ZFF-Info 1 2018

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NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Das Bundesfamilienministerium und das Bundesbildungsministerium unterstützen mit einer gemeinsamen Initiative die Förderung von Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen bei Erwachsenen. Rund 170 der vom Bundesfamilienministerium geförderten Mehrgenerationenhäuser erhalten dafür seit Jahresbeginn zusätzlich zwischen 5.000 und 15.000 Euro im Jahr. Das Bundesbildungsministerium stellt hierfür im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung (AlphaDekade) bis zum Jahr 2020 Mittel in Höhe von rund zwei Millionen Euro jährlich zur Verfügung.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley betont: „Wer als Erwachsener nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen kann, versucht dies meistens aus Scham zu verbergen. Diese Menschen sind mit herkömmlichen Angeboten oft nur schwer zu erreichen. Eine Chance bieten die Mehrgenerationenhäuser mit ihren niedrigschwelligen Angeboten für Freizeit, Bildung und Unterstützung. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese gut vernetzten Orte der Begegnung für unsere Initiative nutzen.“

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka unterstreicht: „Lesen und Schreiben sind wichtige Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben so gut wie möglich teilhaben zu können. Um Menschen mit nur geringen Lese- und Schreibkompetenzen an neuen Orten des Lernens zu erreichen, nutzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Dekade für Alphabetisierung nun auch den Lernort Mehrgenerationenhaus. Das verbessert flächendeckend die Angebote, Lesen und Schreiben zu lernen.“

In Deutschland gelten rund 7,5 Millionen erwachsene Menschen im erwerbsfähigen Alter als funktionale Analphabeten: Sie können zwar einfache Sätze lesen und schreiben, nicht aber zusammenhängende Texte wie Arbeitsanweisungen, Handyverträge oder Behördenpost verstehen. Funktionaler Analphabetismus geht zudem oft mit unzureichenden Kompetenzen in anderen Grundbildungsbereichen einher. Dazu zählen Rechnen, digitale und finanzielle Grundbildung oder auch soziale Kompetenzen.

Zwar gibt es mittlerweile nahezu flächendeckend Angebote der Alphabetisierung und Grundbildung, beispielsweise an Volkshochschulen. Allerdings nehmen weniger als ein Prozent der Betroffenen diese Angebote wahr. Das soll sich im Rahmen der Nationalen Dekade bis 2026 ändern. Teil des Arbeitsprogrammes der Dekade ist auch das Erproben neuer Lehrmethoden und Lernorte, um auch Menschen mit negativen Schulerfahrungen für späteres Lernen zu motivieren.

Die Mehrgenerationenhäuser haben sich mit ganz unterschiedlichen Ansätzen als solche Lernorte beworben: Sie bieten Beratung und Unterstützung beim Lesen und Verstehen von behördlichen Schreiben an, richten Lerncafés und Vorleserunden ein oder stellen Lehrmaterialien zur Verfügung. Andere bieten begleitete Lernformate für die digitale Plattform ich-will-lernen.de an, die bereits über eine halbe Million angemeldete Nutzerinnen und Nutzer hat. Der Ausbau von Kooperationen zu lokalen Unternehmen und Bildungsträgern soll ebenso gefördert werden, wie die Einbindung von Bibliotheken.

Über die Nationale AlphaDekade

Die Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung ist eine gemeinsame Initiative von Bund, Ländern und gesellschaftspolitischen Partnern. Ziel ist es, im Zeitraum von 2016 bis 2026 den funktionalen Analphabetismus bei Erwachsenen spürbar zu verringern und das Grundbildungsniveau zu erhöhen.

Mehr Informationen: www.alphadekade.de

Mehrgenerationenhäuser in Deutschland

Das Bundesfamilienministerium fördert bundesweit rund 550 Mehrgenerationenhäuser als nachbarschaftliche Orte der Begegnung. Sie unterstützen mit vielfältigen niedrigschwelligen Informations-, Bildungs- und Beratungsangeboten, Freizeitaktivitäten sowie Betreuungs- und Unterstützungsformaten bedarfsgerecht das generationenübergreifende Miteinander und freiwillige Engagement und fördern so den sozialen Zusammenhalt.

Mehr Informationen: www.mehrgenerationenhaeuser.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 04.01.2018

Start des Beratungsprojekts „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe“

Nicht nur Erwachsene kümmern sich um chronisch kranke, behinderte oder pflegebedürftige Angehörige. Nach einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) versorgen und pflegen rund 230.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland regelmäßig beispielsweise ihre Eltern oder Geschwister.

Um diese jungen Menschen zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe. Das Angebot für Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Familie kümmern“ ins Leben gerufen.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley betont: „Mit der ‚Pausentaste‘ starten wir in Kooperation mit der ‚Nummer gegen Kummer‘ ein anonymes Hotline- und E-Mail-Angebot. Auch ist die Website www.pausentaste.de jetzt online gestellt. Damit geht das erste Unterstützungsangebot auf Bundesebene für pflegende Kinder und Jugendliche ans Netz, das Fragen rund um die Pflege beantwortet und Hilfestellung in belastenden Situationen bietet. Denn: Wer anderen hilft, braucht eben manchmal auch selber Hilfe“, so die Bundesministerin.

Junge Leute mit Pflegeverantwortung verrichten häufig wie selbstverständlich den Haushalt der Familie und kümmern sich um jüngere Geschwister. Sie leisten auch Pflegetätigkeiten wie z.B. Mobilisation und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme. Oft sind diese Kinder und Jugendlichen körperlich überanstrengt und haben weniger Freizeit als ihre Freundinnen und Freunde. Nicht selten verschlechtern sich ihre Leistungen in der Schule. Mit ihren Sorgen und Ängsten stehen sie häufig ganz allein da.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley dazu: „Über www.pausentaste.de wollen wir in erster Linie die Kinder und Jugendlichen erreichen. Wir wollen aber auch Lehrerinnen und Lehrer, ambulante Pflegedienste, Sozialdienste an Schulen und Kliniken sowie Jugendorganisationen und die Öffentlichkeit für die Situation sensibilisieren.“

Online sind Erfahrungsberichte und Interviews mit jungen Pflegenden, Videos und Hinweise auf Beratungsangebote vor Ort. Auch Informationen zu Erkrankungen und Leseempfehlungen werden zur Verfügung gestellt, alles optimiert für mobile Endgeräte.

Darüber hinaus können Kinder und Jugendliche sich kostenlos – auch anonym – an die Hotline des Kinder- und Jugendtelefons der „Nummer gegen Kummer“ wenden – unter der kostenlosen Nummer 116 111 oder per E-Mail über www.nummergegenkummer.de.

Hintergrundinformation:

Nummer gegen Kummer e.V. ist ein Verein mit 109 Mitgliedern. Dies sind lokale Vereine, die einen Standort des Kinder- und Jugendtelefons und/oder einen Standort des Elterntelefons unterhalten. Diese Standorte sind in ganz Deutschland verteilt. Die lokalen Träger der Beratungstelefone sind überwiegend örtliche Verbände des Deutschen Kinderschutzbundes, Vereine, die extra zu diesem Zweck gegründet wurden oder weitere örtliche Träger der Freien Jugendhilfe wie der Arbeiter-Samariter-Bund, die Arbeiterwohlfahrt, die Diakonie oder die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz. Dieses Netzwerk stellt das deutschlandweit größte kostenfreie, telefonische Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche und Eltern dar.

Die Hotline ist erreichbar von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr. An Samstagen gibt es zudem eine „Peer-to-Peer“–Beratung durch speziell ausgebildete Beraterinnen und Berater im Alter von 16 bis 21 Jahren. Die ebenfalls anonyme E-Mail-Beratung über www.nummergegenkummer.de ist rund um die Uhr erreichbar (weitere Informationen unter www.nummergegenkummer.de).

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.01.2018

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat eine überplanmäßige Ausgabe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Höhe von 78,824 Millionen Euro für Zahlungen im Bereich des Unterhaltsvorschusses genehmigt. Wie es in einer Unterrichtung durch die Bundesregierung (18/318) weiter heißt, konnte das BMF von bereits angefallenen Mehrausgaben in Höhe von 20,2 Millionen Euro "nur noch Kenntnis nehmen, hätte aber bei rechtzeitiger Antragstellung seine Einwilligung nach Artikel 112 GG erteilt". Bereits am 6. November 2017 sei eine erste Einwilligung nach Artikel 112 GG über eine überplanmäßige Ausgabe bis zu 50 Millionen Euro erteilt worden, schreibt die Bundesregierung.

Die Regelung zum Unterhaltsvorschuss waren im Zuge der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen im vergangenen Jahr reformiert worden. Untere anderem beteiligt sich der Bund nun stärker an der Finanzierung des Vorschusses.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 3 vom 03.01.2018

Die FDP-Fraktion will von der Bundesregierung wissen, wie viele Menschen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils im Zuge des Familiennachzugs nach Deutschland eingereist sind. Ferner erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/295) unter anderem danach, wie viele Anträge auf Familiennachzug in diesen drei Jahren jeweils gestellt wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1 vom 02.01.2018

Die Fraktion Die Linke will die finanzielle Situation von in der DDR geschiedenen Frauen verbessern. Dazu hat sie einen Antrag (19/220) vorgelegt, in dem sie von der Bundesregierung verlangt, ein Entschädigungssystem zur Ergänzung der Renten dieser Frauen vorzulegen. In der DDR existierte nicht, wie in der Bundesrepublik, ein Versorgungsausgleich bei Scheidungen, weshalb in der DDR geschiedenen Frauen ihre Renten damit nicht aufbessern können und vielfach unter Altersarmut leiden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 595 vom 18.12.2017

Die geltende Warteregelung beim Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen soll nach den Willen der Fraktion Die Linke "mit sofortiger Wirkung wieder aufgehoben" werden. Zur Begründung verweist die Fraktion in einem entsprechenden Gesetzentwurf (19/241) auf "verfassungsrechtliche, humanitäre und integrationspolitische" Aspekte. Angesichts "aktueller Überlegungen einzelner Parteien, den Familiennachzug weiter auszusetzen", benötigten die Betroffenen "ein schnelles positives Signal des Bundestages".

