr Leben haben“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Gerichtliche Verfahren, beispielsweise im Bereich des Strafrechts, des Familienrechts oder des Asylrechts, sind für die betroffenen Kinder und Jugendlichen häufig sehr schwer verständlich, belastend und haben nicht selten existentielle und höchstpersönliche Fragen zum Gegenstand. Deshalb muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden. So sind Kinder zum Beispiel Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den vollen Zugang zum Recht zu garantieren. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bestimmung des Kindeswohls, nur so können sach- und kindgerechte Lösungen beispielsweise in Familienverfahren getroffen werden“, so Lütkes weiter.

„Deshalb sollten die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine viel stärkere Rolle spielen. Darüber hinaus braucht es beispielsweise die gesetzliche Pflicht zu Fortbildungen für alle Familienrichterinnen und -richter, eine einheitliche Zertifizierung der Qualifikation von Verfahrensbeiständen, und damit einhergehend die Schaffung ausreichender räumlicher und zeitlicher Ressourcen sowie technischer Voraussetzungen für eine kindgerechte Verfahrensgestaltung. Es braucht also eine verpflichtende Qualifikation aller Fachkräfte, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Hierzu gehört neben einer gesetzlichen Verpflichtung zur spezifischen Qualifikation auch die verpflichtende Überprüfung, dass die Qualifikation mit Aufnahme der Tätigkeit vorliegt und durch Fort- und Weiterbildungen dem rechtlich und wissenschaftlich aktuellen Stand entspricht. Wichtig sind zudem dauerhaft vom Bund finanzierte Förderprogramme für Pilotprojekte und Pilotprozesse zur Umsetzung des Kindeswohlvorrangs im kommunalen Handeln. Dabei braucht es auch Anreizsysteme zur Nutzung dieser Programme“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 30.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine Stärkung der Medienbildung in Kindertagesstätten und Schulen an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sollte auch der Bund eine dauerhafte Finanzierung und Verzahnung der zahlreichen medienpädagogischen Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützen. Vor allem dadurch müssen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt werden, Medien aktiv selbst zu gestalten, um damit eigene Ideen, Vorstellungen und Interessen zum Ausdruck zu bringen und die von ihnen konsumierten Medien kritisch zu hinterfragen.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass der fachlich fundierte Einsatz von digitalen Medien mit angemessener technischer Ausstattung bereits in der frühkindlichen Bildung gefördert und die Medienkompetenz gestärkt wird. Das ist in Zeiten von Fake News, Desinformation und Propaganda im Internet zunehmend wichtig. Online-Plattformen beginnen frühzeitig Datenprofile aufzubauen, wodurch Kinder schon in sehr jungen Jahren Zielgruppe von Werbung und Desinformation werden. Nicht zuletzt sind Kinder durch Online-Kommunikation möglichen Kontaktversuchen durch Fremde ausgesetzt. Auch deshalb brauchen Kinder und Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte mehr denn je Orientierung im Dschungel der digitalen Angebote. Kinder müssen sich möglichst frühzeitig Wissen darüber aneignen, welche Quellen und Akteure im Netz vertrauens- und glaubwürdig sind. Insbesondere die Eltern sind hier in der Pflicht, die Mediennutzung ihrer Kinder aktiv zu begleiten. Aber auch unser Bildungswesen trägt eine Mitverantwortung, um junge Menschen für Risiken zu sensibilisieren und kindgerechte Informationsquellen aufzuzeigen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Medienpädagogische Projekte lassen sich nur schwer ohne öffentliche Mittel durchführen, wenn man sie weder kostenpflichtig anbieten noch durch Werbung finanzieren will. Zugleich sind die Entwicklung und das Angebot von qualitativ standardisierten medienpädagogischen Projekten viel zu oft allein vom Wohnort abhängig. Einige Bundesländer und Kommunen haben hier hervorragende Strukturen ausgebildet, in anderen Regionen herrscht heute noch immer medienpädagogisches Ödland. Es braucht aber auch eine systematische Evaluierung und Begleitforschung bestehender Projekte und Initiativen, um deren Konzepte auf neue Regionen übertragbar zu machen und damit eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern zu erleichtern“, so Krüger weiter.

„Im komplexen Geflecht des Bildungsföderalismus müssen gerade bundesweite Träger und Zentralstellen besser ausgestattet werden, damit sie bundesweit einsetzbare, zeitgemäße medienpädagogische Angebote entwickeln, Akteurinnen und Akteure vernetzen sowie Initiativen vor Ort fördern können. Länder wie beispielsweise Finnland sind hier schon wesentlich weiter als wir. Zugleich dürfen bundeslandesspezifische Anstrengungen zur finanziellen Förderung von Medienkompetenz bei einem stärkeren finanziellen Engagement des Bundes nicht zurückgefahren werden“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 23.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von der Bundesregierung zum heutigen „Tag der Kinderseiten“ eine nachhaltige Finanzierung von guten Kinder-Internetseiten. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation soll damit ein aktiver Beitrag zum Kinder- und Jugendmedienschutz geleistet und die Teilhabe an einer kindgerechten Angebotslandschaft im Internet dauerhaft sichergestellt werden. Eine vielfältige Kinderseiten-Landschaft ist Teil eines präventiven und ganzheitlichen, vom Kind aus gedachten Kinder- und Jugendmedienschutzes. Zudem fördert sie die Medienkompetenz von Kindern, indem das Erproben und Erkunden in einem sicheren digitalen Umfeld ermöglicht wird. Auch deshalb steht die Bundesregierung hier in der Verantwortung, durch eine projektunabhängige, langfristig planbare Förderung ein entsprechendes Angebot zu gewährleisten.

„Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind Kinder-Onlineangebote ein unverzichtbarer Schritt, die Medienkompetenz von Kindern zu entwickeln und auszubauen. Diese sind, sofern sie als nichtkommerzielle Angebote den Ansprüchen von Werbefreiheit und ausreichendem Kinderschutz genügen sollen, wirtschaftlich kaum tragfähig. Da Kindern vielfach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden. Gerade das kommerzielle Internet birgt kinder- und jugendgefährdende Inhalte, vor denen es Kinder zu schützen gilt. Demgegenüber sollte es für Kinder und Jugendliche möglich sein, das Internet möglichst frei und unbeschwert zu nutzen. Hier leisten viele Kinder-Internetseiten einen wertvollen Beitrag. Auch deshalb sehen wir bei der nachhaltigen Förderung guter Kinder-Internetseiten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der Pflicht“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fördert seit rund 30 Jahren zahlreiche Medienkompetenz-Projekte in ganz Deutschland, die Kindern Spaß, Wissen und kritisches Bewusstsein zum Thema Medien vermitteln. Das vom Deutschen Kinderhilfswerk geförderte Projekt „Level Up!“ des Seitenstark-Netzwerkes ist hier ein Beispiel unter vielen guten Projekten. Zudem bietet das Deutsche Kinderhilfswerk Kindern und Eltern verschiedene Möglichkeiten, Sicherheit im Umgang mit Medien zu gewinnen, die Medienwelt aktiv mitzugestalten, Inhalte kritisch zu hinterfragen und sich Meinungen zu bilden, beispielsweise mit der Seite www.kindersache.de oder dem Magazin „Genial Digital“, veröffentlicht vom Deutschen Kinderhilfswerk in Kooperation mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), der Kindersuchmaschine fragFINN.de und O2 Telefónica. Das Magazin beantwortet wichtige Fragen aus der digitalen Lebenswelt von Kindern rund um die Themen Erstes Smartphone und Internet. Es gibt informative Hilfestellungen und spielerisch-interaktive Anregungen, was Kinder bei der Nutzung von Apps, Games und sozialen Netzwerken beachten sollten, wie sie verantwortungsbewusst mit privaten Daten umgehen, Fake News im Internet erkennen oder sich vor Cybermobbing schützen können.

Der „Tag der Kinderseiten“ soll am 21. Oktober als jährlich wiederkehrender Ehrentag die Aufmerksamkeit auf das vielfältige Kinderseiten-Internetangebot lenken und diese bei Familien, Eltern, Kindern, Pädagoginnen und Pädagogen, Schulen, Journalistinnen und Journalisten sowie Medieninteressierten ins Gespräch bringen. An diesem Aktionstag sind alle dazu eingeladen, die Welt der Kinderseiten zu entdecken. Internetseiten wie kindersache.de, seitenstark.de und fragfinn.de, Initiativen, Schulen, Blogger, Kinderseiten selbst – alle sind aufgefordert und herzlich eingeladen, mitzumachen, sich zu vernetzen und Kinderseiten bekannter zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.10.2023

Arbeit mit und für Familien gefährdet

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) kritisiert die vorgesehenen Einsparungen bei familienpolitischen Leistungen. Die Forderung des Präsidenten der eaf, Martin Bujard, lautet deshalb: „Deutschland muss weiter in Familien investieren. Es genügt nicht immer nur davon zu reden, dass Kinder unsere Zukunft seien. Die vorgesehenen Kürzungen im Haushalt des Bundes­familienministeriums konterkarieren die Ziele guter Familienpolitik.“

Einige Entscheidungen im Bundeshaushalt gefährden die Familien-Infrastruktur in Deutschland. Hierunter fallen auch die massiven Kürzungen der Baumittel zur Errichtung und zum Erhalt von Stätten der Familienerholung und des Müttergenesungswerks. „Diese wichtigen Orte der Erholung, der gesundheitlichen Prävention und der Unterstützung von Eltern und Familien werden gerade wegen der langfristigen Folgen der Corona-Pandemie für die mentale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Eltern dringender als je zuvor gebraucht“, so eaf-Präsident Martin Bujard.

Mit den Mitteln für bauliche Maßnahmen sind auch Personalstellen verknüpft, die bei einer Streichung ebenfalls entfallen würden.

