ZFF-Info 12/2017

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SCHWERPUNKT: Weltflüchtlingstag

Anlässlich des Weltflüchtlingstag weist das ZFF wiederholt auf das „Recht auf Familie“ hin, das für alle Menschen gelten muss. Anfang Mai hat das ZFF ein Positionspapier zu Recht und Praxis beim Familiennachzug veröffentlicht. Darin fordern wir, das Wohl von Familien in den Mittelpunkt zu stellen, statt durch ein restriktives Aufenthaltsrecht die Trennung von Familien über Ländergrenzen hinweg zu erzwingen.

Das Positionspapier „Familiennachzug“ kann unter folgendem Link herunterladen werden:
http://www.zukunftsforum-familie.de/fileadmin/user_upload/pdf/infocenter/broschueren/zff_pp_familiennachzug__002_.pdf

Der Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2017 macht auf das Schicksal der zuletzt weltweit 65 Millionen Flüchtlinge aufmerksam und wirbt für deren Unterstützung durch die Weltgemeinschaft. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert, das Thema Fluchtursachen auch auf dem G20-Gipfel nicht auf Investitionspartnerschaften zu reduzieren.

„Hinter jeder Flucht steht ein Einzelschicksal. Es ist die Aufgabe der Weltgemeinschaft, jedes Schicksal ernst zu nehmen und Flüchtlingen Sicherheit, den Zugang zu Arbeit und ihren Kindern den Zugang zu Bildung zu geben. Gleichzeitig geht es auch darum, die Ursachen von Flucht anzugehen. Fehlende Rechtsstaatlichkeit, Mangel an Demokratie und die Missachtung von Menschenrechten sind wesentliche Fluchtursachen und gleichzeitig der Nährboden für gewalttätige Konflikte.

Investitionspartnerschaften können wirtschaftliche Chancen in Entwicklungsländern verbessern. Doch nicht jede Investition ist nachhaltig und nutzt den Menschen vor Ort. Der von der SPD durchgesetzte ‘Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte‘ mit menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen ist ein großer Schritt für nachhaltiges wirtschaftliches Engagement in Entwicklungsländern. Der Widerstand der CDU/CSU gegen weitergehende Regelungen zeigt jedoch, dass die Union nicht verstanden hat, dass wirtschaftliche Entwicklung und Menschenrechte zusammengehören. Die Ursachen von Flucht können nur durch eine kohärente Politik beseitigt werden.

Solange die Einsicht, dass wirtschaftliche Entwicklung und Menschenrechte zusammengehören, bei Angela Merkel nicht angekommen ist, helfen auch hundert Afrikagipfel nicht.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 19.06.2017

Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist auch eine Geschichte der Flucht. „In Zeiten des Nationalsozialismus mussten viele unserer Mitglieder fliehen und in anderen Ländern um Asyl bitten“, erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker anlässlich des morgigen Weltflüchtlingstages. Nachdem der Zweite Weltkrieg beendet war, unterstützte die AWO Vertriebene genauso wie sie während des Jugoslawienkrieges nach Deutschland geflohenen Menschen half. „Die gemeinsame Richtschnur für unser Handeln war gestern wie heute unsere humanitäre Verpflichtung dem einzelnen Menschen gegenüber“, betont Brigitte Döcker.

Die AWO tritt dafür ein, dass allen Verfolgten und Schutzsuchenden das Asylrecht als individuelles Recht gewährt wird. Damit die Schutzsuchenden von ihrem Recht Gebrauch machen können, fordert die AWO seit Langem, sichere Fluchtkorridore einzurichten. Ohne einen sicheren Weg nach Europa bezahlen weiterhin viele tausend Menschen ihren Fluchtversuch mit ihrem Leben. „Sichere Wege nach Europa stellen die beste Möglichkeit dar, den Schlepperbanden das Handwerk zu legen“, zeigt sich Brigitte Döcker überzeugt.

Die derzeitige Politik der Abschottung hält Döcker für falsch: „Statt auf Abschottung und Abschreckung zu setzen und wesentliche Persönlichkeitsrechte durch das wahllose und unbeschränkte Zugreifen auf Handydaten auszuhebeln, sollte die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen europaweit als Chance für eine vielfältige Gesellschaft betrachtet und genutzt werden“, erklärt Brigitte Döcker abschließend.

Am 19. und 20. Juni beteiligt sich die AWO mit vielen anderen Organisationen an dem jährlich stattfindenden Symposium zum Weltflüchtlingstag. Zum Programm des mittlerweile 17. Symposiums.

Quelle: Pressemitteilung Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. vom 19.06.2017

Eine sehr große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (90 Prozent) sieht in einem ausreichenden Zugang von Flüchtlingskindern und ihren Familien zu Angeboten der Sprachförderung den größten Handlungsbedarf bei der Integration in Deutschland. Sehr großer Handlungsbedarf wird zudem für den ausreichenden Zugang von Flüchtlingskindern zu Kindertageseinrichtungen und Schulen gesehen (74 Prozent). Das gilt auch für die kindgerechte und sichere Unterbringung von Flüchtlingskindern mit ihren Familien in Wohngegenden, die Kontakte zu einheimischen Familien ermöglichen (74 Prozent). Und auch beim kostenfreien Zugang von Flüchtlingskindern zu Freizeitaktivitäten, beispielsweise Sportvereinen, bei denen sie andere Kinder kennenlernen können, wird überwiegend (67 Prozent) Handlungsbedarf gesehen. 42 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Flüchtlingskinder sofort die gleichen Möglichkeiten haben sollten wie in Deutschland geborene Kinder, gegenteiliger Auffassung sind 52 Prozent. In der Frage des Familiennachzugs zeigen sich die Befragten gespalten: 42 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Flüchtlingskinder die Möglichkeit haben sollten, ihre Eltern und ihre minderjährigen Geschwister nach Deutschland nachzuholen und ebenfalls 42 Prozent meinen, dass diese Möglichkeit nicht bestehen sollte. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni.

Besonders große Unterschiede gibt es bei den Befragten hinsichtlich des Handlungsbedarfs bei der Integration beim ausreichenden Zugang zu Kitas und Schulen. Hier sehen die Befragten aus Westdeutschland (76 Prozent) deutlich häufiger als Befragte aus Ostdeutschland (61 Prozent) einen sehr großen oder großen Handlungsbedarf. Signifikante Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Frage einer sicheren und kindgerechten Unterbringung: Hier sehen 75 Prozent der Befragten aus Westdeutschland, aber nur 67 Prozent der Befragten aus Ostdeutschland sehr großen oder großen Handlungsbedarf. Besonders groß sind die Unterschiede bei dieser Frage auch bei den befragten Männern (67 Prozent) und Frauen (80 Prozent). Beim Blick auf die Anhängerschaft der aktuell wichtigsten politischen Parteien zeigt sich ein sehr differenziertes Bild: Während in allen abgefragten Integrationsbereichen (Sprache, Kitas und Schulen, Wohnraum, Freizeitaktivitäten) bei den Anhänger/innen von CDU/CSU, FDP, Grünen, Linken und SPD sehr große Mehrheiten entsprechende Handlungsbedarfe sehen, verneinen mit Ausnahme der Sprachförderung die AfD-Anhänger/innen in den anderen Bereichen diese Frage.

Dass Flüchtlingskinder sofort die gleichen Möglichkeiten haben sollten wie in Deutschland geborene Kinder, meinen 42 Prozent der Befragten. 52 Prozent hingegen sind der Auffassung, dass man den Flüchtlingskindern nicht sofort die gleichen Möglichkeiten wie in Deutschland geborenen Kindern bieten kann. 6 Prozent haben dazu keine Meinung. Damit ist die Zustimmungsrate zu dieser Frage in den letzten beiden Jahren, in denen für das Deutsche Kinderhilfswerk entsprechende repräsentative Daten erhoben worden sind, deutlich gefallen. Positiv stehen der Forderung nach gleichen Möglichkeiten von Anfang an derzeit insbesondere die 14- bis 29-Jährigen (58 Prozent) gegenüber, ebenso diejenigen, in deren Haushalt Kinder wohnen (48 Prozent) sowie die befragten Frauen (46 Prozent). Beim Blick auf die Anhängerschaft der aktuell wichtigsten politischen Parteien zeigt sich wiederum ein sehr differenziertes Bild: Es meinen, dass Flüchtlingskinder sofort die gleichen Möglichkeiten haben sollten, wie in Deutschland geborene Kinder, 69 Prozent der Anhänger/innen der Grünen, 54 Prozent bei der SPD, 48 Prozent bei der Linken, 44 Prozent bei der CDU/CSU und 33 Prozent bei der FDP. Bei den AfD-Anhänger/innen liegt dieser Wert bei null Prozent.

In der Frage, ob Flüchtlingskinder die Möglichkeit haben sollten, ihre Eltern und ihre minderjährigen Geschwister nach Deutschland nachzuholen, zeigen sich die Befragten gespalten: 42 Prozent sprechen sich für diese Möglichkeit aus und ebenfalls 42 Prozent meinen, dass diese Möglichkeit nicht bestehen sollte. 16 Prozent haben dazu keine Meinung. Positiv stehen einem Familiennachzug insbesondere die 14- bis 29-Jährigen (57 Prozent) und die 30- bis 44-Jährigen (52 Prozent) gegenüber, ebenso diejenigen mit Kindern im Haushalt (51 Prozent). Beim Blick auf die Anhängerschaft der aktuell wichtigsten politischen Parteien zeigt sich das gewohnt sehr differenzierte Bild: Die größte Unterstützung für einen Familiennachzug äußern die Grünen- und SPD-Anhänger/innen (55 bzw. 53 Prozent) sowie die Linke-Anhänger/innen (49 Prozent), während Unions- und FDP-Anhänger/innen (44 bzw. 37 Prozent) deutlich skeptischer sind. Die Anhänger/innen der AfD lehnen fast alle diese Möglichkeit ab, nur 3 Prozent sind dafür.

Für die repräsentative Umfrage zum Weltflüchtlingstag 2017 wurden vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.011 deutschsprachige Personen ab 14 Jahren mittels computergestützter Telefoninterviews (CATI) befragt. Die statistische Fehlertoleranz liegt zwischen bei +/- drei Prozentpunkten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 19.06.2017, gekürzt

Gemeinsame Pressemitteilung: PRO ASYL, Paritätischer Gesamtverband, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Republikanischer Anwaltsverein und Neue Richtervereinigung

Anlässlich des Weltflüchtlingstags und vor dem EU-Gipfel am 22. Juni appellieren PRO ASYL, Paritätischer Gesamtverband, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Republikanischer Anwaltsverein und Neue Richtervereinigung an die Staats- und Regierungschefs, für ein offenes Europa für Flüchtlinge einzutreten.

Sie warnen vor einer Abwälzung der Verantwortung für Flüchtlinge an Drittstaaten, in denen Flüchtlinge der Rechtsunsicherheit und Aussichtslosigkeit ausgesetzt werden. Die Europäische Union trägt dazu bei, dass sich der auf den universellen Menschenrechten aufbauende Flüchtlingsschutz einschneidend wandelt und sich immer mehr Staaten ihrer Verantwortung entziehen.