Wie die Fraktion ausführt, wurde mit dem am 17. März 2016 in Kraft getretenen "Asylpaket II" eine zweijährige Wartefrist beim Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten eingeführt. Dabei seien "vor allem Geflüchtete aus Syrien von der Aussetzung des Familiennachzugs betroffen". Die Familientrennung führe im Einzelfall "regelmäßig zu unerträglichen Härten". Ehegatten, Eltern und Kinder würden "gegen ihren Willen mitunter viele Jahre voneinander getrennt", da zur gesetzlichen zweijährigen Wartefrist "noch die Zeit der langen Asylbearbeitung in Deutschland und des Visumverfahrens" hinzukomme.

Die noch nicht in Deutschland lebenden Angehörigen befänden sich "regelmäßig in höchst prekären Lebensverhältnissen in Drittstaaten oder gar in Lebensgefahr, etwa in Syrien", heißt es in der Vorlage weiter. Eine gelingende Integration der bereits hier lebenden Angehörigen mit Schutzstatus sei kaum möglich, "wenn ihr Leben und ihre Gedanken bestimmt sind von der Sorge um ihre engsten Familienangehörigen". Auch handele es sich beim Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen "um einen der wenigen legalen und sicheren Einreisewege für schutzbedürftige Menschen".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 592 vom 13.12.2017

Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass alle Frauen gleichberechtigt Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Er hat am 15. Dezember 2017 eine Entschließung gefasst, nach der die Kosten für Verhütungsmittel für Frauen mit geringem Einkommen unbürokratisch übernommen werden sollen.

Ungewollte Schwangerschaften vermeiden

Studien belegten, dass einkommensschwache Frauen zunehmend aus finanziellen Gründen auf billigere und weniger sichere Verhütungsmittel umsteigen oder ganz auf Verhütung verzichten und dadurch das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft in Kauf nehmen, heißt es zur Begründung der Initiative. Einige Bundesländer und Kommunen versuchten, dem über Fonds und Härtefallregelungen entgegenzuwirken. Erforderlich sei jedoch eine bundeseinheitliche Lösung, um für alle Frauen unabhängig vom Wohnort die gleichen Bedingungen zu schaffen.

Dabei sollten die Ergebnisse eines vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Modellprojekts "Zugang zu verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln, Kostenübernahme, Information und Beratung für Frauen mit Anspruch auf Sozialleistungen" berücksichtigt werden. Zu prüfen sei auch, ob die Finanzierung – wie im Modellprojekt – aus Bundesmitteln erfolgen kann.

Derzeit eine Pauschale für alle Arzneimittel

Die Möglichkeit der Kostenübernahme für Verhütungsmittel für Frauen im Sozialleistungsbezug entfiel 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz. Einkommensschwache Frauen erhalten seitdem eine Pauschale von 15 Euro zur Gesundheitspflege, mit der auch Arzneimittel finanziert werden müssen.

Wie es mit der Entschließung weitergeht

Die Entschließung wird nun der geschäftsführenden Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen der Länder aufgreifen möchte. Feste Fristen für die Behandlung innerhalb der amtierenden Bundesregierung gibt es nicht.

Quelle: Newsletter Bundesrat vom 15.12.2017

Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache sind häufig mit anderen solchen Kindern in einer Kita – Politik sollte Anreize für Mindestanteile von Kindern mit Migrationshintergrund abschaffen – Andere Studie zeigt, dass Kita-Qualität das soziale Verhalten von Kindern stark beeinflusst – Bei Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien ist der Effekt am stärksten

Mehr und mehr Kinder besuchen in Deutschland eine Kindertageseinrichtung – im Jahr 2016 waren es fast 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren und mit rund 94 Prozent bereits nahezu alle Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Die Qualität der Kitas und die Zusammensetzung der Kita-Gruppen spielen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung des Verhaltens und der Sprachkompetenzen der Kinder. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt aber, dass Kinder, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, häufig eine Kita besuchen, in der das auch auf viele andere Kinder zutrifft.

So besuchten im Jahr 2016 über 45 Prozent der Kinder mit deutscher Familiensprache eine Kita, in der weniger als zehn Prozent der Kinder zu Hause eine andere Sprache hören und sprechen. Rund ein Drittel der Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache dagegen sind in einer Kita, in der über 50 Prozent der Kinder in einer ähnlichen Situation sind. Das geht aus der Analyse eines umfassenden Datensatzes aus Westdeutschland (inklusive Berlin) für die Jahre 2007 bis 2016 hervor. Die ostdeutschen Bundesländer wurden ausgelassen, weil der niedrige Anteil an Kindern mit fremder Familiensprache in Kitas (rund vier Prozent) dort keine zuverlässigen Rückschlüsse zulässt.

„Im Hinblick auf Integration nicht sehr förderlich“

„Für Kinder, die zu Hause eine andere Sprache hören und sprechen als Deutsch, ist die Interaktion mit deutschsprachigen Kindern in der Kita von herausragender Bedeutung“, so Studienautorin Ludovica Gambaro. „Leider stellen wir fest, dass in Deutschland eine gewisse Segregation herrscht: Diese Kinder finden sich oft in Kitas wieder, in denen die meisten anderen Kinder auch eher eine andere Familiensprache haben als Deutsch. Das kann im Hinblick auf den Erwerb der deutschen Sprache und auf die Integration in die Gesellschaft nicht sehr förderlich sein.“ […]

Kita-Qualität fördert prosoziales Verhalten der Kinder

Neben der Zusammensetzung der Gruppen, die auch ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist, sind auch andere Merkmale der Kita-Qualität wichtig für die Entwicklung der Kinder, so eine zweite DIW-Studie. Georg Camehl und Frauke Peter haben darin den Zusammenhang zwischen der Qualität der Einrichtungen – gemessen an den fünf Indikatoren Gruppengröße, Personalschlüssel, Schulabschluss der ErzieherInnen, verfügbares Spiel- und Lernmaterial und Anzahl der Gruppenaktivitäten – und dem prosozialen Verhalten der Kinder untersucht. Prosoziales Verhalten beschreibt, wie rücksichtsvoll Kinder miteinander umgehen, mit anderen teilen oder lieb zu jüngeren Kindern sind. Diese Eigenschaften sind für das spätere Arbeitsleben hoch relevant, weil sie beispielsweise eng mit der Fähigkeit zusammenhängen, in Teams zu arbeiten.

Die Analyse der Daten von Vier- und Fünfjährigen aus fast 200 Kitas zeigt, dass die Kita-Qualität in positivem Zusammenhang mit dem prosozialen Verhalten der Kinder steht. Insbesondere die Verfügbarkeit von Spiel- und Lernmaterial und die in der Gruppe unternommenen Aktivitäten fördern prosoziales Verhalten, so ein wichtiges Ergebnis. Das gilt besonders für Kinder aus benachteiligten Haushalten – gemessen am Haushaltseinkommen und am Bildungsstand der Mutter. […]

Studien im DIW Wochenbericht 51+52/2017

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 19.12.2017, gekürzt

Bei der Altersversorgung haben Frauen das Nachsehen: Der „Gender Pension Gap“ liegt bei 53 Prozent, zeigt ein neuer Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Die aktuelle Auswertung des WSI-Gender-Daten-Portals macht deutlich, wie es um die Geschlechtergerechtigkeit im Ruhestand steht. WSI-Forscherin Dr. Christina Klenner hat gemeinsam mit Dr. Alexandra Wagner und Dr. Peter Sopp vom Forschungsteam Internationaler Arbeitsmarkt in Berlin die Einkommen von Rentnern und Rentnerinnen verglichen. Ihrer Analyse zufolge schneiden Frauen bei allen drei Säulen der Alterssicherung schlechter ab als Männer.

Wenn man die Einkünfte aus gesetzlicher Rente, Betriebsrente und privater Altersvorsorge zusammenrechnet, ergibt sich für das Jahr 2015 ein „Gender Pension Gap“ von 53 Prozent. Das heißt: Männer verfügen im Schnitt über mehr als doppelt so hohe Alterssicherungseinkommen wie Frauen. Im Westen fällt die Lücke mit 58 Prozent deutlich größer aus als im Osten mit 28 Prozent. Im europäischen Vergleich hat Deutschland damit einen der höchsten Gender Pension Gaps – nur in Luxemburg ist die Differenz noch geringfügig größer.

Zwar sind auch in der gesetzlichen Rente – der mit Abstand wichtigsten Säule der Altersversorgung – die eigenen Ansprüche von Frauen weit niedriger als die von Männern, doch bietet die gesetzliche Rentenversicherung Mechanismen des sozialen Ausgleichs zugunsten von Frauen. So werden hier beispielsweise Phasen der Kindererziehung anerkannt. Die Höhe der gesetzlichen Rente betrug 2015 bei den Männern durchschnittlich 1.154 Euro, bei den Frauen 634 Euro pro Monat – eine Differenz von 45 Prozent.