Lina Seitzl MdB, Vorständin der Evangelischen Familienerholung führt aus:

„Die Familienerholung ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil der sozialstaatlichen Infra­struktur geworden. Dies zeigte sich nicht nur in Folge der Corona-Pandemie mit über 4,5 Mio. Übernachtungen im letzten Jahr, sondern auch in der anhaltenden Krisenzeit, die Auszeiten für Familien dringender denn je machen. Denn immer mehr Familien können sich Urlaube während der Hauptreisezeiten nicht mehr leisten. Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt stellen für die gemeinnützigen Familienferienstätten eine große Herausforderung dar. Neben wichtigen bauinvestiven Maßnahmen, steht insbesondere auch die Geschäftsstelle der Bundesarbeits­gemeinschaft für Familienerholung (BAG FE) vor dem Aus. Mit ihrem Wegfall stünden die Ferienstätten vor einer kaum bewältigbaren zusätzlichen bürokratischen Belastung.“

Die angekündigte 35 Prozent-Kürzung der Mittel für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist für die Arbeit der Familienerholungs- und Familienbildungs­einrichtungen ebenfalls keine gute Nachricht. Viele Angebote könnten ohne die wertvolle Unterstützung von Freiwilligendienstleistenden nicht aufrechterhalten werden. „Familienzeit, Raum und Hoffnung in Verbindung mit konkreten Angeboten zu geben, stärkt die Familien nach innen und außen und macht sie zu machtvollen und starken Pfeilern für die Gesellschaft und Demokratie. An dieser Stelle zu sparen hat langfristige Folgen. Wenn im Sozialbereich jede vierte Einsatzstelle wegfällt, stehen unsere Angebote auf tönernen Füßen“, verdeutlichen Bujard und Seitzl die angespannte Lage.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 08.11.2023

Ausbau des Elterngeldes und zehntägige Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt endlich umsetzen

Der Koalitionsvertrag verspricht Familien die Verbesserung ihrer Situation, Entlastung in der Rushhour des Lebens, Unterstützung bei der Gründung einer Familie. Ganz konkret sind im Vertrag die Erweiterung des Elterngeldes um einen zusätzlichen Partnermonat und eine zweiwöchige vergütete Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt eines Kindes angekündigt.

„Wir erwarten von der Regierung jetzt die Umsetzung genau dieser klar beschriebenen Vorhaben und keinen Rückschritt hinter bisher erreichte familienpolitische Erfolge“, so Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf).

Gleichstellungspolitisch gehen die Forderungen der eaf schon lange über die Pläne der Koalition hinaus. Der Vorschlag des evangelischen Familienverbandes ist, die Ausweitung der Elterngeldmonate für Paare nicht um nur einen Monat, sondern eine 6+6+6 Regelung: 6 Monate pro Elternteil, weitere 6 Monate frei aufteilbar, maximal 3 Monate parallel. „Nur so kann eine stärkere Inanspruchnahme der Väter – jenseits der aktuell durchschnittlichen 2-3 Monate – erreicht werden“, erklärt Bujard. „Die Zahlen der jüngsten Studien wie FReDA zeigen deutlich: Väter mit kleinen Kindern halten geringere wöchentliche Arbeitszeiten für ideal und wollen mehr Zeit für die Familie, mit den Kindern und mehr Erziehungsverantwortung übernehmen.“

Die eaf bewertet finanzpolitische Überlegungen, die Gruppe der Anspruchsberechtigten im Elterngeldbezug zu begrenzen, ebenso als falsch wie den letzten Vorstoß der FDP-Bundes­tagsfraktion, den Bezug in der Dauer zu beschneiden. Bujard ist sich sicher: „Damit würden Anreize für Väter, Elternzeit zu nehmen, reduziert und das erklärte Ziel der partnerschaftlich aufgeteilten Care-Arbeit ausgehebelt. Diese Vorschläge bedeuten einen massiven gleich­stellungspolitischen Rückschritt.“

Die eaf wiederholt zudem ihre Forderung nach zügiger Einführung der zehntägigen Freistellung für zweite Elternteile. „Im Vorstoß der FDP versteckt sich wieder Klientelpolitik“, so Martin Bujard: „Während das geplante Gesetz zur Familienstartzeit über die Arbeitgeberumlage finanziert werden soll, will die FDP einen Parallelbezugsmonat nach der Geburt wieder über Steuermittel finanzieren.“

Gemeinsam mit anderen Akteuren fordern wir:

Koalitionsvertrag umsetzen: Partnermonate ausweiten! Väter-/Partnerfreistellung realisieren!

Link zur PM

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 03.11.2023

LSVD appelliert im Bündnis für AGG-Novellierung

Bei der heutigen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags nehmen Sachverständige zur Stärkung des Diskriminierungsschutzes Stellung. Angesichts der derzeitigen Zunahme von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen betonen Antidiskriminierungsverbände die Dringlichkeit einer Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Dazu erklärt das Bündnis „AGG Reform Jetzt!“ unter Beteiligung des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

„Mit einer Reform des Gesetzes und der Stärkung des Diskriminierungsschutzes kann die Bundesregierung ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal setzen: Diskriminierung ist nicht hinnehmbar und wird konsequent bekämpft,“ so Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!.

Das derzeitige Ausmaß an Diskriminierung gefährde die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die aktuellen Debatten liefen Gefahr, die Gesellschaft weiter zu polarisieren und die Rechte und Perspektiven der Betroffenen aus dem Blick zu verlieren.  Eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) könne den Fokus wiederherstellen, nämlich den Diskriminierungsschutz aller Menschen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. Diskriminierung verletze Grund- und Menschenrechte und sei niemals hinnehmbar.

„Die Politik muss endlich ein Zeichen setzen, dass Diskriminierung in unserer Gesellschaft nicht geduldet und konsequent bekämpft wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass Jüd*innen in Deutschland stigmatisiert werden und immer wieder um ihre Sicherheit bangen müssen. Es ist nicht hinnehmbar, dass homosexuelle Menschen, queere Menschen und Trans* Personen angegriffen oder am Arbeitsplatz diskriminiert werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderung  und chronischen Erkrankungen immer und überall gegen Barrieren ankämpfen müssen und stets Ausgrenzung erfahren. Es ist nicht hinnehmbar, dass Sinti*zze und Rom*nja in allen Lebensbereichen diskriminiert und stigmatisiert werden.  Es ist nicht hinnehmbar, dass Muslim*innen diskriminiert, unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert werden. Ebenso darf Anti-Schwarzer Rassismus, der in Deutschland weit verbreitet ist, nicht weiter hingenommen werden. Aktuell nehmen wir ein beängstigendes Ausmaß an Diskriminierung wahr, das unserer Demokratie, dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und schließlich uns allen schadet. Die Bundesregierung muss die Reform des Antidiskriminierungsgesetzes endlich angehen und den rechtlichen Diskriminierungsschutz effektiver machen“, appellieren Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!

Die Anhörung im Rechtsausschuss findet am 8.11.2023 von 14 bis 16 Uhr statt. Eva Andrades vom Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd), Remzi Uyguner von Fair mieten – Fair wohnen Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und Vera Egenberger vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) nehmen als Sachverständige und Mitglieder des Bündnis AGG Reform-Jetzt! an der Anhörung teil.

Pressekontakt – Bündnis AGG Reform – Jetzt! 
Nadiye Ünsal (advd), nadiye.uensal@antidiskriminierung.org, +4917688093113

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 08.11.2023

LSVD-Leitplankenbündnis als Sachverständige geladen

Heute diskutiert der Familienausschuss des Bundestags über die Situation der Regenbogenfamilien. Das Bündnis inklusive LSVD, das im Mai Leitplanken für eine Abstammungsrechtsreform dem Bundestag überreicht hat, ist als Sachverständiger zu dem Fachgespräch eingeladen. Trotz zahlreicher Versprechen im Koalitionsvertrag wurden in dieser Legislatur für Regenbogenfamilien noch keine Verbesserungen erreicht. Dazu erklärt Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Es ist höchste Zeit, dass die Legislative die versprochenen Reformen für Regenbogenfamilien angeht. Über sechs Jahre nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und über vier Jahre nach Einführung des dritten positiven Geschlechtseintrags bleibt das Familien- und Abstammungsrecht weiter ohne Reform. Bisher liegen weder Eckpunkte noch ein Gesetzentwurf aus dem federführenden Bundesjustizministerium vor. Wenn in dieser Legislaturperiode nichts passiert, dürfte die Reformchance auf Jahre vertan sein. Dies wäre aus zivilgesellschaftlicher Perspektive eine Bankrotterklärung für den versprochenen queerpolitischen Aufbruch.

Heute spricht der Familienausschuss in einem Fachgespräch unter anderem mit der Initiative nodoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ) über die notwendigen Reformen für Regenbogenfamilien. Gegenstand werden auch die bereits erwähnten Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts sein, die von über 30 Organisationen unterstützt wurden. Darin haben wir konkrete, einfach umsetzbare Lösungsvorschläge für eine interessengerechte Abstammungsrechtsreform erarbeitet.

Die gelebte Realität von zwischenmenschlichen Beziehungen, Partnerschaften und Familien muss nun endlich rechtlich abgesichert werden! Weiterhin müssen Familien mit queeren Elternkonstellationen, beispielsweise mit zwei Müttern, ihre Kinder in einem gerichtlichen Adoptionsverfahren annehmen, um rechtlich abgesichert zu sein. Diese Adoptionsverfahren finden zwingend unter Beteiligung des Jugendamtes oder der Adoptionsvermittlungsstelle statt. Die behördliche Überprüfung erleben viele Familien als enorme Belastung, weil sie fürchten müssen, von staatlicher Seite (abermals) in ihrer Lebensform abgewertet und diskriminiert zu werden. Zahlreiche Erfahrungsberichte von Familien, die das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen haben, zeigen, dass diese Sorge leider nicht unbegründet ist.

Zum Hintergrund

Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Bereits in ihrem Abschlussbericht von 2017 empfahl die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz berufene Fachkommission nach dreijähriger Beratung Reformen.

Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind präkonzeptionelle Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist. Außerdem soll die künstliche Befruchtung diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination förderfähig sein. Bisher hat die Bundesregierung weder Eckpunkte noch einen Gesetzentwurf für die versprochenen Reformen vorgelegt.