Derzeit entwickeln die Regierungen und auch die EU selbst flüchtlingsfeindliche Abwehrstrategien. Sie erlassen Gesetze, die der Abwehr nationalistischer und anti-europäischer Parteien und Entwicklungen dienen sollen, sich in ihrer Wirkung aber kaum von den Forderungen dieser Bewegungen unterscheiden. Dadurch gewinnen anti-europäische Entwicklungen zunehmend gesellschaftspolitische Akzeptanz.

Der Mut, anti-europäischen Positionen durch eine flüchtlingsfreundliche Politik entgegen zu wirken, fehlt Regierungen wie auch der Union. Nicht aber die Abwehr von Flüchtlingen stärkt die europäische Integration, sondern ihre Aufnahme.

Die Organisationen wenden sich entschieden gegen die aktuelle Politik der Abschottung und fordern:

  • Ein offenes Europa für Flüchtlinge ohne Obergrenze, die Stärkung des individuellen Asylrechts und die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen.
  • Dabei müssten die nord- und mitteleuropäischen Industriestaaten zunächst die Hauptverantwortung tragen. In einem System unterschiedlicher Geschwindigkeiten müssen vorrangig Mitgliedstaaten, die eine Einwanderungstradition entwickelt haben, Flüchtlinge aufnehmen und die Verantwortung für diese unter sich aufteilen.
  • Ein Finanzausgleich für Mitgliedstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen, soll geschaffen werden. Bei der Aufteilung der Verantwortung muss familiären, kulturellen und sonstigen Bindungen der Flüchtlinge Vorrang eingeräumt werden. Langfristig müssen einheitliche Verfahrens- und Aufnahmestandards geschaffen werden.
  • Die EU muss für Flüchtlinge ein faires, individuelles Verfahren einschließlich einer Beschwerdeinstanz gegen ablehnende Entscheidungen auf europäischem Boden gewährleisten. Das Refoulement-Verbot nach Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie nach Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention muss strikt beachtet werden.
  • Eine verantwortliche und den Menschenrechten verpflichtete Politik darf gar nicht anders handeln, als Flüchtlinge in Seenot zu retten. Nichtstaatliche Seenotrettungsorganisationen dürfen nicht diffamiert und kriminalisiert werden, sondern müssen unterstützt werden. Eine Verstärkung der Seenotrettung ist dringend geboten.
  • Die politisch Verantwortlichen in der EU und in den Mitgliedstaaten müssen Alternativen zur lebensgefährdenden Flucht schaffen, z.B. durch umfangreiche Programme zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement), Gewährung humanitärer Visa, Gewährung von Familiennachzug etc.

Die Schaffung einer unmittelbar an die Asylentscheidung anschließenden Freizügigkeitsberechtigung für international Schutzberechtigte in der Union verbunden mit einer gegenseitigen Anerkennung der Statusentscheidungen durch die Mitgliedstaaten.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. vom 19.06.2017

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Die Bundesregierung hat heute den vom Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière und von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Katarina Barley vorgelegten „Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus – Positionen und Maßnahmen zum Umgang mit Ideologien der Ungleichwertigkeit und den darauf bezogenen Diskriminierungen“ (NAP) beschlossen.

Vor dem Hintergrund der Weltkonferenz gegen Rassismus der Vereinten Nationen 2001 in Durban und dem im Jahr 2008 erstmals aufgelegten Nationalen Aktionsplan wurde der NAP auf Grundlage des Koalitionsvertrages um die Themen „Homo- und Transphobie“ bzw. Homosexuellen- und Transfeindlichkeit erweitert und gänzlich neu aufgelegt. Der neue NAP ist ein weiterer Schritt zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und steht in engem Zusammenhang zu der im Juli 2016 vorgelegten „Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley betont: „Wer Homosexuelle, schwarze Menschen oder Juden diskriminiert, greift die Grundwerte unserer Gesellschaft an. Unser Zusammenleben basiert auf Respekt und funktioniert nur ohne Diskriminierung. Es geht darum, klare Grenzen aufzuzeigen – ganz egal wo Diskriminierung geschieht, ob in der Freizeit, im Netz oder am Arbeitsplatz.“

Bundesinnenminister Dr. de Maizière erklärte hierzu: „Deutschland ist eine freiheitliche, pluralistische Demokratie im Zentrum Europas mit einem etablierten Rechtsstaat, funktionierenden Institutionen sowie weit entwickelten Strukturen des demokratischen Engagements der Zivilgesellschaft. Rassismus und menschenverachtende Einstellungen sind mit unseren Grundwerten unvereinbar. Sie dürfen nicht unwidersprochen hingenommen werden. Repression und Prävention sind wesentliche Säulen der wehrhaften Demokratie.“

Vor dem Hintergrund von Polarisierungen und Radikalisierungen in Teilen der Gesellschaft, u.a. in den Asyldebatten oder bei Anfeindungen betroffener Gruppen, wie z.B. Juden, Sinti und Roma, Muslimen, schwarzen Menschen oder lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Personen ist es eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich diesen Phänomenen fortwährend entgegen zu stellen. Dabei leisten auch die Länder und Kommunen einen unverzichtbaren Beitrag, indem sie gezielt auf Bedürfnisse und Probleme vor Ort zu reagieren. Zudem ist für die Bundesregierung insbesondere die Konsultation zivilgesellschaftlicher Initiativen und Organisationen von Bedeutung, die sie auch künftig in verschiedenen Formaten mit dem Ziel eines transparenten und konstruktiven Austausches fortsetzen wird.

Kern des heute beschlossenen NAP sind Positionen und Maßnahmen in folgenden Handlungsfeldern: Menschenrechtspolitik; Schutz vor Diskriminierung und Ahndung von Straftaten; Bildung und politische Bildung; Gesellschaftliches und politisches Engagement für Demokratie und Gleichwertigkeit; Diversität im Arbeitsleben, Aus- und Fortbildung sowie Stärkung interkultureller und sozialer Kompetenz im Beruf; Rassismus und Hass im Internet sowie Forschung.

Der NAP ist nicht als statisches Programm zu verstehen, sondern – im Rahmen der föderalen Zuständigkeit – eine Rahmensetzung seitens der Bundesregierung, offengehalten für weitere Diskurse im Sinne eines politischen Projekts.

Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.06.2017

Youth 20 Dialogue stellt Forderungen der Jugend an die Regierenden vor

Einen Monat vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben heute (Mittwoch) diejenigen das Wort, deren Zukunft entscheidend vom Handeln der G20-Staats- und Regierungschefs abhängt: junge Menschen. Im Kanzleramt stellen die 68 Teilnehmenden des internationalen Jugendgipfels „Youth 20 Dialogue“ ihre Ideen und Forderungen vor. Mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Bundesjugendministerin Dr. Katarina Barley diskutieren sie, wie die globalen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und zu gestalten sind.

Seit dem 2. Juni 2017 diskutierten die Teilnehmenden aus 31 Ländern unter dem G20-Motto „Shaping an interconnected world” wirksame Maßnahmen zu den G20-Schwerpunktthemen: Building resilience, Improving Sustainability und Assuming responsibility.

Bundesjugendministerin Dr. Katarina Barley betont: „Junge Menschen haben das Recht, für Ihre Interessen einzutreten, denn sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Sie wollen mitentscheiden, wenn es um ihre Zukunft geht, und sie haben Rechte: Es darf keine Zukunftsentscheidungen ohne Jugendbeteiligung geben. Ich setze mich dafür ein, dass die Stimme der Jugend beim G20-Gipfel gehört wird“, so die Bundesjugendministerin.

Zum Abschluss des Youth 20 Dialogue überreichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die von ihnen erarbeitete Deklaration zu den G20-Themen mit ihren Wünschen und Forderungen.

Dazu erklärt Bundesjugendministerin Dr. Katarina Barley: „Die jungen Menschen stellen berechtigte Forderungen. Ob es um Gleichberechtigung und Teilhabe geht oder um den vollen Zugang zu Bildung für Frauen und Mädchen auch im technischen und digitalen Bereich. Beim Thema Digitalisierung unterstütze ich außerdem die Forderung, international gültige Normen und Standards zu entwickeln. Wir müssen die Privatsphäre und persönliche Daten gerade auch von Kindern und Jugendlichen schützen. Auch die Forderung der Y20, junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen besser zu unterstützen, teile ich. Dazu gehört auch die Situation von jungen Flüchtlingen weltweit zu verbessern.“

Der Youth 20 Dialogue ist Teil des Dialogs mit der Zivilgesellschaft anlässlich des G20-Treffens in Deutschland. Gastgeber des Youth 20 Dialogue ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das bei der Realisierung des Gipfels von IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. unterstützt wird.

Weitere Informationen: https://y20-germany.org/

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Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.06.2017, gekürzt

Kinderarbeit verstößt gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Gemäß Artikel 32 dürfen Kinder nicht zu Arbeiten herangezogen werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern, die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten.

Jede Form der ausbeuterischen Kinderarbeit ist zu bekämpfen. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sterben jedes Jahr etwa 22.000 Kinder und Jugendliche bei Arbeitsunfällen. Rund 168 Millionen Kinder arbeiten regelmäßig mehrere Stunden am Tag. Mehr als die Hälfte von ihnen ist dabei den schlimmsten Formen der Kinderarbeit ausgesetzt. Sie arbeiten an gefährlichen Orten wie Steinbrüchen oder kommerziellen Plantagen, sie leisten Nachtarbeit, haben viel zu lange Arbeitszeiten oder werden als Sklaven gehalten. Sie befinden sich in einem Teufelskreis, denn viele der arbeitenden Kinder haben keine Möglichkeit, die Schule zu besuchen und erhalten deshalb nicht die nötige Bildung, um später einen angemessenen Beruf mit ausreichendem Gehalt ergreifen zu können.

Die Kinderkommission begrüßt den Einsatz der zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die sich weltweit gegen ausbeuterische Arbeit von Kindern engagieren. Den Kindern und ihren Familien müssen Wege aus der Abhängigkeit von der Kinderarbeit geboten werden. Dies kann nur der Besuch einer Schule oder eine berufliche Ausbildung sein. Nicht nur Staat, Wirtschaft und Organisationen sind gefordert, jeder einzelne kann mit ein wenig Umsicht etwas gegen die Ausbeutung von Kindern tun.