Deutlich größer ist laut Studie die Kluft bei der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft: Hier liegen die Frauen mit 240 Euro knapp 60 Prozent gegenüber den Männern zurück, die auf 593 Euro kommen. Zudem haben nur 7 Prozent der Rentnerinnen überhaupt eigene Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung, von den männlichen Ruheständlern immerhin 26 Prozent. Günstiger stellt sich die Situation im öffentlichen Dienst dar. Von der Zusatzversorgung profitieren 12 Prozent der weiblichen und 10 Prozent der männlichen Rentner. Aber auch hier erhalten die Männer mit im Schnitt 369 Euro deutlich mehr als die Frauen mit 234 Euro. Laufende Leistungen aus der privaten Altersvorsorge beziehen 5 Prozent der Männer und 2 Prozent der Frauen, wobei Letztere mit durchschnittlich 311 Euro deutlich weniger ausgezahlt bekommen als die Männer mit 485 Euro.

Besser als die männlichen schneiden die weiblichen Ruheständler nur bei den Hinterbliebenenrenten ab: Bei den Zahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung kommen Witwen im Schnitt auf 660 Euro, Witwer auf 303 Euro.

Für Frauen sei es besonders wichtig die gesetzliche Rente zu stärken, schreiben die Forscherinnen. Viele Frauen hätten keine oder nur niedrige Einkünfte aus der betrieblichen und privaten Alternsversorgung (zweite und dritte Säule). „Gerade für Frauen gilt, dass sie Rentenverluste bei der ersten Säule, der gesetzlichen Rente, kaum anderweitig kompensieren könnten“, sagt WSI-Expertin Christina Klenner.

Als Erklärung für die Rentenlücke verweisen die Autoren auf die traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern: Berufstätige Frauen nehmen häufiger Auszeiten für die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen, arbeiten öfter in Teilzeit, werden im Schnitt schlechter bezahlt – und erwerben dementsprechend weniger Rentenansprüche. Während 85 Prozent der männlichen Rentner in den alten Bundesländern auf mindestens 30 Versicherungsjahre kommen, sind es bei den Rentnerinnen nur 45 Prozent. Pro Versicherungsjahr sammeln Frauen im Schnitt nur drei Viertel der Entgeltpunkte der Männer.

Im Zeitverlauf sind der Analyse zufolge immerhin Fortschritte erkennbar: Der Abstand zu den Alterseinkommen der Männer nimmt von Jahr zu Jahr etwas ab, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind und Sorgearbeit mittlerweile zum Teil bei der Rente honoriert wird. Allerdings wird die Differenz auch deshalb kleiner, weil die Alterseinkünfte der Männer tendenziell sinken. Bis zur wirklichen Gleichstellung ist es zudem noch ein weiter Weg: Aus den Anwartschaften der aktuell Erwerbstätigen zwischen 25 und 65 Jahren ergibt sich bei der gesetzlichen Rente immer noch eine Lücke von 24 Prozent.

Alexandra Wagner, Christina Klenner, Peter Sopp: Alterseinkommen von Frauen und Männern, WSI Report Nr. 38, Dezember 2017

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.12.2017

Missbrauchsbeauftragter Rörig mahnt CDU, CSU und SPD, die Forderungen aus ihren Wahlprüfsteinen für einen besseren Schutz Minderjähriger vor sexueller Gewalt bei den Verhandlungen nicht unter den Tisch fallen zu lassen.

Anlässlich der aktuellen Sondierungsgespräche zu einer Neuauflage der Großen Koalition appelliert der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, an Parteivorsitzende und Unterhändler:

„Alle drei Parteien, die aktuell Sondierungsgespräche führen, haben sich im Bundestagswahlkampf explizit zu einem besseren Kinder- und Jugendschutz, gerade vor sexueller Gewalt, bekannt. Sowohl CDU, CSU als auch SPD äußerten im August 2017, unmittelbar vor der Bundestagswahl, ihren politischen Willen, Prävention, Aufarbeitung und Hilfen für Betroffene sexualisierter Gewalt zu stärken und das Amt einer/eines Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs zu sichern. Dies sollte jetzt nicht vergessen werden. Aktuell besteht eine große Diskrepanz zwischen der Dimension von Missbrauch und dem, was dagegen getan wird. Wir haben jährlich mehr 12.000 angezeigte Fälle von Kindesmissbrauch. Das ist mindestens so erschreckend wie die Gewissheit, dass das Dunkelfeld um ein Vielfaches größer ist. Wir müssen davon ausgehen, dass in jeder Schulklasse mindestens ein bis zwei Kinder betroffenen sind. Dennoch wird von Politik und Gesellschaft noch immer viel zu wenig getan, um Kinder und Jugendliche wirksam vor sexueller Gewalt – auch durch die digitalen Medien – zu schützen. Dazu braucht es dauerhafte Prävention sowie personelle und finanzielle Ressourcen. Ich fordere CDU, CSU und SPD auf, den Schutz von Minderjährigen endlich ins Zentrum politischer Entscheidungen zu rücken. Die Zeit befristeter Minimallösungen im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen muss vorbei sein. Die künftige Koalition bitte ich, sich auf das von mir vorgeschlagene „Kindesmissbrauchsbekämpfungsgesetz“ in meinem Programm „Jetzt handeln“ von Oktober 2017 zu verständigen, Prävention, Betroffenenbeteiligung und die unabhängige Aufarbeitung zu stärken und auch der Reform des Opferentschädigungsgesetzes höchste politische Priorität einräumen.“

„JETZT HANDELN. Programm zur konsequenten Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und deren Folgen“ des Unabhängigen Beauftragten für die 19. Legislaturperiode

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 09.01.2018

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Zum Tag der wohnungslosen Frauen am 21.12.

Vermehrt wird vor dem Weihnachtsfest auf Armut und Wohnungslosigkeit in den Medien hingewiesen – diese Schieflage in einem reichen Land findest aber das ganze Jahr über statt und das schon jahrelang und der Trend ist leider steigend.

Es gibt durchaus viele Angebote für und mit wohnungslosen Frauen und Männern, z.B. das 2. Wohnungslosencamp vom 23. bis zum 30. Juli 2017 in Freistatt (Niedersachsen) – dieses Camp wurde von 120 Teilnehmenden aus mehr als vierzig Orten in Deutschland, Finnland, Portugal, Österreich und Irland besucht.

Unter ihnen auch 25 wohnungslose Teilnehmerinnen aus Wilhelmshaven, Lüneburg, Berlin, Hannover, Köln, Bergisch Gladbach, Gumersbach, Göttingen, Frankfurt, Marburg, Pforzheim, Lissabon und Wien. Sie berichteten in einem Workshop, dass Frauen und Kinder ganz besonders betroffen sind von Not, Elend und Gewalt. Frauen, die ohne Wohnung leben müssen, werden oft angemacht und unfreundlich angesprochen, meist schlafen sie am Tag und in der Nacht sind sie unterwegs. Gerade für Frauen mit Gewalterfahrungen ist das schwer auszuhalten. Trotzdem schlüpfen Frauen bei Männern unter, die sie ausnutzen. Ein Schlafplatz im Tausch gegen Hausarbeit usw.. Frauen sind meist Einzelgängerinnen, sie neigen dazu, ihre Not zu vertuschen, und leben meist in "verdeckter Wohnungslosigkeit". Die Dunkelziffer ist sehr hoch und eine bundesweite Wohnungslosenstatistik gibt es nicht.

In der Tat haben es z.B. Frauen mit Kind und Familie sehr viel schwerer, mit den Vorurteilen zu leben. Sie haben eine große Scham wegen ihrer Situation und eine noch größere Angst, erkannt zu werden. Das betrifft ebenso sehr viele ältere wohnungslose Frauen.

In einem reichen Deutschland verlieren Familien z.B. wegen Mietschulden viel zu schnell ihre Wohnung. Die Einstiegshilfen können nicht geleistet werden: keine Adresse – kein Job, bürokratische Hürden, Schufa, Hartz IV usw., obwohl es einen hochen Wohnungsleerstand gibt (z.B. in Hamburg 1.500 Wohnungen), ist es nicht möglich, dass dort wohnungslose Frauen einziehen können.

Dieses "reiche Deutschland" lässt Menschen, die in Armut leben, im Stich. Um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten, sind intelligente Lösungen und vertrauensvolle Maßnehmen gefragt.

Beim Wohnungslosentreffen 2017 in Freistatt haben sich jüngere und ältere wohnungslose Frauen gefunden und sich mithilfe des Armutsnetzes und den Frauenbüros in einigen Städten auf den Weg gemacht, dieser schon lange vorhandenen Situation entgegenzutreten – nicht nur für sich, sondern auch für die vielen Frauen, die dies nicht schaffen, und ebenso für die nachkommenden. Jede Unterstützung dieser Arbeit ist wichtig! U.a. kann unter dem Stichwort "Wohnungslose Frauen" an das Armutsnetzwerk gespendet werden.

www.armutsnetzwerk.de

Quelle: Pressemitteilung Armutsnetzwerk e.V. vom 21.12.2017

Studie zu Gewalt und Jugendlichen

Zu der Diskussion um die Studie: Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland mit dem Schwerpunkt auf Jugendlichen und Flüchtlingen erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker:

„Die Studie zeigt ganz klar, worin der größte Handlungsbedarf besteht: Junge Menschen egal welcher Herkunft, benötigen eine Perspektive für ihre Zukunft. Sie müssen ihre Möglichkeiten kennen, um sich als gleichberechtigtes Mitglied unserer Gesellschaft erleben zu können. Zum Zweiten unterstützen die Ergebnisse der Studie die AWO Forderung, die Einschränkungen des Rechts auf Familiennachzug umgehend aufzuheben, da gerade die jungen Männer ohne Familienangehörige drohen besonders schnell in die Kriminalität abzurutschen. So kann auch subsidiär geschützten Menschen die Integration ermöglicht und der besondere Schutz der Familien, wie er im Grundgesetz verankert ist, gewährleistet werden.