Weiterlesen

Die Live-Übertragung zwischen 11 und 12 Uhr im Bundestagsfernsehn: Deutscher Bundestag – 49. Sitzung
Bündnis für Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien
Aktuelle Petition zum Thema „Abstammungsrecht“ auf AllOut unterschreiben
Leitplanken des „Bündnis für gleiche Rechte für Regenbogenfamilien“
Regenbogenfamilienpapier des LSVD

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD kritisiert neuerliche Asylverschärfung im Innenausschuss und überreicht Petition

Am heutigen Montagnachmittag hat der Innenausschuss des Bundestags über die Einstufung weiterer Staaten als „sichere Herkunftsländer“ beraten. Die grüne Bundestagsfraktion hatte Patrick Dörr dazu eingeladen, für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) eine Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen von Bundesregierung und Unionsfraktion abzugeben. Die Bundesregierung plant die Einstufung von Georgien und Moldau, CDU/CSU und AfD möchten ebenfalls die Verfolgerstaaten Marokko, Algerien und Tunesien listen, in denen queeren Menschen mehrjährige Haftstrafen drohen. Im Nachgang der Ausschusssitzung überreichte der LSVD – vertreten durch Mara Geri – zusammen mit AllOut dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Innenausschusses, Lars Castellucci (SPD), die Petition gegen die geplante Erweiterung der Liste, die fast achttausend Personen unterschrieben haben und den Brief des LSVD mit 27 weiteren Organisationen an Budnestagspräsidentin Bärbel Bas gegen das Gesetz. Hier das Eingangsstatement von Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD, in dem er vor allem die geplante Einstufung Georgiens scharf kritisierte, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete,
vielen Dank für die Möglichkeit zu einer Stellungnahme, die ich für den LSVD gern wahrnehme. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass nur solche Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft werden dürfen, in denen alle Bevölkerungs- und Personengruppen vor Verfolgung sicher sind, und zwar in allen Landesteilen.

Die Bundesregierung missachtet seit Jahren diese höchstrichterlichen Vorgaben, indem sie an der Listung von Ghana und Senegal festhält – beides Länder, in denen LSBTIQ* vom Staat systematisch verfolgt werden. Daher hat auch das höchste französische Verwaltungsgericht 2021 entschieden, dass Ghana und Senegal nicht als sichere Herkunftsländer gelistet werden dürfen. Auch Georgien und Moldau sind nicht sicher. Teile beider Staaten werden de facto von Russland kontrolliert, was eine Einstufung ganz offensichtlich verfassungswidrig macht. Während darüber hinaus mit Bezug auf Moldau vor allem auch die Lage von Rom*ja und Sinti*zze einer Einstufung im Wege steht, worauf Prälat Dr. Jüsten noch eingehen wird, ist dies mit Bezug auf Georgien vor allem die LSBTIQ*-feindliche Verfolgung.

So hat Dr. Julia Ehrt, die Geschäftsführerin des globalen queeren Dachverbandes ILGA, noch im Mai dieses Jahres im Menschenrechtsausschuss des Bundestags berichtet, dass es in Georgien zwar rechtliche Fortschritte gibt, sich die Lage vor Ort aber sogar verschlechtert hat. Danach, im Sommer dieses Jahres, ist der CSD in Tiflis von mehreren hundert queerfeindlichen Demonstrierenden gestürmt worden – und das, ohne dass die Polizei dies unterbunden hätte. Die georgische Präsidentin Surabishwili beklagte noch am selben Tag, dass – ich zitiere – „dieser Gegenprotest durch die Social-Media-Beiträge, die nicht nur von verschiedenen Zweigen der Regierungspartei, sondern auch direkt von den amtierenden Abgeordneten der Partei verbreitet wurden, angezettelt, erprobt und offen unterstützt wurde“.

Dem LSVD sind zwölf Gerichtsurteile und ein OVG-Beschluss bekannt, in denen die Gerichte das BAMF dazu verpflichtet haben, georgischen LSBTIQ* Asylsuchenden aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung Schutz zu gewähren. Noch im August begründete das Verwaltungsgericht Halle ein positives Asylurteil folgendermaßen – ich zitiere: „Die Stigmatisierungen und Diskriminierungen der LGBTIQ-Personen durch die georgische Öffentlichkeit haben aber ein solches Maß erreicht, und eine Aufklärung und Verfolgung dieser Taten findet in einem nur derart geringen Umfang statt, dass nicht nur von einzelnen Übergriffen und vereinzelten Schutzlücken, sondern zur Überzeugung der Einzelrichterin einem systemischen Schutzproblem auszugehen ist […].“

Wie die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzesentwurfes nun behaupten kann, dass es in Georgien durchgängig keine Verfolgung gäbe, ist daher vollkommen unverständlich. Noch im April hat Belgien übrigens Georgien von der dortigen Liste sicherer Herkunftsstaaten gestrichen, wohl auch aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung.

Eine Einstufung Georgiens als sicheres Herkunftsland würde nicht nur die Verfolgung vor Ort bagatellisieren, sondern auch queere Asylsuchende, die bei uns Schutz suchen, in akute Gefahr bringen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Der Lesben- und Schwulenverband freut sich über Spenden, um so seinen Einsatz für die Rechte von LSBTIQ*, besonders von geflüchteten LSBTIQ* aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, leisten zu können. Zum Spendenformular.

Weiterlesen:
Aufzeichnung und Stellungnahmen: Anhörung zur Bestimmung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten

Schreiben an Bundestagspräsidentin Bas zusammen mit 27 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Deutschland, Europa und der Welt

Die Stellungnahme wird mitunterzeichnet von den folgenden zivilgesellschaftlichen Organisationen:

  • 6Rang (Iranian Lesbian and Transgender Network)
  • Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V.
  • AllOut
  • BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
  • Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
  • – BAfF e.V.
  • CSD Deutschland e.V.
  • Deutsche Aidshilfe e.V.
  • International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA –World )
  • European Region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex
  • Association (ILGA-Europe)
  • Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
  • Just Human e.V.
  • Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
  • Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
  • Katholisches LSBT+ Komitee
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln
  • Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V.
  • PROUT AT WORK
  • Rainbow Railroad
  • Rainbow Refugees Mainz
  • Regenbogenforum e.V.
  • Rosa Asyl 2.0 Nürnberg
  • Queeramnesty Berlin
  • Schwulenberatung Berlin
  • Transgender Europe
  • vielbunt e.V. – Darmstadt
  • XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V

Dossier zum Maghreb (LSVD)

Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – „, Georgien: LGBTQI+“ vom 06.09.2023

Petition mit AllOut gegen die Einstufung von Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ (ca. 8.000 Unterschriften) – Diese Petition kann weiterhin unterschrieben werden!

Die folgenden Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich bereits beim Referent*innenentwurf gegen die Listung von Georgien und Moldau ausgesprochen:

Amnesty International Deutschland e.V., AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Anwalt Verein, Diakonie Deutschland, Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS), Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – und der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., Neue Richtervereinigung e.V., Der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD startet Kampagne für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz

Nachdem im August der Kabinettsentwurf für ein Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) veröffentlicht wurde, wird der Bundesrat am kommenden Freitag darüber beraten. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen, dass mit der morgigen Sitzung im Bundesrat zum Selbstbestimmungsgesetz der erste parlamentarische Schritt auf dem Weg zur geschlechtlichen Selbstbestimmung getan ist. Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates für Familien, Arbeit, Inneres und Recht zum vorliegenden Gesetzesentwurf sind jedoch auch in Teilen durchwachsen.

So fordert nur der Rechtsausschuss des Bundesrats eine Art neue Glaubhaftmachung der trans*, inter* oder nichtbinären Identität, bevor eine Personenstandsänderung vorgenommen werden kann. Diese Empfehlung führt das Ziel einer geschlechtlichen Selbstbestimmung und den Namen „Selbstbestimmungsgesetz“ vollkommen ad absurdum. Dies würde die erneute Einführung unwürdiger Begutachtungsverfahren bedeuten.

Erfreulich ist, sich einige Ausschüsse deutlich gegen die vorgesehene Informationsweitergabe an Sicherheitsbehörden und gegen Warte- und Sperrfristen aussprechen. Mehrere Ausschüsse fordern zudem die Streichung des Hausrechtsparagrafen da dieser transfeindliche Einstellungen befördert. Zudem fordert der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik für alle, die sich normalerweise in Deutschland aufhalten, eine einheitliche Möglichkeit der Personenstandsänderung. Der LSVD unterstützt dies – eine misstrauische Grundhaltung gegenüber Menschen mit ungesichertem Aufenthalt sollte in einem Gesetzestext keinen Platz haben.

Der aktuelle Gesetzesentwurf zum SBGG sieht vor, dass junge Menschen unter 18 Jahren die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretungen für eine Änderung des Personenstandes oder des Vornamens bedürfen. Zwischen 14 und 17 Jahren sollen Familiengerichte angerufen werden können, wenn es die Zustimmung der Sorgeberechtigen nicht gibt. Der Vorschlag des Rechtsausschusses, diese Hürden für Personen unter 18 Jahren noch einmal zu erhöhen, ist absolut unverhältnismäßig und bedeutet einen massiven Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Jugendlicher. Darüber hinaus würden diese Empfehlungen der zunehmenden Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit, die Jugendlichen in anderen Rechtsbereichen, wie beispielsweise der Wahl der Religion oder des Berufes, widersprechen.

Wir fordern die demokratischen Parteien auf, die trans*, inter* und nichtbinären Lebensweisen gegenüber verständnisvollen Haltungen der Bundesrat-Ausschüsse bei der weiteren Ausarbeitung des Selbstbestimmungsgesetzes im parlamentarischen Prozess zu beachten und ebenfalls auf die Expert*innenpositionen der Zivilgesellschaft einzugehen.

Weiterlesen:

Mehr Informationen zum Selbstbestimmungsgesetz

Anlässlich des parlamentarischen Prozesses über das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ startet heute die LSVD-Kampagne „Stimmen für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz“. Dabei werden Positionen von Personen des öffentlichen Lebens, zivilgesellschaftlichen LSBTIQ*-Organisationen und ihren Verbündeten verstärkt.

Unterschreiben Sie die Petition für ein Selbstbestimmungsgesetz, das den Namen verdient, welche der LSVD erstunterzeichnet hat. Wir brauchen 50.000 Unterschriften, damit sich der Petitionsausschuss des Bundes darüber berät.

Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ 
Gesetzesentwurf mit zivilgesellschaftlichen Stellungnahmen
Bundesrat-Ausschussempfehlungen
LSVD-Stellungnahme: Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

Rund hundert Erwachsene und Kinder mit Armutserfahrung formulieren Forderungen an die Politik

Auf dem heutigen 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin kamen mehr als 100 Beteiligte sowie Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland zusammen, um sich über ihre Situation auszutauschen, gesellschaftliche Probleme zu besprechen und ihre Forderungen auszu-arbeiten. Ein Ergebnis des Treffens: Die Kinder und Jugendlichen formulierten einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Viele Teilnehmende schilderten ihre Wahrnehmung, dass die aktuellen politischen Debatten völlig an der realen Lebenssituation und der täglich erlebten Not von in Armut lebenden Menschen vorbeigehen“, berichtet Renate Antonie Krause aus Kiel, die das Treffen mit vorbereitet hat. „Statt wirksame Hilfen umzusetzen, werden Menschen in Armut ständig diskreditiert.“ So sei es völlig unklar, welche der mit dem Bürgergeld und der Grundsicherung verbundenen großen Versprechen überhaupt umgesetzt werden. „Im Bundeshaushalt sind die Mittel rapide zusammengekürzt worden, mit denen die individuelle Förderung ermöglicht werden sollte. Und die Menschen in der Grundsicherung im Alter sind überhaupt aus dem Blick geraten“, kritisiert Krause.

Die Teilnehmenden erarbeiteten ihre Forderungen in Workshops zu den Themen Wohnen, Existenzsicherung und Zugang zu Sozialleistungen.
Dorothea Starker aus Oldenburg berichtet aus dem Workshop Zugang zu Sozialleistungen, dass die Zugangsprobleme für die Bürgerinnen und Bürger zu Leistungen und Hilfen oft schwierig gestaltet seien. „Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Den als Helfenden in den Behörden angestellten Personen fehlen oft fachliche Grundlagen, um Armutslagen richtig erkennen und einordnen zu können. Und sie müssen gute Instrumente an der Hand haben, um Hilfen auch schnell und unkompliziert umsetzen zu können. Der Personalmangel ist überall spürbar, oft stehen formelle Vorgänge im Vordergrund, statt die Gewährleistung wirksamer Unterstützung“. Es fehle aber auch an vorgelagerten Hilfen. So seien Beratungsstellen oft unterfinanziert oder überhaupt nicht vorhanden, Qualitätsstandards in Sozialbehörden und Jobcentern im Sinne einer langfristigen Verbesserung der Lebensperspektiven seien unterentwickelt.

„Außerdem kommen viele Menschen überhaupt nicht mehr an die Hilfen ran, weil sie mit den digitalen Zugängen nicht klarkommen, das höre ich immer wieder“, betont Starker. Aber auch die Stellung derjenigen, die Leistungen in Anspruch nehmen oder benötigen müsse an sich verbessert werden. „Da geht es auch hier ganz stark um Empowerment. Zum einen klar sagen und sich trauen: Ich benötige Hilfe, ich nehme aber auch die mir zustehenden sozialen Rechte in Anspruch. Zum Zweiten: Die Hilfesuchenden müssen ernst genommen und respektiert werden. Sie haben ihre eigenen Kompetenzen und Erfahrungen, die für die Verbesserung der sozialen Angebote auch genutzt werden sollten, etwa durch die Mitwirkung in Jobcenter-Beiräten und durch die flächendeckende Schaffung von Ombudsstellen.“ Dorothea Starker fordert: „Aus Sicht der Menschen mit Armutserfahrung gilt aber auch: Sie müssen an sich arbeiten, offensiv auftreten, ihre Rechte einfordern und die Scham überwinden. Ich sage: Schäme Dich nicht für Deine Armut – werde aktiv!“

Fragen der Existenzsicherung wurden in einem weiteren Workshop kritisch diskutiert. „Viele Leistungsbeziehende erleben noch nicht konkret, wie durch das Bürgergeld die Agenda 2010 überwunden wird“, berichtet Peter Ring aus Schwabach in Mittelfranken. Nach wie vor werde viel über die Armen gesprochen, weniger über die Armut und kaum mit den Menschen mit Armutserfahrung. „Da muss sich die Sozialpolitik ändern. Politikerinnen und Politiker müssen diejenigen, für die die sozialen Leistungen entwickelt werden, intensiv in Gespräche über die Ausgestaltung mit einbeziehen. Da sind die Beteiligungsformate des Ministeriums für Arbeit und Soziales ein guter erster Schritt, aber das muss für alle Ministerien und auch für die parlamentarische Arbeit einfach ein selbstverständlicher und ständiger Standard werden.“

Die am Workshop Beteiligten entwickelten deutliche Forderungen an die Ermittlung des Existenzminimums und die Ausgestaltung der Existenzsicherung. „Es muss ganz klar sein: Jeder und jede in Deutschland Lebende muss das Existenzminimum auch tatsächlich sicher zur Verfügung haben“ betont Ring. „Am Lebensnotwendigen darf nicht herumgestrichen und es darf nicht vorenthalten werden. Für ein menschenwürdiges Leben darf es keine Bedingungen geben, das ist ein soziales Grundrecht.“

Auch die Höhe der Leistungen stand zur Debatte. Dabei wurde kritisiert, dass der Gesetzgeber immer noch Elemente eines Statistik- und eines Warenkorbmodells für das Existenzminimum vermische. Peter Ring: „Da wird erst in einer Vergleichsgruppe ermittelt, was Menschen mit geringen Einkommen ausgeben, dann soll das Maßstab für den Regelsatz sein, aber schließlich werden bestimmte Ausgaben relativ willkürlich gestrichen, wie zum Beispiel Grünpflanzen oder Haustierfutter. Darum fordern wird, dass es endlich eine einheitliche Methode gibt und diese zeitnah angewendet wird. Hierfür gibt es gute und wissenschaftlich gesicherte Vorschläge. Bedarfe müssen klar benannt und nicht beliebig festgesetzt und die so ermittelte Höhe des Existenzminimums auch tatsächlich ausgezahlt werden. Und das muss für das Bürgergeld wie für die Grundsicherung im Alter gleichermaßen gelten.“

Im Workshop Wohnen wurde deutlich, wie existenzbedrohlich die aktuelle Lage am Wohnungsmarkt für Menschen mit wenig Geld ist. „Millionen von Menschen sind von Wohnungsnot betroffen. Das ist ein ganz zentrales Problem und muss endlich zur Kenntnis genommen werden. Die Politik muss ihrer Verantwortung nachkommen, dagegen endlich wirksame Maßnahmen umzusetzen“, fasst Elvira Prescher aus Oberhausen im Ruhrgebiet das Anliegen der Beteiligten zusammen. Es gehe hier nicht um irgendeine Angelegenheit neben anderen, sondern ganz basal um ein menschenwürdiges Leben in Würde: „Wohnen ist ein Schutzraum und zugleich Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben“, so Prescher.

„Das Vertrauen darauf, dass alle Menschen guten und ausreichenden Wohnraum bekommen, hat aber auch noch eine weitere Bedeutung“, erläutert Guido Heinemann aus Ludwigsburg bei Stuttgart. „Wenn ich jeden Tag befürchten muss, gar nicht mehr sicher Wohnen zu können, bedroht das die Menschen ganz existentiell. Nicht zuletzt erodiert so das Vertrauen in den Staat. Das kann bis zu Wahlerfolgen der AfD führen, obwohl deren Programm die Situation der Menschen noch weiter verschlechtern würde. Wohnen ist ein Grundrecht.“

Laut Guido Heinemann und Elvira Prescher formulierten die Workshopteilnehmenden als Kernforderungen:

  • Die Antwort auf Wohnungslosigkeit muss immer eine Wohnung sein.
  • Leerstand durch Spekulationen beenden!
  • Funktionierende Mietdeckelung – selbst für den Mittelstand sind die Mieten zu hoch.
  • Digitalisierung und damit Wohnraumzugänge auch für Obdachlose ausbauen, zum Beispiel durch kostenloses und ständig verfügbares Internet, Stromzugang und Hilfe bei der Nutzung.
  • Die Macht der SchuFa wirksam begrenzen.
  • Mehr Unterstützung bei Mietschulden oder fehlenden Bescheinigungen.

Nicht nur Erwachsene trugen auf dem 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung ihre Forderungen zusammen. In einer Kinder- und Jugendwerkstatt formulierten Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland einen Brief an den Bundeskanzler. Darin heißt es: „Lieber Olaf, Wir wollen, dass die Lebensmittel günstiger sind und die Klamotten auch. Das Schulessen müsste besser gemacht werden – die meisten sind darauf angewiesen, weil nicht jeder Geld hat, am Nachmittag zu essen. Die Klassenfahrten sollten im Voraus übernommen werden. Bitte gehen Sie gegen Mobbing vor – viele wissen nicht, wie sich Mobbing anfühlt. Sie können etwas tun, damit unser Leben besser wird! Danke, dass Sie diesen Brief gelesen haben! Wir müssen reden, Olaf!“

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert dieses Beteiligungsformat.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz vom 19.10.2023

Protest gegen geplante Kürzungen im Bundeshaushalt 2024.

Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sehen den Sozialstaat in Deutschland angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt 2024 ernsthaft gefährdet. Eine Woche vor der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, in der die Abgeordneten letzte Änderungen am Bundeshaushalt erwirken können, fordern die Spitzen von Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), Deutschem Caritasverband (DCV), Deutschem Roten Kreuz (DRK), der Diakonie Deutschland, dem Paritätischen Gesamtverband und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) eine Rücknahme der Kürzungspläne. Auf der heutigen von der AWO organisierten Kundgebung in Berlin warnten sie vor massiven Einschnitten in eine Vielzahl sozialer Angebote und einer damit einhergehenden nachhaltigen Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der zu beschließende Haushaltsplan sieht aktuell für Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege eine Kürzung von insgesamt etwa 25 Prozent vor.

Was ist geplant und mit welchen Folgen?