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Die Grünen): „Kinder auszubeuten ist ein Verbrechen. Sie sind oft ihr Leben lang davon gezeichnet, dass ihnen eine unbeschwerte Kindheit vorenthalten wurde. Das darf nicht sein. Kinderrechte müssen weltweit gelten. Auch wir Verbraucher in den reichen Industrienationen können etwas gegen die Ausbeutung durch Kinderarbeit tun. Noch immer landen Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit in unserem Einkaufswagen. Das reicht von Kleidung über Schokolade bis hin zur täglichen Tasse Kaffee. Als Verbraucher können wir hier wachsam sein und auf Produkte mit Kennzeichen setzen, die ausbeuterische Kinderarbeit ausschließen. Für uns sind es oft nur ein paar Cent – für die Kinder ist es ein Stück Freiheit.“

Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 09.06.2017

Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz fordert vom Bund gesetzliche Schritte zum Abbau von Altersarmut von Frauen

GFMK-Vorsitzende Heike Werner: „Altersarmut ist einer modernen Gesellschaft unwürdig“

Erklärung zum Recht auf Gleichheit und Gleichberechtigung verabschiedet

Vorsitz der GFMK wechselt 2018 nach Bremen

Die 27. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz (GFMK), die heute in Weimar zu Ende gegangen ist, hat u.a. Beschlüsse zur Bekämpfung von Altersarmut von Frauen, zur Gestaltung der Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung und Flexibilisierung, zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben, zur demokratischen Mitwirkung und zum Gesundheitsschutz für Frauen gefasst.

Die amtierende Vorsitzende der GFMK, die Thüringer Sozial- und Frauenministerin Heike Werner (DIE LINKE), sagte: „Altersarmut ist einer modernen Gesellschaft unwürdig. Hierzulande ist Altersarmut überwiegend Armut von Frauen. Darum müssen Politik und Gesellschaft gezielt die vielfältigen Ursachen von Frauenarmut in den Blick nehmen. Darüber besteht zwischen den Ländern eine große Einigkeit.“

Die Voraussetzungen für den Abbau von Altersarmut von Frauen liegen nach Auffassung von Werner vor allem in günstigeren bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen. „Die Länder haben auf der Konferenz substanzielle Vorschläge unterbreitet. Jetzt liegt der Ball beim Bund“, so die Ministerin.

Gleiche Repräsentanz von Frauen in Parlamenten

Die GFMK hat sich mit der Teilhabe von Frauen in der repräsentativen Demokratie beschäftigt und dabei festgestellt, dass zwar der Anteil der Frauen in den Parlamenten stetig, wenn auch langsam gestiegen ist, doch inzwischen stagniert der Frauenanteil z.B. im Deutschen Bundestag seit fast zwei Jahrzehnten bei etwas mehr als 35 Prozent. In den Länderparlamenten liegt der Frauenanteil bei knapp einem Drittel, auf kommunaler Ebene in den Stadt- und Gemeinderäten beträgt der Frauenanteil nicht mal ein Viertel der Sitze. Das zeige, dass die bisherigen Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils in Parlamenten nicht den gewünschten Effekt haben und dass es an der Zeit für eine verbindliche Regelung sei.

Die GFMK bittet die Bundesregierung, verfassungskonforme Gesetzesvorschläge zur Erreichung der gleichen Repräsentanz von Frauen und Männern in Parlamenten zu erarbeiten.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Pressemitteilung Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Freistaat Thüringen vom 08.06.2017

Überschuss der öffentlichen Haushalte beträgt dieses Jahr voraussichtlich knapp 21 Milliarden Euro, nächstes Jahr gut 29 Milliarden Euro – Gelockerter Kurs bei den konsumtiven Ausgaben – Überschüsse sind nicht mit vorhandenem Spielraum gleichzusetzen, für Wahlgeschenke ist kein Platz.

In diesem Jahr wird der Überschuss des Staates zurückgehen, mit knapp 21 Milliarden Euro aber weiterhin üppig ausfallen. Im nächsten Jahr dürfte er auf gut 29 Milliarden Euro steigen. Dies prognostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis seiner aktuellen Konjunkturprognose. In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt entspricht das Plus 0,6 Prozent respektive 0,9 Prozent.

Die öffentlichen Haushalte profitieren dabei nach wie vor vom Beschäftigungsaufbau, der in den Jahren 2017 und 2018 von recht kräftigen Lohnzuwächsen begleitet wird. Folglich steigen die Einnahmen aus der Lohnsteuer und den Sozialbeiträgen nach wie vor merklich und die gute Entwicklung der Inlandsnachfrage lässt die Umsatzsteuer merklich zulegen. Insgesamt nehmen die Einnahmen in diesem Jahr um 2,9 Prozent zu, im nächsten Jahr um 3,6 Prozent.

Die Ausgaben steigen alles in allem in diesem Jahr um 3,4 Prozent und im nächsten Jahr um 3,1 Prozent. In beiden Jahren ist die Dynamik hierbei verhaltener als im Jahr 2016, als eine hohe Zahl an Geflüchteten für zusätzliche Ausgaben, vor allem bei den Sachkäufen und den sozialen Sachleistungen, gesorgt hat.

Lage ist nicht so erfreulich wie sie scheint

„So erfreulich die Zahlen auch sind, sie zeichnen ein geschöntes Bild der Lage der öffentlichen Finanzen“, führt Kristina van Deuverden, Finanzexpertin am DIW Berlin, aus. „Sie sind eine Momentaufnahme und tragen beispielsweise der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung, die schon in naher Zukunft die Staatskassen belasten wird, nicht Rechnung.“ Auch werden die Zinsausgaben des Staates in Zukunft wieder zunehmen, denn die negativen Renditen der von Deutschland emittierten Anleihen, die eine riesige Ersparnis an Zinsausgaben mit sich bringen, können nicht von Dauer sein.

Hinzu kommt, dass die Finanzpolitik bereits seit einigen Jahren ihren Handlungsspielraum nicht richtig nutzt. Die konjunkturbereinigten Ausgaben nach Abzug von Zinsausgaben und Investitionen und nach Bereinigung um Steuereingriffe nehmen seit der Finanzkrise im Durchschnitt stärker zu als das nominale Produktionspotential. Ein solcher Ausgabenkurs kann nicht auf Dauer aufrechterhalten werden. „Es gibt keinen Spielraum für Wahlgeschenke, zum Beispiel Steuersenkungen“, so van Deuverden. „Die für dieses und nächstes Jahr prognostizierten Überschüsse, die im Wahlkampfjahr Begehrlichkeiten wecken, dürfen nicht verpulvert werden. Vielmehr sollte die Politik jetzt schon die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen anpacken: Investieren und die Sozialbeiträge senken, damit die Belastung des Faktors Arbeit sinkt. Beides kann das potentielle Wirtschaftswachstum erhöhen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 14.06.2017

Seit es regierungsamtliche Armuts- und Reichtumsberichte gibt, herrscht mehr Klarheit über die Verteilung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen. Doch noch immer klaffen Lücken. Besonders wenig ist über die materielle Lage der extrem Reichen bekannt. Die Bundesregierung könnte das ändern, so eine Expertise des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

2001 erschien der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Seither hat sich die Berichterstattung stets verbessert. Das betont WSI-Verteilungsexpertin Dr. Anita Tiefensee in ihrer Stellungnahme für die heutige Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages. Der fünfte und jüngste Bericht sei von besonderer Transparenz geprägt. Beispielsweise seien zentrale Indikatoren, Erhebungs- und Berechnungsmethoden für jeden im Internet einsehbar. Trotzdem sieht die Wissenschaftlerin noch "erhebliches Weiterentwicklungspotenzial". Besonders was das Hundertstel der Haushalte mit den höchsten Einkommen und Vermögen angeht, sei die Datenlage stark verbesserungswürdig. Darüber hinaus fehle es den Berichten an einer gemeinsamen Betrachtung von Einkommen, Vermögen sowie Erbschaften und Schenkungen. Denn erst alles zusammen ermögliche eine "umfassende Bewertung der materiellen Lage von Menschen". Schließlich sollten die vorhandenen Informationen auch dazu genutzt werden, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen – und gegebenenfalls politisch gegenzusteuern.

Unbestreitbar ist Tiefensee zufolge, dass die Verteilung sich in den vergangenen Dekaden auseinanderentwickelt hat:

– Die Armutsquote ist von 1995 bis 2014 von 11,6 auf 15,8 Prozent gestiegen. Als arm gelten dabei Mitglieder von Haushalten, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Gleichzeitig ist der Anteil der Haushalte gewachsen, die über wenigstens das Doppelte des mittleren Einkommens verfügen – von 6,1 auf 8,2 Prozent. Die Verteilung ist dementsprechend ungleicher geworden.

– Ebenso klar ist, dass die privaten Nettovermögen noch deutlich ungleicher verteilt sind als die Einkommen: Die oberen zehn Prozent der Haushalte verfügen nach den aktuell vorliegenden Daten über 60 Prozent des gesamten Vermögens. Die untere Hälfte der Haushalte besitzt dagegen fast nichts oder ist sogar verschuldet.

– Die per Erbschaft oder Schenkung übertragenen Vermögen haben in jüngster Zeit zugenommen, wie sich aus Steuerstatistiken ablesen lässt. In Westdeutschland geht ein Drittel des Privatvermögens auf Erbschaften oder Schenkungen zurück. Wobei es häufig die ohnehin schon vermögenden Haushalte sind, die von solchen Zuflüssen profitieren. Gerade diese leistungslosen Einkommen bedrohen nach Analyse der Forscherin Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit. Gepaart mit großer Ungleichheit könnten sie "die Akzeptanz der Wirtschafts- und Sozialordnung dezimieren".

Dabei sei die aus den vorliegenden Daten abgelesene Ungleichheit eher als eine "Untergrenze der tatsächlichen Verhältnisse" zu verstehen. Um die Realität besser abbilden zu können, müssten beispielsweise Vermögenswerte, Erbschaften und Schenkungen auch dann statistisch erfasst werden, wenn sie nicht steuerlich relevant sind, so die Wissenschaftlerin. Die Bundesregierung habe es in der Hand, diese Daten erheben zu lassen.

Um die Ungleichheit der Lebenschancen nicht nur sichtbar zu machen, sondern auch zu verringern, empfiehlt Tiefensee, mehr – kostenlose – Bildungsangebote zu schaffen. Besonders wichtig sei es, die frühkindliche Bildung weiter auszubauen und zu verbessern. Bei den Einkommen sollte das Steuersystem für einen stärkeren Ausgleich sorgen: Nicht nur die Arbeits-, sondern auch die Kapitaleinkommen müssten nach Auffassung der Forscherin künftig wieder progressiv besteuert werden. Ebenso sollten Erbschaften und Schenkungen stärker zur Umverteilung herangezogen werden.