Im Rahmen der Jugendhilfe wird eine umfassende Betreuung – unabhängig vom Herkunftsland und der jeweiligen Aufenthaltsperspektive – für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gewährleistet. Doch diese Betreuung fällt bei einer Mehrzahl der Kommunen ab dem 18. Geburtstag weg, so dass viele junge Volljährige plötzlich ohne Unterstützung und Perspektive sind – obwohl bei individuellem Bedarf ein rechtlicher Anspruch bis zum 21. Lebensjahr bestünde. Die AWO fordert die bundesweite Gewährleistung des Schulbesuchs und die Schulpflicht für alle Geflüchteten beginnend am ersten Tag ihres Aufenthaltes. Geflüchteten muss es ermöglicht werden, auch über das 18. Lebensjahr hinaus die Schule zu besuchen.

Ferner muss neben dem Asylrecht und dem Integrationsrecht ein zukunftsorientiertes Einwanderungsgesetz geschaffen werden, das über eine reine Fachkräftesicherung hinausgeht und die Rahmenbedingungen für das Zusammenleben Aller in unserer Gesellschaft regelt.

Die Autoren der Studie fordern verbesserte Rückkehrmöglichkeiten. Eine diesbezügliche Debatte, kann nur im direkten Zusammenhang mit einem qualitativ hochwertigen und humanen Asylverfahren diskutiert werden, welches den grund-, europa- und völkerrechtlichen Vorgaben verpflichtet ist. Dabei verbieten sich eine willkürliche, pauschalisierte Einteilung der geflüchteten Menschen in diejenigen mit oder ohne Bleibeperspektive, sowie der Ausschluss von Menschen aus bestimmten Herkunftsländern von grundlegenden Rechten. Nur ein faires Asylverfahren kann zusammen mit einer echten Informiertheit der Betroffenen die Grundlage für eine freiwillige und zwangsweise Rückkehr, Weiterwanderung oder Abschiebung bieten.

Die Verfasser der Studie sehen die Flüchtlingseinwanderung als eine wesentliche Ursache für den Anstieg der Gewalt. Sie legen aber Wert darauf, dass diese Ergebnisse differenziert zu betrachten sind und das unterstützt die AWO. Erschreckend ist, wie nun einige Politiker versuchen, diese Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung zu instrumentalisieren.“

Quelle: Pressemitteilung Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. vom 04.01.2018

Verschiedene Unionspolitiker/innen fordern die „medizinische Altersfeststellung“ bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen gesetzlich vorzuschreiben. (1) Der Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, das Deutsche Kinderhilfswerk und die IPPNW lehnen diese Vorschläge als Symbolpolitik und gefährliche Stimmungsmache ab.

Die Medizin ist nicht in der Lage, das Alter „festzustellen“. Expert/innen sind sich einig, dass nur eine grobe Schätzung mit einer Streubreite von mehreren Jahren möglich ist. Der Beweis, dass eine Person volljährig ist, lässt sich auch durch bildgebende Verfahren nicht mit der geforderten „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ erbringen. In der Praxis besteht daher ein erhebliches Risiko, dass Minderjährige durch die fehleranfällige Altersdiagnostik fälschlich zu Erwachsenen erklärt werden.

Der Gesetzgeber hat vor zwei Jahren ein Gesetz beschlossen, welches das Verfahren zur Alterseinschätzung im Rahmen der Jugendhilfe in § 42f SGB VIII abschließend regelt (Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, BGBl. I. 2015, S. 1802). Die ärztliche Untersuchung zur Einschätzung des Alters ist hier als ultima ratio gesetzlich festgeschrieben. Vorrang haben die Auswertung vorliegender Identitätsdokumente und die professionelle Inaugenscheinnahme pädagogisch geschulter Fachkräfte des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Dies entspricht kinderrechtlichen sowie europäischen und völkerrechtlichen Vorgaben, zumal medizinische Verfahren in die körperliche und seelische Integrität des Betroffenen eingreifen und kein verlässliches Ergebnis gewährleisten.

Die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer hat im September 2016 empfohlen, bis auf weiteres Röntgen- und Genitaluntersuchungen zum Zwecke der Altersschätzung abzulehnen (2), ebenso die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (3). Die European Academy of Pediatrics empfiehlt seit 2015 allen Kinder- und Jugendärzten dringend, „nicht am Prozess der Alters­festsetzung von Asylbewerbern teilzunehmen, die angeben minderjährig zu sein“, und „diese Auffassung an alle anderen Ärzte weiterzugeben.“ (4)

Auch auf europäischer sowie internationaler Ebene werden medizinische Verfahren zur Einschätzung des Alters wie u.a. die Untersuchung von Knochen und Zähnen aufgrund ihrer Ungenauigkeit und ihres Eingriffscharakters abgelehnt bzw. als alleinige Entscheidungsgrundlage ausgeschlossen und der Grundsatz „Im Zweifel für die Minderjährigkeit“ betont. Gerade aktuell hat sich der Europarat sowie der UN Ausschuss für die Rechte des Kindes gemeinsam mit dem UN-Ausschuss zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen mit dieser Frage beschäftigt und dies erneut bekräftigt. (5) Vorrangig ist deshalb bei der Ermittlung des Alters ein „interdisziplinärer und ganzheitlicher Ansatz“. (6)

Daher lehnen wir jede weitere gesetzliche Festschreibung der medizinischen Altersdiagnostik ab. Diese kann nichts zur Klärung des tatsächlichen Alters junger Flüchtlinge beitragen, geschweige denn zur Prävention von Gewaltverbrechen, wenn auch die Forderung in diesem Kontext immer wieder reflexartig erhoben wird.

Herausgeber:
Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (BumF), Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW)

Verweise:
(1) https://www.welt.de/politik/deutschland/article171425092/Medizinische-Altersfeststellung-gesetzlich-vorschreiben.html
(2) Stellungnahme der Zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (Zentrale Ethikkommission) bei der Bundesärztekammer „Medizinische Altersschätzung bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen“. Deutsches Ärzteblatt, 30.09.2016, DOI: 10.3238/arztbl.2016.zeko_baek_SN_altersschaetzung2016_01
(3) Berliner Erklärung – „Grundrechte und Hilfebedarf minderjähriger Flüchtlinge in den Mittelpunkt stellen“ (Abschluss-Fazit der Fachtagung „Best Practice for young Refugees) 1.7.2015, https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Best_Practice_Refugees_2016.pdf
(4) Pieter J. J. Sauer, Alf Nicholson, David Neubauer (on behalf of the Advocacy and Ethics Group of the European Academy of Paediatrics): Age determination in asylum seekers: physicians should not be implicated. Eur J Pediatr 18.09.2015, DOI 10.1007/s00431-015-2628-z
(5) Council of Europe – Children’s Rights Division. (2017). Age Assessment: Council of Europe member states‘ policies, procdures and practices respectful of children’s rights in the context of migration, 09/2017; Committee on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families/Committee on the Rights of the Child. (2017) Joint general comment No. 4 (2017) of the Committee on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families and No. 23 (2017) of the Committee on the Rights of the Child on State obligations regarding the human rights of children in the context of international migration in countries of origin, transit, destination and return*, CMW/C/GC/4-CRC/C/GC/23
(6) European Asylum Support Office (EASO). (2013). Age assessment practice in Europe

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (BumF) vom 18.12.2017

Die unterzeichnenden Verbände, darunter die Jugendinitiativen Careleaver e.V. und Jugendliche ohne Grenzen (JoG), appellieren an Politik und Verwaltung, unbegleitete Minderjährige auf dem Weg in die Volljährigkeit nicht alleine zu lassen. Systembedingt werden zum Jahreswechsel jugendliche Geflüchtete regelmäßig volljährig (gemacht). Werden sie dann sich selbst überlassen, drohen Destabilisierung, Schul- und Ausbildungsabbrüche und im schlimmsten Fall die Obdachlosigkeit. Die Weichen für gute Übergänge und funktionierende Anschlussversorgung müssen daher jetzt von Politik und den zuständigen Trägern gestellt werden.

Während junge Flüchtlinge als „jugendlich, männlich, Ausländer“ medial insbesondere im Kontext von Kriminalität thematisiert werden, ist wenig bekannt über die zahlreichen Hürden, mit denen junge Geflüchtete tagtäglich zu kämpfen haben. Unbegleitete Minderjährige gehören zu den besonders Schutzbedürftigen unter den Geflüchteten. Trotzdem werden ihnen, insbesondere seit dem Jahr des großen Flüchtlingszugangs 2015/2016, fundamentale Rechte vorenthalten: So wurde ihr Recht auf Elternnachzug massiv eingeschränkt und ihre Unterbringung und Versorgung in vielen Kommunen unterhalb geltender Standards der Jugendhilfe vielfach hingenommen.

Viele der damals als Jugendliche im Alter von 15 oder 16 Jahren eingereisten Geflüchteten werden nun volljährig, ein Großteil von ihnen zum 31.12. oder 1.1. – ein fiktives Geburtsdatum, das bei ungeklärtem oder nicht nachweisbarem Geburtstag behördlich festgelegt wird, ohne dass sich die jungen Menschen effektiv dagegen wehren könnten.

Mit diesem festgelegten Datum wird in zahlreichen Kommunen die Jugendhilfe beendet, obwohl es einen rechtlichen Anspruch auf Weitergewährung der Hilfe bis zum 21. Lebensjahr gibt, wenn ein individueller Bedarf vorliegt. Damit stellt sich insbesondere die Frage nach Unterbringung und Lebensunterhaltssicherung neu. Eine Anschlussversorgung ist nicht immer unmittelbar gewährleistet. Mit den hier entstehenden Versorgungslücken bei Beendigung der Jugendhilfe haben auch junge Menschen ohne Fluchthintergrund, die die Jugendhilfe verlassen, zu kämpfen. Bei jungen Geflüchteten kommt hinzu, dass ihr Aufenthalt oftmals noch nicht gesichert ist, die Anschlussversorgung aber hiervon abhängt und sie zum Teil gezwungen werden, ihren Wohnort zu wechseln. Ohne Unterstützung führt dies zu Schul- und Ausbildungsabbrüchen, Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften oder gar Obdachlosigkeit.