  • Kürzungen in Höhe von etwa 30 Prozent im Bereich der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE), obwohl die Nachfrage nach qualitativer Beratung unverändert hoch ist. Damit geraten die etablierten und bewährten Strukturen des Beratungsangebotes massiv unter Druck.
  • Kürzungen für das Programm der bundesweiten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung (AVB). Durch den Wegfall von 50 Prozent der für das nächste Jahr mindestens benötigten Mittel wird der zugesagte Aufbau torpediert. Es drohen Insolvenzen und eine Verschlechterung des Beratungsangebots durch Wegfall der Landesfinanzierungen.
  • Ein weiteres betroffenes Bundesprogramm ist das der Psychosozialen Zentren (PSZ). Es soll eine Kürzung von 17 Millionen auf sieben Millionen Euro geben. Die Verbände sehen die Versorgung und Teilhabe von geflüchteten sowie anderen zugewanderten Menschen massiv gestört und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Gefahr.
  • Die Mittel für die Freiwilligendienste sollen über alle Formate hinweg um 23,7 Prozent gekürzt werden. Die geplanten Kürzungen hätten zur Folge, dass jeder vierte Freiwilligenplatz wegfallen würde – das wären bundesweit rund 30.000 Freiwillige. 
  • Im Bereich Digitalisierung hebeln Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgesetzte Förderprogramm zur Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung komplett aus. Hier werden die Verbände mitten im Aufbruch und in wichtigen strategischen Entwicklungen stark beeinträchtigt.

BAGFW-Präsident Michael Groß (Arbeiterwohlfahrt Bundesverband) betont: „Der Entwurf zum Bundeshaushalt bedeutet für viele unserer Einrichtungen und Angebote schmerzhafte Einschnitte, bis hin zur Schließung. In einer so unsicheren Weltlage, in der viele Menschen massiv verunsichert sind und große Sorgen haben, stehen jetzt die letzten Anlaufpunkte auf dem Spiel, die den Menschen noch Sicherheit und Orientierung geben können. Die Arbeitsbereiche der Freien Wohlfahrtspflege machen nur einen minimalen Bruchteil des Bundeshaushalts aus – minimale Einsparen sorgen für maximalen Schaden!“

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes (DCV): „Die Grenze zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ wird heute über digitale Zugangsbarrieren bestimmt: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer, wo Menschen digital abgehängt werden. Passgenaue Angebote der Wohlfahrtsverbände müssen analog und digital gestaltet werden, um diese Kluft zu schließen. Das gilt etwa für unsere Beratungsstellen, die auch online erreichbar sein müssen. Wenn die Förderung der digitalen Transformation der Wohlfahrtsverbände von der Bundesregierung auf Null gesetzt wird, geht das zulasten der Zukunft des Sozialen.“

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes: „Es ist erschütternd, dass die Bundesregierung in einer Zeit wachsender sozialer Spaltung bei solchen Strukturen kürzt, die Menschen in Armut und prekären Lebenslagen helfen – von Hilfen für Arbeitslose bis zur Unterstützung Geflüchteter. Die Haushalts- und Finanzpolitik der sozialen Kälte muss gestoppt werden! Es steht nichts weniger als der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Stabilität unserer Demokratie auf dem Spiel.“

Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK): „Migrationsberatungsstellen helfen Zugewanderten, sich zu orientieren und ihre Ansprüche wahrzunehmen. Sie sorgen langfristig dafür, dass Menschen, die zu uns kommen, Fuß fassen, sich einbringen und selbstverständlich alle Möglichkeiten haben, die andere auch haben. So kann Zuwanderung die Gesellschaft bereichern. Sie in Zeiten steigender Zuwanderung zu streichen ist schlicht unverantwortlich.“

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Freiwilligendienste zu stärken. Die Kürzungen stehen dazu in klarem Widerspruch und dürfen auf keinen Fall beschlossen werden. Notwendig wäre eine Aufstockung der Mittel und mehr Unterstützung für die Freiwilligen: zum Beispiel durch die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder die Anerkennung von Freiwilligenzeiten als Vorbereitung auf ein Studium oder eine Ausbildung. Wer hier heute kürzt, zahlt morgen drauf!“

Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST): „Die globalen Krisen der letzten Jahre zeigen: Eine resiliente und krisenfeste Wohlfahrtspflege ist wichtiger denn je. Krisen werden von Populisten als Nährboden missbraucht, die meinen, auf komplexe Fragestellungen einfache Antworten finden zu können. Das damit einhergehende Auseinanderdriften des gesellschaftlichen Zusammenhalts gefährdet die Demokratie. Die Freie Wohlfahrt muss eine verlässliche Anlaufstation für vulnerable Gruppen bleiben. Integration, ehrenamtliches Engagement und digitale Teilhabe sind unabdingbar für gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.11.2023

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren fordert ein breites Bündnis die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren (1. November 1993) fordert ein breites Bündnis von mehr als 150 Organisationen, darunter auch der Paritätische, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das Bündnis kritisiert die aktuelle Debatte über immer weitere Einschränkungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete in einem gemeinsamen Appell scharf und fordert, die Betroffenen in das reguläre Sozialleistungssystem einzubeziehen.

„Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. (…) Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll“, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell. Argumentiert werde mit Behauptungen, die wissenschaftlich bereits widerlegt seien und mit “Scheinlösungen”, die Geflüchtete zu “Sündenböcken” für eine verfehlte Sozialpolitik machen, so die Kritik.

“Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Sondersozialhilfesystem, das das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum missachtet. Die Würde des Menschen aber ist unteilbar, ebenso wie das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum”, mahnt Kerstin Becker, Leiterin der Abteilung Migration und Internationale Kooperation im Paritätischen Gesamtverband. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2012 entschieden, dass eine Kürzung von Sozialleistungen zur Abschreckung von Schutzsuchenden gegen das Grundgesetz verstößt. Die aktuellen Forderungen nach weiteren Einschränkungen seien zynisch. 

Das Asylbewerberleistungsgesetz sei von Anfang an dazu gedacht gewesen, über Leistungseinschränkungen und schlechte soziale Bedingungen Menschen von der Flucht nach Deutschland abzuhalten. Doch das funktioniere nicht und habe auch nichts mit der Realität zu tun, wie es in dem Appell heißt: „Wenn in diesem Jahr 2023 das Bundesamt in über 70 Prozent aller Asylanträge, die bis September inhaltlich entschieden wurden, einen Schutzstatus feststellt, wird nur allzu deutlich, dass die Menschen nicht wegen der Sozialleistungen kommen, sondern hier Schutz suchen.“

Dokumente zum Download

Appell Asylbewerberleistungsgesetz (457 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 31.10.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2023

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Ort: Online

Gesetzesreformen, wie das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), liefern positive fachliche Impulse für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich ist die Umsetzung der gesetzlichen Neuregelungen mit einem steigenden fachlichen Anspruch an die Fachkräfte der Sozialen Dienste verbunden. Zudem stellen Krisen, wie die Corona-Pandemie, besondere Herausforderungen an die Sozialen Dienste und wirken mitunter verstärkend auf bestehende Problemlagen, können aber auch Chancen für neue Wege bieten.

Im Rahmen der AGJ-Fachveranstaltung soll das Spannungsfeld zwischen einerseits sozialpolitischem Auftrag und steigendem fachlichen Anspruch sowie andererseits spürbarem Fachkräftemangel, Krisenmanagement und zunehmendem Finanzierungsdruck näher beleuchtet und diskutiert werden. Mit Blick auf die Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe für die Gesellschaft als Teil der sozialen Daseinsvorsorge, wird der Frage nachgegangen, was es braucht, damit die Anforderungen an die Sozialen Dienste adäquat umgesetzt werden (können). Welche Weiterentwicklung und Verbesserung der Praxisbedingungen bedarf es hierfür, z. B. in Hinblick auf die Gewinnung und Bindung von Personal, Digitalisierungspotentiale in Sozialen Diensten sowie auf eine krisenfeste Ausgestaltung von Kooperationen zwischen öffentlichen und freien Trägern?

Zur Anmeldung geht es >> hier

Termin: 15. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung steht zunächst die Frage, warum Familien mit Migrationsbezug keine homogene Bevölkerungsgruppe sind. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften stellt vor, weshalb es mehr Wissen über diese Heterogenität braucht, um diskriminierungskritisch und diversitätssensibel in den unterschiedlichen Bereichen der sozialen Arbeit agieren zu können. Die Beratungserfahrungen des Verbandes zeigen ein sehr diverses Bild von Familien im Migrationskontext. Wir sprechen darüber, welchen Personenkreis „migrantische“ Familien umfassen und wer „binationale“ Familien und „transnationale Familien“ eigentlich sind.

Ein weiterer Schwerpunkt wird das Themenfeld Mehrsprachigkeit in Familien sein, denn ein erfolgreiches mehrsprachiges Aufwachsen von Kindern in Deutschland ist eng mit der Anerkennung und Wertschätzung von Mehrsprachigkeit verbunden. Im gesellschaftlichen Kontext sind die „migrantischen“ Familiensprachen sowohl Marker für Vielfalt als auch für Diskriminierung.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Dr. Carmen Colinas und Dr. Marie Leroy, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.
Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung, Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e. V.

Ort: Zoom

Welche Einstellungen haben Männer zu Fragen von Gleichstellung und Gleichstellungspolitik? Welche Rollenvorstellungen haben und leben sie? Diesen und weiteren Fragen gehen wir in einer neuen repräsentativen Befragung nach, für die wir Prof. Dr. Carsten Wippermann, Leiter des DELTA-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung, beauftragt haben.

Dabei handelt es sich um eine (Teil-) Folgebefragung zu den Vorgängerstudien „Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ von 2007 sowie „Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“, die 2016 veröffentlicht wurde. Zentrale Befunde vor sechs Jahren waren unter anderem, dass sich 55 Prozent der Männer für das Thema Gleichstellung interessieren. 60 Prozent gaben an, dass sich Gleichstellungspolitik noch nicht ausreichend mit den Anliegen und Bedürfnissen von Männern befasse. Sollen beide Partner:innen berufstätig sein? 2007 stimmten dem 71 Prozent der Männer zu. In der Folgebefragung waren es mit 82 Prozent bereits deutlich mehr. 

Wie haben sich diese Werte seitdem entwickelt? Ist ein gesellschaftlicher Backlash feststellbar, wie er vor dem Hintergrund hoher Zustimmungswerte für rechte Parteien zu erwarten sein könnte? Oder aber sind Männer heute progressiver als noch vor sieben Jahren eingestellt?