*Anita Tiefensee: Stellungnahme zur Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zum Thema "Fünfter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung", WSI Policy Brief Nr. 11, Juni 2017. Download: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_pb_11_2017.pdf

Aktuelle Daten zu Einkommensentwicklung, Vermögensverteilung, Armut und Reichtum in den FAQs des WSI-Verteilungsmonitors: https://www.boeckler.de/wsi_66092.htm

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 19.06.2017

Der gesetzliche Mindestlohn hat die Arbeitsbedingungen und die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten im Niedriglohnsektor positiv beeinflusst. Das betrifft nicht nur die bessere Bezahlung. Beschäftigte, die vom Mindestlohn erfasst sind, konstatieren zwar oft gestiegene Ansprüche an ihre Arbeit, aber auch eine größere Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie, ein verbessertes Betriebsklima und höhere Wertschätzung durch Vorgesetzte. Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

"Die gestiegene Arbeitsplatzqualität und -zufriedenheit der Mindestlohnempfänger ist ein weiteres Argument, das zu einer insgesamt positiven Bewertung des gesetzlichen Mindestlohns beiträgt", schreiben WSI-Arbeitsmarktforscher Dr. Toralf Pusch und Dr. Miriam Rehm von der Arbeiterkammer Wien in ihrer Untersuchung, die in der Fachzeitschrift "Wirtschaftsdienst" erscheint.* Dafür haben die Wissenschaftler detaillierte Befragungsdaten von mehr als 340 Beschäftigten ausgewertet, die 2014 weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdienten und nach dem 1.1. 2015 im gleichen Job weiterarbeiteten. Die Daten stammen aus dem Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS), für das die Bundesagentur für Arbeit repräsentativ ausgewählte Niedriglohnbeschäftigte jedes Jahr befragt. Um kontrollieren zu können, welche Effekte wirklich auf dem neuen Mindestlohn beruhen, verglichen Pusch und Rehm die Antworten der zum Mindestlohn Beschäftigten mit denen von rund 440 vergleichbaren Arbeitnehmern, die 2014 zwischen 8,50 und 13 Euro in der Stunde erhielten.

Die zentralen Ergebnisse:
Der Mindestlohn greift – meistens.
Von 2014 auf 2015 stieg der Stundenlohn der befragten Niedrigstverdiener
beträchtlich: von durchschnittlich 6,70 Euro brutto pro Stunde auf im Mittel
8,20 Euro. Der Mittelwert unterhalb von 8,50 Euro zeigt zwar, dass der Mindestlohn im Jahr seiner Einführung noch nicht überall gezahlt wurde. Die Verbesserung um gut 22 Prozent übertraf trotzdem das durchschnittliche Lohnwachstum in der Vergleichsgruppe (3,7 Prozent) um ein Vielfaches.

Mehr Einkommen bei kürzerer Arbeitszeit.
Entsprechend wuchs der durchschnittliche monatliche Verdienst der Mindestlohn-Beschäftigten spürbar – von durchschnittlich 839 auf 994 Euro.
Und das, obwohl die Befragten im Mittel pro Woche anderthalb Stunden weniger arbeiteten. Der Anteil der Beschäftigten mit überlangen Arbeitswochen von mehr als 45 Stunden ging deutlich zurück, während er in der Kontrollgruppe anstieg. In den geringeren Arbeitszeiten sehen die Forscher einen wichtigen Grund dafür, dass die Befragten der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie nach Einführung des Mindestlohns signifikant bessere Noten geben als zuvor.

Verdichtung, aber auch Aufwertung der Arbeit.
Vor Einführung des Mindestlohnes hatten manche Ökonomen dramatische Beschäftigungsverluste prognostiziert. Diese blieben ebenso aus wie drastische Preissteigerungen. Offensichtlich ist es vielen Arbeitgebern gelungen, die höheren Lohnkosten auszugleichen, etwa durch eine höhere Produktivität. Indizien dafür erkennen Pusch und Rehm in den PASS-Daten:
Mindestlohn-Beschäftigte berichten über mehr und anspruchsvollere Arbeit.
Zugleich geben sie an, seltener in ihrer Tätigkeit gestört zu werden.
Außerdem empfinden sie das Klima zwischen ihren Kollegen und das Verhältnis zu Vorgesetzten als besser – lauter Trends, die sich bei der Kontrollgruppe nicht so ausgeprägt zeigen. Lediglich ihre Aufstiegschancen schätzen Mindestlohn-Beschäftigte etwas negativer ein als Angehörige der Kontrollgruppe.

"Diese Erkenntnisse können als Anhaltspunkte gewertet werden, dass Unternehmen einerseits auf Arbeitsverdichtung und andererseits auf verstärkte Motivation setzen", schließen Pusch und Rehm. So würden gering bezahlte Tätigkeiten etwa durch bessere Organisation "aufgewertet". Unter dem Strich empfänden das die Mindestlohn-Beschäftigten als überwiegend positiv.

*Toralf Pusch, Miriam Rehm: Positive Effekte des Mindestlohns auf Arbeitsplatzqualität und Arbeitszufriedenheit, in: Wirtschaftsdienst, 97.
Jg. (2017), Heft 6, S. 409-414.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 13.06.2017

Staatliche Arrangements wie die Pflegeversicherung entlasten betroffene Familien. Doch den Hauptteil der Arbeit machen bislang Angehörige selbst – mit enormem zeitlichen und teilweise auch finanziellem Aufwand. Das zeigt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.* Trotz einiger politischer Initiativen funktioniert die Verzahnung von Pflege und Arbeitsmarkt noch nicht gut. Und ob Pflegende die nötige Unterstützung erhalten, hängt stark vom sozialen und finanziellen Hintergrund ab.

Die Pflege eines Verwandten ist oft mehr als ein Vollzeitjob: 63 Stunden in der Woche fallen in einem Haushalt mit pflegebedürftiger Person im Schnitt an – Waschen, Hilfe beim Essen und im Haushalt oder einfach da sein, um Orientierung zu geben und bei diesem oder jenem helfen zu können. Nur zehn Prozent der Arbeiten übernehmen professionelle Dienste, alles Übrige leisten Angehörige, meist Ehefrauen oder Töchter, und in kleinerem Umfang auch informelle Helfer wie Freunde, Bekannte oder Nachbarn. Allein die "Hauptpflegeperson" ist im Durchschnitt knapp 50 Stunden pro Woche eingespannt. Dies geht aus der aktuellen Studie von Dr. Volker Hielscher, Dr. Sabine Kirchen-Peters und Dr. Lukas Nock hervor. Die Wissenschaftler haben am Iso-Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft in Saarbrücken im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung bundesweit mehr als 1.000 Haushalte befragt, in denen Pflegebedürftige ab 65 Jahren leben – mit und ohne Einstufung in der Pflegversicherung. Ihre Untersuchung zeigt nicht nur, wieviel Zeit die Pflege in Anspruch nimmt. Deutlich werden auch Widersprüche in der Sozialpolitik, etwa wie sich soziale Ungleichheit bei der Betreuung hilfebedürftiger Menschen niederschlägt oder dass es bei der Verzahnung von Pflege und Arbeitsmarkt in mehrerer Hinsicht knirscht: Das gilt für die Arbeitsbedingungen osteuropäischer Pflegekräfte ebenso wie für die Vereinbarkeit von Job und Familie oder für knappe Einkommen und Rentenansprüche von Beschäftigten, die ihre Arbeitszeit aus Pflegegründen reduziert haben.

– Mehr als die Hälfte verzichtet auf professionelle Unterstützung –

Gut 70 Prozent der Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt. Meist gibt es eine Hauptpflegeperson, die den Löwenanteil der Betreuung und Versorgung sowie die Organisation schultert. Am häufigsten handelt es sich dabei um Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter. Nur ein Drittel der Hauptpflegepersonen ist männlich – jedoch zeigt der Vergleich zu früheren Studien, dass der Anteil pflegender Männer steigt. Mehr als die Hälfte der befragten Haushalte verzichtet vollkommen auf Unterstützung durch Pflegedienste oder andere professionelle Hilfe. In jedem fünften Pflegehaushalt macht die Hauptpflegeperson alles allein. Wie viel das oft ist, unterstreicht eine weitere Zahl: Selbst wenn die Krankenkassen den hilfebedürftigen Älteren keine Pflegestufe zuerkannt haben, fallen im Schnitt vier Stunden Arbeit am Tag für die betreuenden Angehörigen an.

– Drei Viertel der Pflegenden gar nicht oder in Teilzeit erwerbstätig –

Schwierig gestaltet sich die Vereinbarkeit von Pflegeaufgaben und Beruf:
Rund ein Drittel der Hauptpflegepersonen im erwerbsfähigen Alter hat die Arbeitszeit im Job reduziert; 44 Prozent dieser Gruppe sind gar nicht erwerbstätig – das ist ein deutlich überdurchschnittlicher Wert. Die Pflegenden riskieren damit, im Alter selber mit wenig Geld dazustehen. Die gesetzliche Pflegezeit nutzten lediglich sechs Prozent der berufstätigen Hauptpflegepersonen.

Neben die zeitlichen Belastungen treten erhebliche finanzielle Aufwendungen, etwa für Aufwandsentschädigungen und Fahrtkosten von Helfern, Zuzahlungen für Pflegedienste, Tagespflege, Hilfsmittel und Medikamente, oder den Menüdienst. Im Durchschnitt aller Pflegehaushalte ermitteln die Forscher rund 360 Euro an monatlichen Ausgaben, die nicht durch so genannte Sachleistungen der Pflegeversicherung ersetzt werden. Auch das Pflegegeld, das ein Teil der Pflegebedürftigen erhält, kann diese Kosten nur bedingt kompensieren. Darüber hinaus verzichten die Pflegegeldbezieher auf die -höher finanzierten – Sachleistungen der Pflegeversicherung, etwa für den Einsatz eines Pflegedienstes.

– Die Pflegerin im Haushalt – ein Modell für Besserverdiener –

Angesichts des hohen Zeitaufwands liegt es bei steigendem Pflege- und Betreuungsbedarf für viele Haushalte nahe, eigens eine im Haushalt lebende Hilfskraft zu engagieren. Das betrifft aktuell knapp jeden zehnten Pflegehaushalt, Tendenz steigend. Diese Jobs übernehmen in aller Regel osteuropäische Arbeitsmigrantinnen. Für Pflegebedürftige, deren Angehörige nicht genug Zeit für eine umfassende rund-um-die-Uhr-Betreuung haben, ist dies oft die einzige praktikable Lösung, um den Umzug in ein Heim zu vermeiden. Allerdings "scheint in der Praxis eine den arbeitsrechtlichen Mindeststandards entsprechende Beschäftigung dieser Kräfte kaum realisierbar", konstatieren Hielscher, Kirchen-Peters und Nock. Zudem sei die private Anstellung einer solchen Kraft "nur für Haushalte aus stärkeren sozioökonomischen Milieus finanzierbar". Ein Dilemma: Würde die Politik zu stärkeren Kontrollen greifen, um die Einhaltung von Mindestlohn und Arbeitszeitbestimmungen sicherzustellen, würde sich die häusliche Rundumpflege weiter verteuern und die soziale Spaltung noch verstärken.

– Unterstützungsangebote erreichen Bildungsferne seltener –

Dass Pflege sozial selektiv ist, hat aber nicht nur direkt mit den Einkommen zu tun. Die Angebote zur Pflegeberatung erreichen Hauptpflegepersonen aus bildungsfernen Schichten oft nicht, haben die Forscher festgestellt.
Offenbar sind sie häufig auch mit den bürokratischen Anforderungen der Pflegeorganisation überfordert. Auffällig sei, so die Wissenschaftler, dass Pflegebedürftige in einkommensstarken Haushalten oft in höhere Pflegestufen eingruppiert sind als solche aus sozial schwächeren Kreisen. Da nicht ersichtlich ist, warum Wohlhabende pflegebedürftiger sein sollten als Arme, liegt die Vermutung nahe: Es gelingt den Angehörigen höherer Schichten besser, gegenüber der Pflegeversicherung einen größeren Bedarf geltend zu machen.