Fehlende Übergangsmechanismen, unzureichende Hilfe-Koordination, mangelnde Beratungsstrukturen und nicht aufeinander abgestimmte Gesetze sowie Behördenpraxis sorgen hier für Perspektivlosigkeit: „Für meine Freunde ist der 18. Geburtstag ein Freudentag. Ich habe große Angst davor 18 zu werden. Durch die Jugendhilfe bin ich dabei meine Ziele im Leben zu erreichen und plötzlich soll damit Schluss sein.“ sagt ein Jugendlicher der Initiative Jugendliche ohne Grenzen (JoG) befragt zu seinem bevorstehenden „Geburtstag.“ Belastend hinzu kommt die Angst vor Abschiebung, denn bei geduldeten Jugendlichen endet mit dem 18. Geburtstag der Schutz vor der Abschiebung.

Die Jugendhilfe ist deshalb in besonderem Maße gefordert, damit die erforderliche Unterstützung gewährt wird und der Übergang in die vorgesehenen Unterstützungssysteme gelingen kann. Sie darf aber mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden. Auch die Träger von Sozialhilfe und Jobcenter müssen endlich Verantwortung für die jungen Menschen übernehmen. Dafür ist allerdings zentral, dass Politik zu den jungen Menschen sowie zu ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft auch tatsächlich steht und ihnen (Aus)Bildung und Perspektivschaffung ermöglicht, statt diese durch fortwährende gesetzliche Verschärfungen zu torpedieren und zu verhindern.

„Bildungserfolge, Integration und Erfolge der Jugendhilfe dürfen an der Schwelle zur Volljährigkeit nicht riskiert werden“, erklärt Nerea González Méndez de Vigo vom Bundesfachverband umF. „Geschaffene Perspektiven müssen aufrechterhalten und verfolgt werden können, wenn Integration gelingen soll. Das Primat der Kinder- und Jugendhilfe muss nachhaltig umgesetzt werden. Gerade junge volljährige Geflüchtete benötigen vielfältige Unterstützung, um ihre Zukunft in die Hand nehmen zu können.“

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (BumF) vom 14.12.2017

Der Deutsche Familienverband (DFV) kritisiert scharf die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund Gundula Roßbach, die mit Blick auf die Sondierungsverhandlungen vor einer besseren Mütterrente gewarnt hat.

„Die Mütterrente ist keine milde Gabe. Die Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung sollen die Erziehungsleistung von Müttern und Vätern und damit die eigentliche Zukunftsinvestition in die Stabilität der Rentenversicherung anerkennen. Die Rente hat ohne Kinder keine Zukunft. Wenn Rentenversicherungspräsidentin Roßbach ausgerechnet die Leistungen der Familien kleinredet, die das ganze Rentensystem überhaupt am Leben halten, dann ist das auf gut Deutsch gesagt ein Stück aus dem rentenpolitischen Tollhaus“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1992 in dem vom DFV erstrittenen Trümmerfrauenurteil die bestandssichernde Bedeutung der Erziehungsleistung für die gesetzliche Rente bestätigt. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, mit jedem weiteren Reformschritt die Benachteiligung von Familien im Rentenrecht spürbar zu verringern. 2001 hat das Verfassungsgericht klargestellt, dass Eltern nicht nur bei den Rentenleistungen, sondern auch bei den Rentenbeiträgen verfassungswidrig gegenüber Versicherten ohne Kinder benachteiligt werden, die zwar Beiträge gezahlt, aber zum Erhalt des Beitragszahlerbestandes nichts beigetragen haben.

„Die Politik missachtet die verfassungsrechtlichen Vorgaben seit über 25 Jahren. Für die Erziehung eines Kindes bekommt eine Mutter im Rentenalter über die angeblich so großzügige Mütterrente gerade einmal 60 Euro Rente. Und auf der Beitragsseite werden Eltern über Geldbeiträge und die generative Beitragsleistung Kindererziehung weiterhin doppelt zur Kasse gebeten. Gegen diese Ungerechtigkeit ziehen zur Zeit Tausende Familien mit derElternklagen-Kampagnevor das Bundesverfassungsgericht. Anstatt ein ungerecht austariertes Rentensystem auf dem Rücken von Müttern und Vätern noch ungerechter zu gestalten, ist eine familienorientierte Rentenreform gefordert, die das Rentensystem vom Kopf auf die Füße stellt“, so Heimann.

Dafür fordert der Deutsche Familienverband die Ausweitung der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten von jetzt zwei bzw. drei Jahren auf sechs Jahre pro Kind für alle Eltern und die Einführung eines Kinderfreibetrags in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Heimann warnt davor, Elternrente und Beitragsgerechtigkeit für Familien auf die lange Bank zu schieben oder in die Steuer auszulagern: „Die Erziehungsleistung der Familien sichert die Zukunft des Generationenvertrages. Deshalb muss sie auch innerhalb dieses Systems anerkannt und berücksichtigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1992 klargestellt, dass eine maßvolle Umverteilung der Rentenansprüche hin zu Familien mit mehreren Kindern mit dem Eigentumsschutz vereinbar ist. Auch eine Verbreiterung der Finanzierungsgrundlagen der Rentenversicherung kann Spielräume für dringend notwendige Verbesserungen schaffen. Es gibt gute Wege hin zu einer familiengerechten und verfassungskonformen Rentenreform – man muss nur den Mut haben, sie zu gehen“, fordert Verbandsgeschäftsführer Sebastian Heimann.

Quelle: Newsletter Deutscher Familienverband e.V. vom 08.01.2018

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Tarifforderung der Industriegewerkschaft Metall nach einer Option auf befristete Arbeitszeitreduzierung, in bestimmten Fällen bezuschusst durch den Arbeitgeber.

Das Bedürfnis von Frauen und Männern, die Erwerbsarbeitszeit flexibel den wechselnden Erfordernissen im Lebensverlauf anzupassen, ist durch vielfältige Studien und Befragungen belegt. Unternehmen ist es gelungen, ihre Bedürfnisse nach Flexibilität in Beschäftigungsverhältnissen und Arbeitszeiten mehr und mehr durchzusetzen. Hingegen haben in den meisten Unternehmen Arbeitnehmer_innen nur die Möglichkeit, sich auf die angebotenen Teilzeit-Arbeitsplätze zu bewerben oder im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Teilzeit in Anspruch zu nehmen. Damit sind aber nicht nur Nachteile bei Gehalt, Karriere und Rente verbunden, sondern auch erhebliche Zukunftsrisiken, denn ein Recht auf Aufstockung oder Rückkehr zur Vollzeit besteht nicht. Die »Teilzeitfalle« ist auch gleichstellungspolitisch fatal.

Es ist daher zu befürworten, dass sich die IG Metall in ihrer Tarifforderung dieses Problems annimmt. Sie fordert eine garantierte Wahloption für jede Beschäftigte und jeden Beschäftigten, die Arbeitszeit befristet für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten auf bis zu 28 Stunden/Woche zu reduzieren. Es soll einen Entgeltzuschuss geben, wenn die Arbeitszeit wegen Kindererziehung oder Pflege (in Höhe von 200 EUR monatlich) oder bei belastenden Arbeitszeiten wie Schichtarbeit (750 EUR im Jahr) verringert wird.

Die Einführung solcher Regelungen ist dringend erforderlich. Das gilt auch und gerade für eine Regelung, die den Entgeltausfall bei Arbeitszeitreduzierung zumindest teilweise kompensiert. Schon heute ist es nicht akzeptabel, dass sich nur diejenigen eine Anpassung ihrer Arbeitszeit an die Anforderungen in Familie und Pflege leisten können, die selbst oder deren Partner_in gut verdienen. Möglichkeiten für individuelles Ansparen von Geld und Zeit in Langzeitarbeitskonten sowie steuerliche Vergünstigungen für gesellschaftlich erwünschte Erwerbseinschränkungen können zwar hilfreich sein, wirken aber in der Praxis gleichermaßen selektiv.

Der Widerstand gegen diese Tarifforderung der IG Metall ist heftig. Eine Reduzierung von Arbeitszeit, so ein Gegenargument, würde den Fachkräftemangel verstärken. Dieser ist aber nicht nur eine Folge mangelnder Ausbildungsbereitschaft in der Vergangenheit, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass die Unternehmen – gerade im Metallbereich – nicht ausreichend vorhandenes Erwerbspotenzial erschließen, nämlich das der Frauen. Wenn arbeitszeitpolitisch vernünftige Tarifregelungen Eltern das Vertrauen geben würden, dass die Vereinbarkeit von Familie mit Erwerbsarbeit rechtlich durchsetzbar und auch finanzierbar ist, könnten Metallbetriebe sehr viel mehr als jetzt auch weibliche Fachkräfte gewinnen und halten.