Antworten liefert unsere neue Erhebung, die Bundesforum Männer Geschäftsführer Dr. Dag Schölper und der Vorstandsvorsitzende Thomas Altgeld am 17. November 2023, 12:00 Uhr, im Vorfeld des Internationalen Männertages am 19. November vorstellen werden.

Jetzt zur Online-Präsentation anmelden!

Eine Registrierung zur Online-Präsentation via Zoom ist ab sofort unter diesem Link möglich. Wir freuen uns über Ihr Interesse!

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Gisela Notz

Ort: Berlin

Im Jahr 2024 erscheint der Kalender Wegbreiterinnen in der 22. Ausgabe. Seit der Kalender 2003 zum ersten Mal erschienen ist, haben wir 264 Frauenbiografien angesammelt. Mehr als 100 HistorikerInnen, PolitikwissenschaftlerInnen, NaturwissenschaftlerInnen, HandwerkerInnen, LehrerInnen und viele andere haben daran geschrieben. Der Wandkalender 2024 gibt wieder Auskunft über zwölf Wegbereiterinnen der emanzipatorischen Frauenbewegung aus zwei Jahrhunderten.

Termin: 21. November 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Frankfurt

Wie mehrsprachig ist Kunst? Welche vielfältigen Ausdrucksformen bieten Zugänge zu Kunst oder ermöglichen gesellschaftliche Mitsprache?  

Unsere „Sprachzeugen“ sind: 

Jasmin Siddiqui alias Hera of Herakut, Streetart-Künstlerin aus Frankfurt, deren Bilder mittlerweile in vielen Metropolen sichtbar sind. 

Martin Piekar, Lyriker + Schriftsteller, schreibt mehrsprachig deutsch-polnisch. Er wurde 2023 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt mit dem KELAG-Preis und dem BKS-Bank-Publikumspreis ausgezeichnet. 

Thusjanthan Manoharan, Bildender Künstler & Rapper, Hochschule für Gestaltung in Offenbach.  

Sie alle gehen über „Sprachgrenzen“, brechen mit Konventionen und schaffen wunderbares, irritierendes und interessantes.  

Es moderiert Aida Ben Achour. 

Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.

https://www.verband-binationaler.de/home/detailansicht-slider/save  

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des Jubiläumsjahres zum 175-jährigen Bestehen der Frankfurter Paulskirche statt.

Termin: 23. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe. Die Umsetzung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist für ein gutes Aufwachsen essenziell. Derzeit können nicht alle Kinder und Jugendliche in Deutschland diese Teilhabe uneingeschränkt leben. Dies hat vor allem auch monetäre Gründe. Bei der Diskussion um die Kindergrundsicherung ging es in den vergangenen Monaten u. a. darum, ob und wie Teilhabe und Chancengerechtigkeit erreicht werden kann. Infrastrukturelle und monetäre Förderinstrumente wurden gegeneinander ausgespielt. Wir wollen im Rahmen dieser Inforeihe-Veranstaltung aufzeigen, warum das bestehende System kinderbezogener finanzieller Leistungen in Deutschland defizitär ist und welche Stellschrauben insbesondere bei der Einführung einer Kindergrundsicherung gedreht werden können, um im Ergebnis Kinderarmut zu reduzieren und Teilhabe zu ermöglichen.

Mit Dr. Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen

Katrin Frank, faf@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen

Mandy Gänsel, mandy.gaensel@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 29. November 2023

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit dem Projekt Zeitenwende – Kongress der Utopien

Ort: Berlin

Arbeit spielt für die meisten Menschen eine wichtige und zentrale Rolle. Die oft gestellte Frage „Was machst du?“ wird überwiegend auf die (Erwerbs-)Arbeit bezogen. Wenn Arbeit unseren Alltag und die Art und Weise bestimmt wie wir als Gesellschaft funktionieren, dann müssen wir uns spätestens in dieser Zeit der Transformation durch künstliche Intelligenz, Automatisierung, sozio-demographische Veränderungen und Klimawandel die Frage stellen: Wie und wofür wollen wir in Zukunft eigentlich noch arbeiten? Dazu sollten wir uns zunächst damit beschäftigen, was Arbeit überhaupt ist und welchen Sinn sie uns Menschen gibt. Welche Bedürfnisse müssen befriedigt und welche Bedingungen gegeben sein, um ein zukunftsweisendes und ganzheitliches Konzept von guter Arbeit zu ermöglichen?
Gute Arbeit, die eben nicht zwingend Erwerbsarbeit meint. Wie stellen wir uns die Arbeit der Zukunft vor?
Wir wagen den mutigen Blick nach vorne und diskutieren über Arbeits-Utopien und den Wert von guter Arbeit in unserer Gesellschaft mit: Barbara Prainsack (Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse an der Universität Wien und Buchautorin von „Wofür wir arbeiten“, 2023), Christian Kellermann (Professor für Arbeit und Digitalisierung an der University of Labour in Frankfurt a. M. und
Buchautor „Adam und Ada“, 2023) und Jan Dieren (MdB SPD, u.a. ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales).

Moderiert von Mirjam Stegherr (Journalistin und Beraterin für Kommunikation).

Programm

18.30 Uhr Einlass/Ankommen

19.00 Uhr Beginn des Gesprächs bis ca. 20.30 Uhr

Bis ca. 22.00 Uhr: Ausklang mit Imbiss, Getränken und Musik
von Lilah Amar b2b Sean Steinfeger

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bei Interesse bis zum 15.11.23 hier an.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier auf der Webseite.

Die Veranstaltung ist kostenlos.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperation zwischen Zentraler Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment (KoZe) und Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO).

Ort: Zoom

in Kitas und der Kindertagespflege kommen Kinder und Erwachsene aus unterschiedlichsten Kontexten tagtäglich zusammen. Sie sind Orte der Vielfalt. Auch die Familien, in denen die Kinder leben, weisen unterschiedliche Vielfaltsdimensionen auf.

Doch wie kann Vielfalt gestaltet und gelebt werden? Kinder unterscheiden sich in ihren individuellen Eigenschaften, Bedürfnissen und Entwicklungsaufgaben. In der pädagogischen Arbeit ist der Anspruch, die Zielgruppe der Kinder mit ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und ihnen individuelle Angebote zu machen, besonders ausgeprägt.

Als Ort der gelebten Vielfalt gehört es im Bereich der Kitas und Kindertagespflege auch dazu, die vielfältigen gesellschaftlichen Lebensrealitäten aufzugreifen und sichtbar zu machen.

Zentral für den Umgang mit Vielfalt in den Einrichtungen ist die Vielfaltskompetenz der Fach- und insbesondere auch der Führungskräfte. Zur Vielfaltskompetenz gehören Wissen über die Entstehung und Wirkung von Stereotypen und Vorurteilen sowie der systematischen Privilegierung und Benachteiligung gesellschaftlicher Gruppen ebenso wie Kenntnisse zu relevanten Konzepten, Strategien und Gesetzen zur Förderung von Vielfalt und zum Abbau von Diskriminierungen.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung Deutscher Frauenrat (DF) und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Ort: Berlin

Vor zwei Jahren wurde der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien in der Zivilgesellschaft als gleichstellungspolitischer Erfolg gelobt. Doch nach der Hälfte ihrer Amtszeit hat die Koalition die meisten ihrer ambitionierten Vorhaben noch nicht umgesetzt. Das feministische Fortschrittsversprechen der Ampel wartet in vielen politischen Bereichen weiter auf Einlösung.

Gemeinsam mit Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft wollen wir eine Zwischenbilanz ziehen und diskutieren, wie wir gleichstellungspolitisch in der zweiten Halbzeit endlich vorankommen.

Wir freuen uns auf die Teilnahme von Vertreter*innen der demokratischen Parteien: Leni Breymaier (SPD), Silvia Breher (CDU/CSU) angefragt, Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Nicole Bauer (FDP) angefragt und Heidi Reichinnek (DIE LINKE). Sie diskutieren mit Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Frauenrats und des DGB-Bundesvorstands.

Programm

Anmeldung (bis 23. November 2023)

Die Veranstaltung wird in Echtzeit per Video übertragen und über die Webseite des DGB abrufbar sein.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Schutzkonzepte in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind wirksame Instrumente der Praxis, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu verhindern oder diese zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Was für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen eine Pflicht ist, bleibt in den sonstigen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe bisher eine Kür. Aber Grenzverletzungen, Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt kommen überall dort vor, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten: neben der eigenen Familie oder der Schule etc. erleben junge Menschen dies auch in Einrichtungen und bei Angeboten der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit. Umso wichtiger ist ein bewusster Umgang und eine klare Haltung, die Grenzen anspricht und für Ihre Einhaltung Sorge trägt. Damit der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Ort nachhaltig wirken und in den Organisationen auch strukturell verankert werden kann, braucht es aber einen vereinbarten und verbindlichen Plan: ein Schutzkonzept.
Der Paritätische Landesverband NRW hat sich dieser Aufgabe angenommen und eine entsprechende Fachlichkeit für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aufgebaut. Es wird anhand der Arbeitshilfe zu Schutzkonzepten in der Kinder- und Jugendarbeit eine Einführung in die Thematik gegeben und der Prozess der Erstellung eines Schutzkonzeptes in einem Bericht aus der Praxis sichtbar gemacht.

An der Veranstaltung wirken mit:
– Katharina Henrichs, Fachreferentin Jugend- und Kulturarbeit, Sonderprogramm Prävention sexualisierte Gewalt, Der Paritätische NRW, Paritätisches Jugendwerk NRW
– Lisa Katzensteiner, Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin B.A., Bereichsleitung Jugend, Jugend- u. Kulturzentrum Druckluft, Oberhausen

Hier geht es zur Anmeldung.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.:  030/24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 01. Dezember 2023

Veranstalter: efas – Das Ökonominnen-Netzwerk

Ort: Berlin

Lilly Schön, Referentin des ZFF, wird neben anderen Expert*innen ebenfalls an der Podiumsdiskussion „Wie kann Angehörigenpflege ökonomisch abgesichert werden?“ teilnehmen. Wir freuen uns auf einen spannenden Fachtagung.