– Die Politik muss entscheiden: Gesellschaftspolitische oder private Aufgabe? –

Grundsätzlich bestünden in der Pflegepolitik eine Reihe von Zielkonflikten, schreiben die Wissenschaftler. Einerseits sei die Vorstellung leitend, dass Pflege, wenn möglich, zuhause stattfinden soll und primär eine Aufgabe der Angehörigen darstellt. Anderseits werden eine hohe Erwerbsbeteiligung und professionelle Pflegestandards, Chancengleichheit und gute Arbeitsbedingungen für alle angestrebt. All dies gleichzeitig zu verwirklichen, ist schwierig, wie die Untersuchung zeigt. Letztlich müsse die Politik entscheiden, "ob die Bewältigung von Pflegebedürftigkeit als gesellschaftliche Aufgabe definiert und gelöst oder weiterhin ein primär privates, von den Familien zu tragendes Risiko bleiben" soll. Wird Pflege als gesellschaftliche Aufgabe verstanden, muss die Frage beantwortet werden, ob entweder das Leben im Heim zu einer attraktiven Alternative ausgebaut wird oder "häusliche Settings" soweit entwickelt und finanziert werden, dass sie auch bei schwerster Pflegebedürftigkeit eine umfassende Versorgung garantieren.

*Volker Hielscher, Sabine Kirchen-Peters und Lukas Nock: Pflege in den eigenen vier Wänden: Zeitaufwand und Kosten. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen geben Auskunft. Study der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 363, Juni 2017. Download: https://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_363.pdf

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 07.06.2017

Im Jahr 2015 lebten in Deutschland rund 2,8 Millionen Paare als nichteheliche Lebensgemeinschaft zusammen in einem Haushalt. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf der Basis von Ergebnissen des Mikrozensus mit, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland. Bei einem Drittel (33 %) der nichtehelichen Lebensgemeinschaften wohnten Kinder im Haushalt.

Seit 1996 ist die Anzahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften um gut eine Million gestiegen. Damals lebten und wirtschafteten 1,8 Millionen gemischtgeschlechtliche Paare ohne Trauschein gemeinsam in einem Haushalt. Auch der Anteil der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern war damals mit 28 % geringer als heute.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 13.06.2017

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (18/12557) die Bundesregierung auf, ein umfassendes Konzept gegen Armut und Ungleichheit vorzulegen. Der fünfte Armuts- und Reichtumsbericht zeige, dass es den Menschen in Deutschland im Schnitt gut gehe, er zeige aber auch, dass der Wohlstand nicht bei allen ankomme. Ungleichheit und Armut bewegten sich trotz der guten Rahmenbedingungen seit Jahren auf Rekordniveau, schreiben die Grünen.

Zu einem Konzept gegen Armut und Ungleichheit müsse nach Ansicht der Grünen unter anderem eine bessere Bezahlung von Arbeit und ein Rückkehrrecht auf Vollzeit gehören. Arbeitslose sollten besser abgesichert und der Zugang für Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte, Geflüchtete und Alleinerziehende zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Bezahlbarer Wohnraum müsse geschaffen und Geringverdiener von hohen Wohnkosten entlastet werden. Weitere Forderungen beziehen sich auf eine armutsfeste Rente, Bildungschancen und die Gesundheitsversorgung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im BundestagNr. 357 vom 06.06.2017

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Das AWO-Projekt „Flüchtlingen ein Gesicht geben“ gewinnt den Preis in der Kategorie „Nachbarschaften“. Die Gruppe „Migranten mischen mit“ (MMM) vom Jugendmigrationsdienst AWO Unterbezirk Hochsauerland/Soest hat das Projekt „Flüchtlingen ein Gesicht geben“ initiiert. In dem Projekt wurden 23 seit September 2015 angekommene junge Geflüchtete von einheimischen Jugendlichen in Interviews zu ihren Erlebnissen und Eindrücken rund um ihre Flucht und ihrem Ankommen in Deutschland befragt. So lernten sich die Jugendlichen kennen.

Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeichnet der „Integrationspreis 2017" hervorragende Projekte aus, die dazu beitragen, in Wohnquartieren lebendige Nachbarschaften zu erhalten, Ausgrenzung zu vermeiden und Integration zu unterstützen. Das Bundesbauministerium (BMUB) unterstützt den Wettbewerb.

Der parlamentarische Staatssekretär im BMUB Florian Pronold zeichnete gemeinsam mit den auslobenden Verbänden die Preisträgerinnen und Preisträger für ihr umfassendes Engagement aus. „Wir ehren heute herausragende Projekte, die den Gedanken der Integration in den Wohnquartieren und Nachbarschaften beispielhaft umgesetzt haben. Ihr Engagement in ihren Nachbarschaften für die Gesellschaft ist vorbildlich. Wir gratulieren Ihnen ganz herzlich und wünschen Ihnen alles Gute für ihre weitere Arbeit", erklärte Pronold anlässlich der Preisverleihung.

Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes und Vertreterin von einem der fünf auslobenden Verbände, ergänzt diese Einschätzung: „Die vielfältigen Herausforderungen erfordern mehr denn je engagierte und lebendige Quartiere. In einer Nachbarschaft geht es nicht darum, woher man kommt, sondern wofür und wie man sich einsetzt. Jeder kann und soll sich einbringen – das bedeutet erfolgreiche Integration für die AWO. Die preisgekrönten Projekte des Integrationspreises 2017 zeigen beispielhaft wie es aktiv, lebendig und kooperativ gelingen kann, zugewanderte Menschen und ihre Familien mitzunehmen und einzubinden. Und das macht eine gute Quartiersarbeit aus“.

Eine 11-köpfige Fachjury hat unter dem Vorsitz des ZDF-Fernsehmoderators Mitri Sirin aus dem großen Feld der qualitätsvollen Bewerbungen die besten Projekte ausgewählt. Zwei von ihnen wurden am 13. Juni in Hamburg mit dem Integrationspreis in den Kategorien "Nachbarschaften" und "Netzwerke" prämiert. Insgesamt hatten es 12 Projekte auf die Nominierungsliste geschafft.

Der Preis in der Kategorie „Nachbarschaften“ ging an das Projekt „Flüchtlingen ein Gesicht geben“ des Jugendmigrationsdienstes Lippe des AWO Unterbezirks Hochsauerland/ Soest. Der Preis in der Kategorie „Netzwerke“ ging an die Rheinsberger Wohnungsgesellschaft mbH mit ihrem Projekt „Zusammenleben mit neuen Nachbarn in Rheinsberg“.

Der Wettbewerb ist eine Gemeinschaftsinitiative des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO), des Deutschen Städtetages, des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, des Deutschen Mieterbundes und des vhw –Bundesverbandes für Wohnen und Stadtentwicklung. Er wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) unterstützt.

Mehr zu den Projekten:

Quelle: Pressemitteilung Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. vom 14.06.2017

Am Freitagabend begrüßte der Bundesausschuss der Arbeiterwohlfahrt (AWO) den SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz. Vor gut 100 ehren- und hauptamtlichen Teilnehmenden hieß der Präsident der AWO, Wilhelm Schmidt, den Kanzlerkandidaten der SPD willkommen: „Es freut uns, dass der Vorsitzende der SPD vor dem Bundesausschuss der Arbeiterwohlfahrt seine sozialpolitischen Leitlinien für die Zukunft und seine Vision für eine gerechte Gesellschaft vorstellt. Aus Sicht der AWO kommt es in der nächsten Legislaturperiode darauf an, dass alle Bürgerinnen und Bürger von den guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitieren.“

Martin Schulz erklärte gleich zu Beginn seiner sozialpolitischen Grundsatzrede: „Die AWO und die SPD stammen aus der Arbeiterbewegung. Wir sind Teil einer Bewegung, die für Stabilität und Gerechtigkeit kämpft, denn sie sind der Garant für den inneren Frieden in unserer Gesellschaft.“

Die SPD, so versicherte Schulz, sei die Partei, die die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehme, sie anpacke und die besseren Lösungen biete. Sein Ziel sei die Schaffung von Generationengerechtigkeit. Dazu plane die SPD eine Million neue Ganztagsschulplätze zu schaffen und gebührenfreie Kitas genauso wie eine auskömmliche Rente.„Es ist eine sozialpolitische Unverschämtheit einer Altenpflegerin zu sagen, sie solle noch mit über 67 Jahren arbeiten“, erklärte der SPD Kanzlerkandidat. Eine verlässliche Rente sei ein Kernversprechen einer solidarischen Gesellschaft. Die SPD wolle, dass sich alle auf die Rente verlassen können – Jung und Alt, Arm und Reich, Frauen und Männer gleichermaßen: auf stabile Renten, auf stabile Beiträge, auf ein stabiles Renteneintrittsalter.

Quelle: Pressemitteilung Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. vom 12.06.2017

Anlässlich des heute veröffentlichten Rentenkonzepts der SPD erklärt der AWO-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler:

„Das Rentenkonzept der SPD läuft auf eine klare Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus und wird deshalb von der AWO nachdrücklich unterstützt. Aktuell sieht das Gesetz für 2030 eine Untergrenze beim Rentenniveau von 43 Prozent vor. Die SPD will das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent bis 2030 garantieren. Das wäre eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status Quo und würde bedeuten, dass Rentnerinnen und Rentner von der Lohnentwicklung wieder ohne Abstriche profitieren. Dabei sollte auch ein noch stärkerer Rentenanstieg nicht ausgeschlossen werden, zumindest, bis die Renten wieder ein lebensstandardsicherndes Niveau von über 50 Prozent erreicht haben.

Der Vorschlag einer Solidarrente greift aus Sicht der AWO ein weiteres akutes Gerechtigkeitsproblem auf. Denn aktuell ist nicht sichergestellt, dass man über ein Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung verfügt – selbst nach langjährigen Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Damit die Legitimation der gesetzlichen Rentenversicherung langfristig nicht in Frage gestellt wird, müssen Vorleistungen in Form von Rentenbeiträgen im gegenwärtigen System aus Rentenversicherung und aufstockender Grundsicherung besser anerkannt werden. Insoweit ist die Solidarrente ein zielführender Vorschlag.

Auch der vorgeschlagene steuerfinanzierte Demografiezuschuss ist aus Sicht der AWO sehr zu begrüßen. Denn die Bewältigung der demografischen Veränderungen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein von den Versicherten, sondern von allen Steuerzahlern gestemmt werden muss. Der Vorschlag, alle nicht versicherten Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, geht ebenfalls in die richtige Richtung. Eine Wahlmöglichkeit für Selbstständige zwischen gesetzlicher Rente und Privatvorsorge lehnt die AWO mit Entschiedenheit ab. Denn unser Alterssicherungssystem darf nicht weiter zersplittert werden. Vielmehr muss die Rentenversicherung langfristig zu der zentralen Alterssicherung für alle Erwerbstätigen ausgebaut werden.