Im Widerstand gegen die Tarifforderung wird auch behauptet, das Gleichbehandlungsgebot werde verletzt, sodass die angestrebte Tarifregelung rechtswidrig sei. Das überzeugt nicht. Beschäftigte mit und ohne Schichtarbeit haben ungleich belastende Arbeitsbedingungen. Auch Beschäftigte, die erziehen oder pflegen, befinden sich nicht in der gleichen Lage wie Beschäftigte ohne diese Aufgaben. Daher ist es rechtlich durchaus zulässig, diese Arbeitnehmergruppen unterschiedlich zu behandeln. Dies gilt selbst dann, wenn es dadurch zu geschlechterdifferenten Ergebnissen kommen sollte. Denn neben die sozialpolitische Rechtfertigung tritt die gleichstellungspolitische: Die vielen Männer, die sich mehr Zeit mit ihren Kindern oder auch für ihre pflegebedürftigen Eltern wünschen, können sich bei Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderung dann endlich trauen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne die aktuell bestehende »Teilzeitfalle« befürchten und ohne allzu große finanzielle Einbußen in den unteren Entgeltgruppen in Kauf nehmen zu müssen. Es ist eine für die Betroffenen unangenehme, aber durchaus rechtmäßige Folge sozialpolitischen Fortschritts, dass jene nicht profitieren können, die zuvor Entscheidungen wie den Abschluss eines Teilzeitarbeitsvertrags getroffen haben, aufgrund derer sie nicht in den Genuss der Neuregelung kommen können. Einen etwaigen Unmut bereits Teilzeitbeschäftigter im Tarifgebiet können die Unternehmen auffangen, indem sie auch ihnen freiwillig einen Entgeltzuschuss zahlen.

"Die IG Metall ist eine männerdominierte Gewerkschaft. Umso mehr ist zu begrüßen, dass die Gewerkschaft eine Forderung erhebt, die nicht nur dem Gesundheitsschutz für Schichtarbeit dient, sondern auch die Gleichstellung fördert, indem Männern und Frauen in gleicher Weise die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit ermöglicht wird", so die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig. "Ein Recht auf flexible Anpassung der Arbeitszeit mit finanzieller Unterstützung für diejenigen, die Sorgearbeit leisten, sollte gängige Praxis in den Unternehmen werden." Der IG Metall ist Erfolg zu wünschen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 09.01.2018

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert zu Jahresbeginn nachdrücklich an die nächste Bundesregierung, wirksame Maßnahmen für ein kinderfreundliches Deutschland auf den Weg zu bringen. Dazu spricht sich der Verband für Änderungen des Grundgesetzes, eine aktive Politik zur Überwindung der Kinderarmut, eine konsequente Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auch für geflüchtete Kinder sowie eine deutliche Stärkung des Bildungssektors in Deutschland aus.

"Wirksame Maßnahmen für ein kinderfreundliches Deutschland gehören auf der politischen Agenda ganz nach oben, sonst riskieren wir nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Obwohl Kinderfreundlichkeit in Sonntagsreden immer wieder beschworen wird, kommt der Kinder- und Jugendpolitik nicht der Stellenwert zu, den dieses Zukunftsthema verdient. Kinderfreundlichkeit muss in der kommenden Legislaturperiode zu einer Leitlinie von Politik werden, um unsere Gesellschaft zukunftsweisend und nachhaltig zu gestalten. Die Politik hat entscheidenden Anteil und Verantwortung für die Gestaltung einer kinderfreundlichen, und damit zukunftsfähigen Gesellschaft, denn sie setzt die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern. Deshalb erwarten wir von der nächsten Bundesregierung deutliche Akzente zur vollständigen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert, baldmöglichst das Grundgesetz entsprechend dem in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Kernprinzip des Kindeswohls zu ändern. Dazu gehört die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, eine Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre und die Abschaffung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern im allgemeinen Bildungsbereich. Zur Überwindung der Kinderarmut in Deutschland spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk für einen Bundesweiten Aktionsplan aus, der mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet ist und ressortübergreifend an allen gesellschaftlichen Handlungsfeldern ansetzt. Um die Situation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu verbessern, fordert das Deutsche Kinderhilfswerk, den Vorrang des Kindeswohls auch für Flüchtlingskinder konsequent umzusetzen. Dazu sollte nicht zuletzt ein gesetzlicher Anspruch auf familiäres Zusammenleben für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge anerkannt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 01.01.2018

Bildungsgerechtigkeit – In Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gibt es immer mehr professionelle Elternbegleiter*innen. Sie unterstützen das Selbstwertgefühl von Eltern, stehen für eine optimale Kindesentwicklung und leisten insbesondere wertvolle Integrationsarbeit von Familien mit Flucht- und Migrationserfahrung.

So wie Duygu Özbisikletci:

„Als ich selbst vor 15 Jahren nach Deutschland kam, war für mich alles fremd. Die Eltern-Kind-Gruppe, in der ich gelandet bin, war für mich wie eine Offenbarung, ein wertvoller Anker, wo ich viele Informationen bekam, die ich vorher nicht hatte.“ Duygu Özbisikletci, 37, ist eine von über 8000 Elternbegleiter*innen, die derzeit bundesweit mit Fördergeldern des Bundesfamilienministeriums und des europäischen Sozialfonds weitergebildet werden und wurden. Im Stadtteilhaus SalinO leitet Özbisikletci mittlerweile selbst mehrere Kleinkind-, Vorlese- und Kindergruppen mit Begleitperson, die so gefragt sind, dass das Angebot demnächst aufgestockt werden soll.

„Es ist in allen Kulturen gleich: Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht“, sagt Özbisikletci. Beim Singen, Malen, Basteln und Spielen in den Gruppenstunden erfahren sie mehr über Kindesentwicklung, unterschiedliche Erziehungsansichten und das deutsche Bildungswesen. „Hier haben Eltern einen geschützten Raum, Fragen zu stellen, sich zu öffnen“, erklärt die türkischstämmige ehemalige Radiologin. Die Weiterbildung zur Elternbegleiterin hat sie im vergangenen Jahr abgeschlossen.

„Sich öffnen ist nicht für jeden leicht“, sagt Özbisikletci, „oft hindern uns Vorurteile, dem anderen offen zu begegnen. Das wird häufig später in der Schule zum Problem.“ Ein zentrales Element der vom Konsortium Elternchance entwickelten (kostenlosen) Weiterbildung ist deshalb die „dialogische Haltung“. Sie beruht auf einer Begegnung auf Augenhöhe, Achtsamkeit und Wertschätzung. Özbisikletci: „Die Weiterbildung hat mir gezeigt, wie man Menschen erreicht und dass „Zuhören“ ein großes Wort ist. Ich kann sie nur jedem empfehlen.“

Die Weiterqualifizierung wird seit Kurzem auch in zwei Tagungshäusern im Raum Lüneburg/Hannover/Hamburg angeboten. Sie ist neben der Bearbeitungsgebühr und den Reisekosten mit keinen weiteren Kosten verbunden. Interessent*innen können sich hier über Kurse in ihrer Nähe informieren und sich für die Weiterqualifizierung anmelden.

Weitere Informationen und die Pressemappe finden Sie unter www.konsortium-elternchance.de/presse

  1. Stimmen zum ESF-Bundesprogramm Elternchance II
  2. Inhaltlicher und zeitlicher Aufbau der Weiterqualifizierung
  3. Was ist das Besondere an Elternchance II? – Interview mit Andreas Zieske, Sprecher des Konsortiums
  4. Das sagen zertifizierte Elternbegleiter*innen
  5. Das Konsortium – Wer steckt hinter Elternchance II
  6. Standorte der Kurse

Quelle: Pressemitteilung Konsortium Elternchance Zentralstelle vom 21.12.2017

Offene und vielfältige Gesellschaft stärken

Anlässlich des Beginns der Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD erklärt Axel Hochrein, Bundesvorstand im Lesben- und Schwulenverband (LSVD):

Eine freie Gesellschaft muss es allen Menschen garantieren, jederzeit, an jedem Ort, ohne Angst und Anfeindung verschieden zu sein. Diskriminierung und Ausgrenzung sind eine Gefahr für die Demokratie und schaden auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deswegen fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD), dass bei den anstehenden Sondierungsgesprächen auch die Rechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) eine wichtige Rolle spielen.

In den kommenden Jahren gilt es, eine offene und demokratische Gesellschaft zu verteidigen und zu stärken. Union und SPD sollten sich daher auch auf folgende Punkte verständigen

  • einen Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von LSBTI-Feindlichkeit
  • die Ergänzung von Artikel 3, Absatz 3 im Grundgesetz um die Merkmale der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität
  • eine menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der Geschlechtsidentität
  • die rechtliche Anerkennung und Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien
  • eine menschenrechtskonforme LSBTI-inklusive Flüchtlings- und Integrationspolitik
  • ein glaubwürdiges weltweites Eintreten für Entkriminalisierung und Akzeptanzförderung von LSBTI.

Neben diesen Anliegen äußerte der LSVD in einem Schreiben an die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD seine große Besorgnis über rechtspopulistische Ausgrenzungsideologien und religiös-fundamentalistische Bewegungen.

Zu den eigentlichen Koalitionsverhandlungen wird der LSVD noch einen detaillierten Katalog vorlegen.

Hier finden Sie das Schreiben an CDU, CSU und SPD.

Quelle: Newsletter des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 07.01.2018

Assistierte Reproduktion muss allen Menschen unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. geschlechtlicher Identität offenstehen

Anlässlich der beiden am 03.01.2018 bekannt gewordenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Kosten einer unfruchtbaren Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung sind als außergewöhnliche Belastung auch dann zu berücksichtigen, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt diese beiden Entscheidungen des Bundesfinanzhofs als einen wichtigen Schritt hin zu einer vollständigen Gleichstellung von verheirateten, verpartnerten und auf Dauer in einer Lebensgemeinschaft lebenden Paare bei der Erstattung der Kosten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung.

Der LSVD fordert, dass durch Bundesgesetz endlich klargestellt wird, dass die assistierte Reproduktion allen Menschen unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. geschlechtlicher Identität offensteht. Wann Ärztinnen und Ärzte die Mitwirkung bei künstlichen Befruchtungen erlaubt ist, wird bisher nur in den Berufsordnungen der Landesärztekammern angesprochen. Da diese Regelungen sehr unterschiedlich sind, ist die Rechtsunsicherheit groß. Deshalb fordert auch die Bundesärztekammer ein solches Bundesgesetz.