Sie versammelt Vorträge im Spannungsfeld von Gesundheit, Ökonomie und Geschlecht. Es werden u.a. care-ethische Theorien und alternative Praktiken im Bereich der Pflege- und Gesundheitsökonomie mit einer feministischen Ausrichtung vorgestellt, aktuelle pflegepolitische Rahmenbedingungen analysiert und die Frage nach einer gerechten Verantwortungsverteilung im Bereich der häuslichen Pflege gestellt. Im Anhang finden Sie das ausführliche Tagungsprogramm.

Sie können sich über diesen Link zur Tagung anmelden: https://htwb.de/anmeldung-efas-tagung 

Termin: 07. Dezember 2023

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Als Ampelkoalition haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass häusliche Gewalt in Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen ist. Die Umsetzung soll nun im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform erfolgen. Mit diesem Fachgespräch wollen wir als grüne Bundestagsfraktion das parlamentarische Verfahren vorbereiten. Wie kann das Kindeswohl und der Gewaltschutz für Kinder und den gewaltbetroffenen Elternteil in sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren gewährleistet werden? Gibt es hier weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf und wie sieht dieser aus? Wie sind die Erfahrungen aus der Praxis? Diese Fragen wollen wir Im Rahmen des Fachgesprächs  mit Expert*innen, Fachpublikum und einer interessierten Öffentlichkeit diskutieren.

Die Veranstaltung findet auch online als Videokonferenz statt. Die Moderation informiert Sie während der Veranstaltung, in welcher Form Sie Fragen stellen und sich beteiligen können. Beachten Sie bitte auch unseren Datenschutzhinweis zur Verwendung von Zoom: https://www.gruene-bundestag.de/zoom-hinweis

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmedldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Kinderarmut in Deutschland

Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, haben nicht die gleichen Bildungschancen, sind öfters gesundheitlich eingeschränkt und müssen materielle Entbehrungen erleiden. Rund ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland, mit wachsender Tendenz, sind davon betroffen.1 Zudem belegen Studien der OECD seit Jahren, dass in unserem Land die soziale Herkunft eines Kindes deutlich stärker über seinen Lebensweg bestimmt als in vielen anderen Ländern. Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, müssen sich Investitionen in die soziale Infrastruktur sowie monetäre Leistungen an armutsbetroffene Familien gegenseitig ergänzen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der AWO in NRW kritisiert, dass im Bereich der Infrastrukturförderung viele
Maßnahmen weitgehend wirkungslos bleiben und so finanzielle Ressourcen vergeudet werden.

Der sozialpolitische Auftrag sozialer Infrastruktur

Frühe Hilfen, Kindertagesstätten, Ganztagsangebote an Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen, Familienbildungs- und Familienerholungsstätten sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe haben einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag. Gerade für armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und Familien, darunter viele alleinerziehende und kinderreiche Familien, sind solche soziale Einrichtungen wichtige Anlaufstellen. Sie sind Begegnungs-, Bildungs-, und Erfahrungsorte, die an nachbarschaftliche Lebenszusammenhänge anknüpfen und für viele den Stellenwert eines „zweiten“ Wohnzimmers haben. Dort, wo Familien unter Druck geraten und die Folgen der Armut spürbar werden, können diese Einrichtungen und ihre vielfältigen Angebote gezielt entlasten und durch frühzeitige Unterstützung einen wichtigen Beitrag zum präventiven Kinderschutz leisten.2

Unzweckmäßige Förderstrukturen

Darüber, dass Kinder unabhängig von ihrer familiären Herkunft die gleichen Bildungs- und Aufstiegschancen haben sollten, besteht eigentlich ein gesellschaftlicher Konsens. Auf der anderen Seite fehlt es offensichtlich noch an dem politischen Willen, die Folgen der Kinderarmut tatsächlich konsequent zu bekämpfen. Denn viele einschlägige Förderprogramme und Sozialleistungen sind strukturell so angelegt, dass sie ihre Ziele weitgehend verfehlen.

Konkret lassen sich folgende Mängel feststellen.

  • Unangemessene Befristungen: Viele Fördermaßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sind zeitlich befristet. Ein gutes Verhältnis von Aufwand und Ertrag ergibt sich aber oftmals erst nach einiger Zeit, wenn sich Verfahren und Abläufe in der Praxis eingespielt haben. Gerade wenn Fördermaßnahmen anfangen, ihre größte Wirkung zu entfalten, werden sie oftmals wieder eingestellt.
  • Verspätete Bewilligungen: Aufgrund langwieriger politischer Entscheidungsprozesse erfolgen Bewilligungen innerhalb befristeter Förderprogramme oftmals so kurzfristig (teilweise sogar erst nach dem Start eines eng begrenzten Bewilligungszeitraumes), dass keine ausreichende Zeit für die Planung und Vorbereitung der Angebote bleibt. Beispielhaft für diese Problematik kann hier das „Helfer*innenprogramm für die Ganztags- und Betreuungsangebote – Aufholen nach Corona“ des Landes NRW genannt werden.
  • Mangelnde inhaltliche Flexibilität: Die konkreten Förderbedarfe armutsbetroffener Kinder und Jugendlicher sind regional und je nach Zielgruppe unterschiedlich und nicht zuletzt zeitlichen Schwankungen unterworfen. Viele Förderrichtlinien bieten Trägern der Kinder- und Jugendhilfe inhaltlich zu wenig Flexibilität, um passgenau auf die jeweiligen Bedarfe ihrer Zielgruppe reagieren zu können.
  • Überbordender bürokratischer Aufwand: Der zeitliche und personelle Aufwand zur Verwaltung der Fördermittel (Antragstellung, rechnerische Verwendungsnachweise, Berichtswesen etc.) ist oftmals so umfangreich, dass dies in keinem angemessenen Verhältnis zum Ertrag steht und darüber hinaus angesichts der Personalnot bei vielen Trägern schlicht nicht leistbar ist. Insbesondere Förderprogramme im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) sind bekannt dafür, dass sie mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden sind.
  • Defizitorientierung: Ein weiteres Manko vieler Förderprogramme ist ihre Defizitorientierung. Anstatt die sozialen Folgen der Kinderarmut frühzeitig und präventiv zu bekämpfen, werden Fördermittel nur unter der Voraussetzung gewährt, dass bereits entstandene Defizite detailliert nachgewiesen werden können. Exemplarisch kann hier das Segment der Lernförderung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) benannt werden.
  • Wildwuchs und Parallelität verschiedener Förderstränge: Stiftungen, Ministerien und andere Geldgeber haben offensichtlich ein Interesse daran, in der Öffentlichkeit eigene Akzente zu Bekämpfung der Kinderarmut setzen. So werden ohne engere Abstimmung mit anderen Geldgebern neue Förderprogramme aufgesetzt und es entstehen fragwürdige Parallelstrukturen. Ein Beispiel hierfür sind die beiden Förderprogramme für Familiengrundschulzentren in NRW, von denen eines im Schul- (MSB)und ein zweites im Jugendministerium (MKJFGFI) verortet ist.
  • Brüche in der Bildungsbiografie: Im Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule oder von der Grundschule zur weiterführenden Schule, aber auch innerhalb einzelner Lebensabschnitte, ergeben sich für armutsbetroffene Kinder häufig schädigende Brüche. Beispielhaft kann in diesem Kontext die Finanzierung sogenannter „Inklusionshelfer*innen“ für Kinder mit sozial-emotionalen Förderbedarfen an Grundschulen erwähnt werden. Während die Finanzierung der Inklusionshelfer*innen für viele Kinder im schulischen Vormittagsbetrieb gesichert ist, endet sie quasi mit dem Mittagessen und entsprechend bedürftige Kinder sind am Nachmittag auf sich allein gestellt. Auch der Übergang der Integrationshilfe von Kindern von der Kita in die Primarschulen ist nicht „anschlusssicher“ geregelt.
  • Überhöhte Trägeranteile: Die Höhe der „angemessenen Eigenleistung“, die ein Träger der Jugendhilfe nach § 74 (4) SGB VIII zu erbringen hat, variiert von Kommune zu Kommune erheblich. Finanzschwache Kommunen, in denen der Anteil armer Kinder häufig überproportional hoch ist, sind gezwungen, vergleichsweise hohe Trägeranteile einzufordern und machen damit beispielsweise den Betrieb von Kindertagesstätten ungewollt unattraktiv. Im Ergebnis ist der Mangel an Kita-Plätzen ausgerechnet in sozial besonders belasteten Kommunen am größten.
  • Chronischer Unterfinanzierung der sozialen Infrastruktur auf der einen, üppig ausgestattete Leuchtturmprojekte auf der anderen Seite: Einerseits gibt es in unserem Land Angebote der sozialen Infrastruktur, die in dramatischer Weise und dauerhaft unterfinanziert sind (exemplarisch kann hier die Finanzierung Offener Ganztagsschulen genannt werden). Andererseits werden immer wieder, insbesondere von Seiten privater Stiftungen, für neue „Leuchtturmprojekte“ großzügig Gelder bereitgestellt.

Zusammenfassend muss festgehalten werden: Viele Förderprogramme und -strukturen zur Bekämpfung der Kinderarmut verfehlen ihr Ziel. Halbherzig aufgelegte Förderprogramme mit zeitlichen Befristungen und einer überbordenden Bürokratie sorgen letztlich dafür, dass finanzielle Ressourcen vergeudet werden, die im Bereich der basalen Infrastruktur so dringend fehlen.

Nötig sind nachhaltige Investitionen in die soziale Infrastruktur

Um Kindern, die in Armut aufwachsen, mehr Perspektiven, Chancen und soziale Teilhabe zu ermöglichen, ist eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur im direkten Lebensumfeld der Kinder und Familien das A und O. Entscheidend ist eine frühzeitig und präventiv ansetzende Unterstützung und Förderung. Übergänge in der Bildungsbiografie sind stärker zu beachten. Gesetzliche Förderstrukturen und Förderprogramme, die sich speziell der Bekämpfung der Folgen von Kinderarmut widmen, sind so aufzusetzen, dass sie für Träger plan- und umsetzbar sind und der zu erwartende Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht. Dies beinhaltet nicht zuletzt

  • bewährte Förderstrukturen zu entfristen,
  • die Verwaltung der Fördermittel zu verschlanken,
  • parallele Förderstrukturen abzubauen
  • Förderrichtlinien und -verfahren formal so weit wie möglich zu vereinheitlichen,
  • in der Umsetzung der Fördermaßnahmen mehr inhaltliche Flexibilität zu gewähren.