Quelle: Pressemitteilung Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. vom 07.06.2017

Zwei Tage führten die 17 Vorsitzenden von Deutschlands größten Frauenverbänden einen intensiven Austausch mit sechs Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der politischen Parteien.
Mit der Berliner Erklärung 2017, die am 30. Mai 2017 veröffentlicht wurde, wenden sich mehr als 12,5 Millionen Frauen an die Politik.
http://www.berlinererklaerung.de/

Für die CDU stand stellvertretend für Bundeskanzlerin Angela Merkel die saarländische Ministerpräsidentin und stellvertretende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer den siebzehn Frauenverbänden Rede und Antwort.
Sie unterstützte vor allem die Forderung nach funktionierender und systematischer Erfassung der Gleichstellungspolitik und betonte: "Monitoring darf keinesfalls bloße Pflichtübung sein."

Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete sich im Gespräch mit den Frauenverbänden als "entschiedenen Kämpfer" für die Gleichberechtigung und verwies auf die hohe Übereinstimmung der Frauenforderungen mit den Zielsetzungen der SPD. Das überfällige Pflegeberufegesetz hält Schulz für einen erforderlichen nächsten Schritt.
Gleichstellungspolitische Maßnahmen wolle er in einem Aktionsplan bündeln.

Dietmar Bartsch als Spitzenkandidat der Linken betonte, dass die Berliner Erklärung bei seiner Partei "offene Türen einlaufe" und die Forderungen der Linken teils über die der Verbände hinausgingen; es gehe ihm aber vor allem um die Durchsetzung des "großen Ganzen" in der Sozialpolitik.

Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, bekräftigte im Austausch mit den Vertreterinnen der Berliner Erklärung die Notwendigkeit des Neudenkens beim Ehegattensplitting, denn "Chancen, Macht, Geld und Zeit müssen gerecht zwischen Männern und Frauen geteilt werden."

Die FDP dagegen steht den Forderungen der Berliner Erklärung 2017 kritisch gegenüber, wie Katja Suding, stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen, im Gespräch mit den Frauenverbänden feststellte. Nach ihrer Überzeugung solle sich die Politik auf die Rahmenbedingungen konzentrieren wie bessere Betreuungsangebote und Flexibilisierung der Arbeitswelt und auch künftig auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft setzen. Suding:
"Quoten lehne ich weiterhin ab."

Als Vertreter der CSU zeigte sich der bayerische Innenminister und CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann aufgeschlossen für die Anliegen der Frauenverbände. Er steht der Quote nicht mehr ablehnend gegenüber und sagte zu, insbesondere den Vorschlag einer Quotierung von Wahllisten für eine ausgewogenere Gremienbesetzung eingehend zu prüfen.

Unter den angefragten sieben Parteien hatte einzig die AfD keinen Gesprächspartner benannt; sie kündigte inzwischen an, schriftlich zu den übermittelten Forderungen Stellung nehmen zu wollen.

Insgesamt hochzufrieden mit den ersten Ergebnissen ihrer politischen Gespräche mit Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl setzen die Vertreterinnen der Berliner Erklärung 2017 nun auf die konkrete Umsetzung in den Wahlprogrammen. Initiatorin Monika Schulz-Strelow vom Verband Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR): "Wir werden überprüfen, was in die Wahlprogramme konkret aufgenommen wird, fragen erneut nach und machen die Antworten öffentlich. Gemeinsam bleiben wir dran!"

Weitere Informationen:

www.berlinererklaerung.de; #BerlinerErklärung2017

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e. V. vom 12.06.2017, gekürzt

Das Deutsche Kinderhilfswerk und der ökologische Verkehrsclub VCD appellieren an Politik, Autofahrer und Eltern, für mehr Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr zu sorgen.

Dazu müssen aus Sicht der Verbände die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern vermehrt das selbstständige Zufußgehen üben, damit die Kinder mehr Sicherheit im Straßenverkehr erlangen. Autofahrerinnen und Autofahrer sind aufgerufen rücksichtsvoller gerade gegenüber Kindern zu sein. Zugleich treten das Deutsche Kinderhilfswerk und der VCD anlässlich des morgigen 13. Tages der Verkehrssicherheit für eine veränderte Verkehrspolitik ein: Fuß- und Radwege müssen ausgebaut werden, zudem muss es für Schulen und Kommunen einfacher werden, Elterntaxis direkt vor dem Schultor Einhalt zu gebieten und Halteverbotszonen vor Schulen einzurichten.

Auch mit Blick auf die Verkehrsunfallstatistik sollte Schluss sein mit dem zunehmenden Trend zum Elterntaxi: Als Mitfahrer im Auto verunglücken Kinder wesentlich häufiger, als wenn sie zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren.

"Es ist wichtig, Kindern und Eltern spielerisch die positiven Auswirkungen des Laufens zu vermitteln und sie zu motivieren, langfristig zu Fuß zur Schule oder in die Kita zu gehen. So gewinnen die Kinder mehr Sicherheit im Straßenverkehr und parallel können sie neue Spielmöglichkeiten im Umfeld ihrer Schule oder Kita entdecken. Auch und gerade im öffentlichen Raum, müssen Eltern ihren Kindern wieder mehr zutrauen", sagt Claudia Neumann, Expertin für Spiel und Bewegung des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Marion Laube, Mitglied des VCD-Bundesvorstands ergänzt: "Kinder möchten selbst zur Schule laufen oder mit dem Rad fahren. Deshalb ist es wichtig, dass Straßen und Wege wieder als Lebensraum für alle betrachtet werden. Dazu braucht es Umbauten, die Kommunen mutig durchsetzen, Tempo 30 überall dort wo Kinder unterwegs sind sowie ein starkes Signal des Bundes, den Fuß- und Radverkehr zu fördern. So wird es schließlich den Eltern leichter gemacht, ihre Kinder alleine gehen zu lassen."

Anlässlich des Verkehrssicherheitstages rufen das Deutsche Kinderhilfswerk und der VCD außerdem Kinder und ihre Eltern zur Teilnahme an den Aktionstagen "Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten" auf. Unter dem Motto "Das Elterntaxi hilft uns nicht!" sollen dabei Laufaktionen erarbeitet werden, die zu Beginn des nächsten Schuljahres umgesetzt werden. Anmelden können und sollten sich Schulklassen sowie Kindertageseinrichtungen bereits jetzt – auf der Webseite www.zu-fuss-zur-schule.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. und ökologischer Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. vom 16.06.2017

Bereits 1000 Betroffene haben sich für Anhörungen angemeldet. Neues Licht fällt auf die Rolle der Mitwissenden in der Familie, die Mehrfachbetroffenheit und den Zusammenhang von Missbrauch und Armut.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat im Mai 2016 ihre Arbeit aufgenommen. Heute stellt sie ihren ersten Zwischenbericht vor. Neben der Dokumentation ihrer Arbeit beinhaltet der Bericht erste Erkenntnisse aus vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten. Er beinhaltet zudem Botschaften von Betroffenen an die Gesellschaft und Empfehlungen der Kommission an die Politik.

Seit Mai 2016 haben sich bei der Kommission rund 1000 Betroffene und weitere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für eine vertrauliche Anhörung gemeldet. Davon konnten bisher etwa 200 Personen angehört werden. Zusätzlich sind 170 schriftliche Berichte eingegangen. Bei rund 70 Prozent der Betroffenen, die sich bisher an die Kommission gewandt haben, fand der Missbrauch in der Familie oder im sozialen Nahfeld statt, gefolgt von Missbrauch in Institutionen, durch Fremdtäter/Fremdtäterinnen und rituellem/organisiertem Missbrauch.

Schwerpunkt Familie

Einen ersten Schwerpunkt ihrer Arbeit hat die Kommission mit sexuellem Missbrauch in der Familie gesetzt und damit auch international Neuland betreten. Bisherige Erkenntnisse: Kinder haben oft keine oder erst spät Hilfe erfahren, weil Familienangehörige zum Teil lange etwas von dem Missbrauch wussten, sie dennoch nicht davor schützten und handelten. Insbesondere die Rolle der Mütter steht im Fokus. Mütter treten nach den Erkenntnissen der Kommission auch als Einzeltäterinnen auf, aber vorwiegend als Mitwissende und damit als Unterstützende der Taten. Gründe für das Dulden des Missbrauchs sind u.a. Abhängigkeiten, erlebte Rechtelosigkeit, Ohnmachtserfahrungen und Gewalt in der Partnerschaft, jedoch auch die Angst vor dem Verlust des Partners oder der gesamten Familie sowie bereits eigene vorausgegangene Missbrauchserfahrungen in der Familie. In den wenigsten Fällen haben die Mütter ihren Kindern geglaubt und sie vor weiterem Missbrauch geschützt.
Hilfe von außerhalb der Familie erfahren Betroffene selten, weil die Familie, als Privatraum gesehen wird. Aufarbeitung muss sich folglich mit der Wirkung gesellschaftlicher Vorstellungen von Familie sowie der Rolle von Eltern und anderen Angehörigen befassen. Zu klären ist auch, welche Bedeutung das Dilemma zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Aufgabe des staatlichen Wächteramtes hat.

Mehrfachbetroffenheit
In den Anhörungen und schriftlichen Berichten wird deutlich, dass viele Menschen mehrfachbetroffen sind. Sie erlebten sexuelle Gewalt durch verschiedene Täter oder Täterinnen oftmals auch in verschiedenen Bereichen. So wird zum Beispiel von sexuellem Missbrauch in der Familie berichtet und von parallel oder später stattfindendem Missbrauch im Heim oder in der Schule. Oder es findet Missbrauch in der frühen Kindheit durch den Großvater und in der späteren Kindheit durch den Vater statt. Auch der Zugang zu rituellen oder organisierten Gewaltstrukturen erfolgt nicht selten über die Familie.

Zentrales Thema Armut
Alle Kontexte durchzieht das Thema Armut im Erwachsenenalter als Folge des Missbrauchs in der Kindheit. Es besteht längst noch kein Bewusstsein darüber in der Gesellschaft, in welchem Ausmaß sexueller Kindesmissbrauch auch das spätere Erwerbsleben beeinträchtigen kann und welche erheblichen sozioökonomischen Einschränkungen damit verbunden sein können. Es bedarf der Verantwortung der gesamten Gesellschaft, damit Betroffene nicht länger an strukturellen und finanziellen Hürden scheitern, sondern schnelle und passende Hilfen und Unterstützung erhalten.