Zudem darf die Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlungen nicht länger auf empfängnisunfähige Ehefrauen und die Verwendung von Spermien ihrer Ehegatten beschränkt bleiben, sondern muss auch die Kinderwunschbehandlung von Frauen mit Fremdspermien unabhängig von ihrem Familienstand und ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität umfassen.

Hintergrund

Regenbogenfamilien im Recht. LSVD-Positionspapier

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5.10.2017, VI R 2/17

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5.10.2017, VI R 47/15

Quelle: Newsletter des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 04.01.2018

Beschluss des Bundesgerichtshofs zeigt Reformbedarf im Abstammungs- und Familienrecht

Anlässlich des heute bekannt gewordenen Beschlusses des Bundesgerichtshofs, dass transgeschlechtliche Frauen rechtlich nicht als Mütter anerkannt werden können, erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisiert, dass die bestehenden Regelungen transgeschlechtlichen Personen die Begründung der Elternschaft entsprechend ihrer Geschlechtsidentität oder ihres personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags verbietet. Rechtunsicherheit gibt es auch bei der Elternschaft von Personen ohne Geschlechtseintrag. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs zeigt deutlich den Reformbedarf. Die Reform des Abstammungsrechts muss Bestandteil eines modernisierten Familienrechts sein, dass eine rechtliche Anerkennung von Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen gewährleistet. Das stärkt auch das Kindeswohl in diesen Familien.

Eltern, deren Vorname oder deren Geschlechtseintrag geändert worden ist, sollten wählen können, ob sie mit ihren früheren Vornamen und ihrem früheren Geschlechtseintrag oder mit ihrem geänderten Vornamen und ihrem geänderten Geschlecht in das Geburtenregister eingetragen werden. Der LSVD schlägt zudem vor, in Zukunft in Urkunden geschlechtsneutrale Leittexte zu verwenden. Das empfiehlt sich auch aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Personenstandsrecht, das eine dritte positive Option zu den bisherigen Einträgen „männlich“ und „weiblich“ oder die Streichung des Geschlechtseintrags einfordert.

Der LSVD erwartet außerdem, dass der Gesetzgeber endlich eine menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der Geschlechtsidentität auf den Weg bringt. Dabei muss die Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts die oberste Leitlinie der Reform der rechtlichen Regelungen für trans*- und intergeschlechtliche Menschen sein.

Hintergrund

Das Abstammungsrecht sieht geschlechtsspezifische Voraussetzungen und Bezeichnungen vor. Abstammung wird vor allem als biologische Herkunft verstanden, die eine durch die Geburt vermittelte abstammungsmäßige Zugehörigkeit eines Kindes zu einer bestimmten Frau als Mutter und zu einem bestimmten Mann als Vater vorsieht.

Die geschlechtsbezogenen Verknüpfungen und Zwänge führen zu Rechtsunsicherheiten bei der Elternschaft von Personen ohne einen Geschlechtseintrag im Sinne des inzwischen als verfassungswidrig eingestuften § 22 Absatz 3 PStG und bei der Elternschaft von Personen, deren Geschlechtseintrag nicht mit dem gelebten Geschlecht übereinstimmt. Trans*Personen wird aktuell die Begründung der Elternschaft entsprechend ihrer Geschlechtsidentität oder ihres personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags versagt: eine zeugende Trans*Frau wird vielmehr als Vater, ein gebärender Trans*Mann als Mutter erfasst.

Regenbogenfamilien im Recht. LSVD-Positionspapier

Quelle: Newsletter des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 04.01.2018

Als alarmierend bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband Ausmaß und Dynamik der wachsenden Altersarmut in Deutschland. Zwingend notwendig sei ein sofortiger Kurswechsel in der Alterssicherungspolitik, insbesondere eine durchgreifende Reform der Altersgrundsicherung.

„Die Armut von Rentnerinnen und Rentnern ist in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. Armut ist ein Schicksal, von dem Menschen im Rentenalter mittlerweile überdurchschnittlich und besonders hart betroffen sind“, so Dr. Joachim Rock, Rentenexperte des Paritätischen Gesamtverbands. Diese Entwicklung sei kein Zufall, sondern auch eine Konsequenz aus den rentenpolitischen Reformen der letzten Jahrzehnte, mit denen beispielsweise das Ziel der Lebensstandardsicherung in der Rente dem Ziel der Beitragssatzstabilität geopfert worden sei, kritisiert der Paritätische. „Die Altersarmut wird mit hoher Dynamik in den kommenden Jahren weiter zunehmen, wenn nicht heute die politischen Weichen neu gestellt werden“, warnt Rock.

Der Paritätische fordert eine durchgreifende Reform der Altersgrundsicherung und eine deutliche Erhöhung des Leistungsniveaus. „Wenn wir Altersarmut wirksam bekämpfen und allen Menschen im Alter ein Einkommen garantieren wollen, das ihnen ein Leben ermöglicht, das der Menschenwürde entspricht, müssen wir das gesamte Alterssicherungssystem neu aufstellen. Es wäre fatal, wenn sich die Politik jetzt alleine auf die Rentenpolitik konzentriert und den großen Reformbedarf bei der Altersgrundsicherung völlig ignoriert“, so Joachim Rock mit Blick auf die anstehenden Sondierungen von Union und SPD. Erforderlich sei unter anderem eine bedarfsgerechte Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 530 Euro plus einen altersspezifischen Mehrbedarf. „Gerade für ältere Menschen, die nicht mehr im Erwerbsleben integriert sind, geht der Mangel an Geld meist auch mit einem besonderen Mangel an sozialer Teilhabe einher. Da die Regelleistungen nur für vorübergehende Notlagen konzipiert sind, ältere Menschen aber in aller Regel dauerhaft darauf angewiesen sind, fordern wir einen Zuschlag für ältere Menschen um 10 Prozent“, so Rock.

Details zu den alterssicherungspolitischen Vorschlägen des Paritätischen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 21.12.2017

Eine Reform der Kita-Finanzierung mahnt der Paritätische Wohlfahrtsverband an, um regionale Ungleichheiten zu beenden und in allen Regionen die Realisierung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind und eine gute Qualität der Angebote sicherzustellen. Sowohl was die quantitative Versorgung, insbesondere aber was die Qualität der Kinderbetreuung angeht, gleiche Deutschland einem Flickenteppich. Der Paritätische fordert daher ein Bundesgesetz, das die Länder verpflichtet, in Landesrahmenverträgen einheitliche und transparente Finanzierungsregelungen einzuführen. Über das System der Entgeltfinanzierung soll dabei – analog zur Pflegefinanzierung – eine auskömmliche Finanzierung der Leistungen besser als bisher sichergestellt werden.

„Obwohl es einen individuellen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung gibt und der Staat in der Pflicht ist, entsprechende Angebote zu schaffen und zu finanzieren, ist die Kita-Finanzierung vielerorts nicht auskömmlich. Das muss sich ändern. Es kann nicht sein, dass Rechtsansprüche unterlaufen oder Angebote der Kindertagesbetreuung vielerorts nur nach Kassenlage, nicht aber nach Bedarfslage finanziert werden“, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. In der Praxis würden so die intensiven Bemühungen zum Ausbau und zur Steigerung der Qualität in der Kindertagesbetreuung der vergangenen Jahre konterkariert. „Die Vielfalt regional unterschiedlicher Finanzierungsbedingungen führt dazu, dass es letztlich von der Postleitzahl abhängt, ob Kinder ein gutes Bildungs- und Betreuungsangebot erhalten oder nicht. Diese Willkür muss ein Ende haben“, so Hesse.

Von einer einheitlichen Umstellung auf das System der Entgeltfinanzierung seien neben mehr Planungssicherheit für die Träger auch positive Impulse für die Qualität der Angebote zu erwarten. „Statt Zuwendungen nach einem relativ willkürlichen und obrigkeitsstaatlichen Kostenerstattungsprinzip müssen die Leistungen durch kalkulierbare und planbare Entgelte finanziert werden. Verbindliche Qualitätsvereinbarungen wären die Basis für die Finanzierung von Leistungen“, so Stefan Spieker, Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Kita-Trägers FRÖBEL e.V.. In den meisten Bundesländern seien die Zuschüsse an Kindertageseinrichtungen bisher nicht kostendeckend. Praktisch seien es vielfach Elterninitiativen oder Vereine, die die fehlenden Mittel aufwenden müssen. „Ein staatlicher Rechtsanspruch muss auch zur Gänze vom Staat getragen werden. Trägeranteile sind bei Rechtsansprüchen systemwidrig und gehören abgeschafft“, so Spieker.

Das ausführliche „Konzept für ein gerechtes und transparentes Finanzierungssystem für Kindertageseinrichtungen“ finden Sie hier.

Das ausführliche Pressestatement von Werner Hesse sowie einige Zahlen zum Hintergrund finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.12.2017

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 17. Januar 2018

Veranstalter: Jusos Friedrichshain-Kreuzberg

Ort: Berlin

In Berlin lebt jedes 3. Kind in Armut. Gründe dafür sind vielfältig: Arbeitslosigkeit und/oder niedriger Bildungstand der Eltern oder auch Folgen von Trennung. Viele Alleinerziehende leben mit ihren Kindern an der Armutsgrenze. Ansätze zur Bekämpfung von Kinderarmut liegen im Ausbau von Bildungs- und Sozialinfrastruktur einerseits und Stärkung der Familieneinkommen andererseits. Berlin hat viel für die Infrastruktur getan: gebührenfreie Kita-Plätze, Berufscoaching für Alleinerziehende, niedrigschwellige Familienzentren. Ressortübergreifende Maßnahmen erarbeitet seit 2017 die „Landeskommission zur Bekämpfung von Kinderarmut“, der Senatsverwaltungen, Wohlfahrtsverbände, Arbeitsagentur, u.v.m. angehören.