Impressum

Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW (AWO NRW)
c/o Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Mittelrhein e. V.
Rhonestraße 2a | 50765 Köln

Verantwortlich:
Michael Mommer | Geschäftsführer LAG AWO NRW
Dr. Michael Maas | Abteilungsleiter Jugendhilfe des AWO Bezirksverbands Niederrhein e. V.
E-Mail: michael.maas@awo-niederrhein.de

Illustration:
pixabay.com/Bru-nO & lalapronyk
Erscheinungsjahr: 2023

Das Jugendalter ist eine Phase, in der junge Menschen ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung erkunden, die Gestaltung von Beziehungen austarieren und Identitätsentwürfe für sich entwickeln. Obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz für queere Identitäten wächst, erfahren viele junge queere Menschen immer noch alltäglich Herausforderungen und Diskriminierung. Denn die gesellschaftlichen Rollenvorstellungen sind oft stereotyp und führen zu sozialem Anpassungsdruck und der Angst vor Ablehnung bei queeren jungen Menschen. Insbesondere die Familie, die Schule/Ausbildungsorte und der Freundeskreis sind wichtige Orte für das Aufwachsen junger Menschen und in dieser Hinsicht genauer zu betrachten. Coming-Out-Prozesse variieren stark und finden zu verschiedenen Zeitpunkten statt. Für queere junge Menschen ist der gesamte Prozess mit vielen Verunsicherungen, Ängsten und Ungewissheiten verbunden und es braucht vorhandene Ansprechpersonen, Informationen sowie Unterstützung und Begleitung. 

Die Jugendarbeit sowie weitere Beratungsstellen können in dieser Zeit und darüber hinaus ein wichtiger Raum hierfür sein. Dabei nimmt die Jugendarbeit junge Menschen mit ihren Bedürfnissen und Interessen wahr. Die Begleitung der Entwicklung von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung ist ein integraler Bestandteil des Auftrags und Selbstverständnisses der Jugendarbeit. Dennoch fehlt es teilweise in der Jugendarbeit noch an der Auseinandersetzung mit queeren jungen Menschen und ihren spezifischen Bedarfen und Bedürfnissen und am Selbstverständnis als queer-sensibler Ort. 

Im vorliegenden Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ wird die Bedeutung der Anliegen und Interessen von queeren jungen Menschen für die Praxis der Jugendarbeit betont und konkrete fachliche Erfordernisse zur Weiterentwicklung von Angeboten unter Berücksichtigung eines queer-sensiblen Ansatzes in der Jugendarbeit formuliert.
Neben den Ausführungen zu Identitätsarbeit als Entwicklungsaufgabe in der Jugendphase, beschreibt das Papier die Herausforderungen, denen queere junge Menschen in dieser Phase gegenüberstehen. Darauffolgend geht das Papier auf den Anspruch einer queer-sensiblen Jugendarbeit ein und setzt den Fokus auf eine diversitätsbewusste Haltung, queer-sensibles Handeln in der Jugendarbeit, queere junge Menschen als Zielgruppe, Räume und Angebote sowie die Beteiligung und den Schutz queerer junger Menschen. 

Abschließend formuliert die AGJ fachliche Erfordernisse an die verschiedenen Ebenen der Jugendarbeit: Die AGJ betont die Notwendigkeit, Diversität in der Jugendarbeit zu fördern und sich für queere junge Menschen zu öffnen. Dies erfordert die Entwicklung einer queer-sensiblen Haltung bei Fachkräften, die Einbindung von queeren Jugendlichen als Zielgruppe sowie die Schaffung und Weiterentwicklung von inklusiven Angeboten. Zudem ist es wichtig, tragfähige Netzwerke zu entwickeln, Diskriminierung wahrzunehmen und Schutzkonzepte zu implementieren, um queeren Jugendlichen eine sichere Umgebung zu bieten. Die Beteiligung queerer junger Menschen ist für all das die Grundlage.

Das 15-seitige Positionspapier finden Sie >> hier.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ beschäftigte sich bereits in verschiedenen Kontexten mit dem Übergang von Schule zu Beruf. Die Corona-Pandemie hat dieses Thema erneut in den Fokus gerückt, da das bestehende Übergangssystem sich in der Krise fragil zeigte. Viele junge Menschen verloren den Anschluss, Übergangsprozesse funktionierten nicht wie sie sollten. In einer Zeit, in der aufgrund von Fachkräftemangel und Arbeitsmarktveränderungen, der Blick besonders auf junge Menschen gerichtet werden muss, ist dies gesamtgesellschaftlich besonders gravierend, da insbesondere benachteiligte junge Menschen mehr Unterstützung bräuchten, um ihre Chancen auf Ausbildung und Beschäftigung zu verbessern und ihre Potentiale einzubringen. Die AGJ diskutiert in diesem Positionspapier, wie Ausbildungsförderungsangebote gestaltet werden müssen, um zu einem kohärenten Übergangssystem zu kommen. Es werden konkrete Forderungen an diejenigen Akteur*innen im Übergangssystem abgeleitet, die sich mit Fragen eines verbesserten Übergangssystems beschäftigen und hier Entscheidungsträger*innen sind.

Das 16-seitige Positionspapier finden Sie >> hier

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ nimmt die Veröffentlichung des General Comment No. 26 on children’s rights and the environment with a special focus on climate change durch den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes zum Anlass, sich mit den Inhalten und den sich daraus ableitenden Verpflichtungen der Staaten sowie weiterer Akteur*innen zu beschäftigen. 
Das Positionspapier verdeutlicht zunächst die Relevanz der ökologischen Kinderrechte und macht deutlich, dass insbesondere Kinder und Jugendliche von der Klimakrise in besonderer Weise betroffen sind. Ein schnelles, entschlossenes Handeln der Weltgemeinschaft ist immens wichtig ist, um die Schäden der Klimakrise abzumildern und heutigen wie zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben auf der Erde zu ermöglichen. Dabei spielt die Einhaltung und Umsetzung ökologischer Kinderrechte bzw. der UN-Kinderrechtskonvention insgesamt eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung des General Comment No. 26, der als Leitlinie und Konkretisierung für ökologische Kinderrechte genutzt werden kann, wird im Papier zunächst dargestellt. Nachfolgend werden die Inhalte und die im General Comment No. 26 formulierten Verpflichtungen der Staaten erläutert. In einem abschließenden Kapitel formuliert die AGJ Empfehlungen und Forderungen an alle staatlichen Ebenen: 1) die Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt für Kinder in nationalen Gesetzen, 2) die politische Ausrichtung aller Ressorts an den Leitlinien des General Comment No. 26, 3) die Verantwortungsübernahme für vorhersehbare umweltbezogene Bedrohungen, 4) umfassende Maßnahmen um die Würde und den Schutz von jungen Menschen zu sichern, 5) die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen sowie 6) die enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und der Zivilgesellschaft, um für ökologische Kinderrechte zu kämpfen.
Des Weiteren formuliert die AGJ Maßnahmen und Empfehlungen für die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie macht deutlich, dass die Kinder- und Jugendhilfe zur Verbreitung und Zugänglichkeit des GC 26 für junge Menschen beitragen kann. Zudem kann sie in ihren Programmen Umwelt- und Bewusstseinsbildung vorantreiben und den Blick auf globale Herausforderungen und Ungerechtigkeiten bei jungen Menschen erweitern. Des Weiteren sollte die Kinder- und Jugendhilfe in all ihren Angeboten junge Menschen beteiligen, aber auch dafür einstehen, dass junge Menschen bei Fragen und Maßnahmen, die das Klima betreffen, gehört und beteiligt werden – und ihre Rechte, falls nötig, einklagen können. Abschließend gibt die AGJ Hinweise für ein Weiterdenken des General Comments und regt unter anderem an, diesen im Staatenberichtsverfahren der UN-KRK zum ständigen Gegenstand zu machen. 

Das 11-seitige Positionspapier finden Sie >> hier

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Sonderinfo

AUS DEM ZFF

AWO, Bundesjugendwerk und ZFF haben einen Offenen Brief an die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag veröffentlicht. Darin heißt es:

„fassungslos blicken wir auf den Haushaltsentwurf der Bundesregierung, den Sie in diesen Tagen im Deutschen Bundestag beraten. Was die Regierung vorgelegt hat, schafft für viele Menschen neue Härten im Alltag und bedroht den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir appellieren an Sie: Nutzen Sie Ihr Recht als Gesetzgebende und korrigieren Sie diesen Sparhaushalt!“

Bei der Frage nach Investitionen in unserer Zukunft darf es kein Entweder-Oder geben, sondern nur ein mutiges Sowohl-Als- Auch! #StopptDenSparhaushalt #Lichtaus

Hier gibt es den Volltext des Offenen Briefes: https://awo.org/offener-brief-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Ebenfalls kann der Offene Brief hier unterzeichnet werden: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

Bitte teilen, weiterleiten, unterschrieben! Wir freuen uns sehr über Eure/Ihre Unterstützung!

Im Mai hat sich das ZFF auf seiner Fachtagung der Frage gewidmet, wie in Zeiten der Umbrüche eine zukunftsfähige Familienpolitik aufgestellt sein muss?

Wir haben ein umfassendes Bild der Situation von Kindern, Jugendlichen und ihrer Familien der letzten Jahre gezeichnet und Vorschläge erarbeitet, wie die Resilienz von vielfältigen Familien gestärkt werden kann. Dabei konnten wir auf wissenschaftliche Erkenntnisse, auf den Austausch mit Jugendlichen und den Erfahrungen unserer Mitgliedsorganisationen aus der täglichen Arbeit mit und für Familien aufbauen.

Neben der Zusammenfassung der Vorträge und Diskussionen haben wir diese Erkenntnisse auch in den Handlungsempfehlungen der nun vorliegenden Dokumentation „Familie und Familienpolitik in Zeiten des Umbruchs! Wie muss eine zukünftige Familienpolitik aufgestellt sein?“ mit aufgenommen.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre und würden uns freuen, wenn Sie die Dokumentation auch für Ihre Arbeit nutzen und sie an interessierte Personen weiterleiten könnten.