Empfehlungen an die Politik
Aus ihren Erkenntnissen richtet die Kommission folgende Empfehlungen an die Politik:

  • Betroffene Menschen haben das Recht auf eine deutliche Geste der Politik und klare politische Entscheidungen, welche die Verantwortungsübernahme des Staates für mangelnden Schutz und unzureichende Hilfen in der Vergangenheit zum Ausdruck bringen. So ist es beispielsweise in Österreich gelungen, durch einen Staatsakt im Parlament ein eindrückliches Zeichen zu setzen.
  • Eine gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung muss über 2019 hinaus gewährleistet sein. Die große Anzahl der Meldungen für vertrauliche Anhörungen bedingt einen deutlichen Nachsteuerungsbedarf bei den Ressourcen für die zeitnahe Durchführung von Anhörungen. Aufarbeitung erfordert darüber hinaus eigene Ressourcen für Forschung. Die Kommission empfiehlt zudem dringend eine gesetzliche Verankerung. Dieses wird benötigt, um einer umfassenderen Aufarbeitung den Weg zu bereiten, z. B. durch die Möglichkeit, Akten über Täter und Täterinnen einzusehen oder Verantwortliche aus Institutionen zu einer Anhörung vorzuladen.

Für 2017 und 2018 hat sich die Kommission weitere Arbeitsschwerpunkte gesetzt: Kindesmissbrauch in der DDR, in den Kirchen sowie ritueller/organisierter Missbrauch.

Zur aktuellen Situation: Die Kommission kann aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen vorerst keine weiteren Anmeldungen für vertrauliche Anhörungen annehmen. Mit den vorhandenen finanziellen Mitteln kann sie gewährleisten, bis zum Ende ihrer Laufzeit im März 2019 alle Betroffenen anzuhören, die sich bis jetzt angemeldet haben. Bisher sind bei der Kommission fast 1000 Anmeldungen für vertrauliche Anhörungen
eingegangen. Für die Kommission ist das ein Zeichen großen Vertrauens der Betroffenen in die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung.
Die Kommission hat seit Herbst 2016 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. Dank der zusätzlichen finanziellen Unterstützung durch das Bundesfamilienministerium in 2017 kann die Kommission fast doppelt so viele Anhörungen durchführen, wie anfangs möglich waren. Doch schon heute zeigt sich, dass der Bedarf noch viel größer ist. Wir setzen uns sehr dafür ein, dass unsere Mittel bereits in 2018 aufgestockt werden und dass die Kommission ihre Arbeit im April 2019 weiterführen kann.

Den Zwischenbericht finden Sie unter: www.aufarbeitungskommission.de/zwischenbericht/

Quelle: Pressemitteilung Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs vom 14.06.2017, gekürzt

SHIA fordert bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung eine vorrangige und bedingungslose Zahlung des Unterhaltsvorschusses bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit, analog der Kindergeldregelung!

Der Bundesverband der Selbsthilfeinitiativen Alleinerziehender, SHIA e. V., setzt sich seit seiner Gründung ein für einen Unterhaltsvorschuss bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit des betroffenen Kindes, der seinen Namen auch verdient.

Mit dem ausgehandelten "faulen" Kompromiss zwischen Bundesrat und Bundeskabinett bleiben die Rechte der Kinder und die spezifische Situation der Alleinerziehenden außen vor.

Auf dem Rücken der Kinder wird ein Finanzgerangel zwischen Bund und den Ländern ausgetragen – dabei ist gerade so viel Geld wie nie zuvor in den Staatskassen.

In keinem Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches wird der Kindesunterhalt mit dem Einkommen des betreuenden Elternteils in Verbindung gebracht. Unterhalt und Unterhaltsvorschuss sind ein Anspruch des Kindes, unabhängig vom Einkommen desbetreuenden Elternteils.

Mit dem nun vorliegenden Entwurf des Unterhaltsvorschussgesetzes würde es zudem zu einer Ungleichbehandlung der betreuenden Elternteile kommen – bei einem Elternteil mit einem Kind unter 1 Jahren spielt das eigene Einkommen keine Rolle, bei einem Elternteil mit einem Kind von 12 bis 18 Jahren aber schon.

Seit wann ist das Unterhaltsvorschussgesetz ein "Anreiz" für die betreuenden Elternteile, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern?

Es sind die strukturellen Rahmenbedingungen, die verhindern, dass Alleinerziehende den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder eigenständig sichern können.

Unsere Forderung: Weg mit dem "faulen" Kompromiss!

Bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung, die das Recht der Kinder auf ein Aufwachsen in Würde und Teilhabe gewährleistet, fordern wir:

Zahlung des Unterhaltsvorschusses bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit des betroffenen Kindes, analog der Kindergeldregelung!

Unterhaltsvorschuss ist und muss eine vorrangige Leistung bleiben!

Weg mit der Anrechnung des vollen Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss und nur Abzug des hälftigen Kindergeldes!

Anrecht auf Leistungen nach dem Bildung-und Teilhabe-Paket auch für Berechtigte nach dem Unterhaltsvorschussgesetz!

Bedingungslose Zahlung des Unterhaltsvorschusses!

Nur so wird sichtbar, wie viele Unterhaltsverpflichtete in diesem Land ihrer Pflicht zur Unterhaltszahlung nicht nachkommen oder nicht nachkommen können.

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V. – Selbsthilfeinitiativen Alleinerziehender, Bundesverband

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) hat sein 50-jähriges Jubiläum mit einem Festakt und der Fachtagung „Alleinerziehend früher, heute und morgen“ gefeiert. „In den letzten 50 Jahren hat sich viel für Alleinerziehende bewegt, aber noch mehr bleibt zu tun“, resümiert Erika Biehn, Bundesvorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) „Insbesondere das viel zu hohe Armutsrisiko Alleinerziehender ist ein Zeichen ihrer weiterhin bestehenden Benachteiligung. Kinderarmut darf keine offene Frage bleiben, sondern die Antwort Kindergrundsicherung muss endlich kommen!“

Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek (BMFSFJ) würdigte in seinem Grußwort die Arbeit und Erfolge des VAMV. Er diskutierte mit Erika Biehn und den Abgeordneten des Bundestags Marcus Weinberg (CDU) und Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) auf dem Podium darüber, was passieren muss um die Situation Alleinerziehender zu verbessern. Paus sprach sich für eine Kindergrundsicherung als Teil eines Familienbudgets aus.

Die Historikerin und Sozialwissenschaftlerin Dr. Gisela Notz zeigte mit einem Blick in die Geschichte, wie sich die rechtliche Situation Alleinerziehender verändert und auch verbessert hat, insbesondere die lediger Mütter. Sie plädierte für eine tatsächliche Gleichwertigkeit unterschiedlicher Familienformen statt der immer noch bestehenden Fokussierung auf Familien mit Trauschein. Die Juristin Prof. Dr. Eva Kocher stellte Handlungsempfehlungen des 2. Gleichstellungsberichts vor, welche die Situation Alleinerziehender positiv beeinflussen können, etwa am Arbeitsmarkt oder durch eine gerechtere Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit im Lebensverlauf.

Bei der anschließenden Bundesdelegiertenversammlung standen Wahlen auf dem Programm: Die Versammlung hat Erika Biehn als Vorsitzende gewählt und Daniela Jaspers als Vizevorsitzende. Schatzmeister ist Jürgen Pabst, Protokollführerin Elisabeth Küppers und Karina Hoff Beisitzerin im Bundesvorstand.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 14.06.2017

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termine: Juni bis November 2017

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Wenn Fachkräfte in KiTas, Schulen oder in der Jugendhilfe mit Kindern arbeiten, die Schwierigkeiten in der Akzeptanz von Unterschiedlichkeit haben – sei es im Hinblick auf Menschen anderer Herkunft, Religion oder auch Geschlecht – treffen sie meist auch auf Eltern, die eigene Ressentiments zum Ausdruck bringen, zu Hause und in den Einrichtungen.

Welche Möglichkeiten haben Fachkräfte, wenn sie derartige Phänomene in der Interaktion mit Eltern zur Sprache bringen wollen? Wie gelingt das Thematisieren, ohne die Kooperationsbasis mit den Eltern zu gefährden? Welche Ansätze der Familienbildung und der politischen Bildung sind möglich und unter welchen Bedingungen gelingen sie?

Das Projekt ElternStärken bietet zu diesen Fragen (Team-)Fortbildungen und Fachgespräche für Berufsgruppen an, die in unterschiedlichen Settings mit Eltern arbeiten.

Ziel ist es, die eigene Haltung und das Handlungsrepertoire zu reflektieren und darüber mehr Souveränität in der Begegnung mit dieser wichtigen Zielgruppe herzustellen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 29. – 30. Juni 2017

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung des Kompetenzzentrums „PQHD“ und der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands e. V. (kfd)

Ort: Berlin

Teilnahmebeitrag: 30,- €
Die Teilnahme ist für Ehrenamtliche und Ministeriumsangehörige kostenlos.

Im Rahmen dieser Tagung soll die Bedeutung haushalt-naher Dienstleistungen vor dem Hintergrund des Zwei-ten Gleichstellungsberichtes und aktueller Gesetzesän-derungen im Fokus stehen.

Die Relevanz haushaltsnaher Dienstleistungen steht im Zusammenhang mit vielfältigen politischen Bemühungen um eine lebenslaufbezogene Gleichstellungspolitik: Die Förderung eines raschen beruflichen Wiedereinstiegs von jungen Müttern, die Realisierung partnerschaftlicher Arbeitsteilungsmodelle bei der Verknüpfung von Care- und Erwerbsarbeit, die Unterstützung von pflegenden Angehörigen sowie der Ermöglichung eines möglichst langen selbständigen Lebens in den eigenen vier Wänden oder in neuen Wohnformen für ältere Menschen.

Gleichzeitig generieren professionelle Dienstleistungen ein erhebliches Beschäftigungspotenzial mit neuen Arbeitsplätzen, die jedoch eine adäquate Qualifizierung des Personals (überwiegend Frauen) erfordern. Veränderungen von Rahmenbedingungen zur Inanspruchnahme qualitativ hochwertiger Leistungen (etwa durch neue Leistungsansprüche im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung) bringen zudem neue Herausforderungen ihrer Professionalisierung, Qualitätssicherung und Finanzierung hervor.

Zur Diskussion innovativer Handlungsperspektiven sollen PolitikerInnen und AkteurInnen aus den Feldern haushaltsnahe Dienstleistungen, Hauswirtschaft, Pflege und Zivilgesellschaft zusammengeführt werden.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 03. Juli 2017

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Berlin

Das Internet und Online-Dienste wie WhatsApp oder Instagram sind alltäglicher Bestandteil im Leben von Kindern und Jugendlichen. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten bieten viele Vorteile, aber gerade für Kinder und Jugendliche oft auch Risiken, etwa was den Zugang zu nicht altersgerechten Angeboten oder den Datenschutz betrifft.

In dem Europäischen Fachgespräch soll deshalb der Frage nachgegangen werden, welche Maßnahmen zum Schutz von Kindern auf europäischer Ebene und in Deutschland bereits existieren und wo weiterhin Handlungsbedarf besteht. Gemeinsam soll diskutiert werden, wie die bestehenden Maßnahmen zu bewerten sind, welche weiteren Schritte für einen besseren Online-Schutz von Kindern und Jugendlichen notwendig sind und welche Akteure dabei wie beteiligt werden sollten.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 12. September 2017

Veranstalter: FRÖBEL e.V.