Zur Stärkung der Familieneinkommen wird bundesweit eine Kindergrundsicherung gefordert. Sie wurde vor fast 10 Jahren von einem Bündnis aus Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft entwickelt: kinderarmut-hat-folgen.de

Die Kindergrundsicherung wird von SPD, Grünen und Linken unterstützt — viele Länder, auch Berlin, setzen sich für Reformen auf Bundesebene ein. Ein Durchbruch gelang auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) im Dezember 2017: eine Arbeitsgruppe wird bis Ende 2018 einen Stufenplan inklusive Kostenschätzung zur Umsetzung einer Kindergrundsicherung entwickeln. Berlin wird sich auch hier beteiligen.

Gemeinsam mit Staatssekretärin Barbara König wollen die Jusos Friedrichshain-Kreuzberg über aktuelle Ansätze im Kampf gegen Kinderarmut sprechen. Dazu sind alle herzlich eingeladen, die sich für das Thema interessieren. Ob Jusos, Neumitglied oder einfach nur interessierte, alle sind herzlich willkommen.

Barbara König, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung wird über aktuelle Strategien und Konzepte berichten. Sie ist Mitglied der „Landeskommission zur Bekämpfung von Kinderarmut“ und hat 2009 als Geschäftsführerin des awo-nahen „Zukunftsforum Familie“ das Bündnis Kindergrundsicherung mit gegründet.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 17. Februar 2018

Veranstalter: Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Kooperation mit dem Referent_innen Rat der Humboldt-Universität zu Berlin

Ort: Berlin

Die Veranstaltung richtet sich an LSBTI*-Aktivist*innen und Fachkräfte aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Medien, Politik, Sport, Kultur, Religion, Soziale Arbeit, Antidiskriminierungs- und Antirassismusarbeit, aus der Jugendarbeit und aus migrantischen Organisationen.

Hier können Sie die Vorankündigung als PDF herunterladen.

Hier finden Sie die entsprechende Facebook-Veranstaltung.

Das LSVD-Projekt „Miteinander stärken. Rechtspopulismus entgegenwirken“ fördert die Akzeptanz von LSBTI* in der Gesellschaft. Im Vordergrund steht, LSBTI* ebenso zu stärken wie die Fachkräfte, die sie unterstützen und die Verbündeten, die mit ihnen zusammenarbeiten. Wichtig sind hierbei, die Entwicklung nachhaltiger Strategien und der Aufbau zivilgesellschaftlicher Allianzen gegen Homophobie, Transfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus sowie gegen jede weitere Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Ansprechpersonen für das Projekt „Miteinander stärken“ sind Jürgen Rausch (juergen.rausch@lsvd.de), telefonisch erreichbar unter 0221-92596113 und René Mertens (rene.mertens@lsvd.de), telefonisch erreichbar unter 030-78954778.

Termin: 22./23. Februar 2018

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

„Junge volljährige Geflüchtete, ein Fall für die Jugendhilfe? Jugendhilfe zwischen Arbeitsförderung und Abschiebungsbescheid“

Die Fachveranstaltung reflektiert integrationspolitische Handlungskonzepte für junge volljährige Flüchtlinge im Spannungsfeld von Jugendhilfe, Aufenthaltsrecht und Arbeitsförderung, bietet Gelegenheit zum Austausch und stellt Beispiele gelungener Praxis vor.

Zielgruppe sind Fach- und Leitungskräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe sowie aus Jobcentern und Arbeitsagenturen, Vormünder, Flüchtlingskoordinatoren in Jugend- und Sozialämtern, Sozialplaner/innen, politische Entscheidungsträger/innen sowie Vertreter/innen aus Wissenschaft und Fachverbänden.

Anmeldeschluss ist am 4.1.2018.

Die Seminarkosten betragen 120 Euro für Mitglieder und Mitarbeiter/innen bei Mitgliedern des Deutschen Vereins bzw. 150 Euro für Nichtmitglieder zzgl. Tagungsstättenkosten.

Weitere Informationen zur Veranstaltung und Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 28. Februar 2018

Veranstalter: Deutscher Caritasverband e.V., Referat Kinder, Jugend, Familie, Generationen in Kooperation mit Referat Sozialraum, Engagement, Besondere Lebenslagen

Ort: Erfurt

Der Fachtag "Endlich angekommen – aber noch nicht Zuhause! Wie kann die Integration von jungen Geflüchteten und ihren Familien im Sozialraum gelingen?" des Deutschen Caritasverbandes wird sich den Themen Sozialraumorientierung und Partizipation in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft widmen und sich dabei mit folgenden Fragen auseinander setzen:

  • Wie können Geflüchtete beim Ankommen und bei der Orientierung in ihrem neuen Quartier bestmöglich unterstützt werden?
  • Wie können sie von den sozialen Diensten der Caritas erreicht, wie beteiligt werden? Und was sind mögliche Zugangsbarrieren?
  • Welchen Beitrag können Kinder-, Jugend- und Familienhilfe für die erfolgreiche Integration der jungen Geflüchteten im Sozialraum und damit auch in unsere Gesellschaft leisten?

Herr Prälat Dr. Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes wird die Fachveranstaltung eröffnen. Des Weiteren wird Frau Prof. Dr. Gaby Straßburger von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin als Gastrednerin erwartet. Sie wird die aktuellen Erkenntnisse aus der Wissenschaft vorstellen. Anhand von Praxisbeispielen soll die Erreichbarkeit von geflüchteten Familien im Sozialraum sowie die Möglichkeiten für eine gelingende Integration diskutiert und ein Transfer in die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe ermöglicht werden. Der Austausch über konkrete Fragen in den einzelnen Handlungsfeldern der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe soll dabei zentraler Bestandteil der Veranstaltung sein.

Der Fachtag richtet sich an Leitungs- und Fachkräfte in der Kinderhilfe, Erziehungshilfe, Jugendsozialarbeit, Familienpflege/Dorfhilfe, Schwangerschaftsberatung sowie an alle an der Sozialraumorientierung Interessierten in den Diözesen/Verbänden.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Das ZFF positioniert sich zu der Frage, wie das Wohl der Kinder in ihrem Aufwachsen nach einer Trennung der Eltern gesichert werden kann. Wir betrachten die rechtliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatte rund um das Thema und sprechen uns für eine bessere Unterstützung von Alleinerziehenden und gemeinsam getrennt erziehenden Eltern aus. Gleichzeitig stellen wir uns gegen eine rechtliche Vorrangstellung des Wechselmodells.

Hierzu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF:

„Immer mehr Eltern wollen nach einer Trennung gemeinsam für ihre Kinder Verantwortung übernehmen. Aus Sicht des ZFF verdient dies Respekt sowie eine deutlich bessere Anerkennung und Unterstützung. Jede Umgangsregelung muss allerdings das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Aus diesem Grund lehnen wir es ab, das Wechselmodell als vorherrschende Norm zu verankern und es gegen den Willen eines Elternteils anzuordnen. Aus Sicht des ZFF braucht es mehr als eine bestimmte Umgangsregelung, um nach einer Trennung wirklich gemeinsam für Kinder Sorge zu tragen. Die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit von Anfang an wäre ein guter Weg, ebenso wie die bessere Anerkennung der finanziellen Lasten, wenn ein Kind in zwei Haushalten lebt.“

Unser Positionspapier „Vielfalt Familie – vielfältige Trennungsfamilie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 05.01.2018

AKTUELLES

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. ist seit September mit seinem Modellprojekt „VIEL MEHR – Vielfalt in Mehrkindfamilien“ Programmpartner im Bundesprogramm „Demokratie leben!“, welches vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird. Das Projekt richtet sich gleichermaßen an Mehrkindfamilien mit Migrationshintergrund sowie an Angehörige der Mehrheitsbevölkerung an den Standorten Köln und Mönchengladbach sowie aus ganz Deutschland. Neben regelmäßigen Angeboten für die Teilnehmenden an den Standorten und aus weiteren Bundesländern sind Beratung für Familien mit Migrationshintergrund, Familienkongresse, mehrtägige Fahrten sowie ein eigenes Programm für ältere Kinder und Jugendliche aus Mehrkindfamilien Teil des Modellprojekts.

Auftakt, Austausch und Planung in Köln

Am 4. November 2017 fand in Köln mit dem ersten VIEL MEHR – Familienkongress die Auftaktveranstaltung statt, über die Familien aus ganz Deutschland erreicht konnten. Gemeinsam wurden Bedarfe von Mehrkindfamilien besprochen und ein Veranstaltungsplan für 2018 entwickelt. Der Projektmitarbeiter Nol Shala berichtete über seine Erfahrungen in der Beratung von Familien mit Migrationshintergrund und Lösungsansätze für häufig geschilderte Probleme und auftretende Fragen. Im Jugendprogramm erarbeiteten die Mädchen und Jungen gemeinsam mit Workshopleiter Oleksii Kysliak Möglichkeiten zur aktiven gesellschaftlichen Teilhabe für Kinder und Jugendliche.

Der nächste VIEL MEHR – Familienkongress findet am 17.3.2018 in Jena statt. Interessierte Mehrkindfamilien und Kooperationspartner finden auf der Projekthomepage weitere Informationen und aktuelle Nachrichten. Über die E-Mail-Adresseviel.mehr@kinderreiche-familien.dekann direkt Kontakt aufgenommen werden.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. vom 11.12.2017