Ort: Berlin

Die jährlich stattfindende Veranstaltung beschäftigt sich diesmal mit dem Thema "Kita als Integrationsmotor für Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte mit Fluchterfahrung“. Gemeinsam soll mit Teilnehmern und den Podiumsgästen die Herausforderungen und Chancen der Integration geflüchteter Menschen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen diskutiert werden. Abgerundet wird die Veranstaltung mit einem kleinen Stehempfang im Anschluss.

Freuen Sie sich auf die Podiumsgäste:
• Dr. Miriam Saati, Referatsleiterin in der Abteilung Kinder und Jugend im BMFSFJ und Inhaberin der Stabsstelle Flüchtlingspolitik
• Matthias Ritter-Engel, Referent für Bildung und Erziehung, AWO Bundesverband e.V.
• Martin Peters, Referent Frühe Bildung, Betreuung und Erziehung, Paritätischer Hamburg
• Dr. Birgit Hoppe, Vorsitzende der Stiftung Sozialpädagogisches Institut Berlin (SPI)
• Mitglied der Kinderkommission des Deutschen Bundestags (angefragt)
• Leitungskräfte aus FRÖBEL-Einrichtungen mit Erfahrung in der Integration von Kindern, Familien und pädagogischen Fachkräften mit Flucht- bzw. Migrationserfahrung

Der FRÖBEL e.V. bringt zu der jährlichen Veranstaltungsreihe „Frühpädagogisches Plenum“ Fachleute aus Politik und Verwaltung, Wissenschaft, Medien und Verbänden sowie die Träger der Kinder- und Jugendhilfe zusammen. Sie sind herzlich eingeladen, sich engagiert mit Ihren Fragen und Erfahrungen einzubringen!

Weitere Informationen finden Sie unter www.froebel-gruppe.de.

Termin: 13. – 15. September 2017

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie

Ort: Erfurt

Demokratie fällt nicht vom Himmel!
Familien im demokratischen Gemeinwesen

Die Demokratie steht unter Druck: aktuell durch ungleiche Teilhabe-Chancen und durch Zweifel an der Funktionsfähigkeit demokratischer Institutionen. Diese Fragen berühren auch Familien und insbesondere Kinder und Jugendliche. Wir wollen wollen mit Ihnen und mit Expertinnen und Experten diskutieren.

Die in der eaf zusammengeschlossenen Verbände, Organisationen und Landesarbeitskreise kommen jährlich auf der Mitgliederversammlung zusammen. Sie berät über grundsätzliche Fragen der Verbandspolitik und beschließt den Haushalt.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Am 2. Juni hat die neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Katharina Barley, ihr Amt angetreten. Anlässlich des Empfangs zur Verabschiedung von Ministerin Schwesig und der Einführung von Dr. Kahtarina Barley konnte der ZFF- Geschäftsführer, Alexander Nöhring, der neuen Ministerin zu ihrem Amt gratulieren und Frau Schwesig für ihren Einsatz in den letzten Jahres danken: Manuela Schwesig hat die Familienpolitik in den vergangenen Jahren wieder in die Mitte der politischen Debatten geführt. Ihr Bemühen und ihre Hartnäckigkeit um Partnerschaftlichkeit, die bessere Absicherung von Alleinerziehenden durch die Reform des Unterhaltsvorschusses sowie ihre großen Anstrengungen um den Kitaausbau haben gezeigt, dass Familien- und Gleichstellungspolitik Hand in Hand gehen müssen, um dem modernen Familienleben gerecht zu werden. Wir freuen uns, dass mit Katarina Barley nun eine neue Familienministerin den Staffelstab übernimmt, die in gleicher Weise die Belange der Vielfalt von Familie einsetzt. Denn es gibt noch viel zu tun: Die Bekämpfung der Kinderarmut und damit die Weiterentwicklung des Familienlastenausgleich und das Rückkehrrecht auf den vorherigen Arbeitszeitstandard. Das ZFF freut sich auf die Fortsetzung einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Wirksames Handeln gegen Kinderarmut ist überfällig: Die Zahl armer Kinder steigt jährlich. Rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Jedes fünfte Kind lebt in Armut. 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche beziehen Grundsicherungsleistungen, davon leben knapp 1 Million Kinder in Ein-Eltern-Familien. Ein Aufwachsen in Armut zu verhindern ist eine staatliche Verpflichtung und deshalb muss in angemessene monetäre Leistungen investiert werden!

Von: Sophie Schwab (AWO), Nikola Schopp und Alexander Nöhring (ZFF)

Aufwachsen in Armut – die Armutsspirale beginnt

Materielle Armut ist der zentrale Risikofaktor für ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Armut bedeutet einen ständigen Mangel in der Grundversorgung. Armut schränkt die Bildungschancen von jungen Menschen, ihre gesundheitliche Entwicklung und ihre kulturellen und sozialen Beteiligungsmöglichkeiten ein und wirkt sich auf das gesamte weitere Leben aus. Einmal arm, immer arm ist leider traurige Realität, denn die soziale Mobilität in Deutschland nimmt deutlich ab.

Kein entweder oder! Geldleistungen und Infrastruktur dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden:

Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, braucht es neben Geldleistungen für Familien, Kinder und Jugendliche auch dauerhaft finanzierte Infrastrukturangebote und Unterstützungsmöglichkeiten im Einzelfall. Möchte man Kinder und Jugendliche bestmöglich för-dern, müssen Kinder- und Jugendeinrichtungen wie Kitas, Jugendzentren und Familien-beratungen gestärkt werden. Starke Institutionen können Kindern das bieten, was sie zu Hause eventuell nicht bekommen können. Geldleistungen, Infrastrukturangebote und Unterstützungsangebote dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Kommunen, Länder und der Bund müssen gemeinsam ihre Verantwortung für die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge für Familien wahrnehmen. Das geltende Kooperationsverbot zwischen Bund und Kommunen erschwert es, vor Ort gemeinsam in die soziale und familienorientierte Infrastruktur und präventive Hilfen zu investieren. Kinder und Jugendliche sind arm, weil ihre Eltern arm sind. Gute Arbeit, die den Eltern eine eigenständige Exis-tenzsicherung wie auch Zeit für Fürsorge und Familienarbeit ermöglicht, ist ebenso wichtig wie die Schaffung guter Qualifizierungs-, Weiterbildungs- und Beschäftigungsangebote.

Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung:

Aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert. Diese gegenwärtige Ungleichbehandlung von Kindern – bspw. im Steuerrecht oder Sozialsystem – ist ungerecht und muss beendet werden. Insbesondere in Bezug auf die Förderung der soziokulturellen Teilhabe wird ungleich gefördert. Das Problem der Kinderarmut lässt sich nachhaltig weder über eine geringfügige Anhebung des Kindergel-des noch über die Ausweitung des Kinderzuschlags oder über eine Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung rasch, zielgerichtet und befriedigend lösen. Die geforderte Kindergrundsicherung soll in Abhängigkeit von der Höhe des Haushaltseinkommens abschmelzen. So wollen wir die Familienförderung „vom Kopf auf die Füße stellen“: Arme Kinder brauchen mehr, nicht weniger als andere!

Der Staat muss darüber hinaus aktiv dafür sorgen, dass Leistungsansprüche einfach zugänglich sind und realisiert werden. Leistungsberechtigte müssen besser über ihre Rechte aufgeklärt und Leistungen transparent, stigmatisierungsfrei und unbürokratisch ausgestaltet werden.

  • Wir fordern den politischen Mut für eine Gesamtlösung ein: Angesichts der Dimensionen von Kinderarmut reicht es nicht mehr aus, an einzelnen Schräubchen im bisherigen System zu drehen.
  • Kindergrundsicherung zur Gleichbehandlung aller Kinder: Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie (ZFF) fordern – gemeinsam mit dem Bündnis Kindergrundsicherung – die Zusammenlegung der pauschal bemessenen Transferleistungen für Kinder und die Ausrichtung deren Höhe am steuerlichen Existenzminimum von 573 Euro.

Quelle: Infobrief Bündnis „Reichtum Umverteilen“ vom 07.06.2017

Seit Juni ist das ZFF im Trägerkreis des Bündnis "Reichtum Umverteilen". Weitere Informationen finden Sie unter www.reichtum-umverteilen.de.

AKTUELLES

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat ein Themenheft zur Bundestagswahl 2017 in einfacher Sprache veröffentlicht:

"Wählen ist ein Grundrecht für Bürger und Bürgerinnen.
Das Recht zu wählen gehört zu den wichtigsten Rechten,
die Bürger und Bürgerinnen in Deutschland haben.
Durch Wahlen können sie in der Politik mitbestimmen."

Das Heft kann auch als Broschüre unter der Bestellnummer "9401" bei der Bundeszentrale für politische Bildung bestellt werden.

Außerdem gibt es eine Audioversion.

Weitere Informationen:

Die AWO wurde zu der Anhörung zum Thema ,,Armuts- und Reichtumsbericht" am 19. Juni 2017 Mai 2017 im Bundestag eingeladen.

Hierfür wurde vom AWO Bundesverband e. V. erneut eine Stellungnahme eingereicht.

Stellungnahme zum Fünften Armuts- und Reichtumsbericht

Vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), dem Paritätischen Gesamtverband und dem LSVD wurde eine Broschüre zum Themenbereich „Gleichberechtigung von Menschen unterschiedlichen Geschlechts bzw. verschiedener sexueller Identität“ entwickelt. Unterstützt wurde die Erstellung der Publikation von www.refugeeguide.de und Staatsministerin Aydan Özoğuz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Die Broschüre erläutert kurz und knapp die rechtliche Situation von Frauen und Männern bzw. von Menschen verschiedener sexueller Orientierung bzw. geschlechtlicher Identität in Deutschland. Dabei wird die gelebte Vielfalt von Lebensentwürfen betont und sich für ein respektvolles Zusammenleben ausgesprochen.

Die Orientierungshilfe wurde für die Broschüre in zehn Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Albanisch, Arabisch, Dari, Farsi, Kurdisch, Russisch und Serbisch) übersetzt. Mittlerweile ist Sie auch in einfacher Sprache online erhältlich.

Ein Download der Broschüre als PDF ist presse@asb-nrw.de.

Am 6. Juni 2017 fand das Sozialpolitische Fachgespräch der Volkssolidarität statt. Unter dem Motto „Armut in den Blick nehmen – Sozialstaat stärken!“ diskutierten rund 80 Teilnehmer/innen, darunter Mitglieder der Volkssolidarität, Vertreter/innen von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft gemeinsam über die gesellschaftlichen Ursachen von Armut und stellten Ansätze vor, wie der Sozialstaat gestärkt werden könne.

Aus den zahlreichen Beiträgen haben wir eine Dokumentation erstellt.

Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie die Redebeiträge einzelner Referenten finden Sie unter: http://www.volkssolidaritaet.de/bundesverband/bundesverband-ev/aktuelles/armut-in-den-blick-nehmen-sozialstaat-staerken-1/